Schon heute sind 64 Prozent der Flächen des Grünen Bandes Natura-2000-Gebiete. Es liegen drei Biosphärenreservate in diesem Bereich und ein Nationalpark. Das heißt also: Wenn man über die Fra
ge nachdenkt, ob es einen ausreichenden Schutz, einen ausreichenden Naturschutz für das Grüne Band gibt, dann müssen wir zunächst erst einmal konstatieren, dass der doch schon heute vom Status quo her gedeckt ist. Deswegen will ich sehr deutlich sagen: Gelegentlich bekommt man den Eindruck, es geht hier nicht in allererster Linie um ein Nationales Naturmonument mit dem Motiv, den Naturschutz im Land zu betreiben, sondern offensichtlich eher um ein Monument für die Ministerin Anja Siegesmund.
Ach, wissen Sie, Sie können mir glauben, dass die CDU in Thüringen in diesen Tagen sicherlich nicht auf Ihre Chaostruppe neidisch ist, Herr Adams.
Lassen Sie mich zwei weitere Themen ansprechen. Das Thema „Gipskarstlandschaft Südharz“ ist bereits angesprochen worden. Ich will für uns klar sagen, dass es an dieser Stelle natürlich einen Dialogprozess und ein Moderationsverfahren braucht. Sie haben gesagt, Sie nehmen sich an dieser Stelle viel Zeit. Dafür, dass es im Koalitionsvertrag schon sehr wichtig aufgeschrieben wurde, haben Sie sich schon sehr viel Zeit gelassen. Es sind fast drei Jahre ins Land gegangen. Deswegen starten Sie hier reichlich spät. Aber gut – immerhin ein Anfang, das will ich durchaus hier konstatieren. Aber wir sagen auch: Dieser moderierte Diskussionsprozess muss ergebnisoffen sein, denn das Instrument des Biosphärenreservats darf am Ende keine Gipsabbauverhinderungskonzeption sein. Da will ich durchaus mal den Ministerpräsidenten zitieren, der das auf dem Thüringer Baustofftag an dieser Stelle klar auf den Punkt gebracht hat – und ich finde, klarer als Sie: Wir brauchen einen entkrampften Umgang bei dem Thema und eine Entemotionalisierung. Warum können in einer Gipskarstlandschaft mit deutschlandweit einmaligen Gipslagern nicht der Abbau und eine touristische Nutzung nebeneinander stattfinden, existieren? – Ich finde, das ist ein Punkt, wo Ihr Koalitionspartner durchaus einen realistischeren Blick hat als Sie.
Auch wir sind dafür, dass wir Ökonomie und Ökologie in Einklang bringen. Wenn das Ihr Ziel ist, haben Sie dabei unsere volle Unterstützung.
Sie haben auch das Thema „Wolf“ angesprochen. Das will ich hier als Nächstes ansprechen. Wie gehen wir mit den vom Wolf ausgehenden Gefahren um? In der Tat ein Thema, was höchste Aktualität hat. Ich meine, Vertreter Ihrer Koalition, auch aus Ihrem Hause – ich glaube, Ihr Staatssekretär – haben uns in diesen Tagen Panikmache und Populismus vorgeworfen, als wir das Thema auch in der Öffentlichkeit adressiert haben, als wir einen entsprechenden Antrag hier ins Haus eingebracht haben. Da will ich Ihnen sagen: Wenn Sie uns hier vorwerfen, dass das Populismus wäre, dann haben wir kein Problem, wenn Sie damit meinen, dass wir die berechtigten Sorgen der Betroffenen, die berechtigten Sorgen der Menschen im ländlichen Raum ernst nehmen. Denn in der Tat ist es wichtig, dass wir hier schnell handeln und dass wir das, was aktuell passiert, in sehr großer Ernsthaftigkeit miteinander besprechen. Es ist doch klar: Die Ausbreitung des Wolfes ist auch ein Ergebnis von