Protokoll der Sitzung vom 03.11.2017

(Zwischenruf Taubert, Finanzministerin)

Frau Finanzministerin, Sie rufen schon wieder was dazwischen. Ich verstehe Sie nicht, wenn Sie von da was sagen. Entweder sagen Sie nichts oder so deutlich, dass ich es verstehe. Es tut mir leid.

Dann zum Thema „Einlagerung“: Es wurde gerade noch gesagt, die Einlagerung ist auch so ein schwieriges Thema. Wir wollen nicht immer alles, was Kosten verursacht, auf die öffentliche Hand verteilen. Das ist auch mein Wunsch. Ich würde auch lieber sagen, dass die Pharmaindustrie einlagert und dass wir da verschiedene Möglichkeiten haben, dass jetzt nicht die öffentliche Hand da in die Verantwortung geht. Ja, aber warum machen Sie das denn nicht? Wir haben doch in unserem Antrag extra gesagt, Sie sollen Ideen sammeln, Sie sollen im Bundesrat aktiv werden, um solche Pro

(Abg. Dr. Hartung)

bleme zu lösen. Dann erwarte ich doch von der Landesregierung, dass sie sagt: Ja, natürlich, wir wollen aktiv werden und auf Bundesebene die Pharmaindustrie vielleicht dazu bringen.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Dann machen Sie es doch einfach!)

Aber jetzt gleich die Schlussfolgerung zu ziehen, dass das unser primärer Wunsch wäre, dass die öffentliche Hand das macht, das ist natürlich nicht der Fall. Aber es ist eine Lösung, wenn sonst von der Landesregierung nicht anders gehandelt wird. Unserem Antrag, auf Bundesratsebene aktiv zu werden, wird ja nicht zugestimmt, also müssen wir auf diese Art und Weise Gegenvorschläge machen. Es war ja nur ein Vorschlag meinerseits. Aber bitte nicht immer dann gleich das negativ auslegen, sondern schon sehen, wie wir es auch gesehen haben; wenn es nicht die öffentliche Hand macht, ist das schon die bessere Lösung.

Dann noch ein letzter Punkt – da tun Sie mir aber ein bisschen leid, weil ich weiß, dass Sie da politisch relativ nah bei dem Thema der Apothekenversorgung und der ganzen Thematik mit den verschreibungspflichtigen Medikamenten, „Online-Apotheke“ als Stichwort, sind –: Ja, da sind Sie nun mal in der Koalition, da müssen Sie sich mit Ihrem Koalitionspartner an der Stelle befassen. Das war das Gleiche, was wir auf Bundesebene hatten, und wir wissen beide, welche der drei Parteien auf Bundesebene da die Blockade herbeigeführt hat, dass wir diese Situation haben, dass wir im Bund jetzt die Schwierigkeit haben, dass dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs dort besteht und verschreibungspflichtige Medikamente über Online-Apotheken herausgegeben werden können und dass das den Druck auf die Apotheken erhöht. Ich weiß, wir sind da relativ nah. Aber wenn Sie sich jetzt in die Bresche werfen und sagen, na ja, das ist alles nicht so schlimm, wie die Landesregierung handelt, oder die Landesregierung ist da ja eigentlich in einer guten Position, dann seien Sie aber bitte auch so ehrlich, dass Sie in der Koalition an der Stelle nicht einer Meinung sind und dass an der Stelle vielleicht doch nicht alles getan wird, was man für die Apotheken im Freistaat tun könnte, nicht wegen Ihnen, sondern wegen anderen. Danke.

