Andreas Gram

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Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Jugendgewalt und Jugendkriminalität sind die Themen, die meine Fraktion und mich mit größter Sorge erfüllen. Wenn wir diesem unguten Prozess nicht radikal entgegentreten, dann wird es in wenigen Jahren zu spät sein. Ich habe bereits vor zehn Jahren in diesem Haus für meine Fraktion auf die Besorgnis erregenden Entwicklungen in diesem Bereich hingewiesen, verbunden mit der Forderung nach Bekämpfung der Ursachen, z. B. Elternversagen, Gewaltfilme, Niveauverflachung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, Teilnahms- und Anspruchslosigkeit sowie echte und vermeintliche Perspektivlosigkeit – von unseren jahrelangen Warnungen vor einer völlig verfehlten Integrationspolitik einmal abgesehen. Die Resonanz war wie üblich: Verniedlichung, Verharmlosung, Vergessen – im Grunde genau wie heute. Kein Wunder, sind es doch die bitteren Früchte der von der vereinigten Linken so propagierten antiautoritären Erziehung und vermeintlichen Liberalisierung des Lebens.
Schon Ende letzten Jahres, als wir über den Tod des kleinen Christian diskutierten, war es wie immer: Eine kurzzeitige Aufregung, Bögers Ankündigungen, von denen bis heute keine einzige umgesetzt wurde,
Meine Fraktion hat aus dieser Erkenntnis heraus das Thema erneut in Antragsform auf die Tagesordnung gesetzt, und zwar die Punkte, die aus unserer Sicht politisch zwingend erforderlich sind, um zumindest das Schlimmste zu verhüten. Sie stehen unter dem Motto: Pädagogik ja, Kuschelpädagogik nein!
In allen Schulen sind Streitschlichterprogramme umzusetzen, in denen Schüler lernen, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Bereits auffällig gewordene gewalttätige Schüler müssen sich einem Antiaggressivitätstraining unterziehen. Eine Nichtteilnahme darf nicht folgenlos bleiben.
Meiner Fraktion ist klar, dass es leider nicht nur mit diesen ohnehin schwer durchzusetzenden Maßnahmen allein getan ist. Im Gegensatz zur Auffassung der vereinigten Linken in diesem Haus kann es jedoch dabei nicht bleiben. Es bedarf auch immer der Durchsetzung von Sanktionen zur Ahndung von Fehlverhalten junger Menschen. Im Einzelnen sieht unser Antrag folgende Forderungen vor:
Die geschlossene Heimunterbringung für hochgradig gefährliche und kriminelle Kinder und Jugendliche ist im
Ich verstehe, dass das schwer fällt, wenn man jahrelange Fehler eingestehen muss. Sorgen Sie von der Senatsbank dafür, dass die Mehrheit dieses Hauses den Forderungskatalog der CDU-Fraktion durchsetzt! Er ist aus unserer Sicht die einzige Möglichkeit, jetzt eine Entwicklung zu bremsen, die uns allen sonst böse auf die Füße fallen wird. – Ich danke Ihnen!
Ich komme zum Schluss. – Die Berliner CDU wird es nicht zulassen, dass diese Maßnahmen wieder zerredet werden.
Skandalös in diesem Zusammenhang ist das hörbare Schweigen des Regierenden Bürgermeisters zu diesem, die Zukunft aller Berliner berührenden Thema. Kein ein
ziges konkretes Wort Ihrerseits dazu, wie der Senat dieser Dinge Herr werden will.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim Thema Strafvollzug haben Frau Senatorin Schubert und der rot-rote Senat eine niederschmetternde Bilanz von Pannen und Fehleinschätzungen vorzuweisen. Bei der Unterbringung von Strafgefangenen attestiert das Kammergericht dem Senat rechtswidrige Zustände. In der JVA Tegel rumort es bis zur Gefangenenmeuterei. Die Überbelegung bekommt die Senatsverwaltung trotz jahrelanger Warnungen durch meine Fraktion nicht in den Griff. Erst auf massiven Druck der CDU schließt sie sich der Forderung an, eine neue Haftanstalt zu bauen. Regelmäßig muss eine Vielzahl Strafgefangener vorzeitig im Rahmen einer Amnestie nur aus Platzgründen entlassen werden. Ich halte Amnestien für wichtig, aber in dieser Masse ist das ein inakzeptabler Zustand.
Gefangene, denen Urlaub oder Ausgang nicht gewährt werden können, können ausgeführt werden, wenn dies zur Erreichung des Vollzugszieles sinnvoll und auf Grund der personellen Gegebenheiten der Anstalt möglich ist.
Und es heißt ferner, dass eine ständige und unmittelbare Beaufsichtigung der Gefangenen sicherzustellen ist. Es stellt sich nun die Frage: Kann dem in Berlin überhaupt noch gefolgt werden? – Offensichtlich nicht! Im Strafvollzug besteht eine personelle Unterausstattung von fast 20 %. Es fehlen 116 Beamte im Vollzug. Die Bediensteten im Vollzug wissen nicht mehr ein noch aus. Es fehlt an allen Ecken und Enden. Dementsprechend ist auch die Stimmung. Der Krankenstand ist sehr hoch. Ein Teufelskreislauf, den es zu durchbrechen gilt! Auf Grund dieser Personalnot sind Ausführungen in der erforderlichen Form nicht mehr durchführbar. Dies ist eine traurige, aber feststehende Tatsache. Ist die sichere Durchführung von Ausführungen nicht mehr möglich, so ist die Anzahl der Ausführungen zu reduzieren. Der Schutz der Bevölkerung vor Kriminellen hat für uns absoluten Vorrang.
