Noch ein dritter Appell: Schützen Sie unsere Apotheken. Ich weiß, ich wiederhole mich an dieser Stelle immer wieder gern und wir haben den Apothekenantrag ja auch schon im Plenum gehabt. Aber dieser Appell ist mir einfach zu wichtig, denn die Apotheken sind das wichtige Standbein der Medikamentenversorgung im Freistaat. Der Apotheker vor Ort wird sich immer ein Bein ausreißen, um seine Kundschaft mit Medikamenten zu versorgen. Auch bei Lieferengpässen wird der Apotheker vor Ort das Unmögliche möglich machen. Von OnlineApotheken ist das in diesem Umfang wohl nie zu erwarten. Deshalb ist die Apotheke vor Ort so wichtig. Wir brauchen sie und deshalb müssen wir sie schützen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage es gern noch einmal: Auch wenn Sie unseren Antrag ablehnen werden, sehen Sie ihn doch als An
stoß. Seien Sie kreativ, suchen Sie nach neuen Wegen, entwickeln Sie eine umfassende Strategie gegen Lieferengpässe bei Medikamenten und bringen Sie vor allen Dingen unsere Erkenntnisse, die wir in dieser wirklich guten Anhörung gesammelt haben, auf Bundesebene ein. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Schülerinnen und Schüler, sehr geehrte Gäste, es wurde heute schon sehr viel gesagt und ich bedanke mich auch ganz herzlich für diese konstruktive Debatte bisher. Das Thema, das wurde hier auch deutlich, nehmen wir sehr ernst und ich glaube auch – Herr Zippel, das können Sie nicht abstreiten –, wir diskutieren immer sehr konstruktiv über jedes Thema, gerade im Gesundheitsbereich. Dass wir nun einen Alternativantrag gemacht haben, das ist so. Ich finde unseren Antrag auch wichtig und es ist halt nun mal so in unserem Geschäft. Aber wir nehmen das auch sehr ernst und natürlich können wir das Thema auch weiterverfolgen. Ich finde es auch sehr wichtig, denn ich glaube, wir sind uns alle einig, Lieferengpässen bzw. Versorgungsmangel besonders bei lebenswichtigen Medikamenten, dem muss entgegengewirkt werden. Ich spreche hier auch besonders für Krebs- und Notfalltherapeutika. Ich glaube, da sind wir uns auch alle hier in diesem Haus einig.
Es wurde schon gesagt, wir haben eine umfangreiche Anhörung zu diesem Thema gemacht. Es wurde schon sehr viel berichtet und an dieser Stelle möchte ich mich da auch kurzfassen. Die Ministerin hatte dazu das letzte Mal schon berichtet. Aber die Expertinnen und Experten warnen zusätzlich davor, dass die oben genannten Engpässe die Patientensicherheit gefährden und die Resistenzentwicklung durch das Ausweichen auf Ersatzantibiotika weiter verstärken könnten. Ist ein Medikament nicht erhältlich, müssen Patientinnen und Patienten mit Alternativpräparaten behandelt werden, die aber unter Umständen schlechter wirken oder mehr Nebenwirkungen aufweisen. Das hat Herr Zippel auch schon gesagt. Oftmals müsse dann auf Antibiotika mit unnötig breitem Wirkstoffspektrum zurückgegriffen werden. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich immer weitere, kaum noch zu behandelnde Resistenzen bilden. Aber auch dieser Aspekt wurde in der Anhörung beleuchtet.
Strang ziehen. Das wurde hier auch schon gesagt. Daher haben wir als rot-rot-grüne Koalition diesen Änderungsantrag hier eingebracht, der genau diese Verbindung herstellt.
Wir stellen fest, dass erstens die Versorgung der Bevölkerung mit sicheren Arzneimitteln den Apotheken obliegt und in Thüringen flächendeckend sichergestellt wird, zweitens, dass die stationäre Versorgung durch Krankenhausapotheken bzw. krankenhausversorgende Apotheken sichergestellt wird, und drittens, dass die Lieferengpässe bei Arzneimitteln in der Praxis zu Mehraufwand bei den beteiligten Akteuren führen. Die Lieferengpässe bei Arzneimitteln haben dennoch vielfältige Gründe, die auch im Antrag genannt sind. Auf Bundesebene wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV eine Meldeverpflichtung für pharmazeutische Unternehmen für versorgungsrelevante Arzneimittel zur stationären Versorgung eingeführt. Das heißt konkret, dass pharmazeutische Unternehmen seit dem 13.05.2017 im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit Krankenhäusern ihnen bekannt gewordene Lieferengpässe bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln umgehend zu melden haben. Weiterhin wurden in dem Gesetz Erleichterungen beim Import von Arzneimitteln durch krankenhausversorgende Apotheken zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Patienten des Krankenhauses erlassen.
