Claudia Hämmerling

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Im Jahr 2004 hat dieses Abgeordnetenhaus gegen den Willen der Grünen das erste Hundegesetz mit einer Rasseliste beschlossen. Der Grund war, dass die Rasseliste per Verordnung als nicht rechtssicher galt. Jetzt machen Sie den Rollback. Jetzt beschließen Sie die Rasseliste per Verordnung. Viel Spaß! Sowie jemand klagt, ist Ihr Gesetz wieder vom Tisch. Das schafft Frust.
Da ich aus dem Parlament ausscheide, möchte ich heute an erster Stelle meiner Fraktion danken. Es war nicht immer ganz einfach, aber es ist uns gelungen, immer inhaltliche Kompromisse hinzubekommen, auch wenn das von außen manchmal ein bisschen anders ausgesehen hat. Ich wünsche euch, dass ihr das das nächste Mal auch in einer Regierungsbeteiligung unter Beweis stellen könnt.
Welche Fraktion auch immer nach dem 18. September 2016 regieren wird – gerade wenn sie schon seit vielen Jahrzehnten regiert –, ich möchte ihr Folgendes sagen: Die Stadt gehört keiner Partei. Bitte nehmen Sie die Menschen ernst! Nehmen Sie sie mit auf dem Weg! Hören Sie auf Fachleute und nicht auf Lobbyisten! Nutzen Sie Ihre Gestaltungsspielräume zum Wohle der ganzen Stadt! Nicht die Lobbyisten haben das Sagen und nicht die Partei-für-immer. Denn wenn es ihnen nicht gelingt, die Menschen zu überzeugen, dann fördern sie Extremismus und Extrempositionen. Gemeinsame Auftritte mit den Rechten, meine Damen und Herren hier im Hause, schaden eher als sie nutzen. Sie nutzen keinem einzigen Abgeordneten, aber sie machen solche Positionen salonfähig.
Erinnern Sie sich an ein altes Erfolgskonzept gegen Rechts: Die Republikaner schürten nach der Wende ebenso Ängste, Neid und Hass auf Flüchtlinge aus ExJugoslawien wie heute die AfD in Berlin und überall in diesem Land. Sie zogen Kapital aus der Not der Menschen. Und in dem Moment, in dem es gelungen war, diese Flüchtlinge zu integrieren, war den Republikanern die Basis entzogen, und sie sind aus diesem Abgeordnetenhaus geflogen. Machen Sie es doch einfach genauso! Begreifen Sie die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, als Chance, und integrieren Sie die Geflüchteten!
Das ist mein letzter Satz. – Stellen Sie sich gegen Diffamierung und Vorurteile, und lassen Sie die Spaltung unserer Gesellschaft nicht zu! Ich wünschen Ihnen allen viel Kraft in der nächsten Legislaturperiode und ein gutes Händchen – Sie werden es brauchen!
(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Vielen Dank, Frau Platta! Vielen Dank an die Linke, dass wir heute noch mal zum Tierpark reden können. Ich finde, Sie haben völlig recht: Auch Kinder aus armen Familien müssen sich einen Zoo- und einen Tierparkbesuch leisten können. Deshalb werden wir Ihrem Antrag zustimmen,
auch und obwohl der nicht ganz konsequent ist.
Der Aufsichtsrat will die Eintrittspreise erhöhen, weil die Einnahmen des Tierparks nicht kostendeckend sind. Sie wissen genau, dass ein gigantischer Investitionsbedarf besteht, und Sie wissen auch, Berlin muss jedes Jahr ein paar Millionen aus Steuermitteln zuschießen, damit der Tierpark nicht pleitegeht. Aber diese finanzielle Schieflage ist doch nicht vom Himmel gefallen. Der Tierpark wurde zwei Jahrzehnte von einem inkompetenten selbstherrlichen Zoochef geleitet, und er wurde heruntergewirtschaftet unter Ihrer politischen Aufsicht.
Niemand hat den Mann kontrolliert: die CDU unter Diepgen nicht, die Linke unter Frau Lompscher nicht, und die SPD seit mehr als 20 Jahren nicht. Da war gar niemand, der darauf geguckt hat.