(Beifall CDU)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Frau Ministerin Werner, Sie haben das Wort für die Landesregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, bevor ich auf den Antrag der CDU und der Koalition eingehe noch mal ganz kurz zu den Ausführungen von Herrn Zippel zum Thema „Apotheken“. Herr Kubitzki hat dazu eine ganze Menge gesagt. Ich denke, wir sind uns einig, dass es notwendig ist, dass wir Apotheken wohnortnah und flächendeckend brauchen. Dafür haben wir uns entsprechend auch im Bundesrat aktiv eingesetzt. Es ging nicht nur um den OnlineVersand verschreibungspflichtiger Medikamente, es gab ja beispielsweise auch die Diskussion um die Krebsmedikamente, die kurzfristig vor Ort hergestellt werden. Also insofern sind wir uns da einig. Ich glaube, es wird notwendig sein, die Sondierungsverhandlungen auf Bundesebene weiter zu beobachten. Da wird die Situation sicherlich schwieriger werden, wenn es um eine gemeinsame Haltung innerhalb der Bundesregierung geht. Ich denke, wir müssen gemeinsam wachsam sein und werden das auch sein, um genau das weiter zu beobachten, um Apotheken hier für Thüringen im ländlichen Raum flächendeckend zur Verfügung stehen zu haben.

Nun aber zum Sofortbericht der Landesregierung: Zu Nummer I des Antrags hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass Probleme bei der bedarfsgerechten Arzneimittelversorgung schon seit geraumer Zeit in den Fachkreisen diskutiert werden. Das ist im Sofortbericht, denke ich, auch deutlich geworden. Die zu Nummer II des Antrags der CDU beschlossene mündliche Anhörung hat am 17. Mai 2017 stattgefunden und wir sind uns, denke ich, einig, die Anhörung hat gezeigt, dass das Thema „Lieferengpässe“ breit diskutiert wurde und wird. Es hat aber auch gezeigt – und Herr Kubitzki und Herr Dr. Hartung sind darauf auch sehr deutlich eingegangen –, dass es Rahmenbedingungen gibt, die nicht von Thüringen zu verändern sind. Die Rahmenbedingungen haben Sie sehr gut dargestellt. Wir haben hier nur sehr begrenzte Möglichkeiten, tatsächlich Einfluss zu nehmen. Wir wissen, dass Thüringen keine Insel ist, dass wir hier allein keine Lösungen anbieten können. Aber – und das will ich auch noch mal ganz deutlich sagen – wir arbeiten aktiv auf Bundesebene in den entsprechenden Gremien daran mit, hier gemeinsam Lösungen zu finden oder am Problem zumindest dranzubleiben. Aber es gibt eben bestimmte – Herr Dr. Hartung hat es dargestellt – Abläufe, demokratisch legitimierte Gremien dazu auch, an denen wir uns beteiligen und die für uns im Fokus stehen. Dass Frau Herold diese nicht kennt, das wundert mich jetzt nicht so sehr, aber das steht auf einem anderen Blatt.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit Nummer II des Antrags sollte die Landesregierung zu Aktivitäten zu Meldeverpflichtungen im Bundesrat aufgefor

(Abg. Zippel)

dert werden. Dieser Aufforderung bedarf es nicht. Die Landesregierung hatte hierfür bereits die mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz eingebrachten Änderungen im Arzneimittelgesetz unterstützt. Hier wurden bereits entsprechende Meldeverpflichtungen wegen Lieferengpässen lebenswichtiger Arzneimittel an Krankenhäuser eingeführt. Außerdem wurde das Arzneimittelgesetz auch dahin gehend geändert, dass Krankenhausapotheken nunmehr Therapiealternativen aus dem Ausland bevorraten dürfen und somit ihre Vorratshaltung verbessern können.

Die Anhörung hat außerdem die Auffassung der Landesregierung bestätigt, dass die vielfältigen Aspekte der Arzneimittelversorgung dem Einflussbereich Thüringens nicht zugänglich sind. Die Landesregierung begrüßt die regelmäßigen Beratungen im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Jour fixe zu Lieferengpässen. Ich will hinzufügen, inzwischen sind die Länder auf Drängen der Gesundheitsministerkonferenz in diesem Gremium auch vertreten. Die Beteiligung der Länder war zwingend geboten, denn die Behörden überwachen den Arzneimittelverkehr von der Wirkstoffherstellung bis zur Abgabe des fertigen Arzneimittels an Patientinnen und Patienten und Ärzte.

