Protokoll der Sitzung vom 08.12.2016

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön, Herr Hausold. Die Frage hat sich erübrigt und weitere Wortmeldungen sehe ich aus den Reihen der Abgeordneten nicht, sodass ich Herrn Staatssekretär Maier für die Landesregierung das Wort erteile.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, für die Landesregierung

(Abg. Hausold)

nehme ich zu dem Gesetzentwurf wie folgt Stellung:

Wie bereits gesagt, ist im Thüringer Vergabegesetz vorgesehen, dass das Gesetz fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten einer Evaluierung unterzogen wird. Dieser gesetzlichen Verpflichtung kommen wir selbstverständlich nach. Derzeit wird durch einen Gutachter die Evaluierung des Thüringer Vergabegesetzes durchgeführt. Die Evaluation soll voraussichtlich Ende des Jahres mit der Vorlage des Gutachtens und der Evaluierungsergebnisse abgeschlossen sein. An dem Prozess der Evaluierung sind die öffentlichen Auftraggeber im Freistaat wie auch die Seite der Bieter, also die Wirtschaft, sowie darüber hinaus Interessenverbände und Gewerkschaften beteiligt. In einem ersten Schritt wurden die öffentlichen Auftraggeber und die Unternehmen zu den vielfältigen Facetten der praktischen Anwendung des Vergabegesetzes befragt. Erstaunlicherweise war die Rücklaufquote aufseiten der Unternehmen gar nicht so hoch, sodass man daraus folgern könnte, es ist gar nicht so sehr das Aufregerthema, zu dem es heute gemacht wird.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als weiterer Schritt der Evaluierung wurden von den Gutachtern Interviews und Workshops mit verschiedenen Vergabestellen und Behörden unterschiedlicher Verwaltungsebenen, den kommunalen Landesverbänden, den Industrie- und Handelskammern, den Handwerkskammern, Gewerkschaften sowie mit Vertretern von Unternehmen und Unternehmensverbänden geführt. Die Auswertung sämtlicher Befragungsschritte ist weit fortgeschritten, aber noch nicht vollends abgeschlossen. Dies zeigt, dass die Evaluation ein fortlaufender Prozess ist, der in mehreren Schritten durchgeführt wird. Die jeweiligen Ergebnisse aus den einzelnen Evaluierungsschritten müssen in Beziehung zueinander gesetzt werden. Sie sind im Kontext zu betrachten und zu bewerten. Dabei ist es unter anderem wichtig, dass dies in einem objektiven Verfahren nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und Standards abläuft. Die Evaluation muss daher umfänglich unter Einbeziehung aller Schritte zu Ende geführt werden. Ich möchte daher an dieser Stelle dem Gutachten in keiner Weise vorgreifen und die Ergebnisse des Gutachtens abwarten. Bitte haben Sie dafür Verständnis. Nach Vorlage des Evaluierungsgutachtens müssen die vorgelegten Ergebnisse und Vorschläge geprüft und bewertet werden. Aus dieser Prüfung wird sich ergeben, in welcher Art und Weise die Novellierung des Thüringer Vergabegesetzes erfolgen wird. Im Rahmen des Novellierungsprozesses werden dann auch die verschiedenen Interessen und Betroffenen einbezogen und beteiligt. In diesem Zusammenhang werden auch Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete der CDU, und selbstverständlich alle anderen Ab

geordneten Gelegenheit haben, Ihre Interessen einzubringen.

Abschließend möchte ich an dieser Stelle noch daran erinnern, dass Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete der CDU, die Regelung zur Evaluierung des Thüringer Vergabegesetzes beim Erlass des Gesetzes mitgetragen haben. Ich bitte nun darum, dass wir uns gemeinsam an die verabredete Vorgehensweise halten. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft und an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz beantragt worden. Wir stimmen zunächst über die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion der CDU und die Fraktion der AfD. Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft überwiesen.

Wir stimmen über die Überweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die CDU-Fraktion und die AfDFraktion. Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen. Stimmenthaltungen? Kann ich nicht erkennen. Damit ist die Überweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz abgelehnt.

Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 12 in den Teilen

a) Sechstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes für Natur und Landschaft Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3112 ERSTE BERATUNG

b) Das Grüne Band zum Nationalen Naturmonument entwickeln Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/2933 - Neufassung

(Staatssekretär Maier)

Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Das kann ich nicht erkennen. Wünschen die Koalitionsfraktionen das Wort zur Begründung? Das kann ich auch nicht erkennen.

Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu Nummer I des Antrags. Für die Landesregierung erteile ich Staatssekretär Möller das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir einige Vorbemerkungen, bevor ich zu den an die Landesregierung gerichteten Fragen berichte. Im Koalitionsvertrag der regierungstragenden Parteien wurde beschlossen, das Grüne Band Thüringen als Nationales Naturmonument auszuweisen. Das Kabinett wurde am 7. Juni 2016 von Frau Ministerin Siegesmund über die Grundzüge des Vorhabens und das vorgesehene Verfahren informiert. Eckpunkte für einen ersten Gesetzentwurf wurden den Ressorts zur Stellungnahme übergeben sowie Gespräche mit den Akteuren aus den Gebieten am Grünen Band aber auch mit den Spitzenverbänden und den Naturschutzvereinigungen geführt. Unser Ziel ist es, aus verschiedenen Gründen schnellstmöglich einen Gesetzentwurf vorzulegen und gleichzeitig aber auch die vorgenannten Akteure bei diesem Verfahren mitzunehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn der Blick mit diesem Antrag nach vorn auf das Gesetzesvorhaben gerichtet ist, gestatten Sie mir doch einen kurzen Rückblick. Über 40 Jahre waren Deutschland und Europa geteilt. Die circa 1.400 Kilometer lange Grenze, die Deutschland zerschnitt, war von der DDR unter anderem mit menschenverachtenden Grenzsperranlagen, mit Minen und Selbstschussanlagen versehen worden, um die Menschen an der Flucht, an der sogenannten Flucht zu hindern. In der DDR war es verboten, sich der innerdeutschen Grenze auch nur zu nähern. Ein freies Sicht- und Schussfeld entstand, zum Teil durch den Einsatz von Pestiziden, direkt an der innerdeutschen Grenze. Der sogenannte Schießbefehl, mit dem die Grenzsoldaten der DDR vor jedem Dienst konfrontiert wurden, lautete: Grenzverletzer sind festzunehmen oder zu vernichten. – Das änderte sich 1989/1990 mit der friedlichen Revolution, als die Bürgerinnen und Bürger den Untergang der DDR erzwangen und die innerdeutsche Grenze fiel. Die Bilder von damals sind sicherlich vielen von Ihnen noch immer vor Augen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Grenze und die DDR-Grenzanlagen sind bis heute das Symbol für die Diktatur und die Willkür in der DDR. Entlang des ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifens hatte sich bis 1990 eine Vielzahl wertvoller Biotope als Rückzugsraum für viele seltene Tierund Pflanzenarten entwickelt. Heute, 27 Jahre nach dieser Revolution, bietet die Schutz

kategorie „Nationales Naturmonument“ die einmalige Chance, eine grüne Brücke zu schlagen. Sie reicht von der Erinnerung und dem Gedenken an die Zeit der Teilung und an die Opfer der SED-Diktatur bis hin zum Schutz der besonderen Lebensräume, Pflanzen- und Tierwelt, die in dieser Zeit an der innerdeutschen Grenze entstanden sind bzw. sich dort angesiedelt haben und das heutige Grüne Band bilden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Biotopverbund und eine Erinnerungskultur gehören untrennbar zusammen und sollen gerade im Rahmen des Nationalen Naturmonuments auf Augenhöhe gelebt werden. Die Erinnerungskultur wird insbesondere in den vier Grenzlandmuseen, aber auch von vielen Menschen vor Ort, die auch mir auf meiner Wanderung mit Mario Goldstein im vergangenen Herbst begegnet sind, ganz vorbildlich gelebt.

