Protokoll der Sitzung vom 09.12.2016

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines will ich ganz deutlich sagen: Es gab gute Gründe, dass wir uns entschieden haben, unter den demokratischen Fraktionen auch nach Erstellung der Synopse weiterzuverhandeln. Manchmal muss man das Wasser auch halten können, wenn ich es mal so lapidar sagen darf.

Es gab drei Punkte, über die wir uns noch verständigen wollten. Das war die Frage des Petitionsausschusses. Wir haben diese hoch und runter diskutiert. Von der AfD kam dazu übrigens nie irgendetwas. Das war die Frage der Vertretungsregelungen vor dem Verfassungsgericht. Das war auch die Frage, wie gehen wir mit Aktuellen Stunden um. Deswegen ist es überhaupt nicht lächerlich, zu sagen, es sei ein weitergehender Antrag, den wir vorgelegt haben. Es ist ganz substanziell so, dass dieser einfach drei Aspekte mehr enthält als die ansonsten wortgleiche Synopse, die in der Tat gemeinsam erarbeitet wurde. Herr Emde hat es als geistigen Diebstahl bezeichnet, ich nenne es „schlechte Kopie“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will aber auch keinen Hehl daraus machen, dass unsere Hoffnungen an diese Arbeitsgruppe „Geschäftsordnung“ wesentlich inhaltsschwerer waren. Es wird Sie nicht verwundern, dass wir natürlich – wie auch im Übrigen schon in der letzten Legislatur – gern über die Frage öffentlicher Ausschusssitzungen diskutiert hätten. Die Wenigsten wissen es. Es ist leider in der Verfassung so geregelt, dass die Ausschüsse nicht öffentlich tagen, in der Regel. Wir hätten uns gewünscht, dass die Ausschüsse in der Regel öffentlich tagen. Wir haben dazu auch eine Gesetzesinitiative in der letzten Wahlperiode eingereicht. Die kann man nachlesen in der Drucksa

(Abg. Emde)

che 5/1311. Wir haben versucht, das auch in diese Geschäftsordnungsdebatte mit einzubringen. Ich glaube, es wäre ein Gewinn gewesen, öffentlich zu tagen. Warum konnte man sich dazu nicht verständigen? Weil es bei einigen die Sorge gab oder gibt, dass diese Ausschüsse dann als Bühnen missbraucht würden und keine inhaltliche Arbeit stattfindet.

Ich sage Ihnen ganz offen: Acht Landesparlamente in Deutschland arbeiten mit öffentlichen Ausschusssitzungen. Wir haben uns sehr genau angeschaut, wie sich dort die Arbeit verändert hat, seit diese Ausschüsse öffentlich tagen. Es gibt ein größeres Interesse an Sachentscheidungen. Es gibt mitnichten ein Abfallen der Intensität der fachlichen Arbeit in diesen Ausschüssen, im Gegenteil. Es wird eine sehr viel stärkere Bürgerinnen- und Bürgernähe wahrgenommen. Schade, dass es in Thüringen dafür keine Mehrheit gab. Aber wir versprechen Ihnen als Bündnis 90/Die Grünen, dass wir diesen Versuch und Vorstoß immer wieder wagen werden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ein zweiter Punkt, den wir wichtig gefunden hätten, wäre die Regelung zu Selbstbefassungsanträgen in Ausschüssen auf Antrag einer Fraktion. Sie alle wissen es und wir erleben es auch immer wieder: Jede Fraktion kann das gesamte Plenum mit jedem Thema befassen, wenn sie einen entsprechenden Antrag stellt. Im Ausschuss ist das nicht möglich. Da braucht es die Unterstützung eines Drittels der Mitglieder. Ein Argument dagegen, dass jede Fraktion auch im Ausschuss Anträge stellen könnte, war, dass dann Rechtspopulisten beispielsweise dies missbrauchen könnten und die Ausschüsse quasi mit ihren Anträgen lahmlegen. Ich weiß nicht, ob es richtig ist, Angst vor diesen Auseinandersetzungen zu haben. Sie können schließlich auch ein gesamtes Plenum jedes Mal damit behelligen. Ich denke, es wäre richtig gewesen, wir hätten sehr viel Sach- und Facharbeit auf die Ausschussebene verlagern können, wir hätten damit nicht immer das gesamte Plenum behelligen müssen. Ich glaube, es hätte die Sacharbeit gestärkt. Aber auch das war leider nicht mehrheitsfähig.

