Protokoll der Sitzung vom 22.09.2022

Zum Rückblick – wir haben es heute schon mehrfach gehört, vielleicht aber noch mal bei diesem Tagesordnungspunkt –: Bereits im Oktober 2020 stoppte der Verfassungsgerichtshof die geplante Konstituierung der neuen Kommission. Seinerzeit waren bereits – das wissen vielleicht einige nicht mehr – die Abgeordneten Steffen Dittes und Anja Müller von den Linken sowie meine Person hier

(Abg. Vogtschmidt)

ner rechtlichen und tatsächlichen praktischen Not- wendigkeit geschuldet. Ausgangspunkt dafür ist, dass als gesetzlich vorgesehene Übergangsregelung derzeit immer noch die Parlamentarische Kontrollkommission der 6. Wahlperiode im Amt ist, um die verfassungsrechtlich gebotene parlamentarische Kontrolle geheimdienstlicher Arbeit in Thüringen zu gewährleisten. Mit Blick auf das Rechts prinzip der möglichst wirksamen demokratischen Legitimation der Übertragung von staatlichen Funktionen und Aufgaben ist es nun geboten, dass ein vom jetzigen 7. Thüringer Landtag gewähltes Gremium seine Arbeit aufnehmen kann. Doch in den dafür durchgeführten Wahlgängen haben die von der AfD-Fraktion vorgeschlagenen Kandidaten nach den jeweils sachlich begründeten Gewissensentscheidungen der Abgeordneten nicht die notwendige Anzahl der Stimmen erzielt.

Im heutigen Bericht der Parlamentarischen Kontroll- kommission hat es bereits Herr Walk angesprochen, ich möchte es aber auch an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen: Eine Tätigkeitsaufnahme des schon zumindest teilweise durch Einzelwahlen neu besetzten Gremiums ist nach einer von der AfD-Fraktion erwirkten Eilentscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Oktober 2020 nicht möglich. Das Gericht stellte fest, dass die Parlamentarische Kontrollkommission sich erst dann in einer ersten Sitzung konstituieren darf, wenn alle ihre Mitglieder durch Wahl bestimmt und legitimiert sind und eine Ablehnung von Kandidaten – Zitat – „nicht aus sachwidrigen Gründen erfolgt ist“, so das Gericht im Tenor des Beschlusses.

Im weiteren Fortgang der Arbeit an dieser – ich nenne es an dieser Stelle mal – Baustelle fanden im Landtag, wie vom Gericht angeregt, weitere Gespräche zwischen den Fraktionen statt. Dabei kam auch – wie bereits auch von Herrn Walk erwähnt – ein Meditationsverfahren zur Anwendung.

Im vorliegenden Gesetzentwurf ist demnach die lo- gistische und inhaltliche Schlussfolgerung der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vollzogen worden aus den gerade geschilderten Vorgängen. Ziel ist also, die möglichst zügige und auch vollständige Besetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission mit neu gewählten und gleichzeitig vom Landtag der 7. Wahlperiode legitimierten Mitgliedern zu ermöglichen. Dazu werden die Regeln der Zusammensetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission in § 25 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes so verändert, dass auch zukünftig fünf Mitglieder des Gremiums nicht mehr ausgehend von der Anknüpfung an einzelne Fraktionen kandidieren und gewählt werden. Zukünftig erfolgen deswegen Kandidatur und Wahl

