Nun zu unserem Antrag: „Nur wo du zu Fuß warst, bis du auch wirklich gewesen.“ Mit diesem Zitat von Goethe habe ich im Januar vor einem Jahr meine Rede hier zum Thema „Masterplan Wanderwegenetz“ begonnen und es passt ebenso zum Deutschen Wandertag in Eisenach, auf den wir uns im Juli freuen dürfen. Zunächst danke an Staatssekretär Georg Maier für den Bericht zur Vorstellung und Umsetzung der Touristischen Wanderwegekonzeption Thüringen. Nach erstem Studium denke ich, es ist eine gute Konzeption geworden. Wir wissen, das Thema „Wandern“ ist ein bedeutender Markt für den Tourismus für Thüringen und 23 Prozent – also fast ein Viertel – beträgt der Anteil des Wandertourismus am wirtschaftlichen Fakt des Tourismus in Thüringen. In der rot-rot-grünen Koalition haben wir uns zum Ziel gesetzt, den Wandertourismus in Thüringen weiter zu stärken. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Vorhabens ist die jetzt vorgelegte Wanderwegekonzeption 2025. Marktstudien bestätigen außerdem, wandern liegt im Trend. Nahezu jeder zweite Deutsche wandert zumindest gelegentlich und die Zahl derer, die sich für das Wandern begeistern, steigt seit Jahren stetig an. Das Besondere dabei ist, dass Wandern nicht nur beliebter wird, sondern Wandern wird auch immer beliebter bei jungen Menschen.
Zum Erhalt dieser wirtschaftlichen Bedeutung für den Thüringer Tourismus muss sich das Wandern jedoch auf leistungsfähige Produkte mit hoher Qualität und auf ein dauerhaft gepflegtes, koordiniertes touristisches Wegenetz mit klaren Zuständigkeiten
besinnen. Eine Konzentration auf Wanderprodukte als landesweite Leitwege und eine generelle Priorisierung der Wanderwege kann ein Schritt in diese Richtung sein. Dabei stehen insbesondere der Lutherweg und der Rennsteig an oberster Stelle. Die Wanderer werden zunehmend anspruchsvoller, es wird mehr auf Qualität als auf Quantität gesetzt. Wer Urlaub macht, möchte nicht nur einfach verreisen, sondern er möchte etwas geboten bekommen, er möchte begeistert werden. Diese Begeisterung nimmt man mit nach Hause und macht so Werbung für Thüringen. Wandertouristen erwarten daher auch gepflegte und gekennzeichnete Wanderrouten mit attraktiven Wanderzielen, entsprechender Infrastruktur und gute geöffnete Gastronomie, eine herzliche Einkehr entlang der Wanderwege. Wanderrouten, die diesen Ansprüchen nicht genügen, werden sich in touristischer Hinsicht langfristig nicht durchsetzen können. Die Qualität der Wanderwege muss künftig die Nutzer überzeugen und ein nachhaltiges Wegemanagement ist dafür dringend notwendig geboten.
Es wird sicherlich einigen Wanderfreunden oder ortsansässigen Wandervereinen nicht unbedingt gefallen, aber die finanziellen Mittel werden die Pflege aller vorhandenen Wanderwege nicht zulassen; es wird nachher eine Ausdünnung oder eine Konzentration des Wegenetzes geben müssen. Gerade zur Wegemanagementstruktur hat das Ministerium viele Veranstaltungen durchgeführt, Akteure befragt und an einen Tisch geholt und besonders hier auch ThüringenForst eingebunden. Die Einbindung von ThüringenForst gewährleistet die Bündelung von Unterhaltung, Instandsetzung, Wegebau und Wegepflege aus einer Hand, wenn die Kompetenzen örtlicher Ehrenamtlicher etwa bei Wegemarkierung oder Wanderführungen eingebunden werden.
Die hervorragende und enorme ehrenamtliche Leistung der fachkompetenten Wegewarte der Gebirgsund Wandervereine in Thüringen möchte ich an dieser Stelle einmal ausdrücklich erwähnen. Danke dafür!
Wie überall, wo gesellschaftliches Engagement gebraucht wird, gilt auch beim Wandern unser Dank allen Ehrenamtlichen und hier – stellvertretend für alle Ehrenamtlichen – der Präsidentin der Thüringer Wandervereine, auch wenn sie heute terminlich verhindert ist, Christine Lieberknecht.
Natürlich geht heute auch beim Wandern nichts ohne Digitalisierung und ohne eine Koordinierung der Umsetzung dieses Konzepts. Beides wird durch die Thüringer Tourismus GmbH maßgeblich begleitet.
