Protokoll der Sitzung vom 07.05.2021

Danke, Herr Abgeordneter. Es gibt eine weitere Redemeldung des Abgeordneten Prof. Voigt, CDUFraktion. Herr Abgeordneter, Sie haben 5 Minuten und 30 Sekunden.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Jankowski, ich teile durchaus Ihre Sorge – das wird Sie überraschen –, dass man es übertreibt; so habe ich Sie verstanden. Aber Sie müssen schon die Ebenen auseinanderhalten. Es klang bei Ihnen durch, als ob die Schüler in den Schulen mit den Tablets mittlerweile verprügelt werden oder sie sich gegenseitig damit schlagen. Worum es im Prinzip gehen muss, ist doch die souveräne Anwendung neuer technologischer Möglichkeiten. Die würde ich gern ein klein wenig breiter sehen, als Sie sie beschrieben haben. Natürlich geht es nicht um die Frage, dass digitale Medien und digitale Geräte den Lehrer oder auch den Babysitter ersetzen. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Aber auf den Punkt haben Sie hingewiesen. Wenn wir uns ansehen: Alle Studien, selbst Spitzer und andere, die die Forschung mit Blick auf Lernmethoden in den Vordergrund stellen, weisen

(Abg. Jankowski)

nach, dass das Wichtigste weiterhin bleibt, dass man vernünftig miteinander redet. Vier bis fünf Stunden sollte man das am Tag tun. Männer reden ungefähr 16.000 Worte am Tag, Frauen, weil sie besser sind, reden 16.700 Worte am Tag. Das ist die Situation. Das sollte man machen.

(Zwischenruf Abg. Meißner, CDU: Mit mehr Inhalt!)

Ich würde das gar nicht qualifizieren, das war auch nicht despektierlich gemeint. Ich will einfach nur sagen, das sind die puren Fakten. Es geht um Miteinander-im-Gespräch-Sein. Und genau an diesem Punkt werden digitale Möglichkeiten in vier oder fünf Jahren unser komplettes Lernumfeld verändert haben. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir uns dieser Chancen bewusst sein sollten. Und was ich nicht möchte, meine Fraktion nicht möchte und andere in diesem Hohen Haus auch nicht, ist, dass die Chancen unseren Kindern dadurch entgehen, dass Sie so eine antiquierte pädagogische Grundvorstellung haben, dass die Chancen nicht vertan werden. Natürlich geht es um Lesen, Rechnen, Schreiben. Da achte ich bei meinen Kindern auch drauf. Aber es geht eben heutzutage auch um die souveräne Anwendung von sprachgesteuerten und sprachgestützten Lernmethodiken. Und es geht darum, die Differenzierungsfähigkeit unterschiedlicher Lerngeschwindigkeiten eben auch mit digitalen Methoden abbilden zu können. Das bedeutet, dass jemand, der schneller oder langsamer lernt, eben durch so eine Methodik und den souveränen Einsatz von Lehrkräften befördert werden kann. Es geht darum, dass man kreative Ideen umsetzen kann, die sie so im normalen Unterricht noch nie umsetzen konnten.

Ich sage Ihnen das, wir werden in vier Jahren davon reden, dass wir EI- oder künstliche-Intelligenzgestützte Lernmethoden haben, wo sie sich in einen Raum hineinprojizieren können, wo Schüler vielleicht auch mal in der Zeit reisen können, wo sie sich genau in diese Zeit hineinversetzen können. Diese geistige Enge und Armut, die Sie hier zeigen, indem Sie sagen, dass das Grundschüler nicht oder wir in Thüringen das nicht können, diese Begrenztheit würden wir gern abstreifen, weil es nämlich genau darum geht, bei solchen digitalen Prozessen vorne zu sein und nicht immer hinten zu warten.