im Plenum gewählt. Ein Jahr später – im Dezember 2021 – wurde dann auch FDP-Abgeordneter Dirk Bergner als viertes von insgesamt fünf zu wählenden Mitgliedern gewählt. Hintergrund war hier der Verlust eines AfD-Sitzes in der Kommission, da bekanntlich mehrere Mitglieder aus der AfD-Fraktion ausschieden. Allerdings löste auch dies das grundsätzliche Problem nicht. Fakt ist, eine Konstituierung der neuen Parlamentarischen Kontrollkommission der 7. Legislaturperiode ist bis heute nicht durchgeführt worden, weil die Kandidaten der AfD anschließend regelmäßig nicht die erforderliche sogenannte einfache Mehrheit hier im Haus erreichten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, damit die parlamentarische Kontrolle auch weiterhin lückenlos sichergestellt ist und kein Kontrollvakuum entstehen kann, sieht § 26 Abs. 3 vor – das ist noch die alte Regel –, dass die bisherige, also die alte Parlamentarische Kontrollkommission aus der 6. Legislaturperiode bis auf Weiteres im Amt bleiben kann. Rein praktisch bedeutet das, dass mit den in der 6. Legislatur gewählten Mitgliedern, Dieter Hausold von den Linken, der nicht mehr dem Parlament angehört, Dorothea Marx von der SPD sowie mit mir von der CDU, ein dreiköpfiges Gremium die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes sicherstellt. Lassen Sie mich auch hier noch mal unmissverständlich darauf hinweisen, dass sich alle Mitglieder dieser besonderen Verantwortung bewusst sind und dass sie ihren Kontrollauftrag umfänglich und auch mit hohem Engagement wahrnehmen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich sage aber auch dies ganz deutlich: Auch – ich habe es ausgeführt – wenn rechtlich die alte Kommission noch bis zum Ende der Legislatur, also bis Ende 2024, tätig sein kann, ist aber genauso auch klar, dass dieser Zustand mit zunehmender Dauer unbefriedigend ist und einer Änderung bedarf. Das sehen auch andere so. Um diesen Umstand nunmehr einer konstruktiven und rechtssicheren Lösung zuzuführen, wurde von der Landtagsverwaltung ein Mediator eingesetzt. Dieser Mediator – das ist ein Jurist aus Nordrhein-Westfalen – sollte in Ruhe und auch ungestört von der Öffentlichkeit arbeiten können, um den Konflikt um die Besetzung des Geheimdienstgremiums lösen zu können.

Wir sind jetzt einen Schritt weiter, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Ausgangspunkt der Neuregelungen der Besetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission ist laut dem vorliegenden Gesetzentwurf die Tatsache, dass auf Grundlage der bisherigen Regelungen noch keine für die 7. Wahlperiode neu gebildete Kommission ihre Arbeit auf

nehmen konnte – das haben wir jetzt schon mehrfach erwähnt. Die vorliegenden Neuregelungen sollen zukünftig die zügige Neukonstituierung erleichtern, denn auch für die Parlamentarische Kontrollkommission gilt das Prinzip der möglichst unmittelbaren demokratischen Legitimation, das heißt die Wahl durch den jeweils gerade amtierenden Landtag.

Das Thüringer Verfassungsschutzgesetz vom 8. August 2014 soll deshalb in § 25 Abs. 1 – Kollegin Vogtschmidt ist schon darauf eingegangen – geändert werden. Und wie sieht jetzt die Änderung konkret aus? Im Kern geht es darum, dass die nach wie vor fünf Mitglieder der Kommission künftig mit einer Mehrheit von zwei Dritteln gewählt werden. Bisher – das wissen Sie – ist die einfache Mehrheit ausreichend. Zudem soll künftig die parlamentarische Opposition – ich zitiere – „im Verhältnis ihrer Stärke zu den regierungstragenden Fraktionen […] im Gremium vertreten sein.“ Was bedeutet das rein praktisch und in Realität? Das heißt übersetzt auf den Stand heute: Die Kommission hat fünf Mitglieder, drei Mitglieder würden dann der Opposition angehören oder aus den Reihen der Opposition kommen und zwei Mitglieder aus den Reihen der regierungstragenden Fraktionen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die vorliegende Gesetzesänderung berücksichtigt weitestgehend die Vorschläge des eingesetzten Mediators und diese entsprechen im Wesentlichen auch einer Regelung aus Nordrhein-Westfalen. Ich glaube, entscheidend ist eins, und darum wollen wir ringen, nämlich dass es nunmehr möglich ist, einen großen parlamentarischen Knoten – wenn ich das mal so salopp sagen darf – aufzulösen. Und vielleicht noch mal zur Zweidrittelmehrheit: Die Einführung dieses Zweidrittelquorums bei der Wahl der zukünftigen Mitglieder entspricht zum einem der besonders hohen Bedeutung der parlamentarischen Kontrolle der Exekutive, namentlich des Verfassungsschutzes, und führt natürlich auch in der Realität dazu, dass den zu Wählenden ein besonders hohes Vertrauen fraktions- und parteien- und gruppenübergreifend entgegengebracht werden muss.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in diesem Zusammenhang muss ich noch mal auf die Äußerung des stellvertretenden Parlamentarischen Geschäftsführers der AfD, Stefan Möller, eingehen. Die Äußerung finde ich rechtsstaatlich höchst bedenklich. Die ist auch abwegig und absurd. Er hat sich gegenüber dem MDR am 20.08. dieses Jahres wie folgt geäußert: Die AfD werde – ich zitiere – „nicht juristisch gegen das neue […] Besetzungsverfahren vorgehen, mit der Begründung, dass diese Ausgrenzungspraxis“ – gemeint ist die AfD –

