Gesine Lötzsch

Sitzungen

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Medienexperte der Fraktion der CDU hat uns in den letzten zehn Tagen mit einer Flut von medienpolitischen Anträgen versorgt. Unter anderem war auch ein Antrag dabei, der gefordert hat, ab sofort B 1 über Satellit auszustrahlen. Dieser Antrag datierte vom 18. Juni 2001. Augenscheinlich hatten Sie übersehen, dass B 1 bereits am 21. April dieses Jahres über Satellit ausgestrahlt wurde.
Aber gut! Ich denke, bei so viel Eifer kann schon einmal so ein kleiner Fehler passieren.
Kommen wir zu dem von Ihnen vorgelegten Gesetz zur Änderung des Pressegesetzes. Die Absicht – wir werden nach der Ausschussberatung nicht über die Begründung abstimmen, sondern über den Antragstext –, höhere Transparenz zu schaffen, ist zu unterstützen. Das wird auch meine Fraktion in den entsprechenden Ausschüssen, die das zu beraten haben, sehr wohlwollend und unterstützend aufnehmen. Herr Kollege Benneter hat schon auf das brandenburgische Pressegesetz verwiesen, an
dem wir uns im Zuge der verstärkten Zusammenarbeit mit Brandenburg orientieren könnten. Die kleine Sorgfaltsgeschichte, § 7 mit § 8 zu verwechseln, ist auch schon erwähnt worden.
Ich verstehe Ihren Antrag vor allen Dingen als einen Akt sehr aktiver Selbstkritik, dass Sie sich nun einsetzen wollen, Medienkonzentrationen aufzudecken, vielleicht im Ergebnis dessen, dass Sie nun eingesehen haben, dass es doch nicht so gut ist und nicht der Aufklärung und Transparenz dient, wenn es das tägliche Morgentelefonat zwischen Herrn Gafron und Herrn Dr. Butz gibt. Das hat sicher nicht zur Transparenz geführt. Aber einen Umdenkungsprozess können auch wir unterstützen. – Vielen Dank!
Herzlichen Dank, Herr Präsident! Herr Senator Prof. Stölzl, da wir am Montag im Kulturausschuss diese Thematik sehr ausführlich debattiert haben, können Sie doch sicher dem Abgeordneten Braun von der CDU bestätigen, dass die erste größere Veranstaltung zu dieser Thematik unter dem Titel „Der Mauerbau – Die einvernehmliche Krise“ am Anfang dieser Woche von der Rosa-Luxemburg-Stiftung durchgeführt wurde.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Vorredner Herr Czaja! Genauso wie es augenscheinlich von Dr. Köppl gemeinsam mit anderen ein Ritual ist, unter der Überschrift „steter Tropfen höhlt den Stein“ Nichtraucherinitiativen einzubringen, ist es auch ein Ritual in allen Fraktionen, dass sich plötzlich flügelübergreifend ganz neue Koalitionen in den Fraktionen bilden.
Der eine Flügel verbündet sich völlig unerwartet mit einem anderen; auch gewisse niedere Instinkte kommen heraus. Die Jüngeren, vielleicht noch etwas der Pubertät verhaftet, holen demonstrativ ihre Zigarettenschachteln heraus, gehen hinaus und sagen: „Jetzt gehe ich erst mal eine rauchen“.
Ja, die Vernünftigen wie Herr Schlede bleiben hier, das haben wir wohl gehört. – Ich denke, dass wir heute in der Debatte schon etwas weiter sind. Wenn wir die Debatte in den letzten Jahren ansehen, hat insbesondere ein heute fraktionsloser Abgeordneter immer sehr prinzipielle Reden gehalten und alle, die sich für den Nichtraucherschutz eingesetzt haben, in eine nicht akzeptable Ecke gestellt.
Ja, Dr. Wruck hat im Rechtsausschuss geraucht,
unerhört, ist richtig! –, um seinen Widerstandsgeist zum Vortrag zu bringen. Es hat ihm nicht viel genutzt, jetzt ist er hier allein und fraktionslos. Das ist vielleicht auch eine Warnung an bestimmte Raucherinnen und Raucher, dass dies das Schicksal sein kann.
Ich finde den Antrag von Herrn Dr. Köppl sehr diskussionswürdig und möchte die Durchsetzbarkeit kurz ansprechen. Es ist sehr schön, dass überall in den öffentlichen Verkehrsmitteln und auf Bahnsteigen nicht geraucht werden darf. Aber wenn man auf dem U-Bahnsteig steht, Personen dort rauchen und dort eine wunderbare Durchsage kommt – „Bitte beachten Sie das Rauchverbot, vielen Dank für Ihr Verständnis“ –, wird dort ungerührt weiter geraucht. Es wäre ein Vorschlag, dort eine kleine Übung in Zivilcourage zu machen und andere Leute anzusprechen mit dem Hinweis: „Haben Sie es nicht gesehen, haben Sie es nicht gehört? Versuchen Sie es doch wenigstens mit meiner freundlichen Ansprache!“
Letzter Satz dazu: Es wird häufig gesagt: Wir lieben Amerika, aber was dort mit den Rauchern gemacht wird, ist einfach gemein, denn sie werden dort unterdrückt. – Aber ich denke, es gibt einen Politiker in der Bundesrepublik, den man sicherlich stark kritisieren kann, den aber alle Umfragen mindestens auf Platz 2 setzen: den Bundesaußenminister. Dieser hat den historischen Satz geprägt: Wir haben die Amerikaner nicht zu kritisieren. – Schönen Dank!
Danke sehr, Herr Präsident! Herr Senator! Nun hatte das Metropol-Theater auch einmal ein Ensemble, bestehend aus Sängerinnen und Sängern, Orchestermusikerinnen und -musikern. Haben Sie die Absicht, Einfluss darauf auszuüben, dass einige dieser Ensemblemitglieder wieder die Chance hätten, am Metropol-Theater zu arbeiten, wenn es wieder in Betrieb genommen wird?
Meine Frage geht ebenfalls an den Kultursenator. Prof. Stölzl, in der Presse ist ein offener Brief des Theaters Karlshorst an Sie veröffentlicht, in dem dargelegt wird, dass sich dieses Theater seit 1999 um die Spielstättenförderung bemühe, aber die Schreiben von der Berliner Kulturverwaltung ignoriert worden seien. Trifft es zu, dass Sie diese Schreiben ignoriert haben – was ich nicht hoffe? Und sehen Sie
eine Möglichkeit, das Theater kurzfristig zu unterstützen bei der Sicherung der Betriebskosten, damit es wenigstens über den Winter kommt?
