Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Meißner, Sie sprachen hier nur von Tagesmüttern, aber ich kenne auch Tagesväter.
Die Kindertagespflege ist ein wichtiger Bestandteil der frühkindlichen Bildung in Thüringen und Deutschland insgesamt. Daher begrüßen wir den Antrag der CDU sehr. Allerdings muss auch das zahlenmäßige Verhältnis von Kindertagespflege zu Kindertageseinrichtungen im Blick behalten werden, damit klar ist, worüber wir reden. So befinden sich nach Angaben des Statistischen Landesamts derzeit 1168 Kinder in Tagespflege, vor allen Dingen im U2- und U3-Bereich. Thüringenweit sind 364 Tagespflegepersonen tätig. Ein Großteil der Kindertagespflege wird in den Städten Erfurt, Weimar und Jena erbracht. In den Thüringer Kindertagesstätten jedoch sind derzeit etwa 89.000 Kinder und mehr als 13.000 pädagogische Fachkräfte und Erzieherinnen und Erzieher tätig. Der Bereich der Kindertagespflege ist also ohne Zweifel ein wichtiger, jedoch ein relativ kleiner Bereich im frühkindlichen Bereich. Die Ministerin hat es dargestellt, bei der Kindertagespflege handelt es sich um eine Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis der örtlichen Jugendhilfeträger, Landkreise und kreisfreien Städte. Sie stellt eine familiennahe Form der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern dar. In rechtlicher Hinsicht ist die Ausgestaltung der Kindertagespflege ausgehend von § 23 SGB VIII und landesrechtlich in § 8 Thüringer Kitagesetz sowie in der Thüringer Verordnung zur Ausgestaltung der Kindertagespflege geregelt. Auch die Finanzierung ist im Thüringer Kitagesetz festgelegt. So beträgt der pauschalisierte Landesanteil an der Finanzierung für Plätze in der Kindertagespflege der örtlichen Jugendhilfeträger, Landkreise und kreisfreien Städte nach Alter gestaffelt zwischen 130 und 270 Euro.
In Punkt II des Antrags der CDU-Fraktion werden viele Themen und Fragestellungen aufgeworfen. Diese können aus unserer Sicht durchaus eine Grundlage für eine fachliche Diskussion im Ausschuss darstellen. Daher werden wir auch einer Überweisung an den zuständigen Bildungsaus
schuss zustimmen. Auch wir wollen die Kindertagespflege in Thüringen fachlich und qualitativ weiterentwickeln. Eines wollen wir jedenfalls nicht: Kindertagespflege darf nicht mit den aufgeweichten Qualitätsstandards billiger Ersatz für fehlende Kindertagesplätze sein. Im Koalitionsvertrag haben wir daher klar formuliert, dass die Kindertagespflege eine hohe Qualität und hohe fachliche Standards der Arbeit gewährleisten muss. Daher setzen wir uns für eine gute Ausbildung und auch für eine gute Evaluierung der Qualität von Kindertagespflege sowie eine angemessene Bezahlung von Tagesvätern und Tagesmüttern ein. Das Ziel unserer Fraktion und der gemeinsamen Koalition ist es, die Rahmenbedingungen für eine frühkindliche Bildung in Thüringen in den kommenden Jahren bestmöglich auszugestalten. Daher wird unser Augenmerk vor allem der Qualität der Bildungs- und Erziehungsarbeit in unseren Kitas gelten. Mit dem kostenfreien Kitajahr, welches wir uns fest vorgenommen haben, werden wir außerdem einen Einstieg in das Prinzip der Kostenfreiheit in die Bildung durch das beitragsfreie Kitajahr schaffen. Aber auch die Kindertagespflege liegt uns sehr am Herzen. Die vielen fachlichen Fragen diesbezüglich werden wir im Bildungsausschuss diskutieren. Als Fraktion freuen wir uns sehr auf eine fachliche Diskussion. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich danke als Erstes der Ministerin für den umfangreichen Bericht und möchte auch der CDUFraktion für diesen Antrag danken, weil das Thema „Kindertagespflege“ in dem Hohen Hause bis jetzt sehr selten oder sehr unterbelichtet behandelt worden ist. Die Tagesmütter in Thüringen leisten wirklich einen hervorragenden Beitrag zur Betreuung von Kindern.