Da wir das Thema heute offenbar nicht in einer Aktuellen Stunde behandeln werden, bietet Ihnen, Frau Senatorin, meine Fraktion Mitarbeit an der Überarbeitung der Vorschriften im Ausschuss an. Wir wollen den Dreiklang zwischen den Geboten des Strafvollzugsgesetzes, den tatsächlichen Gegebenheiten der Anstalt und den Sicherheitsinteressen der Bevölkerung. Die vom Senat bislang
Wir wollen aber auch über die Verantwortung des Senats dafür reden. Herr Müller – habe ich gelesen – hat gesagt, den Harald Wolf habe man bei Hartz IV zum Jagen tragen müssen. Von welcher Jagd träumen Sie eigentlich, Herr Kollege Müller? Ist das die Jagd, bei der die 300 Millionen € Beine bekommen haben und gar nicht erst in Berlin angekommen sind? Meinen Sie diese Jagd? – So widersprüchlich wie diese Äußerung von Ihnen ist auch Ihre ganze Arbeitsmarktpolitik im Land Berlin: Einerseits erklärt sich Herr Wolf im Ausschuss – wenn er denn einmal da ist, muss man sagen – für nicht zuständig und sagt, schuld sind immer die Bundesagentur, die Jobcenter oder die jeweilige Bundesregierung. Andererseits bestimmt Herr Wolf über die Aufteilung der 259 Millionen € auf die zwölf Jobcenter und gibt dazu nicht nur eine Empfehlung, sondern offensichtlich auch eine verbindliche Ansage ab – so heute geschehen. Ja, was stimmt denn nun? Tut man so etwas, wenn man nicht zuständig ist? – Einerseits veröffentlicht jener Arbeitssenator große Abhandlungen über die Kapitalisierung des Arbeitslosengeldes II in überregionalen Tageszeitungen. Andererseits kommen in Berlin von den vorhandenen 28 Instrumenten zur Förderung und Qualifizierung von Arbeitslosen fast ausschließlich die Ein-Euro-Jobs zum Einsatz. Einerseits will die PDS einen öffentlich geförderten Beschäftigungs
sektor. Andererseits veranlassen Sie in Berlin eine Positivliste, die die arbeitsnahe Betätigung insbesondere von niedrigqualifizierten arbeitslosen Menschen erschwert. Einerseits sagen Sie, Sie wollen die Rechte der Betroffenen stärken. Andererseits lehnte Rot-Rot zusammen mit der FDP gestern im Ausschuss den Grünen-Antrag zur Einrichtung einer Ombudsstelle ab, mit dem gerade die Rechte der Betroffenen gestärkt werden sollen.
Insofern finden wir, Herr Arbeitssenator – das ist der Titel, den Sie tragen –, dass, solange es die Arbeitsverwaltung gibt, Sie in Berlin auch für die 300 000 offiziell als erwerbslos Gemeldeten in der Verantwortung stehen und uns Auskunft zu geben haben, was Sie in dieser Funktion im Jahr 2006 tun wollen und wie Sie die beträchtlichen Bundesmittel einsetzen wollen. Darüber wollen wir mit Ihnen in der Aktuellen Stunde heute reden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Gaebler! Das klang gerade etwas
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Tagen lassen uns die Ihnen allen bekannten Vorkommnisse rund um die Justiz kaum Zeit zum Atemholen.
Da entfleucht ein fast 2 m großer, zu 12 Jahren Haft verurteilter Kokainhändler beim Kaffeeklatsch im „Kranzler“ seiner 1,65 m großen, ihn begleitenden Sozialarbeiterin, obwohl alle in solchen Fällen Beteiligten in der Anstalt vor einer Ausführung gewarnt hatten. Der Berliner Polizei gebührt ein lautes Dankeschön, dass sie ihn gefasst hat, bevor Schlimmeres passieren konnte.
Der Generalstaatsanwalt wird mal eben so von einem durchgeknallten Bürger in seinen Amtsräumen, nur geschützt durch seine Sekretärin, niedergeknüppelt,
und kaum ist die Tinte des Genesungswunschschreibens trocken, da räumen Hochkriminelle in den Räumen des Amtsgerichts Lichterfelde 120 000 € bei einer Immobilienversteigerung ab. Man muss dem Schöpfer dafür danken, dass sie nicht näher nachgesehen haben, sonst wären es 360 000 € Frührente geworden.
Die Menschen draußen – aber auch meine Fraktion – fragen sich, was hier schief läuft.
Die Einzige, die sich diese Frage offenbar nicht stellt, ist die Führung im Hause der Justizsenatorin. Aber, Frau Senatorin Schubert, Sie werden diese Frage zu beantworten haben. Wir werden Sie nicht aus Ihrer Verantwortung entlassen.
Sie ziehen sich wie selbstverständlich auf den Standpunkt zurück, die Verantwortung liege nicht bei Ihnen, sondern bei unfähigen Mitarbeitern.
Meine Fraktion hat in der Vergangenheit sehr viel Geduld bewiesen und Ihnen ausreichend Gelegenheit gegeben, Ihr Ressort sachgerecht zu führen.
Ich erinnere an eine Reihe von Ereignissen, die wir duldsam ertragen haben, ohne gleich die große Oppositionskeule zu schwingen.