„so stark [sei], dass es auch die Gerichte betreffe und teilweise von ihnen mitgetragen“ wird. Also das ist die Begründung, warum man nicht juristisch dagegen vorgehen will. Ich finde das schon ein sehr bemerkenswertes Demokratieverständnis. Es bedeutet unterm Strich nichts anderes, als dass die AfD und Herr Möller die verfassungsrechtliche Gewaltenteilung infrage stellen. Wie gesagt: absurd und sehr bemerkenswert.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich abschließend noch auf einige handwerkliche und inhaltliche Unzulänglichkeiten hinweisen, die wir noch klären müssen. Ich vermisse zum Beispiel eine In-Kraft-Regelung. Ich vermisse zweitens eine Übergangsregelung. Hintergrund: Wir haben vier Mitglieder bereits in dieser Legislatur gewählt. Was geschieht mit diesem Votum des Hohen Hauses? Und der dritte Punkt, die Frage: Wie gestaltet sich die Unterrichtung der Fraktionsvorsitzenden nach § 24 Abs. 2 gegebenenfalls in analoger Anwendung bei Mitgliedern einer Gruppe? Das sollten wir dann gleich mitregeln.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir beantragen die Überweisung des Gesetzentwurfs in den zuständigen Innen- und Kommunalausschuss. Im Innenausschuss werden wir dann ein Anhörungsverfahren beantragen und uns anschauen, wie der Gesetzentwurf von den Experten bewertet wird. Ich freue mich auf die Beratung. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Als Nächstes erhält für die Fraktion Die Linke Abgeordneter Blechschmidt das Wort.

Danke, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, ergänzend zur Einbringung aus Sicht der Linken-Fraktion noch folgende Anmerkungen zum Gesetzentwurf, zur Besetzung bzw. Zusammensetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission:

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Linken-Fraktion die Strukturen und die Arbeit von Geheimdiensten, also auch des Verfassungsschutzes in Thüringen, sehr kritisch bewertet, auch mit Blick auf die praktische Erfahrung in Sachen demokratischer Kontrollierbarkeit. So können sich kritische Zuschauer und Zuhörer die Frage stellen: Wie kommt es, dass die Linken-Fraktion einen so „provokanten“ Gesetzentwurf mit einreicht, der im Grunde genommen systemimmanent zur Sicherung entsprechender Strukturen beiträgt? Die Antwort ist: Auch wenn man versucht, die Mehrheit der Gesell

schaft von alternativen gesellschaftspolitischen Lösungen für eine Thematik zu überzeugen, ist es sinnvoll, an Reformen vorhandener Strukturen und an Inhalten zu arbeiten. So halten wir auch eine gesellschaftlich nicht optimal wirksame Parlamentarische Kontrollkommission hinsichtlich der Arbeit des Verfassungsschutzes als Geheimdienst immer noch für besser als gar keine Kontrolle oder eine bloße – in Anführungszeichen – Notlösung, wie sie zurzeit in Thüringen besteht, um Kontrollmechanismen zu schaffen, die unter gegebenen Bedingungen so gut wie möglich wirken können.

