Es sind immer noch zu viele und jede einzelne Tat ist zu viel. Und dem, dessen Auto abgefackelt wird oder dessen Eigentum zerstört wird oder der einen Brandsatz irgendwo hingeworfen kriegt, ist es shitegal, welcher Motivlage irgendwelche Täter sich dafür berühmen, das soll halt nicht passieren.
Aber was mir in dieser Statistik aus Thüringen aufgefallen ist, ist, dass die Zahl von politisch motivierter Gewalt noch eine Spalte enthält; außer „rechts“, „links“ und „Ausländerextremismus“ gibt es „Sonstige“, und diese Zahl hat stark zugenommen. Da kann ich mir vorstellen, müssten wir noch mal nachfragen, ob darunter vielleicht auch Reichsbürger und andere sind, von denen ich auch weiß, also im Gespräch zum Beispiel jüngst mit Justizvollzugsbeamten, auch Gerichtsvollziehern, dass die im Alltag zunehmend militant werden. Deswegen müssen wir uns tatsächlich mit dem Phänomen der Gewalt insgesamt beschäftigen.
Ich möchte mich aber nicht dem Spiel anschließen, Zahlen gegeneinander aufzurechnen, das hilft uns nicht, Lösungen für Probleme zu finden. Von den Problemen, die es gibt, findet sich in den Anträgen der AfD nichts und von Lösungen schon gar nichts. Deswegen möchte ich hier mal zur Besonnenheit aufrufen für alle, die guten Willens sind, und dazu, dass wir hier bei unseren Leisten bleiben, dass wir hier in Thüringen unsere Polizei fördern und in Deeskalation und mit Ausrüstung unterstützen, dass wir auf der einen Seite hier eine Strategie maßgeblich weiter verfolgen und damit vielleicht auch bundesweit da, wo es nötig sein sollte, ein Beispiel ge
ben können, wie man durch Deeskalation solche Konflikte entschärfen und vermeiden hilft, und wir auf der anderen Seite natürlich die Kolleginnen und Kollegen auch entsprechend ausstatten.
Ich möchte am Schluss noch einmal sagen, dass ich es sehr gut finde, dass der Hamburger Senat jetzt sehr schnell Hilfsmittel für die Opfer, für diejenigen, die geschädigt worden sind, zur Verfügung stellen wird.
Wie gesagt, wir werden hier in Thüringen bei der Unterstützung unserer Polizei und bei der Verhinderung von Gewalt weiter einen guten Weg zusammen gehen, gleich aus welcher Richtung. Aber dass wir uns hier der Brandstiftung bezichtigen lassen müssen, das kann ich in aller Schärfe zurückweisen. Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Kollegen hier im Thüringer Landtag, wenn man der Debatte bisher gelauscht hat, wird, glaube ich, eines deutlich, das sollte man vielleicht am Anfang sagen: Wir sind uns alle bei der Verurteilung politischer Gewalt einig. Die Frage ist ja eigentlich: Warum diskutieren wir so lange und an manchen Stellen in dieser Debatte so energisch miteinander? Ich glaube, es liegt daran, dass es so einfach manchmal nicht ist, dass hier ein differenzierterer Blick notwendig ist.
Ganz entgegen meiner Gewohnheit und meinen eigenen Richtlinien will ich aber kurz auf den Fraktionsvorsitzenden der AfD und seine Rede eingehen, Kollegin Marx hat das gerade eben schon gemacht. Mir ist aufgefallen, dass der Fraktionsvorsitzende der AfD hier zu einer Debatte im Thüringer Landtag Zahlen aus der Bundesebene genommen hat. Da habe ich mich gefragt, warum er das macht, und habe mir die Zahlen angeschaut. Es ist exakt so, wie Frau Kollegin Marx es gerade eben gesagt hat: Wenn die AfD-Fraktion danach fragt, wie denn die Zahlen in Thüringen und die Zahlen der Gewaltkriminalität bei der politischen Kriminalität sind, kann man sich die Zahlen auch einmal ansehen und dann darf man auch mal feststellen, dass wir im Bereich „rechts“ – so ist es aufgezählt – im Jahr 2014 57, im Jahr 2015 92, im Jahr 2016 128 Fälle haben. Im Bereich „links“ hatten wir im Jahr 2014 31, im Jahr 2015 67, im Jahr 2016 52; Rest oder sonstiges: 12, 26, 31. Jede dieser Taten ist eine Tat zu viel und die Rechnerei macht auch keinen Sinn,
wie auch die Debatte, die die AfD hier eingeführt hat, und die Rede von Herrn Höcke keinen Sinn machen.