Ich nenne einige Beispiele, und Kollege Gaebler ist schon ganz gespannt: Bis heute ist die drängende Frage der Überbelegung in Tegel unbeantwortet geblieben. Viel zu spät hat der Senat die Vorschläge unserer Fraktion aufgegriffen, eine neue Haftanstalt in Großbeeren zu bauen, obwohl wir jahrelang vor der Überbelegungssituation gewarnt hatten. Hoffen wir, dass bis zum Bau nicht weiteres Unheil droht. Weihnachtsamnestien allein helfen hier nicht. Bis heute ist dem Rechtsausschuss nicht hinreichend übermittelt worden, wie das Verhältnis zwischen Haftanstalt und Fachaufsicht geregelt ist und funktioniert. Meine Fraktion hat den Eindruck, dass dies sehr zu wünschen übrig lässt. Erinnern wir uns an Ihren kläglichen Versuch, Generalstaatsanwalt Karge aus seinem Amt zu entfernen, und daran, dass am Ende rechtliche Fehler dazu führten, dass Ihr Vorhaben gerichtlich gescheitert ist. Vergessen wir nicht den Überfall eines gestörten Täters auf das Sozialgericht mit einer Tellermine und Ihrem anschließenden Versprechen, Frau Schubert, eine Verbesserung der Sicherheitslage bei den Gerichten herbeizuführen. Bis heute ist die erforderliche Analyse nicht erarbeitet und in Ihrem Hause irgendwo versickert. Vergegenwärtigen wir uns Ihr – jede Bürgerbesorgnis missachtendes – Vorgehen bei der Einrichtung der so genannten Sexualstraftäterambulanz in Reinickendorf. Wir könnten noch weitere Vorkommnisse benennen, doch allein die genannten zeigen exemplarisch: Sie, Frau Senatorin, haben Ihr Haus nicht im Griff, und dafür haben Sie einzustehen.
Keiner in meiner Fraktion käme auf die Idee, zu sagen, dass die Senatorin in jedem Fall persönlich die Schuld trifft, wenn ihre Beamten oder Mitarbeiter Fehl
verhalten gezeigt haben. Deshalb haben wir auch nicht immer gleich remonstriert. – Ich sehe, der kunstbeflissene Dr. Felgentreu stimmt mir zu. – Bei Ihnen, Frau Senatorin, verläuft jedoch bei jedem der vielen Vorkommnisse die Verteidigung stets nach dem gleichen Muster: Schuld sind immer andere, bei Ihnen im Haus ist alles im Lot. – So geht es wirklich nicht!
Politisch verantwortlich sind Sie. Bekennen Sie sich zu Ihrer Verantwortung, und ziehen Sie die erforderlichen Schlüsse! Handeln Sie nicht erst, wenn es zu spät ist, und sorgen Sie für Sicherheit in der Justiz! Lassen Sie z. B. nie wieder zu, dass die Anordnung, einer Frau zu untersagen, einen männlichen Häftling auf die Toilette zu folgen, als angebliche Diskriminierung nicht umgesetzt wird – mit der Folge der Fluchterleichterung! Haben Sie den Mut, Ihrer Partei und der Linkspartei zu zeigen, dass Sie über die klassisch linke Position – Justiz ist für den Täter da – hinausgehen und wieder Verantwortung für die Sicherheit der Bürger dieser Stadt tragen! Niemand im Hause will die notwendige Resozialisierung in Frage stellen, da bin ich der Letzte.
Aber an erster Stelle steht für uns die Sicherheit der Bürger.
Haben Sie den Mut, Frau Senatorin Schubert, Ihrem Finanzsenator bei weiterem Personalabbau die Stirn zu bieten! Machen Sie ihm klar, dass die Justiz ein Teil der inneren Sicherheit ist und weitere Personalverknappung die Bürger dieser Stadt unmittelbar bedroht! Beenden Sie endlich die Serie von Pleiten und Pannen!
Viel Zeit ist nicht mehr gegeben. Seien Sie sich bewusst, dass die nächste Schlamperei die letzte unter Ihrer Verantwortung gewesen sein kann! – Ich danke Ihnen!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat den vorliegenden Antrag gestellt, weil dem hohen Hause heute vor Augen geführt werden soll, wie die Justiz und die Gesundheitsverwaltung sehenden Auges gegen die eigenen Vorgaben der Standortauswahl für die Sexualstraftäterambulanz verstoßen und Verunsicherung und Ängste der Bevölkerung herunterspielen. Dass da etwas nicht stimmte, ahnten einige Kollegen im Rechtsausschuss von Anfang an. Eine
von mir persönlich vorgenommene Akteneinsicht bestätigte prompt diesen Verdacht. Die Verwaltung hatte sich selbst auf ein Ausschreibungsverfahren festgelegt, in dessen Rahmen ein in jeder Hinsicht geeigneter Standort gefunden werden sollte. Das Verfahren lief nach einer Ausschreibung im Amtsblatt auch an, gleichzeitig wurden zur Vorbereitung der Entscheidung Anfragen an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und die BIM GmbH gerichtet. So weit, so gut. Doch mitten in diesen Prozess fiel dann unvermittelt die Entscheidung für den Standort Tegel, der bis dahin gar nicht in Rede stand. Plötzlich taucht in den Akten ein Vermerkt vom 9. Juni des zuständigen Abteilungsleiters auf, demzufolge er es: „nach intensiven Erörterungen und erfolgter Abstimmung mit der Hausleitung“ für nötig erachtet, die Ambulanz in Tegel unterzubringen. Dabei waren die anberaumten Verfahren zur Klärung der Standortfrage noch gar nicht abgeschlossen. Weder haben die zuständigen Senatsverwaltungen beachtet, was das Ergebnis der Ausschreibung sein würde, noch wurde die endgültige Beantwortung der ausstehenden Anfragen bei BIM und Vivantes überhaupt abgewartet. Das ist Handeln nach Gutsherrenart. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Weshalb gibt es jetzt solch ein überhastetes Vorgehen? – Wohl nur, weil gerade einige Räume, die man anderweitig nicht nutzen kann, frei werden. Wer will da noch fachliche Aspekte und die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung in langwierigen Verfahren berücksichtigen? – Urplötzlich fällt eine Entscheidung, ohne dass sich aus den Akten ergibt, auf Grund welcher Kriterien dies geschieht. Im Rechtsausschuss teilt uns der zuständige Abteilungsleiter lapidar mit, er habe mal so eben mit einer Abteilungsleiterin der Stadtentwicklungsverwaltung telefoniert, die ihm das Gebäude angedient habe. Nichts darüber findet sich in den Akten. Nichts über das Telefonat und dessen Hintergründe, nichts über die anschließenden Entscheidungsgründe, nichts über Besprechungen mit der Hausleitung oder der Gesundheitsverwaltung.
