Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Dann kön- nen Sie ja unserem Antrag zustimmen, Frau Walsmann!)

Da Europa vor allem auch über Verwaltung und die verschiedenen Instanzen umgesetzt wird, ist es für uns ungemein wichtig, dass auch in der Thüringer Verwaltung die Europakompetenz gestärkt wird, um das Verständnis der Beamtinnen und Beamten für Europa zu fördern. Zu diesem Zweck können wir uns die Teilnahme an entsprechenden Austauschprogrammen vorstellen, aber auch ein Austausch zwischen bestimmten Behörden. Da gibt es noch mehr Möglichkeiten als die, die bisher genutzt werden.

Ein wichtiger Punkt für uns Thüringer muss der Bereich der Kulturpolitik sein, wo wir als Thüringer ein schwergewichtiger Player sind, um es mal salopp zu formulieren. Wir sollten an dieser Stelle ganz selbstbewusst unsere Möglichkeiten und Erfolge ins Spiel bringen. Ganz klar, das enorme kulturelle Potenzial Thüringens ist in der Europapolitischen Strategie des Landes noch stärker herauszuarbeiten. Kulturpolitik soll für uns einen messbaren Beitrag dazu leisten, dass die Europäische Union zusammenwächst. Kultur übernimmt ja wirklich eine Brückenfunktion, kann sie übernehmen. Wir können uns eine europäische Integration über die Kultur

vorstellen. Darüber hinaus geht es aber auch um unsere wirtschaftlichen Interessen. Es muss uns einfach gelingen, unsere kulturellen Schätze besser zu vermarkten. Wenn sie keiner kennt, besucht sie keiner. Da gibt es noch Luft nach oben.

Meine Damen und Herren, letztendlich erwarten wir die Formulierung von konkreten kulturpolitischen Zielen in einem Strategiepapier des Landes, also konkrete Austauschprogramme, länderübergreifende Projekte. Da können wir uns eine enge Verbindung mit den Bereichen Tourismus, Bildung und Wissenschaft vorstellen. Ein konkreter Vorschlag ist übrigens die Einrichtung eines Anlauf- und Bündelungszentrums für alle europabegeisterten Kulturschaffenden. Diese Rolle könnte meines Erachtens auch das EIZ übernehmen. Vor allem aber ist es wichtig, dass in diesem Bereich regelmäßig Veranstaltungen und Projekte stattfinden. Konkret erwarten wir zudem einen Beitrag des Landes zum Gelingen des Europäischen Jahres des Kulturerbes 2018, indem eigene Strategien auf lokaler und regionaler Ebene in den Bereichen Kultur und Tourismus mit diesem Ereignis verknüpft werden. Tourismus ist ein Wirtschaftsfaktor. Meine Damen und Herren, ich glaube, da gibt es noch eine ganze Menge Potenzial zu erschließen.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, kommen wir nun zu einem existenziellen Kernbereich für den Zusammenhalt der Europäischen Union und das Vertrauen seiner Bürger in die EU, den Bereich Wirtschaft und Finanzen. Es ist eine Tatsache, dass der europäische Gedanke nur auf der Grundlage starker Volkswirtschaften funktioniert. Daher muss ein wichtiger Bestandteil der Europapolitischen Strategie der Landesregierung sein, alles für ein dauerhaftes wirtschafts- und investitionsfreundliches Klima in Thüringen zu tun. Die Konsolidierung der Staatshaushalte und Schuldenabbau sind dabei unerlässlich und vor allem muss das Vertrauen in den Euro wieder hergestellt werden. Es ist keine schwache Währung, aber das Vertrauen hat gelitten und an der Baustelle muss man eben arbeiten. Auch Thüringen muss sich in Brüssel weiterhin für konkrete Maßnahmen zur Bewältigung von Investitionshemmnissen starkmachen. Es braucht Maßnahmen, mit denen der Stabilitäts- und Wachstumspakt wachstumsfreundlicher wird und ein besseres Umfeld für langfristige Investitionen geschaffen wird. Auch hier sind Ideen aus Thüringen nicht nur willkommen, sondern gefragt und, meine Damen und Herren, man darf sie auch tatsächlich einbringen.

