Protokoll der Sitzung vom 07.05.2021

(Abg. Walk)

Es ist also bei Weitem nicht so, wie beispielsweise unerfahrene Erfurter Kommunalpolitiker anderer Parteien – ich kann ruhig sagen: die Grünen – behaupten, dass das alles völlig unbedeutend ist und beispielsweise am Erfurter Anger einfach nur viele Menschen unterwegs sind.

Frau Henfling, vielleicht können Sie das als fachlich zuständige Landtagsabgeordnete Ihrer Erfurter Stadtratsfraktion mit auf den Weg geben,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich bin hier!)

zumindest wäre ein Hinweis auf die gerade vorgetragenen Fakten – in dem Fall nämlich auf die Statistik – durchaus wertvoll, durchaus hilfreich, dass dort künftig seitens der Grünen nicht mehr nur noch populistische Phrasen kommen.

(Beifall AfD)

Der Umgang mit Orten, die aufgrund der überdurchschnittlichen Straftatenbelastung nach dem Polizeiaufgabengesetz als kriminogene Orte eingestuft werden, ist nur ein, aber ein sehr plakatives Beispiel, denn der Umgang mit diesen Orten ist durchaus stellvertretend für das zu sehen, worauf sich der vorliegende Antrag der CDU bezieht, denn der praktische Umgang mit der Videoüberwachung im öffentlichen Raum zur Prävention ist in Thüringen schlicht nicht geklärt. Die Linke-Landesregierung verweigert sich nach meinem Eindruck seit Jahren, dieses Eisen anzufassen. Übergreifende Konzepte? Fehlanzeige. Die Gesellschaft in Erfurt, beispielsweise auch Teile des Stadtrats, weist dann gern auf die Polizei als Lösungsmittel für derartige Probleme hin. Das funktioniert nicht. Die Polizei kann höchstens ein Teil dieser Lösung sein.

Es bedarf daher endlich eines geeigneten gesamtgesellschaftlichen Konzepts beispielsweise für die Reaktion auf so eine Einstufung von kriminogenen Orten. Die Videoüberwachung ist an diesen Orten ein – ich betone: ein – geeignetes Sofortmittel mit Abschreckungscharakter. Im weiteren Verlauf entfaltet eine offene Videoüberwachung an solchen Orten nicht nur eine präventive, sondern auch eine repressive Wirkung – davon bin ich überzeugt.

Uns als AfD geht es dabei nicht um das Erhöhen eines bloßen Gefühls von Sicherheit. Das kann man sicherlich simulieren, aber das ist nicht dauerhaft zielführend, denn was dann passiert, wenn man dieses Gefühl nur simuliert und alle Lösungsversuche aus ideologischen Gründen beispielsweise verteufelt, anstatt sie zu diskutieren, kann man momentan sehr plakativ in Suhl beobachten. Anstatt den Einwohnern dieser Stadt zu helfen, bedienen

Sie lieber eine Verteufelungsmentalität und ignorieren die Fakten und schauen weg.

(Beifall AfD)

Wir brauchen daher eine echte Erhöhung der Sicherheit. Die bekommt man nicht nur von einer Videoüberwachung, sondern langfristig nur mit dem Abstellen zahlreicher Gründe für die Straftatenbelastung direkt vor Ort. Welche das sind, erkennt man besonders beim Studium der polizeilichen Kriminalstatistiken der letzten Jahre. Und wem das nicht genügt, dem möchte ich gern einige meiner Kleinen Anfragen ans Herz legen. Auch an anderen öffentlichen Orten erscheint eine Videoüberwachung zunächst sinnvoll, jedoch bedarf es nach meiner Überzeugung auch für die Einführung an diesen Orten grundsätzlich eines entsprechenden Präventionskonzepts. Die Finanzierung muss gesichert sein. Eine sinnvolle Auswertung muss möglich sein und vor allem muss der Datenschutz dabei beachtet werden.

