Niels Korte
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Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie beantragen, eine entsprechende Regelung für die Spätverkaufsstellen in Berlin für eine Öffnung an Sonn- und Feiertagen zu schaffen. Sie möchten damit den „Späti“-Betreibern helfen und den Berlinerinnen und Berlinern mehr Einkaufsmöglichkeiten geben. Ich persönlich finde diese Ziele sehr sympathisch.
Auch die CDU war immer schon dafür, bei den Ladenöffnungszeiten die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen: die der Anwohner ebenso wie die der Reisenden, die der Unternehmen wie die der Arbeitnehmer, aber auch die der Kirchen, und alle diese Interessen zu einem schonenden Ausgleich zu führen. Das Problem ist, dass
das, was Sie vorhaben, rechtlich so nicht funktionieren wird.
Das Bundesverfassungsgericht, wir haben es schon gehört, hat eben relativ enge Grenzen für das Öffnen von Läden an Sonn- und Feiertagen festgelegt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat dies in einer Entscheidung von April 2012 für Berlin noch konkretisiert und am angebotenen Sortiment des jeweiligen „Spätis“ festgemacht.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten, wie man theoretisch zu einer legalen Öffnung von „Spätis“ kommen könnte. Die eine Möglichkeit besteht darin, das Sortiment am Sonntag so zu beschränken, dass der „Späti“-Betreiber am Sonntag nur einen Teil des Sortiments anbieten würde, vielleicht auch einen Teil seines Ladens durch Barrieren nicht mehr zugänglich halten würde. Diesen Lösungsweg hat aber das Oberverwaltungsgericht versperrt, weil es aus guten Gründen sagt: Es kommt für die Sonntagsöffnung auf die Art des Ladens an, also nicht auf das Sonntagssortiment, sondern auf das Sortiment, das immer während der ganzen Woche angeboten wird.
Sie versuchen, mit Ihrem Antrag einen anderen Weg zu gehen, indem Sie im Gesetz definieren, was ein „Späti“ ist und die „Spätis“ den anderen Sonntagsverkaufsstellen gesetzlich gleichstellen. Eine solche Lösung klingt einfach, ist aber schwer durchzuhalten, denn das Ladenöffnungsgesetz darf wie jedes andere Gesetz nicht höherrangigem Recht widersprechen. Artikel 3 unseres Grundgesetzes fordert, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Gegen eine Besserstellung der „Spätis“ per gesetzlicher Definition, was Sie vorhaben, werden sich die Supermärkte und alle anderen vergleichbaren Einzelhändler mit Erfolg gerichtlich wehren.
Grundsätzlich kann man also eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten für „Spätis“ fordern. Dann müssen wir aber auch in gleichem Atemzug über eine Lockerung der Ladenöffnungszeiten insgesamt für Supermärkte oder andere Einzelhändler sprechen, denn einen gerechtfertigten Grund, um es bei den „Spätis“ anders zu regeln, um sie besser zu behandeln, ist mit den von den obersten Gerichten aufgestellten Grundsätzen nicht vereinbar.
Geschäfte, die in dringenden Fällen den Bedarf des täglichen Lebens decken können, sehen wir in ausreichender Zahl anhand der Tankstellen oder großen Reiseverkehrszentren schon gegeben. Außerdem gibt es im Ladenöffnungsgesetz für bestimmte Verkaufsstellen Ausnahmen, beispielsweise für Verkaufsstellen mit einem Sortiment für Touristen, die auch an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 20 Uhr dort einkaufen gehen. Das ist auch richtig und zeigt, wie liberal das Ladenöffnungsgesetz in Berlin jetzt schon ist, auch im Vergleich zu Regelungen in anderen Bundesländern. Ein darüber hinausgehendes Recht wäre auch nicht mit dem Arbeitsschutz vereinbar.
(Elke Breitenbach)
Auch dürfen wir das Grundrecht auf Achtung der Sonntagsruhe nicht vergessen. Gerade deshalb hat das Bundesverfassungsgericht das Ladenöffnungsgesetz schon einmal für verfassungswidrig erklärt, und das wird wieder passieren. Auch deshalb stehen wir der uneingeschränkten Sonntags- und Feiertagsöffnung in allen Läden sehr kritisch gegenüber und werden diesen Weg auch nicht mitgehen. – Dies zum materiellen Gehalt Ihres Antrags!
Formell ist es so, wie auch schon vom Kollegen Jahnke angesprochen, dass dieser Antrag so nicht umsetzbar ist. Sie schreiben in Ihrem Antrag von Ausführungsvorschriften. Die Kollegin Frau Dr. Kahlefeld ist sich nicht ganz sicher, wo sie diese Ausführungsvorschriften zu suchen hat und finden kann.
Ja, bitte!
Herr Kollege! Es gibt zwei verschiedene Arten, wie man an so etwas herangehen kann. Die Art der Grünen ist: Wenn sich ein Missstand findet und Gesetze nicht eingehalten werden, dann schaffen sie das Gesetz ab.
Weil in Berlin Drogen genommen werden, wollen Sie das Drogennehmen legalisieren. Weil in Berlin die Regelung zu den „Spätis“ nicht eingehalten wird, wollen Sie das Gesetz abschaffen. Wir gehen den anderen Weg, wir wollen einen schonenden Ausgleich der Interessen. Darüber kann man in der Tat reden. Man kann überlegen, ob das, was an den großen Reiseverkehrszentren, wie an den Bahnhöfen, funktioniert, nicht auch so umgesetzt werden kann, dass man solche Bereiche gewissermaßen als Un
terzentren definiert. Das geht aber nicht auf dem Weg, den Sie vorschlagen.
Denn leider – und das war ich gerade im Begriff zu sagen – existieren diese Ausführungsvorschriften nicht. Regelungen, die in die wirtschaftliche Freiheit eingreifen. bedürfen einer gesetzlichen Ermächtigung.
Viele Gesetze haben eine Verordnungsermächtigung. Dann gibt es das, was Sie Ausführungsvorschriften nennen, als Verordnung. Dieses Gesetz hat aber diese Verordnungsermächtigung nicht. Darum geht es ganz formal einfach nicht. Sie müssen, um Ihr Ziel zu verfolgen, im Gesetz selbst zu Änderungen kommen, und das sollten Sie, Herr Kollege Lux, der Sie selbst Jurist sind, genauso gut wissen wie ich.
Wenn wir also etwas ändern wollen, dann lassen Sie uns gemeinsam in den Ausschüssen darüber sprechen, welche vernünftigen Lösungen es da gibt. Daher sprechen wir uns hier für eine Überweisung an die Ausschüsse aus. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Die Zahl der in Berlin ankommenden und verbleibenden Flüchtlinge ist unverändert hoch: knapp 80 000 registrierte Flüchtlinge 2015 und bereits rund 11 000 in den ersten beiden Monaten dieses Jahres. Davon sind rund zwei Drittel im erwerbsfähigen Alter. Deshalb ist der Arbeitsmarktzugang für anerkannte Asylberechtigte und Geflüchtete ein Thema, das unsere Aufmerksamkeit verlangt und Antworten verdient. Hier haben diese Koalition und der Senat schon viel erreicht, und ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf Initiativen wie das ARRIVO-Projekt zur Erprobung in der Praxis, die neuen Willkommen-in-Arbeit-Büros in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften oder die Verstärkung des Einsatzes von Integrationslotsen.
Die Piraten fordern nun umfangreiche Änderungen der Bundesgesetze und der Berliner Regelungen, auf die ich hier nicht in jedem Detail eingehen kann und eingehen will.
Ich will nur einige Punkte herausgreifen – erstens: die gemeinnützigen zusätzlichen Arbeitsgelegenheiten. Hier war der Senat schneller als Sie: Der Masterplan Integration und Sicherheit war ja bereits angesprochen, und ein Bestandteil der Planungen für diesen Masterplan sind eben gerade die Schaffung solcher gemeinnützigen Arbeitsgelegenheiten als eine Einstiegsmöglichkeit in Beschäftigung.
Zweitens wollen Sie die Verfahrensdauer bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse auf drei Monate beschränken. Nun lese ich in § 6 Abs. 3 des Anerkennungsgesetzes bereits: Die zuständige Stelle muss innerhalb von drei Monaten über die Gleichwertigkeit entscheiden. Die Frist beginnt mit Eingang der vollständigen Unterlagen.
(Sabine Bangert)
Die Dreimonatsfrist gibt es also schon. Offenbar meinen Sie mit Ihrem Vorschlag, die Frist soll schon mit der Antragstellung beginnen. Und was, wenn ein Flüchtling die Unterlagen dann nicht so schnell beschaffen kann? Soll dann das Verfahren abgebrochen werden und die Anerkennung versagt werden? Oder soll die Anerkennung auch ohne Auflagen pauschal erteilt werden und damit entwertet? Wollen Sie das wirklich?
Drittens Ihre Forderung nach der völligen Aufhebung des Arbeitsverbots in den ersten drei Monaten: –
Nein, ich möchte gern im Zusammenhang ausführen! – Im November 2014 sind bereits die Fristen von zwölf respektive neun Monaten auf drei Monate verkürzt worden, und im Oktober 2015 wurde, um Fluchtanreize zu vermeiden, mit dem Asylpaket I die Beschäftigung von Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern während des Asylverfahrens komplett unterbunden. Diesen § 61 des Asylgesetzes wollen Sie jetzt abschaffen oder aushöhlen, auch für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten.
Sie wollen keine Fluchtanreize vermeiden, sondern Sie schaffen neue! Das ist unverantwortlich und mit dieser Koalition daher auch nicht zu machen.
Viertens: die Abschaffung der Wohnsitzauflage. Weil es die geflüchteten Menschen in die Großstädte zieht, auch und vor allem nach Berlin, brauchen wir mehr Wohnsitzauflagen und nicht weniger im Anerkennungsverfahren, aber auch nach einer Anerkennung. Zu Recht haben das Bundesinnenminister de Maizière und Senatorin Kolat in dieser Woche gefordert, nachdem der EuGH Bundesauflagen für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz ausdrücklich gebilligt hat. Integration scheitert, wenn die große Mehrheit der Aufgenommenen sich in wenigen Großstädten ballt. Ihr Antrag schadet der Integration, und er schadet Berlin, und das machen wir nicht mit.
Fünftens, ganz am Ende Ihres Antrags geht es noch um das Bleiberecht für alle Auszubildenden und Erwerbs- tätigen.
