Protokoll der Sitzung vom 03.11.2017

Ich möchte die Antwort nachliefern. Ich habe gesagt, es ist Rang 3 der verordneten Medikamente. Es nimmt aber vom Umsatz her nur 0,13 Prozent ein. Eines der häufigsten verordneten Medikamente nimmt im Rahmen des Umsatzes für die Pharmafirmen nur 0,13 Prozent ein. Es ist einfach zu billig. Das heißt, ich habe 85 Millionen Einzeldosen, die aber nur 215 Millionen Euro kosten. Das heißt, ich zahle für eine Tagesdosis 2,50 Euro oder auf die Tablette runtergerechnet ungefähr 40 Cent. Dieser Zustand ist der Grund, warum wir hier eine Knappheit erleben. Es ist eine künstliche Verknappung eines Medikaments, um die Preise zu manipulieren.

(Beifall SPD)

Das ist jetzt nicht so weit hergeholt, denn wir erleben genau dasselbe im Moment in den USA. Wir haben gerade dort die Diskussion darum, warum ein Hepatitis-C-Medikament für eine Behandlungseinheit 1.000 Dollar kosten muss, obwohl bei branchenüblichen Gewinnmargen das Ganze für 50 Dollar über den Tisch gehen könnte – also das Zwanzigfache dessen, was man bei normalen branchenüblichen Gewinnmargen erlösen könnte. Das ist genau das Ziel, was hier im Prinzip angestrebt wird. Es soll eine Liberalisierung des Pharmamarkts durchgeführt werden, man möchte von Arzneimittelpreisbindung, von Rabattverträgen usw. runterkommen.

Dass es sich um eine künstliche Verknappung handelt – und das hat Herr Kubitzki vorhin schon gesagt –, erkennt man auch daran, dass es nie die Grenze zur Gefährdung der Patienten überschreitet. Wir sind immer nur so in dem Level, dass es immer noch Ersatzmedikamente gibt, dass es am Ende doch immer noch eine Liefermöglichkeit gibt. Wäre es tatsächlich so, dass wir durch unvorhergesehene Ereignisse plötzlich nicht mehr liefern könnten, dann würde es an irgendeiner Stelle dazu kommen, dass wir tatsächlich die Patienten nicht versorgen können. Das ist aber nicht in einem einzigen Fall vorgekommen. Das passiert einfach nicht. Denn dann würde der Staat eingreifen müssen. In dem Moment, in dem wir tatsächlich feststellen, dass die Patienten gefährdet sind, weil wir denen die notwendigen Medikamente nicht mehr zur Verfügung stellen können, dann wäre staatliches Handeln zwingend erforderlich. Das möchte man allerdings auch nicht. Das heißt, es gibt zwar immer einen Engpass, aber nie tatsächlich ein Problem. Darum halte ich das für eine künstlich herbeigeführte Verknappung.

Ich habe das auch schon einmal persönlich erlebt. Ich habe vor zehn Jahren hier in Erfurt eine Impfstelle geleitet. Als ich damit angefangen habe, kostete die Dosis Tollwutimpfstoff – das ist nun kein le

benswichtiges Medikament, das ist mehr eine Reiseimpfung – zwischen 20 und 25 Euro. Damals gab es in Frankreich zwei Fabriken, die das geliefert haben. Noch während der zwei Jahre, die ich diese Impfstelle geleitet habe, wurde eine dieser Fabriken geschlossen und die andere unter drastischer Reduktion der Ausstoßraten modernisiert. Heute, zehn Jahre später, ist es so, dass die Impfstoffdosis für Tollwut mit einer Wartezeit von zwei bis vier Wochen etwa 60 bis 80 Euro kostet. Das ist eine Verdreifachung des Preises.

Genau das ist der Punkt, auf den unsere Pharmaindustrie hinsteuert, eine künstliche Verknappung von Medikamenten, eine künstliche Panikreaktion, die dann ausgelöst wird, immer unterhalb des Levels, dass der Staat eingreifen muss, weil eine Patientengefährdung vorliegt. Das sollte man sich auch nicht bieten lassen.