Eine zusätzliche Thüringer Strategie ist somit entbehrlich. Ich will aber darauf hinweisen, dass wir – das habe ich am Anfang schon gesagt – natürlich schauen werden, wie sich im Bundesrat die Mehrheiten entwickeln und wie wir vielleicht dort auch zu Mehrheitsbeschlüssen kommen könnten. Aber das ist etwas, was in der Zukunft liegt und momentan nicht auf der Tagesordnung steht.

Gleiches gilt für Nummer 3, welche die Aufforderung zur Erarbeitung einer mit Experten abgestimmten Information für Ärzte und Apotheker zum Verhalten bei Lieferengpässen dringlich benötigter Antibiotika betraf. Die „Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie“ gemäß § 23 Abs. 2 Infektionsschutzgesetz am Robert-Koch-Institut hat in Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften bereits alternative Therapieempfehlungen in der antibiotischen Therapie bei Lieferengpässen betreffend Ampicillin und Piperacillin erarbeitet und veröffentlicht.

Ich möchte außerdem auf das umfangreiche Informationsangebot auf den Webseiten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte verweisen. Hier können Lieferengpassmeldungen und Therapiealternativen durch die Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker recherchiert werden.

Ich möchte zusammenfassen: Lieferengpässe bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln können im Einzelfall möglich sein. Es gibt aber – wie zuvor dargestellt – auch bereits diverse Lösungsmöglichkeiten, um Engpässen zu begegnen. Insofern ist

der Antrag der CDU-Fraktion als Ansatz für die Diskussion trotz alldem sehr zu begrüßen gewesen, Herr Zippel. Ich möchte mich auch dem Dank von Herrn Dr. Hartung anschließen. Ich denke, es war eine sehr spannende Diskussion. Letztlich bleibt aber das Ziel, mit den Partnern auf allen Ebenen in Kontakt zu bleiben, um auch zukünftig Lieferengpässe zu vermeiden. Dem Berichtsersuchen der Koalitionsfraktionen können wir uns natürlich gern anschließen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich schließe die Beratung und wir kommen zur Abstimmung. Abgestimmt wird direkt über die Nummer II des Antrags der Fraktion der CDU in Drucksache 6/3433. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen. Stimmenthaltungen? Das ist die Fraktion der AfD. Damit ist der Antrag der CDU abgelehnt.

Wir stimmen nun über den Alternativantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/4690 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Stimmenthaltungen? Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion. Damit ist der Antrag angenommen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19

Für ein korrektes Abbild des Volkswillens – Wahlverfälschung unterbinden! Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/4052

Wünscht die Fraktion der AfD das Wort zur Begründung?

(Zuruf Abg. Möller, AfD: Ja!)

Herr Abgeordneter Rudy, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Zuschauer, kaum ein Widerspruch in der deutschen Politik ist so frappierend wie die objektiven Zahlen zur Wahlverfälschung und zur Eigensicht der Herrschenden und ihrer Zuarbeiter bzw. Profiteure zu genau dieser Problematik der Wahlverfälschung. Ein paar Beispiele mögen dies verdeutlichen. So erklärte Ilsemarie Meyer, Präsidentin des Staatsgerichtshofs der Freien Hansestadt Bremen, es habe

(Ministerin Werner)

zur Bürgermeisterschaftswahl in Bremerhaven am 10. Mai 2015 in keinem Wahlbezirk Hinweise auf Verfälschungen oder besondere Nachlässigkeiten gegeben. Sie verkannte dabei – warum auch immer –, dass knapp 2 Prozent aller abgegebenen Stimmen falsch zugeordnet, Stimmzettel verloren gegangen und EU-Bürger zur Wahl gegangen waren, die das gar nicht gedurft hätten.