Wir hebeln das Streikrecht aus? – Ich weiß nicht, wo Sie das lesen. Haben Sie mir zugehört? – Im Gegenteil! Unsere Forderung ist: Lasst die BVG für ihre Rechte streiken, wenn sie will. Das Einzige, was wir fordern, ist, dass der Senat auf einen derartigen Streik vorbereitet ist, damit die Gewerkschaften nicht die Bürgerinnen und Bürger in Geiselhaft nehmen. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen unter diesem Streik nicht zu leiden haben, einem Streik, den letztlich der Senat mit seinem Monopolbetrieb BVG auszumachen hat. Das ist unsere Forderung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Ratzmann! Wenn ich Ihre Rede höre, dann ist das nach dem Motto: Der Bürger liest die Höhe des Einkommens von Rechtsanwalt Gram, trocknet sich die Tränen und der Politikverdruss ist weg. – So einfach geht es nun wirklich nicht! Mir hat bis heute kein Mensch klarmachen können, was die Veröffentlichung von Nebeneinkünften gegen Politikverdruss in diesem Land zu tun hat. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, auch nichts mit Transparenz.
Sie merken schon, die SPD steht diesem Vorstoß der Grünen außerordentlich skeptisch gegenüber.
Ich kann deshalb hier nicht mehr ankündigen als die Mindesterwartung, dass wir uns mit der Drucksache sachlich auseinander setzen und die einzelnen Vorschläge genau prüfen werden. Ein Punkt ist z. B. sicherlich diskutierenswert, die Frage, wie umzugehen ist mit Leistungen, denen keine Gegenleistung gegenübersteht. Das will niemand, das muss dann auch entsprechend geregelt sein. Aber wir werden das, was Sie vorschlagen, mit den bestehenden und sehr weitgehenden Regelungen, die dieses Haus längst praktiziert, abgleichen. Wir werden darauf achten, dass es nicht zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten von Abgeordneten kommt, deren Erwerbsfreiheit durch das Mandat in einem Halbtagsparlament nicht weiter beeinträchtigt werden darf.
Die negative Grundhaltung Ihres Antrags werden wir uns keinesfalls zu Eigen machen. Wir haben Grund, auf das, was wir hier leisten, und auf die Institution Parlament stolz zu sein. Der Umgang mit uns selbst muss widerspiegeln, dass wir unsere Aufgabe selbstbewusst erfüllen. Das entbindet und übrigens nicht von der Pflicht, durch offene Debatten über die Inhalte unserer Politik, durch engen Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern und vor allem durch gute, sachgerechte Politik, die Berlin voranbringt, die Menschen davon zu überzeugen, dass unser Selbstbewusstsein begründet ist. Vorauseilender Gehorsam gegenüber einer mutmaßlichen öffentlichen Meinung über Politiker und die Politik ist dafür kein Ersatz.
Vielleicht möchten Sie jetzt noch wissen, was ich der Neuköllnerin am Info-Stand geantwortet habe.
Ich habe ihr ein Beitrittsformular gegeben und gesagt: „Kommen Sie in die SPD, dann kriegen Sie auch einen Dienstwagen und 10 000 €!“
Das Ergebnis war erst Verunsicherung, dann Nachdenklichkeit und schließlich eine gute, aufgeschlossene Diskussion über den Wert guter Politik. Vor allem auf dieser Ebene entsteht Transparenz, nicht aber durch Paragraphen und ihre Reiter und Reiterinnen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident, für diese aufmunternden Worte! – Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Hopfmann, zwei Versuchungen werde ich hier nicht erliegen. Erstens werde ich hier keine Einzelfälle vortragen, wie Sie das eben getan haben. Zum Zweiten werden wir auch nicht die Debatte um das Zuwanderungsgesetz neu aufnehmen, was ein bisschen beim Redebeitrag des Kollegen Ratzmann der Fall war. Für uns geht es darum, dass wir den Zusicherungen, die Kollegin Hopfmann gemacht hat, dass wir in den nächsten Tagen darüber informiert würden, was bei der Rechtsverordnung herausgekommen ist, dass wir das nicht mitmachen werden.
