Das, was hier passiert, ist eine nicht artgerechte Ansiedlung. Sie tun dem Wolf damit keinen Gefallen. Im Gegenteil, Sie zwingen ihn zu einer Lebensweise, die seiner Natur nicht angemessen und nicht genehm ist. Das ist Tierquälerei – Punkt.
Es gibt weltweit ausgezeichnete stabile, weiter wachsende Wolfspopulationen. Wir müssen uns um den Wolf in Thüringen wirklich nicht kümmern.
Ich möchte auch noch mal abschließend darauf hinweisen, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete – Kollege Primas hat das getan –
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Primas und Herr Gruhner, ich nehme Ihnen ab, dass Sie die Sorge der Schäfer tatsächlich ernst nehmen und dass Sie sich inhaltlich um das Problem kümmern wollen. Aber wenn Sie dann Ihren Referenten eine Rede schreiben lassen, in der nicht einmal auf den Wolfsmanagementplan des Landes Thüringen Bezug genommen wird, dann, sage ich mal, sind Sie Sorgenverstärker und nicht Problemlöser. Das finde ich schade.
Im Weiteren will ich gern zeigen, warum Thüringen gut auf die Rückkehr des Wolfes vorbereitet ist. Und ich will Sie auch gern daran erinnern, dass im Jahr 2004 der ehemalige Fraktionsvorsitzende der CDU im Sächsischen Landtag, Steffen Flath, in seinem Landtag ans Pult ging und sagte: Der Wolf ist ein „Geschenk für Sachsen“. Die Aussage ist 13 Jahre alt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch einen bestimmten Prozess gegeben hat, auch in der Lausitz, und ich sage nicht, dass das einfach ist, sich mit der Frage der Rückkehr des Wolfes zu beschäftigen.
Aber was ich heute leider in dieser Debatte gesehen habe, ist, dass die nötige Sachlichkeit an vielen Stellen gefehlt hat und Sie gerade den Schäfern, für die Sie hier so tun, als ob Sie sich für sie einsetzen, an dieser Stelle überhaupt nicht helfen, indem Sie bewusst Informationen falsch vortragen, die entscheidenden Hilfsmittel ignorieren und nicht einen einzigen Vorschlag machen, der wirklich tauglich ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit Ende der 90er-Jahre ist der einst erbittert verfolgte und ausgerottete Wolf in der Bundesrepublik wieder sesshaft. Im Jahr 2000 wurde er in der Lausitz erstmals wieder auch mit Jungtieren angetroffen. Seitdem breitet sich der Wolf in der Bundesrepublik aus. Weil heute so oft von der Frage der Kulturlandschaft die Rede war: Die Art passt sich an verschiedene Lebensräume an, der Wolf ist hoch mobil und er ist reproduktionsstark – Eigenschaften, die seine selbstständige Rückkehr in unsere Kulturlandschaft ermöglichen. Der Wolf ist ein Wildtier. Ich darf Ihnen versichern, dass auf jeder Umweltministerkonferenz auch Ihre Kollegen mit den CDU-Parteibüchern vorn dran dieses Thema mit uns gemeinsam besprochen haben und es nicht an der nötigen Sachlichkeit haben vermissen lassen.
Zum 30. April 2016, dem Ende des Monitoring-Jahres für 2015/16, gab es in der Bundesrepublik 47 Wolfsrudel, 15 Wolfspaare und vier sesshafte
Einzeltiere. Warum Herr Gruhner zu Beginn der Debatte etwas von 18.000 Einzeltieren erzählt hat, war vielleicht ein akustisches Problem, aber das lässt sich daran überhaupt nicht ersehen. Angaben zum 30. April 2017, dem Ende des nachfolgenden Monitoring-Jahres, liegen noch nicht vor. Aber noch mal: Für die Bundesrepublik sind es 47 Wolfsrudel, 15 Wolfspaare und vier Einzeltiere. Ein standorttreues Einzeltier, die Ohrdrufer Wölfin, ist seit dem 11. Mai 2014 innerhalb und im Umfeld des Standortübungsplatzes Ohrdruf nachgewiesen. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, hat die Wölfin in diesem Jahr auch erstmals Nachwuchs. Mindestens sechs Wolf-Hund-Mischlinge wurden am 11. Oktober von der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema „Wolf“ eindeutig bestätigt. Die DBBW ist im Übrigen eine der kompetentesten Ansprechpartnerinnen an dieser Stelle für viele meiner Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern. Weil das so ist, Herr Primas, und weil wir sie darin unterstützen wollen, die Informationen auch für Sie aufzubereiten und direkt an die Abgeordneten heranzubekommen, haben wir auch dem Ausschuss vorgeschlagen, Gesa Kluth und die DBBW einzuladen. Sie war da und hat auch Ihre Fragen beantwortet.
