Protokoll der Sitzung vom 23.02.2017

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: So ein Quark! Haben Sie nicht richtig zugehört?)

Dass die CDU mit diesem Antrag irgendetwas für die Bildung unserer Kinder tun möchte, wage ich sehr ernsthaft zu bezweifeln. Die CDU war es, die auf Bundesebene den Run auf Deutschland eingeleitet hat

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Blödsinn!)

und dieser Antrag wirkt lediglich wie der verschämte Versuch, vom eigentlichen Verursacher der Situation an deutschen Schulen abzulenken. Und Herr Tischner, bei Ihrer Bundeskanzlerin aus Ihrer Partei, bei dem, was die angerichtet hat, stellen Sie sich ernsthaft hier hin und sagen, nur weil Sie meinen Kollegen Möller im Ausschuss vermissen, das wollen Sie mir hier – Zitat –, für dieses Thema …

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Sie hätten doch anwesend sein müssen!)

Nein, Herr Tischner, ich glaube, ich weiß, wer in meiner Fraktion für das Thema „Asyl und Zuwanderung“ zuständig ist.

(Unruhe CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und der Herr Möller ist dafür zuständig.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wurden doch ver- misst!)

Sehen Sie den Herrn Möller hier?

Liebe Kollegen, jetzt darf ich um etwas mehr Aufmerksamkeit für Frau Muhsal bitten und keine Zwiegespräche – doch, ich bitte darum.

Herr Tischner, es ist auch völlig unabhängig davon. Ich weiß, wer in meiner Fraktion zuständig ist, und egal, ob der Kollege Möller Ihrer Ansicht nach gefehlt hat oder ich gefehlt habe,

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Lassen Sie den Zuständigen reden, der kann es viel- leicht besser als Sie!)

ist es nun mal so, dass es nicht Ihr Recht ist, sich hier herzustellen und einem demokratisch gewählten Abgeordneten zu sagen, dass er angeblich je

(Abg. Wolf)

des Recht verloren hätte, hier zu sprechen, nur weil Ihnen sein Verhalten nicht passt. Und Sie können sich auch mal überlegen, ob das nicht vielmehr zeigt, wes Geistes Kind Sie sind, und ob Sie sich im bürgerlichen Lager noch so wohl fühlen.

(Beifall AfD)

Wie dem auch sei, die Lage ist ernst. Wir wissen, dass wir in Thüringen zu wenig Lehrer haben, um den Unterricht abzudecken. Wir haben jetzt schon einen immens hohen Stundenausfall. Rot-Rot-Grün rätselt schon wieder, wie sie die kleinen Schulen schließen und dabei den öffentlichen Aufschrei möglichst klein halten können, und das Unterrichtsniveau wird von sinkenden Standards und Ideologieprojekten wie der Abschaffung der Förderschulen bedroht. Hinzu kommt, dass wir durch den von Angela Merkel und der CDU ausgelösten Ansturm auf Deutschland damit konfrontiert sind, etliche Schüler, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, an unseren Schulen vorzufinden. In dieser Situation verweigert die Landesregierung etwas zu tun, was eigentlich selbstverständlich ist, nämlich die Lage unvoreingenommen zu analysieren. Wir wissen lediglich, dass an Thüringer Schulen 10.742 Schüler mit Migrationshintergrund vorhanden sind. 8.503 dieser Kinder sind ausländische Kinder. Wir wissen nichts zu ihrem Aufenthaltsstatus und nichts zu ihren Deutschkenntnissen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist auch völlig uner- heblich!)

Wir wissen auch nicht, wie viele dieser Kinder in naher Zukunft unsere Schulen wieder verlassen müssen, weil sie über keinen Aufenthaltstitel verfügen. Dieses Wissen, wie viele Kinder eigentlich überhaupt auf längere Sicht eine Unterrichtung in Deutsch als Zweitsprache benötigen, ist Grundvoraussetzung dafür, einen Bedarf an DaZ-Lehrern festlegen zu können. Deswegen fordern wir die Landesregierung in unserem Antrag auf, diese Daten zunächst einmal zu erheben – und das ist eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall AfD)

Zu der Wortwahl von Frau Berninger muss ich, glaube ich, hier auch nichts mehr sagen.

