Protokoll der Sitzung vom 27.01.2017

Aber wir sollten eines nicht vergessen, dass alles das auch mit einer hervorragenden Binnenkonjunktur zu tun hat. Diese Binnenkonjunktur muss weiter gestärkt werden. Dazu gilt es auch hier in Thüringen die Löhne zu steigern. Staatliche Investitionen in nachhaltige Strukturen müssen getätigt werden und wir müssen tatsächlich auch eine politische Lenkungswirkung entfalten. Das heißt, es ist ein gemeinsames Agieren von Tarifpartnern und Politik in der innenpolitischen Darstellung nötig, um die außenpolitischen Dinge tatsächlich weiter nach vorne zu bewegen. Natürlich, die Weltlage ist eine der größten Herausforderungen, die vor uns steht, die nicht nur vor der Wirtschaft steht, sondern die insgesamt vor der politischen weiteren Entwicklung in unserem Land und in allen anderen Ländern steht. Es müssen dringend auch diplomatische Initiativen für den Nahen Osten und Mittleren Osten zur Überwindung der vorwiegend militärischen Logik in der gesamten Region gefunden werden, um hier auch entsprechend weiterzukommen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Außenhandel ist wichtig, Innenkonjunktur ist genauso wichtig. Ich glaube, wir sollten etwas dafür tun, um unsere Außenhandelsbeziehungen weiterzuentwickeln. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Danke schön, Herr Abgeordneter Korschewsky. Als Nächster hat Staatssekretär Maier für die Landesregierung das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte mit einer guten Nachricht beginnen: In den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres ist der Umsatz der Thüringer Industrie um 1,4 Prozent gewachsen.

(Beifall SPD)

Im Bundesdurchschnitt lag das Wachstum bei gerade mal 0,1 Prozent. Im Durchschnitt der neuen Länder ist sogar der Umsatz um 0,4 Prozent zurückgegangen. Die Thüringer Industrie steht mit diesem Wachstum an Platz vier im bundesdeutschen Vergleich. Das ist eine hervorragende Position hinter Bayern, Baden-Württemberg und Bremen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wer hätte das gedacht bei Rot-Rot-Grün!)

Der Export Thüringer Unternehmen ist wesentlich dafür verantwortlich. Der Export Thüringer Industrieunternehmen ist im letzten Jahr um 3,6 Prozent gewachsen. Der Export ist also der Treiber des Wachstums gewesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich teile Ihre heute hier zum Ausdruck gebrachte Einschätzung, dass die aktuellen Entwicklungen in den USA und Großbritannien Anlass zur Sorge bieten. Ausgerechnet diese beiden Märkte sind für die Thüringer Unternehmerinnen und Unternehmer von großer Bedeutung. Bereits seit einigen Jahren wachsen die Exportzahlen in diesen beiden Märkten überdurchschnittlich an. Im Jahr 2015 stammte jeder siebte Euro, den Thüringer Unternehmen im Ausland verdienten, aus Geschäften mit Partnern aus den USA – insgesamt betrug das Volumen fast eine Milliarde Euro – oder Großbritannien mit ungefähr 820 Millionen Euro. Neben den Handelsbeziehungen sind aber auch die wechselseitigen Unternehmensbeteiligungen von großer Bedeutung. 70 Investitionsprojekte von US-Firmen in Thüringen mit circa 11.000 Arbeitsplätzen, allen voran natürlich Opel Eisenach. Zudem sind uns 23 britische Beteiligungen Thüringer Unternehmen im Freistaat bekannt. Bekanntestes Beispiel ist hier sicherlich N3 am Erfurter Kreuz. Im Gegenzug sind auch 23 Beteiligungen und Niederlassungen Thüringer Unternehmen in den USA und sechs im Vereinigten Königreich bekannt. Das alles sind Fakten. Weil es keine alternativen Fakten sind, beobachtet auch die Thüringer Landesregierung die aktuelle politische Entwicklung mit großer Sorgfalt, aber auch mit zunehmender Besorgnis. Donald Trump hat in seinen ersten Tagen im Amt gezeigt, dass er Worten leider auch Taten folgen lässt. Er hat mit sofortiger Wir

kung den Ausstieg aus dem Transpazifischen Handelsabkommen verkündet. Er hat darüber hinaus gefordert, dass das transamerikanische Handelsabkommen NAFTA neu verhandelt werden muss. Was TTIP anbelangt, denke ich, kann man eine ähnliche Prognose stellen. Auch das wird nicht zustande kommen. Wie Sie sehen, bin ich bisher ausschließlich auf die USA eingegangen. Warum? Nun, weil es zum Thema „Brexit“ im Moment noch nichts Belastbares zu sagen gibt. Premierministerin May hat am letzten Dienstag eine erste herbe Niederlage einstecken müssen. Der britische Supreme Court hat entschieden, dass nicht die Regierung, sondern das Parlament über einen Austritt nach Artikel 50 des Lissabon-Vertrags entscheiden muss.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Das ist richtig so, jawohl!)