Meinen Damen und Herren auf der Regierungsbank – so viele sind ja nicht da! Frau Spranger ist leider auch rausgegangen, aus gutem Grund, sie war mal im Aufsichtsrat. Und der zuständige Staatssekretär aus Blaszkiewitz‘ seligen Zeiten
hat auch den Raum verlassen. Wahrscheinlich können sie diese Debatte gar nicht aushalten.
Machen Sie sich ehrlich! Sie sind politisch verantwortlich für dieses Tierparkdesaster und Sie müssen dafür sorgen, dass sich auch Kinder armer Eltern den Tierpark und den Zoo leisten können.
Seit der Wende wurden ungefähr 200 Millionen Euro – die Zahl habe ich nicht erfunden, das ist keine Hämmerling-Geschichte, sondern die Zahlen hat mir Herr Knieriem bestätigt – aus Steuermitteln, aber auch aus Lottomitteln in den Tierpark gegeben. Was hat der Zoochef gemacht? – Der hat das Geld verplempert: da noch ein neues Ställchen, dort ein neuer Käfig! Und niemand in der Regierung hat gefragt: Warum braucht der Tierpark eigentlich drei Arten Hyänen und drei Arten Zebras? – Das ist jetzt kein Quatsch, die gibt es wirklich im Tierpark. – Warum braucht er die? Und niemand hat gefragt: Warum werden die Wildtiere bei uns in so engen Käfigen eingepfercht, während alle anderen Zoos die Gehege umgestalten, sodass sich die Tiere artgerecht verhalten können und die Menschen Freude an die Tieren haben können? Und niemand hat hier gefragt, warum die Tiere im Tierpark besonders viele Verhaltensauffälligkeiten haben. Nichts, nur Funkstille! – Wir Tierschützer sagen, diese Sammelleidenschaft des ehemaligen Zoochefs ist eher ein Animal Hoarding, also ein krankhaftes Verhalten, das nichts mit einer vernünftigen Zootierhaltung zu tun hat. Und Sie haben zwei Jahrzehnte zugesehen!
(Sven Heinemann)
Die moralische Verantwortung – leider ist Herr Geisel auch nicht da – liegt aber auch im Bezirk Lichtenberg. Herr Geisel war nämlich dort lange Jahre Bürgermeister, und seine Verwaltung hat weder die Tierschutzverstöße noch den gigantischen giftigen Sandhaufen bemerkt, der dort über einen längeren Zeitraum entstanden ist. Bis heute ist er uns die Erklärung schuldig geblieben, wie es zu dieser Entwicklung kommen konnte. Ich wusste im August des Jahres, bevor Herr Geisel diesen Berg bemerkt hat, dass da etwas nicht in Ordnung ist. Die Umweltkripo wusste alles. Niemand hat hingeguckt, man hat den Mann gewähren lassen. Das kostet uns enorm viel Geld, das kostet den Tierpark viel Geld. Ich meine, für dieses Desaster sollte dann auch der Senat sich ehrlich machen und für die erhöhten Kosten, die Investitionskosten, die jetzt ins Haus stehen, die Verantwortung übernehmen und das Geld bezahlen.
Sie haben den Zoochef sogar dann noch politisch gestützt, als er eigenhändig kleinen Kätzchen das Genick gebrochen hat, als er diesen gigantischen Sandberg aufgetürmt hat, als er EU-Vergaberecht missachtet hat und als er seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie Dreck behandelt hat. Ich habe seit 15 Jahren auf diese krasse Fehlbesetzung hingewiesen. Und wenn Sie regiert hätten, dann wäre da nicht so ein Schaden entstanden, und dann müssten jetzt die Preise nicht erhöht werden.