In dem Bericht, meine Damen und Herren, wird deutlich, dass die Kindertagespflege – das ist hier schon mehrfach gesagt worden – im Gesetz über Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern – ich möchte das betonen auch aus jetziger Sicht, weil es im Gesetz so verankert ist – als gleichberechtigte Säule ausgewiesen ist. Frau Meißner, wenn ich den Antrag so lese, könnte man befürchten oder denken, dass Sie der Landesregierung unterstellen – weil Sie sie auffordern, sich da zu bekennen –, dass dies nicht so ist oder in Zukunft anders gewertet wird. Ich denke, der Bericht hat sehr
In § 8 – ich möchte den noch mal zitieren – heißt es: „Anstelle oder in Ergänzung der Bildung, Erziehung und Betreuung in einer Tageseinrichtung können Kinder, insbesondere im Alter von unter zwei Jahren, in Kindertagespflege vermittelt werden. Dem Wahlrecht der Eltern bei der Auswahl der geeigneten Betreuungsmöglichkeit soll weitestgehend entsprochen werden. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes sollen die Eltern auf eine altersentsprechende […] Tageseinrichtung verwiesen werden.“ Wichtig – und deswegen sage ich es noch mal – ist: „Anstelle oder in Ergänzung“. Damit wird im Gesetz auch für die Tagespflege festgeschrieben, dass jedes Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in Thüringen vom vollendeten ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt einen Rechtsanspruch auf diese Betreuungs- und Bildungsformen hat.
Für Kinder bis zum vollendeten ersten Lebensjahr ist das natürlich noch mal eingeschränkt durch die Kriterien gemäß § 24 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, dem Achten Buch, der Kinder- und Jugendhilfe, weil natürlich auch dem Kindeswohl entsprechend die Entscheidungen von den entsprechenden Fachstellen geleistet werden müssen.
Was aber auffällt – das ist auch im Bericht der Ministerin zum Ausdruck gekommen und Frau Meißner hat es auch gesagt –: Die Kindertagespflege ist aber in der Präferenz, wenn man so will, der Zielgruppe der Eltern in Thüringen bei Weitem nicht die Nummer 1. Die Zahlen sind genannt worden. Ich will es mal in das Verhältnis setzen, die Zahl der Betreuung von diesen über 1.000 Kindern in Kindertagespflege: Wenn man die Zahl der Kinder unter zwei Jahren nimmt, dann sind das 10.718 Kinder, die demgegenüber in Kitas betreut werden. Wenn man dann noch die Zahlen entsprechend nimmt, dann wird natürlich deutlich – es ist ja schon mehrfach gesagt worden –, dass besonders in den Städten das Angebot an Tagespflege in der größten Zahl wahrgenommen wird.
Wir alle wissen, dass die Zahlen die Annahme bestätigen, dass dort, wo es nicht ausreichend Kitaplätze gibt, das Angebot wahrgenommen wird, weil das Image der Kindertagespflege in Deutschland insgesamt, aber auch bei uns in Thüringen – das besagt eine Studie des Bundesverbands der Kindertagespflege aus dem Jahr 2012 – insgesamt verbesserungswürdig ist. Dort wurden in dieser Studie drei Punkte herausgearbeitet, warum sich die Kindertagespflege eine gleichberechtigte Säule durchaus im Rahmen der Bildung, Erziehung und Betreuung von kleinen Kindern herausarbeiten kann: Weil erstens eine Kleingruppe aus pädagogischer Sicht natürlich absoluter Vorteil für Kinder un
ter drei Jahren ist. Das hat Frau Meißner gesagt. Ich will nur in dieser Frage ganz deutlich sagen, ich kenne die Zahlen aus Gera, dort sind maximal 1,2 Kinder im Durchschnitt in der Betreuung, dort gibt es diese Kleinkindergruppen nicht. Wir sollten im Ausschuss durchaus darüber diskutieren, ob eine Tagesmutter mit fünf Kindern, also ein höherer Personalschlüssel in dieser Altersgruppe als in unseren Kindertagesstätten, wirklich dem Anspruch auf Bildung und Betreuung gerecht wird, ob diese eins zu fünf wirklich unser Anspruch sind. Ich will noch mal auf das Kitagesetz aufmerksam machen, da wir aus diesem Grund ausdrücklich in kleineren Einrichtungen bei der Betreuung von fremden Kindern darauf verwiesen haben, dass mindestens zwei Personen dort anwesend sein müssen, denn es kann ja auch durchaus etwas passieren. Das sind Fragen, die uns bewegen und die wir miteinander diskutieren sollten.
