Als dritten Punkt widmen wir uns einer Anpassung, die den Außer-Haus-Verkauf von sogenannten Bäckereicafés, also Bäckereien mit Vor-Ort-Verzehr liberalisieren soll. Der Kerngedanke ist, dass es aus unserer Sicht unsinnig ist, wenn Kundinnen und Kunden im Geschäft bedient werden dürfen, aber ein Verkauf von Kuchen durch dasselbe Personal an Kunden auf dem Nachhauseweg verboten bleibt. Ich gebe zu, dass eine solche Beschränkung unter den genannten Umständen nicht zielführend ist. Aber es stellen sich mir trotzdem einige Fragen, die wir auch in einer Anhörung mit den Verbänden und den Gewerkschaften diskutieren sollten und – ich sage ganz bewusst – auch diskutieren müssen. Die bisherige Fünf-Stunden-Regelung für Bäckereien verfolgt bekanntlich Zielstellungen des Arbeitnehmerschutzes und der Achtung der grundgesetzlich geschützten Sonntagsruhe. Wir wollen ausdrücklich nicht, dass Bäckereifachverkäuferinnen
sonntags möglichst unbegrenzt hinter der Theke stehen, sondern dass sie wie die meisten anderen Menschen auch am Wochenende Zeit mit Familie und Freunden verbringen können. So gern auch ich sicherlich frische Brötchen mag, so reicht die bestehende fünfstündige Öffnungszeit aus, um dieses zu erhalten. Selbst, wenn die Bäckerei mal geschlossen sein mag, so ist der vermeintliche Eingriff in meine persönliche Frühstücksplanung geringer zu bewerten als das Recht der Verkäuferinnen und Verkäufer auf einen freien Sonntag.
Warum erläutere ich das hier an dieser Stelle so ausführlich? Meine persönliche Befürchtung ist, dass künftig in jeder normalen Bäckerei ein Stehtisch aufgestellt wird, damit ein Bäckereicafé mit Verkauf in der eigenen Einrichtung simuliert wird und die Fünf-Stunden-Regelung zum Nachteil der Beschäftigten ausgehebelt wird. Ich sage auch an dieser Stelle, wir müssen aufpassen, dass mit dieser Frage hier nicht auch das Ladenöffnungsgesetz umgangen oder ausgehebelt wird. Ich sage Ihnen ganz klar, wenn dies das Ergebnis der Gesetzesänderung wäre, dann kann ich mir nur schwer vorstellen, dass es seitens der Linken dafür eine Zustimmung geben wird. Genau deshalb freue ich mich auch schon auf die Anhörung im Wirtschaftsausschuss, wo wir eben genau solche Fragen, mit den von mir schon benannten möglichen Anzuhörenden klären und auch diskutieren können. Genau aus diesem Grunde heraus, meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte ich auch um Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster hat Abgeordneter Brandner von der AfD-Fraktion das Wort.
Ja, meine Damen und Herren, schönes Bild: vier von der CDU, vier von der AfD, gewöhnt euch schon mal an den Gleichstand. Im nächsten Landtag wird’s wahrscheinlich ähnlich aussehen –
Meine Damen und Herren, die Landesregierung plant, das Gaststättengesetz in drei wesentlichen Bereichen, die wurden hier schon skizziert, zu ändern; zum Ersten im Bereich des Glücksspiels. Ende 2015, aktuellere Zahlen haben wir nicht, gab es etwa zwölfhundert Geldgewinngeräte in Spielhallen in Thüringen, in denen das Glücksspiel praktiziert
werden konnte und für die eine Sperrzeit von 9.00 Uhr bis 11.00 Uhr, also von zwei Stunden, galt. Für Gaststätten gab es diese Sperrzeit bislang nicht, das will die Landesregierung jetzt ändern und die Spielinteressierten durch Abschaltzeiten – wie ich gehört habe – vor sich selber schützen. Davon kann man halten, was man will. Ich meine, das ist wieder rot-grüne Verbotsideologie, die lässt da grüßen. Aber gut, darüber kann man streiten in dem einen Punkt.