Naturschutz. Rudel breiten sich zunehmend und immer schneller in Deutschland aus. Wir sehen die wachsende Sorge der Bevölkerung bei diesem Thema. Deswegen dürfen wir Menschen und vor allem Weidetierhalter an dieser Stelle nicht alleinlassen. Deswegen will ich durchaus konstatieren: Das, was Sie heute hier gesagt haben, gibt uns im Kern recht – und das, was wir mit unserem Antrag auch erreichen wollen. Das hat sich vor wenigen Tagen noch anders angehört. Aber offensichtlich haben auch Sie die aktuellen Ereignisse gehört. Deswegen: Klar, wir brauchen den Aufbau eines landesweiten Wolfsmonitorings. Natürlich müssen wir alle Vorkehrungen treffen, um der Wolfspopulation Einhalt zu gebieten, um sie kontrollieren zu können. Deswegen ist ein ausgewogenes Wolfsmanagement notwendig, was mit Naturschutz auf der einen Seite, mit Weidetierhaltung und öffentlichen Belangen auf der anderen Seite zu einem Miteinander führt. Aber wir sagen auch – und das ist der zusätzliche Akzent, den wir an dieser Stelle schon deutlicher sagen oder auch sehr klar sagen: Herdenschutz allein wird an dieser Stelle nicht reichen. Deswegen – das will ich völlig unemotional und in aller Sachlichkeit sagen – müssen wir auch das Thema „Abschuss“ enttabuisieren. Wir brauchen auch hier einen ergebnisoffenen Dialog, meine Damen und Herren.
Nun habe ich am Anfang meiner Ausführungen gesagt: Diese Regierungserklärung führt uns vor Augen, Ihre Politik ist ideologisch getrieben, doppelzüngig, ihr fehlt in Teilen die Rückendeckung Ihres Koalitionspartners und Sie setzen die falschen Prioritäten. Ich will das noch mal stärker an zwei Beispielen deutlich machen und auch auf das Bezug nehmen, was Sie hier in Ihrer Regierungserklärung ausgeführt haben. Als Erstes will ich schon noch mal auf Ihr koalitionsinternes Gezänk um das The
ma „5-Prozent-Ziel“ bei der forstwirtschaftlichen Nullnutzung zu sprechen kommen, Ihr Lieblingsprojekt „Waldwildnis Possen“. Es ist in der Tat mittlerweile ein Possen-Spiel, was Sie hier abliefern.
Ich will bei diesem Thema zunächst eine Vorbemerkung machen: Wenn Sie heute hier davon reden, dass Sie die Arbeit der Forstarbeiter schätzen, dann ist das schlichtweg wenig glaubwürdig. Offen gestanden nehme ich Ihnen da Ihre Formulierung von der Baumkahlschlagslobby viel mehr ab als diese Lippenbekenntnisse, die Sie heute hier abgegeben haben. Warum sage ich das? Ich sage das, weil Sie nach Ihrer Äußerung, nach Ihrem Vorwurf, Forst wäre Baumkahlschlagslobby, bis zum heutigen Tag nicht ein einziges Mal das Wort „Entschuldigung“ gegenüber den Forstleuten in den Mund genommen haben. Sie haben das nicht ein einziges Mal getan.
Ich finde, wenn Sie hier schon eine Regierungserklärung abgeben, dann wäre das der geeignete, der richtige und der notwendige Zeitpunkt gewesen, dass Sie das in aller Klarheit tun. Deswegen noch einmal an dieser Stelle: Wir warten noch immer auf Ihre Entschuldigung. Vielleicht finden Sie die Kraft, das heute hier noch zu tun.
Forstarbeiter sind keine Baumkahlschlagslobby, sondern sie sind wie viele andere Verbündete beim Naturschutz, Frau Ministerin. Dann finde ich es auch bemerkenswert, dass Sie Ihr Lieblingswort „Waldwildnis“ bei Ihrer heutigen Regierungserklärung nicht ein Mal über die Lippen gebracht haben.
