Genau. Uns ist aber auch klar, um Gutes zu erhalten, müssen manchmal auch hier und da Veränderungen und Anpassungen vorgenommen werden. Seit 1990, seit Thüringen in der jetzigen Form existiert, haben sich die Schülerzahlen halbiert. Das Schulnetz hat sich parallel nicht entsprechend weiterentwickelt. Aktuell nehmen wir einen leichten Anstieg der Schülerzahlen wahr. Prognosen gehen davon aus, dass bis zum Schuljahr 2020 bzw. 2021 an den Grundschulen die Schülerzahlen steigen, entsprechend bis 2025/2026 an den weiterführenden Schulen. Allerdings verteilt sich dieser Anstieg sehr unterschiedlich auf die Regionen. Erfurt und Jena können mit einem Anstieg von mehr als 25 Prozent rechnen, ländliche Regionen wie der Kyffhäuserkreis, das Altenburger Land oder Greiz müssen sich auf einen Rückgang von über 10 Prozent der Schülerzahlen einstellen. Wir suchen nach Wegen, das Thüringer Schulsystem demografiefest zu machen. Für jede Schulart, für jede Region.
Werte Kolleginnen und Kollegen der CDU, erlauben Sie mir den Hinweis, die Finanzierung der freien Schulen ist unter der CDU-Führung beschnitten und erst durch Rot-Rot-Grün wieder stabilisiert worden. Wir sind, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, der Überzeugung, dass sowohl staatliche als auch Schulen in freier Trägerschaft den öffentlichen Bildungsauftrag erfüllen. In diesem Sinne haben wir die Schulen in freier Trägerschaft bereits gestärkt und sind Ihrem Antrag zuvorgekommen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Nun sehe ich keine weiteren Wortmeldungen, sodass ich die Beratung schließe und wir zur Abstimmung kommen. Ausschussüberweisung ist jeweils nicht beantragt worden, sodass wir direkt über zunächst den Antrag der AfD-Fraktion abstimmen. Herr Abgeordneter Höcke, bitte.
Gut, dann darf ich die beiden Schriftführer hier vorn bitten, die Stimmen einzusammeln. Wir stimmen namentlich über den Antrag der AfD-Fraktion ab.
Jetzt hatte jeder Gelegenheit zur Stimmabgabe. Wir stimmen den AfD-Antrag ab. Das war nur zur Bewusstseinsschärfung, nicht um Angst zu machen. Ich bitte um Auszählung und schließe den Abstimmungsvorgang.
Wir haben ein Ergebnis. Es wurden 81 Stimmen abgegeben: 8 Jastimmen, 73 Neinstimmen, keine Enthaltung (namentliche Abstimmung siehe Anlage 3). Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/3742 abgelehnt.
Das heißt, wir stimmen über den Alternativantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/3861 in namentlicher Abstimmung ab. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.
Hatte jeder Gelegenheit zur Stimmabgabe? Herr Harzer noch nicht. Jetzt hatte jeder Gelegenheit zur Stimmabgabe. Ich schließe den Abstimmungsvorgang und bitte um Auszählung.
Wir haben ein Ergebnis. Es wurden 79 Stimmen abgegeben: davon 30 Jastimmen, 43 Neinstimmen, 6 Enthaltungen (namentliche Abstimmung siehe Anlage 4). Damit ist auch der Alterativantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/3861 abgelehnt.
Humanitäres Bleiberecht für Opfer rassistischer und rechter Gewalt Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/3760
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Freistaat Thüringen bekennt sich zu seiner Verantwortung gegenüber von rassistisch und rechtsextrem motivierten Einstellungen und daraus resultierenden Handlungen und Taten betroffenen Menschen und der Notwendigkeit,
Betroffenen Unterstützung zukommen zu lassen und die Taten konsequent zu verfolgen. „Vollziehbar ausreisepflichtigen Opfern einer rechtsextremistischen und rassistischen Gewalttat und deren Angehörigen soll auf der Grundlage des geltenden Aufenthaltsrechts zu einem humanitären Bleiberecht verholfen werden.“ So heißt es in Punkt 1 unseres Antrags. Der Wortlaut, den ich eben vorgetragen habe, bringt sehr klar zum Ausdruck, welches Ziel wir mit diesem Antrag verfolgen. Das wesentliche Signal, das von diesem Antrag ausgehen soll, ist, dass wir im Freistaat den Menschen beistehen, die Opfer einer Gewalttat werden. Das gilt selbstverständlich und gerade auch für Geflüchtete, die Opfer einer rechtsextremistischen oder rassistischen Gewalttat werden. Der Landtag in Brandenburg hat übrigens im April 2016 einen ebensolchen Beschluss auf den Weg gebracht. Seit Dezember gibt es dort einen entsprechenden Erlass und wir wollen und werden dies für Thüringen heute auch auf den Weg bringen.
