Protokoll der Sitzung vom 23.02.2017

Sie sind ja noch sehr jung, ich glaube, Sie sind auch aus dem Studium direkt hier in den Landtag gekommen – vielleicht versuchen Sie es einmal nicht nur aus der Sicht eines Studenten zu sehen, sondern vielleicht auch aus der Sicht eines Akademikers, der an der Uni vorankommen möchten. Sie hangeln sich da von Arbeitsverträgen, die teilweise ein halbes Jahr betragen, zu Arbeitsvertrag. Wenn eines an der Uni sicher ist, dann das, dass sie permanent mit befristeten Verträgen über die Runden kommen müssen. Das ist sehr schwer und das ist vor allem schwer, wenn Sie davon ausgehen, dass standardmäßig Paare häufig auch noch einen vergleichbaren Bildungsabschluss haben. Das heißt, wenn sie eine Akademikerehe führen, beide also eine akademische Laufbahn einschlagen wollen und dann auch noch Kinder kriegen wollen, dann müssen sie ganz schön was leisten. Unter den derzeitigen Bedingungen ist das einfach sehr schwierig. Genau da, sagen wir als AfD, müssen wir ansetzen. Danke schön.

(Beifall AfD)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt nicht vor. Redezeit ist noch vorhanden. Herr Minister Tiefensee hat um das Wort gebeten für die Landesregierung.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete, ich kann verstehen, dass Sie das Ende der Sitzung herbeisehnen,

(Zuruf aus dem Haus: Wir haben Zeit!)

wir haben Zeit – aber der Gang der Diskussion und die Argumentation, insbesondere von Prof. Voigt, veranlassen mich doch, 5 Minuten Ihrer wertvollen Lebenszeit noch einmal zu verwenden.

(Heiterkeit im Hause)

(Beifall AfD)

Prof. Voigt, ein ganz ernsthaftes Angebot, eine Bitte: Wir haben in der Vergangenheit sehr gut, intensiv, konstruktiv, kritisch diskutiert. Das soll möglichst so bleiben. Ich gehe jetzt hier ans Pult, weil Sie in einer für mich völlig neuen Art und Weise inhaltliche Fragen, bei denen man durchaus einen Dissens haben kann, mit Schlagworten versehen haben, die mir die Haltung suggerieren, dass Sie dem Minister persönlich unterstellen, interessengeleitet von – welcher Fraktion auch immer – braver Schreiber dessen zu sein, was ihm eingeimpft wird. Auf der anderen Seite werten Sie Alternativen, über die man diskutieren kann, wie wir uns entschieden haben, in einer Art und Weise ab, mit Begriffen versehen, die einfach einem Parlament und dieser Arbeit nicht angemessen sind. Ich möchte Sie bitten,

(Beifall DIE LINKE, SPD)

auf den Boden der sachlichen Auseinandersetzung zurückzukommen und all diesen Überbau, den wir jetzt auch wieder gehört haben, das sei ein Moloch und wir verfallen in die Steinzeit und dergleichen, einfach beiseite zu lassen. Das ist meine herzliche Bitte. Es ist unsachlich, unfair und es tut der Sache nicht gut.

Ich möchte fünf Punkte ganz kurz schlagwortartig aufrufen, weil, meine Damen und Herren, ich kann das einfach nicht so stehen lassen. Das Erste ist die Frage der Verfassungsgemäßheit. Diese machen Sie insbesondere an der Drittel- und Viertelparität fest. Für die nicht ganz kundigen Tibetaner: In einer Hochschule gibt es nicht den Mittelbau, deshalb nur drei Gruppen, während in der Universität diese vierte Gruppe vorhanden ist und deshalb sprechen wir von einer Viertelparität. Selbstverständlich wird diese Regelung verfassungsgemäß sein. Selbstverständlich werden wir das Verfassungsurteil zur Professorenmehrheit bis ins letzte Jota umsetzen. Selbstverständlich werden wir einen Katalog der zu verhandelnden Gegenstände aufnehmen, entweder im Gesetz oder in einem entsprechend nachgelagerten Gesetzeswerk, einer Verordnung, wo klar ist, dass es keine Differenzen innerhalb des Senats zu den Fragen geben kann: Was gehört in den Topf der Professorenparität oder

Professorenmajorität und was in die Drittel- oder Viertelparität? Das ist doch selbstverständlich. Ich brauche diese Ermahnung und Belehrung nicht oder gar einen Vorwurf, wir würden den Verfassungsbruch wie Nichtverfassungsgemäßheit geradezu provozieren, um das zu tun – ad eins.

Das Zweite: Wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, das sind ja sozialistische, ja gar diktatorische Verhältnisse, wenn wir jetzt gedenken, einen Ministeriumsvertreter in den Hochschulrat zu entsenden, dann dürfen Sie nicht verschweigen, dass damit einhergeht, dass der Wissenschaftsminister das gesamte Budget, was ihm der Steuerzahler zur Verfügung stellt, bis auf einen kleinen Betrag an die Hochschulen überweist. Sie haben absolute Budgetverantwortung. Es dient dem Informationsfluss und zum Dritten wird – auch das ist nachzulesen – der Ministeriumsvertreter dort nicht der Horchposten des Hauses sein, sondern er ist genauso der guten Entwicklung der Hochschule verpflichtet wie jedes Hochschulratsmitglied, was übrigens auch extern kommt, gleichermaßen verpflichtet ist.