Aber es zeigt doch, dass Sie Ihre gesamte Debatte, die gesamte Diskussion auf zusammengeklaubten Zahlen aufbauen, die überhaupt nicht in einem sachlichen Zusammenhang stehen.
Sie behaupten und erklären den Menschen Dinge, die nicht stimmen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und dagegen wenden wir uns in dieser Debatte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle waren berührt von den Bildern, von dem, was wir in Hamburg gesehen haben. Ich kenne niemanden, der in den Tagen danach nicht selbst eine Debatte geführt hat oder an der Debatte in den Medien teilgenommen hat, indem man darüber geredet hat und zugesehen hat. Niemanden hat das kalt gelassen und wir alle immer wieder haben nach einer Positionierung gesucht. Dafür kann so eine Debatte natürlich gut sein, indem man eine Standpunktbestimmung macht. Diese Standpunktbestimmung darf natürlich nicht auf falschen oder unzutreffenden Zahlen beruhen, sondern sie muss sachlich geführt werden. Wir wollen diese sachliche Debatte hier auch führen.
Zu dieser sachlichen Debatte gehört es auch, dass man mit den Worten achtsam ist. Ich glaube, wenn man leichtfertig von Begriffen wie „Terror“ oder „Bürgerkrieg“ oder „bürgerkriegsähnliche Zustände“ spricht, wird man den Opfern von Terrorismus, Terroropfern nicht gerecht und man wird den vielen Menschen, den Familien, die in Bürgerkriegsregionen leben, eben auch nicht gerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
wenn alle aufrüsten, weil Wahlkampf ist. Wir müssen sachlich bleiben und im sprachlichen Bereich abrüsten, nur dann werden wir auch Vorbild sein können und dann werden unsere Worte auch mit großer Deutlichkeit gehört, so wie es Steffen Dittes vorhin gesagt hat. Wir danken unseren Polizeibeamten und es steht außer Frage, dass der gesamte Thüringer Landtag Gewalt verurteilt. Niemand in diesem Land übt Gewalt aus, ohne vor Strafe sicher zu sein, und zwar gilt das für jeden Menschen, für Gewalt gegen jede Polizistin, jede Rettungskraft, jeden Sanitäter, jede Feuerwehr und natürlich auch gegen jede Wahlveranstaltung, gegen Wahlkreisbüros oder Ähnliches, meine sehr verehrten Damen und Herren, um das ist der großen Deutlichkeit zu sagen. Niemand übt in diesem Land ungestraft Gewalt aus. Das muss die klare Aussage hier vom Thüringer Landtag sein.
Und so klar wie diese Prämisse ist, hat unsere Gesellschaft mehrere Prämissen. Dazu gehört auch: Die Meinungsfreiheit ist unbegrenzt und alle Deutschen können sich ohne Waffen versammeln und demonstrieren. So sagt es unser Grundgesetz und daran, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass das gilt und dass alle hier, die im Landtag vertreten sind, das auch verteidigen, gibt es ja auch keinen wirklichen Zweifel.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, fraglich – und dann kommen wir nämlich in das Detail – ist aber: Bewerten wir – ich kann das nämlich auch so formulieren – alles als Demonstration, was wir zum Beispiel als eine marodierende Horde, die brandschatzend durch eine Stadt läuft, sehen? Wir Grüne sagen ganz klar: Wir werden uns keinen schlanken Fuß machen und sagen, dass das eine entpolitisierte Gewalt ist, mit der wir gar nichts zu tun haben und mit der wir nichts zu tun haben wollen, deshalb müssen wir darüber nicht diskutieren. Wir sagen das ganz deutlich: Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass Menschen diese Gewaltausübung für sich als ein Mittel zur politischen Auseinandersetzung gesehen haben. Und wir sagen ganz klar und sehr deutlich: Wer Autos von einer Krankenpflegerin anzündet, wie ich es im Fernsehen gesehen habe, von einer Altenpflegerin, die das unbedingt braucht, um arbeiten gehen zu können, übt keine Kapitalismuskritik. Wer einen Menschen angreift, Polizisten angreift, mit Steinen schmeißt, begibt sich nicht in den legitimen Protest, wichtigen Protest gegen den Prozess der G20. Das sind nicht unsere Leute und wir stehen nicht an eurer Seite, meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss hier so klar gesagt werden. Genauso klar, wie ich das sage – das ist eben in der Debatte wichtig, dass man beide Seiten, sowohl als auch, immer wieder in den Blick nimmt. Genauso klar sagen wir:
