Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Weigerungsfall, da muss man eben auch die Konsequenzen aufzeigen, das ist auch wichtig. Traditionelle muslimische Wertvorstellungen von Mann und Frau, von Familienehre oder der Rolle anderer Religionen, die haben in Thüringen an Schulen und auch sonst in der Gesellschaft nicht viel verloren. Wer hier seine anderen kulturellen Befindlichkeiten nicht ablegen kann, der hat hier in Thüringen leider keine Zukunft. Deswegen ist diese Kuschelpädagogik, auf diese kulturellen Befindlichkeiten einzugehen, der völlig falsche Weg.

(Beifall AfD)

Genauso skurril ist die dritte Forderung, die ich kurz zitieren möchte. Es wird eindringlich gefordert, die

Zugangsbarrieren zu den Thüringer Gymnasien zu beseitigen, um allen Kindern und Jugendlichen die Zugangsvoraussetzungen zu ermöglichen. Dazu kann man nur sagen, die AfD-Fraktion warnt eigentlich schon von Anfang an davor, dass immer mehr Kinder das Gymnasium besuchen, so wie es inzwischen zum Normallfall geworden ist. Erst letzte Woche titelte der „Focus“: Das Gymnasium wird zur neuen Hauptschule. Das haben die richtig erkannt. Was in Teilen schon praktiziert wird, steht nun, wie gesagt, auch in dieser Forderung. Man schafft im Grunde genommen damit fast alle anderen Schularten ab und nennt die letzte verbliebene: Gymnasium. Wenn man diese Forderung in dieser Konsequenz so umsetzt, dann haben diese Zielvorstellungen natürlich nicht mehr viel mit Schulbildung zu tun. Das ist schlicht eine Form von Missmanagement, Herr Adams, Missmanagement nach dem Motto, als ob die Schule so eine Art Ponyhof wäre. Solches Missmanagement wird bereits nach relativ kurzer Zeit bei den betroffenen Schülern zu einem bösen Erwachen führen, nämlich dann, wenn die leistungsschwachen Schüler nur noch Misserfolge bei Klausuren und Prüfungen einfahren, wenn sie komplett überfordert sind, so also erst den Anschluss verlieren, dann durch Sitzenbleiben oder den nötigen Schulwechsel den gewohnten Klassenverband verlassen müssen und dann am Ende eben in so einer Art Auffangbecken landen, in dem alle am gymnasialen Unterricht Gescheiterten landen. Was das für einen jungen Menschen bedeutet, der noch ganz andere Sachen mit sich und der Welt zu klären hat, das sollte eigentlich jedem hier bekannt sein. Damit erhöhen Sie keine Chancengleichheit, Herr Adams. Sie sollten sich auch nicht einbilden, dass Sie das verhindern könnten, indem Sie dafür die erforderlichen Lehrkräfte zur Verfügung stellen, die dann gegebenenfalls eine individuelle Betreuung ermöglichen, denn Sie scheitern ja bereits heute an der Bereitstellung der erforderlichen Organisation für einen ordnungsgemäßen Schulbetrieb und insbesondere an der Bereitstellung oder am Anheuern ausreichenden Lehrpersonals.

Kommen wir zu einem vierten, relativ bunten Argument aus der Anhörung, auch das möchte ich kurz zitieren: Im Sinne politischer Bildung ist diese Entwicklung – gemeint ist die Zuwanderung – positiv und sollte zur Frage führen, wie wir auf der Basis des Grundgesetzes zusammenleben möchten. Dieser Diskurs sollte so offen geführt werden, dass im Ergebnis auch Veränderungen des Schulalltags, zum Beispiel bei der Essensspeisung, möglich werden.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns also zukünftig, geht es nach den Anzuhörenden, darüber freuen, dass es aus religiösen Gründen statt Bratwurst eine schöne Putenwiener gibt, und da stellt sich natürlich die Frage: Wen kümmerte es eigent

lich in der Vergangenheit, dass es auch damals schon Kinder gab, die schon länger hier leben, die nicht alles essen, was die Schulspeisung so serviert, und die sich gegebenenfalls einfach ein Schulbrot mitgenommen haben? Was soll ich sagen? Es kümmerte natürlich keinen, insbesondere niemanden aus den rot-rot-grünen Fraktionen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was Sie für einen Quatsch erzäh- len!)

Das ist aber so.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: An jeder Schule diskutieren die Eltern mit der Schulleitung darüber, was in das Essen reinkommt!)

Also, Sie haben offensichtlich nicht verstanden, worum es geht. Es geht darum, dass man nicht jedem Tierchen sein Pläsierchen geben kann. Es gibt eine Schulspeisung, mit der muss man irgendwo klarkommen. Wenn man das nicht kann, wenn man weiß, dass das, was da auf dem Essensplan steht, einem nicht gefällt, da muss man sich eben was mitbringen. Dafür brauchen wir keine Extrawürste braten, jedenfalls nicht für eine ganz spezielle religiöse Klientel. Das ist der falsche Weg. Das hat auch mit Integration nichts zu tun.