Im Rahmen der Ressortabstimmung des neuen Gesetzes haben die Ressorts ihre Möglichkeiten zur Stellungnahme genutzt. Insbesondere mit dem Kulturbereich aus der Staatskanzlei fand ein intensiver Austausch statt, um ein ausgewogenes Miteinander von Natur und Erinnerungskultur in einen tragfähigen Gesetzestext zu gießen. Darüber hinaus führte die Thüringer Landgesellschaft im Auftrag des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz in einzelnen Regionen des Grünen Bandes bis Ende November Erörterungsgespräche durch. Ziel war es, ein Meinungsbild zum Ausweisungsvorhaben vor Ort einzuholen. Hinweise aus den Gesprächen werden bei uns sehr ernst genommen und fließen, soweit sie umsetzbar sind, in die Regelung des Gesetzentwurfs ein. Gleiches gilt für die Ergebnisse der mit den Landrätinnen und Landräten sowie mit der Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach sowie auch mit den Spitzenverbänden und den Umweltverbänden geführten Gespräche. Somit haben wir bereits im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens einen breit angelegten Partizipationsprozess eingeleitet, um den gesellschaftlichen Belangen der Menschen vor Ort zu entsprechen. Häufig gestellte Fragen wurden in einem fortlaufend aktualisierten Dokument beantwortet und als Informationspapier verteilt sowie auf der Homepage unseres Ministeriums eingestellt. Die Erkenntnisse aus dem soeben beschriebenen Vorverfahren sind in dem von der Fachabteilung gerade fertiggestellten ersten Gesetzentwurf zur Ausweisung des Grünen Bandes Thüringen als Nationales Naturmonument eingegangen. Dieser Entwurf befindet sich gerade in der formellen Ressortabstimmung. Wir haben das ehrgeizige Ziel, ihn noch in diesem Jahr dem Kabinett vorzulegen. Ich hoffe, dass es uns gelingt. So weit zum Stand.

Gern komme ich nun Ihrer Bitte nach, zu den an die Landesregierung gestellten Fragen zu berichten.

(Vizepräsidentin Jung)

Zur Bedeutung des Grünen Bandes für den bundesdeutschen Naturschutz, den Biotopverbund und die Artenvielfalt: Der Bereich der ehemaligen innerdeutschen Grenze, das sogenannte Grüne Band, hat sich durch die teilungsbedingte, jahrzehntelange Nichtnutzung zu einer Perlenkette mit zahlreichen wertvollen und geschützen Biotopen und Lebensräumen sowie besonders geschützten Tierarten entwickelt. Das Grüne Band soll nun als Kette die einzelnen Naturschutzperlen miteinander verbinden. Es verbindet Biotope des Offenlands ohne oder in extensiver Nutzung wie Halbtrocken- und Trockenrasen, Feuchtund Bergwiesen sowie Zwergstrauchheiden und Felsfluren, moor- und naturnahe Gewässer wie Flüsse, Bäche, Seen und Verlandungszonen, Pionierwälder und Wälder wie Weich- und Hartholzauwald oder thermophile Eichenwälder. An besonders geschützten Arten – jetzt kommt der Bildungsteil – sind unter anderem Fischotter, Grüne Keiljungfer oder auch Flussjungfer genannt, Bachneunauge, Heckenwollafter, Dunkler und Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling, Gelbbauchunke, Schwarzstorch, Blaukehlchen und Neuntöter sowie Keulen-Bärlapp zu nennen. Das Grüne Band bietet einen Querschnitt durch die verschiedensten Landschaften Thüringens. Es verbindet Naturschutzgebiete und geschützte Landschaftsteile und ist Teil von Gebieten mit bundesweiter und internationaler Bedeutung.

Punkt 2, zur Bedeutung des Grünen Bandes für eine positive Erinnerungskultur und für eine starke Regionalentwicklung im ländlichen Raum: Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Grüne Band verbindet nicht nur die Perlen des Naturschutzes, sondern ebenso die Perlen der Erinnerungskultur, nämlich die Grenzlandmuseen wie auch die vielen kleinen Erinnerungsorte wie Gedenksteine, Tafeln und andere Erinnerungseinrichtungen als Spuren der jüngeren deutsch-deutschen Geschichte. Der ehemalige Kolonnenweg und weitere materielle Reste der Grenzbefestigungsanlagen stellen das verbindende Element dar. Diese Anlagen markieren in Verbindung mit den entstandenen Biotopstrukturen den Verlauf der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Dem Grünen Band kommt somit eine herausragende landeskundliche Bedeutung zu. Insgesamt ist das Grüne Band ein lebendiges Mahnmal und ein Zeugnis für die folgenden Generationen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, viele Abschnitte des Grünen Bandes brauchen eine extensive Nutzung, um die entstandenen Lebensräume zu erhalten. Das Grüne Band soll entsprechend seinem Schutzzweck gemeinsam mit den Menschen vor Ort geschützt und entwickelt werden. Dabei wird ein ausgewogenes Miteinander aller in der Region vorhandenen Nutzungsinteressen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung angestrebt, welche die ökologischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse gleichermaßen berücksichtigt.