Ein landesweit anwendbares digitales Wegemanagement soll die landesweiten touristischen Angebote verknüpfen und durch kontinuierliche Datenpflege die nachhaltige Qualitätssicherung der touristischen Wanderwegeinfrastruktur und Vermarktung voranbringen. Die TTG mit der landesweiten Koordinierungsstelle wird dabei alle datenpflegenden Partner, wie beispielsweise die Regionen, Wegewarte, Landkreise und Vereine usw., unter einen Hut bringen. Weiterhin ist ein gut ausgebauter öffentlicher Personennahverkehr für den Wandertourismus unabdingbar. Dies gilt beispielsweise für den Transfer von der Unterkunft zur Wanderroute oder umgekehrt. Zum gut ausgebauten ÖPNV gehört auch die Anbindung des regionalen öffentlichen Personennahverkehrs an den Fernverkehr.
Auch für die Barrierefreiheit kann ein gut ausgebauter ÖPNV Partner sein und generell ist der Ausbau oder die Verbesserung von Barrierefreiheit ein weiterer Baustein zur Stärkung des Wandertourismus
und des Tourismus allgemein. Der Deutsche Wandertag in Eisenach steht vor der Tür und dieses Zugpferd zum Thema „Wandern“ darf nicht unterschätzt werden. Lassen Sie mich namens meiner Fraktion einen Gruß an die Initiatoren des 117. Deutschen Wandertages übermitteln. Durch dieses Großereignis wird Eisenach im Juli für eine Woche zur Wanderhauptstadt und Thüringen zum Ziel von Wanderfreunden aus ganz Deutschland. Wer sich einmal das Programm angeschaut hat, auf das sich die Wanderfreunde freuen dürfen, der kann den Organisatoren nur großen Respekt zollen für dieses vielfältige und hochwertige Angebotsspektrum, das für Wanderer keine Wünsche mehr offen lässt.
Doch wie schaffen wir es, die Wanderfreunde über dieses Ereignis hinaus an Thüringen zu binden? Die Touristische Wanderwegekonzeption gibt erste Antworten: Top-Wanderattraktionen definieren, das Wegenetz überarbeiten, Leitbilder für das Wandern in Thüringen entwickeln, Qualität vor Quantität, Digitalisierung und kontinuierliches Umsetzungsmanagement. So wird es uns gelingen, Thüringen zum Thema „Wandern und Tourismus“ weiter voranzubringen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Gäste, werte Kolleginnen und Kollegen, die Wanderbegeisterten in Thüringen wissen es längst, die positive und nachhaltige Entwicklung des Tourismus in Thüringen wird in dieser Koalition großgeschrieben.
Ich danke daher noch einmal ausdrücklich Herrn Staatssekretär Maier für den Sofortbericht, der ganz klar herausstellt, wie wir uns als Tourismusziel positionieren müssen, und vor allem, wo wir die Entwicklungspotenziale haben. Dieses Entwicklungspotenzial liegt im Wandertourismus und Wandertourismus ist ein nachhaltiger und ökologischer Tourismus, denn er lebt von einer intakten Natur. Die Weiterentwicklung des Wandertourismus ist deshalb auch eine Maßnahme, mit der wir uns, Bündnis 90/Die Grünen, zu hundert Prozent identifizieren können und wollen.
Denn, meine Damen und Herren, Umwelt ist nicht alles, aber ohne Umwelt ist alles nichts. Darum werben wir, Bündnis 90/Die Grünen, hier noch einmal ausdrücklich für eine Priorisierung des Wandertourismus in Thüringen unter der Maßgabe: Qualität vor Quantität. Damit können wir die Verbundenheit zur Natur und damit auch letztlich die Umweltbildung und den Naturschutz weiter stärken.
Sehr geehrte Damen und Herren, kommen wir nun zu einer kritischen Bestandsaufnahme der Situation, wie wir sie vorgefunden haben, denn Lobhudelei hilft uns an dieser Stelle nichts. Um die Qualitätssteigerung bewirken zu können, müssen wir uns dieser Kritik stellen. Es gibt beispielsweise nur 85 Qualitätsgastgeber in Thüringen. Entlang wichtiger Wanderrouten sind erhebliche Lücken in Bezug auf Unterkunft und Gastronomie feststellbar. Das vorhandene gastronomische Angebot weist Mängel bei Öffnungszeiten, Qualität und Zielgruppenausrichtung aus. Die ÖPNV-Anbindung ist in einigen Regionen besonders am Wochenende oder an Feiertagen schwach oder fehlt gar ganz. Barrierefreie Angebote für Familien oder Menschen mit Behinderungen sind teilweise nicht vorhanden.
Das sind alles seit Langem bekannte Mängel, durch die das Potenzial beim Wandertourismus nicht voll ausgeschöpft werden kann. Leider haben wir es bisher nicht geschafft, hier Abhilfe zu schaffen, obwohl bereits in der Landestourismuskonzeption 2011 bis 2015 das Thema „Wandern“ an erster Stelle stand. Konzeptionen klingen auf dem Papier schön, aber sie müssen durch Taten und konkrete Maßnahmen auch umgesetzt werden. Da heißt es anpacken und die rot-rot-grüne Koalition packt an und bringt damit dem Tourismus und insbesondere dem Wandertourismus die Wertschätzung entge
gen, den er verdient. Denn die Konkurrenz schläft nicht und andere Regionen haben bereits vor Jahren erkannt, wie sie Touristen zu sich locken und – was noch viel wichtiger ist – wie sie diese Touristen dazu bringen wiederzukommen.