Das zeigt offensichtlich, dass Sie bei diesem Thema schon kapituliert haben. Aber auch da – wie beim Thema „Grünes Band“, wie beim Thema „Wolf“ – haben wir Ihnen schon einen Vorschlag gemacht, wie Sie dem 5-Prozent-Ziel tatsächlich näherkommen können. Ich will das deutlich sagen: ein Vorschlag, der eben nicht auf Ideologie, sondern auf Pragmatismus setzt. Wir haben in einem Plenarantrag klar gesagt, bei der Stilllegung von Waldflächen zunächst jene Naturschutzorganisationen und -stiftungen in die Pflicht zu nehmen, deren
Flächen ohnehin dafür vorgesehen sind. Das hat Ihre Koalition, die rot-rot-grüne Koalition, im Juniplenum abgelehnt.
Wir haben die Landesregierung in unserem Antrag dazu aufgefordert, sämtliche Flächen des Nationalen Naturerbes in Thüringen sofort und vollständig als Stilllegungsflächen anzurechnen. Es gibt nun mal zahlreiche Naturschutzorganisationen und -stiftungen, die selbst Wald besitzen, ihre Wälder aber aktiv nutzen und sich bislang eben nur in sehr überschaubarer Weise zum Nutzungsverzicht bekannt haben. Deswegen ist es schade, dass auch zu diesem Vorschlag in Ihrer Regierungserklärung kein Wort deutlich wurde.
Dass Sie bei diesem Thema im Ungefähren bleiben – und Sie sind im Ungefähren geblieben –, zeigt doch eines: Es gibt nach wie vor große Differenzen in dieser Regierung, in dieser Koalition, gerade auch bei diesem Thema, was Ihnen eigentlich so wichtig ist. Sie sind sich in dieser Frage nicht einig, deswegen war das heute in Ihrer Regierungserklärung keine Klarheit, es waren viele, viele Kreise, wo man immer noch nicht weiß, wo die Richtung hingeht, meine Damen und Herren.
Deswegen noch einmal: Wir haben den Eindruck, Sie haben schon kapituliert. Es ist auch gut so, dass Sie sich in dieser Frage ganz offensichtlich innerhalb der Koalition nicht durchsetzen werden. Das ist gut für die Forstwirtschaft, das ist gut für Arbeitsplätze und es ist vor allem gut für die nachhaltige Waldbewirtschaftung. Nachhaltige Waldbewirtschaftung bedeutet Klimaschutz, sichert stoffliche Nutzung des wertvollen Rohstoffs Holz – und Stilllegungen gefährden eben all dies, sie gefährden zusätzlich die Holzverarbeitung in Thüringen. Deswegen noch einmal: Finden Sie pragmatische Lösungen, setzen Sie die ideologischen Scheuklappen auch bei diesem Thema ab!
Dann will ich ein Beispiel nennen, wo ich finde, dass da Ihre ideologische Doppelzüngigkeit besonders deutlich wird und zum Ausdruck kommt. Sie reden davon – und das ist gerade beim vorhergehenden Thema deutlich geworden –, dass Sie den Wald schützen wollen. Sie haben in Ihrer Regierungserklärung davon gesprochen, dass Sie Naturschutz und Energiewende in Einklang bringen möchten. Da kann ich nur sagen: Schall und Rauch, nichts als leere Worte an dieser Stelle. Wie sieht denn die Realität aus? Realität ist: Sie wollen Wind im Wald mit der Brechstange durchsetzen. Realität ist: Sie tragen mit Ihrem 1-Prozent-Flächennutzungsziel bei der Windenergie dazu bei, dass weiterer Waldboden in diesem Land versiegelt wird. Realität ist, dass Sie sogar Naturparke für die
Nutzung von Windenergie öffnen wollen – ich nenne als Beispiel ganz konkret den Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale. Da sind Sie als Ministerium dabei, die Naturparkverordnung zu ändern. Das ist die Realität in diesem Land und deswegen hat das nichts und rein gar nichts mit Naturschutz zu tun. Sie reden auf der einen Seite von Naturschutz und Ihr praktisches Handeln bei der Windkraftpolitik ist genau das Gegenteil. Das werden wir an dieser Stelle so nicht durchgehen lassen, meine Damen und Herren.
