Mein Haus steht schon sehr lange über die Arbeitsgruppe Wolf im Austausch mit Betroffenen, Verbänden und Behörden; insbesondere mit dem Landesverband Thüringer Schafzüchter wird eng kommuniziert. Aufgrund der Risse im Jahr 2017 wurden als Sofortmaßnahme insgesamt neun Notfallsets besorgt; das habe ich schon erwähnt. Damit werden den Schäfern die vom Wolfskompetenzzentrum empfohlenen Zäune auch ausgereicht. Ein runder Tisch mit Schäfern und Schafzuchtverband sowie betroffenen Behörden wurde einberufen, um gemeinsam zu reagieren. In Kürze soll auch in diesem Gremium über die eben schon angesprochene Weiterentwicklung der Förderrichtlinie entschieden werden und die Entschädigung der Folgekosten steht natürlich im Mittelpunkt. Sie sehen doch daran, dass mir, dass uns der Fortbestand der Weidetierhaltung ebenso wichtig ist wie auch der gesetzesgemäße Schutz des Wolfes. Und weil es hier eben kein Entweder-oder gibt, unterstützt mein Haus die Tierhalter nicht nur durch die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen, sondern leistet auch aktive Aufklärungsarbeit. Dass das Wolfsmanagement Früchte trägt, wenn es sich an der Konfliktminimierung orientiert, zeigt im Übrigen wieder das Beispiel Sachsen. Im Jahr 2016 traten dort in neun von 19 Wolfsterritorien – also in fast der Hälfte – überhaupt keine Schäden bei Nutztieren mehr auf. Die Schadensschwerpunkte sind vor allen Dingen die neu besiedelten Wolfsreviere. Hier sind die Nutztiere oft noch unzureichend geschützt; dort konnten mit Erhöhung der Zäune weitere Wolfsrisse verhindert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Wolf benötigt für sein Überleben in der Bundesrepublik keine Nutztiere. Nach langjährigen Nahrungsanalysen sind sie – im Gegenteil – nur 1 Prozent der aufgenommenen Nahrungsmenge. Demgegenüber stehen zu über 90 Prozent Rehe und Wildschweine auf seinem Speiseplan. – Mein Kollege Staatsekretär Sühl hat ja heute bereits eine Mündliche Anfrage zur Frage „Schwarzwild“ beantwortet, Stichwort „Wildschweine“. – Der Wolf nutzt jedoch alle Möglichkeiten, um Beute zu machen. Daher ist es so wichtig, den Herdenschutz zu optimieren. Das thüringische Wolfsmanagement ist dynamisch angelegt. Das bedeutet, dass wir es selbstverständlich, wenn es neue wissenschaftliche und praktische Erkenntnisse innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen gibt, sofort fortentwickeln können. Deswegen sind wir auch im stetigen Austausch mit den anderen Bundesländern.
Es gibt demnächst einen Notfallplan für den Umgang mit verhaltensauffälligen Wölfen. Das vom Bund eingerichtete Wolfskompetenzzentrum erarbeitet hierfür derzeit die Standards, an welchen sich
Zu Punkt III: Das Monitoring zum Wolf wurde und wird derzeit weiter ausgeweitet. Hierfür wurden Kooperationsverträge mit dem Landesjagdverband Thüringen und dem NABU Thüringen geschlossen. Diese Verbände – sowohl der Landesjagdverband als auch der NABU – unterstützen ein landesweites Fotofallen-Monitoring zu Wolf und Luchs in Thüringen. Die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen zum Fotofalleneinsatz wurden einvernehmlich mit dem Landesbeauftragen für den Datenschutz geklärt.
Zusätzlich wird die TLUG personelle Verstärkung erhalten, um die Beratung und Unterstützung der Schäfer sowie das Monitoring dem gestiegenen Bedarf anzupassen. Im Bereich des Standortübungsplatzes Ohrdruf und allen anderen militärischen Liegenschaften nimmt der Bundesforst das Wolfsmonitoring wahr. Das Monitoring wurde dort bereits intensiviert. Die Anzahl der Fotofallen wurde nach Auskunft des Bundesforsts auch erhöht.