Der zweite Punkt der Änderungen widmet sich den Ladenöffnungszeiten, die wir ja nicht zum ersten Mal in diesem Landtag diskutieren. Mehrere sinnvolle Anstöße kamen ja bereits von der AfD und wieder einer wird nun, wenn auch unbegründbar nur partiell, aber immerhin, umgesetzt. Zukünftig soll es – plötzlich nun auch nach dem Wunsch der Landesregierung – Betreibern von sogenannten Bäckereicafés ermöglicht werden, ihre Waren außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten zu verkaufen, und zwar nicht nur an Gäste des Cafés, sondern zudem an jedermann über die Straße, wie man so schön sagt. Da reiben wir uns von der AfD verwundert die Augen und rufen vergnügt: AfD wirkt! – zumindest etwas hier in diesem Punkt.
Denn bislang – Sie werden sich alle daran erinnern – waren wir die einzigen hier im Hause, die sich für die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten eingesetzt hatten. Zur Erinnerung: Wir von der AfD – und nur wir – hatten uns bereits mit einem Gesetzentwurf im vergangenen Jahr und mit einem Alternativantrag Anfang dieses Jahres dafür eingesetzt, dass die Einschränkung der Ladenöffnungszeiten auf fünf Stunden gestrichen und somit der Verkauf unter anderem von Bäckerei- und Konditoreiwaren in den Verkaufsstellen auch an Sonn- und Feiertagen im Zeitraum von 7.00 bis 17.00 Uhr – also für zehn Stunden – ermöglicht wird. Und was mussten wir uns da nicht alles anhören! Der Rassismus war es diesmal nicht, aber die Linken riefen, das sei mit ihnen nicht zu machen, da gehe es um den Schutz der Familie, der freie Sonntag müsse bleiben. Eine Abgeordnete der SPD, die noch in der SPD ist, glaube ich, referierte und lamentierte in epischer Breite über die angeblich schrecklichen Arbeitsbedingungen im Handel, und eine Abgeordnete von den Grünchen fand das Ganze wie immer unsozial und unökologisch. Das ist noch gar nicht so lange her, als wir von der AfD uns das anhören mussten. Diese drei ehemals schimpfenden Damen nicken nun wohl einen Gesetzentwurf ab, der Bäckereicafés besserstellt als kleine Bäckereien, die keinen Platz für ein Café haben; also ein Gesetzentwurf, der auch Ladenöffnungszeiten liberalisiert, so wie wir es von der AfD seit einem guten Jahr oder über einem Jahr verlangen. Wir fragen uns: Wo bleiben da bei Ihnen auch in diesem Punkt die Stringenz und die Logik? Oder haben Sie – was
ich jetzt nicht zu hoffen wage, aber was ja durchaus sein könnte – plötzlich kollektiv durch unsere guten Argumente, die wir permanent von hier vorne vorbringen, dazugelernt? Das wäre schön und das wäre dann einen Applaus wert, würde ich sagen, wenn es so wäre. Es klatscht keiner, dann ist es offenbar nicht so, dann liege ich wahrscheinlich richtig.
Meine Damen und Herren, haben denn die Menschen in den Bäckereicafés – das frage ich jetzt an die Reihe schimpfender Damen – keine Familien? Haben die denn kein Recht auf den freien Sonntag? Wie ist es jetzt, Frau Pfefferlein, Sie sind da: Ist das wirtschaftlich, sozial und ökologisch, dem Sie da zustimmen wollen? Ich bin auf Ihre Antworten gleich gespannt. Aber ich weiß genau, was das ist, das ist nämlich purer Populismus, der plötzlich hier von Ihnen betrieben wird, Populismus und Kuschen vor Herrn Ramelow, der mal wieder durch Abwesenheit glänzt. Denn der hatte sich schon längst zu den Sonntagsöffnungszeiten geäußert und laut gerufen: Die Fünf-Stunden-Regel komme aus einer anderen Zeit. Er wünschte sich sogar, dass das Ladenschlussgesetz angepasst wird. Und Bodos Wunsch ist ja meist der Rot-Grünen Befehl und offenbar funktioniert das auch so. Aber nachdem wir, die AfD, Ihnen natürlich zuvorkamen mit unseren guten Ideen und das vorgeschlagen hatten, konnten Sie es nicht mehr umsetzen, weil das Ihre Ideologie nicht zulässt. Deshalb bringen Sie uns dieses unsinnige Stückwerk – ich muss es leider so nennen – als Gesetz hier ein. Was Sie tun, ist eine Schlechterstellung der Bäckereien, die kein Café anbieten können, aus Platzmangel zum Beispiel. Sie schaffen unfaire Wettbewerbsbedingungen und das Ganze nur aus einem einzigen Grund: Sie wollen nicht zugeben, dass unser Vorschlag, der der AfD, sinnvoll, notwendig und wesentlich besser war.