(Beifall SPD)

Ich glaube nicht – wie auch Herr Kubitzki gesagt hat –, dass es hier darum geht, die Rabattverträge dafür verantwortlich zu machen; er hat das auch schon festgestellt. Ich glaube nicht, dass wir zu wenig Rabatt, zu wenig Reglementierung im Preis haben. Ich möchte keine amerikanischen Verhältnisse. Ich möchte nicht, dass ein Unternehmen die Preise für Medikamente frei bestimmen kann, wie es in den USA der Fall ist. Ich möchte, dass wir für jeden Kassenpatienten eine bezahlbare Therapie haben. Das halte ich für ein hohes Gut. Ich möchte nicht, dass eine kleine Krankenkasse – wie es schon passiert ist – durch die Therapie einzelner Erkrankungen plötzlich in die Lage versetzt wird, dass sie bankrottgeht, weil sie bestimmte Therapien einfach nicht mehr leisten kann. Das darf nicht sein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus diesem Grund bin ich der Überzeugung, dass man nicht ein Abschaffen der Preisbindung oder ein Abschaffen der Rabattverträge anstreben sollte. Ich glaube, hier braucht es eine Anpassung. Wir müssen den Firmen, die die entsprechenden Rabattverträge erhalten, auch auferlegen, dass es Mindestliefermengen geben muss. Das heißt, sie müssen im Voraus sagen: Ja, wir können das rabattierte Medikamente in der projektierten Größenordnung tatsächlich jederzeit zur Verfügung stellen. Sollte das nicht der Fall sein – es kann ja sein, dass sie sagen, wir haben die Kapazitäten nicht –, dann muss man eben darüber nachdenken – auch das ist schon angeregt worden –, ob man diesen Rabattzuschlag nicht lieber mehreren Firmen gibt oder ob man nicht das Los verkleinert. Auch das ist eine Option. Ich glaube nicht, dass es da ein Weniger an Regulierung braucht.

Ich glaube, man muss deswegen eine dramatische Nachjustierung vornehmen, weil wir uns nicht zum Spielball von Interessen machen lassen dürfen, schon überhaupt nicht auf dem Rücken von Patienten. Ich finde es unmöglich, dass durch diese suggerierten Engpässe Menschen verunsichert werden. Da ist keine Schuld bei der CDU, die das thematisiert, sondern ausdrücklich bei den tatsächlich suggerierten Engpässen durch die Pharmafirmen. Ich finde es richtig, dass man das thematisiert, ich finde es richtig, dass man darauf reagiert, aber ich glaube nicht, dass man über das Stöckchen springen sollte, das uns da hingehalten wird.

Jetzt noch mal ein Wort zu der „Aufschieberitis“ oder was auch immer eben gerade kritisiert worden ist. Nein, das hat nichts mit „Aufschieberitis“ oder so zu tun. Es ist einfach kein Länderproblem, es ist ganz klar ein bundesrechtliches Problem.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können zwar im Bundesrat alle möglichen Maßnahmen begleiten, aber wir können das Problem nicht lösen. Das ist die demokratische Verfasstheit, die Verfassung unseres Staates, dass es eben unterschiedliche Ebenen gibt, auf denen man unterschiedliche Probleme lösen kann. Das hier pauschal mit solchen Worten wie „Aufschieberitis“, „ewige Ausschussberatung“ und so was zu verunglimpfen, legt die Axt an diese demokratische Verfasstheit unseres Staates, weil es suggeriert, dass wir uns nicht kümmern wollen. Wir wollen uns kümmern, aber es liegt nicht in unserem Bereich. Vielen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Abgeordneter Zippel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nachdem ich schon die Berichterstattung aus dem Ausschuss machen durfte, freue ich mich, jetzt ein bisschen politischer werden zu dürfen.

Zunächst gleich zu meinen Vorrednern: Ich muss sagen, ich habe selten eine so sozialistische Rede von Herrn Kubitzki gehört – in alter Tradition. Die Kritik an der Pharmaindustrie …

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sind Sie jetzt neidisch?)

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Aber die von Herrn Hartung war gut!)

(Abg. Dr. Hartung)

Die von Herrn Hartung, darauf komme ich auch gleich zu sprechen.

Frau Herold hat – auch in gewisser Tradition – alles kritisiert, es ist alles verkehrt und alles ist schlecht.

Herr Dr. Hartung: Das Problem ist, wenn man bei einer Anhörung nicht dabei war und sich im Nachhinein nur eine einzelne Problemlage herauspickt, besteht die Gefahr, dass man zu kurz springt. Genau das ist Ihnen passiert. Sie haben leider nur eine einzige Problemlage herausgenommen, einen einzigen der Teilnehmer aus der Anhörung zitiert. Dadurch haben Sie leider einige wesentliche Dinge, die Teil der Anhörung waren, schlichtweg nicht aufgegriffen, einige Problemlösungsansätze, aber eben auch einige Probleme, die über das hinausgehen, was Sie jetzt etwas verkürzt zusammengefasst haben. Das Problem ist dann doch etwas komplexer.

Ich will zu der Anhörung auch noch einige Dinge sagen.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Und jetzt kommt es!)