Heute haben wir einen neuen Zoochef. Er will den Tierpark modernisieren, und es gibt einen Masterplan. Aber um jetzt und kurzfristig diesen Tierpark für Besucherinnen und Besucher attraktiv zu machen, braucht es mehr Geld, braucht es Mehrinvestitionen. Die Tiere müssen auch jenseits des Masterplans mit anständigen Gehegen versorgt werden, auch dort müssen Attraktionen geschaffen werden. Das kann so nicht bleiben! Deswegen kann das Geld, das notwendig ist, um die Preise zu subventionieren, nicht vom Tierpark aufgebracht werden, sondern das ist Aufgabe des Senats. Geben Sie ihm das Geld, und dann ist gut!
Schönen Dank! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren von der Koalition! Auf Seite 89 Ihres Koalitionsvertrages steht: Die Koalition wird sich für die Einschränkung von Tierversuchen einsetzen und verstärkt tierversuchsfreie Forschungsmethoden fördern. – Was Sie jetzt machen, ist genau das Gegenteil. Sie investieren 60 Millionen Euro in zwei neue Tierlabore. Wo sind denn Ihre Investitionen in die Ersatzmethoden? Wo sind die 60 Millionen Euro, damit Sie aus dem Tierversuch aussteigen können? Oder fördern Sie wenigstens mit 1 Millionen Euro? – Aber nein, Sie fördern gar nichts! Nicht einen Cent haben Sie übrig für die Forschung an Ersatzmethoden! Sie machen weiter wie bisher, und ich finde, es ist eine Frechheit, wie Sie die Tierschützerinnen und Tierschützer und die Stadtbevölkerung mit Ihrem Koalitionsvertrag für dumm verkaufen.
Wir möchten die tierversuchsfreie Forschung fördern. Deswegen soll der Senat eine Bundesratsinitiative zur Förderung der Ersatzmethoden ergreifen, weil Berlin bekanntermaßen wenig Geld hat, und – das kann Berlin – die Lehre an den Berliner Hochschulen auf Ersatzmethoden ausrichten. Das lehnen Sie aber ab. Ich möchte wissen, warum. Vielleicht bekomme ich darauf jetzt eine Antwort.
Ich will Ihnen erklären, warum wir den Tierversuch ersetzen müssen und wollen. Bevor ein Wirkstoff in die klinische Studie kommt, durchläuft er die sogenannte präklinische Phase. Dazu gehört auch der Tierversuch. Die Hälfte aller Wirkstoffe fällt in dieser Phase durch. Solch lebensrettende Medikamente wie Penicillin, Aspirin oder Insulin würden heute nach den jetzigen Tierversuchsstandards niemals auf den Markt kommen. Wir hätten diese Medikamente nicht, wenn es diese Standards damals schon gegeben hätte, als die Medikamente entwickelt worden sind. Das hat für uns eine immense Bedeu
tung. Überlegen Sie, welche möglicherweise lebensrettende Wirkstoffe es außer den genannten schon gab, die durchgefallen sind. Vielleicht könnten wir heute schon Alzheimer oder Krebs heilen, wenn wir die richtigen Modelle hätten, um Medikamente zu erforschen. Aber bis heute fließen die Forschungsmillionen in das schlechte Tiermodell, also in das falsche Modell. Und dafür tragen Sie die politische Mitverantwortung. Wir fordern Sie auf: Ändern Sie das endlich!
Obwohl der Bund nur sehr wenig Geld für Ersatzmethoden ausgibt, hat gerade diese Forschung weltweit Bedeutung. Wir haben in Berlin Spitzenforscher. Das Team um Uwe Marx in Berlin forscht erfolgreich an einem Multiorganchip. Das ist ein kleiner streichholzschachtelgroßer Chip, der mehrere menschliche Organe beinhaltet, die miteinander interagieren. Wenn es gelingt, sämtliche Organe auf diesem kleinen Chip zu integrieren, wird es möglich sein, komplexe Fragestellungen zu beantworten und vor allem individuelle Diagnosen zu stellen. In den USA wird genau diese Förderung jetzt mit 500 Millionen US-Dollar – vor kurzem waren es noch 140 Millionen – gefördert. Die USA haben begriffen, welche Potenziale in solch einer Forschung stecken, aber Sie geben das Geld nach wie vor für Tierversuchslabors aus. Das ist ein Armutszeugnis!