(Beifall CDU, FDP)

Dann geht es um die große Chance, asynchrones Lernen eben auch zu nutzen. Das bedeutet, jemand, der noch weiter vertiefen muss, der sich vielleicht auch noch mal über digitale andere Möglichkeiten Lerninhalte zieht, dass man die eben auch mit anbietet. Das stimmt, das haben wir heute noch

nicht. Aber an diesem Bild sollten wir doch gemeinschaftlich arbeiten, wenn uns eines wichtig ist, dass nämlich die Jüngsten in unserer Gesellschaft in einer Schule ausgebildet werden, wo sie weltweit vielleicht die Spitzenkräfte ausmachen. Unser Ziel muss es doch sein, dass die Kinder, die in Thüringer Schulen gehen, gut rechnen, gut lesen, gut schreiben können, aber in der neuen, vierten, nämlich in der digitalen Welt eben auch exzellent sind. Ich glaube, um dieses Bild muss es uns miteinander gehen.

Deswegen muss klar sein, dass die Digitalisierung als eine weitere Kulturtechnik Bestandteil einer modernen Bildungslandschaft sein sollte. Dafür werben wir und bitte nicht für ein antiquiertes Bild, was eine reine Schwarz-Weiß-Zeichnung macht. Es geht darum, dass wir die besten Chancen in dieser digitalen Welt nutzen, trotzdem unser soziales Miteinander, das Aufeinander-bezogen-Sein von Wesen, das Miteinander-Reden nicht aus dem Blick verlieren. Schönen Dank.

(Beifall CDU, FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Gibt es weiteren Redewunsch aus den Fraktionen? Bitte, Frau Abgeordnete Hoffmann. – Frau Abgeordnete, ich habe gerade gehört, es gibt keine Redezeit mehr für die AfD.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP)

Damit frage ich die Landesregierung. Staatssekretärin Frau Dr. Heesen, bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, werte Damen und Herren, und ich hoffe, dieses Mal tatsächlich am Livestream Lehrerinnen und Lehrer! Zunächst möchte ich die Abgeordneten der demokratischen Fraktionen um Verständnis bitten, dass ich trotz der fortgeschrittenen Zeit hier noch mal das Wort ergreife. Es geht mir nicht darum, zu den Inhalten dieses AfD-Antrags noch einmal Stellung zu nehmen, das haben die Abgeordneten hier bereits in ausreichender Qualität und in ausreichendem Umfang getan. Ich denke, da ist auch vieles selbstverständlich, was ich an dieser Stelle nicht wiederholen möchte.

Was mich dazu bewogen hat, hier noch einmal das Wort zu ergreifen, sind zwei Punkte. Das Erste ist die Aussage der AfD, es habe in den letzten Monaten einen chaotischen Distanzunterricht gegeben, der zu riesigen Rückständen bei den Schülerinnen und Schülern geführt hat. – Ich stehe hier als Vor

(Abg. Prof. Dr. Voigt)

gesetzte vieler Lehrerinnen und Lehrer und muss das deutlich zurückweisen!

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben im Distanzunterricht natürlich am Anfang lernen müssen, und wir haben uns sehr schnell verbessert. Das betrifft die Technik, das betrifft die Art und Weise, wie der Distanzunterricht geführt wurde. Das ist dem Engagement der Lehrerinnen und Lehrer zu verdanken, und das ist in vielen Fällen sehr gut gelungen. Ich kann und will nicht stehen lassen, dass Sie die Bemühungen der Schülerinnen und Schüler, der Eltern, der Lehrerinnen und Lehrer, des ThILLM hier einfach so wegnegieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der zweite Punkt, weshalb ich ans Pult getreten bin, ist die Unterstellung, dass unsere Lehrkräfte komplett außerstande wären, digitale Medien altersangemessen im Unterricht einzusetzen. Es fielen Worte wie „wahllos“, „exzessiv“, „ohne Plan“ und ähnliche Dinge. In Ihrem Antrag findet sich ein Hinweis auf Pornografie und Gewaltdarstellungen in digitalen Medien, die Sie offenkundig in irgendeiner Art und Weise mit dem Unterricht in Verbindung bringen. Auch das ist eine – ehrlich gesagt – Unverschämtheit gegenüber den Lehrkräften, für die ich hier jetzt stehe,

(Beifall DIE LINKE, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP)

die natürlich darauf achten, dass im Unterricht niemals Gewaltdarstellung und Pornografie vorkommen oder gar noch innerhalb des Unterrichts in irgendeiner Weise toleriert werden.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das ist wahr- scheinlich nicht bis ins Ministerium vorge- drungen!)