Zu Ihrem Punkt IV: Verstärktes Augenmerk richtet mein Haus auf die Optimierung der Umsetzung der eben genannten Maßnahmen. Es ist nicht nötig, jetzt noch mal eine zusätzliche Richtlinie zu verabschieden. Ich lege großen Wert darauf, dass die Schäfer natürlich, wie bereits erwähnt, einbezogen werden. Deswegen haben wir auch Gespräche mit Schafzuchtverband, Schäfern und weiteren Akteuren geführt und setzen diese auch fort. Neben den schon erwähnten Punkten ist dabei auch die Bestellung weiterer Rissgutachter zu nennen, die vorbereitet wird, weil sie notwendig scheint. Das seitens des Bundes eingerichtete Wolfskompetenzzentrum wird vom Umweltministerium an dieser Stelle begrüßt. So sehen wir auch, dass auch weitere Länder, die sich mit diesem Thema beschäftigen, gut betreut werden können.
Zu Ihrem Punkt V: Der schon von mir erwähnte Notfallplan für verhaltensauffällige Wölfe mit Darlegung von Ausnahmen – Vergrämung/Entnahme – wird auf Basis der fachlichen und rechtlichen Empfehlungen des Wolfskompetenzzentrums des Bundes erarbeitet. Hierzu bedarf es keiner neuen Verordnung. Eine Schutzjagd zu fordern, Herr Primas, ist reiner Populismus. Diese Forderung ignoriert die rechtlichen Fakten. Der Wolf untersteht nicht dem Jagdrecht, es kann daher keine Schutzjagd geben.
(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Beschäfti- gen Sie sich endlich mal mit dem Thema! Sie beschäftigen sich nicht einmal mit dem The- ma, wir schon!)
Weder die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes und der Bundesartenschutzverordnung durch den Bund noch die Änderung der FFH-Richtlinie der EU-Artenschutzverordnung durch die EU,
geschweige denn die Änderung der Berner Konvention oder des Washingtoner Artenschutzübereinkommens sind kurzfristig möglich. Wenn Sie diesen Weg gehen wollen, gehen Sie ihn. Es dürfte doch eigentlich auch der CDU bekannt sein, dass man mindestens diese fünf gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht einfach ignorieren kann. Ich wundere mich darüber.
Dass Sie trotzdem derartige Forderungen aufstellen, zeigt mir noch mal, dass Sie vielleicht die Sorge der Schäfer ernst nehmen, aber dass Sie es nicht ernst damit meinen, sich dem Problem ernsthaft zu widmen.
Insbesondere durch eine pauschale Quote bei einer Bejagung könnten die Schäden an Nutztieren übrigens sogar noch verstärkt werden. Lassen Sie mich das an einem Beispiel erläutern. Es ist erwiesen, dass territorial ansässige Wölfe gelernt haben, den Herdenschutz zu respektieren. Man könnte auch sagen: Wenn der Wolf einmal gegen den elektrisch geladenen Zaun gesprungen ist – klassische Konditionierung –, wird er das nicht wieder tun. Werden diese Wölfe geschossen, kommen neue Wölfe, wandern zu und benötigen erst diesen Lerneffekt. Dieses Beispiel zeigt, dass dann durchaus auch höhere Schadenszahlen entstehen können. Das sind zumindest die Nachweise, die wir auch vom Bundeswolfskompetenzzentrum so bekommen haben.
Die deutschen Wolfsreviere sind mit rund 150 bis 250 Quadratkilometern im internationalen Vergleich ziemlich klein. Das spricht für die hohe Nahrungsverfügbarkeit aufgrund günstiger klimatischer Bedingungen und hohe Wildbestände, denn die Wolfsdichten sind stark vom Beuteangebot an Schalenwild abhängig. So hat zum Beispiel der Bestand an Wildschweinen in den vergangenen Jahrzehnten übrigens auch durch die intensive Landwirtschaft mit gebietsweise großflächigem Maisanbau deutlich zugenommen. Konflikte mit dem Wolf können künftig infolge der möglichen weiteren Ausbreitung der Art noch an Intensität gewinnen, deswegen braucht es eine Verstärkung der Schutzmaßnahmen für Nutztiere und weitere abzuleitende Managementmaßnahmen, welche, wie gesagt, im Notfallplan angepasst werden können. Aber noch mal zur Präzisierung: Eine Jagd auf die gesetzlich streng geschützte Art widerspricht nationalem und europäischem Recht.