Derzeit stellt sich hier nach Einschätzung der Linken-Fraktion eine doppelte Problematik dar. Zwar arbeitet noch eine gesetzliche Übergangslösung seit 2019 als Rumpfgremium, wie es Kollege Walk eben ausdrücklich angesprochen hat, aus der vergangenen Wahlperiode heraus gewählt. Das hat aber, genau genommen, keine demokratische Legitimation. Der derzeitige Landtag hat eben dieses Gremium nicht gewählt. Und diese Übergangsregelung im Verfassungsschutzgesetz ist eigentlich nicht für eine Übergangsphase von bis zu einer halben Wahlperiode angedacht. Auch das hat Kollege Walk angesprochen.

Hinzu kommt: Dem Gremium gehören derzeit Personen, und zwar – auch das ist angesprochen worden – zwei Abgeordnete aktueller Art, aber eben auch ehemalige Abgeordnete, also aus der letzten Legislaturperiode, an, die streng genommen diese parlamentarische Kontrolle gar nicht mehr ausüben können – nur dank der Übergangsregelung. Das neue Gremium konnte mangels vollzähliger Besetzung durch Wahlen noch nicht seine Arbeit aufnehmen. Hier kann man aber den Abgeordneten keinen Vorwurf machen, denn die Wahlentscheidung zur Besetzung der ParlKK ist – wie alle Abstimmungen von den Abgeordneten – nach ihrem Gewissen zu gestalten. Das ist Teil der Ausübung des freien Mandats.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, das stattgefundene Mediationsverfahren hat nach Ansicht der Linken aber durchaus einen Weg aufgezeigt, diese verfahrene Situation zu lösen. Es geht bei der parlamentarischen Kontrolle nicht – nur der ParlKK, sondern auch der Untersuchungsausschüsse – um das Wechsel- und Zusammenspiel von regierungstragenden Teilen und oppositionellen Teilen des Parlaments und dies in vielerlei Modifikationen. Deshalb knüpft der vorliegende rot-rot-grüne Gesetzentwurf bei der Besetzungsfrage an diese beiden funktionalen Teile des Parlaments jeweils als Gesamtstruktur an, und zwar gerade nicht auf der darin enthaltenen Teilstruktur Fraktionen oder Parlamentarischen

(Abg. Walk)

Gruppen. Diese funktionale Teilung wird auch in Artikel 59 der Thüringer Verfassung deutlich, dem Oppositionsartikel.

Falls nun bestimmte Fraktionen hier im Landtag einwenden sollten, dieser neue rechtliche Ansatzpunkt dient nur dazu, bestimmte Fraktionen „abzuhängen“, dann muss man dem deutlich entgegenhalten: Selbst der Beschluss des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 14. Oktober 2020 in der Eilentscheidung zum Stopp der Neustrukturierung der ParlKK nimmt auf Seite 14 im ersten Abschnitt Bezug auf die Oppositionsgarantie des eben von mir genannten Artikels 59.

Genau diese Chancengleichheit setzt der vorliegende Gesetzentwurf der rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen um, und zwar nach Ansicht der Linken sogar noch ein Stück gleichberechtigter und demokratischer als bisherige gesetzliche Regelungen. Die bisherige Regelung wurde im Sinne eines automatischen Zugriffsrechts bestimmter Fraktionen auf Sitze im Gremium unter Herbeiziehung einer bestimmten Berechnungsmethode verstanden und angewendet. Für kleinere Fraktionen war es schwierig bis hin fast unmöglich, in die ParlKK zu kommen. Die nun vorliegende neue Regelung des § 25 gewährleistet, dass alle Fraktionen und Gruppen bzw. deren Abgeordnete unter den gleichen Bedingungen grundsätzlich ein Zugangsrecht zur ParlKK als Gremium haben, entweder aufseiten der regierungstragenden Teile des Parlaments oder als Teil der parlamentarischen Opposition. Allerdings verlieren damit bestimmte Fraktionen das bisher faktisch bestehende automatische Zugriffsrecht auf einen Sitz im Gremium, doch gerade das ist eine Demokratisierung des Wahl- und Besetzungsverfahrens.