Ich habe keine Ahnung, woher Sie die Erkenntnisse nehmen, die Ihnen erlauben, solche Unterstellungen zu äußern. Ich möchte die Redezeit der Landesregierung einfach dafür nutzen, diese Dinge entschieden zurückzuweisen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP)

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Mir liegen jetzt keine weiteren Redemeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung.

Es wurde durch die Fraktion der AfD Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport beantragt. Wir stimmen jetzt darüber ab.

Wer ist für die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport? Das ist die Fraktion der AfD. Wer ist dagegen? Das sind alle anderen Fraktionen. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir kommen direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 7/1724. Wer ist für diesen Antrag? Das ist die Fraktion der AfD. Wer ist gegen diesen Antrag? Das sind alle anderen Fraktionen. Enthaltungen kann ich nicht feststellen. Damit ist auch der Antrag in Gänze abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

(Beifall DIE LINKE)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20

Sicherheitsempfinden der Menschen stärken – Videoüberwachung im öffentlichen Raum zur Gefahrenabwehr Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/1727 - Neufassung -

Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Jawohl. Herr Abgeordneter Walk, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zunächst freue ich mich, dass es möglich war, diesen wichtigen Tagesordnungspunkt zumindest heute mal auf die Tagesordnung zu bekommen. In der Vergangenheit ist das ja bekanntlich mehrfach gescheitert. Lassen Sie mich aber zunächst einen Blick zurückrichten, und zwar auf die Plenarsitzung am 15. Dezember 2017, also vor über drei Jahren. Wir hatten seinerzeit schon einen ähnlichen Antrag in der Drucksache 6/4503 vorgelegt. Der nannte sich damals „Sicherheitsgefühl der Menschen stärken – Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen ausbauen“. Aber bekanntlich hat dieser Antrag keine Zustimmung erhalten. Ich will gern noch mal auf das eingehen, was ich seinerzeit schon hier am Pult gesagt habe, und zwar Folgendes: Das Thema „Kriminalität- und Sicherheitsgefühl“ bewegt die Menschen in Deutschland und in Thüringen. Das belegen unisono alle diesbezüglichen Umfragen. Innere Sicherheit ist Kernaufgabe des Staats. Sicherheit ist auch ein Teil unserer Lebensqualität und das muss ein Staat leisten können. Seinerzeit vor drei Jahren habe ich das von hier vorn gesagt und die Kernaussagen sind auch heute noch zutreffend. Wir sind allerdings in einem Punkt weitergekommen, denn viele Kommunen haben sich bereits auf den Weg gemacht

(Staatssekretärin Dr. Heesen)

und haben entsprechende Stadtratsbeschlüsse bzw. ordnungsbehördliche Videoüberwachungen auf den Weg gebracht bzw. auch ganz konkret schon in Betrieb genommen. Schon jetzt weisen die Städte Altenburg und Sonneberg auf positive Erfahrungen und auf Ermittlungserfolge hin. Weitere Thüringer Städte – das wissen wir –, unter anderem in Arnstadt, hier in der Landeshauptstadt oder auch in Suhl, bereiten derzeit den Einsatz der Videoüberwachung an besonders gefährlichen Orten vor. Die jüngsten Vorkommnisse am letzten Wochenende unter anderem in Jena, Überschrift in der Zeitung „Vermummte randalieren erneut in der Jenaer Innenstadt“, zeigen deutlich auf, dass es in Thüringer Innenstädten mittlerweile Kriminalitätsschwerpunkte gibt, die zum wiederholten Mal Tatörtlichkeit von Vandalismus und politisch motivierter Kriminalität geworden sind. Aus Jena hat uns diese Woche auch ein Hilferuf aus der Stadtspitze erreicht, die uns gefragt hat: Wann will uns denn das Land bei dem so wichtigen Thema „Videoüberwachung“ endlich mal unter die Arme greifen?