Dann haben wir den dritten Punkt, den Sie ändern wollen, und den finden wir auch sehr interessant. Sie wollen Verbote in das Gesetz reinbauen und damit Benachteiligungen aufgrund ethnischer Herkunft oder Religion ausschließen. Niemand soll aufgrund seiner Herkunft oder Religion vom Besuch zum Beispiel einer Diskothek ausgeschlossen werden. Als wir das gelesen haben, haben wir uns zunächst gefragt, wie sieht es denn mit anderen Benachteiligungsgründen der Gutmenschen hier in diesem Hause aus. Sie zumindest hier so von links bis Mitte, Sie waren das doch alle, die am Lautesten „Juhu“ gerufen haben, als eine offenbar schlecht laufende Berliner Kaschemme, wohl allein um Aufmerksamkeit zu erheischen und das Geschäft anzukurbeln, durch einen Aufkleber kundtat, keine AfD-Sympathisanten oder Mitglieder mehr zu bedienen und ins Restaurant zu lassen. Diskriminierung pur! Sie schrien „Juhu“. Anders war es, glaube ich, auch nicht, als die Kölner Kneipen pla
katierten „Kein Kölsch für Nazis und kein Kölsch für Rassisten“. Auch Diskriminierung pur. Wobei ich im Nachhinein die Aktion sehr loben muss. Ich lerne auch dazu. Ich muss die Aktion sehr loben, denn keinem AfDler wurde in Köln ein Kölsch vorenthalten. Das kann ja nur drei Dinge bedeuten. Erstens, dass den Kneipern der Geldbeutel näher war als gruppenbezogene, ausgrenzende Menschenfeindlichkeit bezogen auf die AfD, das lege ich mal zugrunde. Zweitens, dass die Kneiper Angst hatten vor eingeschlagenen Fensterscheiben, vollgesprühten Fassaden und Boykottaufrufen, wenn sie bei so toleranten linksextremen Aktionen und Terrorbündnissen nicht mitmachen. Das wird auch ein Beweggrund gewesen sein. Drittens – das ist für mich der tragende Grund – ist ja nun ganz offensichtlich, dass kein AfDler Nazi oder Rassist ist, denn ansonsten hätten wir ja alle kein Kölsch bekommen. Von daher: Herzlichen Dank nach Köln für diese klärende Debatte.
Herr Abgeordneter Brandner, ich würde Sie herzlich bitten, wieder zum Thema über das Gaststättengesetz zu reden.
Meine Damen und Herren von den selbsternannten Qualitätsdemokraten, daran sehen wir und die Menschen draußen, wie verlogen und doppelzüngig Ihre Politik ist, denn Sie leben keine pluralistische Demokratie, Sie spielen Demokratie lediglich und legen dabei als Demokratie das zugrunde, was Sie gerade für nützlich, schön oder angenehm halten.
Wir sagen, wenn schon keine Benachteiligung im Gastgewerbe, dann auch keine wegen politischen Meinungen oder Mitgliedschaften in Vereinigungen, die Ihnen gerade mal nicht gefallen, und auch nicht wegen anderer Attribute. Wenn schon keine Diskriminierung, dann gar keine Diskriminierung. Das können wir dann gerne im Ausschuss besprechen.