Dritter Punkt: Ich bin dem Abgeordneten Schaft dankbar, dass er auf das Thema des Forschungssemesters reagiert hat. Wie kann man auf diese Idee kommen, dass man meint, dass wir das Forschungssemester, das Sabbatical, abschaffen wollen? Das ist eine grobe Unterstellung. Und dann auch noch zu sagen, der ganze Forschungsstandort Thüringen wird zerbrechen, weil wir keine guten Leute mehr kriegen – genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir die Hochschulautonomie ernst denken und wenn wir dafür sorgen wollen, dass es keine vom Gesetzgeber bindenden Voraussetzungen, zum Beispiel eine gewisse Anzahl von schon absolvierten Lehrsemestern, geben soll, wenn wir gerade die Freiheit geben wollen, dann geben wir das in die Hochschulautonomie. Die sollen das entscheiden. Wir werden attraktiver dadurch werden.

Vierter Punkt – Zivilklausel: Ist Ihnen bekannt, Herr Professor Voigt, dass die Mehrzahl der Hochschulen und Universitäten in Thüringen Zivilklauseln hat und dass wir zu den Standorten in Deutschland gehören – namentlich in Jena –, die hervorragende Ergebnisse bei der Drittmittelforschung aufweisen können? Das ist nicht der Untergang des Abendlandes, sondern – und da ist sich diese Koalition aus drei Parteien einig – es geht darum, das Geld, was vom Steuerzahler bezahlt wird und zum Teil von der Infrastruktur und von der Wirtschaft kommt, nicht in Kanäle fließt, die wir und vor allem die Hochschulcommunity nicht wollen. Deshalb lesen Sie, dass wir lediglich sagen, die Hochschulen geben sich eine Zivilklausel. Wiederum ist der Hintergedanke genau wie beim Beteiligungsprozess im Vorfeld, später auch in der Durchsetzung des Hochschulgesetzes und der Gestaltung der Hochschulen, dass wir deren Autonomie, deren

Kenntnis an erste Stelle setzen und übrigens auch deshalb Drittel- und Viertelparität einführen.

Und schließlich will ich das Thema der Digitalisierung kurz ansprechen. Selbstverständlich wird es in der Präambel einen Satz geben, der sich auf Digitalisierung, Innovation und dergleichen bezieht. Aber Sie wissen vielleicht, wir haben es mindestens in der Presse veröffentlicht und im Ausschuss diskutiert, dass wir mit den Hochschulen bis Ende 2017 eine ziselierte, fein ausgearbeitete Digitalisierungsstrategie auf den Tisch legen werden. Das ist Aufgabe eines Prozesses, der fernab von einer Gesetzgebung läuft. Summa summarum: Die Einwürfe sind ungerechtfertigt, sie sind auch in der Wortwahl nicht passend.

Ich darf Sie abschließend daran erinnern: Es gibt meiner Ansicht nach selten eine solch inhaltliche Diskussion im Vorfeld der Einbringung eines Referentenentwurfs. Wenn es uns allen gemeinsam gelungen sein sollte, mit dem Antrag einen Hochschuldialog in Gang zu setzen mit dem, was wir bisher geleistet haben, dass wir diese Diskussion auch hier gründlich führen, dann ist es gut. Bitte fair, sachlich und konstruktiv. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Ich war sachlich!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir jetzt die Aussprache schließen können. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer I des Antrags der Fraktion erfüllt wurde? Das ist der Fall, sodass wir jetzt – Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden – direkt zur Abstimmung …

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Aus- schussüberweisung!)

Doch Ausschussüberweisung. Aber Herr Brandner hat sich auch noch zu Wort gemeldet. Das heißt, Ausschussüberweisung von Punkt II?

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Zwei!)

Gut. Ausschussüberweisung des Punkts II an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion, der AfDFraktion und des Abgeordneten Krumpe. Danke schön. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen jetzt direkt zur Abstimmung über Punkt II des Antrags der CDU-Fraktion in der Drucksache 6/3329. Herr Abgeordneter Brandner möchte dazu etwas sagen.

(Minister Tiefensee)

Wir beantragen namentliche Abstimmung.

(Heiterkeit im Hause)

Sehr schön. Dann stimmen wir das hier namentlich ab. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.

Danke schön. Hatte jeder Gelegenheit zur Stimmenabgabe gehabt? Das scheint der Fall zu sein, sodass ich jetzt den Abstimmungsvorgang schließe und um Auszählung bitte.

Wir haben ein Ergebnis. 86 anwesende Abgeordnete zu Sitzungsbeginn, 77 abgegebene Stimmen, 25 Jastimmen, 52 Neinstimmen, keine Enthaltungen (namentliche Abstimmung siehe Anlage 3). Damit ist die Nummer II des Antrags mit Mehrheit abgelehnt.

Und wir kommen jetzt zur Abstimmung zur Fortsetzung der Beratung des Berichts der Landesregierung über die Ergebnisse des Thüringer Hochschul

dialogs. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist hier auch die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft beantragt worden.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Ja- wohl!)

Dann bitte ich um Stimmen, wer dafür ist. Also, einige wäre schön. Danke schön. CDU-Fraktion, AfDFraktion. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt, wünsche Ihnen allen noch einen wunderschönen Abend. Genießen Sie ihn. Schlafen Sie sich schön aus und wir sehen uns dann morgen Früh um 9.00 Uhr. Danke schön.

Ende: 22.28 Uhr