(Beifall AfD)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hat mit Verhätscheln zu tun. Und so werden Sie Integration sicherlich nicht bewerkstelligen können.

Fünftes schönes Argument aus der Anhörung: Es bedarf einer flächendeckenden Gewährleistung der Schulpflicht und des Rechts auf diskriminierungsfreien Zugang zu Bildung ab dem ersten Tag, spätestens jedoch zwei Wochen nach Ankunft in Thüringen. Dies – und jetzt wird es interessant – umfasst grundsätzlich auch die Zeiten in Ankunftszentren und in Erstaufnahmeeinrichtungen. Meine Damen und Herren, diese Forderung ist fern jeder Realität. Sie ist aber auch diskriminierend. Und sie ist genauso diskriminierend wie der Antrag aus den Regierungsfraktionen, den wir wahrscheinlich heute hier durchgewinkt sehen, aber das wundert uns natürlich auch nicht. Ich sage Ihnen auch gern, warum er diskriminierend ist und wer da diskriminiert wird. Da heißt es also in Punkt 1 a) des Antrags: „Im Vordergrund aller Maßnahmen zur Beschulung von zugewanderten und geflüchteten Kindern und Jugendlichen stehen die Erfüllung der Vollzeitschulpflicht […] sowie das Ziel, dass jede Schülerin und jeder Schüler einen weiterführenden Schulabschluss erreicht.“ Und natürlich gilt dieses Ziel in den rot-rot-grünen Augen nur für neu Zugewanderte,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist Quatsch!)

denn dass mehr als 10 Prozent eines Jahrgangs – ich habe es Ihnen ja vorhin schon gesagt – auch bisher schon die Schule ohne einen Abschluss verlassen, das hat Sie bisher nicht interessiert. Dazu habe ich von Ihnen keine Initiative gesehen. Nichts!

(Beifall AfD)

Nichts finde ich davon bei Ihnen. Nichts, Herr Adams.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie müssen anderen zuhören!)

Nein, Sie haben dazu nichts gesagt. Und weiter heißt es in Ihrem Antrag, dass der Besuch des Hortes als Integrationsmaßnahme durch geeignete Maßnahmen aktiv zu unterstützen sei. Klingt gut, aber das Ganze eben, während an einer Schule in Jena teilweise 220 Kinder von vier Erziehern betreut werden. Bei solchen Zuständen wollen Sie zugewanderten Kindern im Hort auch noch Integrationsmaßnahmen zukommen lassen. Was ist denn das für eine Schwerpunktsetzung? Also das ist echt eine interessante Prioritätensetzung, die Sie hier machen. Bei bestimmten Schulen kann nicht einmal mehr die Hausaufgabenbetreuung stattfinden, aber Sie wollen für eine relativ kleine Gruppe von Schülern massiv Geld in Integrationsmaßnahmen stecken und die anderen vernachlässigen Sie.

Außerdem heißt es in dem Antrag, dass die notwendigen personellen Ressourcen auch unterjährig in geeigneter Weise zur Verfügung zu stellen seien, um die individuelle Förderung zu gewährleisten. Während also jede zehnte Schulstunde nicht wie geplant durchgeführt werden kann – und wir haben ja in diesem Winter einiges Tolles, gerade in bestimmten Schulen im ländlichen Bereich, erlebt, wo diese Stunden gerade mal so vertreten werden oder mit Stillarbeit ersetzt werden oder eben komplett ausfallen –, steht für Rot-Rot-Grün die individuelle Förderung zugewanderter Kinder im Vordergrund. Natürlich soll dann noch die Versorgung von Lehr- und Lernmitteln für zugewanderte Kinder – nicht etwa für alle Kinder – entbürokratisiert werden.

Herr Adams, meine Kollegen vom rot-rot-grünen Lager, was Sie machen, das ist Diskriminierung von der schlimmsten Sorte. Sie vergessen vollkommen Ihre Pflicht, sich um die Bildung aller Kinder und Jugendlichen zu kümmern, nämlich auch der von der Thüringer Bevölkerung, und Sie bevorzugen eine relativ kleine Gruppe von Kindern systematisch. Sie brauchen das auch gar nicht abzustreiten. In dem Zusammenhang hat mein Kollege Brandner neulich durch eine Kleine Anfrage ganz Erhellendes zutage gefördert. In Gera fördert die Landesregierung die Umgestaltung von sechs Räumen an Schulen ausschließlich für den Unterricht in Deutsch als Zweit

sprache. Für die Unterrichtung in anderen Fächern dürfen diese Räume nur genutzt werden, wenn die Integration ausländischer Schüler im Vordergrund dieser Maßnahme steht. Für jeweils 25.000 Euro wurden Annehmlichkeiten wie PCs, Kameras, interaktive Tafeln, Tablets, Beamer und andere Materialien beschafft, während allein die Stadt Gera unter einem Sanierungsstau von 60 Millionen Euro an staatlichen Schulen fast zusammenbricht.

