Protokoll der Sitzung vom 25.01.2017

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordneter Kräuter das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen der demokratischen Fraktionen, sehr geehrte Damen und Herren im Livestream, wir reden heute über ein Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften, einen Gesetzentwurf der Landesregierung, der sicher nur kleine Regelungen und Anpassungen vornimmt, aktuelle Rechtsprechungen einfließen lässt. Trotz alledem haben viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst mehr oder weniger große Erwartungshaltungen an die Veränderung dessen. Die Spitzenverbände von DGB und tbb begrüßen einzelne Regelungen, in Teilen üben sie aber Kritik. Andere Gewerkschaften und Fachverbände wie zum Beispiel der Landesverband Thüringen des Deutschen Juristinnenbundes, der Berufsverband der Finanzrichterinnen und Finanzrichter in Thüringen, der Bund Deutscher Kriminalbeamter hatten keine Hinweise im Rahmen des Beteiligungsverfahrens.

Ich will es mir auch nicht ganz so einfach machen und mich mit der Thematik in Teilen auseinandersetzen. Wie immer im Leben hängt alles mit allem zusammen, die Welt ist erkennbar, wir müssen nur

genau hinsehen und uns nicht von Menschen blenden lassen, für die Hass statt Herz steht.

Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Wenn wir über die Änderung von dienstrechtlichen Vorschriften sprechen, reden wir in der Regel zu großen Teilen und in letzter Konsequenz über die Besoldung von Beamtinnen und Beamten. Wir dürfen dabei aber die Wertschätzung unserer Beamtinnen und Beamten nicht hinten anstehen lassen. Wertschätzung von Beamtinnen und Beamten gliedert sich nach meiner Überzeugung in drei Bestandteile: Besoldung, Personalentwicklung, wirksame Beteiligungsrechte. Zur Personalentwicklung und zur Weiterentwicklung eines Personalentwicklungskonzepts sind wir auf einem guten Weg. Dabei müssen wir uns einer Aufgabenkritik unterziehen, in demografischer Richtung und in organisatorischer Richtung. Die Entwicklung der Beteiligungsrechte als die Weiterentwicklung des PersVG ist in Arbeit. Dabei bin ich überzeugt, dass die Landesregierung ihre Wertschätzung für die Beamtinnen und Beamten auch dadurch zum Ausdruck bringt, dass wir die Beteiligungsrechte so entwickeln, dass tatsächlich zu jeder Entscheidung in den Behörden und Einrichtungen die partnerschaftliche Zusammenarbeit und frühzeitigste Beteiligung in den Mittelpunkt von gemeinsamen Entscheidungen gestellt wird. Die dritte Säule der Wertschätzung sind besoldungsrechtliche Vorschriften; über die reden wir heute.

Ich möchte mich nicht mit allen Einzelheiten des Gesetzentwurfs auseinandersetzen. Schauen wir aber mal in den Bereich Schule und damit in Artikel 1 des Gesetzes: Aus meiner Sicht ist wegen der sich gewandelten und weiter wandelnden Schulrealität die unterschiedliche Bewertung der grundschulpädagogischen Tätigkeit und Tätigkeiten anderer Lehrämter nicht mehr nachvollziehbar. Wir müssen deshalb darüber reden, inwieweit die ungleiche Besoldung der Grundschullehrkräfte beendet werden kann. Gleichzeitig müssen wir die Ausgestaltung des Eingangsamts eines Regelschullehrers in den Blick nehmen. Wir müssen aber auch darüber reden, ob die Mindestzeiten von bis zu 30 Jahren bei Beförderung nach A13 im Bereich der Förderschullehrer/-lehrerinnen als Lehrer und Diplomlehrer für Hilfsschulen im sonderpädagogischen Unterricht an einer Förderschule richtig ist. Ich sage: Nein. Die Begründung dazu: Die Heranziehung der Mindestdienstzeiten zur Auswahlentscheidung im Sinne des Artikels 33 ist unzulässig als Auswahlkriterium zur Beförderung von A12 zu A13. Dabei verweise ich auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.09.2012, das entschieden hat, dass weder die Kriterien von Mindestalter noch Mindestdienstzeit zu den leistungsbezogenen Merkmalen gehören, die für eine an den Grundsätzen des Artikels 33 Abs. 2 Grundgesetz auszurichtende Auswahlentscheidung rechtlich zulässig sind.