Ich will mich vielleicht gar nicht so lange auf diesen theoretischen Ebenen, über dem bewegen, was wir gerade hatten, sondern ich will mich tatsächlich mal auf die Anträge konzentrieren, die wir heute hier liegen haben.

Herr Abgeordneter Zippel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Hartung?

Immer wieder gern.

Das freut mich. Herr Zippel, können Sie sich vorstellen, dass ich diesen einen herausgegriffenen Sachverhalt exemplarisch genommen habe? Ich hätte auch das mehrfach erwähnte Meropenem nehmen können, ein 30 Jahre auf dem Markt befindliches Medikament. Ich hätte auch andere Antibiotika nehmen können, die Sachlage ähnelt sich sehr. Ich habe das an einem sehr dramatischen Beispiel gemacht. Bitte nehmen Sie das eine als Beispiel des Ganzen. Stimmen Sie mir darin zu, dass ich doch wesentlich länger hätte dazu reden können?

Ich stimme Ihnen zu, Sie können ein Vielfaches länger reden, solange es die Präsidentin Ihnen erlaubt. Aber Sie haben mich dann nicht ganz verstanden. Ich meinte nicht das einzelne Medikament, was Sie herausgepickt haben, ich meinte den einzelnen Be

richt aus dem Ausschuss, den Sie rausgepickt haben, eben dieses Pharmagroßhändlers, der aus seiner eigenen speziellen Sicht die Problemlage beschrieben hat. Wenn Sie zum Beispiel die Berichterstattungen der einzelnen Häuser, zum Beispiel der Krankenhäuser oder der Pharmahersteller, gehört hätten, dann hätten Sie einen anderen Schwerpunkt bekommen. So hatten Sie nur den Pharmahersteller und das ist eine kleine Verkürzung. Aber das ist schon recht, wir haben eine verkürzte Redezeit. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es doch um einiges komplexer ist.

Ich will an der Stelle trotzdem noch einmal auf die Anhörung eingehen, die doch in der Art und Weise, wie wir sie durchgeführt haben, meiner Ansicht nach eine sehr qualitätsvolle war. Ich habe gerade die Vorsitzende des Ausschusses vor mir, sie nickt zustimmend. Ich denke, wir haben hier sehr intensiv debattiert. Die Debatte ging über mehrere Stunden und die Ergebnisse waren erstens, dass die Lieferengpässe bei lebenswichtigen Medikamenten ein ernstes, aber vor allen Dingen auch ein weitverbreitetes Problem sind. Bei „ernst“ waren wir uns vorher schon alle klar, aber der Umfang und die Breite des Problems wurden von allen Anzuhörenden noch mal deutlich betont. So berichteten die Krankenhausvertreter, dass Lieferengpässe, aber auch Lieferabrisse, Lieferunfähigkeit in den letzten Jahren an der Tagesordnung waren. Wo wir das immer nur punktuell mitkriegen, wurde uns hier noch mal klar und deutlich gesagt, dass dies zum Alltagsgeschäft gehört und dass vor allen Dingen sensible Dinge wie Standardantibiotika hiervon betroffen sind.

Worauf ich an der Stelle noch mal hinweisen möchte, ist, dass bei Rückgriff auf Ersatzmedikamente die Gefahr von Nebenwirkungen droht. Das muss besonders unterstrichen werden, weil ich das Gefühl habe, dass in der öffentlichen Diskussion oft so getan wird, als könne man fehlende Medikamente eins zu eins durch andere Medikamente ersetzen. Da macht man es sich schlichtweg zu einfach, denn der Arzt hat sich nicht umsonst für einen bestimmten Wirkstoff, für ein bestimmtes Medikament entschieden. Ersatzmedikamente haben immer in einer irgendwie gearteten Art und Weise Nachteile. Vor allem aber wird das Risiko der Entstehung von Resistenzen erhöht.

Zweitens hat die Anhörung ein für mich wichtiges Element ergeben – ich möchte fast sagen, leider ergeben –: Es gibt keine einfachen Lösungen. Wir stehen hier vor einem globalen Problem, wie es ja auch aus den Beiträgen der Kollegen schon deutlich wurde. Wir sehen die Risiken und Nebenwirkungen einer globalisierten Gesellschaft. Insofern sehen wir uns aber auch in der Stoßrichtung unseres Antrags bestätigt, die Landesregierung aufzufordern, eine umfassende Strategie für Produktionsund Lieferfähigkeit der pharmazeutischen Industrie

zu erarbeiten und dahin gehend ihren Einfluss im Bundesrat geltend zu machen.

