Protokoll der Sitzung vom 24.02.2017

Wir setzen die Beratung fort mit dem Aufruf des heute Morgen neu aufgenommenen Tagesordnungspunkts 11 a

Sechstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/3505 - Neufassung ERSTE BERATUNG

Gibt es den Wunsch nach der Begründung des Gesetzentwurfs? Es gibt nicht den Wunsch nach der Begründung zu diesem Gesetzentwurf, sodass ich die Beratung hiermit eröffne. Als erste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Marx, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich kann mich kurzfassen. Ich nehme Bezug auf das, was Kollege Mohring vollkommen zutreffend heute in der Einbringung in die Tagesordnung, bei der Aufsetzungsdebatte, schon gesagt hat. Wir haben die Aufgabe hier im Thüringer Landtag, die Wahlkreisstruktur für die Landtagswahl an die Bevölkerungsentwicklung anzupassen. In den Bereichen, wo dies zwingend gemacht werden muss, wollen wir als Thüringer Landtag diese Aufgabe auch erledigen.

Es hätte noch mehrere Wahlkreise gegeben, bei denen eine Umstrukturierung hätte in Betracht gezogen werden können, um weitere voraussichtliche Entwicklungen in der Bevölkerungszahl auszuglei

(Abg. Herold)

chen. Wir haben uns in unserem gemeinsamen Gesetzentwurf dafür entschieden, nur die Wahlkreise anzugehen, die auf jeden Fall zu ändern sind. Das ist auch unschädlich im Rahmen der kommenden Gebiets- und Verwaltungsreform, weil sich das Stadtgebiet Jena voraussichtlich nicht verändern wird. So ist es auch sachgerecht, innerhalb von Jena die dort befindlichen zwei Landtagswahlkreise neu aufzuteilen.

Wir beantragen die Überweisung dieses Antrags an den zuständigen Innen- und Kommunalausschuss und werden uns dort in aller Ruhe noch mal anschauen, welche räumliche Zuteilung im Einzelnen sinnvoll und zielführend ist. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Herr Abgeordneter Brandner für die AfD-Fraktion.

Ja, meine Damen und Herren, herzliche Grüße auf die Tribüne, da ist keiner, herzliche Grüße in die Kantine, da sind wahrscheinlich viele.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Herzliche Grüße an Ihre Fraktion!)

Ich hoffe, ich vermiese Ihnen den Appetit zum Mittagessen nicht, meine Damen und Herren. Beim Architekten- und Ingenieurkammergesetz hatte sich die Ramelow-Koalition ein halbes Jahr Zeit gelassen, um die notwendigen Änderungen vorzunehmen. Bei dem Architekten- und Ingenieurkammergesetz ging es aber um Probleme der Berufsausübung Dritter, und solche Probleme sorgen regelmäßig dafür, dass sich die Altparteien in diesem Parlament nicht sonderlich ins Zeug legen.

Es gibt aber einen Themenbereich, meine Damen und Herren, bei dem halten es die Altparteien anders, dann spielen Fristen und parlamentarische Bräuche keine Rolle. Wann ist das der Fall? Sie ahnen es: Es ist dann der Fall, wenn es um die Pfründe der Altparteien, die den Staat als ihre Beute sehen, geht und wenn es um den Inhalt der Portemonnaies der Abgeordneten der Einheitsphalanx aus CDU, SPD, Grünchen und Linken geht, meine Damen und Herren.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Lasst euch doch mal etwas Neues einfallen!)

Nur in diesen Fällen ist man bereit, ohne Beteiligung der wahren und einzigen Opposition – Sie sehen es auch hier wieder:

(Heiterkeit CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle halten zusammen, alle kichern zusammen, alle feiern zusammen, alle dichten Gedichte zusammen, alle machen dann und wann eine Kleinkunstbühne aus diesem Parlament –, der AfD. Handeln gegen die AfD, Verkürzen von Fristen, Bejahen der Dringlichkeit und Treiben von Gesetzen im Schweinsgalopp durch das Haus. Alle Mittel und Wege sind den Altparteien recht, wenn es um ihre Diäten und ihre Pfründe geht. Das haben wir am Mittwoch in peinlicher Art und Weise von den Altparteien erlebt, als versucht wurde, unseren Antrag zur sozialen Gerechtigkeit, bezogen auf die Abgeordnetenrente, zu versenken

Herr Kollege Brandner, wie war das Thema des Tagesordnungspunkts?

ich komme dazu, Herr Präsident –,

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Ja, wann?)

und unter faktischem Ausschluss der Öffentlichkeit zu behandeln. So ist es auch heute wieder, Herr Präsident. Offenbar fühlen Sie sich auch peinlich berührt von diesem Thema; das ist Ihrer Unparteilichkeit etwas abträglich, muss ich sagen.

Vorsicht!

Die CDU befürchtet offenbar eine Schlechterstellung, wenn die Wahlkreise in und um Jena neu zugeschnitten werden, denn die betroffenen Wahlkreise wurden bei der letzten Landtagswahl von den Linken gewonnen und man fragt sich, warum gerade die CDU jetzt heute so ein Interesse daran hat, das hier im Schweinsgalopp durch das Parlament zu treiben. Das Rätsel ist leicht zu lösen, das Rätsel hat sich gerade vorn links in Form von Herrn Mohring zu Wort gemeldet. Denn die umliegenden Wahlkreise, meine Damen und Herren, sind bisher CDU-Wahlkreise, einer davon sogar direkt von Herrn Mohring persönlich. Er hatte wahrscheinlich Angst, dass Rot-Rot-Grün Wahlkreise ohne seine Kungelei neu zuschneidet und auf seinem vermeintlichen Territorium wildert, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Damit wäre dann natürlich auch die Ministerpräsidentenambition von Herrn Mohring gedeckelt wor

(Abg. Marx)

den. Es geht also hier ganz klar nur darum, eigene Pfründe zu bewahren und Ihre Karriereaussichten offenzuhalten, Herr Mohring, und das ist einfach schäbig, dass Sie dafür hier im Parlament einen solchen Zirkus veranstalten lassen.

(Heiterkeit CDU)

In der Folge sollen die Wahlkreise – auf Vorschlag von Herrn Mohring – innerhalb des Stadtgebietes von Jena neu zugeschnitten werden

(Unruhe DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und somit die Trophäen der Linken bleiben. Das Umland soll sicher in der CDU-Hand und in der Hand von Herrn Mohring bleiben.

(Unruhe CDU)

Damit das alles möglichst schnell geht und die Öffentlichkeit nichts davon mitbekommt, wird Herr Mohring seinem Namen wieder gerecht und mogelt diesen Entwurf hier ins Parlament und wahrscheinlich auch hindurch. Ich vermute mal, Herr Mohring, auf dem Altar ihrer Ambitionen haben Sie heute Morgen wahrscheinlich die Verfassungsänderung für mehr Demokratie geopfert, so schätze ich das ein. Ich bin mal gespannt, wie der Kuhhandel dann da in den nächsten Wochen zutage treten wird. Die Grünen machen natürlich auch immer gern mit und die Linken auch und die SPD auch. Es geht ja ums eigene Geld, meine Damen und Herren.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die AfD hat bereits im vergangenen Jahr gefordert, die Wahlkreise alle neu zuzuschneiden, um nicht Pfründe zu sichern. Im letzten Jahr hat die AfD gefordert, die Wahlkreise zu verringern, und zwar von 44 auf 31. Dabei haben wir nicht auf unser Portemonnaie geschaut, meine Damen und Herren. Wir haben in die Staatskasse geguckt und gesagt, das wäre gut für Thüringen. Wir reduzieren von 88 auf 62 Abgeordnete, also von 44 Wahlkreisen auf 31 Wahlkreise. Sie hätten mitmachen können – und es war interessant, da haben Sie gesagt: Ja, das müssten wir alles in einem großen Paket regeln. Gestern auch wieder – die Abgeordnetenbezüge, dafür müssten wir eine Kommission einsetzen, Stückwerk ist nichts. Was machen Sie denn heute? Heute machen Sie ein Gesetz für zwei Wahlkreise. Also wenn das kein Stückwerk ist, dann müssen Sie mal erklären, was Stückwerk sein soll.

(Beifall AfD)

Nach unserer Auffassung soll das Parlament verkleinert werden und da reichen so Neuzuschnitte, um Herrn Mohrings Zukunftsperspektiven hier im Parlament zu sichern, nicht aus. Mit unserem Vorschlag der Verkleinerung des Parlaments wären erhebliche Einsparungen im Landeshaushalt einher

gegangen. Wir jedenfalls machen bei Ihrem Gemauschel und Geklüngel, was Sie hier heute wieder an den Tag gelegt haben, nicht mit. Damit wollen wir nichts zu tun haben. Möget ihr euch alle, von den Altparteien, die Wahlkreise untereinander aufteilen und die Öffentlichkeit mit Fristverkürzungen hintergehen. Es wird nichts nutzen. Denn ihr werdet euch daran gewöhnen müssen, liebe Altparteien, dass ab der nächsten Landtagswahl Direktwahlkreise nicht mehr unter euch aufgeteilt werden, sondern die AfD da ganz massiv eindringen und euch einen Wahlkreis nach dem anderen abnehmen wird.

(Beifall AfD)

(Unruhe CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin schon gespannt, welche Rangeleien stattfinden werden, wenn es um die Landeslisten von CDU, SPD, Linken und Grünen geht. Wie peinlich es zugeht, wenn es um Landeslistenrangeleien für den Bundestag geht, die SPD und die Linken – war ja heute in der Zeitung zu lesen –, wie Sie sich gegenseitig an die Gurgel gehen, meine Damen und Herren.

Langer Rede, kurzer Sinn: Wir stimmen nur für weniger Wahlkreise, aber sicherlich nicht mit Ihrer Kungelei heute. Das macht mal schön alleine und dann sehen wir weiter. Danke schön.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Brandner, während Ihrer Ausführungen haben Sie meine Amtsführung in respektloser Weise kritisiert, dafür erteile ich Ihnen noch nachträglich einen Ordnungsruf. Als Nächster hat sich Abgeordneter Dittes, Fraktion Die Linke, zu Wort gemeldet.

Meine Damen und Herren, wenn in der Öffentlichkeit die Frage gestellt wird, warum die Parteien CDU, Linke, SPD und Grüne gemeinsam über notwendige parlamentarische Vorgänge beraten und dabei die AfD nicht beteiligen, dann gibt es zwei Gründe dafür. Der erste Grund – es wird vielfach diskutiert und ich will gar nicht die Vokabeln wiederholen, das ist ordnungsrufverdächtig – aber ist der, dass die AfD am äußersten rechten Spektrum des politischen Spektrums steht und alle anderen Parteien sich jenseits dessen bewegen, und zwar auf einem demokratischen Konsens, der auf Grundund Menschenrechten, die im Grundgesetz verankert sind, aufbaut.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Brandner)

Der zweite Grund ist nicht nur diese überhebliche, arrogante und verlogene Art, die wir hier soeben erleben durften, sondern das darin zum Ausdruck kommende Misstrauen gegenüber tatsächlichem rechtsstaatlichen Handeln.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)