Die Zweidrittelmehrheit im Wahlverfahren erscheint als Hürde und ist mit Blick auf eine verantwortungsvolle Arbeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission ein wirksamer Mechanismus fach- und personaltechnischer Qualitätssicherung, denn wie der Verfassungsgerichtshof im Entscheidungstenor des Beschlusses vom 14.10. und in dessen Begründung deutlich macht: Die Abgeordneten dürfen in ihrer freien Gewissensentscheidung und unter Herbeiziehung sachlicher Gründe für die Beurteilung der Geeignetheit der Kandidaten jeweilige Personen auch als ungeeignet für die Aufgabenerfüllung im Gremium ablehnen. In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, dass eine verantwortungsvolle Ausübung des freien Mandats und der freien Gewissensentscheidung immer auf der verantwortungsvollen Abwägung von Tatsachen und Sachargumenten beruht. Nach Ansicht der Linken-Fraktion stellt der vorliegende Gesetzentwurf eine sinnvolle, ausgewogene Neuregelung zur Zusammensetzung

der ParlKK zur Verfügung, die die verschiedenen Anforderungen des Demokratieprinzips wirksam zur Geltung bringt. Ich beantrage hiermit – wie der Kollege Walk – die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort erhält Frau Abgeordnete Henfling für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Gäste, sehr geehrte Frau Präsidentin, zum Inhalt des Gesetzes haben sowohl Kollegin Vogtschmidt als auch Kollege Blechschmidt eigentlich schon alles gesagt. Ich will aber noch mal, weil es immer wieder – und ich merke das auch bei den Rückfragen, die wir von Pressevertreterinnen und Pressevertretern haben – vielleicht auch Schwierigkeiten gibt, zu verstehen, was wir da gerade machen. Das ist auch nicht ganz trivial und nicht ganz einfach, denn nicht umsonst haben wir für diese Frage einen Mediator gebraucht. Wenn es so einfach gewesen wäre und wir die Lösung auf dem Tisch gehabt hätten, dann wäre das sicherlich auch schneller gegangen. Es ist schon klargestellt worden, dass wir es in dieser Legislaturperiode bisher nicht geschafft haben, eine Parlamentarische Kontrollkommission in ihrer Gesamtheit wählen und damit auch einsetzen zu können.

Das Gesetz gibt vor, es soll keinen kontrollfreien Raum des Verfassungsschutzes geben. Deswegen sieht das Gesetz vor, dass, wenn eine Parlamentarische Kontrollkommission nicht zustande kommt, die alte Parlamentarische Kontrollkommission übergangsweise im Amt bleibt und die Kontrolle des Verfassungsschutzes, der an dieser Stelle ein hoher Rang eingeräumt wird, auch tatsächlich sicherstellen kann. Damit legt sie übrigens keinen Zeitraum fest, sondern, sie sagt „übergangsweise“ und dieser Übergang ist momentan – leider Gottes – schon sehr lang.

Jetzt hat dieses Hohe Haus aus – wie ich finde – berechtigten Gründen massive Zweifel daran gehabt, ob Vertreterinnen und Vertreter der AfD-Fraktion Teil dieser Parlamentarischen Kontrollkommission sein können und sollten. Das haben diejenigen, die hier als Abgeordnete die Wahl für die Parlamentarische Kontrollkommission vornehmen, damit kundgetan, dass sie den AfD-Vertreterinnen

(Abg. Blechschmidt)

und ‑Vertretern eben nicht ihre Stimme für die Wahl in diese Parlamentarische Kontrollkommission gegeben haben. Abgeordneter Blechschmidt hat es schon deutlich gesagt: Wir sind unserem Gewissen verpflichtet. An dieser Stelle hat ein nicht irrelevanter Teil dieses Hauses für sich entschieden, anscheinend mit seinem Gewissen nicht vereinbaren zu können, ein Mitglied der AfD-Fraktion in die Parlamentarische Kontrollkommission zu entsenden. Das ist auch für die unterschiedlichen Personen, die als Wahlvorschläge auf dem Tisch lagen, ausführlich und auf Grundlage der Personen begründet worden, und damit aus meiner Sicht auch legitim.