(Abg. Floßmann)

Im Gesetzentwurf ist die Rede von der Beseitigung der Mindestdienstzeit, die über die maximale Bewährungszeit von vier Jahren hinausgeht. In den Besoldungsgruppen A9, A10, A11 und A12 an allgemein- und berufsbildenden Schulen sowie an berufsbildenden Schulen im berufsfeldbezogenen, berufspraktischen und berufstheoretischen Unterricht in den Besoldungsgruppen A11 und A12 gelten Mindestbewährungszeiten, die über die maximale Bewährungszeit von vier Jahren hinausgehen. Auch darüber müssen wir reden.

Es ist im öffentlichen Dienst inzwischen gängige Praxis, dass Funktionsstelleninhaber und -inhaberinnen über Jahre hinweg höherwertige Tätigkeiten ausüben, ohne hierfür einen Ausgleich zum übertragenen Amt durch Beauftragung zu erhalten. Dieser Zustand ist inzwischen in den verschiedensten Bereichen der Landesverwaltung unhaltbar geworden. Ich verweise hier insbesondere auf die Bereiche der Lehrer, der Polizei und der Finanzen.

Das Thüringer Besoldungsgesetz muss für eine gerechte Besoldung höherwertiger Tätigkeiten in Funktionsstellen Leistungsanreize schaffen. Die gegenwärtige Praxis schadet dem Ansehen und der Wettbewerbsfähigkeit im öffentlichen Dienst. Auch daran wird Rot-Rot-Grün arbeiten. Ich würde es ausdrücklich begrüßen, wenn wir Einigkeit darüber erzielen würden, neben der Schaffung eines rechtssicheren Beurteilungs- und Beförderungssystems die Zahlung einer Zulage für höherwertige Tätigkeiten in das Thüringer Besoldungsgesetz wieder aufzunehmen.

Eine Bemerkung noch zum Zulagenwesen: Wer kann mir die Frage beantworten, wo die Unterscheidung der Zulage für Beamte mit vollzugspolizeilichen Aufgaben, der Zulage für Beamte des Landesamts für Verfassungsschutz im mittleren und gehoben Dienst, der Zulage für Beamte in den Justizvollzugseinrichtungen und psychiatrischen Krankenanstalten und für Beamte, die im Außendienst bei der Steuerprüfung eingesetzt sind, liegt? Dabei reicht die Spanne von 194,91 Euro im gehobenen Dienst des Landesamts für Verfassungsschutz bis zu 17,55 Euro für einen Beamten der Steuerprüfung im mittleren Dienst. Wir reden über einen Unterschied von 170 Euro aufwärts. Darüber und über viele andere Anregungen haben die Spitzenverbände der Gewerkschaften DGB und tbb im Beteiligungsverfahren nach § 95 ThürBG und § 53 Statusgesetz Stellung genommen. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich.

Ich beantrage für die Fraktion die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen und an den Innen- und Kommunalausschuss. Die Federführung soll dabei der Haushalts- und Finanzausschuss übernehmen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es ist Ausschussüberweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Innen- und Kommunalausschuss beantragt worden. Wir stimmen zunächst über die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aller Abgeordneten des Hauses. Damit ist der Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen.

Wir stimmen nun über die Ausschussüberweisung an den Innen- und Kommunalausschuss ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind auch alle Abgeordneten des Hauses. Damit ist der Gesetzentwurf an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen.

Wir stimmen jetzt über die Federführung ab. Die Federführung ist für den Haushalts- und Finanzausschuss beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind auch alle Abgeordneten des Hauses. Ich frage aber noch nach den Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Das kann ich nicht erkennen.

Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 2

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3113 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und das Wort hat – Herr Abgeordneter Tischner ist nicht da, Herr Abgeordneter Wolf ist nicht da –

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich bin die Einzige, die hier ist!)

Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich. Sie haben das Wort.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Das war jetzt aber diskriminierend, Frau Rothe-Beinlich!)

Ich kenne die Redeliste ja nicht.

(Abg. Kräuter)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hätte zwar sehr gern gehört, was die CDU zu ihrer Intention sagt, warum sie diesen Gesetzentwurf eingebracht hat, aber ich übernehme natürlich gern die Aufgabe, als Erste dazu auszuführen, wie unsere Fraktion zu dem Vorhaben steht.

Die CDU hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes vorgelegt. Dieses sieht vor, die Dauer des Vorbereitungsdienstes für das Lehramt an Grundschulen auf grundsätzlich 24 Monate festzulegen. So soll in § 25 Abs. 1 Thüringer Lehrerbildungsgesetz Folgendes geändert werden, nämlich, dass der Vorbereitungsdienst an Grundschulen wie die anderen Vorbereitungsdienste 24 Monate beträgt. Als Begründung führt die CDU-Fraktion an, dass die derzeitige Dauer des Grundschulreferendariats von 18 Monaten bei gleichzeitiger sechsmonatiger Anrechnung eines Praxissemesters auf nur zwölf Monate verkürzt werde, was eine Benachteiligung gegenüber anderen Schularten bedeutet.