Oder schauen Sie auf die Landtagswahlen vom 13. März vergangenen Jahres. Bereits im Vorfeld hatte es Warnungen gegeben, dass das Wahlergebnis womöglich nicht den Wählerwillen abbilden könnte. Doch es gilt schon fast als Sünde, wenn man den Gedanken formuliert, dass sich im deutschen System der Auszählung bewusste oder unbewusste Fehler einschleichen könnten. So sagte die baden-württembergische Wahlleiterin Friedrich, es sei ein Unding, ehrenamtlichen Wahlhelfern aus der Mitte der Bürgerschaft Wahlfälschung zu unterstellen. Doch es geschah genau das, was befürchtet worden war. In Sachsen-Anhalt wurde durch die fälschlicherweise Zuweisung von Stimmen das Wahlergebnis derart verzerrt, dass Die Linke im Nachgang einen Sitz abtreten musste. Ebenso schlichen sich Fehler in Rheinland-Pfalz ein. All das ist wahrscheinlich nur deshalb ans Licht gekommen, weil es erstmals einen umfassenden Aufruf zur öffentlichen Beobachtung der Wahlen in Deutschland gegeben hatte.

(Beifall AfD)

Es lässt sehr tief blicken, wenn es eine Landeswahlleiterin als Unding bezeichnet, dass Bürger nichts anderes machen, als ihr demokratisch verbrieftes Recht auf Wahlbeobachtung in Anspruch zu nehmen.

Allein diese Beispiele verdeutlichen die Anfälligkeit des bestehenden Regelwerks für Fehler. Die Fehlerhäufigkeit des Systems der Auszählung steht in einem starken Kontrast zu der gebetsmühlenartig wiederholten Behauptung, es gebe keine Wahlfälschung in Deutschland. Es muss jedoch nicht nur die Erkenntnis reifen, dass es Probleme bei der Auszählung gibt, man muss sich genauso vor Augen halten, dass diese Probleme zu einem erheblich veränderten, verfälschten Abbild des Wählerwillens führen können. Denn ebenso falsch wie die als sakrosankt verteidigte Stimmenauszählung am Wahlabend ist die Behauptung, dass die bewusst oder unbewusst gemachten Fehler keinen Einfluss auf das Endergebnis hätten. Als nicht mandatsrelevant werden die ganzen Ungereimtheiten abgetan. Aber diese ganzen Fehler sind mitnichten mandatsirrelevant. Stets fehlen nur wenige Stimmen zu einem veränderten Ergebnis. In Sachsen-Anhalt führte eine einzige Nachkommastelle zur Neuzuweisung eines Mandats.

Jeder, der sich um das konkrete Abbild des Wählerwillens bemüht, muss sich Gedanken machen, wie

das System verbessert werden kann. Wir haben in dem vorliegenden Antrag zahlreiche Vorschläge gemacht. Nun wird sich zeigen, ob auch die anderen Fraktionen angesichts der offensichtlichen Mängel den Willen zeigen, Verbesserungen vorzunehmen. Danke schön.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion der SPD hat Abgeordnete Marx das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Rudy, nachdem Sie heute Morgen sehr humorvoll gesagt haben, dass Sie da in dem Ausschuss 6/2 immer so viel Zeit haben, vielleicht haben Sie sich dann irgendwie Gedanken gemacht, wie man die Zeit sonst füllen kann.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber in dem Fall ist der Antrag nicht so zielführend, denn Sie haben wiederum Beispiele aus anderen Bundesländern gebracht und haben hier so ein bisschen verschwörungstheoretisch versucht, den Anschein zu erwecken, dass also Wahlfälschungen an der Tagesordnung seien und dass man deswegen wachsam sein müsse und dass Sie hier sinnvolle Vorschläge machen würden, um solchen Gefahren zu begegnen. Das ist aber hier bei diesen Vorschlägen, die Sie machen, gar nicht der Fall.