Wie sieht es aus mit konkreten Maßnahmen zur Bewältigung von Investitionshemmnissen, zur Überbrückung von Investitionslücken? Budgetierungsfragen werden im Moment sehr gern von der Kommission diskutiert; nicht bei allen schlägt das Herz höher, was so diskutiert wird. In diesem Zu

sammenhang unterstützt die CDU ausdrücklich die Forderung des AdR, von der Europäischen Kommission einen Vorschlag für einen mehrjährigen Finanzrahmen nach 2020 zu erwarten und zu fordern. Dieser Finanzrahmen soll die Vorhersehbarkeit der langfristigen Ausgaben der EU gewährleisten, eine Reform der Eigenmittel der EU vorschlagen, die Einheit des EU-Haushalts wahren helfen und weitere Vereinfachungsmaßnahmen vorlegen und schließlich eine Laufzeit von fünf plus fünf Jahren mit einer obligatorischen Halbzeitprüfung nach den ersten fünf Jahren festlegen. Das ist nicht ganz unerheblich, weil im Moment so manches, was bei der Europäischen Kommission diskutiert wird, uns hier vor Ort auch nicht so ganz gefallen kann. Insofern muss man eben in die Speichen greifen. Auf unseren Stühlen sitzen zu bleiben, hilft da nicht, sondern wir müssen versuchen mitzugestalten, mitzutun von Thüringen aus über die Bundesregierung. Aber da sind auch Eile und Dranbleiben geboten.

Im Bereich der Wirtschaft muss die Europapolitische Strategie des Landes Antworten geben können bezüglich des Ausbaus der Energieinfrastruktur. Wir brauchen einen Energiemarkt mit echtem Wettbewerb, einen zügigen Breitbandausbau und die Überarbeitung der Entsenderichtlinie, um bürokratische Hürden abzubauen. Das Hauptproblem ist, dass die Institutionen der Europäischen Union sehr viel Bürokratie aufgebaut haben. Das ist ohne Zweifel so, das ist auch erkannt. Nur ist der Abbau zugegebenermaßen schwieriger, wenn man einmal Bürokratien und Formverständnisse aufgebaut hat, die schwer zu überwinden sind. Aber da gibt es eindeutig, glaube ich, die Tendenz, dass man erkannt hat, wenn sich alle darauf verständigen wollen, gemeinsam anzupacken und zusammenzubleiben, dass man das bewältigen muss, es einfacher zu gestalten, was einfacher gehen kann. Ob das im Bereich der Strukturfonds ist – um an Strukturfonds heranzukommen, ist oft ein langer Antragsweg erforderlich.

Die Frage ist: Was kann man vereinfachen? Bei dem EFSE-Investitionsprogramm ist es besonders augenscheinlich, dass kleinere und mittelständische Unternehmen in Thüringen im Moment nur wenige Chancen haben, wenn sie sich nicht zu größeren Einheiten zusammenschließen, an EFSEMittel, also Hebelungsmittel, um mehr Investitionen zu tätigen, heranzukommen. Hier sagen wir auch ganz deutlich: Es gibt kein Zweifeln und kein Rütteln an dem gemeinsamen europäischen Weg, aber man kann es immer noch besser machen. Um daran mitzutun, sollten wir auch von Thüringen Initiativen einbringen.

Schließlich ist es für das ländlich geprägte Thüringen von großer Bedeutung, dass Thüringen auf Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums seitens der EU drängt. EU-Politik muss

auch unter dem Gesichtspunkt der ländlichen Entwicklung geeignet sein, die ländlichen Gebiete als Pole der Entwicklung und Innovation anzuerkennen und diese zum Erreichen der Ziele des Territorialen, des Zusammenhalts heranzuziehen und zu fördern.

Den Beitrag für eine überarbeitete Gemeinsame Agrarpolitik für die Zeit nach 2020 – das will ich hier noch einmal anreißen – haben die Agrarpolitiker schon längst diskutiert. Aber auch das gehört in eine europapolitische Strategie, um eine Wiederankurbelung von Wachstum und Beschäftigung in ländlichen Gebieten zu erreichen und die hochwertige Lebensmittelqualität, Sicherheit und Versorgung in Europa insgesamt zu erhalten.