Das ist gut so. Daher plädiere ich dafür, dass wir die Herausforderungen, was den Brexit anbelangt, dann angehen, wenn sie auf dem Tisch liegen.

Gestatten Sie mir, an dieser Stelle noch einmal grundsätzlich zu werden. Ich beobachte mit Sorge, wie immer mehr Stimmen nach Abschottung und Protektionismus rufen. „America First“ und der Brexit sind erste Warnsignale, aber überall auf der Welt, gerade auch hier in Europa, fordern Rechtspopulisten die Stärkung ihres Nationalstaats. Die Zahlen haben eben schon gezeigt: Thüringen braucht offene Grenzen und offenen Handel, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das eine schließt das andere nicht aus!)

Thüringen braucht keine Abschottung. Wir brauchen offene Grenzen und internationalen Austausch, aber noch viel mehr, um kulturell und in der Wissenschaft und Forschung erfolgreich zu sein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist erst 27 Jahre her, dass wir in einem abgeschotteten Raum gelebt haben. Wir wissen alle, dass wir eine offene Gesellschaft, offene Grenzen und vor allem den offenen Austausch mit anderen Gesellschaften brauchen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Was können wir aus wirtschaftlicher Sicht tun? Wir wollen die vor uns liegenden Herausforderungen anpacken, und zwar mit einer aktiven Außenwirtschaftspolitik und Außenwirtschaftsförderung. Genau das tut die Thüringer Landesregierung. Wir stehen an der Seite der Thüringer Unternehmen, um sie aktiv bei der Erschließung neuer Märkte zu begleiten und zu unterstützen. Wir fördern einzelbetriebliche Messemaßnahmen, Messeteilnahmen und die Aufnahme von Kontakten zu potenziellen

Geschäftspartnern. Hier konnten wir im vergangenen Jahr über 200 Thüringer Unternehmen bei der Etablierung auf internationalen Märkten unterstützen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Messegemeinschaftsstände, die es insbesondere kleinen Unternehmen erlauben, auf internationalen Messen sichtbar vertreten zu sein, fördern wir ebenfalls. Wir bieten den Unternehmen im Rahmen von Thüringen International branchenspezifische Angebote, von Informationsveranstaltungen über die Teilnahme an hochkarätigen ausländischen Messen bis Delegationsreisen, an. Stichwort „Delegationsreisen“: Wir wenden uns keinesfalls vom amerikanischen Markt ab, nur weil wir jetzt mit den Entscheidungen der politischen Führung in Washington nicht einverstanden sind, nein. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade heute brauchen die Thüringer Unternehmen dort die Unterstützung der Thüringer Landesregierung. In diesem Jahr werden deshalb zwei Delegationsreisen in die USA stattfinden.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Ja, das ist bes- ser!)

Aber wir wollen den Thüringer Unternehmen dabei helfen, sich auf den Weltmärkten breiter aufzustellen. Damit haben wir schon lange vor der Amtsübernahme des Präsidenten begonnen. Neue Märkte müssen passgenau und langfristig erschlossen werden. Ob in Indien, Lateinamerika oder im südlichen Afrika, es gibt noch viele Potenziale für die Thüringer Wirtschaft.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass diese Potenziale für die Thüringer Unternehmen erschlossen werden können. All diese Themen wollen wir auf dem diesjährigen Thüringer Außenwirtschaftstag am 1. März 2017 in Suhl mit Thüringer Unternehmen diskutieren – eine lohnenswerte Veranstaltung. Ich lade Sie alle herzlich dazu ein. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Maier. Sie sehen, Ihre Wortmeldung hat Rührung und Zustimmung hervorgerufen. Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen damit vereinbarungsgemäß zum Aufruf von Tagesordnungspunkt 29

Fragestunde

Ich rufe die Mündlichen Anfragen auf und bitte die jeweiligen Abgeordneten, die Anfrage vorzutragen – Herr Abgeordneter Zippel zunächst mit der Anfrage in der Drucksache 6/3138.

