Protokoll der Sitzung vom 15.09.2023

Es ist eine große Summe, aber ich denke, die sollten wir wirklich haben, weil das über das Geld hinaus ein wirkliches Signal in die Gesellschaft ist, dass uns das wichtig ist, und zwar das Leben in der Gesellschaft, in der Gemeinschaft, und zwar auch mit anderen aufeinander zu treffen. Wir erleben in vielen Diskussionen, dass der Austausch zwischen Menschen leider abgenommen hat, über soziale Medien funktioniert oder nur noch stattfindet und da ist eine Kneipe, eine Gaststätte ein wunderbarer Ort, das wieder mal auf ein Normalmaß zu geben. Deshalb gebe ich sehr zu bedenken, dass man in Berlin den Widerstand aufgibt innerhalb von SPD und Grünen und sagt, die Mittel müssen wir im Haushalt bereitstellen.

Was ich aber auch umso bemerkenswerter finde, ist, dass hier eine große Einigkeit herrscht, auch bei den Kollegen der Linken, hier in fremdes Haushaltsrecht mal entspannt so einzugreifen. Ich erinnere an die Diskussion der letzten zwei Tage, ob das das Wachstumschancengesetz ist, was abgelehnt worden ist, weil es hier im Thüringer Haushalt ankommt. Und jetzt zu sagen, es wird ja über die Umsatzsteuerpunkte auch Auswirkungen auf den Thüringer Haushalt haben, wenn wir die Mehrwertsteuer nicht erheben, das nehmen wir mal ganz locker.

Noch mal: Wir sind in allen drei Punkten dabei, es zu tun. Denn das halte ich für eine wichtige Investition, da Haushaltsmittel umzuschichten, damit das stattfinden kann. Aber interessant ist die Doppelzüngigkeit, mit der hier agiert wird. Das eine ist der Untergang des Abendlandes, das andere ist weit weg, weil das muss ja in Berlin passieren.

Also, die Freien Demokraten, die FDP, in Thüringen stehen auf der Seite der Gastronomie. 7 Prozent müssen bleiben, und zwar dauerhaft, also wir entfristen das Gesetz. Ich bin gespannt auf die Diskussion. Herzlichen Dank.

(Beifall Gruppe der FDP)

Mir liegen aus den Reihen der Abgeordneten keine weiteren Wortmeldungen vor. Für die Landesregierung spricht Herr Ministerpräsident Ramelow. Bitte, Sie haben das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Damen und Herren, liebe Zuschauer, die Finanzministerin und ich haben uns verständigt, dass ich ihren Part der Sorgen mit vortrage, und da fange ich bei Herrn Kemmerich gleich an. Lieber Herr Kemmerich, es hat dem FDP-Bundesfinanzminister gut gefallen, das Wachstumschancengesetz gleich von 6 Milliarden auf 7 Milliarden Euro hochzufahren und mit uns als Länder darüber überhaupt nicht zu reden. Das sind zwei Drittel der Finanzierung, die direkt aus den Landeskassen und Kommunalkassen finanziert werden. Sie haben sich gestern gefallen lassen, die Grunderwerbsteuer absenken zu wollen, dabei hat Sie auch nicht interessiert, wie Sie in die kommunale Familie eingreifen, denn immerhin 17 bis 18 Millionen Euro werden nach dem Partnerschaftsgrundsatz den Gemeinden in Thüringen jetzt fehlen.

Zu dem Thema, mit dem wir uns jetzt hier auseinandersetzen, hat mich die Finanzministerin ausdrücklich gebeten, ich solle darauf hinweisen, dass 31,8 Millionen Euro mit dem Antrag verbunden sind, über den wir gerade reden, die unserem Landeshaushalt verloren gehen, das ist die Rückerstattung der Mehrwertsteuer

punkte, und auch darauf müssen wir achten, dass dieser Teil haushaltsrechtlich bei uns verarbeitet wird. Deshalb will ich das am Anfang auch deutlich zu Protokoll geben, will aber noch mal darauf hinweisen, welche Paradoxien mit diesem Thema, über das wir inhaltlich gerade reden, verbunden sind.

Lieber Herr Kemmerich, es war Ihre Partei, die damals die Hotelübernachtungen auf 7 Prozent gesetzt hat. Eine böse Zunge, die damals sagte, dass ein großer Immobilienbesitzer damals auch Ihrer Partei eine größere Parteispende hat zukommen lassen.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Herr Ramelow, das ist doch unseriös, was Sie da sagen!)

Dass die Reduktion der Hotelübernachtung auf 7 Prozent vollzogen wurde, aber das Frühstück weiterhin bei 19 Prozent war, blieb ein Teil des bürokratischen Monsters, das die FDP erst einmal geschaffen hat. Ich habe das nie verstanden.