In dieser Studie kommen aber auch die Fachberaterinnen zu Wort, die vor allem bei der Qualifikation der Tagesmütter und Tagesväter – das will ich noch mal sagen – Defizite sehen. Die Weiterentwicklung der Qualifizierung von Tagespflegepersonen ist angesichts der gesetzlichen Gleichrangigkeit des Angebots mit der institutionellen Kindertagesbetreuung unerlässlich. Das Deutsche Jugendinstitut hat deshalb ein neues kompetenzorientiertes Qualifizierungshandbuch entwickelt, das künftig einen Qualifizierungsumfang von 300 Unterrichtseinheiten plus 80 Stunden Praktika und zusätzliche Selbstlerneinheiten vorsieht.
Kann das aber wirklich die gleichwertige Stellung von Erzieherinnen und Erziehern in den Kindertagesstätten bedeuten? Auch darüber müssen wir miteinander ins Gespräch kommen.
Wenn man die Eignungskriterien in der Thüringer Verordnung zur Ausgestaltung der Kindertagespflege sieht, dann sieht man, dass als Kriterien für die Kindertagespflege Eigenschaften angeführt sind wie Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit und dass entsprechende Weiterbildungen gemacht werden müssen wie zum Beispiel Schwerpunkte im sensiblen Umgang mit Säuglingen und sehr kleinen Kindern in der Übergangsphase, in Elternarbeit in der Kindertagespflege oder auch rechtliche Rahmenbedingungen in der Kindertagespflege. Wir stimmen dem zu, das will ich einfach noch mal sehr deutlich sagen. Ich kann mich aber auch an andere Zeiten erinnern, Frau Meißner. Ich habe das in jedem Diskussionsbeitrag zu den Kindertagesstätten hier gesagt, dass für uns die Bezahlung der Tagesmütter natürlich schon lange ein Skandal ist. Es waren mal 2,73 Euro, jetzt ist es etwas höher geworden. Aber ich will Ihnen auch sagen, wie die Ministerin ausgeführt hat, dass die kommunalen Spitzenverbände diesen Fakt natürlich völlig anders sehen. Ich den
ke, mit einer Geschlossenheit aus diesem Hause kann man da natürlich auch entsprechende Maßstäbe setzen, zumal sich das Land im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs gerade an diesen Kosten beteiligt, nicht nur mit diesem zweckgebundenen Zuschuss, sondern auch in Höhe dieser Pauschalen, die wir hier mehrfach diskutiert haben, wo die Landkreise vor allem entsprechende Mittel bekommen für die Ausgestaltung. Genau in diesen Landkreisen sind kaum Angebote an Kindertagespflegepersonen vorhanden.
Ich hoffe, dass wir gemeinsam an verschiedenen Kriterien, an neuen Rahmenbedingungen für die Kindertagespflege in Thüringen arbeiten, um die Rahmenbedingungen für alle Beteiligten im Land Thüringen klar und deutlich zu machen. Wir beantragen die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport und die Fortberatung des Berichts der Ministerin auch in diesem Ausschuss. Danke schön.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Jung. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, seitens der Landesregierung auch nicht, sodass ich danke und die Aussprache schließe. Ich frage, ob ich davon ausgehen kann, dass das Berichtsersuchen zu Nummer I des Antrags erfüllt ist. Davon kann ich ausgehen.
Fortsetzung zur Beratung zum Sofortbericht im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport ist beantragt worden. Das würde ich jetzt mal abstimmen. Wer ist dafür? Vielen Dank. Alle Fraktionen.
Ja, der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit ist noch beantragt worden. Aber der Sofortbericht kann nicht überwiesen werden, sodass jetzt nur der Punkt II an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit überwiesen werden kann. Wer ist dafür, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Vielen Dank. Auch die übergroße Mehrheit.
Wir müssten jetzt noch über die Federführung abstimmen. Ich gehe davon aus, dass der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport beantragt ist. Ich bitte jetzt um das Handzeichen, wer dafür ist. Vielen Dank. Gegenstimmen gibt es keine. Enthaltungen auch nicht. Damit auch einmütig so beschlossen.
Dann schließe ich diesen Tagesordnungspunkt. Wir sind übereingekommen, dass wir auch 5 Minuten vor 18.00 Uhr keinen weiteren Tagesordnungspunkt aufrufen.
Insofern danke ich Ihnen allen für diese wunderschönen Sitzungstage und wünsche Ihnen allen ein schönes Wochenende. Bis zur nächsten Sitzung! Vielen Dank.