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang einen Hinweis auf die Kohäsionspolitik, die auch für Thüringen nach wie vor von großer Bedeutung ist, denn durch die Hauptinvestitionspolitik der EU werden auch in den Regionen und Städten Thüringens neue Arbeitsplätze geschaffen – und gar nicht wenige. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, das Wirtschaftswachstum und die Verbesserung der Lebensqualität hängen davon mit ab und werden dadurch gefördert. So manche Forschungseinrichtung in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist nur zustande gekommen, weil sie über EU-Strukturfonds gefördert wurde. Manche Zusammenarbeitsprojekte mit universitärer Unterstützung existieren auch nur, weil sie aus Strukturfonds gefördert wurden.

Die Aufgabe der Landesregierung muss es dabei sein, sich klar und bestimmt in Brüssel dafür einzusetzen, dass alle Regionen gleichberechtigt die Chance haben, Fördermittel zu beantragen. Hier wird es neue Weichenstellungen geben. Da kann ich nur sagen: Augen auf und aufgepasst, denn mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs mit Blick auf den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen wird es auch Auswirkungen auf den EU-Haushalt haben und es bietet Gelegenheit zur Reform. Aber die Gelegenheit zur Reform ist auch immer gleichzeitig die Sache, wo man aufpassen muss, dass nicht eigene Chancen und Möglichkeiten beschnitten werden. Wir sind auch nicht allein auf der Welt, um es einmal so zu sagen.

In diesem Kontext habe ich bei den letzten Diskussionen erst vorgestern Abend mit einem Kommissionsvertreter gesprochen und war nicht so begeistert über das, was …

Frau Abgeordnete Walsmann, Ihre Redezeit ist um.

Ja. Ich sage noch einen Satz zum Ergebnis: Die Regionalpartnerschaften sollten wir pflegen und

stärken, sie gehören zu unserem Austausch mit unseren europäischen Nachbarn und auch da wünschen wir uns ganz konkrete Schritte.

Ansonsten werden Sie Verständnis haben, dass wir uns weiter der Stimme enthalten, aber Sie konstruktiv unterstützt haben in der Beilegung von einigen konkreten Formulierungsvorschlägen zur Verbesserung. Danke schön.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion der SPD hat Abgeordnete Marx das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Römischen Verträge haben morgen 60. Geburtstag. Ich möchte mit einem Zitat von Konrad Adenauer beginnen, der damals die Römischen Verträge mit unterzeichnet hat. Er sagte die Worte, die heute sehr wichtig sind: „Die Europäische Gemeinschaft verfolgt nur friedliche Zwecke. Sie richtet sich gegen niemand. Sie ist gegenüber jedem Staat zur Zusammenarbeit bereit. Der Beitritt steht allen europäischen Staaten offen. [...] Der friedliche Fortschritt im Zusammenwirken mit allen ist unser Ziel.“ Man muss noch einmal daran erinnern, das war nicht nur so, wie das jetzt gern immer geschichtsvergessen behauptet wird und wie es auch bei Ihrer Antragsbegründung seitens der AfD anklang, dass man da mal eben eine Wirtschaftsgemeinschaft gegründet hätte und das wäre noch so ungefähr gegangen, sondern es ging auch damals sehr groß und sehr herausragend um das Ziel eines friedlichen Fortschritts im Zusammenwirken mit allen. Das war deswegen für Deutschland ein so wichtiger historischer Moment, weil er gerade mal zwölf Jahre nach Kriegsende ein Vertrauensbeweis auch in die junge Demokratie Westdeutschlands gewesen ist, zu sagen: Wir nehmen euch jetzt trotz der schlimmen Erfahrungen von zwei Weltkriegen in eine solche Gemeinschaft auf, in der wir friedlich zusammenwirken wollen.