Es ist augenfällig, dass nicht nur die Regierung, sondern auch die CDU genau dieses Vorgehen eben nicht verfolgt. Die CDU möchte die DaZ-Lehrer auf einen Schlag unbefristet einstellen, ohne vorher den langfristigen Bedarf zu ermitteln. Auch das wundert mich wenig, denn wenn die CDU den langfristigen Bedarf ermitteln wollte, würde sie unweigerlich dazu kommen, dass es eine Alternative zu dem Asylchaos von Angela Merkel gibt und dass diese Alternative auf der Anwendung von Recht

und Gesetz und auf der Auswertung von Fakten beruht.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht um Kinder!)

Frau Rothe-Beinlich, Sie haben echt immer die besten Argumente, bitte kommen Sie gleich vor und führen das noch mal umfassend aus.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Was sagt sie denn?)

Hinzu kommt, dass die bislang befristet eingestellten DaZ-Lehrer sehr unterschiedlich qualifiziert sind. Manch einer hat tatsächlich Deutsch als Fremdsprache studiert, manch einer ist Diplomlehrer, manch einer hat einen Bachelorabschluss aus Syrien und manch einer wird in der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage lediglich als „Nichtlehrkraft“ bezeichnet. Viele dieser DaZLehrkräfte sind also – mit anderen Worten – nicht dafür qualifiziert, in Deutschland zu unterrichten. Ob es da mit ein paar berufsbegleitenden Weiterbildungen getan ist, wage ich zu bezweifeln. Die reine Qualifikation hat auch nichts mit dem unweigerlich vorhandenen Engagement der Leute zu tun, das muss man auch mal so deutlich sagen. Die CDU bezweifelt offenbar auch, dass es mit diesen Weiterbildungen getan ist, denn sie schlägt vor, alle momentan befristet eingestellten DaZ-Kräfte, die für eine solche Qualifikation eben nicht in Betracht kommen, zu sogenannten pädagogischen Helfern zu machen. Was das sein soll und was das mit einem fachlich guten und leistungsorientierten Schulsystem zu tun haben soll, das bleibt ein Geheimnis der CDU.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das habe ich doch gerade in meiner Rede erklärt. Sie müssen zuhören!)

Auch wie und vor allem wer die unbefristete Einstellung all dieser Personen dauerhaft finanzieren soll, macht die CDU in ihrem Antrag nicht deutlich. Das haben wir auch schon mitgekriegt, mit dem Haushalt haben Sie es nicht so.

Wir als AfD lehnen also die unbefristete Einstellung der DaZ-Lehrer aus den genannten Gründen ab und die Einstellung von unqualifizierten Mitarbeitern als sogenannte pädagogische Helfer erst recht.

(Beifall AfD)

Der erste Schritt muss sein festzustellen, wie viele Kinder nach geltender Rechtslage hierbleiben dürfen und wie viele Deutschland wieder verlassen müssen, da sie keinen dauerhaften Aufenthaltstitel erhalten. Erst wenn wir das wissen, können wir darüber diskutieren, wie viele DaZ-Lehrer wir auf Dauer überhaupt brauchen.

Was aber ist mit den derzeit befristet angestellten DaZ-Lehrern? Wir schlagen vor, dass die Landesregierung prüft, inwieweit eine Sachgrundbefristung an die Stelle der derzeit angewandten zeitlichen Befristung treten kann. In Deutschland gibt es zwei Möglichkeiten, einen Arbeitsvertrag zu befristen: zum einen für eine bestimmte Zeit, maximal aber für zwei Jahre, zum anderen eben aus einem bestimmten Grund. Nach § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach Nummer 1 insbesondere vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. In unseren Augen ist eine sachliche Befristung aus diesem Grund durchaus denkbar, denn der Bedarf für die Lehrer in Deutsch als Zweitsprache wird nicht ewig, sondern eben nur vorübergehend bestehen. Eine sachliche Befristung würde ermöglichen, dass die DaZ-Lehrer genau so lange an Thüringer Schulen bleiben können, wie die Unterrichtung der Kinder in Deutsch als Zweitsprache nötig ist. Für jene, denen es in der Zwischenzeit gelingt, sich entsprechend der Bedarfe weiterzubilden, steht der Übernahme in den Regelunterricht aus unserer Sicht auch überhaupt gar nichts im Wege. Eine Entfristung der DaZ-Lehrer nach dem Vorschlag der CDU ist aber leider Unsinn.