Es wurde schon darauf abgezielt und so ist es nun mal, dass es mitunter Schicksal von Anträgen ist, die lange im parlamentarischen Prozess der Bearbeitung sind – und bei diesem ist es nun fast ein dreiviertel Jahr –, dass sie ein Stück weit von der politischen Realität überholt werden. In diesem Fall sage ich: Gott sei Dank, es wurden Fakten geschaffen, es wurden inzwischen Dinge angepasst. Ich meine hier zum Beispiel konkret Punkt 1 unserer Forderung, wo wir die Hersteller verpflichten wollen, Ärzte und Apotheker über Lieferschwierigkeiten unverzüglich zu informieren. So kam es im April 2017 dazu, dass das Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in Kraft getreten ist. Dieses schaffte nun eine Meldeverpflichtung für pharmazeutische Unternehmer bei versorgungsrelevanten Medikamenten. Also einen Monat nachdem wir unseren Antrag hier im Plenum eingebracht haben, kam es auf Bundesebene zu dieser Anpassung.

Ich bin dankbar, dass sich Bundesgesundheitsminister Gröhe dieses Themas angenommen hat, also auch die Bundesregierung verstanden und erfasst hat, wie wichtig dieses Thema ist und wie groß die Problemlage ist. Dieses Gesetz wird dazu beitragen, dass sich Krankenhäuser und Krankenhausapotheken besser auf drohende Engpässe einstellen können. Es löst aber nicht grundsätzlich das Problem und es wird immer mal wieder dazu kommen, dass Medikamente und Rohstoffe nicht verfügbar sind. Das müssen wir einfach auch so konstatieren. Es hilft aber zu verhindern, dass Krankenhäuser und deren Apotheken von Engpässen überrascht werden. Das war letztlich auch der Grund, warum es jetzt zu diesem Antrag der CDUFraktion und zur Anhörung kam, dass Krankenhäuser sich an uns gewendet haben, dass sie eben von Lieferengpässen überrascht wurden. Es kann nicht sein, dass wir von einem Tag auf den nächsten nicht wissen, ob dieses Medikament da ist. Unsere Apotheke sagt plötzlich, es ist nicht da, und wir müssen damit dann vor Ort hantieren an den Patienten und es kommt zu besagten Problemen, Nebenwirkungen und anderem.

Vor diesem Hintergrund haben die Koalitionsfraktionen nun einen Alternativantrag gestellt; ich muss sagen: ein wahrhaft wegweisendes Dokument. Ich darf zitieren aus Punkt I: „Die Versorgung der Bevölkerung mit sicheren Arzneimitteln obliegt den Apotheken und wird in Thüringen flächendeckend sichergestellt. Die stationäre Versorgung wird durch Krankenhausapotheken beziehungsweise krankenhausversorgende Apotheken sichergestellt.“ Wahnsinn! Also wenn Sie uns das früher gesagt hätten, hätten wir uns einen großen Teil der Expertenanhörung sparen können, denn diese Punkte sind doch wirklich kein Mehrwert in der Erkenntnis. Ich weiß nicht, warum Sie solche Selbstverständlichkeiten

noch reinschreiben. Ich meine, es ist nichts Falsches daran – das muss man einfach mal so sagen –, aber in einen Antrag als ersten Punkt hineinzuschreiben, dass quasi die Apotheken für die Versorgung zuständig sind,

(Zwischenruf Abg. Kubitzki, DIE LINKE: „Der Landtag stellt fest [...]“ steht obendrüber!)

ist mir doch schon ein bisschen flach und zeigt, dass es Ihnen ein bisschen schwergefallen ist, hier einen Antrag zusammenzuzimmern, und Sie im Herzen doch schon große Sympathien für den CDU-Antrag hegen.

Der Verweis auf das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz, das im März verabschiedet wurde, ist in Ihrem Antrag genauso wichtig wie der Verweis auf den Jour fixe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Aber das sind letztendlich alles nur Instrumente, um den Mangel zu verwalten. Es kann nichts am grundsätzlichen Problem ändern, nämlich der Produktionsverlagerung in außereuropäische Länder und die damit einhergehende Abhängigkeit von Dritten, von Qualitätsmängeln, aber eben auch von Produktionsausfällen.

Unser Antrag ist deshalb weiterhin aktuell, weil wir im Gegensatz zu Ihnen nicht nur die Problemlage beschreiben und uns auf andere Regelungen berufen, sondern konkrete und handfeste Maßnahmen fordern, nämlich die Strategie gegen Lieferengpässe zu erarbeiten und hier im Bundesrat tätig zu werden. Diesen Punkt haben Sie leider in Ihrem Antrag vollkommen ignoriert. An der Stelle ist es, denke ich, Zeit, Taten und nicht nur Worte folgen zu lassen.