Sie haben sich davon überzeugen können, wie gut uns die DBBW berät und uns als Kompetenzzentrum zur Seite steht.
Aufgrund der starken Zunahme der Nutztierrisse in der Region Ohrdruf und den festgestellten hohen Fleischmengen lag der Verdacht nahe, dass sich dort mehrere Wölfe oder auch Hybriden aufhalten. Um Aufklärung über die Wolfssituation vor Ort zu erhalten, wurde das Monitoring bereits deutlich intensiviert. Fotofallen wurden an den Schafpferchen installiert. Das Personal auf dem Standortübungsplatz Ohrdruf wurde gebeten, entsprechende Beobachtungen möglichst per Bild- oder Videoaufnahme festzuhalten. Durch das intensivierte Monitoring konnten letztlich auch die Belege für die Existenz von Hybriden erbracht werden. Diese müssen aus artenschutzrechtlichen Gründen – und zwar nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Bundesnaturschutzgesetz – entnommen werden, um die Wolfspopulation vor dem Eindringen von Hundegenen zu schützen. Diese verringern auf Dauer die Lebensfähigkeit der Art Wolf und mein Haus prüft derzeit die rechtlich einwandfreien Lösungen zur Entnahme. Die Umsetzung der Entnahmemaßnahme muss zeitnah geschehen, darauf hatte die Abgeordnete Becker hingewiesen,
da mit einem frühzeitigen Abwandern der Hybriden zu rechnen ist. Ich weiß, es ist spät für Sie zu dunkler und bitterkalter Stunde in Thüringen, aber vielleicht erwarten die Schäfer, dass wir die Debatte sachlich zu Ende führen. Vielleicht können wir dem noch gerecht werden, darum möchte ich Sie herzlich bitten.
Lassen Sie mich nun auf die Risse an Nutztieren in Thüringen zu sprechen kommen. Seit dem Jahr 2015 wurden in Thüringen 87 getötete Nutztiere durch den Wolf amtlich bestätigt. Bei den meisten der 18 Rissvorfälle konnte durch Analysen die Art Wolf als Verursacher ermittelt werden. Lediglich in vier Fällen konnte durch die Genanalyse sogar das Wolfsindividuum, nämlich die bekannte Ohrdrufer Wölfin, als Verursacherin nachgewiesen werden. In den Jahren 2014 und 2016 gab es in Thüringen keinen Riss an Nutztieren durch den Wolf, trotz dessen Anwesenheit.
Der Wolf ist eine wildlebende Tierart, zu der wir Menschen besondere Assoziationen haben. Einige Legenden waren ja heute schon im Raum. Wer sich ein bisschen mit Kulturgeschichte beschäftigt: In Italien hat man bereits im Jahr 753 vor Christus die Geschichte der Wölfin in den Archiven, die Romulus und Remus gesäugt hat, die römische Mythologie, die Gründer der Stadt Rom, entsprechend durch Mamma Lupa geschützt. In der griechischen Literatur war es so, dass der griechische König Lykaon, durch Ovid bekannt, von Zeus in einen Wolf verwandelt wurde und darin ist auch die schöne Diskussion um andere Werwolfgeschichten angelegt. Dann gibt es die berühmten Märchen, die viele von Ihnen zu Hause in ihren Regalen haben, von Rotkäppchen und dem Wolf. Auf der anderen Seite gibt es Mogli und die Geschichte des Jungen, der in einem Wolfsrudel aufgewachsen ist. Und wer in die jüngste Geschichtserzählung schaut, wird auch bei Harry Potter fündig. Sie sehen, das ist breit und kulturhistorisch hat das den Menschen schon immer fasziniert.