Ich will auch noch einen dritten Punkt benennen, über den wir lange und durchaus kontrovers diskutiert haben. Wir hätten uns einen wissenschaftlichen Dienst als unabhängigen Gesetzgebungsund Beratungsdienst gewünscht, welcher keinerlei Weisungen unterworfen und zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet wäre. Vergleichbare Regelungen gibt es bisher in Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen. Auch das war leider nicht konsensfähig unter den vier Fraktionen, die jetzt diesen Antrag gemeinsam eingereicht haben.

Ein Letztes: Wir als Bündnis 90/Die Grünen haben das schon länger vor. Wir hätten uns einen papierlosen Landtag gewünscht. Alle Landtagsdrucksachen würden elektronisch verteilt werden. Das wird bereits im Niedersächsischen Landtag umgesetzt. Auch da waren wir leider noch nicht so weit, zu einer Einigung zu kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ansonsten umfasst die Geschäftsordnung vieles, aber einen, wie ich meine, zentralen Aspekt ebenfalls noch nicht. Das ist die geschlechtergerechte Sprache. Wir hoffen hier schlicht bei der Umsetzung darauf, dass dies problemlos möglich ist. Ich bin sehr gespannt, ob und wie das gelingt. Denn Sprache ist natürlich auch Ausdruck von Bewusstsein. In diesem Sinne danke ich noch mal allen, die in dieser Arbeitsgruppe intensiv mitgearbeitet haben, hoffe darauf, dass dieses als ein erster Schritt verstanden wird. Ich weiß, dass es große Erwartungen an eine tatsächliche Parlamentsreform insgesamt gibt, wozu wir eine Debatte angekündigt haben. Ich hoffe, dass wir heute hier eine breite Zustimmung zum Antrag von CDU, SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen bekommen, auch wenn dieser mitnichten schon vollumfänglich alles regelt, was wir uns gewünscht hätten. Aber ich glaube, er ist ein erster wichtiger Schritt. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun hat Abgeordneter Möller für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu Ihnen, Frau Kollegin RotheBeinlich: Sie sagen, wir wären zu dämlich gewesen, unsere Anträge – also im Grunde sagen Sie, wir wären zu dämlich gewesen, unser dunkles Wollen in den Antrag hineinzuformulieren.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das „dämlich“ kommt von Ihnen!)

Wissen Sie, das unterscheidet uns vielleicht so ein bisschen vom Vorgehen der anderen Fraktionen, dass wir, wenn wir das Ergebnis einer gemeinsamen Arbeitsgruppe aus der reinen Not heraus, weil wir nämlich sonst nicht beteiligt werden, in einen eigenen Antrag gießen, dann nicht so hinterhältig sind und den einfach abändern. Dann versuchen wir schon, den Konsens herüberzubringen. Das ist keine Frage von Dummheit, das ist eine Frage von Fairness. Das vielleicht mal zuallererst.

(Beifall AfD)

(Abg. Rothe-Beinlich)

Insofern ist es auch – da gehe ich auf Herrn Kollegen Emde ein – überhaupt kein Raub geistigen Eigentums oder irgend so etwas in der Art. Es ist immer von uns gesagt worden, dass dies das Ergebnis der gemeinsamen Arbeitsgruppe war, nicht nur der AfD. Ich weiß gar nicht, wie Sie auf die Idee kommen, dass wir uns da mit fremden Federn schmücken. Wir haben es immer gesagt, dass Sie mit dabei waren und auch die anderen Fraktionen mit dabei waren. Wir haben auch immer gesagt, warum wir das tun. Wir hätten es lieber nicht getan. Wir hätten gern den gemeinsamen Antrag unterschrieben, aber Sie haben uns nicht gelassen. Das ist der Punkt.

(Beifall AfD)

Ich möchte die Arbeit in dieser AG Parlamentsreform Revue passieren lassen. Man kann sagen, dass sich diese Parlamentsreformarbeitsgruppe im Grunde wie ein Drama ereignet hat. Den ersten Akt, die Exposition, die kann man als Phase relativ hoher Motivation zu Beginn bezeichnen. Es wurden von allen Fraktionen viele Vorschläge eingereicht und diese Vorschläge sind von Herrn Dr. Poschmann und Herrn Heyer – Danke erst mal an die beiden – in großen Tabellen zusammengefasst worden. Da können Sie gern nachlesen, Frau RotheBeinlich und auch Herr Emde und Herr Blechschmidt, was die AfD-Fraktion dazu beigetragen hat, nämlich unter anderem, dass wir die Elemente der Bürgerbeteiligung und der parlamentarischen Arbeit besser verknüpfen wollten und als Ansatzpunkt dafür die Onlinepetition benannt hatten. Wir wollten die Zusatzvergütungen für Abgeordnete novellieren, wir wollten das Übergangsgeld für Abgeordnete neu regeln,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo sind die ganzen Anträ- ge?)