Wir wollen, dass der Senat ein Gesetz vorlegt. Man kann zwar – das weiß ich auch – die Rechtsverordnung erlassen, und das Zuwanderungsgesetz gibt dem Senat die Möglichkeit dazu, aber man muss nicht von jeder rechtlichen Möglichkeit, die gegeben ist, auch Gebrauch machen. Wir werden einfordern, dass uns ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, in dem wir Mitspracherecht haben. Wenn die Angelegenheit durch Rechtsverordnung geregelt wird, dann setzt sich der Senat dem Verdacht aus, dieses Thema im Abgeordnetenhaus im Hauruckverfahren durchsetzen zu wollen. Und das, obwohl der Senat genau weiß, dass in
Lieber Kollege Schimmler! Wenn Sie nach dieser Rede nicht mal Ärger mit dem künftigen Parteivorsitzenden Wowereit bekommen! Also, da wäre ich doch ganz vorsichtig. – Jedenfalls ist im Moment
offenbar die FDP-Fraktion Vorreiter der Richtlinienkompetenz. Das ist schon ein bisschen irritierend, Herr Kollege Lindner,
und zwar zum einen deshalb, weil Sie nicht gerade als Freund des derzeitigen Regierenden Bürgermeisters bekannt sind, er aber als erster in den Genuss einer solchen Richtlinienkompetenz käme, und zum anderen deshalb – und das erwähnten Sie schon –, weil bereits vor gut einem Jahr Herr Müller von der SPD angekündigt hat, dass ein gleichgearteter Gesetzentwurf eingereicht wird. Ich verweise nur auf den Artikel in der „Berliner Morgenpost“ vom 6. Januar 2003. Das war damals für den Herbst des letzten Jahres angekündigt – vollmundig. Aber seitdem stupor finalis – für alle Nicht-Lateiner: endloser Verharrungszustand – bei der SPD! Ich habe nie wieder etwas davon gehört.
Nun ist die FDP offenbar zum Dornröschenprinzen der Regierungsfraktion erwacht.
Diese Frage stellt sich der geneigte Beobachter und verwirft es auch gleich wieder als absurden Gedanken, denn ein Wachküssen macht bei der rot-roten Koalition eh keinen Sinn. Und Hand aufs Herz: Wer würde sich freiwillig dafür hergeben?
Also muss die FDP andere Gründe haben, und ich denke sogar, das sind ehrliche Gründe. Mein geschätzter Kollege Dr. Lindner weiß, dass selbst bei Verwirklichung des Projektes 180 er oder seine Kollegen niemals Regierender Bürgermeister in dieser Stadt werden. Das will ich einfach mal kühn behaupten. Deshalb unterstelle ich keinen Eigennutz, sondern politische Motive, und zwar deshalb, weil ich von der FDP weiß, dass sie sich als Verfassungspartei begreift.
Ich halte den FDP-Kollegen auch zugute, dass sie auf Grund mehrmaliger Auszeiten in diesem Haus die Endlosdebatte hierüber nicht am eigenen Leib erleben konnten und somit vom Elan der Erneuerer getrieben sind. Wir sind da etwas gelassener. Meine Fraktion hat schon in der ersten Legislatur nach der Wende mit Zähigkeit, aber ohne Erfolg versucht, den damaligen Koalitionspartner SPD von der Notwendigkeit einer Richtlinienkompetenz zu überzeugen. Das scheiterte damals an der blanken Angst der Sozialdemokraten davor, dass der SpitzenBürgermeister Eberhard Diepgen zu viel Macht bekommen könnte. Allein aus diesem Grunde wurde die Verfassung damals nicht geändert.
Selbstverständlich schob die SPD damals andere Argumente vor, und ich war schon sehr gespannt, lieber Kollege Schimmler, was Sie heute an Argumenten vortragen werden. Nun muss ich feststellen: Sie haben sich durchlaviert. So richtig sind Sie nicht dafür, aber richtig
Schimmler
dagegen sind Sie auch nicht. Doch in dieser Frage gibt es nur ein klares Ja oder Nein.
Das Ganze ist also nicht völlig neu und liegt für meine Fraktion auf der Skala der Politikdringlichkeiten nicht ganz oben, um das auch einmal zu sagen. Dennoch: Wenn von der FDP etwas kommt, soll man darüber nachdenken! Warum sollte man nicht trotzdem mal wieder einen neuen Anlauf in dieser Frage nehmen, fragt sich auch meine Fraktion, denn wir – das sage ich klar – stehen diesem Vorhaben nach wie vor sehr positiv gegenüber. Wir lassen uns bei der Positionsbestimmung auch nicht von der Sorge leiten, dass möglicherweise der derzeitige Regierende Bürgermeister von der Richtlinienkompetenz profitiert. Seine Amtszeit ist ohnehin endlich, und wenn ich die Dinge jetzt bei Lichte besehe, ist sie viel schneller endlich, als er glaubt.
Wir wollen dazu beitragen, dass die Stadt unabhängig vom Parteibuch – und das ist mir wichtig – des jeweiligen Regierungschefs effektiver als bisher regiert wird. Das Regierungshandeln in der Stadt sollte z. B. nicht mehr von irgendwelchen Parteigrüppchen in Hinterzimmern torpediert werden können, die im Ernstfall darüber entscheiden, ob der Senator XY zurücktritt oder nicht, und die somit das Schicksal eines Regierenden Bürgermeister mitbestimmen können, denn der hat immerzu Angst, es könne dann zu einem Koalitionsbruch kommen. Eine Richtlinienkompetenz gibt ihm da einfach mehr Möglichkeiten – auch Ihnen, Herr Wowereit!