Die Bilanz – das werden wir in den nächsten Tagen auch öffentlich verfolgen oder auch schon dieser Tage in Zeitungen oder in sonstigen Berichterstattungen zu lesen bekommen – ist eine außerordentliche Erfolgsgeschichte, nicht nur, was die Friedensgewährung anbelangt und die Friedensgarantie, die daraus erwachsen ist, sondern auch in wirtschaftlicher und letztlich auch in sozialer Hinsicht. Deutschland, Westdeutschland zunächst, hat einen wirtschaftlichen Aufschwung genommen, einen relativ schnellen wirtschaftlichen Aufschwung, der ohne diese Verträge niemals denkbar gewesen wäre. Deswegen bin ich auch Konrad Adenauer, obwohl er die andere Parteifarbe hat, dankbar für das, was

er damals mit anderen Staatsmännern – es waren nur Männer – der sechs Staaten ins Werk gesetzt hat, die sich damals in den Römischen Verträgen zusammengefunden haben.

Sie nehmen jetzt aber hier unsere Debatte und die Europapolitische Strategie eines Bundeslandes – so weit sind wir jetzt gekommen, dass wir uns auch in Thüringen Gedanken machen können und müssen und wir machen es auch, wie konkret gestalten wir in Thüringen mit? – wieder einmal nur als Vehikel dieses Antrags oder dieser Europapolitischen Strategie für eine öffentlichkeitswirksame Platzierung der üblichen pauschal europafeindlichen Positionierungen.

Dementsprechend werden in Ihrem Antrag folgende Forderungen erhoben – es wurde schon darauf hingewiesen: größtmöglicher Kompetenzverlust der EU-Ebene und Rückverlagerung zentraler Entscheidungsbefugnisse auf die Nationalstaaten im Sinne der Schaffung eines Europas der Vaterländer. Leute, die nicht geschichtsvergessen sind, die schüttelt es, dazu haben schon andere Kolleginnen und Kollegen gesprochen. Sie wollen den Euro abschaffen, Sie wollen die EU-Außengrenzen schützen, insbesondere auch im Mittelmeer, sowie EUAsylverfahrenszentren in nordafrikanischen Staaten gründen, um die Anreise zur illegalen Migration nach Europa zu minimieren. Völkerrechtlich und grundgesetzlich anerkannte, mithin also legale und legitime Fluchtgründe gibt es in der AfD-Welt inzwischen offenbar gar nicht mehr. Dann soll sich die Landesregierung noch dafür einsetzen, dass durch EU-Recht oder über multinationale Unternehmen keine Möglichkeiten zum Transfer von volkswirtschaftlich bedeutsamem Fachwissen oder von Schlüsseltechnologien zum Schaden der deutschen Wirtschaft ins Ausland eröffnet werden. Wir brauchen also die Mauer auch, um unser Industriewissen angeblich zu schützen; anders gehe es nicht.

Kombiniert man Ihre Einzelpunkte, bekommt man einen bemerkenswerten Einblick in die Vorstellungs- und Gedankenwelt der AfD. Die EU ist nach Ihren Vorstellungen offenbar lediglich gegründet worden, um Deutschland massiv und nachhaltig zu schaden, EU-Ausländern Sozialmissbrauch in Deutschland zu ermöglichen, den Deutschen die DMark zu nehmen und sie im Euro-Währungssystem für das finanz- und haushaltspolitische Unvermögen anderer Eurostaaten materiell bluten zu lassen, Deutschland für illegale Migration zu öffnen und den anderen EU-Staaten Wirtschafts- und Industriespionage in deutschen Betrieben zu ermöglichen. Das ist Ihr Europa-Bild.

Dieser perfide Plan der anderen EU-Staaten wird aus AfD-Sicht von den willfährigen Politikern der deutschen Altparteien naiv und verantwortungslos mit umgesetzt, da es ohnehin deren Wunschziel – Sie sagen ja auch gern Vaterlandsverräter, Volks

(Abg. Walsmann)

verräter zu uns – sei, eine Auflösung Deutschlands in einen europäischen Superstaat zu erreichen. Das ist Ihre Vorstellungswelt. Die Tatsache aber, dass Deutschland allein schon wirtschaftlich als Exportnation massiv vom Bestehen der EU, vom gemeinsamen Binnenmarkt und vom Euro profitiert und profitiert hat, wird dabei ebenso ausgeblendet wie die schwierige Entwicklung, die Großbritannien seit dem Brexit-Referendum nimmt.