Herr Senator! Sie haben zumindest verbal hier eine Sympathie für dieses Theater geäußert. Sehen Sie zumindest Möglichkeiten, im Rahmen Ihrer Öffentlichkeitsarbeit Werbung für die am 16. Dezember 2000 stattfindende Benefizgala in diesem Theater zu machen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute zum wiederholten Mal in der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses über die Ehrenbürgerschaft von Nikolai Bersarin, den ersten Stadtkommandanten von Berlin nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus. Eigentlich bedürfte es dieser Diskussion gar nicht mehr, hatte doch das Abgeordnetenhaus am 13. Juli dieses Jahres mit Mehrheit beschlossen:
Das Abgeordnetenhaus fordert den Senat auf, den ersten Stadtkommandanten von Gesamtberlin, Nikolai Bersarin, wieder in die Liste der Ehrenbürger Berlins aufzunehmen.
Mit diesem Beschluss schien nun endlich eine eklatante politische Fehlentscheidung aus dem Jahr 1992 korrigiert zu sein. Im Plenum und im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses, in öffentlichen Veranstaltungen zum 55. Jahrestag der Befreiung, in zahlreichen Tageszeitungen und im Fernsehen wurden viele Informationen über die Tätigkeit des ersten Stadtkommandanten öffentlich gemacht. Ich will das an dieser Stelle gar nicht alles wiederholen. Häufig wurde natürlich auch der CDU-Politiker und Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen Ernst Lemmer zitiert, der Nikolai Bersarin folgendermaßen charakterisierte. Er sagte:
Nichts schien ihm wichtiger zu sein, als diese Stadt wieder lebensfähig zu machen. Er nahm seine Aufgabe so ernst und hielt sie für so selbstverständlich, als hätte er sie im eigenen Land durchzuführen.
So also der CDU-Politiker Ernst Lemmer.
Weder der Mehrheitsbeschluss des Abgeordnetenhauses noch die öffentliche Debatte beeindruckten allerdings den Regierenden Bürgermeister Diepgen. Er leitete dem Parlament ein abschließendes Schreiben zu, in dem er die Wiederaufnahme von Bersarin in die Ehrenbürgerliste ablehnt. Einer der inhaltlichen Kernsätze sei hier zitiert. Ich zitiere aus dem Schreiben:
Bei dieser Entscheidung hatte sich der Senat auch von der Tatsache leiten lassen, dass einerseits das Verhalten des sowjetischen Militärs in der unmittelbaren Nachkriegszeit bei zahlreichen Berlinern nicht nur positive Erinnerungen auslöst und andererseits alle Stadtkommandanten in den verschiedenen Teilen der Stadt nach dem Völkerrecht eine Pflicht zur Versorgung der Bevölkerung hatten.
Dazu ist Folgendes zu sagen: Diese Mitteilung – zur Kenntnisnahme – ist ebenso lapidar wie erhellend. Sie ist erstens erhellend, was das Verständnis des Umgangs des Regierenden Bürgermeisters mit Beschlüssen des Parlaments betrifft. Der Beschluss vom 13. Juli 2000 war schließlich nicht irgendeiner, der vielleicht spätnachts durch Unaufmerksamkeit einiger Abgeordneter zustande gekommen ist. Nein, ganz im Gegenteil: Das Parlament hatte wochenlang, ja monatelang intensiv debattiert.
Zweitens war erhellend, was den Umgang des Regiermeisters mit der SPD-Seite im Senat betrifft. Dass die SPD-Senatoren aus der Zeitung von diesem angeblichen Senatsbeschluss erfahren hatten, ist in den öffentlichen Reaktionen von Herrn Bürgermeister Böger in der Spontanen Fragestunde vom 12. Oktober und in Fernsehinterviews von Senator und SPD-Landesvorsitzendem Peter Strieder deutlich geworden. Drittens ist auch der kulturpolitische Sprecher der Fraktion der CDU, Herr Dr. Lehmann-Brauns, um die von ihm ausdrücklich gewünschte Diskussionszeit betrogen worden. Herr Dr. Lehmann-Brauns hatte in der Sitzung des Kulturausschusses, in der die Reise nach Moskau und St. Petersburg ausgewertet wurde, von seinem Treffen mit dem letzten Moskauer Gesandten in Berlin aus den Jahren
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1987 bis 1992 berichtet und erklärt, dass er noch Zeit für die Diskussion innerhalb der CDU brauche. Herr Diepgen! Also ist auch Ihr Parteikollege Lehmann-Brauns, von Ihnen düpiert worden.
Aber Kern der Geschichte ist wohl der Satz in der Mitteilung – zur Kenntnisnahme –, dass man sich von den Erinnerungen an das Verhalten des sowjetischen Militärs habe leiten lassen. Hierzu muss ich selber gar nichts ausführen, sondern kann – mit Erlaubnis des Präsidenten – die Ausführungen des Journalisten Andre´ Mielke zitieren, der in der „Berliner Morgenpost“ den Kern der Angelegenheit richtig beschrieben hat:
So sind die bösen Russen ein gutes Stück des alten WestBerlin. Die Berliner CDU hat ein untrügliches Gefühl dafür. „In 15 Minuten sind die Russen auf dem Kurfürstendamm“, hat Udo Lindenberg einmal gefrotzelt. Manche scheinen zu befürchten, dass mit einem Ehrenbürger Bersarin es doch noch so weit kommen könnte, jetzt, nachdem die PDS gerade in Kreuzberg einmarschiert ist.
Ich denke, dass Sie, Herr Regierender Bürgermeister – so schätze ich Sie jedenfalls ein –, als politischer Mensch und als Staatsbürger ganz gut mit einem Ehrenbürger Bersarin leben könnten. Allerdings haben Sie eben diese Furcht, Ihnen könnte eine Klientel verlorengehen, auf die Sie immer gebaut haben. Ich kann Ihnen nur sagen: Haben Sie doch mehr Mut! Der Vorsitzende Ihrer Fraktion, Klaus Rüdiger Landowsky, hat in einem „Tagesspiegel“-Interview, das er zusammen mit Gregor Gysi geführt hat, sehr zu Recht die Meinung vertreten, dass sowohl die PDS im Osten als auch die CDU im Westen die Veranlassung und die Aufgabe hätten, voranzugehen und aus den Gräben des Kalten Krieges herauszukommen. Den Menschen sollte man also nicht sagen: „Bleibt mal dort!“ – Haben Sie mehr Mut, haben Sie mehr Vertrauen in Ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Eine Stadt, in der wie am vergangenen Donnerstag 200 000 Menschen für Menschlichkeit und Toleranz aufstehen, braucht keine Geschichtsklischees aus den Zeiten des Kalten Krieges und kann sehr gut einen Ehrenbürger Bersarin vertragen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Frage richtet sich an Herrn Senator Böger, allerdings in seiner Eigenschaft als Bürgermeister. Dem Abgeordnetenhaus ist Anfang der Woche eine Mitteilung – zur Kenntnisnahme –, Drucksache 14/714, über Liste der gemeinsamen Ehrenbürger, Berliner Ehrenbürgerwürde für Nikolai Bersarin, zugeleitet worden. Darin wird dem Abgeordnetenhaus mit dürren Worten mitgeteilt, dass der mehrheitliche Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 13. Juli 2000, nämlich Bersarin wieder in die Ehrenbürgerliste aufzunehmen und die Aufforderung an den Senat, dies zu realisieren, ohne eine Auseinandersetzung mit der Argumentation des Abgeordnetenhauses abgewiesen wurde. Herr Bürgermeister Böger! Wie können Sie diesen Affront gegen das Abgeordnetenhaus rechtfertigen?
