Protokoll der Sitzung vom 01.09.2017

Entschuldigen Sie bitte, Herr Staatssekretär. Es besteht weiterhin der Wunsch nach einer Zwischenfrage des Abgeordneten Brandner. Jetzt kam das Go, habe ich das richtig verstanden? Bitte.

Es geht um Ihre Eingangsbemerkung, ich hätte mich gestern zu Bürgermeistern in Thüringen geäußert. Herr Staatssekretär, welches konkrete Zitat meinen Sie denn?

Das lesen wir hinterher im Protokoll nach, Herr Brandner.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Sie haben das nämlich nur erfunden!)

(Abg. Möller)

Nein, nein, das glaube ich nicht. So, jetzt zurück zum Thema. Wir haben doch oft Gelegenheit, diese Debatte weiter fortzuführen.

Die Position der Landesregierung wird in der Beantwortung der Großen Anfrage deutlich: „Der Thüringer Schützenbund [...] ist ein anerkannter Teil unserer Gesellschaft und Mitglied im Landessportbund sowie im Deutschen Schützenbund und damit gleichzeitig im Deutschen Olympischen Sportbund. Die Sportschützen und ihr gemeinsames Wirken in Sportvereinen vermitteln Werte wie Disziplin, Ausdauer, Fairness und Verantwortung. Sie gehören zu den ältesten und damit traditionsreichsten Vereinen im Freistaat. [...] Die Thüringer Schützen im TSB sind eine große Gemeinschaft mit über 500 Schützenvereinen in 21 Schützenkreisen [...] und [...] 19.000 Mitgliedern. Sie leisten einen großen Beitrag für [unser] bürgerschaftliches Engagement.“ – Das kann ich an dieser Stelle noch mal unterstreichen, wie der Abgeordnete Adams das auch getan hat.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Eindruck, den Sie hier erwecken wollen, ist einfach falsch. Uns geht es um andere Sachverhalte, die hier auch schon angesprochen wurden. Ich kann es überhaupt nicht verstehen, wie Sie als Erfurter – Sie sind, glaube ich, gebürtiger Erfurter – hier so locker flockig mit dem Waffenrecht umgehen können – in dem Wissen, dass am 26. April 2002 während eines Amoklaufs hier in Erfurt 16 Menschen zu Tode gekommen sind

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das kann doch gar nicht mehr passieren bei diesem Waffenrecht!)

und dass wir als Verantwortliche selbstverständlich auch nach Winnenden und nach diesem unsäglichen Anschlag des Reichsbürgers gehalten sind, unser Waffenrecht immer auf Aktualität zu überprüfen und auch weiter zu verschärfen – dort, wo es notwendig ist. Der Weg, den Sie aufzeigen, führt nicht in mehr Freiheit, sondern der führt zu einer großen Verunsicherung in unserer Gesellschaft.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die Menschen den nächsten Schritt tatsächlich wollen, der sich bei Ihnen konsequent anschließen würde, nämlich das Führen von Waffen in der Öffentlichkeit, dass sie hier durch die Straßen gehen wollen – egal ob als Polizist oder Bürger – und ständig Gefahr laufen müssen, dass einer eine Waffe mit sich rumträgt. Das wäre das – konsequent zu Ende gedacht –, was Sie hier vorschlagen. Das können wir nicht wollen, nicht in Erfurt,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

nicht in Thüringen und nicht in Deutschland.

Herr Staatssekretär, es gibt einen weiteren Wunsch nach einer Zwischenfrage vom Abgeordneten Möller. Bitte schön, Herr Möller.

Wo nehmen Sie denn her, Herr Staatssekretär, dass wir das Führen von Waffen in der Öffentlichkeit wünschen?

Ich sage, es wäre eine Konsequenz.

Es wäre schön, wenn Sie bei der Realität blieben und dem, was wir aufschreiben und was wir sagen, und nicht irgendwas dazuerfinden.

(Beifall AfD)

Ich bleibe bei dem, was Sie gesagt haben.

(Beifall DIE LINKE)

Ich bleibe bei Ihrer Eingangsrede.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wollen eine Liberalisierung! Sagen Sie es doch, Herr Möller!)