Ich muss aber hier auch noch mal die kritischen Stimmen auch in der AfD-Fraktion diesbezüglich betonen. Videoüberwachung kann und darf kein Allheilmittel sein. Stattdessen hätten wir in Krisensituationen lieber zuverlässig Polizei vor Ort, aber aufgrund der katastrophalen Personalpolitik der letzten Regierungen ist das in den meisten Fällen nicht ohne Weiteres drin, also sehen auch wir die Notwendigkeit beispielsweise für technische Mittel, beispielsweise für eine Videoüberwachung.

Sie sehen, es gibt durchaus viel zu bereden, wenn man das Thema nicht nur ideologisch, sondern tatsächlich sachlich betrachtet.

(Beifall AfD)

Falls nicht, dann können wir als AfD-Fraktion dieses Eisen ja dann nach der nächsten Wahl als tragender Teil einer neuen Landesregierung im Freistaat endlich mal anfassen.

(Beifall AfD)

Glauben Sie mir, die Einwohner von Suhl freuen sich schon darauf.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die FDP-Fraktion liegt mir eine Redeanmeldung vor, Abgeordneter Bergner. Herr Abgeordneter Montag übernimmt das. Bitte.

(Abg. Mühlmann)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Ich stelle auch keine Frage, Herr Montag!)

Ich freue mich immer über Fragen.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Dann stelle ich eine!)

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrter Herr Dittes, zunächst an alle Fachpolitiker schöne Grüße von Herrn Bergner, der ist heute leider nicht mehr da, deswegen darf ich hier die Rede halten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Videoüberwachung als Allheilmittel, so der Antrag der CDU. Die Menschen in Thüringen sollen sich wieder sicher fühlen. Und das ist nach Meinung der CDU nur durch flächendeckende Videoüberwachung an sogenannten gefährlichen Orten möglich. Das Land soll sich nun darum kümmern, die juristischen, finanziellen und personellen Grundlagen zu schaffen.

An den juristischen Grundlagen hatte sich ja schon vor Kurzem hier mal die AfD versucht. Videoüberwachung, das auch noch inklusive Tonaufzeichnungen, sollte da normiert werden. Dem, meine Damen und Herren, stellen wir uns als Freie Demokraten und Freiheitspartei natürlich entschieden entgegen. Wir sind froh, dass bei den Haushaltsverhandlungen im letzten Dezember die zweistelligen Millionenbeträge für das Projekt der flächendeckenden Videoüberwachung wieder gestrichen wurden.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Die waren gar nicht drin, Herr Montag!)

Denn die Umfrage aus der „Thüringer Allgemeinen“ aus 2017, auf die die CDU ihren Antrag stützt, ist eben nur die halbe Wahrheit, meine Damen und Herren. Wir haben uns mal eine Forsa-Umfrage aus 2018 zum Thema angeschaut.

Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage.

Ach, da ist er doch. Lieber Herr Dittes, bitte schön – immer gern.

Herr Montag, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass im Haushaltsentwurf der Landesregierung niemals ein zweistelliger Millionenbetrag zur Videoüberwachung enthalten war, sondern eine

Fraktion dieses Hauses das vorgeschlagen hat, das aber keine Mehrheit gefunden hat, und würden Sie in Kenntnis dieser Aussage diesen Teil Ihrer Rede korrigieren? Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Lieber Herr Dittes, ich freue mich, dass es in diesen Haushalt keinen Eingang gefunden hat, mehrere Millionen Euro für flächendeckende Videoüberwachung auszugeben.

(Beifall FDP)

Nun zurück zur Umfrage von 2018, wo 87 Prozent der Befragten sich sicherfühlen. Und das Wichtigste ist: Knapp die Hälfte derjenigen, die sich mehr Sicherheit wünschen, sprachen sich nämlich für andere Dinge aus, vor allen Dingen für eine höhere Polizeipräsenz. Und zusätzlich 16 Prozent wünschten sich allgemein mehr Polizei. Mehr Videoüberwachung jedoch wünschten sich nur 8 Prozent der Bürgerinnen und Bürger.