In unserem Antrag begrüßen wir ausdrücklich die Etablierung des Fachgremiums zu Lieferengpässen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte – Jour fixe –, welches Vertreter und Vertreterinnen der Ärzteschaft, der Apothekerschaft und der pharmazeutischen Industrie vereint und die Versorgungslage mit versorgungskritischen Arzneimitteln beobachtet und bewertet. Außerdem bitten wir die Landesregierung, erstens die Beratung im oben genannten Jour fixe zu unterstützen, zweitens relevante Informationen und Empfehlungen aus dem Jour-fixe-Expertengremium an die beteiligten Akteure in Thüringen zu kommunizieren und drittens dem Landtag bis zum IV. Quartal 2018 einen Bericht über die Entwicklungen zum Thema „Lieferengpässe bei lebenswichtigen Medikamenten in Thüringen“ vorzulegen. Das zeigt auch, dass wir das Thema weiter behandeln werden und wir nächstes Jahr dazu einen Bericht bekommen, wie sich das entwickelt.
Wir werden also, wie gesagt, diesen Lösungsprozess weiterhin beobachten und beraten. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Herzlichen Dank.
Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Kubitzki, Fraktion Die Linke, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Zippel lacht schon. Klar, den Sozialismus kann ich nicht auf mir sitzen lassen, das ist erst mal so. Am Rande muss ich Ihnen sagen, ich habe vorhin gesagt, die Anhörung war eine Lehrstunde der Politischen Ökonomie des Kapitalismus. Ich will nur sagen: Nächstes Jahr feiern wir den 200. Geburtstag von Karl Marx.
Ich musste auf der ITB im Februar feststellen, dass das Bundesland Rheinland-Pfalz dazu sogar eine Landesausstellung durchführt – also da war ich schon begeistert –, und das wird nicht von Rot-RotGrün regiert. Die machen eine Landesausstellung, also muss der Herr Marx doch gar nicht so viel Schlechtes geschrieben haben. Nein, der hat nämlich genau analysiert, worüber wir heute hier sprechen, das will ich nur mal sagen. So weit zum Sozialismus.
Aber Sie hatten vier Punkte genannt. Der erste Punkt ist, Herr Zippel, Sie haben gesagt, bei unserem Alternativantrag – muss ich erst mal sagen, was Sie so gesagt haben – der erste Teil, der hat nicht viel Arbeit gemacht. Das ist ein Alternativantrag zu Ihrem Antrag. Das muss ich Ihnen ein bisschen vorwerfen, Ihr Antrag suggeriert auch ein bisschen – bei aller Bedeutung dieses Problems, da bin ich auch bei Herrn Dr. Hartung, wo ich sage, Sie haben das thematisiert und das war richtig so. Aber: Dieses Problem ist da, aber es besteht kein Grund zur Panik. Wir haben einfach gesagt, wir stellen als Landtag fest, was durchgeführt wird. Das Gesetz, was wir hier reingeschrieben haben oder was Ihr Bundesminister Gröhe da verabschiedet hat, das ist eine gewisse Reaktion, das ist da und da steht die Informationspflicht drin. Sie haben die Informationspflicht gefordert, wir haben geschrieben, durch die Bundesgesetzgebung ist das passiert.
Die Lösungsansätze, vier Stück haben Sie genannt. An den Wurzeln anfangen, aber erklärt haben Sie die Wurzeln auch nicht, bei denen wir anfangen sollen. Ich habe gesagt, wo die Wurzeln sind, Herr Dr. Hartung hat das noch mal unterstrichen. Es geht um Knete, es geht um Profit, darum geht es. Wenn es auch so dargestellt wurde, mit einer künstlichen Verknappung und dergleichen mehr, dass der Staat gerade nicht eingreift, dann müssen wir an diesem System anfangen, an diesen Wurzeln, dann müssen wir diese Wurzeln beseitigen.
Sie sagten gerade, ich hätte keine Vorschläge gebracht, was hier das Anfassen an der Wurzel wäre. Aber stimmen Sie mir nicht zu, dass ich gesagt habe, dass durch Verlagerung oder die Stärkung der pharmazeutischen Industrie in Europa und in Deutschland, dass es ein wichtiger Punkt wäre, diese Problematik aufzuheben, weil das ein Element war, was uns auch in der Anhörung gesagt wurde? Stimmen Sie mir nicht zu, dass ich eben genau auf diese Maßnahmen hingewiesen habe?
