Protokoll der Sitzung vom 02.06.2017

Ja, wer lesen kann, ist klar im Vorteil.

Also wir kommen dann jetzt noch mal zu den einzelnen Themen.

Also: Versprochen ist versprochen, und was wir als Koalition Rot-Rot-Grün versprochen haben, das setzen wir auch um. Und deswegen haben Sie als

Beispiel dafür jetzt die vorliegende Novelle des Kindertageseinrichtungsgesetzes auf dem Tisch liegen. Bereits im Wahlkampf 2014 haben wir versprochen, dass wir in dieser Legislaturperiode ein beitragsfreies Kita-Jahr als ersten Schritt – und ich wiederhole das noch mal, da werde ich auch nicht müde – zu einem komplett beitragsfreien Bildungssystem, von der Kindertageseinrichtung bis zur Hochschule, einführen werden.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Da müssen Sie sich aber ganz schön anstrengen!)

Ja, wir strengen uns schon an, vielleicht können Sie das in Ihrer Oppositionsrolle auch noch mal ein bisschen intensiver machen.

Wir haben Wort gehalten und zusammen mit unseren Koalitionspartnern realisieren wir zum 01.01.2018 das beitragsfreie Kita-Jahr. Unser Ziel als SPD ist es immer gewesen, dass diese Verbesserung möglichst vielen Thüringer Familien zugutekommt. Und auch in dieser Hinsicht haben wir gemeinsam als regierungstragende Fraktionen Wort gehalten: Die Beitragsfreiheit erstreckt sich auf das letzte Kita-Jahr vor dem Schuleintritt, also auf einen Zeitraum, in dem nahezu alle Kinder im Freistaat eine Kita besuchen.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Der war aber nicht versprochen!)

Darauf komme ich noch, nun regen Sie sich doch nicht gleich so auf, Sie haben ja die Diskussion schon mitgekriegt, wir haben doch dazu schon öfter was gesagt. Natürlich wissen auch wir, dass wir uns an...

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Versprochen ist versprochen!)

Ach, wir haben ein beitragsfreies Kita-Jahr versprochen und dieses beitragsfreie Kita-Jahr setzen wir um.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wir haben gesagt, es ist nicht das erste, sondern es ist das letzte, und wir haben das auch begründet, weil wir gesagt haben, es ist für uns eine familienpolitische Maßnahme und nicht in erster Linie eine pädagogische Maßnahme. Dass wir in der Frage Qualität und Bildungsbereich in der Kita noch das eine oder andere genauso intensiv mitbegleiten, das müssten Sie eigentlich mitbekommen haben, wenn Sie das eine oder andere Mal im Bildungsausschuss zuhören.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ab Januar kommen nämlich durch dieses Gesetz Eltern von rund 18.000 Kindern in den Genuss des beitragsfreien Kita-Besuchs und wir entlasten jede von der Neuregelung betroffene Familie um durch

schnittlich über 1.400 Euro im Jahr. Und ich finde, das kann sich schon sehen lassen, meine Damen und Herren. Jede dieser Familien hat damit monatlich im Durchschnitt rund 120 Euro mehr zur Verfügung. Und wer weiß, dass in jungen Familien oftmals notwendige Anschaffungen anfallen, die das vorhandene Monatsbudget ganz heftig durcheinanderbringen, dann kann man doch ermessen – so denke ich jedenfalls –, wie sehr dieser zusätzliche finanzielle Spielraum insbesondere jungen Eltern helfen wird.