Zu Ihrem Punkt VI: Der Wolf wird im Anhang II der FFH-Richtlinie als geschützte Art geführt. Nach Anhang II der FFH-Richtlinie ist er zudem eine prioritäre Art; er ist also der höchsten Schutzkategorie zugeordnet. Die FFH-Richtlinie verpflichtet die Mit
Im letzten FFH-Bericht von 2013 wird der Erhaltungszustand des Wolfs in Deutschland sowohl für die kontinentale als auch für die atlantische Region als „ungünstig/schlecht“ mit Trend „sich verbessernd“ eingestuft. Mindestens 1.000 erwachsene Tiere einer isolierten Population bzw. mindestens 250 erwachsene Tiere einer nicht isolierten Population sind für eine bessere Zustandsbewertung erforderlich. Wenn dieser gute Erhaltungszustand erreicht ist, dann gehe ich auch davon aus, dass der Schutzstatus entsprechend herabgesetzt werden kann. Das sind ganz klare Regeln und Gesetze. Die machen wir nicht hier in Thüringen, sondern die haben ihren Grund und sind dementsprechend, was die Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustands betrifft, ganz klar im FFH-Anhang aufgeschrieben, kann man auch nachlesen.
Im Fall der Gefährdung von Menschen bzw. der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist es aber in jedem Fall so oder so möglich, dass die Polizei nach dem Polizeiaufgabengesetz befugt ist, Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr zu treffen – natürlich. Bei sonstigen außergewöhnlich zutraulichen Wölfen oder bedenklichen Verhaltensweisen sind die Maßnahmen noch mal im thüringischen Wolfsmanagementplan dargelegt. Kann die Verhaltensauffälligkeit zum Beispiel durch Vergrämung oder Beseitigung der Ursache nicht abgestellt werden, ist eine Entnahme und Tötung gerechtfertigt. Das Land wird dann zur Entscheidungsfindung in solchen Fällen das Wolfskompetenzzentrum des Bundes einbinden und schnell handeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unter dem Strich steht fest, das Land ist auf die Rückkehr des Wolfs vorbereitet. Wir kümmern uns gemeinsam mit den Verbänden um die Schäfer. Wir stellen Maßnahmen bereit, um auch denjenigen zu helfen, mit der entsprechenden Prävention vorzusorgen. Die genannten naturschutzrechtlichen Ausnahmebestimmungen erlauben bereits jetzt eine Entnahme von Wölfen und Hybriden in Thüringen. Derzeit wird gerade der Entscheidungsprozess vorbereitet, wie mit den sechs Wolfshybriden umzugehen ist. Wir werden zügig handeln, aber dabei leitet uns eben nicht nur der Artenschutz, sondern auch der Tierschutz und wir brauchen auch eine rechtssichere Entscheidung – eben weil wir wissen, dass das sehr genau hinterfragt wird, weil wir einen Präzedenzfall schaffen, der auch bundesweit durchaus für Aufregung sorgen dürfte. Eine Änderung gesetzlicher Regelungen, wie von der CDU beantragt, ist nicht erforderlich, sondern die beschriebene Verstärkung der Schutzmaßnahmen.
An dieser Stelle bitte ich Sie alle, obwohl das Thema dazu taugt, emotional aufgeladen zu werden, sich unserer Linie, nämlich der unbedingter Sach
lichkeit und Fachlichkeit, anzuschließen. Das ist im Sinne der Menschen Thüringens, im Sinne der Schäfer und damit auch im Sinne all jener, die unsere Unterstützung benötigen. Vielen Dank.
Aufgrund der Redezeit der Landesregierung stünde jetzt noch weitere Redezeit für die Fraktionen zur Verfügung. Gibt es denn noch Redebedarf? Das sehe ich nicht. Dann schließe ich die Debatte und wir können zur Abstimmung kommen.
Es sind zwei Ausschussüberweisungen beantragt. Zunächst die Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten. Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU und des fraktionslosen Abgeordneten Gentele. Gibt es Gegenstimmen? Gibt es Enthaltungen? Enthaltungen aus der AfDFraktion. Damit ist diese Ausschussüberweisung beschlossen.
Des Weiteren wurde die Überweisung an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz beantragt. Wer stimmt dieser Ausschussüberweisung zu? Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis
90/Die Grünen, der SPD, der CDU und der fraktionslose Abgeordnete Gentele. Gibt es Gegenstimmen? Gegenstimmen kommen aus der AfD-Fraktion. Damit ist auch diese Ausschussüberweisung beschlossen.
Dann müssen wir noch den federführenden Ausschuss bestimmen. Es wird beantragt, dass der Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz der federführende Ausschuss sein soll. Wer stimmt dem zu? Das sind die Stimmen der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, von Teilen der CDU und des fraktionslosen Abgeordneten Gentele. Gibt es Gegenstimmen? Das sind Teile der CDU. Gibt es Enthaltungen? Die AfD-Fraktion enthält sich. Damit ist als federführender Ausschuss der Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz bestimmt.
Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt und die heutige Sitzung und morgen früh um 9.00 Uhr sehen wir uns alle in alter Frische wieder.