Wir können es uns doch gerade alle ansehen, wohin das führt, was die AfD auch gern für Deutschland hätte. Bei einer Umsetzung des Brexit drohen Großbritannien nach Ansicht aller seriösen Analysten innerhalb und außerhalb der EU massive volkswirtschaftliche Schäden. Mit dem angekündigten zweiten Schottland-Referendum und ähnlichen Brexit-bedingten Sezessionsbestrebungen in Nordirland und Gibraltar könnte es sogar noch zu einer erheblichen territorialen Reduzierung Großbritanniens, eventuell aber auch zu einer Auflösung des verbleibenden Reststaats aus England und Wales kommen.

Ja, wir haben dann also eine kleine zersplitterte Insel. Außenpolitisch wird ein außerhalb der EU agierendes Großbritannien – und da hilft auch nicht der Status als Atommacht – unweigerlich in unmittelbare Abhängigkeit der Weltmächte USA oder China bzw. einer nach Dominanz strebenden Großmacht Russland geraten. Das können Sie alles schon an der Art und Weise ersehen, wie Theresa May, die Ende Januar 2017 in den USA ihren Staatsbesuch gemacht hat, ihr Land bei dem neuen USA-Präsidenten Trump als künftig eigenständigen Partner außerhalb der EU regelrecht andienen musste. Das zeigt deutlich, welche Statusreduzierung Großbritannien mit dem Brexit schon jetzt droht und welche Statusreduzierung Großbritannien erfahren wird. Es ist ja nicht ohne Grund so, dass der Niedergang Ihrer europafeindlichen Vorstellungen und Ihrer Umfrageergebnisse, die der AfD, nicht erst jetzt einsetzt, seit wir von der SPD uns einen schicken Kanzlerkandidaten ausgesucht haben, sondern das hat schon begonnen mit dem Brexit-Referendum in Großbritannien und auch mit der Wahl von Donald Trump, dass sezessionistische Bestrebungen eben von der Mehrheit der Bevölkerung nicht geteilt werden. Wenn Sie sich jetzt mal lustige Lebensläufe von Leuten in Sachsen-Anhalt angucken, die dort auf Ihre Kandidatenliste für die Bundestagswahl wollen, und sich da eine Bewerberin findet, die sagt „Germany first“, dann kann man also sehen, wie dumpf Ihre Ideen in diesem Zusammenhang sind.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Dumpf? Dafür gab es schon mal einen Ordnungsruf!)

Das alles verstellt den Blick auf das, was hier die Europapolitische Strategie eigentlich soll. Wir haben hier die Europapolitische Strategie der Landesregierung, die sich deutlich bekennt zu einem Euro

pa als Wertegemeinschaft und zur Europäischen Union als gemeinsames Friedensprojekt europäischer Staaten. Und wenn Sie das nicht übers Herz bringen oder über Ihre Lippen, dann ist allein da eigentlich schon Schluss mit möglichen Gemeinsamkeiten mit Ihnen, die wir ohnehin nicht sehen.

(Beifall SPD)

Wir fordern einen Ausbau der EU auch zu einer Europäischen Sozialunion mit der Europapolitischen Strategie des Landes Thüringen mit gemeinsamen hohen Standards im Sozialschutz und bei Arbeitnehmerrechten. Wir möchten eine ambitioniert ausgestaltete Energieunion mit Schwerpunkt auf nachhaltiger Entwicklung und gemeinsamen Ausstieg aus der Atomkraft – eines der gefährlichsten Alt-AKWs steht wenige Kilometer von der deutsch-französischen Grenze entfernt. Wir wünschen uns verbesserte Partizipationsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger an EU-Entscheidungsprozessen und bringen sie auch ein. Und wir haben auch Forderungen aufgenommen, die für den Alltag wichtig sind, mit dem Sie sich ja nicht gern beschäftigen, etwa die Europakompetenz Thüringens durch Fortbildungsprogramme und Sprachkurse für die Landesverwaltung auszubauen. Die Vertretung des Freistaats bei der EU und die Landesministerien werden künftig enger und kontinuierlich zusammenarbeiten.