Ja, vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Bürgermeister Böger, Sie haben sicher verfolgt, dass hier im Abgeordnetenhaus eine sehr intensive Debatte auch im Zusammenhang mit der Richtlinie geführt wurde. Ich frage Sie, ob ich Ihren Äußerungen, dass das im Senat nicht beschlossen wurde, entnehmen kann, dass sich die SPD-Senatoren dafür einsetzen werden, dass der Beschluss, der hier mit den Stimmen und unter leidenschaftlicher Anteilnahme der SPD-Fraktion gefasst wurde – –
Ja, das ist eine Frage! Herr Luther, das können Sie mir ruhig zugestehen, dass ich in der Lage bin, Fragen zu formulieren. – Ich darf wiederholen – –
Bei der zweiten Unterbrechung verlängert sich natürlich jede Frage. – Herr Bürgermeister Böger, darf ich Ihren Worten entnehmen, dass dies kein Senatsbeschluss war und dass Sie und die anderen SPD-Senatoren sich im Senat dafür einsetzen werden, dass der Beschluss, der mit den mehrheitlichen Stimmen des Hauses, insbesondere mit den Stimmen der SPD-Fraktion, gefasst wurde, umgesetzt wird?
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle hiermit den Antrag, diesen Antrag in den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und Berlin-Brandenburg zu überweisen und hier keine Debatte zu führen. interjection: [Beifall bei der PDS und den Grünen – Zurufe von der CDU]
Meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Dr. Klotz, ist schon auf das Prozedere eingegangen. Wir hatten gestern im Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und Berlin-Brandenburg den Antrag der Grünen, die EU-Institutionen für die Erweiterung fitzumachen und den verfassunggebenden Prozess in der EU voranzubringen. Alle Parteien haben ungefähr eine Stunde lang im Detail darüber diskutiert, und die Grünen wurden gebeten, sogar eine kleine Arbeitsgruppe zu bilden, um dann einen verbesserten, von allen Fraktionen gemeinsam zu tragenden Antrag zu erarbeiten. Ein paar Stunden danach flattert nun dieser fehlerhafte – wie Frau Klotz dankenswerterweise schon illustriert hat – Antrag auf den Tisch, der sich mit dem gleichen Sachverhalt beschäftigt. Nun – das mögen doch vielleicht die Mitglieder des Ausschusses zur Kenntnis nehmen; Sie haben es auch in Gesprächen zugegeben – ist die Situation folgende: Der Regierende Bürgermeister dachte, er könne hier eine schöne Rede halten, die uns verteilt worden ist. Vielleicht können wir die nun gemeinsam im Chor vorlesen, denn er ist nicht mehr da.
Als Ausschussvorsitzende will ich Ihnen sagen, dass ich das gegenüber den eigenen Abgeordneten doch ziemlich ungerecht finde, denn wir haben in unserem Ausschuss so kompetente Kollegen wie den ehemaligen Europasenator Herrn Radunski oder auch Herrn Dr. Köhler, der am Nachmittag im Ausschuss von dem Antrag überrascht wurde. Aber augenscheinlich spielen da andere Dinge eine Rolle. Die beiden Fraktionsführungen haben nun beschlossen, eine Senatsvorlage schluderhaft abzuschreiben, diese in einen Antrag umzuwandeln. Ich finde das hochgradig peinlich. Diese Peinlichkeit sollten wir uns alle miteinander ersparen. Gestern ist ein anderes Verfahren verabredet worden. Es ist ein unhaltbarer Zustand, wenn die Abgeordneten – selbst Abgeordnete, die die Regierung zu tragen haben – in einer derartigen Weise übergangen werden. Also, heute keine Debatte, Überweisung in den Ausschuss! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin versucht, um diese Debatte noch etwas aufzuheitern, erst einmal die Rede des Regierenden Bürgermeisters zu zitieren, die mit so einem schwergewichtigen Satz beginnt: „Berlin ist unsere Heimat, Deutschland unser Vaterland und Europa unsere Zukunft.“
Viel mehr Inhalt steht leider in dieser kurzen Rede nicht drin. Aber ich sollte zu meinem eigenen Text kommen.
Ja, der Kollege Kittelmann war einfach gestern nicht da. Sie haben auch die Kollegen aus Ihrer eigenen Fraktion total veralbert. Die haben sich nämlich sehr ernsthaft an der Debatte beteiligt und haben sehr ernsthafte Vorschläge gemacht und haben auch eine Reihe von Dingen problematisiert. Es wäre vielleicht ganz gut – Sie haben beschworen und versuchen, das hier immer vorzuführen –, dass Sie den Jüngeren in Ihrer Fraktion Förderung angedeihen lassen, Chancen geben. Das wird durch ein derartig oberflächlichen Auftritt bei Abwesenheit gestern im Ausschuss, Herr Kittelmann, völlig konterkariert und stellt die Glaubwürdigkeit der Förderung der Jugend bei Ihnen ziemlich in Frage.
Der Kollege Radunski, der gestern da war, hat ein paar vernünftige Vorschläge gemacht; darauf werde ich noch eingehen.
Ich kann mich nicht erinnern, dass der Regierende Bürgermeister einmal den Wunsch hatte, sich mit dem Europaausschuss zu Europafragen zu verständigen. Er hat zwar zu verschiedenen anderen Problemen in der vergangenen Legislaturperiode in unserem Ausschuss Stellung genommen. Aber dieses Thema, da nun plötzlich von heute auf morgen als zentrales Thema
beschworen werden soll, das scheinen Sie nicht besonders gründlich vorbereitet zu haben.
Ich will einige Punkte benennen, warum gerade dieser Antrag – darüber haben wir gestern debattiert – unbedingt überarbeitungsbedürftig ist. Es ist noch eine Reihe von Fragen offen, die weiter zu diskutieren sind und wo man auch – – Ich merke, die Koalition ist in heftigster Debatte.
Herzlichen Dank! – Es sind noch Punkte zu diskutieren, wobei man sich – –
Ja!