Beim vorliegenden Gesetzentwurf – es ist auch schon bei der Einbringung durch die Staatssekretärin gesagt worden – geht es nicht allein um die Einführung eben dieses beitragsfreien Jahres, sondern einen weiteren Schwerpunkt setzt die Koalition bei der Arbeitsentlastung der Kindergartenleitungen. Ab kommendem Jahr erhalten große Kindertagesstätten bis zu einer halben Personalstelle mehr für Leitungsaufgaben. Und damit bekommen eben genau diese Leiterinnen von Einrichtungen mit mehr – Herr Tischner hat es gesagt – als 100 Kindern spürbar mehr Zeit für die konzeptionelle Weiterentwicklung ihrer Kita, für Elterngespräche und Familienbegleitung. Jede fünfte Kita in Thüringen wird diese Neuregelung in Anspruch nehmen können. Klar – Herr Tischner ist darauf eingegangen –, das klingt zunächst mal sehr überschaubar. Man muss allerdings wissen, dass im Freistaat knapp die Hälfte aller Kindergartenkinder eine große Einrichtung besucht. Mit unserer Neuregelung verbessern wir also auch den Alltag für eine große Zahl von Mädchen und Jungen sowie – nicht zu vergessen – deren Eltern und insbesondere natürlich der Erzieherinnen und Erzieher, insbesondere im Leitungsbereich. Beide Novellierungsschwerpunkte, das beitragsfreie Jahr und die verbesserte Personalausstattung von Einrichtungen mit mehr als 100 Kindern, führen zu Mehrkosten von etwa 32 Millionen Euro jährlich für dieses Land, zu denen wir uns, was die regierungstragenden Fraktionen angeht, eindeutig bekannt haben. Ich nenne dieses Finanzvolumen ganz bewusst für diejenigen, die immer noch mal so allgemein an diesem Gesetzentwurf rummäkeln und behaupten – wie Sie gesagt haben, Herr Tischner –, es sei kein besonders großer Wurf. Ich will damit deutlich machen, welche große Summe RotRot-Grün dauerhaft in die Hand nimmt, um Thüringer Familien spürbar zu entlasten und auch die Leiterinnen großer Kindertagesstätten in ihren Aufgaben stärker zu unterstützen. Also, das ist, denke ich mal, ein Ding, mit dem man auch deutlich in der Öffentlichkeit sagen kann, wie wichtig und wie wertig uns gerade dieser Bereich ist.

Wenn Sie dann immer noch – das ist bei Ihnen ja immer nicht so ganz klar, wo Sie eigentlich hinwollen, auf der einen Seite wollen Sie immer mehr, auf der anderen Seite sagen Sie aber immer, man muss auch immer die Rücklagen stärken und man

muss sparen und das ist alles ganz wichtig –, aber wenn Sie weitergehende Veränderungen an diesem Gesetz haben wollen, dann muss man auch darüber nachdenken, wie was finanziert wird oder an welcher Stelle man es sonst wegnimmt. Das sind eigentlich Sätze, die Sie sonst immer ganz gern sagen; jetzt sage ich es an dieser Stelle mal. Ich hoffe und wünsche, wenn dann Ihre Ideen im Bildungsausschuss intensiv diskutiert werden, dass Sie dann auch ganz klar sagen: Wir sind bereit, die Summe X dafür einzusetzen, und würden dann auch mal haushalterische Aspekte in diesem Landtag mit unterstützen.

Damit das jetzt nicht in der anderen Richtung oder bei den Besuchern falsch ankommt: Das, was ich eben zu den Finanzen gesagt habe, ist auf keinen Fall eine Absage an sinnvolle Nachbesserungen, was dieses Gesetz angeht. Die wollen wir auf jeden Fall alle gemeinsam in den parlamentarischen Beratungen noch erreichen. Es ist lediglich eine Absage an populistische Versprechungen. Das kann jeder machen und sagen, wir kriegen ja alles auf die Reihe. Das aber ist keine ehrliche Diskussion. Punktuelle Veränderungen des Entwurfs, das kann ich mir dagegen sehr gut vorstellen, wenn sie zu einer weiteren Verbesserung der Betreuungssituation in den Kindertagesstätten und zu einem Plus an frühkindlicher Bildung führen. Das sage ich Ihnen an dieser Stelle noch mal ganz deutlich, Herr Tischner: Ein beitragsfreies Kindergartenjahr oder die Beitragsfreiheit im Kindergarten und eine hervorragende Qualität in den Einrichtungen, das sind Dinge, die schließen sich nicht aus, die ergänzen sich, weil wir beides wollen.