Wir dulden nicht, dass der legitime Protest gegen die G20 – eine legitim ausgedrückte Kapitalismuskritik –, kriminalisiert wird. Dazu sagen wir ganz klar, das dulden wir nicht. Wir dulden das nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und so deutlich, wie wir das sagen, diese Aussage treffen, sagen wir auch, wir stehen an der Seite der Polizei und wir müssen dennoch auch Kritik üben können. Kritik an der Polizei muss erlaubt sein und für ein Parlament ist es dringend erforderlich,
dass wir diesen Teil der Exekutive kontrollieren und uns kritisch damit auseinandersetzen. Wer versucht, das zu kriminalisieren oder in den Bereich von Gewaltbereitschaft zu rücken, tut dieser Gesellschaft einen Bärendienst und ist eigentlich nicht in der Mitte unseres Parlaments anzusiedeln, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich will hier an der Stelle auch einen Verweis machen, wie dringend diese Kritik am polizeilichen Vorgehen in Hamburg ist. Ich möchte das gar nicht aus meiner innenpolitischen Sicht, einer möglicherweise parteipolitisch gefärbten Sicht machen, sondern ich will hierzu den Kriminologen und Soziologen Joachim Kersten zitieren, der in einem Interview gesagt hat, die Polizei habe zwei klassische Strategien die sie auch angewendet hat, nämlich Deeskalation und Nulltoleranz – dummerweise in Hamburg jeweils am falschen Ort die falsche Strategie. Dem müssen wir uns stellen. Dem müssen wir uns doch stellen, da können wir doch nicht sagen, wer das ausspricht, ist ein Gewalttäter, wer das ausspricht, befürwortet Gewalt.
Die Frage ist doch nicht, ob jemand auf die abstruse Idee kommen würde, sich damit zu rechtfertigen, weil die Polizei einen Fehler gemacht hat, darf ich Gewalt ausüben. Die Frage ist doch, ob wir in einem Parlament bereit sind, uns der Debatte zu stellen, dass es auch Fehler auf der Seite der Polizei gegeben hat, und ob wir nicht das richtige Gremium sind, das auch zu diskutieren und dahin zu wirken, dass mit guter Ausbildung, hinreichend kurzen Einsatzzeiten es zu diesen Fehlern dann eben nicht mehr kommen muss. Das muss doch auch ein Ziel dieser Debatte sein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich war vorhin ganz erstaunt, dass der Kollege Fiedler den Schlager, den die CDU heute vorgeschlagen hat, nicht in seiner Rede mit eingebaut hat. Die CDU drängt ja darauf, dass man eine Verbunddatei Linksextremismus einbringt. Ich will das hier ganz deutlich sagen und mich damit auch mit diesem Vorschlag auseinandersetzen: Wie schon bei der Debatte um die Verbunddatei Rechtsextremismus – wer glaubt, dass er mit einer Datei tatsächlich etwas gegen den Extremismus tut, glaubt auch, dass das geschriebene Buch eine Tat verhindern kann. Wir brauchen doch nicht mehr Da
ten, sondern wir brauchen mehr Menschen, die an diesen Daten arbeiten können und diese auch vernünftig zusammenfügen können. Deshalb ist dieser Placebo-Vorschlag der CDU, meine sehr verehrten Damen und Herren, um das deutlich zu sagen, genau das Gift in der innenpolitischen Debatte, das die Leute nicht mehr hören können. Die Leute hören nämlich einen Vorschlag nach dem anderen aus der Konservativen und stellen fest, dass die innere Sicherheit dadurch nicht zunimmt, sondern dass sie sich damit weiterhin auseinandersetzen können, wie Innenpolitik ordentlich gestaltet werden kann. Ordentliches Gestalten – leider ist Kollege Fiedler nicht da – heißt auch, damit bin ich bei der CDU, dass man sachlich bleibt.