Ich denke, der Kollege Kittelmann hat gerade durch seine Ignoranz bewiesen, dass er beratungsresistent ist, und deswegen, Kollegin Klotz, macht mir das nicht so wahnsinnig viel aus.
Wir haben ziemlich im Konsens aller Fraktionen gestern diskutiert – leider, wie gesagt, unter Abwesenheit des Kollegen Kittelmann –, dass es Punkte gibt, wo man einen gemeinsamen Pfad finden kann. Das ist erstens die Grundrechtecharta. Die Fraktionen des Europäischen Parlaments beteiligen sich an der Ausarbeitung der Grundrechtecharta. Es gibt den Antrag, die Überlegung, die von unserer Partei, der PDS, unterstützt und befördert wird, ein europaweites Referendum zur Grundrechtecharta durchzuführen. Darüber muss man sich verständigen. Andere Punkte – ich habe jetzt leider nur noch eine Minute Zeit –, die anzusprechen sind, sind die Anzahl der Kommissare in der Europäischen Union, die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern. Dazu ist aus dem Bundestag zu hören, dass dies zu einer Einigung geführt worden ist.
Zum Beispiel!
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Eine Zwischenfrage noch? – Bitte!
Herr Kollege Kittelmann! Wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie festgestellt, dass ich mich auf Äußerungen Ihres Kollegen Radunski gestern im Ausschuss bezogen habe. Aber dort waren Sie leider nicht. Wenn Sie noch soviel Aufmerksamkeit aufbringen könnten und das Redemanuskript des Regierenden Bürgermeisters läsen, würden Sie feststellen, dass darin diese Frage auch erwähnt ist.
Zum Schluss hat diese Debatte gezeigt, schon allein die um die Dringlichkeit und die sehr peinliche Art und Weise der Einbringung eines derart wichtigen Themas, dass wir diesen Antrag unbedingt in den Ausschuss überweisen müssen, um dem Land weitere Peinlichkeiten zu ersparen beziehungsweise, dass eine korrekte Formulierung des Antrags vor einer Abstimmung jedem Abgeordneten unbedingt vorliegen muss. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schaut man sich die Medienstandorte in der Bundesrepublik an, dann stellt man fest, dass in Bayern und NordrheinWestfalen Medienpolitik Chefsache ist. In Berlin gibt es das übliche Gerangel. Herr Diepgen hat eigentlich keine Lust. Das Thema interessiert ihn nicht. Er hat hier auch mit Abwesenheit geglänzt, beziehungsweise war er kurz einmal drin und hat dann demonstrativ mit anderen Gespräche geführt. Herr Branoner, der gerne auf dem Gebiet arbeiten möchte, wird gebremst und darf nicht so, wie er will. interjection: [Zuruf]
Freuen Sie sich nicht zu früh. Meine Solidarität wird zwar ein Stück reichen, aber nicht übermäßig sein. – Wir hatten im Abgeordnetenhaus bis zur Mitte der vergangenen Legislaturperiode einen eigenen Ausschuss für Medien. Dieser ist – vielleicht in Anbetracht einer gewissen „Irrelevanz“ von Medienpolitik in Berlin? – abgeschafft worden. Bei der Neubildung der Ausschüsse in dieser Legislaturperiode konnte auf Grund des für die große Koalition symptomatischen Kompetenzgerangels nicht einmal der Entschluss gefasst werden, in einen Ausschusstitel das Wort Medien aufzunehmen. Herr Müller ist schon auf die gestrige Sitzung des auch für Medien zuständigen Ausschusses eingegangen, auf der Herr Butz erklärte, Medienpolitik sei überall Chefsache. Es sei komisch, wenn ausgerechnet in Berlin, sich der Regierende Bürgermeister nicht mit Medienpolitik befassen würde. – Es wäre aber schön, wenn er es einmal täte oder wenn er es ganz ließe. Bisher haben wir von Herrn Diepgen noch keinen medienpolitischen Ansatz gehört. Das Konzept für den Medienbeauftragten, das im Ausschuss vorgestellt wurde, wurde von allen Fraktionen als mehr als dürftig kritisiert. Darauf komme ich später zurück.
Es stimmt, dass Berlin bezüglich der Medienpolitik ungeheuer aufgeholt hat. Man sollte aber nicht übermütig werden. Wir müssen uns an anderen Medienregionen in Deutschland messen lassen. Auf dem Medienforum Nordrhein-Westfalen in Köln hat Ministerpräsident Clement am Montag einen Masterplan für die Internetwirtschaft in Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Schön ist daran die Konkretheit der Ziele. Diese vermissen wir in Berlin häufig. In diesem Masterplan wird prognostiziert, dass der europäische Markt für E-Commerce bis 2004 1,6 Billionen Euro ausmachen wird. Das bedeutet für Nordrhein-Westfalen einen Umsatz im E-Commerce von 87 Milliarden Euro. Wie lauten die entsprechenden Zahlen für Berlin? Welche konkreten Zahlen gibt es für einen Zeitraum bis 2004? Die Menschen, die jetzt in der Medienwirtschaft arbeiten, sind benannt worden. Welche konkreten Vorstellungen gibt es bezüglich der Entwicklung und der Umsätze? Welche großen Unternehmen sollen neben den kleinen nach Berlin geholt werden? In der Studie, die in Nordrhein-Westfalen zum E-Commerce in Auftrag gegeben wurde, wird davon ausgegangen, dass Nordrhein-Westfalen eine Art „Gateway to Europe“ werden soll und dass einzelne Großstädte, wie Hamburg und Berlin, noch keine Internetregion darstellen. Wenn wir uns mit diesem ökonomischen Potential vergleichen, können wir sehen, dass dort 20 der 40 größten Unternehmen zu Hause sind. Das sind beispielsweise die Telecom, Bertelsmann, RTL, Mannesmann, Vodafone, T-Mobil und e-Plus.
An diesen Zahlen wird die Herausforderung für Berlin deutlich. Es reicht nicht, mit Brandenburg zu konkurrieren. Insellösungen oder die Kooperation mit Brandenburg greifen zu kurz. Daran würden wir uns verheben. Vielleicht wäre auf diesem Gebiet ein Zusammenschluss aller ostdeutschen Länder eine Idee, eventuell ein Masterplan Ost für die Internetwirtschaft. Es reicht nicht, dass sich die Ministerpräsidenten der neuen Länder treffen, um über den Länderfinanzausgleich zu sprechen, sie aber, wenn es um solche Fragen geht, das Inseldenken nicht verlassen.