Erst wollen Sie sämtliche zeitlichen Beschränkungen des § 61 Asylgesetz abschaffen, auch für Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten. Dann wollen Sie ein Bleiberecht für alle Erwerbstätigen. Erwerbstätigkeit für alle Einreisenden plus Bleiberecht für alle Erwerbstätigen ist gleich Bleiberecht für alle – das ist die vorsehbare Pointe Ihres
Antrags. Aber das Thema Integration durch Arbeit ist zu ernst und zu wichtig für einen solchen Klamauk.
Es braucht keine zuwanderungspolitischen Wünsch-dirwas-Anträge, sondern es braucht konkrete, wirksame Schritte, wie sie diese Koalition mit ARRIVO, „Willkommen in Arbeit!“ und Integrationslotsen auch bereits erfolgreich geht. Und Herr Reinhardt – auch wenn Sie das nicht hören wollen –, es braucht auch den Mut zu unangenehmen Wahrheiten. Den Facharbeitermangel, der angesprochen worden ist, wird die Zuwanderung so ohne Weiteres nicht beheben können. Vielmehr liegt in der fehlenden Qualifikation von Flüchtlingen ein enormes Problem bei der Integration in Arbeit. Das ergab die Anhörung am 3. Dezember 2015 im Arbeitsausschuss. Die Frage beantwortete Herr Becking von der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Arbeitsagentur nämlich mit der Formel 80:10:10 – 10 Prozent Akademiker, 10 Prozent mit formalen Qualifikationen, aber 80 Prozent ohne formale Abschlüsse irgendwelcher Art.
Eine Vermittlung ist bei diesen 80 Prozent eine Herausforderung, nicht nur wegen fehlender Abschlüsse, sondern auch wegen mangelnder oder fehlender sprachlicher Befähigung und auch, weil der Arbeitsmarkt nicht aufnahmefähig ist für ungelernte Arbeit, jetzt nicht und in Zukunft, bei stärkerer Automatisierung vieler Tätigkeiten noch viel weniger als jetzt.
Nein, danke! Ich führe jetzt zu Ende aus! – Sprachqualifikation, dann Lernqualifikation, dann Fachqualifikation – und das für bis zu 80 Prozent. Das sind die realen und geradezu monumentalen Herausforderungen, und über die sollten wir im Ausschuss ernsthaft reden. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU-Fraktion spricht sich dafür aus, dass intergeschlechtlich geprägte Menschen nicht diskriminiert werden dürfen – weder soll dies aufgrund ihrer geschlechtlichen Prägung noch wegen anderer Merkmale und Eigenschaften geschehen. Denn wie für alle anderen Menschen gilt auch für intergeschlechtliche Menschen der Artikel 3 des Grundgesetzes, insbesondere wenn es dort heißt: Niemand darf wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. – Das ist für uns keine leere Worthülse.
Dies vorausgeschickt, bleibt es aber dabei, dass wir Ihrem Antrag auch heute nicht zustimmen können und nicht zustimmen werden. Wir werden Ihren Antrag nicht etwa deswegen ablehnen, weil er – wie ich überrascht feststellen musste – sich sprachlich nicht auf dem neuesten Stand der Political Correctness befindet. Ich habe mir sagen lassen, dass der von Ihnen verwendete Begriff des Intersexuellen inzwischen von denjenigen, die sich auf solche
Spitzfindigkeiten verstehen, oft durch den Begriff „gender-dysphorisch“ ersetzt wird, der noch diskriminierungsfreier, weil noch mehr Varianten sexueller Identität erfassender sei. – Das ist also nicht der Grund unserer Ablehnung, sondern wir lehnen ihn ab, weil er zwar einige sehr berechtigte Anliegen anspricht, diese aber alle schon durch verschiedene Initiativen des Senats aufgegriffen sind. Ich nenne hier nur beispielsweise erstens die Initiative „Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“, die schon genannt wurde, mit dem Handlungsfeld Trans- und Intergeschlechtlichkeit, zweitens den runden Tisch „Trans- und Intergeschlechtlichkeit“, drittens das Projekt „Trans in Arbeit“ der Landesstelle für Gleichbehandlung, die Ende letzten Jahres hier im Haus ihre Arbeit gegen Diskriminierung wegen sexueller Identität und für die Verbesserung der Situation der betroffenen Menschen in der Arbeitswelt ausgestellt hat.
Vor allem aber werden wir Ihren Antrag ablehnen, weil wir in dem zentralen Punkt der Einführung einer dritten – wie Sie schreiben: neutralen – Geschlechtskategorie für Melde- und andere Behördenformulare ausdrücklich eine andere Auffassung vertreten. Was soll das bringen, und vor allem: Wohin soll das führen? – Heute soll die Auswahl zwischen männlich und weiblich diskriminierend sein. Morgen werden Sie dann fordern, dass „neutral“ als Alternative zu männlich und weiblich nicht mehr genügt, und übermorgen wollen Sie, dass wie bei Facebook in Großbritannien eine Auswahl von 70 verschiedenen Sexualpräferenzen angeboten wird. Wer sich dort nicht wiederfindet, den lädt Facebook übrigens herzlich zum Vorschlag zusätzlicher Kategorien ein. Aber was in sozialen Medien vielleicht funktionieren kann, das führt im Melderecht, in Verwaltungsvorgängen und öffentlichen Statistiken ins Chaos, und darum können wir Ihren Vorschlag der Einführung zusätzlicher unklarer Geschlechtskategorien für behördliche Formulare nicht zustimmen.
In diesem Zusammenhang: Wir sind nicht nur aus praktischen Erwägungen dagegen, sondern ganz prinzipiell.
Nein, keine Zwischenfrage! – Denn für uns ist das Geschlecht eines Menschen eben kein bloßes soziales Konstrukt, das beliebig zuschreibbar und wählbar ist und das, wie einige vielleicht meinen, am besten gleich zusammen mit der Institution der Ehe zwischen Mann und Frau relativiert und dekonstruiert werden sollte. Unklarheit und Beliebigkeit in der Kategorie der Geschlechtsbezeichnungen im Recht und in den Verwaltungsvorgängen lehnen wir entschieden ab.
(Carsten Schatz)
Ich komme zum Schluss: Einige Ihrer Vorschläge sind durchaus erwägenswert, z. B. die Forderung nach erweiterter Einsicht in Krankenakten und eine verlängerte Frist für ihre Aufbewahrung. Dies sollte im weiteren Zusammenhang mit der Verbesserung von Patientenrechten geprüft werden. Im Ergebnis schließen wir uns der Empfehlung des Ausschusses für Arbeit, Integration, berufliche Bildung und Frauen an und lehnen den Antrag ab. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegt ein überzeugender, ausgewogener Haushaltsplanentwurf. Für dessen Vorbereitung danken wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Senatsverwaltung, die sich dabei besonderen Schwierigkeiten stellen mussten. Denn es ist keine leichte Aufgabe, die Haushaltskonsolidierung fortzuführen und sich trotzdem auf die Herausforderungen der wachsenden Stadt, speziell der Flüchtlingskrise und auch des Wegfalls europäischer Finanzmittel einzustellen. Dennoch zeichnet sich der Entwurf für den Einzelplan 09 durch große Kontinuität aus und spiegelt dabei die erfolgreiche Arbeit der Koalition in den letzten Jahren wider.
Erfreulicherweise ist es gelungen, mit derzeit etwa 182 000 Arbeitslosen im November den niedrigsten Stand bei den Arbeitslosenzahlen seit 1991 zu erreichen. Gerade die Jugendarbeitslosigkeit ist seit der Abwahl von Rot-Rot um über 40 Prozent zurückgegangen und erreichte einen historischen Tiefstand. Beim Beschäftigungszuwachs ist Berlin bundesweit an der Spitze. Das alles hat nicht nur, aber auch mit der Arbeitsmarktpolitik dieser Koalition und erfolgreichen Programmen wie BerlinArbeit zu tun.
Wichtige Teile dieses Arbeitsmarktprogramms konnten wir mit dem neuen Doppelhaushalt ausbauen. Die Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit hat dabei weiter Vorrang. Besonders hervorzuheben sind das
(Burgunde Grosse)
Jobcoaching und das Landesrahmenprogramm Integrationslotsinnen und -lotsen, die mit dem neuen Doppelhaushalt stark ausgebaut werden.
Das Berliner Jobcoaching mit seinem individuellen Betreuungsangebot sorgt für noch mehr Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, und das ist nach wie vor das Hauptziel der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen dieser Koalition.
Meilensteine sind auch der Ausbau der neuen Jugendberufsagenturen und die Fortsetzung des Berliner Ausbildungsplatzprogramms mit insgesamt 530 Ausbildungsplätzen.
Angesichts der aktuellen Flüchtlingszahlen in Berlin – derzeit sind es allein in diesem Jahr über 68 000 – ist auch die Arbeitsverwaltung gefordert, denn für die Schutzbedürftigen, die bei uns bleiben werden, bedeutet Arbeit und Ausbildung die beste Integration. Hier nenne ich beispielhaft das ARRIVO-Programm, das mit dem neuen Doppelhaushalt erheblich erweitert wird, und die Ausweitung des Ausbildungsplatzprogramms um 30 zusätzliche Plätze speziell für Geflüchtete.
Im Fachbereich der Frauenpolitik konnten wir die Mittel erhöhen. Das Budget für Zuwendungsempfänger wird 2016 und 2017 um je 2 Prozent erhöht. Dafür wird ein Betrag von 1,4 Millionen Euro eingesetzt. Bei der Gewaltprävention werden die vorhandenen Maßnahmen weiterentwickelt und auf über 7,5 Millionen Euro pro Jahr verstärkt.
Bei alle dem konnte der Abbau der ESF-Mittel gegenüber der vergangenen Förderperiode in vielen besonders wichtigen Bereichen erfolgreich durch Landesmittel kompensiert werden. – Wir können auf diesen Haushalt stolz sei, und ich werbe gerne um Ihre Unterstützung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Bundesarbeitsgericht hat im Jahr 2010 seine ständige Rechtsprechung im Bereich der Tarifeinheit aufgegeben. Vor diesem Hintergrund und nicht etwa wegen der Streikwelle im Nah- und Fernverkehr, unter der wir auch in Berlin alle zu leiden hatten, hat die Bundesregierung das Tarifeinheitsgesetz auf den Weg gebracht, das Anfang nächsten Monats in Kraft treten soll. Das Gesetz sieht vor, dass bei Tarifkonflikten nur noch
der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den jeweils meisten Mitgliedern gelten soll, denn eine Überschneidung unterschiedlicher Tarifverträge für dieselbe Berufsgruppe innerhalb eines Unternehmens beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Künftig sollen mehrere Gewerkschaften in einem Betrieb gemeinsam statt gegeneinander arbeiten.