Das Thema ist zu wichtig, um zu sagen, die Akteure müssen einfach mehr miteinander reden, und dann hoffen wir einfach mal das Beste. Mir ist trotzdem klar, auch heute, dass Sie unseren Antrag ablehnen werden, dafür haben Sie, denke ich, auch zu viel Mühe in Ihren eigenen gesteckt. Aber Sie werden Ihren Antrag beschließen, der Selbstverständlichkeiten auflistet und der keinem wehtut. Ob das die richtige Politik ist? Ich glaube eher nicht. So kann man auch Politik betreiben, aber ich sehe das schon etwas anders.

Lassen Sie uns doch im Lichte der Anhörung das Problem grundsätzlich neu denken, jenseits von starren Anträgen. Ich möchte auch hier die Chance kurz nutzen, einige Ideen anzustoßen. Mir ist egal, wer dann als geistiger Vater irgendwelcher Maßnahmen gilt. Wichtig ist mir und der gesamten CDU-Landtagsfraktion die Versorgungssicherheit der Bevölkerung.

Ich will das mit einem Appell an die Fachpolitiker der Koalition und auch an das Gesundheitsministerium verbinden, die hier bei der Anhörung dabei waren. Sie haben die Berichte über die Situation in Krankenhäusern gehört, Sie kennen die Probleme.

Nun denken Sie doch bitte über konkrete Maßnahmen nach, die das Problem an der Wurzel anpacken, anstatt Selbstverständlichkeiten zu zitieren und sich in Gemeinplätzen zu verlieren. Informationspflichten und Beratungsgremien sind gut und schön, aber lassen Sie uns doch zum Beispiel – da komme ich zu einigen Vorschlägen – über eine landeseigene Medikamentenreserve außerhalb der Pandemievorsorge nachdenken. Der Kostenfaktor ist mir klar. Aber ich erwarte von der Landesregierung mehr, als nur auf die Kosten zu zeigen. Warum nicht die Medikamentenreserve für Epidemien oder Großschadensereignisse auch für solche Medikamente nutzen, die anfällig für Lieferengpässe sind? Die Lagerkapazitäten sind vorhanden, wir wissen, wie damit umzugehen ist, das Know-how ist vorhanden. Also warum das nicht miteinander sinnvoll kombinieren?

Eine zweite Anregung: Thüringen ist Standort der Gesundheitswirtschaft. Wir wissen alle, wie wichtig die Gesundheitswirtschaft für Thüringen ist. Wir haben eine lange Tradition der Arzneimittelherstellung im Freistaat. Leider ist der Wirtschaftsminister gerade nicht da, aber er soll sich von mir imaginär angesprochen fühlen. Sollen wir doch versuchen, verstärkt auch wieder Pharmaunternehmen in Thüringen anzusiedeln. Ich gebe an der Stelle nicht so leicht auf wie meine Vorredner, die gesagt haben, wir haben keine Chance, das zu steuern. Natürlich haben wir in der Politik Chancen, das zu steuern, natürlich haben wir die Möglichkeit, Einfluss auf die Wirtschaft zu nehmen und zu sagen: Ja, doch, klar, wir wollen gemeinsam mit der Wirtschaft hier für die Versorgung der Bürger verantwortlich sein, die Versorgung stärken, aber gleichzeitig vielleicht auch einen Wirtschaftsstandort in Thüringen, der Tradition hat, wieder aufbauen, wieder neu stärken. Also warum nicht diese Produktion zurück ins Land holen, vor allen Dingen aber auch die Produktion von Rohstoffen? Das wäre ein wichtiger Beitrag für die Versorgungssicherheit, wie ich schon betont habe.

Noch ein dritter Appell: Schützen Sie unsere Apotheken. Ich weiß, ich wiederhole mich an dieser Stelle immer wieder gern und wir haben den Apothekenantrag ja auch schon im Plenum gehabt. Aber dieser Appell ist mir einfach zu wichtig, denn die Apotheken sind das wichtige Standbein der Medikamentenversorgung im Freistaat. Der Apotheker vor Ort wird sich immer ein Bein ausreißen, um seine Kundschaft mit Medikamenten zu versorgen. Auch bei Lieferengpässen wird der Apotheker vor Ort das Unmögliche möglich machen. Von OnlineApotheken ist das in diesem Umfang wohl nie zu erwarten. Deshalb ist die Apotheke vor Ort so wichtig. Wir brauchen sie und deshalb müssen wir sie schützen.