Ganz nebenbei: Nennen Sie mir mal einen einzigen Fall in Thüringen, wo der Zutritt zu einem Lokal oder einer Diskothek verwehrt worden wäre, weil jemand einer bestimmten Religion – das sieht man dem ja schon gar nicht an, wie soll das sein? – oder Rasse angehörte. Ein einziger Fall, an den ich mich erinnern kann, ging durch die Medien. Das war der Fall einer Studentin, die mit einer Kopfbedeckung – das war wohl ein Hidschab – nicht in eine Erfurter
Diskothek eingelassen wurde. In diesem Lokal – der Türsteher war übrigens ein Aserbaidschaner, ich glaube, auch ein Moslem – gab es Sicherheitsbedenken, weil es dort zuvor Angriffe auf Frauen mit Kopfbedeckungen gab, und zwar Angriffe von muslimischen Männern. Das heißt, die Frau musste vor ihrer eigenen Klientel beschützt werden. Nach Ihrer Auffassung wäre es dann zukünftig so, dass Hidschab-Trägerinnen Einlass begehren können und auch reingelassen werden müssen mit der Folge, dass sie dann in der Diskothek von ihren Glaubensbrüdern angegriffen werden, weil sie sich haram verhalten.
Schönes neues, buntes Thüringen, Frau RotheBeinlich, nach Ihrer Auffassung. Anders kann ich das nicht deuten, was Sie hier schon wieder reinschreien.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht geschrien, Herr Brandner, das ist es nicht wert!)
Alles in allem, meine Damen und Herren, handelt es sich um einen Gesetzentwurf, der die Probleme des Gastgewerbes völlig außen vor lässt und stattdessen verbohrte Scheinpolitik betreibt. Aber gerne können wir im Ausschuss über die Benachteiligung von weiteren Gruppen – ich hatte ja schon Ihre Maßstäbe, die Sie anlegen, angesprochen – und eine Ausdehnung der Öffnungszeiten auf alle Bäckereien diskutieren und versuchen, aus diesem Gesetzesrudiment einen vernünftigen und guten Gesetzesvorschlag zu machen. Vielen Dank.
Herr Abgeordneter Brandner, noch einen kleinen Augenblick. Sie haben während Ihrer Rede die Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als „Grünchen“ bezeichnet. Diese herabwürdigende Verballhornung wird von mir gerügt.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Gäste! In Anbetracht dessen, dass es sich hier um die erste Lesung handelt, möchte ich mich kurzfassen.
Wir unterstützen die Absicht der Regierung, zur Suchtprävention Sperrzeiten und Spielverbotstage wie im Thüringer Spielhallengesetz vorgesehen einzurichten. Wir sehen ebenfalls eine Notwendigkeit zu verhindern, dass diese Regelung durch Gaststätten mit Spielautomaten unterlaufen wird. Letztlich dient diese Regelung dem Schutz von Spielsüchtigen, aber auch vor Spielsucht. Wir begrüßen zudem ausdrücklich, dass die Landesregierung hier den Vorstoß unternimmt, neben notwendigen Anpassungen mit Blick auf das Spielhallengesetz weitere notwendige ordnungsrechtliche Regelungen vorzunehmen. Das gilt insbesondere für die Einführung eines neuen Tatbestands für Ordnungswidrigkeiten im Falle einer Benachteiligung von Gästen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer Religionszugehörigkeit. Einige vergangene Fälle in Erfurt, in denen Besuchern aufgrund dieser Merkmale der Besuch einer Lokalität verweigert wurde, unterstreichen diesen landesgesetzgeberischen Handlungsbedarf über das bestehende Antidiskriminierungsgesetz hinaus. Abschließend beantrage ich die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft federführend und mitberatend an den Ausschuss für Soziales und Gesundheit. Danke sehr.
Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Zuschauer im Internet, lieber Herr Präsident, wir haben jetzt schon einige Gründe und einige Ausführungen zu dieser vorgeschlagenen Änderung gehört. Ich will mich im Wesentlichen auch auf diese angesprochenen Punkte konzentrieren. Es gibt schon einige Punkte, bei denen wir uns fragen: Braucht es diese Änderung überhaupt? Und es gibt einige Punkte, bei denen wir sagen: Wir begrüßen diese Änderung.
Vielleicht fange ich zuerst mit dem Positiven an. Die Änderung im Bereich der Bäckereien ist eine Änderung, die überfällig ist, die deswegen überfällig ist, weil sie eigentlich schon gelebte Praxis in den Bäckereien ist, die ein Stehcafé haben, die das jetzt abdecken mussten, die hatten sowieso offen und mussten jetzt ihr Geschäft entsprechend einschränken.
Ich würde mich freuen, wenn ich nicht von hinten Gebrabbel bekommen würde von Herrn Brandner. Ich habe ihm auch, soweit es geht, zugehört. Danke.