Dass wir es übrigens mit einem tatsächlichen Problem zu tun haben, macht allein die Statistik des Bundeskriminalamts deutlich. So wurden im Jahr 2016 – Stand 1. März 2017 – im Themenkontext „Asyl“ insgesamt 994 Delikte registriert, davon 169 Gewaltdelikte. Im Jahr 2015 wurden 1.031 Straftaten, davon 177 Gewaltdelikte gemeldet. Noch deutlicher zeigt die gemeinsame Chronik der Amadeu Antonio Stiftung und Pro Asyl von „Mut gegen rechte Gewalt“ dringenden Handlungsbedarf auf. Die dort dokumentierten Übergriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte im Jahr 2016 verweisen auf 3.731 Angriffe auf Asylsuchende und ihre Unterkünfte. 590 Körperverletzungen, 120 Brandanschläge, 3.021 sonstige Angriffe und 416 verletzte Personen. Wir werden daher gemeinsam mit der Landesregierung auf der Grundlage des geltenden Aufenthaltsrechts dafür sorgen, dass Opfer von rechten und rassistisch motivierten Gewalttaten ein humanitäres Bleiberecht gewährt bekommen. Zudem wollen wir mit unserem Signal ein klares Signal an die Täterinnen und Täter derartiger Angriffe senden, dass nämlich genau das Gegenteil dessen passiert, was sie eigentlich wollen, die Verunsicherung und Vertreibung der Menschen, die wir verhindern werden. Deswegen setzen wir jetzt hier auf eine gute, auf eine sachliche Debatte mit Menschen, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und auf eine Zustimmung natürlich auch für unseren Antrag. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen, sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuschauerinnen am Livestream! „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dieser erste Satz in Artikel 1 des Grundgesetzes ist Konsens aller demokratischen Fraktionen dieses Landtags. Wir alle wissen aber auch, dass es sowohl hier im Landtag als auch in der Gesellschaft Menschen und Kräfte gibt, die nicht die Würde aller Menschen, sondern nur die der Deutschen im Sinn haben, die nicht alle, sondern nur die Deutschen achten und schützen möchten. Und nicht nur dies. Diese Kräfte und Menschen setzen quasi auch alles daran, die deutsche Bevölkerung gegen Menschen nicht deutscher Herkunft oder Menschen mit Migrationshintergrund aufzuhetzen, zum Beispiel hier im Landtag durch parlamentarische Anfragen, die hinter in Jena Silvester feiernden Ausländerinnen kaum verhohlen Kriminelle vermuten, durch die Frage nach der ehemaligen Staatsangehörigkeit in der PKS auftauchender Tatverdächtiger, durch parlamentarische Anträge und Reden, die an allem Negativen Geflüchteten oder der menschenrechtsorientierten Flüchtlingspolitik der rotrot-grünen Landesregierung oder der angeblichen Grenzöffnung durch die Bundeskanzlerin die Schuld geben oder durch die Mär von der Volksvermischung – in Anführungsstrichen –, der angeblichen planvollen Verdrängung der deutschen Bevölkerung oder der unheilvoll verkündeten drohenden Gefahren für unsere Frauen und Kinder.
Wie diese flüchtlingsfeindliche, rassistische Hetze bei Teilen der deutschen Bevölkerung verfängt – und ich weiß, sie ist nicht der einzige Fakt, der Rassismus befördert, das Aufgreifen rassistisch motivierter Vorbehalte und das Umsetzen restriktiver Regelungen durch Politik und Verwaltung nach dem Motto „dem Volk aufs Maul schauen“ gehören auch dazu –, wie diese rassistische Polemik und Hetze verfängt, wie sie nicht nur bei organisierten und gewaltbereiten Nazis und Rassisten die Hemmschwelle sinken lässt, wurde mehr als deutlich, als zuletzt im Februar ezra, die mobile Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, die Zahlen rechts- und rassistisch motivierter Übergriffe für 2016 vorlegte. Nach 2015, in dem es noch 121 Fälle rechter und rassistischer Gewalt gab, von denen ezra erfuhr, 196 Menschen waren damals betroffen, sind es in 2016 über 160 Angriffe, Fälle, wegen denen ezra tätig wurde mit 277 Menschen, die davon betroffen waren. 2.545 Angriffe auf Geflüchtete und 988 auf Unterkünfte Geflüchteter hat es 2016 nach Angaben des Bundesministeriums des Innern bundesweit gegeben. Meine Genossin und Kollegin Katharina KönigPreuss hat nach der Veröffentlichung der ezra-Zahlen eine „Gesellschaft mit einer klaren Haltung und für ein solidarisches Miteinander“ gefordert, ebenso