Die Tierversuchsforschung ist ethisch fragwürdig, sie ist teuer, sie ist ungenau, und sie liefert allenfalls Zufallsergebnisse. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Es gab das sogenannte TGN-Desaster. Es wurde ein Wirkstoff gegen multiple Sklerose und Rheuma entwickelt, am Tier erfolgreich getestet. Als dieser Wirkstoff in einer Konzentration, die nur ein Fünfhundertstel dessen betrug, die man in Tierversuchen gegeben hat, den Probanden verabreicht wurde, sind diese ins Koma gefallen. Diese Menschen haben lebenslange Schäden von einem Medikament, das bei Tieren offensichtlich kaum Nebenwirkungen hatte und erfolgversprechend schien.
Wir brauchen andere Methoden. Wir brauchen keine Zufallsergebnisse. Wir brauchen vor allem nicht noch weitere Forschung an der Maus, über die Maus wissen wir ziemlich genau Bescheid. Wir brauchen Forschung am Menschen und Erkenntnisse über den menschlichen Organismus, und da ist die Maus ungeeignet, und die anderen Tierversuche sind es auch. Also lassen Sie uns in die anderen, in die erfolgversprechenden Methoden investieren. Ich bitte Sie deshalb: Stimmen Sie unseren beiden Anträgen heute zu!
(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)
Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Karge! Sie sagten, wir können heute noch nicht auf Tierversuche
verzichten. Das mag stimmen. Aber wann, glauben Sie, kann man denn auf Tierversuche verzichten, wenn man nicht die Ersatzmethoden entwickelt?
Genau da tun Sie nichts. 60 Millionen Euro in die Infrastruktur von zwei neuen Tierversuchslaboren! In den Koalitionsvertrag haben Sie geschrieben: Wir wollen aus den Tierversuchen ausstiegen, wir wollen die Ersatzmethoden fördern. – Aber Sie geben dort nicht einen einzigen Cent für Forschungsmittel aus. Wie wollen Sie dazu kommen, dass wir in Zukunft auf Tierversuche verzichten können?
Schönen Dank, Herr Staatssekretär! – Ich habe eine ganz kleine Anmerkung. Bis jetzt war mir geläufig, dass diese R-3-Professur vom Bund finanziert wird, aber ich freue mich natürlich, wenn Sie da auch noch Geld reingeben.
Es sind in dieser Legislaturperiode insgesamt 60 Millionen Euro in die Infrastruktur für Tierversuche geflossen. Vor dem Hintergrund Ihrer Koalitionsvereinbarung, die sagt: Wir wollen den Ausstieg aus Tierversuchen und die Förderung von Ersatzmethoden –, ist meine Frage: Wie viele Millionen wollen Sie denn noch bis zum Ende der Legislaturperiode investieren, damit Sie wenigsten einen Ausgleich zwischen beiden Forschungsrichtungen herstellen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Buchholz! Ihre Tierversuchskommission ist ein ganz zahnloser Tiger, weil diese Tierversuchskommission zwar verschiedene Tierversuche abgelehnt hat, aber dennoch alle genehmigt worden sind. Lesen Sie einfach einmal meine Kleinen Anfragen zu dem Thema.
Außerdem, wie der Name Tierversuchskommission schon sagt, sind sie zuständig für Tierversuche, und es gibt andere Tierrechts- oder Tierschutzverletzungen, die nicht durch diese Kommission abgedeckt sind und für die man auch Regelungsbedarf hat.
Wir haben in der Vergangenheit drei Anträge für ein Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände in dieses Haus eingebracht. Sie haben abgelehnt. Heute versuchen wir es das vierte Mal als gemeinsamen Antrag der Opposition. Sie sagten es schon, Herr Kowalewski: Seit 13 Jahren steht der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz, und die Situation für Tiere hat sich überhaupt nicht verbessert – im Gegenteil. Ich will Ihnen ein Beispiel geben, warum wir ein solches Gesetz brauchen.