(Beifall CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Realität ist doch, dass es allein in Erfurt schätzungsweise mehrere Hundert Videokameras im öffentlich Raum gibt: in Bussen, in Bahnen, in Straßenbahnen, in Behörden, an Tankstellen, Geldinstituten, Aufenthaltsräumen der Bahn usw. Allerdings kann uns niemand genau sagen, wie viele Kameras in Thüringen oder in Erfurt bereits installiert sind, es gibt schlicht keinen Überblick. Ich habe die Landesregierung, den Landesdatenschutzbeauftragten in meiner Kleinen Anfrage 898 „Videoüberwachung in Thüringen“ gefragt. Der Landesdatenschutzbeauftragte hat schlicht geantwortet, dass es keine Meldepflicht gibt, er kann es mir gar nicht genau sagen. Die Landesregierung hat dann zwei Monate später gesagt, dass es zumindest 149 Videoüberwachungen von öffentlichen Stellen gibt. Aber auch das ist natürlich nur ein Bruchteil dessen, was tatsächlich Realität ist. Ich freue mich gleich auf die Aussprache und werde dann noch mal unseren Antrag begründen, auf die wichtigen Kernpunkte eingehen. Bis dahin erst mal besten Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich eröffne die Aussprache und erteile Abgeordnetem Mühlmann, Fraktion der AfD, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Zuschauer am Livestream und sehr geehrte Kollegen Abgeordnete der demokratischen Fraktionen der drei bürgerlichen Parteien

(Beifall AfD)

und natürlich auch der drei linken Parteien, auch wenn diese das Prinzip der Demokratie, welches die Akzeptanz von differenzierten Ansichten und Meinungen beinhaltet, noch nicht so ganz verinnerlicht haben.

(Beifall AfD)

Als Erstes – Sie ahnen es vielleicht schon – gibt es von mir öffentlich verfügbare Zahlen aus einer meiner Kleinen Anfragen, in dem Fall zu den kriminogenen Orten in der Landeshauptstadt. Und, im Übrigen, Frau Henfling, auch wenn Sie das erneut entsetzen wird, nutze ich auch dieses Mal wieder Zahlen der rot-rot-grünen Landesregierung für die politische Auseinandersetzung, und habe es überhaupt nicht nötig, da irgendetwas zu beschönigen.

(Beifall AfD)

Ladendiebstahl 330 Mal, davon einmal mit Waffe, Körperverletzungen 128, besonders schwerer Fall des Diebstahls 79, Diebstahl 61, Taschendiebstahl 49, Sachbeschädigungen 48, Drogendelikte 42, gefährliche Körperverletzung 33, Bedrohung 14, Raub und räuberische Erpressung 8 – das alles war 2017, also innerhalb von einem Jahr, und alles auf dem Erfurter Anger. Deshalb spricht selbst die Landesregierung, die in dem Bereich „Inneres“ ja selbst gern mit den regierungstragenden Fraktionen auf Kriegsfuß steht, von einem überproportionalen Aufkommen an Körperverletzungsdelikten, Diebstahlsdelikten, Raubdelikten, Sachbeschädigungsdelikten sowie Beleidigungsdelikten im Vergleich zum übrigen Stadtgebiet. Bereits seit 2013 auch in Erfurt, Magdeburger Allee und angrenzende Straßen, überproportionales Aufkommen von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Körperverletzungsdelikten im Vergleich zum übrigen Stadtgebiet; ebenfalls 2013 Erfurt, WillyBrandt-Platz und angrenzende Straßen: überproportionales Aufkommen von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, von Körperverletzungsdelikten sowie Verstößen gegen das Ausländerrecht im Vergleich zum übrigen Stadtgebiet. Ich erspare Ihnen an dieser Stelle die weitere, detaillierte Aufzählung der Menge der einzelnen Delikte, die in den Jahren 2013 und 2017 zur Benennung eben jener drei Kriminalitätsschwerpunkte in Erfurt als sogenannte kriminogene Orte geführt haben.

(Abg. Walk)