In der Diskussion innerhalb der Koalitionsfraktionen sind also zwei Punkte, die wir beraten. Zum einen geht es darum, im Kindergartenbereich mehr multiprofessionelle Teams zu ermöglichen. Neben den angestammten Erzieherinnen gehören beispielsweise auch Sozialpädagogen, Logopäden oder Physiotherapeuten dazu, um dort arbeiten zu können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau das ist für uns ein wesentlicher Punkt und hat sehr viel mit Qualität zu tun. Das ist sicherlich ein sinnvoller Ansatz, um mehr Inklusion bei der frühkindlichen Bildung zu erlangen. Zu dem Thema „Inklusion“ ist gestern in der Regierungserklärung sehr viel von Minister Hoff deutlich angesprochen worden. Allerdings, denke ich, kann man in dieser Diskussion auch noch mal darüber reden, ob wir Multiprofessionalität in allen Bereichen benötigen oder möglicherweise in unterschiedlichen Ausprägungen und mit variablem Umfang an ganz bestimmten Einrichtungsstandorten. Diese Diskussion, glaube ich, können wir dann im Fachausschuss führen.

Ein weiterer Diskussionspunkt – das muss man ehrlich sagen – ist natürlich auch immer wieder die Frage, ob wir den Personalschlüssel zum Beispiel für das Altersspektrum der Drei- bis Vierjährigen von gegenwärtig 1 zu 16 weiter verbessern sollten. In der Fachdebatte wird ja auch immer darüber diskutiert, dass es vernünftiger wäre, eine Betreuungsrelation von 1 zu 12 als die bessere Variante zu betrachten. Allerdings – auch das muss man dann so ehrlich sagen – würde eine solche Veränderung innerhalb des Gesetzes nach Berechnungen des Bildungsministeriums noch mal weitere fast 32 Millionen Euro kosten. Diskutieren kann man über alles, aber man muss natürlich dann auch ehrlicherweise die Zahlen auf den Tisch legen, denn wir haben auch noch weitere Schwerpunkte im sozialen Bereich, im Umweltbereich, im Gesundheitsbereich an vielen Punkten, wo man dann auch ganz ehrlich und offen die Hand heben muss und den Leuten auch ein zweites Mal wieder ins Auge gucken muss – nicht nur vorher bei der Versprechung, sondern auch hinterher bei der Umsetzung.

Ich bin, wie gesagt, nicht sicher, ob wir diese Größenordnung und dann eine auch auf Dauer angelegte zusätzliche finanzielle Belastung in der Koalition so schultern können, denn wir alle wissen ganz genau, wie schwierig es ist, um finanzpolitische Schwerpunkte zu diskutieren und sie letztendlich auch umzusetzen. Davon können Sozial- und Bildungspolitiker sicherlich ein Lied singen. Immerhin wäre damit dann auch ganz deutlich noch mal eine Verdoppelung der Mehrausgaben für diesen Bereich verbunden. Vielleicht sollten wir – und ich erhoffe mir diese intensive Diskussion auch im Bildungsausschuss – zunächst auch noch mal darüber diskutieren, dass wir eine Verbesserung des Personalschlüssels für die Drei- bis Vierjährigen von derzeit 1 zu 16 auf bis 1 zu 14 umsetzen können. Ich glaube, das wäre eine Variante, über die wir sehr wohl miteinander diskutieren können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also lassen Sie mich noch mal kurz zusammenfassen. Ich freue mich sehr, dass wir heute dieses Gesetz hier einbringen. Ich glaube, es ist ganz deutlich geworden, dass das, was Rot-Rot-Grün angekündigt hat, auch mit dieser Einbringung heute umgesetzt wird. Der vorliegende Entwurf zur Novellierung des Kita-Gesetzes nimmt zwei familien- und bildungspolitische Weichenstellungen vor. Er ermöglicht die Einführung eines beitragsfreien Jahres ab 01.01.2018, der die Eltern von rund 18.000 Kindern finanziell spürbar entlastet. Und es geht um die personelle Ausstattung, für die Hälfte aller Thüringer Kinder den Bereich der Einrichtungsleiterinnen besser bei der Aufgabenwahrnehmung zu unterstützen. Dafür stellt die Regierungskoalition dauerhaft 32 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Aber ich sage Ihnen auch: Kein Gesetzentwurf ist