Wenn Sie davon reden, erst Sie hätten mit Naturschutz angefangen, sage ich Ihnen ganz deutlich: Es ist überhaupt nicht gerechtfertigt, dass Sie sich hier in irgendeiner Art und Weise Goldmedaillen umhängen, wenn man sich diese ökologische Doppelzüngigkeit anschaut.
Meine Damen und Herren, wenn eine Umweltministerin in diesem Haus zum Instrument einer Regierungserklärung greift – was überhaupt nicht zu beanstanden ist –, dann finde ich, muss man aber schon mehr erwarten können, als das, was Sie heute hier dargeboten haben. Ich will Ihnen in aller Fairness zugutehalten, dass Sie beim Thema „Natura 2000“ deutliche Fortschritte erzielt haben. Ich will Ihnen auch zugutehalten, dass Sie mehr Geld in den Naturschutz stecken. Auch das rechtfertigt keine Goldmedaillen und Siegerpodeste. Wir haben gestern in diesem Haus darüber debattiert: So, wie Sie den Haushalt aufgeblasen haben, ist das doch nun wirklich keine Kunst, dass Sie ein bisschen mehr Geld in den Umweltschutz stecken. Bei den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist das sogar erwartbar. Deswegen ist das gut in der Sache, aber Sie haben sich dafür wahrlich keine Goldmedaille im Naturschutz verdient.
Deswegen muss man am Ende Ihrer Regierungserklärung sagen: Sie wollten einen Ausblick geben – das war ziemlich mager und missionslos. Das Einzige, was Sie in Ihrem Ausblick dargestellt haben, ist, dass Sie mehr Geld brauchen. Mit Verlaub, das ist etwas mager. Wir hätten von einer Regierungserklärung der Umwelt- und Energieministerin zunächst erwartet, dass sie die Breite ihres gesamten Ressorts deutlicher macht, weil in der Breite ihres Ressorts noch mindestens genauso wichtige Themen auf der Agenda liegen. Wir haben es zu Beginn dieser Plenartage schon in aller Kürze diskutiert. Deswegen will ich es noch einmal sagen: Es wäre viel wichtiger gewesen, dass Sie dem Parlament und dem Land insgesamt erklärt hätten, wie es bei drängenden Fragen wie beispielsweise im
Wassergesetz weitergeht. Sie setzen bei Ihrer Politik die Prioritäten falsch. Kümmern Sie sich zunächst einmal um die drängenden Fragen, um die drängenden Probleme in diesem Land! Da sind Sie Antworten schuldig. Hier hätte es mehr Erklärungen gebraucht.
Deswegen kümmern Sie sich gerade nicht um die wichtigen Themen. Stattdessen graben Sie Themen aus, die die Leute eher gängeln: Brenntageverbot, Filteranlagen, Wassercent und zu guter Letzt in dieser Woche bunte wettbewerbsverzerrende Gutscheinheftchen. Das mögen alles grüne Prestigethemen sein. Es mag Ihnen gefallen, die Leute zu gängeln und zu bevormunden. Aber es hat nichts mit der Lösung der wirklich drängenden Probleme in diesem Land zu tun.
Deswegen komme ich noch mal auf meinen Ausgangspunkt zurück. Sie wollten hier vielleicht heute einen Beitrag im grünen Bundestagswahlkampf leisten. Ich kann Ihnen nur sagen: Dieser Schuss ist deutlich nach hinten losgegangen. Ich kann Ihnen aber auch sagen: Wir stehen als Union zu einer nachhaltigen Umweltpolitik. Wir stehen zur Bewahrung der Schöpfung. Wir bieten unsere Zusammenarbeit auch ausdrücklich an, allerdings nur dann, wenn es um unideologische, lösungsorientierte Politik mit klarem Kompass geht und vor allem, wenn es um Balance von Ökonomie und Ökologie geht. Dann haben Sie uns an Ihrer Seite. Wenn Sie diesen Kurs allerdings so fortsetzen, wie Sie ihn in den letzten zweieinhalb Jahren aufgenommen haben, dann haben wir hier schon sehr große Probleme. Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir, dass ich Burkhard Vogel begrüße – also eben saß er noch da –,