Protokoll der Sitzung vom 25.03.2015

Frau Ministerin Keller, darf ich Sie bitten, zukünftig die Qualität der Antworten der Landesregierung persönlich zu überprüfen? Sie bescheinigen dem Freistaat Thüringen damit null Kompetenz im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung.

(Beifall AfD)

Sie kennen alle den Absatz 8 der Präambel der INSPIRE-Richtlinie und wissen deshalb auch, dass die INSPIRE-Richtlinie die Public-Sector-Information-Richtlinie, welche durch das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz umgesetzt worden ist, ergänzt. Insofern stellt sich nicht die Frage und auch nicht nach dem Umweltinformationsgesetz, ob Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft an Umweltdaten teilhaben sollen. Es stellt sich vielmehr die Frage, wie wir durch geeignete Lizenzen die Teilhabe von Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft stärken können.

Sehr geehrte Kollegen, wir brauchen diese Teilhabe in unserer Gesellschaft und ich streite hier auch für Transparenz in der Verwaltung und gegenüber der Öffentlichkeit. Aber auch in diesem Punkt herrscht Uneinigkeit im Ministerium von Frau Ministerin Keller. In der Drucksache 6/67 positionierte sich die Landesregierung ganz konkret, nämlich in dem Sinne, dass ein öffentliches Interesse an der Bereitstellung von Geodaten bestünde. Öffentliches Interesse heißt, dass außerbehördliche Organisationen oder natürliche Personen an Umweltdaten

partizipieren sollen oder können. Das verpflichtet, für genau diese Nutzergruppen Lizenzen zu entwickeln, damit die Daten überhaupt rechtssicher nachgenutzt werden können. Knapp acht Wochen später ruderte das Ministerium zurück, indem es in der Drucksache 6/310 antwortete, die Herbeiführung von Lizenz- und Nutzungsbestimmungen für außerbehördliche Organisationen oder natürliche Personen sei nicht Regelungstatbestand des Thüringer GDIG. Diese Auffassung verstößt gegen das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz und konterkariert natürlich die Zielbestimmung der INSPIRERichtlinie. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass die Kleinen Anfragen von unterschiedlichen Bearbeitern beantwortet wurden. Frau Ministerin Keller, ich darf an dieser Stelle wirklich empfehlen, zuerst Einigkeit unter den Spezialisten Ihrer Behörde herzustellen und erst danach darüber zu entscheiden, ob Sie einem Gesetzentwurf zustimmen oder ihn ablehnen. Alles andere ist auch nicht im Sinne der Bürger.

(Beifall AfD)

Zu Punkt 4: Wer eine rechtliche Interoperabilität fordert, der muss auch konstruktive Vorschläge bereithalten. Wenn man bedenkt, dass das Thüringer Geodateninfrastrukturgesetz insgesamt 34 relevante Umweltthemen aufführt und dem Vorschlag der GIW-Kommission folgt, dann kommen fünf unterschiedliche Nutzungs- und Lizenzbedingungen für Umweltdaten dazu. Das heißt, die Kommunen müssen bis zu 170 unterschiedliche Kostenmodelle erarbeiten und mit potenziellen Datennutzern individuell darüber verhandeln. Ich will mich hier nicht länger mit unschönen Rechenbeispielen aufhalten, sondern ich will im Sinne eines konstruktiven Dialogs heute hier im Plenum auf Einsparpotenziale verweisen. Der Nationale Normenkontrollrat bestätigt in der Bundesdrucksache 17/9686 enorme Einsparpotenziale für den Fall, dass die betroffenen Umweltdaten für alle zukünftigen kommerziellen und nichtkommerziellen Zwecke geldleistungsfrei zur Verfügung gestellt werden. Genau das ist unser Vorschlag und dabei orientieren wir uns an dem Geodatenzugangsgesetz des Bundes sowie an den Lizenzbestimmungen von Berlin und Hamburg, also sie sind vorwärtsgewandt und nicht rückwärtsgewandt.

(Beifall AfD)

Diejenigen unter Ihnen, die immer noch Zweifel daran haben, ob sie das Gesetz geändert haben wollen oder nicht, die mögen bitte einbeziehen, am 09.01.2015 informierte die Landesregierung den Landtag, dass ein EU-Pilotverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland angestrengt worden ist. In diesem Pilotverfahren ist auch das Thüringer GDIG kritisiert worden. Aus meiner Sicht kann das Thüringen besser. Vor diesem Hintergrund halte ich es für selbstverständlich, dass wir in den zuständi

gen Ausschüssen darüber sprechen. Und denjenigen unter Ihnen, die meinen, dass wir mit unserem Gesetzentwurf unserer Open-Data-Forderung widersprechen, sei gesagt, dass sich das Thüringer GDIG nicht zu einem allgemeinen Transparenzgesetz verbiegen lässt und dass eine Open-Data-Forderung mitnichten verlangt, kostenintensive Datentransformation in das europäische harmonisierte Datenmodell durchzuführen.