Punkt 3, zur Bedeutung des Grünen Bandes für die Entwicklung des Tourismus: Das Nationale Naturmonument dient mit seiner Verbindung als Biotopverbund und Erinnerungslandschaft auch einer umweltschonenden und naturnahen Erholung und der Entwicklung des Tourismus. Durch die mit der Ausweisung als Nationales Naturmonument verbundene Erhöhung des Bekanntheitsgrads wird ein Imagegewinn für die Regionen erwartet, die vorher wenig bekannt waren. Bei Vermarktungsstrategien im Tourismus nehmen Alleinstellungsmerkmale eine wichtige Rolle ein. Dies gilt auch für den Naturund Geschichtstourismus. Genauso wie in der Welterberegion Wartburg Hainich sollen die Kommunen von dem ersten flächenhaften Nationalen Naturmonument in Deutschland profitieren können. Dies schafft auch nachhaltige Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen. Dass sich als Nationale Naturmonumente ausgewiesene Landschaftsräume aus naturtouristischer Sicht zu wahren Naturschätzen entwickeln können, zeigt sehr eindrucksvoll die bisherige Bilanz zum diesjährigen Themenjahr „Das ist meine Natur“. Wir haben sicherlich alle die Werbung für unsere Nationalen Naturlandschaften zum Beispiel auf Straßenbahnen oder am Bahnhof hier in Erfurt gesehen.

Die vom Umweltministerium initiierten und mehrheitlich von der Thüringer Tourismusgesellschaft durchgeführten Kampagnen zur Bewerbung und touristischen Vermarktung der Thüringer Nationalen Naturlandschaften haben durchaus auch messbare Früchte getragen. Die Übernachtungszahlen konnten mit bis zu 9 Prozent und die Gästeankünfte mit über 8 Prozent in unseren acht Nationalen Naturlandschaften von Januar bis Juli 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesteigert werden. Dies bedeutet, dass es sich auch für ein Nationales Naturmonument lohnen kann, mit gezielten Kampagnen und guten touristischen Strategien vermarktet und damit bekannt gemacht zu werden.

Zur Verantwortung des Freistaats für das Grüne Band, dem vierten Punkt: Das Grüne Band Deutschland ist das einzige existierende großräumige Biotopverbundsystem der Bundesrepublik. Der Thüringer Teil des Grünen Bandes verkörpert einen repräsentativen Abschnitt der europäischen Geschichte und ist gleichzeitig ein wichtiger Teil des internationalen, über 12.500 Kilometer langen Biotopverbundsystems des Green Belt. Mit 763 Kilometer Länge hat Thüringen den größten Anteil, mehr als die Hälfte des Grünen Bandes Deutschland, das auf circa 1.400 Kilometer kommt. Thüringen trägt deshalb eine große Verantwortung in Deutschland, um das Grüne Band als Mahnmal und Lebensraum zu erhalten und es für die Erinnerungskultur und den Naturschutz zu sichern.

2008 und 2009 wurden Vereinbarungen zur Übertragung von Naturerbeflächen vom Bund an den Freistaat und folgend an die „Stiftung Naturschutz

(Staatssekretär Möller)

Thüringen“ geschlossen. Der Freistaat hat sich gegenüber dem Bund zur Erhaltung und Entwicklung des Grünen Bandes verpflichtet. Dieser Verantwortung werden wir mit der Ausweisung des Grünen Bandes Thüringen als Nationales Naturmonument gerecht.

Punkt 5, zur Lage und räumlichen Abgrenzung der Flächen im Grünen Band sowie zur Entwicklung des Grünen Bandes in den Jahren seit der friedlichen Revolution: Die Frage, wie mit den Flächen der ehemaligen innerdeutschen Grenze umgegangen werden soll, wurde schon in den 90er-Jahren intensiv diskutiert. Bereits 1998, in der zweiten Legislatur, wurde im Konsens mit allen Interessengruppen von der damaligen schwarz-roten Landesregierung ein Leitbild für das Grüne Band Thüringen erarbeitet. Erinnern wir uns – einige waren damals ja schon dabei –: Nach diesem Leitbild soll innerhalb des Grünen Bandes die Natur Vorrang haben, ein Teil deutscher Geschichte erlebbar gemacht werden, das wirtschaftliche Potenzial auch des Tourismus genutzt werden, die komplizierten Eigentumsverhältnisse geklärt werden und die Landnutzung nachhaltig, konfliktfrei und im Konsens mit den vor Ort Betroffenen erfolgen.