Nein, keine Zwischenfragen, das Thema ist sehr kompliziert. – Nur wenn eine Tarifkollision nicht durch Einigung der beteiligten Gewerkschaften aufgelöst werden kann, soll und muss die neue Regelung des Tarifeinheitsgesetzes greifen. Es soll dann der Tarifvertrag gelten, der die größte Akzeptanz in der Belegschaft genießt. Das Interesse der Mehrheit der Beschäftigten wird im Mittelpunkt stehen und entscheidend sein. Wir wollen nicht, dass eine besonders ausdauernd streikende Minderheit sich gegen die Mehrheit der Beschäftigten durchsetzt. Dabei hat eine Konsenslösung immer Vorrang.
Das Gesetz soll in erster Linie verhindern, dass in einem Betrieb konkurrierende Tarifverträge für dieselbe Berufsgruppe gelten. Eine Tarifkollision soll verhindert werden. Sie ist dazu angetan, Belegschaften zu spalten, den Betriebsfrieden nachhaltig zu stören und die Tariflandschaft zu zersplittern. Unser Ziel ist es jedoch, die bewährte deutsche Sozialpartnerschaft und Tarifautonomie zu erhalten.
Der Grundsatz „ein Betrieb, ein Tarifvertrag“ hat lange Tradition in Deutschland. Diesen Grundsatz stärkt das Tarifeinheitsgesetz, wobei es Pluralität der Meinungen und die Möglichkeit des Interessenausgleichs im Konsens bestehen lässt.
Das Konsensprinzip wird von den Sozialpartnern weiter vertreten. Darum haben sie im Jahr 2010 nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts um eine gesetzliche Regelung gebeten. Mit dem Tarifeinheitsgesetz liegt diese Regelung nun vor und soll im Bundesrat auch beschlossen werden.
Sie unterstellen, die Bundesregierung greife gezielt die Koalitionsfreiheit auf Arbeitnehmerseite und das Streikrecht nach Artikel 9 Grundgesetz an. Aber genau das Gegenteil trifft zu. Die Tarifautonomie wird im Ergebnis gestärkt.
(Sabine Bangert)
Das Freiheitsgut des Streikrechts steht dem ebenfalls hohen Gut des Betriebsfriedens gegenüber. Wir wollen die Voraussetzungen der Produktivität unserer Betriebe erhalten. Aber wir wollen auch den Arbeitnehmern sinnvolle Mittel an die Hand geben, faire und gerechte Löhne zu erzielen und notfalls zu erstreiten.
Das verfassungsmäßig garantierte Streikrecht wird durch das Tarifeinheitsgesetz gerade nicht ausgehöhlt. Auch heute entscheiden die Arbeitsgerichte, ob ein Streik verhältnismäßig ist oder nicht. Auch unter dem Tarifeinheitsgesetz wird das Mittel des Streiks bestehen bleiben.
Meine Damen und Herren Antragsteller! Wir nehmen die Bedenken, die Sie geäußert haben, aber auch die Bedenken, die der Deutsche Beamtenbund artikuliert hat, in einem ganz bestimmten Punkt besonders ernst, und daran wird in der Tat noch zu arbeiten sein bei der Ausgestaltung. Es besteht kein Bekenntniszwang in den Betrieben, weshalb es nicht einfach ist, die zahlenmäßig stärkste Gewerkschaft ohne Weiteres festzustellen.
Und hier müssen den Bedenken, die Sie artikuliert haben, auch den Bedenken des Deutschen Beamtenbunds, in der praktischen Ausgestaltung, nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist, in der Tat Rechnung getragen werden.
Über das natürlich weiter bestehende Streikrecht hinaus erhalten Minderheitsgewerkschaften zudem auch Anhörungs- und Nachzeichnungsrechte. So können sie dem Arbeitgeber schon vor einer Tarifrunde ihre Vorstellungen darlegen oder nach einer Einigung Inhalte des Tarifvertrags der größeren Gewerkschaft übernehmen. Somit werden die kleinen Gewerkschaften nicht ausgeschlossen. Durch das Nachzeichnungsrecht werden kleinere Gewerkschaften und ihre Mitglieder den Schutz des Tarifvertrags erlangen können. Die Regelungen zum Schlichtungsverfahren werden von diesem neuen Gesetz nicht angetastet. Für bestehende Tarifverträge wird darüber hinaus Bestandsschutz gelten.
Das Tarifeinheitsgesetz fördert die friedliche Lösung von Tarifkonflikten in Betrieben mit mehreren Gewerkschaften. Es greift damit das bis 2010 geltende Prinzip der Tarifeinheit wieder auf und gießt es in neue gesetzliche Form. – Ihrem Antrag auf Ablehnung des Tarifeinheitsgesetzes im Bundesrat werden wir also heute nicht zustimmen, sondern das Thema im Ausschuss eingehend besprechen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir in der Koalition wollen – und die Worte meiner Vorrednerin haben gezeigt: eine breite Mehrheit dieses Parlaments will –, dass die Arbeit der Stadtteilmütter fortgesetzt wird. Wir in der Koalition wollen auch, dass in der Berliner Arbeitsmarktpolitik die Integration der arbeitslosen Menschen in den ersten, den wirklichen Arbeitsmarkt stets im Mittelpunkt steht. Der heutige Antrag der Grünen gibt uns Gelegenheit, hier und im Ausschuss darüber zu sprechen, wie wir beide Ziele – vielleicht noch besser als bisher – in Übereinstimmung bringen können.
Warum ist die Arbeit der Stadtteilmütter wichtig und vorbildlich? – Weil sie Familien mit Migrationshintergrund das Einleben in Deutschland erleichtern und sie bei der Integration in ihr Lebensumfeld unterstützen. Weil sie mit ihren Biografien und Erfahrungen näher dran sind an den Familien ihrer Stadtteile, weil sie bei ihrer Klientel daher einen Vertrauensvorschuss genießen und sie leichter erreichen können, als manche Behördenvertreter oder Träger der sozialen Arbeit dies vermögen. Aber auch und vor allem deshalb, weil die Stadtteilmütter selbst das erbringen, was wir mit Recht und aus Überzeugung von arbeitslosen Menschen und Leistungsbeziehern mit und ohne Migrationshintergrund verlangen: Sie opfern Zeit und zeigen großes Engagement, um sich in die Mehrheitsgesellschaft zu integrieren, um ihre Chancen auf auskömmliche Arbeit zu verbessern. Sie beziehen nicht
nur Leistungen, sondern sie erbringen eine wertvolle Gegenleistung für die Familien in ihren Stadtteilen und für die Stadt insgesamt.
Ein großes eigenes Engagement, ein Nutzen für die geförderten Menschen und die ganze Stadt – genau das wollen wir in der Arbeitsmarktpolitik. Wir wollen aber noch mehr. Wir wollen für alle Geförderten eine klare Perspektive für den ersten Arbeitsmarkt. Diese Ausrichtung auf das Ziel auskömmliche Arbeit jenseits von Fördermaßnahmen ist eines der Markenzeichen von BerlinArbeit. Der Antrag der Grünen spricht dabei wichtige Punkte an: Qualifikationsprofile, individuelle Stufenpläne, vor allem auch grundlegende Qualifikationen wie das sichere Beherrschen der deutschen Sprache und das Nachholen fehlender Schulabschlüsse. Das Landesrahmenprogramm Integrationslotsinnen und Integrationslotsen enthält bereits viele richtige Ansätze. Qualifikations- und Aufgabenprofile für Integrationslotsen und Stadtteilmütter existieren bereits und werden weiterentwickelt. Eine Basisqualifikation, die 100 Stunden umfasst und aus vier Themenfeldern besteht, ist bereits verbindlich. Im Landesrahmenprogramm ist eine Berufswegeplanung zur Weiterbildung enthalten, die zukünftig noch ausgebaut werden soll. Schon Anfang dieses Jahres wurde ein entsprechendes Pilotvorhaben gestartet, das im Juni 2015 enden wird. Im Anschluss, ab Juli 2015, wird dann eine Expertenrunde zur Entwicklung eines einheitlichen Standards zur Etablierung eines Berufsbildes eingerichtet. Konkret wird derzeit geprüft, ob und wie das Berufsbild Integrationsberater entwickelt werden kann oder wie ein Übergang in andere ergänzende Berufsprofile möglich ist. Ich teile aber ausdrücklich die Auffassung, dass bei der klaren Perspektive für den ersten Arbeitsmarkt noch Luft nach oben ist.
Für viele Frauen mit Migrationshintergrund ist die Tätigkeit als Stadtteilmutter der erste bezahlte Job. Leider schaffen bisher nur wenige den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt. Tatsächlich sind, wie es der Antrag der Grünen nahelegt, insbesondere fehlende Abschlüsse und manchmal auch mangelndes Beherrschen der deutschen Sprache die Gründe für diese Barriere. Da der Einsatz der Stadtteilmütter zeitlich befristet ist, sollte die Tätigkeit in eine staatlich anerkannte Ausbildung münden. Ein Berufsfeld Integrationsberater kann dabei eine Möglichkeit sein. Für den ersten Arbeitsmarkt, für eine Arbeit bei gemeinnützigen und gewerblichen Arbeitgebern kommt aber auch ein Übergang in die Qualifikation zur Sozialassistentin in Frage. Die zwei- bis dreijährige Ausbildung erleichtert den Frauen den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt enorm. Für die Ausbildung ist allerdings mindestens ein Hauptschulabschluss erforderlich. Bei einem mittleren Berufsabschluss kann eine verkürzte Ausbildungszeit absolviert werden. Fehlen diese Abschlüsse, so besteht die Möglichkeit, sie nachzuholen.
(Elke Breitenbach)
Was die sprachlichen Qualifikationen angeht, gilt nicht nur für die Stadtteilmütter, sondern für alle: Der Weg in Arbeit und Beschäftigung darf nie an mangelnden Sprachkenntnissen scheitern. Wir dürfen und müssen stärker noch als bisher gerade von allen langzeitarbeitslosen Menschen ohne ausreichende Sprachfertigkeiten verlangen, dass sie ihre Zeit für das Erlernen der deutschen Sprache investieren.