Wie bewerten wir nun diesen Gesetzentwurf? Vorweg: Die Intention des Gesetzentwurfs, die Vorbereitungsdienste im Schulbereich anzugleichen, befürworten wir als Grüne durchaus. Jede und jeder, der sich an die Debatte in der letzten Legislatur erinnert, wird das noch wissen. Vielleicht weiß die CDU aber auch noch, dass sie im Jahr 2013 selbst in Regierungsverantwortung stand, als die heute geltende Regelung beschlossen wurde, der wir Grünen damals übrigens nicht zugestimmt haben. Bereits damals haben wir als Grüne im Landtag deutlich gemacht, dass für die Ausbildung im Lehramt Grundschule dieselben Studien- und Vorbereitungszeiten wie in der Regelschul-/Gymnasiallehrer/-lehrerinnenausbildung gelten sollten. Wir meinen, dass gerade Kinder im Grundschulalter eine qualitativ hochwertige Bildung benötigen und vor allem auch individuelle Förderung von Anfang an brauchen. Ein verkürztes Grundschulstudium erweckt eher den Eindruck, dass dieses nicht gleichrangig mit den anderen Lehramtsstudiengängen ist und somit nicht gleichwertig ausgebildete Lehrkräfte unterrichten dürfen, nach dem Motto – das hatte ich damals auch schon so formuliert –: Kleine Kinder, kleines Studium; große Kinder, großes Studium. Wie wir allerdings – und da war die CDU eigentlich auch anwesend, anders als jetzt offenkundig ihre Bildungspolitiker – im Juni 2016 im Bildungsausschuss erfahren haben, sind die mit der Verkürzung zusammenhängenden Probleme im Bildungsministerium durchaus bekannt. Deshalb gelten ab August 2016 neue Regelungen für die Ausbildung der Lehrämter. Dazu zählt der Wegfall der Hausarbeit bei allen Lehrämtern sowie zusätzlich beim Lehramt für die Grundschule die Reduzierung der Ausbildungsfächer von vier auf drei. Gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium – so haben wir es im Bildungsausschuss jedenfalls alle gehört

hat sich das Bildungsministerium dafür entschieden, die aktuellen Regelungen zunächst zu evaluieren. Gleichzeitig wurde für die Lehramtsanwärterinnen und -anwärter die Möglichkeit geschaffen, das Referendariat auf Antrag zu verlängern. Wir haben dazu auch nachgefragt. Ein Großteil der derzeitigen Lehramtsanwärter und -anwärterinnen macht davon Gebrauch. Das zeigt den Handlungsbedarf in dieser Hinsicht durchaus auch.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Weil sie keine Auswahl mehr haben!)

Wir können aber auch die Position der beteiligten Ministerien nachvollziehen, erst dann abschließend über die zukünftige Ausgestaltung der zweiten Phase der Lehrerbildung im Grundschulbereich zu entscheiden, wenn die ersten Absolventen die erste und zweite Phase einmal vollständig durchlaufen haben – denn das war bislang nicht der Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren –, damit dann auch entsprechende Evaluierungsergebnisse des ThILLM vorliegen. Im Koalitionsvertrag haben wir übrigens festgelegt, dass – ich zitiere – die „Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer, […] in Abstimmung mit den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz, so weiterentwickelt werden [soll], dass diese zukünftig schulstufenbezogen erfolgt. Wir wollen noch mehr Praxisnähe in die Lehramtsstudiengänge bringen. […] Die Einführung eines Teilzeit-Referendariats wird geprüft.“ Nachlesbar ist all das im Kapitel 5.2 im Koalitionsvertrag.

Beispielhaft wird die schulstufenbezogene Lehramtsausbildung bereits in Nordrhein-Westfalen praktiziert, sie nennt sich dann Lehramt Primarstufe, Lehramt Sekundarstufe 1 und Lehramt Sekundarstufe 2.

Wir meinen weiterhin, dass beispielsweise mit der Einführung des Lehramts Sekundarstufe 1 und 2 erreicht werden kann, dass alle Schülerinnen und Schüler der verschiedenen Bildungsgänge so gefördert werden, dass für sie die Anschlüsse sowohl der beruflichen Bildung wie auch der Sekundarstufe offen stehen.