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe gesagt, wenn man wenigstens das Frühstück und den gastronomischen Teil

(Unruhe Gruppe der FDP)

(Abg. Kemmerich)

getroffener Hund bellt, das verstehe ich ja, aber es gehört nun mal zur Wahrheit, dass damals Ihre Partei mitregiert hat und diese Entwicklungen damals zu dieser Paradoxie geführt haben.

Ich habe damals hier im Parlament gesagt, es wäre mir lieber, dass das gastronomische Angebot im Hotel und im Restaurant auf 7 Prozent gesenkt werden würde – also das, was das Anliegen auch des Antrags ist –, aber ich kann es Ihnen nicht ersparen, Ihnen vorhalten zu müssen, dass das Absenken der Übernachtung nur den Immobilienbesitzern genutzt hat und nicht denen, die in der Gastronomie oder im Service tätig sind.

(Beifall DIE LINKE)

Zweite Geschichte, auf die haben Sie schon insgesamt hingewiesen, das ist diese Paradoxie, wenn ein Restaurant dazu übergehen würde, an der Theke eine Ausgabe zu machen und man mit dem Essen rausgehen würde, dann wären es 7 Prozent, also man muss vor das Restaurant gehen, dann darf man es essen, wenn man es selber abholt.

Oder das von Herrn Kalich: die Bockwurst mit Kartoffelsalat, die man beim Vorbeiwandern bei ihm in Empfang nehmen kann. Wenn ich in sein Lokal gehe, muss ich 19 Prozent zahlen, wenn ich vor das Lokal gehe auf den Wanderparkplatz, dann kriege ich es für 7 Prozent. Das ist alles Gaga. Deswegen bin ich inhaltlich, Herr Bühl, ich bin schon beim letzten Mal bei Ihnen gewesen, weil das meine Grundhaltung ist. Den Antrag von Mecklenburg-Vorpommern finde ich ausdrücklich begrüßenswert und werde ihn auch genauso unterstützen, auch in dem Sinne, wie heute die gemeinsame Beschlussfassung sein wird.

Aber in einem Punkt möchte ich Sie auf etwas hinweisen, deswegen ist es weit mehr als nur einfach die Frage der abgesenkten Mehrwertsteuer für Restaurants, also das, was DEHOGA noch mal deutlich gemacht hat. 7 Prozent bei Hundekeksen, aber 19 Prozent bei Kinderkeksen. Ich muss das nicht verstehen. Also ich meine, ich bin Hundebesitzer – im Moment Ersatzhundebesitzer –, aber dass der Hund seine Tiernahrung mit dem niedrigen Mehrwertsteuersatz bekommt, aber Kindernahrung, in dem Fall Kekse, und andere Sachen die hohen Mehrwertsteuersätze haben, versteht kein Mensch.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die absolute Verwirrung tritt beim folgenden Punkt ein, Herr Bühl hat es angedeutet: Das Schulessen. Beim Schulessen wird es ganz paradox. Wenn die Schule von einem Caterer versorgt wird, werden es 7 Prozent sein, wenn der Caterer das Essen aus der Box rausnimmt und auf die Theke packt, also einen Dienstleistungshandgriff macht, werden es 19 Prozent. Es ist immer noch das gleiche Essen, es ist nur die Frage, wer das Essen an die Kinder übergibt. Die Krönung ist: Wenn das Essen, was wir eigentlich alle wollen, in der Schule gekocht wird und in der Schule ausgegeben wird, dann ist es bei 19 Prozent. Das

heißt, wenn dieser Caterer – ich nenne jetzt keine Namen, aber wir erinnern uns an Erdbeeren, die um die Welt geschippert werden und dann zu preiswertem Schulessen verwandelt worden sind – es nur vor die Schule stellt und es in der Schule jemand rausnimmt und dann verteilt, dann bleibt es bei 7 Prozent. Und die absolute Krönung ist, wenn die Gemeinde einen gemeindeeigenen Beschäftigten hat, eine Köchin, die das Schulessen kocht, wenn es die Gemeinde selber kochen lässt durch eine gemeindeeigene Beschäftigte und es selber ausgibt und dann das Schulessen abrechnet, dann ist es bei null Prozent Mehrwertsteuer. Erzählen Sie das mal Eltern. Versuchen Sie, das mal irgendjemandem zu erklären.

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, begrüßen wir den Antrag. Wir begrüßen auch das gemeinsame Vorgehen. Sie verstehen, warum ich in dieser Frage sehr energisch bin und sage, eigentlich müssen wir über mehr reden. Da kommt dann die Differenz zu meiner Finanzministerin, weil Sie mir da

(Ministerpräsident Ramelow)

nicht über den Weg traut, weil sie einfach sagt, in dem Moment, wo die Welle losgeht und immer mehr auf den niedrigen Mehrwertsteuersatz geht, muss man irgendwie sehen, wo die Einnahmen herkommen. Denn dieser Teil wird uns als Einnahmen verloren gehen.