Da gibt es nun ein Kriterium, was überzeugt, und dieses einzige Kriterium ist tatsächlich Qualität und Gastfreundschaft. Es ist wunderbar, wenn die Thüringer im Freistaat gern wandern. Aber warum schaffen wir es nicht, die wanderbegeisterten Holländer, Skandinavier oder Rheinländer – oder woher sie auch immer kommen – nach Thüringen zu locken? Hier müssen wir ansetzen und ohne Scheuklappen Probleme benennen, denn nur dann können wir besser werden.
Die Chancen, die wir mit einer Förderung des Wandertourismus und mit einem umfassenden Wanderkonzept haben, sind logisch und nachvollziehbar. Es gibt eine verstärkte Nachfrage des Winterwanderns und die Anforderungen an die Wegstrecken haben sich geändert, als Stichwort beispielsweise „Rundwanderwege“. Wir können die anderen starken Themen Thüringens wie Kultur, aber auch Kulinarik mit dem Wandern kombinieren und vermarkten. Wir sprechen neue Zielgruppen im Zusammenhang mit dem Fahrtziel Natur an. Wir stärken Regionen, die es aufgrund ihrer Lage schwer haben, andere Wirtschaftszweige anzulocken.
Meine Damen und Herren, wie erreichen wir eine solche Qualitätsverbesserung und wie schaffen wir es, eine emotionale Bindung der Touristen für das Wanderland Thüringen herzustellen? Das ist die Frage, der wir uns nun stellen müssen, und das ist die Frage, die durch ein Wanderwegekonzept auch beantwortet wird.
Es ist daher richtig, zunächst Leuchtturmprojekte zu schaffen, die im internationalen Tourismusmarkt konkurrenzfähig sind. Man kann sie auch als sogenannte Sehnsuchtsorte definieren und hier fest verankern. Wir brauchen neben diesen Topangeboten weiterhin überzeugende Wanderangebote für die zahlreichen Gelegenheitswanderer in Thüringen, die im Rahmen eines Urlaubs auch mal eine Halbtagestour in Angriff nehmen möchten, aber nicht zu den Powerusern im Bereich Wandern gelten. Ich glaube, mich selber möchte ich auch dazu zählen. Mein Kollege Rainer Wernicke hat sich auch geoutet, wir gehen hin und wieder gern mal wandern, aber nicht wochenlang Tag für Tag hintereinander weg.
Thüringen muss als Reisegebiet in Verbindung mit dem Wandertourismus jedem sofort präsent sein. Dieses Ziel schaffen wir durch eine Stärkung der Bekanntheit in Verbindung mit einem positiven Image des Freistaats. Doch das kann nur der erste Schritt sein. Es ist deshalb richtig, ein Maßnahmenpaket zu erarbeiten und darin das touristische Wanderwegenetz auf den Prüfstand zu stellen und zu kategorisieren und in diesem Zusammenhang auch die Zuständigkeiten für die Instandhaltung der Infrastruktur, des Wegemanagements und die Vermarktung vor Ort neu zu organisieren.
In diesem Kontext finde ich es besonders erwähnenswert, dass ThüringenForst hier eine zentrale Rolle einnehmen soll und das Konzept „Forsten und Tourismus“, speziell das Wanderwegenetz, eine Aktualisierung erfährt, die schon länger überfällig ist.
Erlauben Sie mir noch einige kurze Bemerkungen zu dem Alternativantrag der AfD. Herr Rudy – vielleicht wacht er auch auf und hört zu, das wäre schön –, es ist bemerkenswert, dass Sie fordern, dass ausländische Besucher nach Thüringen gelockt werden sollen, wo Sie hier doch sonst Ausländern gegenüber nicht viel mehr übrig haben als zu hetzen.
Haben Sie eigentlich keine Angst davor, dass es möglicherweise dann im Gaststättengewerbe schweinefleischfreie Gerichte geben wird, vielleicht vegan oder sonst etwas?!
Im Falle Ihres Antrags wäre es besser gewesen, Sie hätten sich das Papier gespart: Es enthält aber nun auch gar nichts substanziell Neues, was wir nicht bereits erkannt haben und durch die Landesregierung angepackt wird. Lassen Sie sich doch einmal neue Argumente abseits Ihres wiederholenden, permanenten Gejammers über überbordende Bürokratie einfallen. Es ist schlicht und ergreifend ermüdend, sich dieses in jedem Plenum mehrfach anzuhören und sich damit auseinanderzusetzen.