so gut, dass er nicht noch nachgebessert werden kann. In dem Falle hoffe und wünsche ich, dass die Diskussion im Bildungsausschuss und die damit verbundenen Anhörungen zu dieser Gesetzesvorlage noch weitere Verbesserungen mit sich bringen, die wir auch finanziell schultern können. Ich hoffe auf und wünsche mir eine breite, eine intensive Diskussion im Interesse unserer Kinder, der Erzieherinnen und Erzieher und natürlich der Eltern. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Muhsal, Fraktion der AfD, das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Pelke, ich muss sagen, ich bin doch etwas erstaunt darüber. Eigentlich müsste die Debatte heute für Sie ein freudiges Ereignis sein.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Ja!)

Ich bin echt erstaunt, dass Sie so eine aggressive Grundstimmung hier verbreiten.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das habe ich nur bei Ihnen bei bestimmten Zwischenfra- gen, sonst nicht!)

Ihre Einlassungen zum Thema „Bildung“ möchte ich vielleicht gerade noch mal kommentieren, weil Sie permanent den gleichen Fehler machen und immer irgendwie Kindertageseinrichtungen per se mit Bildung gleichsetzen. Ich finde, das greift zu kurz. Das sieht man auch an Ihrem Gesetzentwurf, denn gerade bei kleinen Kindern hat Betreuung doch vor allem mit Bindung zu tun.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist ein Mythos!)

Ein Mythos? Sie überraschen mich immer wieder, Frau Henfling, unglaublich.

Die Koalitionsfraktionen – das wurde hier auch schon gesagt – und nach der Wahl auch die Regierung haben eigentlich mit nichts mehr Werbung oder mehr Wind gemacht als mit der Einführung eines angeblich kostenfreien Kita-Jahres. Seit 2014 wird diese Platte rauf und runter gespielt – passiert ist bislang, obwohl das schon einige Zeit her ist, nichts. Obwohl, wie wir ja auch schon in der Aktuellen Stunde im letzten Plenum aufgezeigt haben, das Geld für das angeblich kostenfreie Kita-Jahr dank, nicht nur dank, aber dank des Haushaltsüberschusses in Höhe von 570 Millionen Euro im letzten

(Abg. Pelke)

Jahr schon längst da ist und auch schon vorher da gewesen wäre.

Frau Staatssekretärin Ohler hat vorhin freudig gesagt, es werde ein zentrales Wahlversprechen eingelöst. Frau Pelke sagt: Versprochen ist versprochen. Ich darf Sie noch mal daran erinnern, dass Sie in der Tat versprochen haben, das erste KitaJahr beitragsfrei zu stellen, was Sie jetzt aber aus Kostengründen angeblich nicht tun. Die Koalitionsfraktionen möchten Wind machen, die Regierung möchte sozial gerecht wirken, obwohl sie doch eigentlich das Gegenteil von sozial gerecht sind. Denjenigen Bürgern, die berechtigterweise auf eine Entlastung der Eltern bei den Kinderbetreuungskosten hoffen, möchte ich gleich zu Beginn meiner Rede sagen, dass dieses Vorhaben – nämlich die Eltern zu entlasten – mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht erreicht wird.

(Beifall AfD)

Die Regierung schreibt zwar in ihrem Gesetzentwurf, dass das letzte Kita-Jahr sogenannt beitragsfrei zu stellen ist, aber es wird keine Sorge dafür getragen, dass dieses Jahr dann auch tatsächlich finanziert ist und die Kommunen dann nicht einfach die Kosten des letzten Kita-Jahres durch Beitragserhöhungen in den anderen Kita-Jahren auf diese Jahre abwälzen. Nach diesem Konzept ist die Gefahr dann also groß, dass die Eltern zwar formal ein Jahr lang ihr Kind beitragsfrei in den Kindergarten schicken können, aber die Kosten in den anderen Jahren dann mitbezahlen müssen und damit in keiner Weise entlastet werden. Dieses Problem könnte man lösen, wenn man denn wollte, indem man nicht ein zwar formal, aber tatsächlich gar nicht kostenfreies Kita-Jahr einführt, aber dafür das von der AfD vorgeschlagene Familiengeld.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Genau!)