Insoweit muss man sich ehrlich machen, auch zu den Themen, die wir gestern bei der Einbringung des Landeshaushaltes hatten. Wenn ich dann höre, dass uns Kindergartenbeitragsjahre sozusagen als Schuldenthema vorgehalten werden, dann sollte man sich mal überlegen, wie man verantwortliche Finanzpolitik machen will. Ich wollte diesen Teil sozusagen auch im Namen meiner Finanzministerin mit der Mahnung sagen, dass die Refinanzierung der Gelder, die nicht mehr im Haushalt zur Verfügung stehen, von uns mit bearbeitet werden müssen. In diesem Kontext sage ich trotzdem ausdrücklich: Dieses ganze unterschiedliche Handhaben von Mehrwertsteuersätzen auf gekochte Nahrung, ausgegebene Nahrung und personelle Dienstleistungen, die von Menschen gemacht werden, können wir nicht weiter durchhalten, dass wir sagen, das wird auch noch mit einem höheren Mehrwertsteuersatz belegt. Eigentlich gehört dieser ganze Bereich auf den niedrigen Mehrwertsteuersatz. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht sehen. Dann treten wir in den Abstimmungsmodus ein. Ich habe für keinen der drei Anträge einen Antrag auf Ausschussüberweisung vernommen.

Dann stimmen wir zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 7/8738 ab. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Ich sehe alle. Ich mache dennoch die Gegenprobe. Wer ist gegen den Antrag? Sehe ich nicht. Stimmenthaltungen? Sehe ich auch nicht. Damit ist der Änderungsantrag angenommen.

Wir stimmen nun über den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 7/8346 unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung über den Änderungsantrag ab. Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe ebenfalls wieder alle Stimmen. Gegenstimmen? Sehe ich nicht.

Stimmenthaltungen? Sehe ich auch nicht. Damit ist dieser Antrag ebenfalls angenommen.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt. Wir stimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 7/8733 ab. Wer dem seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion der AfD. Wer ist gegen den Antrag? Das sind die Stimmen aus der Koalition, der Gruppe der FDP und der CDU-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? Das ist die fraktionslose Abgeordnete Dr. Bergner. Damit ist der Entschließungsantrag …

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Und Stimmen aus der CDU!)

Entschuldigung und 3 Stimmen aus der CDU-Fraktion. Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 2

Drittes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr

(Ministerpräsident Ramelow)

Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/8239 - Neufassung - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten - Drucksache 7/8648 -

ZWEITE BERATUNG

Das Wort erhält Frau Abgeordnete Dr. Lukin aus dem Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten zur Berichterstattung. Bitte schön, Frau Dr. Lukin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, der Landtag behandelte in seiner 114. Sitzung den Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 7/8239 in der Neufassung. Nach erfolgter Debatte wurde er in den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten überwiesen. Der Ausschuss hat diesen in seiner 44. Sitzung am 07.07. beraten und eine schriftliche Anhörung beschlossen. Die Ergebnisse des schriftlichen Anhörungsverfahrens wurden in der 45. Sitzung beraten und ausgewertet. Änderungsanträge wurden von der CDU und den Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingereicht. Der Gesetzentwurf wurde mit folgenden Änderungen angenommen: Artikel 1 wird wie folgt geändert: Erstens, in § 9 Abs. 5 Satz 1 werden die Worte „und der Landtag“ gestrichen. Zweitens, § 10 wird wie folgt geändert: a) Nach Absatz 1 wird folgender neue Absatz 2 eingefügt: „Rechtsverordnungen nach Absatz 1 bedürfen der Zustimmung des Landtags.“ b) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3.

Der Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt dem Landtag die Annahme des Dritten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr, siehe Beschlussempfehlung in Drucksache 7/8648. Schönen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat für die CDU-Fraktion Herr Abgeordneter Malsch.

Werte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucher auf der Tribüne! Der Bund und die Länder haben sich im Jahr 2022 mit dem Deutschlandticket auf die Einführung eines preislich attraktiven und bundesweit gültigen Nahverkehrstickets für alle Verkehrsträger und dessen Finanzierung verständigt. Ich will es mal flapsig sagen: Man hat nur die Hälfte der Arbeit gemacht und alles Weitere den Ländern zugeschoben. Ohne die jetzt vorliegende landesgesetzliche Regelung könnten die kommunalen Aufgabenträger ab Oktober frei entscheiden, ob sie in ihrem geografischen und sachlichen Zuständigkeitsbereich den dortigen Verkehrsunternehmen einen Landestarif auferlegen wollen oder nicht.

Eine solche Entwertung des Deutschlandtickets kommt für uns bei aller berechtigten Kritik am Tarif Deutschlandticket nicht infrage.

(Präsidentin Pommer)

(Beifall CDU)