Protokoll der Sitzung vom 31.05.2017

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit den heute hier vorliegenden Gesetzentwürfen zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes wurden wichtige Meilensteine im Bereich des Straßenausbaubeitragsrechts und darüber hinaus erreicht. Damit kann ein Verfahren erfolgreich abgeschlossen werden, welches im Frühjahr 2015 begonnen wurde. Ziel des von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes war neben der Stärkung der Entscheidungskompetenz der Gemeinden, der grundsätzlichen Erhöhung der Transparenz des Gesetzes sowie der Entlastung der Bürgerinnen und Bürger insbesondere die Begrenzung der rückwirkenden Erhebung von Straßenausbaubeiträgen. Dieses Änderungsgesetz bzw. die darin genannten Ziele sollten insbesondere durch Einführung einer Stichtagsregelung erreicht werden. Am 31. Januar 2017 – das wurde hier bereits mehrfach erwähnt – fand hierzu die öffentliche Anhörung im Innen- und Kommunalausschuss des Thüringer Landtags statt. Hier machten verschiedene Anzuhörende deutlich, dass das angestrebte Hauptziel, nämlich die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, durch eine solche Stichtagsregelung wohl nicht rechtssicher zu erreichen sei.

Im Ergebnis wurde empfohlen, statt Eingriffen in die Vergangenheit besser gezielte Erleichterungen für die Zukunft zu schaffen. Diesen Gedanken haben die Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit einem Änderungsantrag aufgegriffen. Dieser sieht vor, die Ausnahmeregelungen des § 7 Abs. 1 Satz 4 Thüringer Kommunalabgabengesetz, welche das Absehen von der Beitragserhebung vorsehen, zu ergänzen. Es soll den Gemeinden ab dem Jahr 2019 ein größerer Handlungsspielraum zur Verfügung gestellt werden, um im Rahmen ihrer Selbstverwaltungshoheit die Bürgerinnen und Bürger ihres Gemeindegebiets zu entlasten.

Darüber hinaus ist in dem Änderungsantrag eine weitere Entlastung vorgesehen: Die Zinsen im Thüringer Kommunalabgabengesetz sollen an das allgemeine Zinsniveau angepasst werden. Eine solche Harmonisierung der einzelnen Zinsregelungen stellt mit Blick auf das derzeitige historisch tiefe Zinsniveau eine Frage der Gerechtigkeit dar und führt im Ergebnis zu einer Entlastung, die sowohl den Gemeinden als auch den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommt.

Die Anhörung zu dem Änderungsantrag hat gezeigt, dass die Abkehr von der vorgeschlagenen Stichtagsregelung ganz überwiegend begrüßt wird. Die im Übrigen vorgetragenen Anregungen und Bedenken sprechen nicht gegen die Verabschiedung des Gesetzes in der Fassung des Änderungsantrags. Es hält insbesondere einer Abwägung zwischen den angestrebten Zielen sowie den Bedürfnissen der Praxis auf der einen Seite und den verfassungsrechtlichen Anforderungen auf der anderen Seite stand.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle noch etwas näher auf die bereits von Herrn Abgeordneten Kellner angesprochene Frage der Abgabengerechtigkeit einzugehen. Mit den vorgeschlagenen Änderungen betreten wir gerade kein Neuland. Wir bauen auf Regelungen auf, die sich seit 2011 im Thüringer Kommunalabgabengesetz finden und bislang nicht durch den Verfassungsgerichtshof beanstandet worden sind. Mit der Novelle im Jahr 2011 wurden im Gesetz Ausnahmetatbestände formuliert, welche den Gemeinden in Abhängigkeit von der Haushaltslage bereits ein Absehen von der Beitragserhebung bzw. die Erhöhung des Gemeindeanteils ermöglichten. Der Änderungsantrag greift in diesem Zusammenhang gemachte Erfahrungen aus der Praxis auf, um bezüglich der gesetzlichen Voraussetzungen Korrekturen vorzunehmen bzw. im Interesse der Bürgerinnen und Bürger weitere Erleichterungen zu schaffen. Insofern findet der Änderungsantrag der Fraktionen die volle Unterstützung der Landesregierung.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich nun zu dem zweiten Gesetzentwurf kommen. Ein weiteres zentrales Thema in unserem Freistaat ist der Tourismus. Dieser stellt in Thüringen einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar, dessen Bedeutung in den kommenden Jahren noch zunehmen wird.

Es gilt, insbesondere die Potenziale unserer Tourismusregionen in Zukunft noch stärker auszuschöpfen und einheitliche und hochwertige Qualitätsstandards zu erzielen. Wer den Tourismus in Thüringen stärken will, und die Landesregierung will das, der muss auch die Finanzierung der notwendigen Investitionen und die Maßnahmen zur Förderung des Tourismus im Blick haben. Deshalb ist es gut und

(Abg. Kuschel)

wichtig, dass die Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Gesetzesinitiative zu § 8 Thüringer Kommunalabgabengesetz den Handlungsspielraum der Kommunen erweitern. Zukünftig kann in sehr viel stärkerem Maße als bisher die kommunale Selbstverwaltung genutzt und vor Ort entschieden werden, ob die Erhebung eines Tourismusbeitrags im Einzelfall zum Vorteil der örtlichen Gemeinschaft ist oder eben nicht.