Die Förderung der Stadtteilmütter verbindet erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik und Integration. Das Projekt ist richtig und gut, kann aber noch besser werden. Die wichtigen Fragen sind gestellt; nun können wir uns im Ausschuss diesen Fragen widmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Gast! Die unsichere Lage in verschiedenen afrikanischen Mittelmeerstaaten und im Nahen Osten verhindert eine sichere Prognose der Asylbewerberzahlen, jedoch rechnet man für das Jahr 2015 allein in Berlin mit mindestens 20 000 Neuanträgen auf Asyl. Es ist davon auszugehen, dass etwa zwei Drittel der Antragsteller im erwerbsfähigen Alter sein werden. Aber noch aus einem anderen Grund ist Arbeit für Asylberechtigte ein aktuelles Thema. Gleichzeitig mit der überfälligen Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten wurde der Zugang von Asylbewerbern und Geduldeten zum Arbeitsmarkt erleichtert und beschleunigt, eine Regelung, die sich jetzt in der Praxis bewähren muss.
Uns ist auch klar – und dazu hätte es Ihres Antrags nicht bedurft –, dass es nicht mit dem Recht, eine Arbeit aufzunehmen, getan ist. Es muss noch eine Reihe von Rahmenbedingungen erfüllt werden. Dazu gehören eine vernünftige Beratung, eine Berufsorientierung gerade für die Jüngeren und die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen.
Schutzbedürftige Asylsuchende, deren Asylantrag bewilligt wurde, bleiben u. U. längerfristig oder gar für immer bei uns. Gerade ihnen soll die eigenständige Existenzsicherung ermöglicht werden. Das liegt in unser aller Interesse, und es ist das erklärte Ziel dieser Koalition, den als schutzbedürftig Anerkannten auch praktisch beim Zugang zu Arbeit und Beschäftigung zu helfen, durch die schnellere Anerkennung vorhandener Qualifikationen aus den Herkunftsländern, durch Beratungsleistungen, etwa der der Integrationslotsen, durch Sprachkurse und durch den Erwerb zusätzlicher Qualifikation.
Die Berlinerinnen und Berliner waren und sind bereit und entschlossen, schutzbedürftigen Menschen zu helfen. Aber gerade weil wir auch wirksam helfen wollen, müssen wir, genau wie das der Bundesinnenminister bei der Zuwanderungskonferenz in Berlin in der vergangenen Woche in großer Deutlichkeit getan hat, auch über die zahlreichen Menschen sprechen, die unser Land erreichen und die eben nicht schutzbedürftig im Sinne des Asylrechts sind, weil sie nicht politisch verfolgt sind oder weil ein Asylverfahren in einem anderen Dublin-Staat läuft.
(Canan Bayram)
Bei diesen nach dem Asylrecht Nichtschutzbedürftigen geht es eben nicht um das Thema „ankommen, teilhaben, bleiben“, wie es im Titel Ihres Antrags heißt. Hier ist Ehrlichkeit gefordert, die Ehrlichkeit auszusprechen, dass unser großzügiges Asylrecht eben nur mit einem konsequenten und schnellen Rückkehrmanagement funktionieren kann, und zwar effektiver als bisher, ob es um die Herkunftsstaaten geht oder bei Dublin-Überstellungen, aber auch die Ehrlichkeit zu sagen, dass der Berliner Arbeitsmarkt eben nicht unbegrenzt aufnahmefähig für Arbeitskräfte ohne berufliche Qualifikation ist. Diese Ehrlichkeit schulden wir den Wählerinnen und Wählern, aber wir schulden sie auch und gerade den Menschen, die zu uns kommen, denn es ist unsere Verantwortung, sie nicht über Perspektiven der Zuwanderung zu täuschen und vor allem keine zusätzlichen Fluchtanreize zu setzen.
Die Koalition und der Senat haben bereits erste konkrete Schritte für den erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt auf den Weg gebracht. 820 000 Euro zusätzlich, 27 Integrationslotsen mehr – eine Verdopplung der aktuellen Stellen –, zwölf Bildungsberater, Ausbildungsinitiative „Arrivo Berlin“ soll perspektivisch auf 100 Plätze ausgeweitet werden: All das wurde schon genannt und brauche ich hier nicht im Einzelnen zu wiederholen.
Unterm Strich vermisse ich bei dem Antrag die grundsätzlich neuen Ansätze und Impulse, solche, die über die geleistete Unterstützung des Senats hinausgehen. Es wurde schon mehrfach und richtig gesagt: Bei den Haushaltsberatungen werden wir Gelegenheit haben, uns noch im Einzelnen darüber zu unterhalten, was wie und in welchem Umfang sinnvoll ausgeweitet werden kann. Wie wir die Integration der Schutzbedürftigen auch durch besseren Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern können, das sollten wir bei der Beratung des Antrags in den Ausschüssen im Einzelnen erörtern. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Endlich kann in diesem Jahr die Jugendberufsagentur starten. Damit setzen wir einen weiteren, wichtigen Teil des Programms Berlin-Arbeit um, der mir besonders am Herzen liegt: Konkrete, engagierte Schritte zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Denn gerade hier geht es um Zukunftschancen für junge Menschen, für unsere Stadt, für den Wirtschaftsstandort Berlin.
Mit Freude, aber auch mit Hoffnung und Zuversicht sehen wir jetzt der Eröffnung der ersten Anlaufstellen der Jugendberufsagentur im Herbst entgegen. Sie werden Bausteine sein, um die Jugendarbeitslosigkeit deutlich
weiter zu senken. Sie vernetzen als Teil eines Arbeitsbündnisses die Potenziale der Bezirke, der Agentur für Arbeit und der Jobcenter. Im ersten Schritt wird unter dem Dach der übergeordneten Jugendberufsagentur in vier Bezirken jeweils eine regionale Anlaufstelle ihre Arbeit aufnehmen. Nach Friedrichshain-Kreuzberg, Marzahn-Hellersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Spandau sollen bis Ende 2016 die anderen acht Bezirke folgen.
Es wurde durchaus auch diskutiert, ob es wirklich zwölf Anlaufstellen werden müssen. Vorteile kann auch die Konzentration auf weniger Standorte bieten, die eine Bündelung von Kompetenzen und eine klare Bedarfsorientierung möglich macht. Aber entscheidend ist erst einmal, dass die Jugendberufsagentur mit ihren Anlaufstellen nun wirklich startet.
Sie macht jungen Berlinerinnen und Berlinern neue Angebote und bereitet sie so vor, dass sie diese Angebote auch annehmen können. Denn die erfolglose Suche nach einer existenzsichernden Arbeit ist ein vielschichtiges Problem.
Für mich schien Jugendarbeitslosigkeit früher ein reines Vermittlungs- oder Motivationsproblem zu sein. Junge Menschen waren entweder arbeitslos, weil es einfach nicht genügend Arbeitsplätze für sie alle gab oder weil sie bei der Suche nicht motiviert oder flexibel genug waren. Durch meine Lehrtätigkeit kam ich oft in Kontakt mit Mitarbeitern von Sozialämtern und Jobcentern. Aus ihren Erzählungen habe ich gelernt, wie viel komplexer die Dinge liegen, aber auch, wie dramatisch die persönliche Situation junger Menschen in der Arbeitslosigkeit ist und – das möchte ich aus eigener Überzeugung hinzufügen – wie unselig es für die Zukunft unserer Stadt und unseres Wirtschaftsstandorts ist, wenn gerade die Jungen keinen Platz im Berufs- und Arbeitsleben finden.
Solche Überlegungen teilt man auch in anderen Großstädten der Welt wie New York oder Rotterdam. Aber genau wie wir wollten sich die Verantwortlichen auch dort mit diesem Status quo nicht abfinden. Ich habe mir vor Ort zeigen und erklären lassen, wie und mit welchen Instrumenten man die Jugendarbeitslosigkeit anderswo erfolgreich senken konnte. Davon können wir lernen, ebenso wie von der Erfahrung mit der Jugendberufsagentur in Hamburg. Mit den Zielen des Programms Berlin-Arbeit und der Jugendberufsagentur tun wir genau das: Wir nutzen die guten Erfahrungen und Projektmodelle, die andernorts bereits erfolgreich funktioniert haben, und entwickeln sie weiter für uns in Berlin.
Das Ziel der Jugendberufsagentur ist es, alle Einrichtungen unter einem Dach zu bündeln. Sie soll sich um den Übergang von der Schule in den Beruf und um die Integration junger Männer und Frauen in den Arbeitsmarkt kümmern. Jugendliche und junge Erwachsene sollen in Ausbildung und Beschäftigung gebracht werden. Ihnen
(Präsident Ralf Wieland)
und uns allen sollen sich damit gute Zukunftsperspektiven eröffnen. Das ist die grundlegende Intention des Koalitionsprogramms Berlin-Arbeit. Es zeigt bereits deutliche Erfolge.
Wir alle kennen noch die alarmierenden Zahlen der Vergangenheit nur zu gut: vor fünf Jahren über 25 000 junge Arbeitslose unter 25 in Berlin – eine Quote von sage und schreibe 16 Prozent. Unser Ziel war es, die Jugendarbeitslosenquote bis 2016 unter 10 Prozent zu senken. Geschafft haben wir das schon im November 2014: Die Jugendarbeitslosenquote lag erstmals unter 10 Prozent, und Berlin hatte weniger als 15 000 junge Arbeitslose. Das waren nach drei Jahren guter Zusammenarbeit in der Koalition eine erfolgreiche Trendwende und gut ein Drittel weniger Jugendliche ohne Arbeit als zuvor. Das spricht auch für den unerschütterlichen Willen der CDU, Menschen in unserer Stadt in Arbeit zu bringen – wohlgemerkt, in den ersten Arbeitsmarkt.
Der Erfolg bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist aber auch ein Erfolg der vielen jungen Menschen, die Zeit und Kraft in Ausbildung, Qualifikation und Bewerbung investieren. Der positive Trend bleibt trotz aller saisonbedingten Schwankungen erhalten und bestätigt den arbeitsmarkt-, aber auch den wirtschaftspolitischen Kurs der Koalition. Das ist Grund zur Freude, aber kein Grund zum Ausruhen.
Der drastische Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit seit der Abwahl von Rot-Rot spricht eine deutliche Sprache. Seit die CDU in Berlin wieder mitregiert, haben wir es schon mehr als 9 000 jungen arbeitslosen Menschen ermöglicht, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Sie können jetzt ihren Lebensunterhalt bestreiten, finden Anerkennung und Perspektiven, tragen zum Wachstum des Wirtschaftsstandorts Berlin bei – und es sollen noch viel, viel mehr von ihnen werden.
Uns allen muss aber auch klar sein, dass wir nach dem Anlauf der Jugendberufsagentur mit einem vorübergehenden Anstieg der Jugendarbeitslosenzahlen zu rechnen haben. Denn wir haben die große Hoffnung, dass viele junge Menschen, die aus der Statistik herausgefallen wären oder bereits herausgefallen sind, nun durch die Jugendberufsagenturen in Arbeit gebracht werden können.