In den zurückliegenden Jahren wurde so im Rahmen der Möglichkeiten versucht, das Grüne Band zu erhalten und zu entwickeln. Da, wo Regelungen durchgreifen konnten und freiwillige Maßnahmen möglich waren, konnte das Leitbild umgesetzt werden. Beispielhaft sind die Ausweisung von Schutzgebieten, die Etablierung zweier Naturschutzgroßprojekte von gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung und der Einsatz der Landentwicklungsinstrumente zu nennen. Immerhin gut 40 Prozent des Grünen Bandes besitzen naturschutzrechtlich einen hohen Status. Auf einer Länge von circa 170 Kilometern von den 763 Kilometern gibt es Flurbereinigungsverfahren, die freiwillige Maßnahmen durch geeignete Flächenzuordnungen unterstützen. Auch waren Abschnitte des Grünen Bandes in zwei länderübergreifenden INTERREG-Projekte einbezogen. Erwähnen will ich an dieser Stelle auch die Stätten der Erinnerungskultur, die Grenzlandmuseen sowie die zahlreichen Aktivitäten auf lokaler Ebene. An dieser Stelle möchte ich allen vor Ort im Naturschutz, in Erinnerungskultur, an den Grenzlandmuseen, aber auch an den vielen kleinen Erinnerungsorten Engagierten meinen herzlichen Dank sagen. Danke dafür, dass Sie mit dazu beigetragen haben, dass aus dem Todesstreifen eine Lebenslinie werden konnte.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Bereich des Grünen Bandes Thüringen gingen in den vergangenen Jahren Flächen im Umfang von circa 4.000 Hektar in das Eigentum der Stiftung Naturschutz Thüringen über. Hierbei handelt es

sich um Übertragungsflächen des Bundes aus dem nationalen Naturerbe. Für diese Flächen hat sich der Freistaat bereits zur Erhaltung und Entwicklung verpflichtet. Leider ist es teilweise sehr schwer, den vorhandenen Flickenteppich der Übertragungsflächen zu einem tragenden Biotopverbund zusammenzufügen, der auch noch die angemessenen Elemente der Erinnerungslandschaft einschließt. Wir müssen deshalb den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen. Der Bundesgesetzgeber hat uns mit dem Naturschutzgesetz im Jahr 2009 die Gelegenheit und die rechtlichen Mittel gegeben, dies tatsächlich auch zu tun. Unser Ziel ist es nun, entsprechend der Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes das Grüne Band Thüringen als Nationales Naturmonument, also als ein Gebiet, das wegen wissenschaftlicher und landeskundlicher Gründe wegen seiner Eigenart von herausragender Bedeutung ist, durchgängig unter Schutz zu stellen.

Zum sechsten Punkt, zum aktuellen Stand der Schutzgebietsausweisungen entlang des Grünen Bandes sowie den Hindernissen für eine verbesserte Unterschutzstellung naturschutzfachlich wertvoller Flächen: Bereits mehr als 40 Prozent der Fläche des Grünen Bandes zwischen Kolonnenweg und Landesgrenze befinden sich in Geltungsbereichen von Verordnungen mit einem hohen Schutzniveau. Dies sind im Überblick 42 Naturschutzgebiete entlang des Grünen Bandes, zwei neue Landschaftsschutzgebiete mit speziellen Regelungen zum Grünen Band, geschützte Landschaftsbestandteile und natürlich zahlreiche Natura-2000-Gebiete. Auf der restlichen Fläche des Grünen Bandes greifen Regelungen zum gesetzlichen Biotopschutz, zum Artenschutz und zur Eingriffsregelung. Ein grundsätzliches Hemmnis für die Ausweisung von weiteren Naturschutzgebieten im Bereich des Grünen Bandes ist die besondere Zusammensetzung und Struktur der Eigentumsverhältnisse, welche einen erheblichen Abstimmungsbedarf nach sich zieht. 42 Prozent gehören uns, 25 Prozent sind im privaten Eigentum, 13 Prozent gehören Kommunen, 11 Prozent ThüringenForst, 7 Prozent gehören noch dem Bund, Agrarbetrieben, der Treuhand oder Naturschutzverbänden und zu den 42 Prozent, die der Stiftung Naturschutz gehören, gibt es noch 2 Prozent Flächen, die unmittelbar dem Freistaat gehören – also knapp die Hälfte gehört uns, aber die anderen Flächen sind eben doch sehr zersplittert. Hier bietet aber die Flurbereinigung mit ihren Verfahren geeignete Instrumente, um einen Interessenausgleich herbeizuführen. Wir benötigen dafür aber in der Regel relativ viel Zeit und entsprechende Mittel für Flächeneinkäufe oder Ausgleichszahlungen. Um in der Zwischenzeit die Lücken nicht noch größer werden zu lassen, sollte die Chance genutzt werden, entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze das Nationale Naturmonument Grünes Band Thüringen auf der Grundlage des § 24 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz durch ein