Aber – und jetzt komme ich zu einem weiteren für uns entscheidenden Punkt, einer weiteren entscheidenden Maxime – die Verfassung ist ein zu hohes Gut, als dass an ihr isoliert herumgedoktert werden kann. Sie ist eben nicht ein bloßes Gesetz, das man beliebig ändert, sondern sie ist das höchste Gut, das wir kennen. Kollege Lindner hat es schon angesprochen: Es gibt zurzeit noch weitere Punkte, bei denen man über eine Verfassungsänderung diskutiert. Ich nenne als Beispiel den Bürgerentscheid in den Bezirken, den Fortbestand der Bezirksämter, die Stärke und Rolle der Bezirke, die Wahl des Bezirksbürgermeisters und so weiter – eine Vielzahl von Fragen. Diese gesamten Problematiken werden derzeit in unterschiedlichen Gremien diskutiert wie z. B. im Rat der Bürgermeister.
Der dortige Meinungsbildungsprozess sollte sorgfältig beobachtet und hier im Hause – nun kommt mein Vorschlag – von einer zu bildenden Verfassungskommission zur Vorbereitung der parlamentarischen Beratung gebündelt werden. So etwas Ähnliches hat es, wie Sie wissen, hier im Hause schon einmal gegeben. Die Rechtsexperten der Fraktionen sollten zunächst außerhalb des Rechtsausschusses in vertraulicher Runde beraten, dann ohne parteipolitische Scheuklappen die Dinge auf den Tisch legen und die Fragen sozusagen im Vorgriff behandeln. Selbstverständlich gehört dazu auch die Frage, ob es überhaupt
Sinn macht, die Verfassung vor einer Entscheidung über ein gemeinsames Land Berlin-Brandenburg zu ändern.
Meine Fraktion ist in den anstehenden Verfassungsfragen nicht unverrückbar festgelegt. Wir sind bereit, ergebnisoffen zu sprechen und zu diskutieren – aber in Ruhe, ohne Hast, mit dem nötigen Tiefgang und zum Wohle des Gemeinwesens. – Vielen Dank!
Der Regierende Bürgermeister ist im Saal. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bis zur Abstimmung im Bundesrat über das Zuwanderungsgesetz hätten weder meine Fraktion noch ich uns vorstellen können, jemals einen Missbilligungsantrag gegen einen Regierenden Bürgermeister wegen höchstrichterlich festgestellten Verfassungsbruchs zu stellen. Doch Sie, Herr Regierender Bürgermeister Wowereit, haben in Ihrer Ratspräsidentschaft derart grob rechtsmissbräuchlich gehandelt, dass dieser Schritt unumgänglich wurde.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Abstimmungsvorgang stellt eine bisher nie gekannte Maßregelung eines Bundesratspräsidenten dar. Das Verfassungsgericht hat nicht nur die Einhaltung der Verfassung wieder hergestellt, nein, Herr Regierender Bürgermeister, es hat Sie obendrein abgestraft. Das ist zu Recht geschehen.
Das Urteil im Wortlaut dürfte den wenigsten Kollegen hier im Haus bekannt sein. Es ist eigentlich wert, in der vollständigen Begründung gelesen zu werden. Ich werde dieser verlockenden Versuchung aber widerstehen, darf jedoch mit Genehmigung der Frau Präsidentin auszugsweise einige Höhepunkte zitieren. Das Gericht führt zum Beispiel aus:
Der sitzungsleitende Präsident hatte in diesem besonderen Fall kein Recht zur Nachfrage an Ministerpräsidenten Stolpe.
An anderer Stelle heißt es:
Der Wille des Landes Brandenburg zur uneinheitlichen Stimmabgabe lag klar zu Tage. Den Sitzungsleiter
gemeint ist der Regierende Bürgermeister –
führt das Gericht aus –
war der Bundesratspräsident unter den gegebenen Umständen nicht befugt.
Und jetzt kommt der Höhepunkt der Argumentation. An anderer Stelle führt das Gericht aus:
Selbst wenn dem Bundesratspräsidenten grundsätzlich ein Nachfragerecht zugestanden hätte, hätte er es nur in der gebotenen neutralen Form ausüben dürfen.
Sie haben Parteiinteressen über die Verfassung gestellt. Sie haben unser höchstes Gut, unsere Verfassung, bewusst gebrochen. Sie haben damit dem Ansehen dieser Stadt und dem Ansehen Ihres Amtes schweren Schaden zugefügt.
Nein! Bei diesem wichtigen Thema möchte ich dabei bleiben.
Dieses Ihr Vorgehen, Herr Regierender Bürgermeister, ist absolut unentschuldbar und wird mit dem Mittel des Missbilligungsantrags nur höchst unzureichend geahndet.
Noch schlimmer aber ist, dass Sie aus dem Urteil nichts gelernt haben. Statt in Demut die gerichtliche Argumentation zu akzeptieren, versteigen Sie sich nach der Urteilsfindung in die Feststellung, Frauen seien doch die besseren Juristen, nur weil zwei Richterinnen Ihre Rechtsauffassung mit einem Minderheitsvotum bestätigen.
Hören Sie zu! – Dies zeigt, dass Sie der höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne Respekt gegenüberstehen
icher sein!
Man könnte viel dazu sagen, dass die Situation im Bundesrat – wir haben heute Mittag schon darüber diskutiert; sie haben es sich nicht nehmen lassen, auch zur Fernsehzeit das Thema aufzugreifen – eben nicht eindeutig geregelt war und dass der Präsident in dieser Situation beim Verhalten von Herrn Schönbohm entscheiden musste. Was heißt denn das, „Herr Präsident, Sie kennen meine Meinung“? Entweder hat man eine Meinung, dann kann man sie auch äußern, oder man hat keine Meinung, dann muss man eben ruhig sein.
In einer solchen Situation muss der Bundesratspräsident reagieren und sehen, wie er damit umgeht. Sie haben es selbst angesprochen. Durch das Minderheitsvotum des Verfassungsgerichts haben wir es erlebt, dass es eben nicht so eindeutig ist, wie mit dieser Frage zu verfahren ist.
und stellt sowohl eine bodenlose Diskriminierung der männlichen Richter als auch des gesamten Rechts dar.
Auch heute in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Wambach haben Sie nicht ansatzweise zum Ausdruck gebracht, dass Sie Ihr Fehlverhalten bedauern. Im Gegenteil: Sie schoben es noch auf den Bundesratsdirektor Oschatz und teilten mit, er habe es in einem Vermerk so empfohlen. Dieser hat aber in einem Interview mit der „Welt“ wörtlich ausgeführt – ich zitiere wieder mit der Genehmigung der Frau Präsidentin:
Wenn Herr Wowereit sich nach dem Vermerk gerichtet hätte, hätte es das Verfahren in Karlsruhe nicht gegeben. Ich
gemeint ist Herr Oschatz –
hatte ausgeführt, dass bei gesplitteter Stimmabgabe Stimmen ungültig sind.
Herr Regierender Bürgermeister, wir werden uns den Vermerk selbst und Ihre heutigen Ausführungen sehr genau ansehen. Wenn Sie heute das Parlament getäuscht haben sollten, wird die Luft sehr dünn. Das garantieren wir Ihnen!
Ich bin mir im Klaren darüber, dass Sie heute wohl mit den Stimmen der Koalition und wahrscheinlich auch mit den Stimmen der Grünen diesen Antrag erfolgreich abwehren werden. Dennoch möchte ich ein Wort an diese Kollegen in diesem Haus wenden.
Ich komme zum Ende. – Sie stimmen heute nicht über die Berechtigung des Zuwanderungsgesetzes an sich ab, sondern über die Missbilligung eines offenen Verfassungsbruchs. Gehen Sie in sich und machen Sie sich mit einem Nein nicht gemein mit einem klaren ausgeurteilten Rechtsbruch. Zeigen Sie in der Abstimmung, dass Ihnen die Verfassung wichtiger ist als die Tagespolitik. Aber egal, wie die Abstimmung letztlich ausgeht, eines werden Sie, Herr Wowereit, in Ihrem politischen Leben nicht mehr los: den Ruf des Verfassungsbrechers! – Ich danke dem hohen Haus!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Antrag der FDP liegt eine traurige, aber wahre Erkenntnis zugrunde. Überall dort, wo sich Möglichkeiten bieten, an Aufsichtsgremien, Ausschreibungsgremien oder anderen Institutionen vorbei – wie die Justiz es nennt –, Unrechtsabreden in kleinem Kreis zu treffen, wird dies vielfach ohne Hemmungen getan. Die vielen Fälle der Korruptionen in unserem Land, gerade im Bereich der Grundstücksausschreibungen oder im Vergabebereich von Bauleistungen, zeigen dies leider immer wieder deutlich.
Man hat in der Zwischenzeit fast den Eindruck gewonnen, lieber Kollege Gaebler – Sie haben das auch bestätigt –, dieses Phänomen beträfe nur Politiker und Parteien. Dem ist aber nicht so! Auch Menschen außerhalb der unmittelbaren Politik, wie beispielsweise in Verwaltungen oder in der Wirtschaft, erliegen zuweilen den Verlockungen, wenn sich eine günstige Gelegenheit bietet. Man denke nur daran, dass in den 90er Jahren in der Stadtverwaltung Frankfurt in nahezu 1 000 Fällen wegen Korruption ermittelt wurde.
Die Fälle, in denen Menschen außerhalb des politischen Einflussbereichs korruptives Verhalten zeigen, können nur mit den vorhandenen strafrechtlichen Regelungen geahndet werden. Aber dort, wo Vergabeverfahren insbesondere im Bau- und Grundstückswesen von der Politik beeinflusst werden können, Herr Kollege Dr. Lindner – das war vielleicht Ihr Anliegen –,
(A) (C)
(B) (D)
ist – hier ist Ihnen auch Recht zu geben –, äußerste Wachsamkeit geboten. Hier muss die Politik mit allen vorhandenen Mitteln Transparenz schaffen, um korrupte Beziehungsgeflechte zu verhindern. Zum Beispiel ist eher eine Beteiligung einer Mehrzahl statt einer Minderzahl von Beamten oder Entscheidungsträgern an den Vergabeverfahren wünschenswert, um Korruption zu verhindern.
Meine Partei – ich bringe es wirklich einmal auf die sachliche Ebene – bietet allen Kollegen in diesem Haus an, für den Bereich, in dem wir Regelungskompetenz haben, ohne Rücksicht auf bestehende Strukturen, die im Land geltenden Regelungen auf Schwachstellen zu durchforsten und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten, um Korruption zu verhindern.