Die AfD-Fraktion wünscht eine Beratung des Entwurfs im Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten. Daher beantrage ich hiermit die Überweisung des Gesetzentwurfs an diesen Ausschuss als federführenden Ausschuss und ferner an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz.

Liebe Kollegen, wer für EU-rechtskonformes Handeln dieser Landesregierung steht, wer einen Beitrag zur Landwirtschaft, zur Umwelt und zum Katastrophenschutz leisten möchte, wer die reibungslose Behördenarbeit fördern will, wer glaubhaft unsere Kommunen entlasten will, der stimmt diesem Gesetzentwurf zu. Herzlichen Dank.

(Beifall AfD)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Frau Ministerin Keller, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Abgeordneter Krumpe, ich weiß nicht, wo Sie all die Weisheiten und die Rechenvielfalten herhaben, ich möchte Ihnen aber erläutern, wie wir zur Ablehnung des Gesetzes gekommen sind.

(Zwischenruf Abg. Krumpe, AfD: Ich habe in der Verwaltung gearbeitet!)

Das weiß ich.

Sie haben einen Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes vorgelegt, der unter anderem folgende Ziele verfolgt: die Freizügigkeit der öffentlichen Geoinformationen und Bereitstellung als Open Data, Entlastung der Kommunen und der unteren Verwaltungsebene sowie Festlegung einheitlicher Lizenzbedingungen für öffentliche Geoinformationen. Diese Ziele verfolgt die Landesregierung in gleichem Maße, hält allerdings eine Änderung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes zumindest mit den jetzt vorgeschlagenen Inhalten nicht für erforderlich. Neben inhaltlichen Widersprüchen werden die eben genannten Ziele des Änderungsvorhabens nicht in allen Punkten konsequent verfolgt. So soll beispielsweise der Geltungsbereich des Geodateninfrastrukturge

(Abg. Krumpe)

setzes eingeschränkt werden, also die Vielfalt der verfügbaren Geodaten geschmälert werden, obwohl der Befriedigung des öffentlichen Interesses an der Bereitstellung von Geodaten der Verwaltung im vorliegenden Entwurf ein hoher Stellenwert beigemessen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich begründen, warum dieser Gesetzentwurf von der Landesregierung ebenfalls abgelehnt wird. Die Europäische Kommission hat im Februar 2014 ein Pilotverfahren – wie Sie es erwähnten – zur Überprüfung der rechtlichen Umsetzung der Richtlinie 2007/2/EG, der INSPIRE-Richtlinie, die sich mit dem Aufbau einer europäischen Geodateninfrastruktur befasst, gegen Deutschland eingeleitet. Dieses Verfahren ist noch immer in der Schwebe, eine abschließende Stellungnahme seitens der Europäischen Kommission fehlt. Die Überprüfung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes dauert also noch an. Eine Änderung dieses Gesetzes zum jetzigen Zeitpunkt ist also unabhängig von den inhaltlichen Kritikpunkten nicht zielführend. Dies gilt umso mehr, als sich das bestehende Gesetz insgesamt als praxistauglich erwiesen hat. Was die bereits vorgenannten Ziele wie Open Data, Entlastung der Kommunen und einheitliche Lizenzierung betrifft, so müssen Vor- und Nachteile untersucht und das weitere Vorgehen mit allen Betroffenen abgestimmt werden. Insofern bin ich auch dankbar für Ihre Hinweise zum Gesetz.

Es ist auch zu untersuchen, ob und – wenn ja – welche Gesetze an neue Zielstellungen angepasst werden müssen. Bei den komplizierten und ins Detail gehenden Regelungen geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf zurzeit ab. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es ist Überweisung beantragt an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuss für

Umwelt, Energie und Naturschutz. Wenn Ausschussüberweisung stattfindet, dann ist es üblich, dass dieser Gesetzentwurf auch an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen wird. Ich lasse jetzt abstimmen über die Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten. Wer der Ausschussüberweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei der Mehrheit von Gegenstimmen in den Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, SPD sowie CDU und der Zustimmung der Fraktion der AfD ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Ich lasse jetzt abstimmen über die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz. Wer der Ausschussüberweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei den Gegenstimmen der anderen Fraktionen ist die Ausschussüberweisung abgelehnt. Damit entfällt auch die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Nein, nein, noch zweite Beratung!)

Okay. Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt.

Die Fraktionen sind übereingekommen, dass wir heute keinen Tagesordnungspunkt mehr aufrufen. Wir treffen uns heute Abend hoffentlich zum parlamentarischen Abend des Handwerks und morgen früh um 9.00 Uhr hier an dieser Stelle. Ich wünsche noch einen guten Abend.

Ende: 17.27 Uhr