einen verstärkten repressiven Druck auf die Täterinnen und Täter. Diesen Druck erhöhen wir mit dem geforderten Erlass für ein humanitäres Bleiberecht für Opfer rassistischer und rechter Gewalt, indem dieses nämlich den Aufenthalt der Opfer als Zeuginnen bis zum Abschluss des Verfahrens ermöglicht, damit die Ermittlungs- und Strafverfahren nicht an der fehlenden Zeuginnenaussage scheitern, damit nicht beispielsweise nach einem Geständnis von Täterinnen und Tätern die Opfer abgeschoben werden, die Täterinnen oder der Täter dann ihr Geständnis wieder zurückziehen und das Verfahren eingestellt werden muss. Ezra spricht in seiner Veröffentlichung der Straftaten von einem Anstieg um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Thüringer Innenministerium zählte einen Anstieg von 40 Prozent. Nicht zuletzt die oft ausbleibende Ahndung dieser Gewalttaten, dass sich die gewalttätigen Rassistinnen und Rassisten sicher und unbehelligt fühlen können und dann auch noch dieses Erfolgserlebnis haben, das Gefühl, erreicht zu haben, was sie wollten, sind Beweggründe für diesen Antrag und eines der Signale dieses Landtagsbeschlusses, das wir aussenden wollen. Formuliert ist das im Punkt I.3 unseres Antrags, ich zitiere: „Den Tätern und Täterinnen einer rechtsextrem motivierten und rassistischen Gewalttat an Geflüchteten zu verdeutlichen, dass den Opfern und deren Angehörigen Gerechtigkeit widerfährt und mit der Verfestigung des Aufenthalts aus humanitären Gründen das Gegenteil dessen erreicht wird, was die Täterinnen und Täter beabsichtigten.“ Das ist, was wir auch als klare Haltung im Sinne von Katharina König-Preuss‘ Aussage verstehen und auch als Auftrag aus dem Artikel 1 Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie [...] zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, allen Opfern einer Straftat ein humanitäres Bleiberecht zu verleihen, ist nicht nur falsch, es ist absurd, meine Damen und Herren.
(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie müssen sich wenigstens die Mühe machen, ordentlich zu reden!)
ich lese es doch gerade vor, Frau Berninger, Sie hatten gerade Gelegenheit, wir haben genügend Zeit, Sie können nachher noch einmal vorkommen, es ist keine Aktuelle Stunde, wir können ganz entspannt heute darüber reden – und deren Angehörigen soll auf der Grundlage des geltenden Aufenthaltsrechts zu einem humanitären Bleiberecht verholfen werden.
Nicht die zufällige Opfereigenschaft – Frau Berninger, das ist das Absurde –, so bedauerlich und so verurteilenswert jedes einzelne Ereignis auch ist, begründet den legalen Aufenthaltsstatus in diesem Land, sondern die Situation im Heimatland desjenigen, der diesen Aufenthaltsstatus hier begehrt.
Grundlage für die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz oder Schutz aus anderen Gründen ist die Situation des Einzelnen in seiner besonderen Fluchtsituation in seinem Heimatland, Verfolgung aus welchen Gründen auch immer und nicht der zufällige Opferstatus hier in Deutschland.
Denn dazu, meine Damen und Herren, für die Gewährung von Asyl oder anderem Schutzstatus braucht es diesen Antrag, den Sie hier vorgelegt haben, nicht. Wenn wir in die Nummer I.2 Ihres Antrags schauen: „Die Schaffung einer stabilen Aufenthaltssituation [...] ist gleichsam bedeutsam für die Durchführung eines rechtstaatlichen Strafverfahrens gegen die Täterinnen und Täter.“ Das klingt zunächst erst mal grundsätzlich logisch. Auf die Frage, ob es durch eine vollzogene Abschiebung in Thüringen jemals dazu gekommen ist, dass ein Strafverfahren gegen einen deutschen Staatsbürger nicht abgeschlossen werden konnte, antwortete der Justizminister unlängst – der Justizminister von den Grünen – mit einem ganz klaren Nein. Es gibt keinen einzigen Fall in Thüringen. Es sei denn, Sie belehren Ihren Minister eines Besseren in der Aussage, wo ein solches Verfahren aufgrund einer vollzogenen Abschiebung abgebrochen werden konnte oder die Täter nicht verurteilt wurden.
In Ihrem Punkt 2 fehlt es also an der notwendigen Grundlage, denn unsere geltende Rechtsordnung reicht ganz offensichtlich dafür aus, dass ein ord
Es bestehe ein öffentliches Interesse, den Tätern zu zeigen, dass es zum genauen Gegenteil führt, wenn sie Straftaten gegen Asylbewerber oder Flüchtlinge verüben. Nun, meine Damen und Herren, dieses öffentliche Interesse besteht nicht. Was ist das denn für ein Rechtsverständnis bei Ihnen? Es bestehe ein öffentliches Interesse daran, dass die Straftäter vor einem ordentlichen Gericht verurteilt werden. So müsste es da drin stehen.