Auf die Maßnahmen – klar, stimme ich Ihnen zu – haben Sie hingewiesen. Nur, jetzt bin ich wieder beim ollen Marx: Glauben Sie denn, dass es die Politik schafft, auch bei den jetzigen Mehrheitsverhältnissen in Berlin oder in Europa, dass wir es schaffen, solche gesetzlichen, politischen Rahmenbedingungen herzustellen, dass sie wieder ihre Produktion hier machen? Glauben Sie, Sie können den Konzern zwingen, dass er das macht? – Nein.
Wären Sie mit dem Europaausschuss in Berlin gewesen, hätten Sie Lobbyismus gesehen. Wir haben eine Wanderung durch Berlin gemacht. Da hätten Sie gesehen, wie die Lobbyisten in Berlin wirken. Ich bin davon nicht überzeugt, dass es gegenwärtig bei diesen Machtverhältnissen zu Gesetzen kommt, die die Pharmaindustrie dazu zwingen werden, das zu machen. Das ist meine pure Überzeugung.
Zweitens haben Sie gesagt, das Land soll Lagerkapazitäten ähnlich wie bei Pandemiemitteln schaffen. Das lässt sich machen. Herr Zippel, da muss ich Ihnen aber sagen, dann muss wieder der Steuerzahler, wir als Land Geld in die Hand nehmen und müssen das machen, nur weil wir dann zuschauen, wie die Pharmaindustrie trotzdem weiter ihren Profit macht und sich einen Teufel darum schert, dass sie selbst Vorräte anschaffen. Nein, das Unprofitable überlassen wir bei so einem Vorschlag wieder dem Staat. Das kann an dieser Stelle auch keine Lösung sein. Produktionskapazität nach Thüringen, das war der nächste Vorschlag. Warum nicht? Aber dann
müssten wir auch sagen, wenn ihr hier ein Pharmawerk in Thüringen baut, dann bleiben 80 Prozent eurer Produktion in Thüringen. Ich glaube, das ist auch eine Illusion, solche Gedanken zu hegen. Die verkaufen dorthin, wo sie auch wieder ihre Preise erzielen, selbst wenn wir Produktionskapazitäten hier machen.
Der letzte Punkt, Apotheken stärken: Ich glaube, das ist das Letzte, was Sie der Landesregierung vorschlagen oder vorwerfen können, dass wir hier nicht die Apotheken in Thüringen stärken.
Ich gebe zu, wir haben da in der Koalition noch ein paar unterschiedliche Auffassungen. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Wir als Linke haben uns eindeutig dazu bekannt, dass wir gegen den Internethandel für verschreibungspflichtige Medikamente sind. Dazu haben wir uns bekannt.
Ich bin auch der Landesregierung dankbar, dass sie dazu Initiativen im Bundesrat vorgenommen hat. Dazu bekenne ich mich noch mal eindeutig. Jawohl, wir Linken sind für die Apotheke vor Ort und gegen den Internethandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Das will ich hier noch mal klarstellen, dass wir nicht in ein falsches Licht rücken. Danke.
Ich habe nur 2 Minuten, deswegen diskutiere ich jetzt nicht mit dem Kollegen Kubitzki die Vor- und Nachteile von Lobbyisten in der Politik. Das ist aber ein anderes Thema. Das können wir mal so besprechen.
Ich möchte noch mal auf Herrn Zippel antworten. Sie haben mir möglicherweise nicht zu Unrecht vorgeworfen, dass ich mich auf eine bestimmte Sache konzentriert habe. Das habe ich getan, das stimmt, weil es besonders exemplarisch um diesen Wirkstoff geht. Ich hätte es auch über Antibiotika machen können. Ich hätte es zum Beispiel über Meropenem und Piperacillin/Tazobactam machen können. Das sind Breitspektrumantibiotika. Tazobactam oder Piperacillin ist das Antibiotikum, das Penicillin mit dem breitesten Erregerspektrum, was abgedeckt wird. Das ist mehrmals in der Anhörung angesprochen worden. Das Problem, das ich sehe,
ist ein ganz anderes. Als ich noch im Krankenhaus tätig war – das ist jetzt auch ungefähr zehn Jahre her –, mussten wir die Anwendung dieser Antibiotika – die gab es da alle schon – jedes Mal begründen, weil sie extrem teuer waren. Wir mussten also für jeden Einzelfall, wenn wir dem Patienten eine Infusion mit diesen Antibiotika angehängt haben, in die Akte ein Antibiogramm, eine Begründung hineinschreiben, weil es teuer war. Dann kam trotzdem der Medizinische Dienst der Krankenkassen, hat die Gabe kontrolliert, weil teuer, und hat im Prinzip hier und da nachgesteuert. Manche Kassen haben sich vehement geweigert, anzuerkennen, dass diese Medikamente notwendig sind. Jetzt haben wir eine andere Situation. Durch die Preisbindung, durch die Rabattverträge, durch die Preissenkungsmechanismen sind diese Antibiotika wesentlich freier verfügbar. Der behandelnde Arzt kann wesentlich leichter auf diese Antibiotika zugreifen.