Es geht damit los, dass künftig eine zweistündige Sperrfrist bis zur Meldung der Wahlbezirksergebnisse festgeschrieben werden soll, damit die Präzision des Verfahrens Vorrang gegenüber der Schnelligkeit hätte. Das heißt, da sitzen ehrenamtliche Wahlhelferinnen und Wahlfehler – wir alle kennen die Menschen, die da ihre Freizeit opfern gegen ein geringes Entgelt, um am Wahltag die Durchführung demokratischer Wahlen unter Beteiligung von Wahlhelfern, die eben nicht Politikprofis sind und auch nicht aus der Verwaltung allein stammen dürfen, zu gewährleisten – und Sie sagen denen: Also wenn ihr fertig gezählt habt, müsst ihr noch mal zwei Stunden sitzen bleiben, weil frühestens zwei Stunden nach Schluss der Wahllokale etwas weitergemeldet werden darf. Was soll das? Wir haben kleine Wahlbezirke. Das weiß jeder, der politisch schon länger aktiv ist. Da ist man recht schnell mit der Stimmenauszählung fertig. Dass die dann in Quarantäne genommen werden, weil man sonst angeblich falsch zählen würde, dazu sehen wir keinen Anlass.

Dann beantragen Sie, dass mehrstufige Auszählungsverfahren eingeführt werden sollten. Es gibt bereits ein mehrstufiges Wahlverfahren, weil näm

(Abg. Rudy)

lich einer Feststellung eines Stimmbezirksergebnisses dann immer später noch eine Prüfung durch den zuständigen Wahlausschuss folgt und erst dann ein Wahlergebnis amtlich festgestellt wird.

Plausibilitätsprüfung, auffällige Wahllokale: Was ist denn „auffällig“? Also, wenn man Ihre Begründung liest, dann wahrscheinlich immer dann, wo Sie meinen, dass die AfD zu wenig Stimmen hätte. Es ist überhaupt nicht klargestellt, was Sie damit eigentlich meinen.

Dann sagen Sie, Sie wollen sicherstellen, dass die Wahlurnen mit einem amtlichen Siegel verschlossen werden und nur noch durchsichtige Wahlurnen verwendet werden. Da unterstellen Sie, dass es bisher zu irgendwelchen Fälschungen gekommen sein könnte. Die durchsichtigen Wahlurnen dürften auch rechtswidrig sein, denn wenn Sie eine durchsichtige Wahlurne haben, dann können Sie unter Umständen feststellen, wenn jemand einen Stimmzettel eingeworfen hat – auch wenn es in einem Umschlag ist und deswegen nicht gleich erkennbar ist, wie er abgestimmt hat –, an welcher Stelle dieser Umschlag liegt, und dann könnten bei der Auszählung unter Umständen Rückschlüsse gezogen werden, wer hier etwas abgegeben hat. Also: Die dürfen nicht durchsichtig sein.

Besonders frech – ich muss das so sagen: „die Tätigkeit der Wahlbeobachter in den Wahllokalen bei den Auszählungen rechtssicher zu gestalten“. Da schauen Sie doch vielleicht mal in unser Wahlrecht. Alle Wahlauszählungen, alle Stimmauszählungen bei allen Wahlen, die hier durchgeführt werden, finden immer öffentlich statt. Es ist den Teilnehmern immer freigestellt und gestattet, jedem interessierten Bürger, jeder interessierten Bürgerin, in einem Wahllokal eine solche Auszählung zu beobachten. Dafür brauchen wir überhaupt keine Rechtsänderung. Die einzige Grenze, die vielleicht besteht, ist das räumliche Fassungsvermögen eines solchen Stimmlokals, wo ausgezählt wird. Wenn da 300 Leute reinkommen wollen, dann gäbe es Probleme. Aber was an der bisherigen Zulassung von Beobachtern oder der Öffentlichkeit rechtsunsicher sein soll, das haben Sie auch versäumt darzustellen.

Besonders witzig ist der Passus, dass sichergestellt werden soll, „dass die Angabe der ungültigen Stimmen unter Verweis auf die gewählte Partei erfolgt“. Immer da, wo bei einem Stimmzettel irgendwie erkennbar ist, welcher Partei jemand die Stimme geben wollte – auch wenn das Kästchen vielleicht nicht ganz getroffen ist –, dann wird diese Wahlstimme als gültig gewertet. Das wissen alle, die schon einmal Wahlhelferin oder Wahlhelfer gewesen sind. Deswegen kann es nur ungültige Stimmen geben, die so ungültig sind, dass man überhaupt keine Parteipräferenz erkennen kann. Deswegen kann man ungültige Stimmen auch nicht