desgleichen die Altersentschädigung entsprechend den Vorschlägen des Rechnungshofs neu regeln. Wir schlugen die Diskussion einer steuerrechtlichen Gleichbehandlung der Abgeordnetenbezüge in allen Fragen vor – das hätte das Ende der steuerfreien Aufwandsentschädigung bedeutet –, wir wollten in der Arbeitsgruppe auch eine Landtagsverkleinerung, also eine Anpassung an den demografischen Wandel erreichen. Trotz unserer extremen Unerfahrenheit – wir waren ja gerade mal ein halbes Jahr oder noch nicht mal ein halbes Jahr Abgeordnete – haben wir Vorschläge zur Änderung der Geschäftsordnung unterbreitet, und zwar nicht nur einen. Sie können das alles in den Tabellen nachlesen.

(Beifall AfD)

Das alles stand in den Unterlagen, da steht es auch heute noch. Dann kamen die ersten drei Sitzungen. Da haben wir von der AfD praktisch das erste Mal miterlebt, warum die etablierte Politik mit großem

Anspruch antritt und dann ein minimales Ergebnis herauskommt, in unserem Fall also aus einer Parlamentsreform ein Geschäftsordnungsreförmchen wird. An der einen oder anderen Stelle, das kann ich sagen, haben die anderen Fraktionen – auch Herr Blechschmidt zum Beispiel – den Reformbedarf bei den Punkten, die wir benannt haben, durchaus gesehen, aber man wollte sich erst mal nur auf die Geschäftsordnung konzentrieren und die ganzen großen Fragen dann im Nachgang klären, gegebenenfalls mit Experten.

Jedenfalls – also ich glaube ja nicht, dass das noch geschieht – flogen diese großen Fragen, die wirklich eine Parlamentsreform bedeutet hätten, gleich am Anfang raus. Und die kamen von der AfD-Fraktion. Wir haben gesagt: Macht nichts, wir sind die Neulinge, wir passen uns da an, man kann eine Verbesserung des Landtags wahrscheinlich durch eine Verbesserung der Geschäftsordnung erreichen, kann da mehr Schwung in den Landtag bringen, die Plenarsitzungen attraktiver gestalten. So haben wir gemeinsam mit Ihnen über Redezeiten gesprochen, wogen Vor- und Nachteile ab und hatten durchaus so was wie eine fachliche Diskussion, ohne das typische politische Zähnefletschen. Aus unserer Sicht war das damals die fruchtbarste und auch schönste Phase der Arbeitsgruppe, sozusagen ihr Höhepunkt. Das Interesse an weitreichenden Änderungen, selbst nur der Geschäftsordnung, sank jedoch schnell. Die kleinste Fraktion konnte sich plötzlich nicht mehr vorstellen, weniger als zehn Minuten zu einem Tagesordnungspunkt zu sprechen, und die größte war eigentlich mit der ganzen Geschäftsordnung zufrieden, denn – wen überrascht es – die Geschäftsordnung stammte ja im Grunde aus der Feder der CDU. Skurril wurde die Diskussion dann bei dem von Frau Rothe-Beinlich schon angesprochenen Thema der geschlechtergerechten Sprache. Die Landtagsverwaltung wurde aufgefordert, Teile der Geschäftsordnung exemplarisch anzupassen, sodass man nachlesen konnte, wie sich das sprachlich verhunzt auswirkt, damit sich auch jede stellvertretende parlamentarische Geschäftsführerin angemessen angesprochen fühlt.

So haben wir diverse Fragen diskutiert und irgendwann schlief diese Arbeitsgruppe fast ein. Sie tagte erst nicht mehr ganz monatlich und dann dauerte es immer länger. Wir haben übrigens schnell gemerkt, dass die AfD-Fraktion zwar Vorschläge machen kann – Sie haben einen genannt, ein weiterer wäre zum Beispiel das Selbstbefassungsrecht gewesen, das haben wir auch eingebracht. Also da sind wir schon bei zwei Anträgen,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, haben Sie nicht!)

selbst nach dem, was Sie erzählen, ist es nicht ein Antrag. Wir haben also schnell gemerkt, dass wir