Kurz einige Worte zum Medienbeauftragten. Im Sommer vergangenen Jahres haben sich 21 Film- und TV-Produzenten in einem offenen Brief an die Regierungen in Berlin und Potsdam gewandt und einen Medienbeauftragten gefordert. Die SPD hat
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im Wahlkampf versucht, mit Herrn Clement hier medienpolitische Zeichen zu setzen, und ein Jahr später nun soll uns der Medienbeauftragte vorgestellt werden. Ab 1. Juli soll Herr Schiphorst seine Arbeit aufnehmen.
Das Problem wurde gestern jedoch sehr deutlich: Es ist völlig unklar, welche rechtliche Stellung und Kompetenzen der Medienbeauftragte hat. Kann er etwas entscheiden? Kann er Entscheidungen anregen? Er soll dem Regierenden Bürgermeister unterstellt sein, und – ich glaube, das wissen die meisten von Ihnen gar nicht – er soll ehrenamtlich zwei Tage in der Woche in Berlin und Brandenburg arbeiten, und die restliche Zeit wird er brauchen, weil er ehrenamtlich arbeitet, um mit Beraterverträgen Geld zu verdienen. Die entscheidende Frage ist nicht nur die der konkreten Aufgabenausgestaltung – da muss Herr Schiphorst, der von allen bisher Vorschusslorbeeren erhalten hat, selbst Vorschläge unterbreiten –, sondern die der Kompetenzen, was er darf und was er kann. Das muss konkret in Angriff genommen werden.
In der Großen Anfrage sind einige Fragen aufgeworfen und umfangreich beantwortet worden. Aber einige Verbindungen, die gezogen werden müssen, sind nicht benannt worden. Wie ist z. B. die Verbindung der Medienwirtschaft zur Hochschul- und Wissenschaftslandschaft? – Zur Kulturlandschaft wurde einiges gesagt. – Herr Branoner, hier sollten Sie versuchen, mit Ihrem neuen Senatskollegen Stölzl zusammenzuarbeiten. Im Augenblick sind wir in einer sehr merkwürdigen Diskussion. Ausgerechnet in einer Zeit, wo Informatikausbildung und Medienwirtschaft zentrale Fragen sind, sind wir mit einem Numerus clausus an den drei Universitäten gerade in diesen Fächern konfrontiert. Die Prüfung durch die Senatsverwaltung ist angekündigt worden, und 950 Studienanfänger sind an den drei Universitäten und 724 an den Fachhochschulen und der Hochschule der Künste zugelassen worden. Die Senatswissenschaftsverwaltung will zwar weitere 100 Studienplätze an der Berufsakademie im Bereich Medienmanagement finanzieren, aber wir kennen alle die Haushaltslage: Die Kosten von über 900 000 DM können durch die Wissenschaftsverwaltung nicht aus dem eigenen Haushalt aufgebracht werden. Hier wäre die stark nachfragende Wirtschaft gefragt. Vielleicht wäre dies eine der ersten Aufgaben für Herrn Schiphorst, die er ab 1. Juli – ehrenamtlich, wie gesagt, zwei Tage in der Woche – in der Region Berlin- Brandenburg angehen könnte. Mal sehen, ob diese vielen Aufgaben, die hervorgehoben wurden, – ich hebe es noch einmal hervor, ehrenamtlich, an zwei Tagen in der Woche – für die Region BerlinBrandenburg, ohne durch die Beraterverträge beeinträchtigt zu werden, denen er ja auch verpflichtet ist, realisierbar sind.
Zum Abschluss noch einige Worte zur Förderpolitik für die neuen Medien. Seit 1991 wurden mit Hilfe des Programms „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ an 367 Unternehmen Investitionszuschüsse in Höhe von ca. 300 Millionen DM ausgereicht. Das hört sich erst einmal ganz toll an. Herr Branoner, Sie haben dem Wirtschaftsausschuss zu den Haushaltsberatungen berichtet, wie die Arbeitsplätze gefördert werden, mit weniger Mitteleinsatz als zum Beispiel im Land Brandenburg. Vielleicht ist das nicht unbedingt der richtige Ansatz, froh zu sein, dass man ausgerechnet in diesem Bereich wenig Geld einsetzt, um Arbeitsplätze zu fördern, denn diese Arbeitsplätze sind erst einmal sehr teuer.
Wir sollten auch ein bisschen realistisch sein und uns die Zahlen darüber ansehen, welche Arbeitsplätze mit GA- und EU-Mitteln gefördert sind. Die Prognos-Studie hat dargestellt, welche Arbeitsplätze in Berlin geschaffen wurden. An erster Stelle stand immer noch das verarbeitende Gewerbe mit 56 %, darunter – man höre und staune – die Verarbeitung von Steinen, Metallen und Zierereien mit 22 %. Die Medienwirtschaft war in diesem Gutachten gar nicht eigens aufgeführt, wahrscheinlich unter den 24 % Dienstleistungen subsumiert.
Die Frage ist, ob das, was hier als Erfolg verkauft wurde, wirklich ausreicht. Vielleicht nenne ich mal, um nicht allzu viele Zahlen hier hinein zu werfen, eine letzte Zahl, damit die Relationen sichtbar werden: Wir haben gelesen, dass das Land für die Initiative „Projekt Zukunft – der Berliner Weg in die Informationsgesell
schaft“ 19,3 Millionen DM Landesmittel zur Verfügung gestellt hat. Allein der Neubau der Teltowkanalbegleitstraße hat über 20 Millionen DM an GA-Mitteln gekostet. Das Land Berlin hat also für eine einzige Straße genauso viel Geld ausgegeben wie für das Projekt Zukunft. Offensichtlich ist diese Zukunft immer noch ein bisschen weniger wert als zum Beispiel gute Beziehungen zur Straßenbaulobby.
Ja, ich bin sofort fertig!
Berlin hat aufgeholt, aber wenn wir uns noch nicht einmal international umschauen, sondern Bayern und Nordrhein- Westfalen vor Augen haben, ist noch aufzuholen, nicht nur in der Region Berlin und Brandenburg, sondern es wäre gut, einen ostdeutschen Zusammenhang zu schaffen. Engagement ist da, Berlin muss zulegen, und der Regierende Bürgermeister hat uns dabei bisher nicht unterstützt. – Schönen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, was die Einschätzung der PDS betrifft. In der letzten Sitzung im Abgeordnetenhaus wurde uns noch erklärt, es hätte sich gerade gezeigt, dass die PDS doch eine verknöcherte Alt-Kaderpartei wäre; Alt-Kader hätten sich durchgesetzt. Eine Sitzung später schon ist PDS eine ChaosPartei. Sie sind in der Einschätzung sehr flexibel.
Sie haben den Kollegen Over hier als Chaoten bezeichnet. Ich weiß nicht, ob das parlamentarisch war und ob Herr amtierender Präsident Momper zugehört hat. Herr Over ist in unserer Fraktion ein sehr pünktlicher und zuverlässiger Kollege.
Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege Dr. Borghorst, auf die Frage hin, wen Herr Over vertritt, teile ich Ihnen mit, dass Herr Over bereits zwei Mal seinen Wahlkreis gewonnen hat. Wenn ich das im Abgeordnetenhandbuch richtig gelesen habe, Herr Dr. Borghorst, ist Ihnen das leider nicht gelungen. Vielleicht können Sie daran noch arbeiten.
Wer der PDS Bedenkenträgerei vorwirft, sollte sich vielleicht auch mit anderen Publikationen auseinandersetzen. Wenn ich mich hier auf Auseinandersetzungen im Parlament vorbereite, schaue ich mir gern an, was der Senat geschrieben oder veröffentlich hat. In der Regel kann man davon etwas lernen. Als erstes fiel mir eine Zeitschrift der Senatsverwaltung für Stadtenwicklung „Foyer“ vom April 2000 in die Hand, in der ein großer Artikel zur Expo veröffentlicht war. Die Überschrift lautete: „Anachronismus zum Anfassen – Expo 2000 – Vom Jahrmarkt der
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Industrie zum Event der Mediengesellschaft“. Nun will ich Ihnen nicht den Artikel vorlesen, aber augenscheinlich spricht der Senat mit gespaltener Zunge. Herr Branoner ist für die gute Laune zuständig. Zu lesen bekommt man dann andere Dinge. Es wird klar gesagt, dass die Zeit der großen Weltausstellungen vorbei sei. Es wird die Festivalisierung von Wirtschaftsideologie und Technikoptimismus kritisiert. Es wird klar dargestellt, dass man sich 1990 überhaupt nicht vorstellen konnte – es ist auch dem Konzept abzulesen –, wie rasant sich die Technik in dieser kurzen Zeit entwickeln würde. Die Defizite sind hier schon benannt worden. Der Artikel in der Zeitschrift von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sagt als Fazit, dass sich die Frage nach dem Sinn der Weltausstellung nicht beantworten lässt. Vielleicht diskutieren Sie erst einmal im Senat und in der Koalition darüber, wer hier Bedenkenträger ist, bevor Sie das pauschal an die Opposition abgeben.
Schauen Sie sich Ihre eigenen Publikationen an. Nicht nur zuhören bildet, Herr Branoner, sondern manchmal auch Lesen, vor allem das, was im eigenen Haus geschrieben wurde. Eine Umfrage unter Studenten der Technischen Universität, denen man sicher schwer Technikfeindlichkeit unterstellen kann, zeigt auch – die letzte Nummer der TU-Zeitung haben wir gerade erhalten –, dass die meisten Studenten der Technikwissenschaften sagen, es sei alles eine große Show, die sich nicht lohne und in diesem Zeitalter eine nicht mehr angemessene Ausdrucksform sei.
Herr Dr. Borghorst! Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie die Plattenbauten und die ökologische Sanierung der Plattenbauten so positiv hervorgehoben haben. Der Fairness halber könnte man aber auch erwähnen, dass der Bezirksbürgermeister Dr. Uwe Klett – gestellt von der PDS – gemeinsam mit den anderen Bezirksbürgermeistern der Bezirke, in denen sich die meisten Plattenbauten befinden, Herr Dr. Buttler und Herr Dr. Friedersdorff von Marzahn und Lichtenberg sowie Frau Dr. Grygier aus Hohenschönhausen, sich dabei große Dienste erworben haben.
Ja, ja, regen Sie sich nur darüber auf! – Herr Dr. Klett vertritt dieses Projekt auf der Expo. Und ich hätte mir in diesem Zusammenhang gewünscht, Herr Dr. Borghorst, dass Sie vielleicht einmal 10, 9 oder 8 Jahre zurück denken und etwas Selbstkritik üben. Denn wie haben Sie von der Koalition Anfang der 90er Jahre die Plattenbauten heruntergeredet, über den Abriss diskutiert?
Und nun haben Sie sich ohne ein Quäntchen von Selbstkritik an die Spitze der Bewegung gestellt, nachdem wir Ihnen nämlich erzählen mussten, dass dort Hundertausende von Menschen wohnen.
Ja, Sie haben Anfang der 90er Jahre noch rechtzeitig die Kurve bekommen und sich auf den richtigen Weg begeben. Aber vielleicht wäre es auch für einen Sozialdemokraten, der gerne andere kritisiert, ein Stückchen Selbstkritik angebracht.
Herr Senator Branoner! Wenn die Expo- Besucher Berlin besuchen sollen, sollten sie vielleicht auch angeregt werden, sich die Berliner Expoprojekte anzuschauen. Dies sollten Sie zumindest in Ihr Konzept aufnehmen, aber davon haben Sie nicht gesagt. Im Interesse der Zeit möchte ich nur ein Beispiel nennen, die Rummelsburger Bucht. In die Rummelsburger Bucht können nur Expobesucher gehen, die gut ausgestattet sind. Sie müssen eine Kaffeekanne dabei haben und ein Stullenpaket. Denn in diesem ganzen Gebiet gibt es kein einziges Restaurant, kein Cafe´, es gibt einen Bäcker, bei dem ein Stehimbiss eingenommen werden kann. Aber das ist wahrscheinlich nicht das, was man sich als Tourist vorstellt. Es sind dann möglicherweise nur
die, die froh sind, kein Geld ausgeben zu müssen und sich nicht ärgern zu müssen, dass andere im Restaurant sitzen können. Das ist sicherlich kein besonderer Anziehungspunkt.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident!
Eine Bemerkung darf man sich nicht verkneifen: Die Expo wird gemanagt von Frau Breuel.
Frau Breuel hat ein Buch geschrieben: „Es gibt kein Butterbrot umsonst“. Sie fordert darin von Staat und Gesellschaft Einsicht und Opfer. Sie schreibt, bisher Privilegierte müssten den Verzicht auf Vorrechte lernen. Frau Breuel erhält im Jahr 700 000 DM plus 425 000 DM Reise- und Bewirtungsspesen.