(Beifall AfD)

Zum Abschluss möchte ich noch eine Warnung aussprechen.

(Unruhe CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport wurde angedeutet, dass das DaZ-Lehrer-Kontingent in das ohnehin schon viel zu geringe Kontingent der 500 jährlich neu einzustellenden Lehrer aufgenommen werden könnte, obwohl sie dann für den Regelunterricht gar nicht zur Verfügung stünden.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das ist doch Blödsinn!)

Das würde dann heißen, dass sich der Stundenausfall und die Lücken bei der Unterrichtsabdeckung weiter erhöhen würden. Das wäre also erst recht eine Politik zulasten unseres Landes. Wir als AfD wollen aber eine Politik für unser Land. Wenn Sie das auch wollen, dann stimmen Sie doch unserem Antrag zu! Herzlichen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste, ich will oder muss mit dem Antrag der AfD-Fraktion beginnen, dem Alternativantrag, der aus unserer Sicht jedenfalls frei von Sachkenntnis, dafür aber voll von Ideologie ist.

Werte Frau Muhsal, Sie haben Jura studiert. Das Recht auf Bildung gilt für alle Kinder und zwar unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, ob Ihnen das passt oder nicht. Ich werde das auch gleich noch genauer ausführen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Forderung, schulpflichtige Kinder nur dann einzuschulen, wenn ihr Aufenthalt auf Dauer angelegt ist, ist zum Ersten widersprüchlich, weil „schulpflichtig sein“ nun mal heißt, dass es auch die Pflicht gibt, die Schule zu besuchen. Zum Zweiten ist sie – da kann ich Torsten Wolf nur recht geben – menschenfeindlich und zynisch, insbesondere mit Blick auf die Argumentation, die Sie angewandt haben, indem Sie behaupten, es sei dem Kindeswohl gerecht, die Kinder eben nicht einzuschulen und sie dann wieder auszuschulen. So etwas Zynisches habe ich noch selten gehört. Zum Dritten ist sie aber auch völkerrechtswidrig, grundgesetzwidrig und widerspricht dem Landesrecht.

(Beifall DIE LINKE)

Weil es Ihnen so wichtig war, die rechtlichen Grundlagen noch einmal zu hören, will ich sie Ihnen gern vortragen und zwar zunächst aus dem Schulgesetz. Da heißt es im ersten Abschnitt unter Grundsätze des Schulwesens in § 1, Recht auf schulische Bildung, Absatz 1, ich zitiere: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf schulische Bildung und Förderung. Das Recht wird nach Maßgabe dieses Gesetzes gewährleistet.“ Absatz 2: „Für den Zugang zu den Schularten und den Bildungsgängen dürfen weder“ – hören Sie gut zu – „die Herkunft und das Geschlecht des Schülers, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung seiner Eltern noch die Weltanschauung oder die Religion bestimmend sein.“

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und weil es eben nicht nur das Schulgesetz betrifft, komme ich jetzt auch noch auf völker-, unions- und verfassungsrechtliche Grundlagen. In mehreren völkerrechtlichen Verträgen, die Deutschland auch ratifiziert hat, ist das ganz klar geregelt, dass das Recht von Kindern auf Bildung verankert ist. Zum einen ist nach Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention der Besuch der Grundschule sogar Pflicht und weiterführende allgemein- und berufsbildende Schulen sollen für alle Kinder und Jugendlichen zu