Der Auftrag für ein neues Lehrerbildungsgesetz steht also bereits fest. Wir gehen davon aus, dass das Bildungsministerium gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium gerade intensiv mit der Vorbereitung der anstehenden Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes beschäftigt ist. Wir gehen weiter davon aus, dass wir uns in etwa zeitgleich mit den Evaluationsergebnissen auch mit einem umfassenden Lehrerbildungsgesetzentwurf befassen werden. Selbstverständlich werden wir im Zuge der anstehenden Novellierung nicht nur über die Struktur, sondern auch über die inhaltliche Ausgestaltung des Lehramtsstudiums sprechen. Da geht es auch um das bereits im Studium vermittelte Selbstverständnis der Lehrkräfte. Wir müssen weg vom Idealtyp – meinen wir jedenfalls – eines mög

lichst umfassend fachlich ausgebildeten Fachlehrers bzw. einer Fachlehrerin hin zu gut ausgebildeten schülerorientierten Lernbegleiterinnen und Lernbegleitern,

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Das ist falsch!)

die individuell auf die einzelnen Schüler zugehen können und für die Inklusion und der Umgang mit Heterogenität keine Fremdworte, sondern selbstverständlicher Alltag sind. Da können Sie noch so sehr dazwischenrufen, das sei falsch; das mag Ihre Meinung sein, wir sehen das eben anders, Herr Höcke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für uns ist klar, dass alle Schülerinnen und Schüler Lehrkräfte mit starken fachlichen, pädagogischen und diagnostischen Fähigkeiten brauchen, Lehrkräfte, die individuell fördern und Inklusion auch umsetzen.

Daher abschließend: Wir lehnen den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion ab und wollen zunächst die Evaluierung des ThILLM abwarten. Außerdem setzen wir auf eine umfassende Novellierung und eine andere Struktur der Lehrerbildung, so wie wir dies im Koalitionsvertrag verankert haben. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun Herr Tischner für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir zunächst, Frau Staatssekretärin, dass ich Ihnen eine Bitte übergebe, und zwar die Bitte, dass Sie Frau Ministerin Klaubert die herzlichen Genesungswünsche überbringen. Ich glaube, das gebietet sich bei allem Streit und Stress, den wir gemeinsam haben. Wir sind immer fair im Umgang und wir hoffen, dass sie schnell wieder da ist und dass möglichst auch alle fair in dieser Zeit mit ihr umgehen.

(Beifall im Hause)

Meine Damen und Herren, Politik muss für die Menschen da sein, Politik muss Rahmenbedingungen für die Menschen gestalten. Wenn Politik Fehlentwicklungen erkennt, dann muss sie reagieren. Mit der Umstrukturierung der Lehrerbildung für das Lehramt an Grundschulen und der Einführung eines Komplexen Schulpraktikums kommt es bei der Anrechnung der Praktika in der Thüringer Lehrerbildung derzeit zu einer Verkürzung des Vorberei

tungsdiensts bei allen Schularten um sechs Monate. Dies trifft – das haben wir heute auch in der OTZ nachlesen können – in besonderer Weise den Bereich der Grundschule hart. Bei Grundschulen verkürzt sich nämlich der Vorbereitungsdienst von ansonsten anderthalb Jahren auf nun minimal zwölf Monate, während bei den anderen Schularten eben die 18 Monate, die auch nicht besonders viel sind, so bestehen bleiben. Wir sind uns sicher einig, dass ein Referendariat mit de facto neun Monaten – denn das ist es letztendlich, wenn man die Ferien usw. abrechnet – nicht möglich ist, um eine Lehrerpersönlichkeit für den Berufsstart ordentlich zu qualifizieren. In diesem Sinne haben wir den heute zu beratenden Gesetzentwurf vorgelegt. Wir verstehen diesen Gesetzentwurf ausdrücklich als eine Einladung, gemeinsam eine Lösung für die betroffenen Referendare und Fachleiter herbeizuführen. Ich habe Ihre Rede leider nicht ganz verfolgen können, Frau Rothe-Beinlich, aber am Ende die entscheidenden Aussagen schon, dass Sie das auf die lange Bank schieben wollen. Eigentlich waren wir uns da im Bildungsausschuss schon mal viel einiger, dass wir gesagt haben, es ist dringend notwendig, hier auch etwas zu tun. Auch Frau Dr. Klaubert hatte das im Ausschuss mehrfach angesprochen, die Staatssekretärin hier in verschiedenen Mündlichen Anfragen. Heute hat Frau Staatssekretärin Ohler das auch richtigerweise in der OTZ noch mal unterstrichen. Ich hätte mir schon gewünscht, dass Herr Wolf oder Frau Rosin, die sich dazu geeinigt haben, an der Stelle dann auch mal auf den Fachverstand und den Sachverstand des Ministeriums hören und sagen, eine Verkürzung des Diensts ist viel zu kurz und man müsste da rangehen. Es ist auch nicht günstig, wenn Herr Wolf dann irgendwie vorschlägt, man braucht ein Teilzeitreferendariat. Wer ein Referendariat als Lehrer gemacht hat, der weiß, was dort vermittelt wird, was dort geleistet werden muss. Das kann man nicht in Teilzeit machen. Man kann überall ein bisschen einsparen und kürzen, aber gerade in dieser Phase der Lehrerausbildung wird unheimlich viel geleistet und da muss man auch nachsteuern.