Vorschläge machen können, die aber in der Regel abgelehnt werden. Was macht ein vernunftbegabtes Wesen, wenn ihm das mehrfach geschieht? Es erkennt den Mangel an Kompromissbereitschaft bei der anderen Seite, es beschränkt seine Arbeit dann auf das notwendige Mindestmaß, da es Wichtigeres zu tun hat, als für den Papierkorb zu arbeiten. Auch das ist ein Grund, warum Ihre Behauptung, wir hätten uns nicht genügend eingebracht, grober Unsinn ist. Sie selbst haben mit Ihren Reaktionen dafür gesorgt, dass die AfD überhaupt keine Chance hatte, sich wirksam einzubringen. Natürlich haben wir dann irgendwann auch unser entsprechendes Verhalten angepasst. Aber wir waren immer da und wenn es einen Punkt gab, der zu erwähnen war, haben wir den auch immer genannt. Wir sind aber nicht nach dem Prinzip „Es hat zwar schon fast jeder alles gesagt, aber es ist eben noch nicht alles von jedem gesagt worden“ verfahren. Das ist nicht unsere Art und Weise, wie wir uns in solche Arbeitsgruppen einbringen.

Über alle formalen und inhaltlichen Meinungsverschiedenheiten hinweg entstand am Ende so etwas wie ein Minimalkonsens, im Grunde genommen fast alles Klarstellungen. Ich will sie nicht noch mal im Detail erwähnen, das haben die Vorredner schon gemacht. Der wichtigste Punkt für uns war – den hatten wir beantragt, auch eine der wenigen echten Neuregelungen – die Möglichkeit aller Fraktionen, auch der AfD-Fraktion, Selbstbefassungsanträge in den Ausschüssen des Landtags zu stellen. Das unwürdige Betteln bei einer anderen Fraktion um Unterstützung bliebe uns danach erspart. Da sehe ich, ehrlich gesagt, die Janusköpfigkeit bei Ihnen. Denn Sie haben sich, bei jeder Gelegenheit gegenüber Journalisten und Dritten aufgeregt, wie wenig Anträge die AfD in den Ausschüssen stellt. Dabei wussten Sie ganz genau, dass wir ohne Wohlwollen Ihrer Fraktion überhaupt nichts in den Ausschuss bringen können.

(Beifall AfD)

Wie viel Wohlwollen wir als AfD-Fraktion von Ihnen zu erwarten haben, das ist, denke ich mal, öffentlich allgemein bekannt. Ich sage Ihnen auch eins: Parlamentsarbeit hat nichts mit der Position eines Bittstellers beim politischen Wettbewerber zu tun. Diese künstlichen Erregungsversuche, die Sie in der Vergangenheit in diesem Punkt schon hatten oder ausgelebt haben, die sind in dem Punkt, ehrlich gesagt, der Gipfel der Verlogenheit.

Jedenfalls kam es vor zwei Wochen zu einer Finalisierung des gemeinsamen Arbeitsergebnisses. Sie sagen jetzt zwar: Na ja, das war noch nicht ganz finalisiert. Da frage ich mich allerdings: Warum haben Sie denn die Arbeitsgruppe eingestellt? Warum haben Sie sie denn beendet? Warum haben Sie sich denn bei der Landtagsverwaltung bedankt? Natürlich war sie beendet. Die Finalisierung hat al

so stattgefunden, da sind wir sozusagen beim retardierenden Moment in unserem Drama: Das Ende wurde dann also noch mal einen kurzen Moment hinausgezögert, man hat kurzzeitig einen schönen Ausgang erwartet, aber dann kommt es, wie gesagt, anders. Denn im letzten Akt haben die Vertreter vor allem der linken und grünen Fraktion wieder mal bewiesen, was Parlamentsarbeit für sie bedeutet. Nämlich: Es ist ein Drama – das bedeutet es für Sie. Wenn ich mal überlege: Was hat wohl dazu geführt, dass Sie uns nicht mit unterschreiben ließen? Da habe ich erst gedacht: Na ja, das liegt vielleicht daran, dass Sie das Ihren Kumpels von der Antifa nicht zumuten wollen – die ja unsere Stände angreifen und immer wieder Zoff machen, unsere Veranstaltungen stören –, dass sie dann plötzlich merken, na, wie geht denn das, jetzt unterschreiben die plötzlich alle zusammen einen Antrag.