Nun haben wir eine Situation, dass wir ein Gesetz haben und dieses Gesetz auf den Weg gebracht worden ist, als dieser Thüringer Landtag noch keine Fraktion hatte, die aus unserer Perspektive verfassungsfeindlich ist und die – das kommt noch dazu, damit hat das Parlament jetzt nichts zu tun – unter anderem auch selbst Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes ist. Jetzt ist es vielleicht nicht nur für mich, sondern vielleicht auch für alle anderen Menschen etwas seltsam, wenn eine Partei, eine Fraktion, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, gleichzeitig den Verfassungsschutz kontrollieren soll. Das ist die Grundlage, warum wir darüber nachgedacht haben, dass wir dieses Gesetz ändern müssen. Was jetzt hier auf dem Tisch liegt, ist nichts Neues, was wir da erfunden haben – auch das ist von Kollegen Walk schon angesprochen worden. Nordrhein-Westfalen verfährt ähnlich, das heißt also, das Verhältnis zwischen Opposition und Koalition wird in diesem Gesetzentwurf gewahrt und wir sorgen dafür, dass das auch ordentlich abgebildet ist. Es ist aber eben nicht mehr nach d’Hondt, also nach dem Verfahren, was jetzt im Gesetz festgeschrieben ist, sodass die Fraktionen ein Zugriffsrecht auf die Besetzung der einzelnen Positionen in der Parlamentarischen Kontrollkommission haben, sondern ähnlich wie man das zum Beispiel beim Verfassungsgericht macht, auch wenn da die Vorschlagsrechte andere sind. Aber wir wählen mit einer Zweidrittelmehrheit, also mit einer sehr breiten Legitimation dieses Parlaments die Personen in die Parlamentarische Kontrollkommission. Die Fragen, die der Kollege Walk aufgerufen hat, können wir gern diskutieren. Ich hätte mir gewünscht – wir haben ja auch zusammen die Mediation gemacht –, gern hätten Sie uns auch schon, bevor wir das gemacht haben, darauf hinweisen können, dass Sie da noch Änderungs- und Redebedarf haben. Ich sehe keinen Grund, eine Erweiterung auf die Gruppenvorsitzenden vorzunehmen. Das sage ich Ihnen schon vorab. Über das Inkrafttreten können wir reden. Ich gehe, ehrlich gesagt, davon aus, wenn wir ein neues Gesetz mit einem

neuen Verfahren beschließen, dass wir dann die Parlamentarische Kontrollkommission einmal komplett neu wählen müssen auf der Grundlage dieses Gesetzes. Das heißt also, es wird ein neues Wahlverfahren geben, zumindest ist das meine Interpretation. Aber lassen Sie uns das gern im Ausschuss noch mal diskutieren. Ich wäre nur sehr dafür, dass wir das nicht allzu lange machen und in diesem Jahr tatsächlich noch dieses Gesetz auf den Weg bringen und verabschieden, um dann tatsächlich auch noch in diesem Jahr eine Parlamentarische Kontrollkommission einsetzen zu können, die wieder in voller Stärke die Kontrolle des Verfassungsschutzes vornehmen kann. Deswegen auch von mir der Antrag auf Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss, um tatsächlich hier zu einem Ergebnis zu kommen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, Kolleginnen und Kollegen, es ist schon sehr kalt hier. Wir haben jetzt mal ein paar Decken, die vorhanden sind, da. Vielleicht lassen Sie die erst mal für die Frauen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das ist aber diskriminierend!)

Wir werden aber – ja, tu nichts Gutes, dir widerfährt nichts Böses – beim nächsten Mal für alle sicher eine Regelung finden, damit wir die Temperaturen, wenn man acht oder neun Stunden hier sitzt, auch aushalten. Also nur der Hinweis: Dort sind die, die vorhanden sind, diese können Sie sich also gern nehmen.

Jetzt hat für die Gruppe der FDP Herr Abgeordneter Montag das Wort.

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn mich vorab schon wärmender Applaus auf dem Weg hier nach vorn begleitet hat – gibt es tatsächlich eine ein wenig kontroverse Position der FDP zu diesem vorliegenden Gesetzentwurf. Denn er zeigt zwei Dinge, lieber Herr Blechschmidt, auch wenn Sie sich da versucht haben, ein bisschen herauszuwinden. Wir brauchen einen Verfassungsschutz.

(Beifall Gruppe der FDP)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE)

Nicht immer ist These, Antithese, Synthese stringent. Deswegen: Wir brauchen einen Verfassungsschutz, der eben hier unsere freiheitliche demokra