Sie alle kennen die Filme oder das Grauen von Bildern von Tieren in der Massentierhaltung. Ich weiß, die meisten Leute machen bei solchen Beiträgen einfach den Fernseher aus oder stellen um. Ich verstehe es auch, man kann solche Bilder von geschundenen Tieren, Bilder von Tieren, die noch leben, während sie aufgeschnitten und zersägt werden, einfach nicht ertragen. Wir sind aber Politiker und tragen dementsprechend die Verantwortung für diese Zustände, denn von alleine ändern die sich nicht. Wir tragen die Verantwortung für die Tierquälerei, und wenn wir die Bilder nicht ertragen wollen, dann müssen wir diese Zustände ändern, und dazu müssen wir die richtigen Gesetze machen.
Wir können und wir müssen handeln.
Regelmäßig wird überall, aber vor allem in der industriellen Tierhaltung, auf Schlachthöfen gegen die ohnehin laxen Tierschutzgesetze verstoßen, und genauso regelmäßig versagt die Behördenaufsicht. Es gibt bis heute keine Möglichkeit, den Tierschutz einzuklagen. Tiere selbst sind nicht in der Lage dazu, und die Menschen haben nicht das Recht. Wir sagen, damit muss Schluss sein. Es ist allerhöchste Zeit für ein Verbandsklagerecht.
Herr Herrmann von der CDU! Sie haben unsere Initiative für ein Verbandsklagerecht seinerzeit mit der Begründung abgelehnt, dass Sie die Feststellungsklage für nicht ausreichend erachtet haben und weil Sie negative Auswirkungen für den Forschungsstandort Berlin befürchte
ten. Diese Sorge können wir Ihnen mit dem jetzigen Gesetzentwurf nehmen. Ein Bundesgesetz führt nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung, und unser Gesetzentwurf enthält auch mehr als die Feststellungsklage.
Das ist auch schon zur Sprache gekommen. Die Argumente der SPD waren immer folgende – ich zitiere mal Herrn Buchholz –:
Unsere grundsätzliche Haltung ist, endlich auf der Bundesebene ein einheitliches Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine zu beschließen, denn das wäre die richtige Lösung, die wir in Deutschland brauchen.
Diese Position wurde durch Herrn Kohlmeier im Rechtsausschuss sogar noch untermauert. Er hat dort sogar weitergehende Rechte als die Feststellungsklage gefordert. Herr Buchholz! Sie sagten 2009 zu mir in der Plenardebatte, und ich zitiere Sie gerne noch einmal:
Ich bin doch sehr enttäuscht, dass Sie dieses Thema nutzen, um immer wieder populistische Forderungen aufzustellen, von denen Sie selbst wissen, dass sie erstens nicht wirklich realisierbar und zweitens nicht zielführend sind.
Nun sage ich Ihnen einmal ein paar Jahre später, meine Damen und Herren von der CDU und von der SPD und Herr Buchholz: Inzwischen haben sechs Bundesländer das Verbandsklagerecht auf Landesebene, und zwei Länder haben es im Rahmen der Ausschussberatungen.
Das sind acht Bundesländer. Wenn Berlin eine Bundesratsinitiative ergreift, dann sind wir das Zünglein an der Waage. Und ich denke, Herr Buchholz, Sie werden uns heute nicht mehr vorwerfen können, unser Antrag sei unrealistisch. Er ist realisierbar und alles andere als populistisch.
Also, stehen Sie zu Ihren Worten! Stimmen Sie für unseren Antrag – gern auch in der geänderten Fassung –, und lassen Sie uns eine Bundesratsinitiative für besseren und mehr Tierschutz ergreifen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Piraten! Schön, dass Sie diesen Antrag gestellt haben. – Meine Damen und Herren von der Koalition! Sie wollen doch
(Daniel Buchholz)
immer Metropole sein. Wenn Sie das sein wollen, dann müssen Sie auch etwas dafür tun. Die großen Metropolen wie Paris, London, New York haben die Pferdehaltung, diese Kutschpferde in der Stadt verboten.