(Beifall AfD)

Nach unserem Konzept wird das Familiengeld an alle Eltern ausgezahlt, und zwar in der Höhe, wie Kosten für den Krippen- oder Kita-Platz entstehen. Das hat drei Vorteile: Zum einen, dass alle Kindergartenjahre – vom ersten bis zum letzten – für die Eltern kostenfrei sind, sofern sie sich dafür entscheiden, das Familiengeld für eine solche Betreuung auszugeben. Frau Ohler, wenn ich höre, Bildung soll Ihrer Meinung nach kostenfrei sein, dann frage ich mich doch, warum Sie unser Konzept nicht vertreten. Zum Zweiten hat das den Vorteil, dass die Qualität der Betreuung in den Kindertagesstätten erhalten bleibt, denn wenn die Eltern das Familiengeld an die Kindertagesstätte weitergeben, den Kindergarten selbst bezahlen, dann können Sie auch eine Leistung einfordern und stehen nicht als Bittsteller vor den Einrichtungen, wie es bei dem sogenannten kostenfreien Kita-Jahr der Fall wäre. Drittens hat das Familiengeld auch den

Vorteil, dass der Betrag direkt für eine Einrichtung vorgesehen ist und dadurch nicht in den Kommunen oder vom Land weggespart werden kann. Das Familiengeld ist für Eltern, Kinder, Kindertageseinrichtungen und Kommunen die beste Lösung und nicht Ihr tatsächlich gar nicht beitragsfreies KitaJahr.

(Beifall AfD)

Einen weiteren Vorteil hat das Familiengeld und den will ich Ihnen auch gleich nennen, weil dieser Aspekt ebenfalls in dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf viel zu kurz kommt. Das ist der Vorteil der Flexibilität. Mit dem Familiengeld können Sie nicht nur selbst entscheiden, welcher Kindertagesstätte konkret Sie Ihren Geldbetrag geben wollen, wer davon profitieren soll. Sie können das Familiengeld auch für alternative Betreuungsformen einsetzen, was insbesondere für Studenten, für Selbstständige beispielsweise, allgemein für Arbeitnehmer, die entweder freier in ihrer Arbeitszeitgestaltung sind oder die auch mal abends oder nachts arbeiten müssen, wie Schichtarbeiter, ein Vorteil ist. Damit rücken nicht nur familiäre Betreuungsformen wie durch die Großeltern in den Fokus, sondern auch die Tagesmütter, die kleinere Gruppen betreuen, also in einem familiennäheren Umfeld, als das in den Kindertagesstätten der Fall ist.

Eine Stärkung der Kindertagespflege hat der Gesetzentwurf leider nicht im Blick, im Gegenteil. In der heute geltenden Fassung des Kita-Gesetzes ist die Möglichkeit, Tagesmütter zu nutzen, zwar anders als jetzt im Regelfall auf zwei Jahre festgeschrieben, aber nicht zeitlich begrenzt. Das heißt, Sie können Ihr Kind auch, bis es drei Jahre oder noch älter ist, bei einer Tagesmutter betreuen lassen, wenn Sie das denn wünschen. Diese Möglichkeit und die damit einhergehende Flexibilität, was auch den Zeitpunkt des Wechsels in eine Kindertagesstätte angeht, den gibt es nach Ihrem neuen Gesetzentwurf nicht mehr. Dort ist eindeutig festgeschrieben, dass eine Betreuung bei einer Tagesmutter über das dritte Lebensjahr hinaus nur für wenige Einzelfälle möglich sein soll. Und diese Einzelfälle müssen separat begründet werden und es ist auch nur zusätzlich zu der Kita außerhalb der Öffnungszeiten möglich. Das heißt, es wird extrem begrenzt. Wenn Sie also Ihr Kind grundsätzlich vielleicht mit drei Jahren in den Kindergarten wechseln lassen wollen, der Kita-Platz aber erst verfügbar ist, wenn Ihr Kind drei Jahre und zwei Monate alt ist, dann haben Sie nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung eigentlich nur eins – nämlich Pech.