Das ist wesentlich mehr, als der Bundeskanzler erhält – wahrlich, ein „Vorbild“ für Bescheidenheit! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 8. Mai dieses Jahres hat Gerhard Schröder, der deutsche Bundeskanzler, als erster deutscher Bundeskanzler diesen Tag als Tag der Befreiung gewürdigt. Ich denke, er hat wahrscheinlich bei der Würdigung mehr darüber nachgedacht, als zumindest Ihrem Redebeitrag zu entnehmen war, Herr Kollege Dr. Lehmann-Brauns, warum die Rote Armee überhaupt nach Berlin gekommen ist. Diese Reflektion war bei Ihnen überhaupt nicht zu entnehmen. Sie haben augenscheinlich vergessen, dass Hitler-Deutschland einen mörderischen Krieg angefangen hat und dass die Sowjetunion über 20 Millionen ihrer Bürgerinnen und Bürger verloren hat. interjection: [Niedergesäß (CDU): Die Sowjetunion hat sich aber der Kumpanei schuldig gemacht!] Die Berliner Medien – Herr Cramer hat einige angeführt – und auch Medien von außerhalb haben im Augenblick eine große Einigkeit: Bersarin muss wieder Ehrenbürger von Berlin werden. Der „Tagesspiegel“ hat am Sonntag Pro und Kontra gefragt, und 60 % der „Tagesspiegel“-Leser haben es eindeutig befürwortet. interjection: [Zuruf des Abg. Kittelmann (CDU)]
Bereits kurz nach dem 8. Mai gab es Treffen mit Künstlerinnen und Künstlern – da haben wir in Berlin ja im Augenblick große Defizite. Bereits am 12. Mai wurde die erste Sendung vom Haus des Rundfunks in der Masurenallee ausgestrahlt, also in kurzer Zeit Wesentliches geleistet. Ich weiß ja nicht, wo die Herrschaften, vor allem die Älteren hier im Haus, die Zeit nach dem Krieg, nach dem Tag der Befreiung verbracht haben. – Sie brauchen mir gar nicht den Vogel zu zeigen, Herr Landowsky, das finde ich an dieser Stelle wirklich kulturlos!
Ich weiß aus meiner eigenen Familie – meine Mutter hat als 10-Jähriges Kind das Kriegsende hier in Berlin erlebt –, wie notwendig das Handeln Bersarins war. Sie selbst hatte Scharlach und ist sofort ins Krankenhaus eingewiesen worden und ist dort gut versorgt worden.
Jetzt, denke ich, sollten wir ein paar Dinge aufklären. Herr Dr. Lehmann-Brauns, Sie haben vom Bersarinplatz gesprochen. Die unabhängige Kommission zur Umbenennung von Straßen hatte vorgeschlagen, diesen Platz umzubenennen. Ihre Fraktion hat dem damals ausdrücklich zugestimmt. Wenn Sie Ihre Meinung dazu jetzt geändert haben, dann konstatieren wir das, dann begrüßen wir das. Aber tun Sie nicht so, als hätten Sie sich damals für den Erhalt des Namens Bersarinplatz in Friedrichshain ausgesprochen.
Eine zweite Korrektur, die geht allerdings auch an die Adresse von Herrn Cramer, an die Begründung Ihres Antrages: Im vergangenen Jahr hat ein Historiker die Frage – allerdings im Zusammenhang mit einer anderen historischen Persönlichkeit, mit Friedrich Ebert – recherchiert, wie denn die Streichung aus der Ehrenbürgerliste erfolgte. Und zwar war es so, dass im Sommer 1992 in einer Sitzung des Senats außerhalb der Tagesordnung beschlossen wurde, dass sich die geltenden Richtlinien für die Ehrenbürgerschaft bewährt hätten und die Ehrenbürgerliste West uneingeschränkt zu bestätigen wäre. Für Berlin-Ost gäbe es ja keinerlei Richtlinie. Dann folgte eine lapidare Ablehnungsbegründung, ohne auf einzelne einzugehen: Eingedenk der Opfer der Berlinblockade, des 17. Juni 1953 und der Mauer verbietet sich die Übernahme in die Gesamtliste.
Verzichtet werden sollte auf Ehrenbürgerschaften, die rein politischer Natur waren. Solche politischen sind schon von Herrn Cramer genannt worden: Ronald Reagan, Helmut Kohl
(A) (C)
(B) (D)
und ähnliche. Aber, und das gehört zur historischen Wahrheit, damals war der Vorwurf gegen Bersarin, was das Baltikum betraf, überhaupt noch nicht erhoben worden! Man hat sich ohne dieses Problem – das ist erst später in die Debatte gebracht worden, 1994, 1995 im Zusammenhang auch mit dem Bericht der Unabhängigen Kommission und anderen Diskussionen; ein Kollege, der jetzt nicht mehr der CDU-Fraktion angehört, hat sich da entsprechend hervorgetan – –
Ich komme zum Schluss: Das ist der zweite Skandal in dieser Sache: Man hat ohne historische Begründung, ohne die einzelnen Persönlichkeiten zu prüfen, ohne über sie nachzudenken, sie gestrichen mit dem dumpfen Gefühl: ja, da war ja der Russe, und den Russen müsste man herausstreichen. – Es ist mir besonders wichtig, festzuhalten: Diese Vorwürfe, die jetzt revidiert worden sind, gab es damals nicht, sie sind später erhoben worden, und trotzdem ist die Streichung erfolgt.
Das ist mein letzter Satz: Das Museum Karlshorst hat hervorragende Aufklärung geleistet; die Ausstellung ist jetzt in Dahlem zu besichtigen. Ich bitte Sie, schauen Sie sich, wenn Sie nicht den Schritt nach Karlshorst tun, das Alliiertenmuseum in Dahlem an! – Herzlichen Dank!
Hier hat sich gerade ein Geist offenbart, Herr Kollege Landowsky, von dem ich dachte, dass es ihn nicht mehr gebe.
Sie haben sich gerade zum Tag der Befreiung bekannt
bzw. zu dem ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Ich hatte aber vom deutschen Bundeskanzler gesprochen. Vor Gerhard Schröder gab es keinen Bundeskanzler, der
sich zum Tag der Befreiung bekannt hat. Wenn Sie versuchen, die historischen Tatsachen auf den Kopf zu stellen, wenn Sie uns eine Glorifizierung von Ereignissen unterstellen wollen
und wenn Sie überhaupt nicht bereit und in der Lage sind, über das zu reden, worüber wir reden – über den Stadtkommandanten Bersarin –, sollten Sie in sich gehen und sich selbst fragen, inwieweit Ihr erster Satz – Sie bekennen sich zum Tag der Befreiung – durch das, was Sie danach gesagt haben, absolut revidiert wurde.
Herzlichen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erlaube mir, gleich an den Redebeitrag meines Vorredners, Herrn Braun anzuknüpfen, und auch ein Wort zum Offenen Kanal zu sagen. Das Argument, der Offene Kanal würde bei den Bürgern nicht angenommen werden, ist eine Schimäre, die vor sich hergetragen wird und nicht berücksichtigt, was beim Offenen Kanal wirklich passiert, welche Möglichkeiten – um nur einen Aspekt herauszugreifen – der Offene Kanal bietet, um Schulklassen, Kindern und Jugendlichen konkrete Medienkompetenz zu vermitteln. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn Sie mit den Kollegen Ihrer Fraktion einmal einen Abstecher in die Voltastraße machten, um sich vor Ort mit einer Schulklasse gemeinsam anzuschauen, wie dieser funktioniert.