Ein gleichberechtigter Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist bei der Einrichtung der Jugendberufsagentur unser Ziel. Deshalb ist es schlichtweg falsch, was vereinzelt in der Presse zu lesen war, nämlich dass behinderte Jugendliche von den Angeboten der Jugendberufsagenturen ausgeschlossen wären. Einen solchen Ausschluss hätten wir selbstverständlich nicht akzeptiert.
Behinderte sind ein integraler Bestandteil der Arbeit der Jugendberufsagentur. Auch sie – und ich sage: gerade auch sie – haben ein Recht darauf, dass ihnen beim Übergang von der Schule in den Beruf eine Hilfestellung gegeben wird.
Die Jugendberufsagentur soll als Anlauf- und Beratungsstelle alles aus einer Hand bieten, was den Zugang zu Ausbildung und Arbeit möglich macht. Sie ist gerade auch für Jugendliche mit schwierigen Ausgangsbedingungen wichtig und gedacht. Deshalb werden auch bestehende Verfahren für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Schwerpunkt an die Jugendberufsagentur gebunden werden.
Über der Jugendberufsagentur steht ganz klar der Wille, Jugendarbeitslosigkeit nicht zu verwalten, sondern sie abzuschaffen. Beratungsangebote unter einem Dach, koordiniert und gebündelt – das ist der richtige Weg. So schaffen wir einen einfachen und niedrigschwelligen Zugang zu Information und Beratung. So werden wir weitere Hürden für die berufliche Integration von Jugendlichen aus dem Weg räumen. So finden die betroffenen Jugendlichen passgenaue Angebote, mit denen sie etwas anfangen können.
Dafür bedarf es aber einer neuen Durchlässigkeit. So soll die Jugendberufsagentur die Schulen konsequent und systematisch in ihr Netzwerk einbinden. Angefangen von integrierten Sekundarschulen bis hin zu Gymnasien sollen die Schülerinnen und Schüler erfasst werden, um klar zu wissen: Welcher Bedarf herrscht wo? Welche Angebote werden wo gebraucht?
Im ersten Schritt wird sich die Jugendberufsagentur um junge Menschen unter 25 kümmern. Das beruht auf den Bundesregelungen zur Leistungsgewährung, die meist auf ein Alter von 25 Jahren ausgerichtet sind. Jeder dieser Jugendlichen soll die Möglichkeit zu einem Berufsabschluss haben. Wir wollen aber erreichen, dass die neuen Angebote auch auf junge Menschen bis zum 28. Lebensjahr ausgeweitet werden können. Viele von ihnen gelten als sogenannte Altbewerber. Das sind Arbeitssuchende, die ihre Ausbildung nicht im Jahr ihres Schulabgangs aufnahmen. Manche haben sich mehrfach vergeblich um einen Ausbildungsplatz beworben; andere haben in Wartezeiten Wehrdienst, Auslandsaufenthalte oder Praktika absolviert. Ihre Chancen bei weiteren Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz sinken mit zunehmendem Alter. Wir wollen diese Altersgruppe aber nicht vergessen oder gar aufgeben. Außerdem können die Tätigkeiten, die in Wartezeiten ausgeübt wurden, sogar ein wichtiges Pfund sein: Dort haben die Jugendlichen persönliche Erfahrungen oder auch schon erste berufliche Qualifikationen erworben, die im Berufsleben, der Arbeitswelt oder dem Wirtschaftsstandort Berlin dienlich sein können.
Die Koalition kann im Gegenzug mit einer offensiven und effektiven Wirtschaftspolitik den Jugendlichen und jungen Menschen Berlins dienlich sein. Wenn wir die Voraussetzungen für neue und nachhaltige Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft motivieren, weiterhin in unsere Stadt zu investieren, wenn wir zudem unsere Instrumente von Berlin-Arbeit – wie eben die Jugendberufsagentur – konsequent einsetzen, wo nötig nachjustieren und Unterstützung wie nur möglich leisten, dann setzen wir auf eine erfolgversprechende Arbeitsmarktpolitik und können die Arbeitslosenquote weiter senken. Dann haben wir die Chance, bis 2016 noch viel mehr junge und ältere Menschen in existenz- und zukunftssichernde Arbeit zu bringen. Dann können wir bis 2021 unserem Ziel nahe kommen, Vollbeschäftigung für alle Berlinerinnen und Berliner zu erreichen. Die Jugendberufsagentur ist auf diesem Weg ein wichtiger Meilenstein. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Wie stellt sich nach der im Rahmen des Programms „Berlin-Arbeit“ nunmehr endlich eröffneten Möglichkeit des Einsatzes von Hausmeisterassistenten an Berliner Schulen die Nachfrage dar?
Vielen Dank! – Werden den Bezirken für die Beschäftigung von Hausmeisterassistenten zusätzliche FAVStellen zur Verfügung gestellt, oder wird dafür ein Verrechnungsmodell mit den den Bezirken bereits vorher bereitgestellten FAV-Stellen angewendet?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Anderthalb Kilometer und vier Stunden: Vier Stunden ist es her, dass der Deutsche Bundestag gar nicht weit von hier entfernt das Gesetz zur Stärkung der
(Sabine Bangert)
Tarifautonomie verabschiedet hat. Über den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, um den es dort ging und um den es auch hier und heute geht, haben wir schon oft und ausführlich gesprochen – hier im Plenum und in den Ausschüssen. Aber noch nie zuvor war ein Oppositionsantrag so schnell veraltet und lag auch noch nie so sehr neben der Sache wie dieser Ihr gemeinsamer Antrag heute.
Veraltet ist der Antrag, weil die von Ihnen kritisierten Ausnahmen soeben im Bundestag beschlossen wurden. Sie sind das Ergebnis sehr gründlicher und ernsthaft geführter Verhandlungen der großen Koalition im Bund, und Narben konnte ich dabei auch nicht beobachten von Berlin aus. Der Berliner Senat, getragen von der großen Koalition im Land, wird gegen dieses Gesetz und gegen diesen richtigen Kompromiss nicht den Vermittlungsausschuss anrufen lassen; das ist Ihnen genauso klar wie uns.
Und völlig neben der Sache liegt dieser dürftig begründete Schaufensterantrag auch. Was schreiben Sie? – Ausnahmeregelungen nicht hinnehmbar, gleicher Lohn für gleiche Arbeit ausgehöhlt, Ausnahmen darf es nicht geben. – Von Argumenten keine Spur.
Auskömmliche und faire Löhne – – Herr Lauer! Sie sind zwar der Herr Lauer, aber Ihre Argumentation ist nicht lauter, also seien Sie lieber leiser!
Auskömmliche und faire Löhne – Ja, da können Sie auch nichts daran ändern! – zu sichern, ist für die Union ein Herzensanliegen im Bund und im Land. Und wie immer man zu den Einzelheiten dieses Gesetzes, das heute verabschiedet worden ist, auch stehen mag, ist die Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns auf jeden Fall ein historisches Ereignis. Und dass Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, dazu nichts Besseres einfällt, als dass Sie die von Ihnen angegriffenen Ausnahmen nicht mal nennen in Ihrem Antrag, dass Sie sich nicht mehr Mühe geben als diese drei hingeschmierten Sätze, die inhaltsleer und zu 100 Prozent argumentationsfrei sind, das ist eine Schande an einem solchen Tag.
Und das zeigt wieder einmal: Diese Opposition ist ein Totalausfall.
Aber veralteter Antrag hin oder her – es hätte sich durchaus gelohnt, diesen inhaltlich zu diskutieren, über die Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn. Denn der
Mindestlohn wird die Lohnstrukturen vieler Branchen tiefgreifend verändern. Dieser Transformationsprozess benötigt Zeit. Zudem soll ab 2018 eine Kommission der Bundesregierung alle zwei Jahre einen Vorschlag unterbreiten, ob und wie der gesetzliche Mindestlohn verändert werden soll.
Warten Sie mal ab, Herr Lauer, kommt schon! – Wichtige Ausnahmen betreffen Langzeitarbeitslose und Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Langzeitarbeitslose, die wieder auf den Arbeitsmarkt zurückkehren, erhalten in den ersten sechs Monaten nicht den gesetzlichen Mindestlohn.
Langzeitarbeitslose werden nach sechs Monaten wieder auf die Straße gesetzt, heißt es dazu noch im Ursprungsantrag der Linken, bevor er kastriert worden ist zu diesem Oppositionsgesamtantrag. Das Gegenteil ist richtig. Die befristete Ausnahme des Mindestlohns für Langzeitarbeitslose ist eine Chance, in den ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden. So können viele Arbeitslose diese Chance erhalten. Und mit Sicherheit wird der Arbeitgeber einen qualifizierten und dann bereits auch bewährten Mitarbeiter nach Ablauf der sechs Monate dann auch für 8,50 Euro die Stunde weiterbeschäftigen.
Die geringere Entlohnung ist für die Unternehmen ein Anreiz, Langzeitarbeitslose erst einmal einzustellen und an die Herausforderungen des Arbeitsmarkts zu gewöhnen. – Haben Sie wieder Ihre Pillen nicht genommen, Herr Lauer? Bitte!
Die Einführung des Mindestlohns darf nicht zulasten des Betriebsklimas gehen. So gelingt der Abbau der Arbeitslosigkeit hier bei uns durch Berlin-Arbeit. Und der Bundestag hat richtig entschieden, wenn er diese Integrationschance nicht durch sofort geltenden Mindestlohn für Langzeitarbeitslose verbaut. – Was die jungen Arbeitslosen angeht: Ihnen soll eben nicht der Anreiz genommen werden, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen.
Hier in Berlin haben wir nach den Zahlen dieser Woche nur noch knapp 16 000 Arbeitslose unter 25 Jahren. Das
ist ein historischer Tiefstand. Unmittelbar vor der Abwahl der linken Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftssenatoren von Rot-Rot waren es fast 24 000.
Nach zweieinhalb Jahren dieser Koalition, auch als Erfolg von Berlin-Arbeit, ist es heute ein Drittel weniger. Und diesen Erfolg lassen wir uns nicht kaputtmachen.
Der beste Schlüssel für die Integration junger Langzeitarbeitsloser ist eben Qualifikation, und am allerbesten die duale Berufsausbildung. Ein Mindestlohn für ungelernte Tätigkeiten junger Menschen setzt die falschen Anreize, weg von Ausbildung und damit viel zu oft hin zu lebenslang prekärer Beschäftigung. Das darf nicht sein! Die jungen Berlinerinnen und Berliner in Arbeitslosigkeit brauchen mehr Anreiz für Ausbildung und Qualifikation, nicht weniger. Auch diese befristete Ausnahme vom Mindestlohn ist wichtig und richtig. Diese Diskussion sollten wir dann aber bitte mit besseren inhaltlichen Argumenten von Ihrer Seite im Ausschuss für Arbeit fortsetzen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben das Für und Wider des Landesmindestlohngesetzes an dieser Stelle oft und ausführlich erörtert. Deshalb kann ich mich heute kurzfassen.