Ich sage nur, dass das eine logische konsequente Weiterführung dieser Diskussion wäre, und warne davor, überhaupt in dieses Thema einzusteigen. Ansonsten bin ich mit meiner Rede am Ende und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es gibt den Wunsch nach einer Wortmeldung. Ich muss aber den Vertretern der AfD-Fraktion sagen, dass ihr Fraktionsbudget an Redezeit aufgebraucht ist.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen aus dem weiten Rund des Plenarsaals kann ich nicht erkennen. Damit schließe ich die Aussprache und wir haben jetzt die Möglichkeit, wie das bei der Beratung von Großen Anfragen üblich ist, die Fortsetzung der Beratung im entsprechenden Fachausschuss zu beschließen,

(Staatssekretär Götze)

falls das denn beantragt werden würde. Herr Abgeordneter Henke?

(Zuruf Abg. Henke, AfD: Innen- und Kommu- nalausschuss!)

Es soll an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen werden. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Die Gegenstimmen, bitte. Die Gegenstimmen kommen aus allen anderen Fraktionen dieses Hauses. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Meine Damen und Herren, bevor ich die Sitzung schließe, gestatten Sie mir aus gegebenem Anlass noch eine kurze persönliche Erklärung. Es war dies das letzte Mal, dass ich die Ehre und auch das Vergnügen hatte, eine Sitzung des Thüringer Landtags von diesem Pult aus zu leiten. Wie Sie vielleicht den Medien und auch dem weit verbreiteten Hausfunk entnommen haben, wartet auf mich eine neue Aufgabe im Dienste des Freistaats Thüringen. Ich will die Gelegenheit nutzen, weil diese neue Aufgabe mit der Aufgabe des Mandats hier im Thüringer Landtag verbunden ist, mich zunächst bei allen Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses für den Respekt zu bedanken, den sie mir in den nunmehr fast 18 Jahren, denen ich diesem Haus angehöre, entgegengebracht haben. Ich habe mich bemüht, Ihnen genau den gleichen Respekt entgegenzubringen.

Wir haben hier in diesem Haus in diesen 18 Jahren viele Stunden miteinander verbracht. Es war in der weit überwiegenden Anzahl der Sitzungen sehr konstruktiv. Es ging manchmal sehr heiter zu, aber auch sehr ernst und manchmal auch sehr ergreifend, wenn ich an die Veranstaltungen beispielsweise jährlich beim Holocaust-Gedenken denke, wenn ich mich an die Menschen erinnere, die Opfer des Holocaust waren und Gäste unseres Hauses waren. Für mich waren das immer die Höhepunkte hier in diesem Landtag.

Ich habe eine Bitte zum Abschluss. Ich bin, wie gesagt, mit Leib und Seele Parlamentarier gewesen, kann ich nun sagen, in den letzten 18 Jahren – und ich muss leider feststellen, dass in den letzten Jah

ren, in den letzten zweieinhalb Jahren, fast drei Jahren, eine Tendenz in diesem Haus Platz greift, die mir wirklich Sorge bereitet. Wenn ich erlebe, dass durch gezielte Provokationen die Autorität dieses Hauses, die Autorität der Sitzungsleitung, durch provokantes Preisgeben geradezu der Lächerlichkeit dieses Parlaments die Demokratie untergraben werden soll: Das macht mir wirklich Sorge, weil ein solches Vorgehen schon einmal in der Geschichte Deutschlands dazu geführt hat, dass eine Demokratie untergegangen ist – mit den bekannten schrecklichen Folgen, die wir alle kennen. Passen Sie bitte auf, dass das nicht weiter passiert! Dieses Haus, das Parlament, hat es nicht verdient, in dieser Weise behandelt zu werden. Das wäre meine große Bitte.

Ich darf an dieser Stelle ganz zum Schluss jemanden zitieren, der mir durchaus auch inhaltlich nahesteht – auch in Gedenken an meinen ehemaligen Kollegen und Freund Hans-Jürgen Döring; wie bekannt war eines seiner Hobbys die Lyrik. Und es gibt noch einen anderen bekannten Lyriker und Sie kennen sicher das Zitat aus den Zeilen von Hermann Hesse, „Stufen“: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,/Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“ Das ist aber nicht das eigentliche Zitat, das ich Ihnen nahebringen will, weil die Zeilen dann weitergehen – und das finde ich das eigentlich Bemerkenswerte an diesen Zeilen: „Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,/An keinem wie an einer Heimat hängen,/Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,/Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten./Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise/Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,/Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,/Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.“ In diesem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen Sie es gut. Ich versuche das auch.

(Beifall im Hause)

Ende: 18.31 Uhr