Sie haben bemängelt, Herr Kollege Braun, dass wir hier im Plenum über den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag debattieren. Allerdings haben die Koalitionsfraktionen bereits in der letzten Ausschusssitzung erklärt, dass man eigentlich darüber nicht mehr zu diskutieren brauche. Ich bin aber der Meinung, dass das Ergebnis eher unbefriedigend wäre, wenn wir hier im Saal eine Umfrage machten, was der Inhalt des Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist. Man müsste vielleicht so vage Fragen stellen, wie es Herr Jauch in seiner Show macht, was ein Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist: a) eine Beschreibung für eine Fernbedienung oder b) ein neues Küchengerät oder c) ein Vertrag zwischen den Bundesländern zur Ausdehnung der Werbung für kommerzielle Sender. Darum geht es hauptsächlich.
Unter diesen erleichterten Bedingungen – Sie haben schon zwei Redebeiträge gehört – würden sicher einige von Ihnen für c) stimmen. Das wäre zumindest einigermaßen von der Richtung her korrekt, sagt aber nichts über das Detail. Der Vertrag wurde notwendig – das wurde hier ausgeführt – um die EU-Fernsehrichtlinie umzusetzen. Allerdings hat man die Möglichkeiten schamlos ausgenutzt, die Werberegelung für die kommerziellen Sender quantitativ und qualitativ auszudehnen. Sie werden also in Zukunft mit noch mehr Werbung im Fernsehen zugeschüttet werden, wenn Sie diesem Vertrag zustimmen. So oft kann man gar nicht aus dem Zimmer gehen, um sich irgendetwas zu holen oder irgendetwas zu erledigen – was auch immer.
Ich möchte die Werbefragen und die Negativa, die wir monieren und die uns veranlassen, in hohem Maß diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag abzulehnen, noch im Konkreten benennen.
Es geht zum einen um die Ausdehnung der Werbezeit. Das Brutto-Prinzip wird neu eingeführt. Die ohnehin schon vorhandene Werbezeit wird in die Werbezeit mit eingerechnet. Die Privaten haben dadurch 500 Millionen DM mehr im Jahr an Einnahmen. Eigenwerbung zählt nicht mehr als Werbung. Der Gesetzestext ist so formuliert, dass sich Schleichwerbung nicht verhindern lässt. Es wird Laufbandwerbung geben, wie es jetzt schon bei n-tv bei den Dax-Werten, den Aktienkursen üblich ist, es wird virtuelle Werbung auf geteilten Bildschirmen geben. Sie schauen sich vielleicht – die Herren unter Ihnen ab und zu – einmal wieder „Pretty Woman“ an. Julia Roberts ist plötzlich nur noch zur Hälfte zu sehen oder in der Mitte durchgeteilt. Das wird Sie dann stören.
Der 20-Minuten-Abstand zwischen den Werbeinseln ist nicht mehr eine Muss-Bestimmung, sondern eine Soll-Bestimmung. Es gibt keine unbegrenzte Übertragung von Großereignissen – bis auf die erwähnten Fußballspiele. Kulturereignisse sind dort überhaupt nicht geregelt. Vielleicht hätten wir so vorgehen sollen, einen Änderungsantrag zu diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorzulegen, um einfach durch eine Namensänderrung darauf hinzuweisen, dass uns die Autoren mit diesem Vertrag hineinlegen. Wenn man gesagt hätte, der Titel wird in „Kukident-Vertrag“ oder der „ich-bin-schon-drin-Vertrag“, wäre es vielleicht einigen von Ihnen etwas eher aufgefallen. Einige von Ihnen sind mit der Argumentation und mit der Diskussion nicht so recht zufrieden. Sie diskutieren gern über Werbung, und Werbung in der Stadt – das ist ein Konsens – wird häufig begrenzt. Erinnern Sie sich nur an die Diskussion und das Hin und Her über die Werbung von Claudia Schiffer und anderer I’Ore´al-Werbung an der Gedächtniskirche. Welcher Aufruhr war das!
Hier geht es nicht um Straße und Plätze. Wenn Sie Gesetze machen, geht es ab und zu auch einmal um Sie selbst. Prüfen Sie das an Ihrem eigenen Leben. Es geht um Ihr eigenes Wohnzimmer. Sie sollen dauerhaft mit Werbung zugeschüttet werden. Diese Werbung hat wiederum Einfluss auf den Inhalt, ob Sie einer werberelevante Zielgruppe angehören. Dazu zitiere ich abschließend mit Zustimmung des Präsidenten ein Beispiel von der Internet-Seite des SFB. Da wird für das Jahr 2000 ausgeführt:
Im gemeinsamen SFB-ORB-Vorabendprogramm im Ersten werden auch im Jahr 2000 „Verbotene Liebe“ und „Marienhof“ wieder die erste Stelle bestimmen. Seit ihrem Start im Jahr 1995 konnten die Marktanteile in den werberelevanten Zielgruppen kontinuierlich gesteigert werden. Deshalb wird die Erfolgsstory auch im nächsten Jahrtausend fortgeschrieben und mit täglich neuen emotionalen und alltagsnahen Geschichten in unseren beiden Daily Soaps fortgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, wenn Sie jetzt dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen und irgendwann merken, Sie gehören nicht mehr zur werberelevanten Zielgruppe, Ihr Wohnzimmer wird zugeschüttet, Ihre Lieblingsschauspieler werden in der Mitte durchgeschnitten, –
– sagen Sie nicht, Sie hätten es nicht gewusst. – Schönen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wer wird von Seiten Berlins in die Expertenkommission „Historische Mitte Berlins“ entsandt werden und mit welchen Aufgaben?
2. Besteht im Senat Einigkeit über die inhaltlichen Ansprüche und das weitere Vorgehen im Prozess der Umgestaltung der Spreeinsel-Mitte?
Herr Senator, in Anbetracht Ihrer Aussage, dass Bund und Berlin das Grundstück kostenlos einbringen wollen und der Pressemeldung, dass sich Bund und – Fragezeichen – Berlin nicht an Bau- und Unterhaltskosten beteiligen wollen, frage ich Sie, wie Sie überzeugend darstellen wollen, dass die Öffentlichkeit dieses Platzes gewahrt bleibt und eine Privatisierung nicht zugelassen wird.
Vielen Dank! – In Anbetracht des bereits gescheiterten und lange verschleppten Interessenbekundungsverfahrens frage ich Sie, welche Schlussfolgerungen Sie aus diesem gescheiterten Verfahren gezogen haben und welche Vorschläge Berlin machen wird, um die Arbeit der Kommission gegenüber der Bevölkerung transparent zu machen.