Thüringer Krebsregistergesetz

Am 9. April 2013 wurde das Gesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (Krebs- früherkennungs- und -registergesetz – KFRG) verabschiedet. Kern des Gesetzes ist die Einführung und Umsetzung einer flächendeckenden, vollständigen und vollzähligen klinischen Krebsregistrierung durch regionale klinische Krebsregister. Entsprechend der Willen der Bundesgesetzgeber sind die Länder aufgefordert, bis 2017 ein Ausführungsgesetz zum Krebsregistergesetz zu beschließen.

Am 1. November 2016 wurde in verschiedenen Thüringer Landesmedien veröffentlicht, dass die Landesregierung noch 2016 einen entsprechenden Gesetzentwurf für den Freistaat erarbeiten und im Kabinett zur Kenntnis nehmen will.

In Thüringen erkranken jährlich etwa 15.000 Frauen und Männer neu an einem bösartigen Tumor, bis zum Jahr 2025 wird diese Zahl nach Prognosen auf etwa 16.000 steigen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Was soll in dem Ausführungsgesetz genau geregelt werden?

2. Wie ist der Stand der Erarbeitung des Gesetzentwurfs und wann wird er dem Parlament zur Beratung vorgelegt?

3. Welche finanziellen Auswirkungen wird der Gesetzentwurf auf das Land haben?

4. Wo wird das Thüringer Krebsregister geführt und was ist die Begründung für den Standort?

Vielen Dank.

Vielen Dank. Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Frau Staatssekretärin Feierabend, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Zippel wie folgt:

Zu Frage 1: In Erfüllung des Auftrags an die Länder nach § 65c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung –, zur Verbesserung

(Staatssekretär Maier)

der onkologischen Versorgung klinische Krebsregister einzurichten, wird das Thüringer Krebsregistergesetz die für die Einrichtung und den Betrieb des klinischen Krebsregisters Thüringen notwendigen Bestimmungen enthalten. Dazu zählen insbesondere die Festschreibung eines klinischen Krebsregisters im Sinne des § 65c SGB V für Thüringen und die Beschreibung der Anforderungen an die verschiedenen Einrichtungen der klinischen Krebsregistrierung sowie deren Aufgabenwahrnehmung einschließlich der Aufsicht, die Schaffung der erforderlichen datenschutzrechtlichen Grundlagen für den Umgang mit personenbezogenen Daten, die Konkretisierung der Meldetatbestände, die Regelung zur Ermöglichung einer verbesserten interdisziplinären, direkt patientenbezogenen Zusammenarbeit bei der Krebsbehandlung sowie Zurückmeldung an Leistungserbringer, Regelungen zum Datenaustausch mit anderen Bundesländern, Regelungen zur Zusammenarbeit mit dem epidemiologischen Krebsregister, Regelungen zur Datennutzung, unter anderem für Zwecke der Versorgungsforschung.

Zu Frage 2: Derzeit wird der Entwurf für die Ressortabstimmung zum ersten Kabinettsdurchgang vorbereitet; die Einbringung in den Landtag soll noch vor der Sommerpause erfolgen.

Zu Frage 3: Aus der Verpflichtung der Länder gemäß § 65c Abs. 1 SGB V zur Einrichtung klinischer Krebsregister folgt grundsätzlich auch eine Finanzierungsverpflichtung. Die gemäß § 65c Abs. 4 SGB V von den Krankenkassen zu zahlende fallbezogene Krebsregisterpauschale soll laut Gesetzesbegründung 90 Prozent aller laufenden Kosten der klinischen Krebsregister abdecken. 10 Prozent der laufenden Finanzierung der einzurichtenden klinischen Krebsregister müssen demzufolge die Länder aufbringen. Dafür werden im Einzelplan 08 für das Jahr 2018 215.000 Euro angemeldet. Dieser Betrag steigt jährlich durch den prognostizierten Anstieg der Krebsneuerkrankungen und entsprechend der prozentualen Steigerungen der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch. Für 2019 wird mit einem Betrag von 221.000 Euro gerechnet. Hinzu kommen Ausgaben für die Auswertungsstelle auf Landesebene nach § 65c SGB V. Dafür sind ab 2018 voraussichtlich 40.000 Euro vorgesehen.

Zu Frage 4: Das klinische Krebsregister Thüringen soll in Jena eingerichtet werden. Dadurch können insbesondere Synergien auf dem Gebiet der Versorgungsforschung durch die Zusammenarbeit des Krebsregisters mit dem Institut für medizinische Statistik, Informatik und Dokumentation der Medizinischen Fakultät der FSU Jena genutzt werden.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.