Wir haben dann in der Tat von März 2016 bis Januar 2017 in den Ausschüssen unseres Landtags intensiv beraten und prinzipiell diese Strategie bestätigt und fachspezifische Ergänzungsvorschläge erarbeitet. Federführend ist dabei der Ausschuss für Europa, Kultur und Medien gewesen, in dem die AfD in diesen Punkten keinen Beitrag eingebracht hat. Und – es ist teilweise ja auch schon hier gesagt worden – wir haben dann noch eigene Schwerpunkte in unsere Empfehlung aufgenommen. Das ist allerdings auch die grundsätzliche Zustimmung zur Europapolitischen Strategie, eine besondere Zustimmung zu einer stärkeren Gewichtung der sozialen Dimension der EU, dass wir uns dann eben auch speziell als Ausschuss für Europa, Kultur und Medien die Erweiterung der Europapolitischen Strategie um eine kulturelle Dimension vorstellen und wünschen und dass wir aber auch die Bildungsaspekte in der Europapolitischen Strategie stärker verankern wollen.

Wir haben nicht zuletzt auch eine Intensivierung der Beziehungen zu den europäischen Partnerregionen nach einer nach einheitlichen Kriterien orientierten, bewussten Vorgehensweise des Freistaats bei der Etablierung neuer partnerschaftlicher Beziehungen gefordert und setzen das hier im Thüringer Landtag um – Klasse statt Masse. Deswegen setzen wir Ihrem kleingeistigen nationalpolitischen Ansatz weiterhin ein offenes, friedenssicheres und wirtschaftlich starkes Europa entgegen. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion der AfD erhält Abgeordneter Brandner das Wort.

Meine Damen und Herren, liebe Besucher auf der Tribüne, ich hatte drei mehr oder weniger prominente Vorredner. Frau Marx, was Sie hier vorgelesen haben, hatte weder mit dem Antrag irgendetwas zu tun noch mit der Strategie der Landesregierung. Es war einfach nur wirr, verschroben und dumpf, was Sie hier vorgelesen haben. Das Einzige, wo Sie recht hatten, Frau Marx, war, dass wir die europäischen Außengrenzen sichern wollen, aber ich denke mal, das sollte Konsens hier im Hause sein.

(Beifall AfD)

Frau Walsmann, Sie haben sich etwas positiv abgehoben von Frau Marx, allerdings auch nicht gerade brilliert hier vorn. Es waren auch nur gestanzte Plattitüden von Ihnen, die auch weder etwas mit unserem Antrag noch mit der Landesregierungsstrategie zu tun hatten.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ist das jetzt die A- oder B-No- te, Herr Brandner?)

Das Einzige, worauf ich eingehen wollte, war das Europa der Vaterländer, als Sie so getan haben, als wenn das der Quell allen Übels im 20. Jahrhundert gewesen wäre. Ich weiß nicht, wahrscheinlich haben Sie mehr im Marxismus-Leninismus-Unterricht gesessen als im Geschichtsunterricht. Aber Tatsache ist, Frau Walsmann, dass das Europa der Vaterländer die Konsequenz der schrecklichen Kriege des 20. Jahrhunderts war

(Beifall AfD)

und dass Charles de Gaulle, und nicht nur Charles de Gaulle, sondern die gesamte EU, das in den 60er-Jahren forciert hatte und dass das 40 Jahre lang oder noch länger eigentlich Konsens in Europa war, dass wir ein Europa der Vaterländer wollen und nichts anderes. Deshalb weiß ich nicht, warum Sie das so schlechtgemacht haben.

Genauso schlecht übrigens wie Herr Kubitzki – Herr Kubitzki, Ihre Rede ist schon ein bisschen in Vergessenheit geraten, sie ist ja schon ein bisschen länger her. Aber hier hat, glaube ich, mehr der NVA-Offizier aus Ihnen gesprochen als der Europapolitiker.