Aber wenn man sich anschaut, wie Gesetzesregeln sind, dann kann man einerseits kulturhistorisch Dinge herleiten und wegen mir auch bei solchen kulturhistorischen Herleitungen emotional werden. Aber unsere Aufgabe auch als Haus, als Ministerium, als Landesregierung ist es, fachlich, sachlich die Fakten zu sortieren. Und die sehen nun mal so aus – auch wenn das manchen nicht gefällt –, dass der Wolf eine nach internationalem und nationalem Recht streng geschützt Art ist. Das beruht auf verschiedenen Texten. Das geht los beim Washingtoner Artenschutzabkommen, geht weiter über die Berner Konvention, die FFH-Richtlinie, die EU-Ar
tenschutzverordnung, das geht weiter über die Bundesartenschutzverordnung und das Bundesnaturschutzgesetz. Ich habe Ihnen jetzt sechs Gesetze genannt, Herr Primas, wo ich auch finde, Sie können von mir als Ministerin erwarten, dass ich mich gesetzestreu verhalte, das habe ich jedenfalls vor. Ich darf von Ihnen als Abgeordneter auch erwarten, dass Sie vorhaben, gesetzestreu zu handeln,
Zu Punkt I: Wie bereits erwähnt, weist die Wolfspopulation in der Bundesrepublik ein Wachstum auf. Die derzeitigen Schwerpunktvorkommen befinden sich im ost- und nordwestdeutschen waldreichen Tieflandgebiet. Es ist aber davon auszugehen, dass sich in Thüringen künftig auch weitere Wölfe ansiedeln könnten. Seit der fast 20-jährigen dauerhaften Rückkehr der Wölfe gab es in der dicht besiedelten Bundesrepublik keine Übergriffe von Wölfen auf Menschen. Faktoren, die in historischer Zeit zu Übergriffen von Wölfen geführt haben – wie zum Beispiel Tollwut –, gibt es hierzulande nicht mehr. Es traten bisher nur wenige Einzelfälle in Deutschland auf, bei denen wildlebende Wölfe eine gegenüber dem Menschen außergewöhnliche Zutraulichkeit zeigten. Diese Probleme waren aber, Herr Primas, menschengemacht, indem Wölfe zum Beispiel angefüttert wurden; Jungtiere sind zudem entwicklungsbedingt weniger scheu. Wenn Wölfe angefüttert werden, werden sie durchaus zutraulich – und das darf für ein Wildtier nicht sein.
Und dann passiert eben das, was Sie vorhin fälschlicherweise als niedersächsischen Präzedenzfall bezeichnet haben, dann funktioniert nämlich Politik. Wenn Wölfe verhaltensauffällig werden, müssen sie selbstverständlich entnommen werden und dann geht an dieser Stelle überhaupt keine Frage ins Land, dass wir da zögern würden,
sondern dann können Sie sich darauf verlassen. Ich erinnere an den zeitweise in Sachsen aufgetretenen Wolf Pumpak, zu Deutsch „Der Fette“, der als Welpe in Polen angefüttert wurde. Auch der Wolf MT6 in Niedersachsen verlor die Scheu vor Menschen und wurde entnommen. Sie sehen also, dass das System an dieser Stelle funktioniert. Und wenn ich mir die Debatte von heute Morgen angucke – Stichwort „Institutionen vertrauen“, Stichwort „Einstellungen der Menschen“ –, appelliere ich noch
mal an Sie: Wenn Sie die Sorge der Menschen ernst nehmen, dann seien Sie nicht Sorgenverstärker, sondern seien Sie Problemlöser.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt sie nicht, die generelle Tendenz, dass der Wolf in Deutschland die Scheu vor dem Menschen verliert, das ist nicht nachweisbar. Hinsichtlich der Gefährlichkeit von in der freien Natur geborenen und aufgewachsenen Wolf-Hund-Mischlingen vertritt das Wolfskompetenzzentrum des Bundes aufgrund der Erfahrungen, die mit den Wolf-Hund-Hybriden 2004 in Sachsen gemacht wurden, die Auffassung, dass Hybriden sich gegenüber Menschen weniger scheu verhalten, insbesondere wenn diese von Hunden begleitet werden. So oder so steht im Wolfsmanagementplan – worauf ich noch mal hinweisen möchte –, wie mit Hybriden zu verfahren ist: Es folgt die Entnahme – und da stehen wir selbstverständlich auch zu dem, was wir bereits 2015 auf den Weg gebracht haben. Mein Haus nimmt sich selbstverständlich der Sorgen der Menschen vor dem Wolf an und liegt ein mögliches Gefahrenpotenzial für den Menschen vor, kann dieser aufgrund der bestehenden Regelungen im Bundesnaturschutzgesetz aus seinem Lebensraum entnommen, ja, getötet