Nach eingehender Behandlung im Ausschuss können wir heute in der letzten Sitzung des Jahres den Entwurf des Landesmindestlohngesetzes zur zweiten Lesung einbringen. Mit diesem neuen Gesetz will die Koalition ein deutliches Zeichen setzen. Wir zeigen damit, dass wir uns zum Ziel auskömmlicher und fairer Löhne bekennen. Die CDU stand in der Vergangenheit und sie steht auch heute noch für diese auskömmlichen und fairen Löhne, weil es sich lohnen muss, früh aufzustehen und zu arbeiten, weil wir das Subventionieren von Minilöhnen per Aufstockung eindämmen wollen und weil das Land Berlin im eigenen Bereich mit gutem Beispiel vorangehen kann und soll. Darum entspricht dieser Gesetzentwurf auch der Politik der Union.
Das Landesmindestlohngesetz soll überall dort, wo das Land Berlin selbst Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt oder in mittelbarer Staatsverwaltung über Beteiligungen oder Zuwendungen Verantwortung trägt, einen gesetzlichen Mindestlohn sichern. Dieser Mindestlohn wird in einer Höhe von 8,50 Euro eingeführt und soll regelmäßig überprüft und ggf. angepasst werden. Dabei – und das ist uns wichtig – wird nicht einfach eine Festlegung durch staatliche Stellen getroffen, sondern es sind
die Tarifparteien einzubeziehen und zwingend anzuhören. Ich habe bei jeder Debatte des Themas Mindestlohn stets betont, wie wichtig gerade der Union die Beteiligung der Tarifparteien ist. Es ist unsere Überzeugung, dass die Tarifautonomie erhalten bleiben muss. Das neue Landesmindestlohngesetz wird dieser Überzeugung gerecht und beeinträchtigt diese Autonomie auch in keiner Weise.
Ein weiterer Punkt ist uns besonders wichtig: Dieses Gesetz wird die Anzahl von Förderfällen der Arbeitsmarktpolitik nicht vermindern. Hierzu haben sich die Koalitionsfraktionen und der Senat bei den Haushaltsberatungen klar bekannt.
Und zuletzt: Ich kann auch den Vorwurf nicht teilen, durch die Entwicklung im Bund sei das Berliner Landesmindestlohngesetz inzwischen überholt, denn zum einen ist die Entwicklung im Bund ja noch gar nicht abgeschlossen – das Ihr entscheidet bekanntlich dieser Tage erst noch über den Koalitionsvertrag –, aber auch wenn eine große Koalition im Bund ab der kommenden Woche diesen Koalitionsvertrag und damit auch die Verabredungen zum Mindestlohn umsetzen wird, so können wir in Berlin dennoch vorangehen und unser Signal für auskömmliche und faire Löhne im eigenen Bereich des Landes setzen. Lassen Sie uns das mit diesem Gesetz heute gemeinsam tun! – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich den Erfolg unserer bisherigen Arbeitsmarktpolitik an ein paar Zahlen verdeutlichen. Erstmals seit 20 Jahren ist in diesem November die Zahl der Arbeitslosen unter die Rekordmarke von 200 000 gesunken. Diese Marke wollten wir bis 2016 unterschreiten und haben es bereits heute, nach zwei Jahren, geschafft.
Besonders erfreulich ist dabei, dass mehr Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit den Schritt in die Erwerbstätigkeit getan haben. Auch viele Jugendliche und junge Erwachsene haben ihren Weg ins Berufsleben gefunden. Rund 17 000 der 15- bis 25-Jährigen sind arbeitslos gemeldet, immer noch viel zu viele, keine Frage, aber fast ein Viertel weniger als vor der Wahl dieser Koalition.
(Franziska Becker)
Insgesamt stehen 1,2 Millionen Berlinerinnen und Berliner in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung bei fast 1,8 Millionen Erwerbstätigen insgesamt, der höchste Wert seit 18 Jahren. Gegen den Bundestrend und damit eben nicht nur konjunkturbedingt, Frau Kollegin Bangert, ist die Arbeitslosenquote in der Bundeshauptstadt gesunken. Mit 11 Prozent haben wir die rote Laterne im Ranking der Bundesländer abgegeben. Für die Zukunft erwarten wir, dass sich diese positive Entwicklung bei konjunkturbedingten Schwankungen über den Jahresverlauf weiter fortsetzen wird. Jeder Erwerbslose weniger bedeutet einen Menschen mehr, der mit Arbeit sein Leben selbst bestreiten kann.
Der Erfolg hat viele Väter und Mütter, sagt man. Hier stimmt das. Das ist erstens der Erfolg der vielen Berlinerinnen und Berliner, die unermüdlich nach Wegen aus der eigenen Arbeitslosigkeit suchen, die sich nicht entmutigen lassen, die in die eigene Qualifikation Mühe und Zeit investieren. Es ist zweitens der Erfolg der Jobcenter und Arbeitsämter, der Arbeitsvermittler, die engagiert Menschen und Stellen zusammenbringen, die arbeitslose Menschen fördern und auch fordern. Ihnen gilt unser Dank für ihre großartige Arbeit.
Es ist drittens der Erfolg dieser Koalition, die auch in den aktuellen Haushaltsberatungen über den Entwurf hinaus zusätzliche Mittel für die Arbeitsförderung bereitstellt, und es ist der Erfolg unserer Senatorinnen für Arbeit und für Wirtschaft. Aber es ist auch, und das sage ich mit Stolz, der Erfolg der Union. „Berlin-Arbeit“ setzt auch das wirkungsvoll um, was ich 2010 als arbeitsmarktpolitisches Programm der Berliner CDU vorstellen konnte, und das die CDU dann unter dem Titel „Berlin in Arbeit“ einstimmig beschlossen hat. Heute ernten wir die Erfolge der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik der großen Koalition. Wir wollen viel für die Menschen in der Hauptstadt erreichen und haben uns mit „Berlin-Arbeit“ ehrgeizige Ziele gesetzt. Mit dem bisherigen Erfolg als Wind in den Segeln sind wir überzeugt, diese zu erreichen. Gerne möchte ich Ihnen das an einem Beispiel von vielen veranschaulichen. Rund 200 Erwerbslose werden in zusätzlich finanzierten FAV-Stellen einen Arbeitsplatz als Hausmeisterassistenten an Berliner Grundschulen antreten können.
Ja, hören Sie zu, das kommt noch, nur Geduld!
Erstens leisten wir damit einen Beitrag zur Sicherheit an den Schulen. Wiederholt war es in den vergangenen Jahren zu gewalttätigen Übergriffen gekommen. An die schrecklichen Meldungen dürften Sie sich noch gut erinnern.
Aber – und genau das ist es, Frau Breitenbach – mit diesem Maßnahmen wollen wir Menschen letztlich in Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt bringen. Das ist der Unterschied.
Dies ist das erklärte Leitbild der Arbeitsmarktpolitik der Koalition. Anstatt die Zeit der Menschen in einer Aneinanderreihung von Maßnahmen eines öffentlichen Beschäftigungssektors zu verschwenden, wollen wir die Arbeitslosen fit machen für den ersten Arbeitsmarkt,
mit solchen und mit anderen Maßnahmen, und dies wird funktionieren.
Wichtig ist uns auch, dass wir weiterhin Fortschritte in der beruflichen Bildung machen. Für Jugendliche ist eine gute Ausbildung elementar für ihr weiteres Berufsleben. Die Berliner Unternehmen sind auf die jungen Menschen als zukünftige Fachkräfte angewiesen. Unser Ziel in den Haushaltsberatungen war es – und wir haben es erreicht – zumindest das Niveau des vorigen Doppeletats zu halten, um den weiterhin bestehenden Bedarf an Ausbildungsplätzen abzudecken. Wir wollen Betriebe mit Ausbildungsberechtigung stärker in die Pflicht nehmen und eine gezielte Werbekampagne fördern.
In der Frauenpolitik der Koalition hat sich die bestehende Förderstruktur bewährt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraueninfrastrukturstellen können sich über eine zweiprozentige Gehaltssteigerung pro Jahr freuen. Dabei bleibt die Anzahl der Mitarbeiterinnen und der Infrastrukturstellen gleich.
Mit zusätzlichen Investitionen setzt sich die Koalition für Frauen ein, die von Gewalt bedroht sind. Die BIGAnlaufstelle wird mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet und die Kinderbetreuung in den Zufluchtswohnungen ausgebaut.
Oberste Priorität für diesen Haushalt ist die Konsolidierung der Berliner Finanzen und die Schuldenfreiheit der Hauptstadt ist das Fernziel, auf das wir hinarbeiten. Wir mussten Ausgaben abwägen, nicht nur in diesem Einzelplan. Seien Sie versichert, die große Koalition wird alle nötigen Ausgaben für die Zukunft Berlins tätigen, gerade in den wichtigen Politikfeldern wie Arbeit, berufliche Bildung, Frauen und Integration. Das zeigen wir mit dem vorliegenden Einzelplan. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Wir beraten heute einen ganz wichtigen integrationspolitischen Meilenstein des Koalitionsvertrages von CDU und SPD, den Entwurf eines Gesetzes des Landes Berlin über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Warum ist das so wichtig? – Unser Ziel ist es, dass Zuwanderer, die ihre Zukunft dauerhaft in unserem Land finden, vollständiger Teil unseres Landes werden. Das heißt, dass sie sich in unserem Land zu Hause fühlen, dass sie sich mit unserem Land identifizieren und dass sie in unserem Land alle Chancen für einen Leistungsaufstieg erhalten sollen. Dazu gehört es, qualifizierten Zuwanderern die Möglichkeit zu geben, ihre mitgebrachten Qualifikationen auch einzusetzen. Dies zu unterlassen, wäre eine unverantwortliche Vergeudung von qualifizierten Kapazitäten. Diese Vergeudung würde zudem von den Betroffenen mit Recht als ungerechte Aufstiegsbremse empfunden. Das hätte zur Folge, dass sich ausgerechnet die Qualifizierten zur Abwanderung veranlasst sehen würden, und das wollen wir nicht.