Das macht offenkundig zwei Probleme. Das erste Problem: Sie werden natürlich mehr benutzt. Das zweite Problem ist – ein bisschen einfach gesagt –, wenn ich ausweiche, löse ich Resistenzen aus. Eine der größten Resistenzen löse ich dann aus, wenn ich mit der breitesten Wirkung auf alles schieße. Deswegen ist es möglicherweise – ich mache bewusst ganz konjunktiv – gar nicht schlecht,
wenn das eine oder andere Breitspektrumantibiotikum nicht jederzeit frei und unabhängig angewandt werden kann und damit vielleicht die eine oder andere Resistenz nicht auslöst. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss noch mal auf ein, zwei Dinge eingehen, die gerade gesagt wurden. Ich habe mir vor allem viel zu Herrn Kubitzki notiert. Es bleibt nicht aus, aber ich meine, es ist auch ein schöner parlamentarischer Prozess, dass man über solche Probleme debattiert und dass wir uns intensiv mit solchen Dingen auseinandersetzen.
Vielleicht ganz kurz zu Dr. Hartung: Dem kann man durchaus zustimmen, was da alles gesagt wurde, die Problemlagen, die es da gibt. Ich würde jetzt nur den letzten Schritt nicht gehen, zu sagen, dass es vielleicht sogar Vorteile hat, dass manchmal die
Breitbandantibiotika nicht vorhanden sind. Ich weiß, wie Sie es gemeint haben, aber ich will es ein klein wenig relativieren. Uns ist klar, dass mancher Arzt vielleicht etwas zu schnell bei der Gabe von Breitbandantibiotika ist. Es liegt auch an der Verantwortung des Patienten. Manchmal ist auch die Rolle des Patienten da entscheidend, das ist uns allen klar. Ich wollte es nur noch mal sagen, ansonsten ist Ihnen da sicherlich zuzustimmen.
Aber, Herr Kubitzki, Sie haben einige meiner Punkte angesprochen, auf die ich abgezielt habe, wie wir diese Problemlösung angehen können. Ich muss Ihnen mal ganz klar sagen, wenn Sie beim Thema „Industrie“ oder „Wirtschaft“, „Pharmaindustrie“ immer ankommen und sagen, wir können die nicht zwingen, dann haben Sie aber eines nicht verstanden: Ich will die auch nicht zwingen. „Anreize setzen“ ist das Zauberwort. Wir als Politik zwingen natürlich nicht oder zumindest wollen wir als CDUFraktion nicht die Wirtschaft zwingen, wir setzen Anreize. So funktioniert in einer sozialen Marktwirtschaft Wirtschaftsförderung. Das erkläre ich Ihnen gern noch mal. Aber an der Stelle noch mal hier deutlich vom Podium: Deswegen ist es immer so kurz gesprungen zu sagen, na ja, die Lobbyisten, wir haben gegen die keine Chance, wir können die nicht zwingen, es ist alles so böse und alles so gefährlich und die Welt ist so gemein. Nein, wir können das natürlich gestalten, wir können Anreize setzen. Wir können mit den richtigen Lobbyisten – wir wollen den Lobbyismus nicht pauschal verurteilen – auf die Pharmaindustrie Einfluss nehmen und denen Anreize setzen und sagen: Passt mal auf, was ist notwendig, damit ihr nach Deutschland kommt. Wir haben auch hier Qualitäten, wir haben hier gut ausgebildetes Personal, wir haben stabile Rahmenbedingungen, bei uns explodiert eine Fabrik vielleicht nicht so schnell wie in China, was eben die Problemlage war. Warum nicht mit solchen Argumenten die Industrie herholen? Und bitte nicht immer von Zwingen sprechen, sondern von Anreizen.