Meine Damen und Herren, leider ist im letzten Haushalt eben doch nicht so viel Geld für neue Polizeistellen eingeplant worden, um eben jetzt schon alle offenen Stellen bei der Polizei zu besetzen oder für ausreichend Anwärter zu sorgen. Und da soll die Polizei in Zukunft noch weitere Aufgaben übernehmen, beispielsweise die Videoaufnahmen auszuwerten! Ich denke, Sie sollten die wenigen Kollegen, die in Thüringen Dienst tun, lieber auf die Straße schicken.

(Beifall FDP)

Zur Erinnerung: Bei den Gerichten funktioniert aktuell noch nicht mal die E-Akte. Das bedeutet ganz bildlich, dass, solange die Justiz nicht digitalisiert wird, dann in jeder Akte CDs mit Videoaufnahmen kleben.

(Beifall FDP)

Spätestens hier, denke ich, sollten wir auch die Grünen auf unserer Seite haben, denn – Achtung! – Plastikmüllflut droht. Wir Freien Demokraten werden diesem Antrag auf jeden Fall nicht zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Henfling, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Präsident, eigentlich könnten wir uns die Rede sparen. Herr Walk ist ja selbst schon darauf eingegangen, dass wir im Jahr 2017 im Prinzip fast den gleichen Antrag unter dem Titel „Sicherheitsgefühl der Menschen stärken – Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen ausbauen“ diskutiert haben. Damals hat das noch mein Kollege Dirk Adams gemacht. Beim Lesen dieses Antrags erkennt man dann durchaus Parallelen. Ich will Sie nur darauf hinweisen, im Prinzip ist es mit Ihrem Antrag wie mit grünem Tee: Er soll beim zweiten Aufguss angeblich besser sein. Bei Ihrem Antrag ist das leider nicht der Fall. Ich hoffe, dass Sie ihn nicht irgendwann ein drittes Mal aufgießen, denn grundsätzlich sollte man einen dritten Aufguss von grünem Tee dann tatsächlich nur machen, wenn es ein wirklich guter Tee ist. In dem Fall glaube ich: Das gilt für Ihren Antrag nicht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

In der letzten Debatte dazu 2017 wurde im Prinzip alles schon gesagt. Der Kollege Steffen Dittes hat zwischenzeitlich auch zum Beispiel zum Anger, den hier ja auch Abgeordneter Mühlmann erwähnt hat, eine Kleine Anfrage eingereicht und die Straftaten dort abgefragt. Der Punkt, der mich dabei so ein bisschen umtreibt, ist eben die Frage – es ist wie mit allen Instrumenten, die wir in der inneren Sicherheit anwenden, man muss sich immer die Frage stellen –: An welcher Stelle sind die tatsächlich sinnvoll? Da, wo man zu der Erkenntnis kommt, dass sie nicht sinnvoll sind, sollte man sie auch nicht einsetzen, insbesondere dann, wenn sie für breite Teile der Bevölkerung tatsächlich im Ernstfall zu Freiheitseinschränkungen führen. Das gilt bei der Videoüberwachung beispielsweise genauso wie zum Beispiel beim Einsatz von Bodycams.

(Zwischenruf Abg. Walk, CDU: 1.000 Kame- ras in Erfurt!)

Von daher lassen Sie mich vielleicht noch ein bisschen inhaltlich darüber diskutieren, was Sie hier wollen. Flächendeckende Videoüberwachung, was heißt das eigentlich?

(Zwischenruf Abg. Walk, CDU: An gefährli- chen Orten!)

Eine flächendeckende Videoüberwachung kann übrigens auch dazu führen, dass man Profile von Menschen anlegen kann, Bewegungsprofile von Menschen anlegen kann. Das ist eine enorme Einschränkung für einen großen Teil der Bevölkerung