Die CDU-geführte Bundesregierung hat hier den ersten wichtigen Schritt getan. Das Anerkennungsgesetz des Bundes ist bereits am 1. April 2012 in Kraft getreten. Es regelt die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen im Zuständigkeitsbereich des Bundes, und es hat sich in der kurzen Zeit seiner Gültigkeit als voller Erfolg erwiesen. Von April 2012 bis Dezember 2012 sind etwa 11 000 Anträge gestellt und bereits knapp 8 000 davon abgeschlossen worden. Der überwiegende Teil – 82 Prozent – davon wurde mit einer vollen Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsqualifikation beendet. Diese Abschlüsse sind in deutschen Referenzberufen vollständig gleichwertig. Die Ablehnungsquote lag hingegen nur bei 6,5 Prozent.
Rund die Hälfte der knapp 11 000 Anerkennungsverfahren bezog sich auf Abschlüsse, die innerhalb der EU
erworben wurden. Weitere 3 015 Verfahren hatten Abschlüsse aus dem übrigen europäischen Ausland zum Gegenstand. Über 2 200 Verfahren befassten sich mit Qualifikationen aus dem außereuropäischen Ausland, knapp 1 500 davon mit in Asien erworbenen Abschlüssen.
Besonders groß war das Interesse an einer Anerkennung im Bereich der sogenannten reglementierten Berufe. Bei diesen ist die Anerkennung Voraussetzung für die Berufsausübung. Diese Anträge haben etwa 80 Prozent der gestellten Anträge ausgemacht. Der Schwerpunkt lag dabei auf den medizinischen Gesundheitsberufen, insbesondere bei Ärzten, Krankenpflegern und Krankenschwestern. Aus dieser Berufsgruppe stammten allein 6 837 der positiv beschiedenen Anträge. Das ist gut, weil in diesen Berufen bereits erhebliche Engpässe zu verzeichnen sind. Das zeigt, dass das Anerkennungsgesetz einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in diesem sensiblen Feld leistet.
Rund 20 Prozent der Anträge betreffen die nicht reglementierten Ausbildungsberufe im dualen System wie z. B. Kaufmann, Mechaniker, Elektroniker. Die Anerkennung ist hier zwar nicht Voraussetzung für die Berufsausübung, sie vergrößert jedoch die Chancen auf eine adäquate Beschäftigung und einen beruflichen Aufstieg. Neben der großen Anzahl an vollen Gleichwertigkeitsbescheiden wurden den Antragstellenden auch Teile der Qualifikation als gleichwertig anerkennt. Auch durch solche Teilanerkennungen wird der Arbeitsmarktzugang erheblich verbessert.
In diesem Zusammenhang möchte ich die Unternehmen auffordern, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, ausländische Qualifikationen anerkennen zu lassen, denn das ist auch im Interesse der Betriebe.
Bemerkenswert ist, dass der Bund mit dem sogenannten IQ-Netzwerk – das wurde schon mehrfach genannt – ein Beratungsangebot finanziert, das es den Betroffenen erleichtert, ihre Anerkennungsverfahren erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Nun sind vom Anerkennungsgesetz des Bundes nur solche Berufe im Zuständigkeitsbereich des Bundes betroffen. Es regelt hingegen nicht die Berufe, für die die Länder zuständig sind, wie z. B. Lehrer, Erzieher, Sozialpädagogen, Ingenieure und Architekten. Für diese Berufe wird die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse durch Ländergesetze geregelt.
Hierfür liegt jetzt für uns in Berlin der Entwurf des Senates vor. Er berücksichtigt bereits eine Vielzahl von Erfahrungen, die der Bund, aber auch andere Bundesländer mit ihren Anerkennungsgesetzen gemacht haben. Wir werden den Gesetzesentwurf in den zuständigen Ausschüssen sorgfältig beraten, denn es ist uns wichtig: Arbeit ist ein wichtiger Integrationsfaktor. Wir wollen die Qualifikationspotenziale der hier lebenden Menschen besser er
schließen. Wir wollen ihnen eine Beschäftigung in ihrem erlernten Beruf ermöglichen. Damit wird die Integration von Zuwanderern in die Arbeitswelt gefördert und ein Anreiz für Fachkräfte im Ausland gesetzt, nach Deutschland zu kommen. Lassen Sie uns dieses Ziel gemeinsam verfolgen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Mindestlohndebatte beschäftigt dieses Haus heute nun zum vierten Mal in dieser Wahlperiode. Ich habe bei jeder Debatte gerne für meine Fraktion dazu gesprochen, und heute spreche ich dazu mit besonderer Freude, denn heute geht es nicht um fruchtlose Bundesratsinitiativen zum Mindestlohn. Diesmal ist es nicht die Opposition, die nur redet, sondern diesmal handelt die Koalition, denn wir bringen heute den Entwurf des Landesmindestlohngesetzes ein.
Die Koalition wird auch dafür sorgen, dass dieses Gesetz bald geltendes Recht wird. Und dennoch kann ich heute nicht anders, als mich im Kern meiner Aussagen zu wiederholen, und muss dabei auch über gar keinen Schatten springen.
Auskömmliche und faire Löhne sind seit jeher das Ziel der CDU. Leistung und Arbeit müssen sich lohnen. Leistung und Arbeit müssen sich mehr lohnen als Leistungsbezug. Wer Vollzeit arbeitet, muss ein existenzsicherndes Einkommen ohne Transferleistungen erreichen können.
Das habe ich bei den letzten Debatten zum Thema betont, und dazu bekennen wir uns als Union auch heute in aller Deutlichkeit. Weil wir uns auch als Koalition zum Ziel auskömmlicher und fairer Löhne bekennen, setzten wir mit dem neuen Landesmindestlohngesetz heute ein deutliches Zeichen. Dort, wo das Land Berlin selbst Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt oder in mittelbarer Staatsverwaltung, über Beteiligungen oder Zuwendungen direkte Verantwortung trägt, werden wir einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro einführen. Wenn das Land Berlin auskömmliche und faire Löhne will, muss es mit gutem Beispiel vorangehen. Das war übrigens auch bisher schon so, denn die weitaus meisten Beschäftigten des Landes erhalten diesen oder einen höheren Lohn bereits jetzt.
Aber dieses Gesetz ist uns wichtig, weil es die Vorbildwirkung des Landes in dieser Frage noch wirkungsvoller macht. Was das Land kompetenzrechtlich nicht kann, und was wir als Union auch nicht wollen, ist, per Gesetz einen Mindestlohn für die Privatwirtschaft festzulegen.
Ja, wir wissen, dass es in manchen Branchen noch an auskömmlichen Löhnen mangelt. Wir wissen, dass immer noch zu oft unzureichende Löhne durch ALG II aufgestockt und damit öffentlich subventioniert werden. Darum befürworten wir auch eine bundesweite differenzierte Lohnuntergrenze, aber diese soll eben nicht vom Gesetzgeber, sondern durch eine Kommission der Tarifparteien festgelegt werden. Die Tarifautonomie muss erhalten bleiben, und durch das neue Landesmindestlohngesetz wird diese Tarifautonomie auch nicht beeinträchtigt.
Nein! Seien Sie mir nicht böse, in den letzten drei Debatten ist bei Zwischenfragen auch nichts Vernünftiges herausgekommen, und ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass Sie es noch lernen. Deswegen verzichte ich heute einmal auf die Zwischenfrage.
(Sabine Bangert)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition! Wir laden Sie ganz herzlich ein, das neue Gesetz über den Mindestlohn für den eigenen Bereich des Landes gemeinsam mit uns zu beschließen. Aber Ihre Belehrungen zu einem allgemeinen Mindestlohn in der Privatwirtschaft haben wir in der Union wirklich nicht nötig, gerade nicht von Ihnen als Grüne.
Im Bund hat die schwarz-gelbe Koalition für 13 Branchen Mindestlöhne eingeführt. Die geltenden branchenbezogenen Mindestlöhne wurden unter CDUKanzlerschaft zusammen mit der FDP geschaffen, nicht von den Grünen – auch nicht unter Rot-Grün.
Genau das ist erfolgreiche Politik für faire Löhne. Das lässt die Tarifautonomie bestehen. Diese Tarifautonomie ist auch eine der wesentlichen Grundlagen dafür, dass wir in Deutschland heute die höchste Beschäftigung haben, die wir jemals hatten: 2,5 Millionen zusätzliche Jobs in Deutschland, seit Angela Merkel Bundeskanzlerin ist.
Darum stehen wir dazu, und es bleibt dabei: Ja zu fairen und auskömmlichen Löhnen, Ja zum neuen Landesmindestlohngesetz für den Eigenbereich des Landes, aber auch ein klares Ja zur Tarifautonomie in der sozialen Marktwirtschaft. – Herzlichen Dank!
Wir freuen uns, dass die Grünen sich in der Begründung zu ihrem Antrag Gedanken über die Umsetzung des Arbeitsmarktprogramms „Berlin-Arbeit“ machen. Ja, tatsächlich geht es der Koalition darum, dass die verstärkte Integration von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt eine vordringliche Aufgabe ist. Ein Blick auf die Arbeitslosenstatistik zeigt, dass wir damit erfolgreich sind: Von den 212 873 Arbeitslosen des Monats Mai 2013 waren 169 189 dem SGB II zugeordnet. Das sind 1 464 weniger als im April 2013 und 6 620 weniger als im Mai des vergangenen Jahres. Die arbeitmarktpolitischen Instrumente, die für die öffentlich geförderte Beschäftigung zum Einsatz kommen, haben zweifellos ihren Anteil daran. Gerade bei arbeitsmarktfernen Kunden der Jobcenter ist es wichtig, niedrigschwellige Angebote vorzuhalten, damit sie perspektivisch wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Öffentlich geförderte Arbeitsgelegenheiten sind ein Weg dahin.
In Berlin wird mit der Positivliste für Arbeitsgelegenheiten dafür gesorgt, dass bei deren Umsetzung ein Interessenausgleich mit der Wirtschaft erfolgt. In der Positivliste sind Arbeitsfelder aufgelistet, für die eine Wettbewerbsbeeinträchtigung der gewerblichen Wirtschaft im Regelfall nicht zu erwarten ist. Die Fördermaßnahmen dürfen nicht dazu führen, dass reguläre Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt verdrängt wird. Wenn öffentlich subventionierte Arbeitsplätze den Wettbewerb aushebeln
(Sabine Bangert)
könnten, blieben bereits existierenden Arbeitsplätze auf der Strecke. Die Erfahrungen zeigen, dass tatsächlich Wettbewerbsverzerrungen auf dem Arbeitsmarkt weitestgehend vermieden werden. Aus Sicht der Jobcenter und der Kammern ist die Positivliste hilfreich. Mit ihrer Hilfe können Träger im Vorfeld die Tätigkeiten abstimmen. Dadurch ist eine schnellere Antragsbearbeitung in den Jobcentern möglich. Die Liste ist nur ein unterstützendes Arbeitsmittel und soll nicht die eigentliche Bewilligungsentscheidung der Jobcenter vorwegnehmen. Sie war auch nie dazu gedacht, dass sich die Arbeitsgelegenheiten ausschließlich an den aufgelisteten Tätigkeitsfeldern orientieren müssen.