Ich freue mich, dass auch die SPD klatscht! Alle hier vertretenen Parteien sollten dies aus guten Gründen tun.
In der letzten Zeit hatte man den bewusst vermittelten Eindruck,
nun hören Sie einmal gut zu, auf der linken Seite! –, dass der Gutmensch auf der linken politischen Seite des Spektrums steht und der Böse, die Schlechtigkeit schlechthin, sich im liberal-konservativen Spektrum befindet.
Das dem so nicht ist – warten Sie, ich kommen noch auf Sie zurück – und dass die Welt eben nicht schwarz-weiß oder in diesem Fall besser gesagt: schwarz und rot ist, zeigt der vorliegende Antrag der FDP, in dem Sie, verehrte Kollegen, völlig zu Recht auf den Kölner Korruptionsskandal eingehen.
Was sich dort abspielte, ist Stoff für einen Mafia-Mehrteiler von Dieter Wedel im deutschen Fernsehen.
Neben den von Herrn Dr. Lindner genannten Personen könnte in der Hauptrolle der wegen Spionage und Vermögensdelikten verurteilte Karl Wienand spielen, der offenbar ohne weitere Vorbehalte nach seinen Verurteilungen wieder in den Schoß der SPD aufgenommen wurde und in dem Verdacht steht, unter ihrem Schutzschirm korruptiv agiert zu haben. Ich erspare mir weitere Einzelheiten dieses Dramas. Das ist Ihnen alles bekannt. Herr Dr. Lindner hat es vorhin auch ausführlich geschildert.
An die weiteren, auch von der SPD zu verantwortenden Skandale unter dem Namen Wuppertal und Gladbeck will ich hier nur erinnern. Dann gestatten Sie mir den Hinweis, dass abzuwarten bleibt, was ans Licht kommen wird, wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, Ihre gigantische Medienbeteiligung und die damit verbundenen Finanzströme offenlegen müssen.
All diese Beispiele zeigen, dass die vom obersten SPDSchutzpatron Müntefering vorgenommene Heiligsprechung der SPD in moralischen Fragen ziemlich voreilig war. Es ist letztlich der Mensch, der anfällig ist. Diesbezüglich, Herr Kollege Gaebler, sind wir einer Meinung. Es ist nicht die politische Richtung, der er angehört oder die Politik schlechthin.
Dennoch weiß auch ich, dass in der Politik besondere Maßstäbe gelten. Diese Erkenntnis muss uns bei der ernsthaften Korruptionsbekämpfung in unserem Land alle leiten. Sie muss von allen hier im Haus gewollt sein und darf nicht unter populistischen Vorzeichen geführt werden.
Die von der FDP – nun muss ich das leider zu den Kollegen auf der rechten Seite des Hauses sagen – angeführten Beispiele sind aber leider populistisch. Sie führen bei der ernsthaften Korruptionseindämmung nicht weiter.
Sie machen den Versuch, alle bedauerlichen Geschehnisse in Köln und in Berlin – Müllskandal, Schwarze-Pumpe-Verkauf, Müllmonopol und so weiter – in einen größeren Suppentopf hineinzuschneiden und dann umzurühren. Derartig oberflächlich darf hier nicht argumentiert werden.
Wenn Ihre Fraktion, Herr Kollege Dr. Lindner, der Meinung ist, beim Festhalten am Müllmonopol der BSR oder beim Verkauf der Schwarzen Pumpe sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen oder es sei Korruption erleichtert worden, dann müssen Sie Fakten nennen.
Nennen Sie Ross und Reiter! Dann gibt uns das die Gelegenheit, im zuständigen Vermögensausschuss einzelne Vorwürfe abzuklären und aufzuarbeiten.
Meine Partei unterliegt diesmal nicht der wahrhaft süßen Versuchung, den rot-roten Senat ohne konkrete Anhaltspunkte der Korruptionserleichterung zu bezichtigen. Das wäre wirklich zu billig. Wenn auch die CDU seitens der politischen Linken in diesem Hause seit geraumer Zeit in der Vergangenheit schmerzlichst Objektivität in der Beurteilung des Verhaltens einiger in der Partei vermisst hat – zum Beispiel in der konkreten Anwendung der Unschuldsvermutung, der Sie immer so zu Recht nachhängen und die eine tragende Säule des Rechtsstaats ist –, werden wir nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, sondern uns an die Regeln des Rechtsstaats halten.
Den vorliegenden Antrag, für den ich sehr viel Sympathie habe, werden wir deshalb ablehnen, weil er nicht ausreichend konkret ist. Um Korruption zu verurteilen, verehrte Damen und Herren von der FDP, bedarf es keines Antrags. Das ist wohl Grundkonsens in unserem Hause, und Selbstverständlichkeiten beschließe ich nicht.
Ich komme zum Schluss. – Ich möchte nur noch die Fraktion der FDP bitten, ihren Antrag in konkrete Regelungsformen zu gießen. Lassen Sie uns gemeinsam und ernsthaft bereden, wie wir dieses Grundübel in Politik, Wirtschaft und beim einzelnen Bürger neben den vorhandenen Strafsanktionen wirksam bekämpfen können. Wenn wir das nämlich deutlich nach außen tragen, geben wir dem Bürger weniger Anlass, seinen so schön gepflegten Politikverdruss weiter zu pflegen, und zeigen ihm, dass die Politik Ernst machen kann, indem sie zunächst bei sich selbst anfängt und dann auch Wirkung für andere zeigt. – Ich danke Ihnen!