(Beifall AfD)

Wie geht denn das, wie passt denn das zusammen? Das Risiko, dass es da Zoff zu Weihnachten gibt, das wollten Sie natürlich nicht eingehen und haben deswegen den gemeinsamen Antrag abgelehnt. Das hatte ich zunächst gedacht, dass das der Grund ist. Aber ich bin mir da mittlerweile nicht mehr ganz so sicher, ob das wirklich der Grund war. Denn als ich heute Ihren eilig vorgelegten Gegenantrag gelesen habe, da ist mir klar geworden, warum Sie uns nicht haben unterschreiben lassen wollen. Sie hatten nämlich von Anfang an offenkundig vor, das im Konsens beinhaltete Selbstbefassungsrecht der Fraktionen in der Ausschussarbeit im letzten Moment zu streichen, und haben darauf gesetzt, dass wir es nicht merken, wenn Sie uns den Antrag erst einen halben Tag vor der Debatte vorlegen und ihn nicht unterschreiben lassen. Ehrlich gesagt: Das finde ich ziemlich hinterhältig. Bei aller politischen Fremdheit, die wir zueinander aufweisen, hätte ich das nicht von Ihnen erwartet. Ich hätte erst recht nicht erwartet, dass die CDU bei so etwas mitmacht.

(Beifall AfD)

Ganz ehrlich, das ist kein ordnungsgemäßer, fairer Umgang, weder im Sport, Herr Emde, noch im Parlament. Eine ordentliche parlamentarische Auseinandersetzung verträgt sich mit solchem heimtückischen, hinterhältigen Rausstreichen aus einem vorher vereinbarten, in zwei Jahren vereinbarten Konsens nicht.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Fair! Das Sie dieses Wort überhaupt in den Mund nehmen!)

Das ist dann schon eine Form, da kann man eigentlich nur von Anscheinsparlamentarismus sprechen. Am Ende wird durch ein solches Verhalten auch klargemacht: Sie grenzen in der Ausschussarbeit – und nicht nur in der Ausschussarbeit – die Wähler,

die sich momentan von der AfD am besten vertreten fühlen, nämlich 21 Prozent hier in Thüringen, im Grunde genommen parlamentarisch aus. Sie sollten mal überlegen, ob das der richtige Ansatz ist. Wir finden es jedenfalls falsch. Wir werden natürlich Ihrem Kompromissvorschlag nicht zustimmen.

(Beifall AfD)

Danke schön. Als Nächster erhält Abgeordneter Blechschmidt für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich würde gern an meinen Redebeitrag zur konstituierenden Sitzung am 14. Oktober 2014 anknüpfen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Ich erinne- re mich ganz genau, Herr Blechschmidt!)

Dann können Sie jetzt sozusagen noch mal zuhören, weil ich glaube, Sie haben da manches nicht verinnerlicht, was ich gesagt habe.

Der ehemalige Direktor des Thüringer Landtags, Herr Dr. Linck, hat in einem Zusammenhang mit Veränderungen der Geschäftsordnung es einmal so beschrieben: „Die Geschäftsordnung eines Parlaments“ – und das ist die Wiederholung zu meinem Redebeitrag – „ist das Fundament, das einerseits die existenzielle Voraussetzung für die parlamentarische Arbeit darstellt und andererseits dabei Mehrheitsprinzipien stützt und Minderheitenrechte besonders würdigt und heraushebt.“ Und weiter: „Die Geschäftsordnung gilt für alle und soll bei Veränderungen auch von allen getragen werden.“ Ich bin, um mal die weihnachtliche Stimmung aufzugreifen, dem Kollegen Möller dahin gehend dankbar, dass er den komplizierten Vorgang innerhalb der Arbeitsgruppe beschrieben hat, dass es kein einfacher Vorgang gewesen ist. Die Anträge, die Sie jetzt hier beschrieben haben, waren alles Anträge, die Sie mehr oder weniger dann auch hier im Thüringer Landtag eingebracht haben. Aber wir haben uns rechtzeitig in der Arbeitsgruppe darauf verständigt, die Geschäftsordnung vom Abgeordnetenrecht zu trennen. Wenn wir das jetzt mal in einen zeitlichen Rahmen setzen würden, wenn wir dort noch die Abgeordnetenrechte behandelt hätten, ich würde mal vermuten, dass diese Arbeitsgruppe immer noch arbeiten würde, um dort einen Konsens herzustellen. So haben wir schon damals, 2015, festgelegt, dass wir diese beiden Inhalte trennen wollen, um zumindest zeitnah zu einem Ergebnis zu kommen. Dass es länger gedauert hat, als wir vielleicht alle gedacht haben, das mag man jetzt feststellen. Dennoch möchte ich im Ergebnis sagen: Es ist eine Reform, die die Geschäftsordnung weiterschreibt und gewisse Schwerpunkte – ich möchte diese hier mal benennen: Öffentlichkeitsarbeit, also Onlineforum,

verfassungsrechtliche Grundsätze, Petitionsrecht oder die Frage von Einzelrechten, wie die Fraktionslosen, oder die Stärkung des Parlaments mit Blick auf die Vertretung vor dem Verfassungsgericht – weiterführt. Das ist ein Erfolg.