Thüringen würde mit einer Korrektur eines nicht beabsichtigten Automatismus ein wichtiges und vor allen Dingen notwendiges Signal an die betroffenen Lehramtsanwärter senden. Es ist nämlich zu befürchten, dass die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes auf zwölf Monate eine erhebliche Veränderung in der Ausbildung nach sich ziehen wird und – wir haben es eben gehört – teilweise auch schon zieht, und vor allem, dass es zu einer Benachteiligung der Schulart Grundschule gegenüber anderen Schularten kommt. Gleichzeitig liegt es nahe, dass sich die Verkürzung negativ auf die Qualität künftiger Abschlüsse von Lehramtsanwärtern auswirken wird. Wenn man das hört, was Frau Rothe-Beinlich hier gerade prophezeit hat, wie sie sich vorstellt, dass Lehrerausbildung funktionieren soll, dann

(Abg. Rothe-Beinlich)

kann man ja nur Angst bekommen, denn Leistung und ein humanistisches Menschenbild haben dann scheinbar immer weniger Platz in unseren Schulen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch gar nicht!)

Meine Damen und Herren, wie Praktiker in der Lehrerbildung berichten – vielleicht sollten Sie mal mit den Kolleginnen und Kollegen reden –, sind zwölf Monate viel zu kurz, um die für die Ausbildung von Lehramtsanwärtern für Grundschulen notwendigen methodischen und didaktischen Fähigkeiten und Inhalte zu vermitteln, die sich nicht von denen anderer Schularten unterscheiden. Gegen einen auf zwölf Monate verkürzten Vorbereitungsdienst spricht auch, dass es effektiv keine zwölf Monate sind, sondern es durch Feiertage, Urlaube, Prüfungszeiträume zu einer erheblichen Verkürzung kommt. Manche Referendare haben sogar berichtet, dass sie eigentlich nur ein halbes Jahr an der Schule waren. Wenn Sie mit den betroffenen Lehramtsanwärtern reden, dann klagen diese – und wir lesen es heute auch in der OTZ – über hohe Prüfungsbelastungen, sie klagen über wenig Zeit für die pädagogische und didaktische Entwicklung und Erprobung, die gerade in dieser Ausbildungsphase so wichtig ist. Da hilft auch kein Komplexes Schulpraktikum in der ersten Phase der Lehrerbildung, dort werden ganz andere Schwerpunkte gesetzt. Eine mangelnde fachliche Vertiefung ist ein Riesenproblem, was zurückgemeldet wird, und auch der Abfall der Ergebnisse bei den Prüfungen – vielleicht sagt Frau Staatssekretärin mal was dazu, sie kennt ja die Zahlen, gerade vielleicht auch im Bereich der Mathematik – zeugt jetzt schon davon, dass es zu Problemen kommt. Ich weiß nicht, wie lange wir da noch evaluieren wollen und machen wollen, bis wir diesen Missstand korrigieren. Nordrhein-Westfalen hat es korrigiert; Berlin ist, glaube ich, jetzt dran, das zu korrigieren. Nur in Thüringen schieben wir es wieder auf die lange Bank, in dem Fall muss ich wirklich sagen, wahrscheinlich nicht, weil es das Bildungsministerium nicht will, sondern weil sich Rot-Rot-Grün aus irgendwelchen Gründen nicht einig ist. Vielleicht hängt auch das Wissenschaftsministerium noch ein bisschen mit drin, denn da ist mit der Hochschule in Erfurt vielleicht noch was zu klären. Ich weiß nicht, wer hier bremst; auf jeden Fall bremsen Sie hier zulasten der Betroffenen.