(Staatssekretär Möller)

Landesgesetz zu errichten. Ein Landesgesetz ist deshalb notwendig, weil sich die Ausweisung selbst nach Landesrecht richten muss und das Thüringer Naturschutzgesetz keine entsprechende Verordnungsermächtigung enthält. Thüringen nimmt mit dieser Gesetzgebung eine Vorreiterrolle innerhalb der Bundesländer ein. Die Möglichkeit eines zeitlich abgestimmten Vorgehens mit anderen Bundesländern wurde von unserem Haus geprüft. In Sachsen – dort betrifft es nur wenige Kilometer – besteht aufgrund vorhandener Schutzgebiete kein Handlungsbedarf. In Sachsen-Anhalt ist die Ausweisung des Grünen Bandes Bestandteil des Koalitionsvertrags der regierungstragenden Parteien. Die Einstufung als vordringliche Maßnahme steht aber noch aus. Wenn Sachsen-Anhalt dem Beispiel Thüringens folgt und es in beiden Ländern zur Ausweisung kommt, stünden 79 Prozent des Grünen Bandes in Deutschland als Nationales Naturmonument unter Schutz. Wenn man dann noch den sächsischen Anteil dazurechnet, der durch Naturschutzgebiete gesichert ist, wären 82 Prozent des Grünen Bandes in Deutschland durchgängig geschützt.

Zum siebenten Punkt, wie im Rahmen des Ausweisungsverfahrens die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, von Landnutzern und Grundstückseigentümern, von Vereinen an den Erinnerungsorten sowie der Kommunen und der Landkreise erfolgt: Hier kann ich auf meine Ausführungen zum sogenannten Vorverfahren, die ich im Rahmen der Vorbemerkungen gemacht habe, verweisen. Bevor das Kabinett den Gesetzentwurf für die Ausweisung des Grünen Bandes als Nationales Naturmonument an den Landtag zur Befassung überweisen wird, wird es ganz selbstverständlich zunächst eine Verbändebeteiligung beschließen. Aus meiner Sicht sollte sich eine Kernregelung des Gesetzes mit einem Pflege-, Entwicklungs- und Informationsplan befassen. Aus diesem Plan sollen alle maßgeblichen Maßnahmen hervorgehen, die zur Umsetzung des Schutzzwecks und der anderen Gesetzesregelungen erforderlich sind. Ich wünsche mir, dass die Planerstellung unter breiter Beteiligung der Kommunen, der öffentlichen Planungsträger, aber auch von Dritten, wie den Gedenkstätten, den Nutzern, den Eigentümern und vielen anderen, die da vor Ort aktiv sind, erfolgt. Es ist ganz bewusst kein ausschließlicher Pflege- und Entwicklungsplan im klassischen naturschutzfachlichen Sinne. Vielmehr messen wir der Information und den damit verbundenen Chancen für Umweltbildungsinitiativen, aber auch für Initiativen, die sich mit Geschichtsbildung befassen, mindestens den gleichen Stellenwert bei – Naturschutz und Erinnerungskultur auf Augenhöhe. Nur so kann das Nationale Naturmonument Grünes Band Thüringen zu einer Erfolgsgeschichte werden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I des Antrags? Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion der CDU und die AfDFraktion. Dann möchte ich darauf hinweisen, dass Beratungen zu den Berichten grundsätzlich in langer, also in doppelter Redezeit verhandelt werden. Ich eröffne auf Verlangen aller Fraktionen die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I des Antrags. Gleichzeitig eröffne ich die Aussprache zu dem Gesetzentwurf und zu Nummer II des Antrags. Als erste Rednerin hat sich Abgeordnete Tasch, Fraktion der CDU, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU-Fraktion hat Ihnen heute den Entwurf der sechsten Änderung des Thüringer Gesetzes für Natur und Landschaft mit der Bitte um Beratung in dem zuständigen Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz und selbstverständlich zur Mitberatung in dem Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten vorgelegt. Ziel ist es – und wir wollen damit die Möglichkeit nutzen –, die Idee des Bundesgesetzgebers aus dem Jahr 2009 in § 24 Bundesnaturschutzgesetz zur Aufnahme der Schutzkategorie „Nationales Naturmonument“ in die Naturschutzgesetze der Länder zu nutzen. Ziel des Bundesgesetzgebers war es, national bedeutsame Schöpfungen von Natur und Landschaft auch auf kleineren Flächen einem herausgehobenen Schutz zu unterwerfen, der international Anerkennung und Beachtung findet. Dementsprechend sollen Gebiete als Nationale Naturmonumente ausgewiesen werden, die natürlich kulturelle Erscheinungen enthalten, die außerordentlich oder einzigartig sind und wegen ihrer Eigenart, Seltenheit oder ästhetischen Qualität aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, kulturhistorischen und landeskundlichen Gründen von herausragender Bedeutung sind.