Das Gesetz sieht vor, dass alle Gemeinden und nicht nur wie bislang die Gemeinden, in denen die Zahl der Fremdenverkehrsübernachtungen im Jahr in der Regel das Siebenfache der Einwohnerzahl übersteigt, zur Deckung des gemeindlichen Aufwands für die Herstellung, Erweiterung, Erhaltung und Vermarktung der touristischen Zwecken dienenden Einrichtungen sowie die für diesen Zweck durchgeführten Veranstaltungen einen Tourismusbeitrag erheben können. Aus meiner Sicht ist es auch gerecht, wenn diejenigen, die vom Tourismus in besonderer Weise profitieren, zur Finanzierung der notwendigen Investitionen konkret einen Beitrag leisten, denn Initiative und Ideen der Tourismusbranche allein reichen in der Regel nicht aus. Es braucht eben auch entsprechende Mittel. Wie bisher bleibt es dabei, dass der Tourismusbeitrag nur von denjenigen erhoben werden kann, denen durch den Tourismus im Gemeindegebiet unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Ist dies nicht der Fall, kann auch zukünftig ein solcher Beitrag nicht erhoben werden. Um also Missverständnisse zu vermeiden: Es geht in dem Gesetz nicht um eine neue Abgabe, sondern darum, den Kreis der erhebungsberechtigten Kommunen zu erweitern und damit auch die kommunale Selbstverwaltung zu betonen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, insgesamt ist diese angemessene und ausgewogene Regelung also ein Baustein, um Thüringen als Tourismusregion noch attraktiver zu machen. Dazu trägt auch der zweite Bestandteil der Gesetzesänderung bei. Dort geht es um die ausdrückliche Klarstellung, dass Gemeinden, die ganz oder teilweise als Kurort oder Erholungsort staatlich anerkannt sind, die Möglichkeit haben, den Kurbeitrag dafür einzusetzen, um Kur- und Erholungsgästen die kostenlose Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu ermöglichen.

Zusammenfassend ist also festzustellen, dass dieser Gesetzentwurf den Tourismus in Thüringen unterstützt

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und damit zugleich nicht nur einen wichtigen Beitrag für eine gute wirtschaftliche Entwicklung in diesem Bereich darstellt, sondern letztlich auch die Lebensqualität in Thüringen steigern wird. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Damit schließe ich die Aussprache und wir kommen jetzt zu den Abstimmungen, zunächst zum Teil 2 a, also dem Teil „Straßenausbaubeiträge“ – nur noch mal zur Illustration.

Zunächst stimmen wir über die Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses in der Drucksache 6/3907 ab. Wer ist dafür? Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen und der Abgeordneten Gentele und Krumpe. Wer ist dagegen? Die Gegenstimmen kommen aus den Reihen der AfD-Fraktion und der CDU-Fraktion. Enthaltungen? Die kann ich nicht erkennen. Damit ist diese Beschlussempfehlung angenommen.

Nun stimmen wir über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 6/2990 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung der Beschlussempfehlung in Drucksache 6/3907 ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen sowie der Abgeordneten Gentele und Krumpe. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus den Reihen der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Enthaltungen? Die kann ich nicht erkennen. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

Und damit etwas Bewegung in den Saal kommt: Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Danke schön. Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen und der Abgeordneten Gentele und Krumpe. Die Gegenstimmen bitte. Die Gegenstimmen kommen aus den Reihen der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Enthaltungen? Die kann ich nicht erkennen. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen – das ist also der Teil 2 b „Tourismusbeitrag“ –, zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/4008. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der CDU-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen, der AfD und des Abgeordneten Krumpe. Enthaltungen bitte. Die Enthaltung kommt vom Abgeordneten Gentele. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunal

(Staatssekretär Götze)

ausschusses in der Drucksache 6/3924. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Enthaltungen? Kann ich nicht erkennen. Bei den Zustimmungen hatte ich die beiden fraktionslosen Abgeordneten Gentele und Krumpe vergessen. Das hole ich hiermit nach, da liegt Zustimmung vor. Damit ist diese Beschlussempfehlung angenommen.

Nun stimmen wir über den Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/3107 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung der Beschlussempfehlung in Drucksache 6/3924 ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen und der Abgeordneten Gentele und Krumpe. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus den Reihen der AfD-Fraktion und der CDUFraktion. Enthaltungen? Kann ich nicht erkennen. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

Wir dokumentieren das in der Schlussabstimmung: Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Das sind die Zustimmungen aus den Koalitionsfraktionen und der Abgeordneten Gentele und Krumpe. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus den Reihen der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Enthaltungen gibt es nicht. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt. Ich schließe die Sitzung für den heutigen Tag. Morgen um 9.00 Uhr beginnt pünktlich die Fortsetzung der Plenarsitzung.

(Beifall DIE LINKE)

Ende: 19.05 Uhr