Herr Abgeordneter Möller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tischner?

Würde ich dann gleich am Ende gern zulassen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Passt ge- rade so schön!)

Ich würde es trotzdem gern am Ende machen.

Gut. Dann am Ende.

Weil, zu Gera kann ich Ihnen auch noch gleich etwas sagen. Ein Raum in Gera wurde auch für Thüringer Kinder oder – sagen wir – für alle Kinder hergerichtet. Das ist also eine Quote, wenn man davon ausgeht, dass nur knapp 5 Prozent aller Schüler in Gera einen Migrationshintergrund haben, das ist eine Quote, die ziemlich peinlich ist.

Meine Damen und Herren vom rot-rot-grünen Lager, es hat kein Mensch – auch nicht wir von der AfD – etwas dagegen, wenn sie neben der Verbesserung des allgemeinen Schulunterrichts für Thüringer Kinder auch in angemessenem Verhältnis die Unterrichtung ausländischer Kinder fördern möchten. Aber das, was Sie hier machen, was Sie hier planen, das steht nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis. Das ist ein krasses Missverhältnis, es ist ein Schlag in das Gesicht aller Thüringer Schüler und es ist auch ein Schlag in das Gesicht deren Eltern, welche die Steuergelder erarbeiten, die Sie – wo es nur geht – offenkundig planmäßig vor allem für zugewanderte Menschen ausgeben, die bisher – und das muss man eben sagen – keinen Beitrag zum Funktionieren dieser Gesellschaft geleistet haben. Und das hat, meine Damen und Herren, nichts mit dem Schüren von Neid zu tun, das ist eine Frage von Gerechtigkeit,

(Beifall AfD)

für die Sie aber offensichtlich leider kein Gespür mehr haben. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen müssen. Vielen Dank!

(Beifall AfD)

Sie hatten noch die Möglichkeit einer Nachfrage zugelassen. Herr Abgeordneter Tischner, bitte.

Ja, Herr Möller, vielen Dank. Sie haben so schön von Gera gesprochen. Ist Ihnen denn der Artikel bekannt, der in Reaktion auf diese Kleine Anfrage Ihres Kollegen in der Zeitung in Gera stand, wo festgestellt worden ist, dass eben nicht diese Räume, die Sie gerade erwähnen, allein für DaZ-Kinder genutzt werden, sondern dass dort in den Schulen durchaus eine gemeinsame Beschulung der Kinder stattfindet? Ist Ihnen das bekannt?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nein, der ist mir nicht bekannt, aber ich nehme das natürlich positiv zur Kenntnis, dass man sich da über die Regularien der Landesregierung hinwegsetzt, die ja in der Antwort vom Kollegen Brandner treffend aufgeführt worden sind und

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Dann le- sen Sie das doch mal nach!)

um die es mir hier ging, ja, dass es nämlich eine entsprechende Prioritätensetzung aus den Reihen der Landesregierung, aus den Reihen des Ministeriums gibt. Mir geht es nicht darum, wie man im Schulsystem versucht diese Defizite auszubügeln, sondern was die Absicht der Landesregierung und des Ministeriums war, und das habe ich Ihnen erläutert und darum ging es mir. Danke.

(Beifall AfD)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Dann sind Sie heute schon zum zweiten Mal überführt worden!)

Danke schön. Als Nächstes hat Abgeordnete Rothe-Beinlich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe ja eben gelernt, dass man auch über die Dörfer gehen kann. Ich könnte jetzt also auch über Neutralität und vieles andere sprechen, aber das werde ich natürlich nicht tun, sondern ich werde zum Thema reden, nämlich zum

Antrag „Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Beschulung von Flüchtlingskindern in Thüringen schaffen“ und selbstverständlich auch zum Antrag der CDU-Fraktion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, trotzdem muss ich ein paar Worte zu dem Redebeitrag sagen, der hier eben gehalten wurde. Es grenzt schon an Heuchelei, wenn man erklärt, dass man bewusst an einer Anhörung gar nicht teilgenommen hat,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sich dann aber einzelne Sätze aus den Zuschriften herauszieht, um diese hier lächerlich zu machen und schließlich – ja, das sage ich – eine Neiddebatte zu schüren, die nichts anderes sät als Missgunst, als Misstrauen zwischen den Schülerinnen und Schülern.