Zwei Punkte aus der Rede von Herrn Kollegen Fiedler. Er hat der Landesregierung zugerufen, was ich beachtlich finde, als Vertreter der CDU, die ja eigentlich zu einer Kanzlerin stehen sollte, die gesagt hat, wir schaffen das! Gebt nicht so viel Geld für Asyl aus! Das hat Herr Fiedler hier reingerufen. Ich habe mal den Haushalt des Freistaats Thüringen mit Unschärfen gemittelt: 9,5 Milliarden in den letzten drei Jahren. Und wie viel haben wir ausgegeben: Im Jahr 2015 haben wir abschließende Zahlen – 0,181 Milliarden. Wolfgang Fiedler ist das zu viel. Im Jahr 2016 waren es 0,236 Milliarden. Wolfgang Fiedler ist das zu viel. Und in diesem Jahr bis heute sind es circa 0,09 Milliarden und Wolfgang Fiedler ist das zu viel. Wolfgang Fiedler bringt es in die Debatte ein uns sagt: Wendet euch nicht den Menschen zu, die bei uns auf der Flucht vor Verfolgung und Vertreibung Asyl finden, wendet euch denen nicht zu, sondern macht etwas anderes mit dem Geld.
Wolfgang Fiedler hat es mit seinem typischen Slang, seiner typischen Schleife kundgetan, indem er sagt, er ist ja in so einem Gremium, über das man nicht reden kann, aber man kann schnell mal einen Vorwurf daraus konstruieren, dagegen kann sich niemand wehren, weil man eben aus dem Gremium ja nicht reden kann. Dann sagt er immer, da ist noch was mit V-Leuten und so, kann er ja nichts dazu sagen. In diesem Zusammenhang ist er auch auf die Kommunistische Plattform eingegangen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, er hat die Linke beschimpft, dass sie fordern würde, die Beobachtung einzustellen. Ich lese Ihnen kurz wenige Zitate aus dem Bericht des Verfassungsschutzes vor: „In Thüringen blieb die KPF weitgehend inaktiv.
An der Landeskonferenz […] sollen sich 60 Personen beteiligt haben.“ Das ist das eine Jahr, und das darauffolgende Jahr: „Öffentlichkeitswirksame Aktivitäten der KPF in Thüringen wurden nicht bekannt.“ Das darauffolgende Jahr: „Öffentlichkeitswirksame Aktivitäten der KPF in Thüringen wurden nicht bekannt.“ Jetzt könnten Sie sagen: Das hat ja diese rot-rot-grüne Regierung da reinschreiben lassen, weil die die Chefs von denen sind. Wissen Sie, aus welchen Jahren diese Zitate stammen? 11, 12 und 13 – Jörg Geibert war damals Innenminister. Keine Vorkommnisse!
Und so blieb es im Übrigen auch bis heute. Im letzten Verfassungsschutzbericht: „Öffentlichkeitswirksame Aktivitäten der KPF in Thüringen wurden im Berichtszeitraum nicht bekannt.“ Und da wollen Sie verbieten, dass man eine Debatte darüber führt, dann auch irgendwann mit der Beobachtung aufhören zu können! Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist durchsichtig wie Ihre falschen Anschuldigungen gegen die drei Fraktionsvorsitzenden, die Sie immer wieder wiederholen,
durchsichtige Diskreditierungsversuche, und ich befürchte, dass das auch zumindest von einigen hier im Haus das Ziel der Debatte heute war. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Besucher hier auf der Tribüne und am Livestream, werte Kolleginnen und Kollegen, der erste Schock über die Bilder aus Hamburg ist sicher bei dem einen oder anderen schon verflogen; bei uns sind die Bilder noch gegenwärtig. Die Brutalität, mit der einige Demonstranten auf Polizisten losgegangen sind und die nach meinem Dafürhalten den Tod der Einsatzkräfte zumindest billigend in Kauf genommen haben, ist erschreckend.