werden. Ich betone ausdrücklich: Natürlich hat die Sicherheit der Menschen oberste Priorität. Das weiß, wer den Wolfsmanagementplan schon mal in der Hand hatte, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Zu Ihrer Frage II: Im Jahr 2012 wurde der erste thüringische Wolfsmanagementplan fertiggestellt, also noch vor der ersten Sichtung eines Wolfes am 1. November 2013 bei Jena. Ich erinnere mich, als wir als rot-rot-grüne Landesregierung zusammengetreten sind, kurz darauf hatte Wolfgang Pidde mal darum gebeten, im Wahlkreis in Wölfis eine Veranstaltung zu machen, wo wir damals die DBBW eingeladen hatten. Und wir haben übrigens dort bei dieser Veranstaltung im Jahr 2014 in Wölfis über die Frage diskutiert: Brauchen die Schäfer zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt schon Herdenschutzhunde? Damals war die Rede von der einen Wölfin, aber nicht davon, dass das Rudel bald kommt. Die Möglichkeit steht freilich im Raum, die steht längst im Raum, aber damals sagten die Schäfer auch: Stellt euch das mal nicht so leicht vor – Sie sind übrigens nicht der Einzige, der ständig mit den Schäfern redet, das machen auch andere –, stellt euch das mal vor, wir sind jahrelang ohne Herdenschutzhunde ausgekommen und wir müssen erst mal ein Stück weit auch lernen, mit diesen
Herdenschutzhunden und den Schafen gemeinsam draußen unterwegs zu sein. Das ist auch nichts, was von heute auf morgen geht. Wir begleiten selbstverständlich all jene Schäfer, die sich einen Herdenschutzhund anschaffen wollen, bei der Frage, wie man das gemeinsam schaffen kann.
Der Managementplan wurde im Jahr 2016 unter Einbeziehung aller wichtigen Akteure aktualisiert, ebenso die Förderrichtlinie Wolf/Luchs. Damit ist der Schutz der Nutztiere gesichert, sind die Rahmenbedingungen geschaffen, dass die Weidetierhaltung nicht durch Wolfsrisse infrage gestellt wird. Wir haben gehandelt, wir sind vorbereitet. Nach dieser Richtlinie, die doch auch hier drinsteht, Herr Primas, erfolgen die Zuwendungen für Herdenschutzmaßnahmen in der Förderkulisse des Wolfsgebiets. Wenn Sie so wollen, ist das Gebiet, was wir in Ohrdruf zum Wolfsgebiet ausgerufen haben, vor allen Dingen ein Schafschutzgebiet, insofern als dass wir dort eine Förderkulisse haben und die Schäfer schnell unterstützen können – bei allen Maßnahmen, die sie brauchen. Noch mal: Wir sind vorbereitet. Und die Förderkulisse des Wolfsgebiets, die wir Mitte 2015 mit gut 2.800 Quadratkilometern großzügigst um das Einstandsgebiet der Ohrdrufer Wölfin herum ausgewiesen haben, trägt heute – eben weil wir schnell und unbürokratisch helfen können, eben weil wir ganz schnell Notfallsets zur Verfügung stellen, wo wir noch mal mit Elektrolitzen arbeiten können, wenn die Bestandszäune nicht halten. Und das funktioniert, und das funktioniert gut.
Nutztierrisse durch Wölfe und damit im Zusammenhang stehende Aufwendungen wie zum Beispiel Sachschäden an Zäunen oder Tierarztkosten oder das Beseitigen der toten Tiere und andere Dinge werden dadurch entschädigt. Ich sage nicht, dass diese Richtlinie in Stein gemeißelt ist. Im Gegenteil: Nicht nur hat heute die AG Wolf getagt, sondern wir haben auch regelmäßige Gespräche mit dem entsprechenden Verband und sitzen gemeinsam und überlegen, wie wir die erweitern. Wir arbeiten also gemeinsam daran und deswegen ist die Förderung der Herdenschutzmaßnahmen und das Entschädigungsverfahren auch in einer beschleunigten Bearbeitung. Ich habe die obere Naturschutzbehörde gebeten, alle Anträge vorrangig zu bearbeiten. Nicht nur, dass die Richtlinie flexibel angepasst werden kann, sondern denjenigen, die ein Problem haben, wird schnell geholfen. Geprüft wird auch, wie die Antragsformulare für Entschädigung und Präventionsförderung noch vereinfacht werden können. Außerdem wurde die Natura-2000-Station gebeten, vor Ort bei der Antragstellung zu unterstützen.
Ich muss Ihnen mal sagen: der bunte Fächer all jener Möglichkeiten, die wir haben, in so kurzer Zeit aufgespannt – und Sie wissen nicht um eine exakte