Wir sind der Auffassung, dass mit dieser Änderung des Thüringer Naturschutzgesetzes dem zuständigen Ministerium die Möglichkeit gegeben wird, intensiv zu prüfen, welche Gebiete und Objekte als Nationale Naturmonumente geeignet sind. Da unterscheiden wir uns zum vorgelegten Antrag von Rot-Rot-Grün. Wir sind der Meinung, dass unser Naturschutzgesetz zu ändern ist, diese Schutzkategorie einmalig einzuführen ist und dann zu prüfen ist, welche Objekte – Kolonnenweg, andere Dinge – als Nationales Naturmonument auszuweisen sind. Denn wenn wir so vorgehen, Herr Staatssekretär, wie Sie es gerade vorgetragen haben, dann müssen Sie für jedes Nationale Naturmonument, und wenn es nur eine kleine Höhle ist und was es alles so gibt, immer ein Gesetz dazu machen. Das halten wir für falsch. Deshalb haben wir hier vorgelegt, unser Naturschutzgesetz dahin gehend zu erweitern und diese Möglichkeit, die wir seit 2009 haben, hier

(Staatssekretär Möller)

in unser Landesrecht umzusetzen. Ich erinnere auch, dass es bisher bewährte Praxis war, auch zu solchen Dingen in den zuständigen Ausschüssen immer einen großen Konsens zu erzielen – und das ist uns in den letzten Jahren auch gelungen. Der Schutz von bedeutenden Gebieten und Objekten ist nur mit enger Rückkopplung mit der Bevölkerung zu erreichen. Unsere Philosophie für einen erfolgreichen Naturschutz ist – damit haben wir gute Erfahrungen gemacht –: Mensch und Natur gehören zusammen. Es ist auch ein ganz wichtiger Bestandteil in unserem Gesetzesvorschlag, deshalb auch die Schutzklausel für die Land- und Forstwirtschaft mit aufzunehmen. Hinter dem Satz „Nationale Naturmonumente sind wie Naturschutzgebiete zu schützen“, darf eben auch ein ganz besonderer Satz nicht fehlen – da möchte ich aus unserem Gesetzentwurf zitieren: „Dabei ist die ordnungsgemäße Land- und Forstwirtschaft im bisherigen Umfang zu gewährleisten.“ Es ist bekannt und viele, die in dem Bereich arbeiten, wissen, dass es viele potenzielle Nationale Naturmonumente in Thüringen gibt. Das ist eben mehr als nur das Grüne Band. Deshalb haben wir vorgeschlagen, so wie das seit einem Jahr in Mecklenburg-Vorpommern Praxis ist, diese Dinge per Rechtsverordnung auszuweisen. Ein eigenes Gesetz nur für das Grüne Band schaffen zu wollen, wie es eben der Herr Staatssekretär angekündigt hat, ist für uns nicht zielführend.