Gegenwärtig ist kein Förderinstrument der vom Land Berlin finanzierten öffentlich geförderten Beschäftigung von den Regelungen der Positivliste betroffen. Sie war vorgesehen für die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, an deren Förderung sich das Land Berlin nie beteiligt hat, und für Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante, die inzwischen nicht mehr gefördert werden. Die aktuelle Positivliste wurde im Jahr 2012 durch die federführende Handwerkskammer überarbeitet. Daneben waren an der Erstellung der Liste die IHK Berlin, die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, die Senatsverwaltung für Arbeit sowie die Vereinigung der Unternehmensverbände beteiligt. Der Senat hat also allein gar keine Möglichkeit, die Positivliste abzuschaffen.
Wir sind überzeugt, dass ein sinnvoller Umgang mit der Positivliste sowie ein abgestimmtes Vorgehen von Verwaltung und Wirtschaft zu mehr Erfolgen bei der Wiedereingliederung von Arbeitslosen führen, als eine Liste abzuschaffen, die eine Orientierung für die Jobcenter bietet. Die vorliegende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen empfiehlt die Ablehnung des Antrags der Grünen zur Abschaffung der Positivliste. Die Koalition wird sich der ablehnenden Beschlussempfehlung anschließen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Was ist der Inhalt der am 22. Mai 2013 unterzeichneten „Gemeinsamen Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft in Berlin“?
2. Wie schätzt der Senat die sich dadurch bietenden Chancen für die Sozialpartner ein?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit es statistische Erhebungen über Gewaltvorfälle an den Berliner Schulen gibt, sind noch nie so viele Taten erfasst worden wie im Bericht des vergangenen Jahres: 1 836 Vorfälle, das waren 25 Prozent mehr als im Jahr davor. Besonders auffällig ist der deutliche Anstieg bei den Grundschulen, die 44 Prozent aller Meldungen ausmachen.
Es war auch eine Grundschule, an der im vergangenen Jahr ein besonders entsetzliches Verbrechen verübt wur
de. Ein kleines Mädchen, gerade acht Jahre alt, wurde in einer Grundschule in Wedding brutal vergewaltigt, von einem Täter, der während der Unterrichtszeit ungestört und unbemerkt in das Schulgebäude hineinspazieren konnte und dem Kind auf der Toilette auflauerte. Eine Woche später drang ein anderer Angreifer in eine Grundschule in Frohnau ein und überfiel eine Schülerin, die sich zum Glück unverletzt retten konnte, weil zufällig ein anderes Kind hinzukam und der Täter die Flucht ergriff.
Die Aufzählung solcher Taten, die an den Grundschulen gerade die Kleinsten und Schutzbedürftigsten in Angst und Schrecken versetzen, ließe sich leider noch viel weiter fortsetzen. Zuletzt wurden vor wenigen Wochen in einer Grundschule in Prenzlauer Berg gleich drei kleine Mädchen von einem Täter sexuell belästigt, den nichts davon abgehalten hatte, sich innerhalb eines Monats sogar mehrmals Zugang zum selben Schulgebäude zu verschaffen.
Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, die Grundschulen unserer Stadt nicht zu Orten der Angst werden zu lassen. Es ist unsere Pflicht, gerade den Kleinsten in den für die gesamte schulische Entwicklung so prägenden ersten Schuljahren ein angstfreies Lernen in der Geborgenheit einer sicheren Grundschule zu ermöglichen. Und es ist auch der berechtigte Anspruch aller Eltern, die ihre Kinder morgens in die Obhut der Schule übergeben, dass sie ihre Kinder in Sicherheit wissen, dass an den Schulen alles nur Mögliche getan wird, um sie vor solchen Verbrechen zu schützen und Sexualstraftäter und überhaupt alle Unbefugten daran zu hindern, in die Schulen zu gelangen.
Mit dem vorliegenden Antrag „In Sicherheit lernen“ weist die Koalition den Weg hin zu mehr Sicherheit an Berliner Grundschulen. Jede Grundschule schließt einen Kooperationsvertrag mit der Polizei, erarbeitet ein Sicherheits- und Präventionskonzept und ernennt einen Sicherheitsbeauftragten. Ganz konkret: Wo immer möglich, können und sollen die Schuleingänge während der Schulunterrichtszeit so verschlossen werden, dass ein Betreten der Gebäude von außen nicht unkontrolliert möglich ist.
Videogegensprechanlagen und moderne Schließtechnik ermöglichen es den Schulen, das Eindringen schulfremder Personen in die Gebäude zu verhindern. Hausmeisterassistenten aus dem Programm „Berlin-Arbeit“ erleichtern es vor allem den Schulen mit angespannter Personallage, die Videoanlagen zu nutzen und stets ein wachsames Auge auf den Zugang zur Schule zu haben. Sie bieten den Teilnehmern dabei gleichzeitig einen Weg aus Arbeitslosigkeit in Beschäftigung. Das sind ganz konkrete Schritte, mit denen diese Koalition für mehr Sicherheit an unseren Grundschulen sorgen wird und für die wir auch die nötigen Mittel bereitstellen werden.
Einen absoluten Schutz kann keine noch so sinnvolle Sicherung garantieren, das ist uns bewusst. Aber den Schutz, der möglich ist, wollen wir für die Sicherheit unserer Schülerinnen und Schüler erreichen.
Wir wollen auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, für diese gemeinsame Anstrengung gewinnen. Das Für und Wider haben wir in der Koalition gründlich abgewogen, aber auch mit Schulleitungen, Elternvertretungen, Sicherheitsexperten und Bezirken.
Auf dieser Grundlage stellt die Koalition jetzt ihren Antrag, der im Wesentlichen auf dem Vier-PunkteProgramm der CDU-Fraktion vom April vergangenen Jahres beruht.
Sicherheit an Schulen ist immer auch ein Thema, das die Emotionen bewegt – man hört es.
Daher war es keine Überraschung, dass der Koalitionsantrag in den vergangenen Wochen öffentlich viel Zustimmung erfahren hat, aber auch den einen oder anderen kritischen Kommentar erhielt. Überzeugende Gegenargumente habe ich dabei nicht gehört, aber viele rhetorische Seifenblasen platzen sehen.
Es wurde eingewandt, Schulen sollten keine Hochsicherheitstrakte werden. – Das fordert auch niemand.
Videogegensprechanlagen und moderne Schließtechnik – das hat mit Hochsicherheitstrakten nichts zu tun. Das sind Einrichtungen, wie sie heute in vielen Privathäusern, Firmen und öffentlichen Gebäuden selbstverständlich sind und an einigen Berliner Schulen bereits erfolgreich eingesetzt werden.
Und es wurde eingewandt, dass mehr Sicherheit an Schulen leider nicht möglich sei, weil die Schulen offene Orte bleiben sollen. – Ja, offene Orte sollen Schulen sein, offen für Ideen und für Kreativität, offen für Wissen und Meinungen, aber sie sollen nicht offen stehen für Leute, die an den Schulen nichts verloren haben, sondern sie sollen sichere Orte seien,
sichere Orte für die Schülerinnen und Schüler, und das muss unsere Priorität in dieser Frage sein.
Ich bin gespannt, ob solche Plattitüden wie Hochsicherheitstrakt und offene Orte auch heute und im Ausschuss die Diskussion bestimmen werden oder ob eine sachliche Beratung und ein gemeinsames Handeln dieses Hauses für mehr Sicherheit an unseren Grundschulen möglich ist.
Denn genau das sind wir den Kindern, den Eltern und den Lehrenden schuldig. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Delius! Zunächst mal darf ich sagen, dass ich mich außerordentlich freue, dass Sie mit Ihrem Wortbeitrag mehr Polizei auch für den Schutz der Schulen, aber auch für andere Aufgaben gefordert haben. Offenbar ist die Piratenfraktion doch noch lernfähig, und das ist eine Entwicklung, die wir absolut begrüßen können. Weiter so, Herr Delius!
[Beifall bei der CDU – Martin Delius (PIRATEN): Besser Polizisten als Ein-Euro-Jobber! – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Uwe Doering (LINKE): Der will ja auch mit Ihnen koalieren!]
Ob das der Anfang dafür sein kann, das sehe ich noch kritisch. – Aber der Ansatz ist auf jeden Fall gut, Kompliment zu dieser Sache.
Was die Befassung der Ausschüsse angeht, ist es so: Dieser Antrag gehört der Sache nach vor allem federführend in den Ausschuss für Bildung, denn es ist in erster Linie und zuletzt ein Schulthema. Da geht es darum, die Organisation innerhalb der Schulen zu besprechen, zu vernünftigen Lösungen zu kommen, und es geht darum, im Bereich der technischen Einrichtungen und der Gebäude die Kompetenz der Vertreter im Schulausschuss nutzbar zu machen und diese Sache dort zu diskutieren.
Und in zweiter Linie ist es natürlich auch ein Thema für den Arbeitsausschuss, weil die Frage, wer die Schulen bei der Bedienung dieser Technik unterstützen soll, der Antrag beantwortet hat, und ich habe dazu auch schon Ausführungen gemacht. Da kann das Programm BerlinArbeit sehr segensreiche Wirkung entfalten. Und das Schöne in dem Zusammenhang ist eben die Doppelwirkung. Erstens ist es eine sehr sinnvolle und sehr ehrenhafte Tätigkeit, die dort ausgeübt wird, um den Schutz unserer Kleinsten in den Grundschulen zu gewährleisten, aber es ist eben auch die Möglichkeit zur Qualifizierung. Sie fragen, wozu nun zu Hausmeisterassistenten, wie der Name schon sagt und wie der Antrag hergibt.
Das sind also die beiden Ausschüsse, in denen die Musik spielt. Daneben sind auch noch Sicherheitsfragen relevant, aber zur Organisation, zu den Strukturen, da ist es der Schulausschuss und ist es der Arbeitsausschuss, der gefordert ist, und eben nicht primär der Bereich der Polizei. Deswegen ist es sinnvoll, auch über diese Dinge in der Befassung zu sprechen, aber es ist nicht der Kern der Sache, und darum ist diese Befassung des Innenausschusses nicht nötig und daher abzulehnen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: