Protokoll der Sitzung vom 03.11.2017

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so ist auch die Große Anfrage der AfD in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der nach wie vor anhaltenden Ukraine-Krise und den damit verbundenen Sanktionen der EU gegen die Russische Föderation zu sehen. Mit Ihrer Forderung nach einer bedingungslosen Beendigung dieser Sanktionen unterstützt die AfD direkt die imperialen Gelüste des autoritären Putin-Regimes.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sie akzeptiert damit die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch die Russische Föderation. Würde man diesem bedingungslosen Ansinnen der AfD nachgeben, hätte dies zur Folge, dass die Putins dieser Welt freie Hand bekämen und ihre völkerrechtswidrigen Handlungen nachträglich eine Legitimierung erfahren würden.

Für mich bleibt es nach wie vor unbegreiflich, woher eigentlich diese auffallende Russophilie der AfD kommt. Die Wenigsten, vermute ich – abgesehen von den einseitigen Begegnungen des Kollegen Rudy –, kennen doch von Ihnen Land und Leute so richtig.

Sehr geehrte Damen und Herren, kommen wir nun zu der Frage des inhaltlichen Mehrwerts dieser Großen Anfrage, die im Grunde genommen wirklich keiner braucht, da die angesprochenen Themenbereiche bereits wirklich in zahlreichen Ausschusssitzungen, Plenardebatten und Kleinen Anfragen von Kollegen anderer Fraktionen aufgegriffen und mit Faktenmaterial untersetzt worden sind.

Gern bin ich dazu bereit, Ihnen, verehrte Kollegen von der AfD, den Sand aus den Augen zu wischen, um mit den gestrigen Worten von Frau Muhsal zu sprechen. Als Sie im Mai dieses Jahres Ihre sogenannte Große Anfrage einreichten, hätte Ihnen durchaus bekannt sein müssen, dass es bereits im Vorfeld zahlreiche parlamentarische Initiativen gegeben hat, die gleichfalls entsprechendes Faktenmaterial abgefragt bzw. die gleichen Fragestellungen parlamentarisch thematisiert haben. So wurden die von der Großen Anfrage aufgegriffenen Themen bereits unter anderem durch die Plenarbehandlung im März dieses Jahres zum Problem „Wirtschaftssanktionen“ und im Februar/März 2017 zum Thema „Zukunft der Regionalpartnerschaften des Freistaats Thüringen“ sowie eine mit 169 Seiten beantwortete Kleine Anfrage „Internationale Kooperationen Thüringer Hochschulen“ der Kollegen Henfling und Schaft vom April dieses Jahres ausführlich beantwortet und diskutiert.

Meine Damen und Herren, anhand der abgefragten Themenschwerpunkte möchte ich einfach mal aufzeigen, an welchen Stellen die AfD ihre Mitarbeit verweigert hat und die Diskussion verschlafen hat. Thema „Regionalpartnerschaften“: Zum einen möchte ich Ihr Interesse auf den Bericht der Landesregierung „Zukunft der Regionalpartnerschaften des Freistaats Thüringen“ vom Februar 2017 richten – also drei Monate vor der Einreichung Ihrer Großen Anfrage. In diesem Bericht gibt es ein ganzes Kapitel – Kapitel 3, zum Nachschlagen – zu den Regionalkontakten in der Russischen Föderation. Darüber hinaus hat auch die CDU-Fraktion in diversen Ausschusssitzungen den Abbau der Regionalpartnerschaften problematisiert, insbesondere auch in der Russischen Föderation.

Der AfD-Fraktion fehlen anscheinend auch die nötigen Kenntnisse über die bestehenden Freundeskreise innerhalb des Landtags zu Regionen in Europa und der Welt. Ansonsten hätten Sie erkannt, dass es schon eine sehr lange und sehr enge Partnerschaft zwischen Thüringen und der Region Mordowien in Russland gibt. Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Egon Primas ist der Vorsitzende des Freundeskreises Mordowien und hat erst in diesem Jahr den Vorsitzenden der Staatsversammlung, Herrn Czibirkin, nach Thüringen eingeladen. Die freundschaftlichen Kontakte zwischen Thüringen und Mordowien bestehen seit über 15 Jahren. Darüber hinaus existiert auch eine Initiative von CDU-Abgeordneten zur Pflege von

Kontakten mit der Stadt und Region Kaliningrad. In diesem Kontext möchte ich vor allem meine Kollegin Christina Tasch erwähnen, die im Rahmen dieser Kontaktpflege gegenseitige Besuche von größeren Delegationsgruppen sowohl in Kaliningrad als auch in Thüringen pflegt und aufrechterhält.

Zusätzlich sei noch erwähnt, dass auch die Landesregierung mit einer Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation im April nach Tatarstan, Russland, gereist ist, um die Wirtschafts- und Wissenschaftsbeziehungen zwischen Thüringen und Tatarstan zu vertiefen. Und schließlich unterhalten sogar auch einige Kommunen in Thüringen einen regen kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Austausch mit verschiedenen Städten in Russland. Als Beispiel möchte ich an dieser Stelle die Stadt Jena anführen. Jena unterhält bereits seit 2009 eine enge städtepartnerschaftliche Beziehung zu der Stadt Wladimir im östlichen Außenbezirk zu Moskau. Seither besuchen Schulklassen, Politiker und Vertreter der Stadtverwaltung Jena regelmäßig die Stadt nahe Moskaus.

Kommen wir zum zweiten Hauptthema der Anfrage, der Wirtschaft. Sehr offensichtlich zielen die in der Großen Anfrage vom Einreicher gestellten Fragen zum zweiten Fragenkomplex „Wirtschaft“ auf das hier im Hohen Haus wiederholt diskutierte Thema der sogenannten Russlandsanktionen ab. Damit wiederholt die AfD-Fraktion, diesmal im Rahmen einer Großen Anfrage, lediglich ihre parlamentarische Initiative vom März dieses Jahres, ohne dabei einen neuen Aspekt oder neue grundlegende Erkenntnisse auf der Grundlage der gegebenen Antworten zu generieren. Besser wäre es gewesen, die AfD hätte zunächst ihre Große Anfrage eingebracht und dann auf der Grundlage der Antworten ihren Antrag vom März „Forderung der Thüringer Wirtschaft umsetzen“ nachgeschoben. Das wäre zumindest die übliche Verfahrensweise gewesen, aber bitte schön!

In diesem inhaltlichen Kontext möchte ich die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen und noch einmal den Standpunkt der CDU verdeutlichen, der in Form eines gemeinsamen Antrags und einer gemeinsamen Beschlussfassung mit den Regierungsfraktionen vom 23. März 2017 unter dem Titel „Für die Normalisierung der Beziehungen zur Russischen Föderation eintreten – Russlandsanktionen überwinden“ eine Mehrheit im Plenum gefunden hat. Voraussetzung für diese Normalisierung ist allerdings – im Unterschied zur AfD – die Umsetzung des Minsker Friedensplans für die Ost-Ukraine. In diesem Sinne enthält der Schlusssatz des damaligen gemeinsamen Antrags auch folgende unmissverständliche Formulierungen: „Für eine vollständige Aufhebung der Sanktionen muss gelten, dass alle Forderungen des Minsker Abkommens umgesetzt werden.“ Auch die Antworten auf die Große Anfrage zum Thema Wirtschaftssanktionen

bestätigen auf der Grundlage von Zahlen einmal mehr die überaus negativen Auswirkungen dieser Sanktionen auf die Thüringer Wirtschaft, die ich mit einem kurzen Abriss über die Reaktionen aus der Wirtschaft belegen möchte.

Wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Thüringen und Russland: Laut Wirtschaftsministerium pflegen 390 hiesige Unternehmen Handelsbeziehungen zu Russland. Der Verband der Thüringer Wirtschaft verwies darauf, dass sich das Geschäft in den vergangenen fünf Jahren halbiert habe. Der Anteil am Gesamtexport sank von 3,3 auf 1,5 Prozent. Ausfuhren und Einfuhren sind stark zurückgegangen. Ähnlich äußerte sich der Bauernverband. Die Auflagen müssen so schnell wie möglich fallen, so Thüringens Hauptgeschäftsführer Thomas Grottke. Gerade ordnet sich der Lebensmittelmarkt in Russland neu. Ich zitiere weiter Herrn Grottke: „Irgendwann brauchen die uns nicht mehr.“ Laut Grottke ist der Schaden besonders für die Milchbauern groß. Durch die fehlende russische Nachfrage habe sich der Milchpreis um 3 Prozent pro Liter reduziert. Der Verlust für die Thüringer Produzenten betrage damit etwa 30 Millionen Euro im Jahr.

Die IHK – wenn man die Stellungnahme sieht: Die Exporte Thüringer Unternehmen nach Russland sind seit Beginn der Wirtschaftssanktionen eingebrochen. Im Vergleich zu 2013 – und damit vor Beginn der wechselseitigen Sanktionen – seien die Lieferungen der Unternehmen um fast 43 Prozent auf nur noch 217 Millionen Euro im vergangenen Jahr gesunken. Mit der anhaltenden Wirtschaftsund Sanktionslage ist branchenübergreifend Ernüchterung eingekehrt, erklärte IHK-Geschäftsführer Gerald Grusser. Nach Einschätzung von Herrn Grusser könnte sich die Lage in diesem Jahr etwas verbessern, weil in Russland nach zweijähriger Rezession ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent erwartet werde. Trotz der Probleme mit Inflation und Wechselkursschwankungen könnten sich wieder wirtschaftliche Chancen für die heimische Wirtschaft bieten.

Meine Damen und Herren, es steht also außer Frage, dass die Schäden für die Thüringer Unternehmen immens sind, wobei auch die Gefahr besteht bzw. das Szenario bereits eingetreten ist, dass der russische Markt bereits ganz verloren gegangen ist. Es ist wahrscheinlich an der Zeit, dass bei den Bemühungen um die Umsetzung des Minsker Abkommens und damit auch bei der Aufhebung der Sanktionen endlich sichtbare Erfolge und verbindliche Übereinkommen getroffen werden. An dieser Stelle ist die Diplomatie nun einmal mehr gefragt, wenn man nicht hinnehmen will, dass dieses unbefriedigende Verhältnis zwischen EU und Russischer Föderation zu einem Dauerzustand wird, bei dem es nur Verlierer geben kann. Entscheidend wird dabei auch sein, wie viel Pragmatismus von beiden Sei

ten für eine endgültige Lösung dieses Problems zugelassen sein wird.

Meine Damen und Herren, da sich die AfD-Fraktion im Rahmen ihrer Anfrage offenbar wieder für ein Aufleben des Russischunterrichts an Thüringer Schulen stark machen möchte, gehört das ebenfalls zu den wundersamen Erkenntnissen aus dieser Anfrage – und der Kontext ist auch nicht so ganz nachzuvollziehen. Bei den meisten in der DDR sozialisierten Thüringern wird dieses Ansinnen jedoch eher Kopfschütteln hervorrufen angesichts von persönlichen Erinnerungen an einen zum Teil mit wenig Begeisterung absolvierten Russischunterricht in der eigenen Schulzeit.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das gilt für meinen Franzö- sischunterricht allerdings auch!)

Kurz gesagt: Meines Erachtens sind die derzeit an Thüringer Schulen angebotenen Russischangebote durchaus ausreichend und entsprechen vollkommen der internationalen Bedeutung dieser Sprache – was im Übrigen auch durch die Zahl der bestehenden Schulpartnerschaften und Projekte widergespiegelt wird, von denen es laut der Anfrage auf Frage Nummer 19 in Thüringen insgesamt 18 gibt.

Dass die Beziehungen zwischen Russland und Thüringen im Hochschulbereich wie im schulischen Bereich ebenfalls keine herausragende Stellung einnehmen, belegen die Zahlen hinsichtlich der aus der Russischen Föderation an Thüringens Hochschulen eingeschriebenen Studenten, deren Zahlen eher auf einem niedrigen Niveau zwischen 226 und 335 Studenten im Zeitraum zwischen 2009 und 2017 schwanken. Das Gleiche gilt für die an Hochschulen beschäftigten Mitarbeiter aus Russland, deren Zahl sich zwischen 34 und 46 im gleichen Zeitraum bewegt. Auch hier bleibt also festzuhalten, dass sich die Beziehungen zu Russland im Hochschulbereich vielmehr in die internationalen Kooperationen der Thüringer Hochschulen einordnen und im Vergleich zu anderen Beziehungen, wie zum Beispiel mit Ländern wie Frankreich, Spanien, USA, Italien und Großbritannien, eher eine untergeordnete Rolle spielen. Eine Antwort darauf, warum es nun sinnvoll für die Fortentwicklung unserer Hochschullandschaft sein sollte, die Bedarfe für Kontakte mit Russland in diesem Bereich künstlich zu erweitern, bleibt uns der Einreicher der Großen Anfrage, vielleicht ja auch der Russlandkenner Ihrer Fraktion, Herr Kollege Rudy, noch schuldig. Mir jedenfalls erschließt sich dieses Ansinnen nicht.

Meine Damen und Herren, abgesehen von den überschaubaren Fragen und Antworten für den Schulbereich wurden im Rahmen verschiedener parlamentarischer Initiativen im Thüringer Landtag die in der Großen Anfrage angesprochenen Themenschwerpunkte bereits umfassend mehrfach diskutiert, sodass meine Fraktion eine Weiterbehand

lung der Großen Anfrage im zuständigen Fachausschuss nicht für notwendig erachtet. Ich denke, es ist genug darüber ausgetauscht. Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Walsmann. Als Nächster hat Abgeordneter Müller für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, als ich die Antworten zu der sogenannten Großen Anfrage im Postfach hatte, hatte ich mich tatsächlich gefragt: Und dazu sollen wir jetzt auch noch reden? Worüber eigentlich? Ich habe einfach mal durchgeguckt, was wir zu Russland schon gehabt hatten. Bisher war es immer nur: Russlandsanktionen aufheben, aufheben, aufheben. Auch das hat sich jetzt wieder bestätigt. Spannend finde ich die Rolle von Herrn Rudy als selbst ernannter internationaler Wahlbeobachter; das war mir so auch noch nicht bekannt. Also, man lernt auch um diese Uhrzeit noch ein bisschen was dazu, ganz spannend besonders in dem Kontext der vorherigen, doch etwas langwierigen Debatte um Wahlbeobachtung und Wahlbetrug bei uns.

Nichtsdestotrotz, wir haben das Vergnügen, uns mit den Inhalten der sogenannten Großen Anfrage der AfD-Fraktion zu Wissenschafts- und Wirtschaftsbeziehungen Thüringens mit Russland und dort mit den Regionen Tatarstan, Mordowien und Kaliningrad zu beschäftigen. Ich werde so ein bisschen den Eindruck nicht los, dass das so nach Auftragsarbeit aussieht,

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Wahrschein- lich für Putin!)

also auch so eine Wahlbeobachtungsgeschichte in den Regionen. Ich frage mich da an der Stelle tatsächlich, ob das vielleicht so Russia today gewesen ist, vielleicht gibt es auch eine Reisekostenabrechnung mit denen, keine Ahnung. Kann man sicherlich machen.

Zwischen Thüringen und Thüringer Städten gibt es auf den verschiedensten Ebenen Kontakte zu Regionalregierungen und Städten der Russischen Föderation. Diese Kontakte, sehr geehrte Damen und Herren, werden trotz der schwierigen außenpolitischen Situation und trotz der wirtschaftlichen Sanktionen aufrechterhalten. Wir, Bündnis 90/Die Grünen, sehen die Kooperationen auf kultureller und Wissenschaftsebene durchaus als Garant für ein weiteres und zukünftiges Miteinander-Arbeiten, und zwar auch für einen Austausch zwischen den Men

schen, abseits der momentan bestehenden internationalen Auseinandersetzungen. Dieser Austausch kann die Basis für mannigfaltige Entwicklungen nach dem Ende der Russlandsanktionen darstellen.

Ein wesentlicher Teil der Fragen der AfD befasst sich mit den wirtschaftlichen Beziehungen und der Entwicklung dieser mit der Russischen Föderation. Das ist jetzt auch nichts Neues gewesen. Das hatten wir also auch schon in Ausschüssen und in vorherigen Sitzungen hier behandelt. Nicht erst heute steht die Forderung der AfD nach Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland im Raum. Die Beantwortung der Fragen zeigt sehr eindrucksvoll, welchen Umfang die Exporte nach Russland einnehmen. So stiegen sie in den Jahren 2010 bis 2012 von 289 Millionen Euro auf 421 Millionen Euro an, um dann bis zum Jahr 2016 auf rund 217 Millionen Euro wieder abzunehmen. Gleichzeitig – und ich finde, das darf man an dieser Stelle in keiner Weise verschweigen – stiegen die Gesamtausfuhren des Freistaats Jahr für Jahr weiter an. Im Jahr 2016 betrug der Exportanteil der Thüringer Wirtschaft immerhin insgesamt 1.440 Millionen Euro. Der Russlandanteil beträgt rund 15 Prozent dieses Volumens. Die Zahlen zeigen deutlich, dass die Gesamtwirtschaft Thüringens durch den ausgesprochenen Boykott nicht nachhaltig gestört wurde. Selbstverständlich trifft diese Aussage nicht auf das einzelne, durch den Boykott betroffene Unternehmen zu. Hier sind zweifelsfrei Auswirkungen zu verzeichnen. Nicht alle Unternehmen werden in der Lage gewesen sein, den Umsatzeinbruch vollumfänglich an anderer Stelle und unmittelbar auf anderen Märkten auszugleichen.

Sehr geehrte Damen und Herren, erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zum freien Unternehmertum. Es obliegt jedem Unternehmer, sich frei auf den Märkten national wie auch international zu bewegen. Es ist meine freie Entscheidung als Unternehmer, mir meine Absatzmärkte zu suchen. Es liegt auch in meinem Wirkungsbereich, diesen Absatzmarkt hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit wirtschaftlich wie auch politisch zu beobachten, zu bewerten und daraus auch meine Rückschlüsse für mein Agieren zu ziehen. Wiederholt haben wir zum einen darauf hingewiesen, dass wir als Thüringer Landtag für diese Sanktionen nicht verantwortlich sind, und zum anderen haben wir, Bündnis 90/Die Grünen, darauf verwiesen, dass wir die Sanktionen für rechtmäßig und erforderlich halten. Gern wiederhole ich auch unsere Haltung hierzu.

Leider haben wir keinen außenpolitischen Sprecher in unserer Landtagsfraktion, dennoch habe ich dieses würdevolle Amt heute gern übernommen. Ich möchte an dieser Stelle meinen Kollegen Nouripour zitieren: „Die beiden wichtigsten Ziele in der jetzigen Situation sind Kriegsvermeidung und die Bewahrung der territorialen Integrität der Ukraine. Dafür muss der politische Dialog auf allen Ebenen mit

(Abg. Walsmann)

den Russen auf das Intensivste gesucht werden.“ Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächste hat Abgeordnete Mühlbauer für die SPD-Fraktion das Wort.

Werter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Walsmann, ich möchte mich bei Ihnen bedanken, Sie haben eigentlich all das gesagt, was ich hier auch zu Pult bringen wollte. Ich kann mich Ihren Ausführungen zu 100 Prozent anschließen. Das war keine Große Anfrage, das war eine Wiederholung. Aber lassen Sie mich einfach noch mal explizit unseren parlamentarischen … Sie haben es erwähnt, ich weiß es, man findet fast nichts mehr Zusätzliches von den Dingen, die Sie schon erwähnt haben, das muss man auch mal dazu sagen. Aber ich bitte, hier anzumerken, in der 79. Sitzung des Thüringer Landtags am 23.03. – Herr Rudy, falls Sie das Protokoll suchen – hat die SPD-Fraktion gemeinsam mit der CDU-Fraktion, den Linken und den Grünen hier einen Alternativantrag eingereicht, und zwar zu Ihren Forderungen, dass die Russlandsanktionen aufgehoben werden sollten. Wir haben damals beschlossen: schrittweises Aufheben der Sanktionen, Normalisieren der Beziehungen zwischen Russland und Deutschland, Minsker Friedensabkommen, Friedensplan für die Ostukraine muss schrittweise umgesetzt werden.

Ich darf uns des Weiteren noch mal ins Gedächtnis rufen: Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee und Ministerpräsident Ramelow haben im April 2016 mit einer Wirtschaftsdelegation Russland besucht, um die Beziehungen zu stabilisieren. Beide sprachen sich in diesem Zusammenhang für Lockerungen aus. Bereits im Mai 2017 hat Wolfgang Tiefensee, unser Wirtschaftsminister, die negativen Sanktionen für die Thüringer Wirtschaft eingeräumt. Im ersten Halbjahr 2015 – Frau Walsmann hat es vorhin ausführlich referiert – sanken die Exporte der Thüringer Wirtschaft Richtung Russland – ich wiederhole es hier noch mal – um 35 Prozent. Wir setzen uns nach wie vor für eine Festigung der Kontakte ein. Kontakte dürfen nicht abreißen und Kontakte muss man pflegen.

Jetzt lassen Sie mich bitte ein Zitat anführen – Sie erlauben, Herr Präsident –: „Jeder wird so klug sein, zu wissen, dass man nicht auf der einen Seite Sanktionen dauerhaft aufrechterhalten und auf der anderen Seite darum bitten kann, zusammenzuarbeiten.“ Deswegen und aus diesem Grund sind Be

suche, Kontakte wichtig – das ist von Siegmar Gabriel gekommen, auch in diesem Jahr.

Jetzt lassen Sie uns mal herausarbeiten, was denn die Essentials Ihrer Anfrage sind. Die Landesregierung unterstreicht, den Kontakt zu Russland trotz der schwierigen Situation aufrechtzuerhalten. Die Landesregierung hat sich mehrfach für eine Lockerung der Sanktionen ausgesprochen. Aber, Herr Rudy, Diplomatie erfordert nicht nur plakative Forderungen und das Schüren von Ängsten, sondern das Aushandeln von zielführenden, tragfähigen Vereinbarungen – „Umsetzen eines Friedensprozesses“ als Stichwort. Die Annexion der Krim muss Reaktionen nach sich ziehen. Die Verletzung der Grenzen souveräner Staaten ist mit Blick auf den europäischen Wertekanon nicht kommentarlos hinzunehmen.

Dann möchte ich noch ein paar Anmerkungen machen, was auch berücksichtigt werden muss, warum die Exporte zurückgegangen sind. Es sind nämlich auf der einen Seite die Sanktionen, auf der anderen Seite haben wir aber auch eine zu betrachtende Wirtschaftslage in der russischen Wirtschaft vorgefunden. Wir hatten unter anderem ab dem Jahre 2012 einen extremen Preisverfall im Gas- und Ölsegment. Das brachte in Russland eine Rezession mit sich. In der Folge brach dort auch der Rubel ein, was zu einer mangelnden Kaufkraft führte. Seit Jahren verlassen westliche Banken Russland. Ich möchte hier erwähnen: 2010 Goldman Sachs, 2011 Barclays. Russlands Wirtschaftspolitik war und ist auch zusätzlich durch Zölle und künstliche Importquoten – ich möchte hier bloß mal das Stichwort „Mähdrescher“ einfügen – reglementiert, was ebenfalls Absatzhemmnisse nach sich zieht. Das heißt, wir haben das Eine, die Sanktionen, wir haben aber auch andererseits einen lokalen Markt.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren – und damit möchte ich schließen und mich den inhaltlichen Ausführungen noch mal der Kolleginnen und Kollegen hier anschließen –, diese Anfrage hat anscheinend für mich nur einen Zweck: auf diesem Weg latente Ängste bei der Bevölkerung zu stärken, die stärkere Identifikation mit Russland Ihrer Partei herauszuarbeiten und anscheinend die Auftragsarbeit oder die Dinge, die Sie in Ihr Hausarbeitsbuch bei Ihren Besuchen eingeschrieben bekommen haben, abzuarbeiten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ansonsten hatten wir hier keine Mehrwerte. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Müller)

Danke schön. Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Doch, noch eine Wortmeldung.

(Zwischenruf Abg. Rudy, AfD: Ich habe noch nicht geredet!)