Es ist einfach mal ein Fakt, dieses Verkehrsmittel stammt aus einer anderen Zeit. Es ist ein anachronistisches Verkehrsmittel, das in der heutigen Zeit nicht mehr wirklich etwas zu suchen hat. Und wer daran festhält, der verhält sich nicht metropolenaffin, sondern eher provinziell.
Pferdekutschen blockieren den Verkehr. Sie sind ein Sicherheitsrisiko, und sie sind ganz oft auch Tierquälerei. Wir führen diese Diskussion über Kutschpferde schon, ich glaube, drei oder vier Legislaturperioden. 2009 gab es dann diese Leitlinien, und für diese Leitlinien gilt wie so oft: Sie sind gut gemeint, aber leider nicht gut. Für Pferde hat sich seitdem kaum etwas verändert, sie müssen sich nach wie vor durch diesen dichten Stadtverkehr quälen, und das ist nicht gut. Haben Sie sich mal überlegt, welchen Strapazen die Pferde ausgesetzt sind, wenn Sie diese Tiere beispielsweise am Pariser Platz am Nachmittag sehen? Die sind von früh an unterwegs. Sie mussten von den Pferdeställen am Stadtrand im Berufsverkehr bis in die Innenstadt laufen. Sind sie vielleicht schon mal zwei Stunden über den Asphalt gelaufen? Weiß ich nicht! Wahrscheinlich eher nur die Marathon- oder Halbmarathonläufer von Ihnen.
Stellen Sie sich das vor, über zehn, auch mal 16 Stunden stehen die Pferde auf hartem Untergrund.
Es gibt diese Leitlinien, in denen formuliert wird, die Pferde brauchen zwischendurch weichen Boden, um sich die Beine zu vertreten. Herr Buchholz hat es gesagt, diesen weichen Boden gibt es nicht. Der Tiergarten ist nicht freigegeben, und ansonsten ist kein Platz. Diese Leitlinien sind Murks. Wenn Sie sie beibehalten, machen Sie aus dem „t“ ein „d“, dann wird ein Schuh draus, oder ändern Sie diese Leitlinien in ein Verbot, oder denken Sie darüber nach, wie man die Leitlinien umformulieren kann. So geht es jedenfalls nicht. Ab und zu kollabiert mal ein Pferd auf der Straße. Das ist der Kollateralschaden Ihrer Leitlinie. Und das können wir jedes Jahr dann besichtigen.
Auch die Ständerhaltung von Pferden ist Tierquälerei. Das lernen die Kinder in den Reitschulen, habe ich gehört, sogar schon in den ersten Reitstunden. Und auch deswegen hat dieser Antrag unsere Sympathien. Lassen Sie uns dem Beispiel der wirklichen Metropolen Paris, London, New York folgen, und lassen Sie uns auf anachronistische Pferdehaltung verzichten! Unsere Stadt hat doch für alle, die eine individuelle und entspannte Stadtfahrt genießen möchten, ein viel besseres Angebot, die
Fahrradrikschas, und wir jedenfalls haben große Sympathien für beide Piratenanträge.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Koalition! Ich beglückwünsche Sie zu Ihrem ersten Antrag zu Tierversuchen, zum Tierschutz überhaupt in dieser Legislaturperiode. Das haben Sie fein gemacht, und ich bin glücklich darüber, dass wir als Initiatoren mit unserem Antrag dazu beitragen konnten.
Nicht nur ich, sondern auch die Techniker sind skeptisch, was Ihr Antrag eigentlich zu bedeuten hat, denn auf der digitalen Anzeigetafel steht:
Berlin zur Forschungshauptstadt für alternative Tierversuche machen
Sie wollen also alternative Tierversuche. Es soll bei den Tierversuchen bleiben.
Schauen Sie sich an, was da steht! – Und genau dabei wird es bleiben, wenn Ihr Antrag so, wie er formuliert ist, heute hier durchkommt. Denn das ist nichts, was neu ist. Das Drei-R-Prinzip ist Rechtslage. Wenn es zugelassene Ersatzmethoden sind, Herr Buchholz, das wissen Sie sicherlich, ist es verboten – es ist verboten! –, dann auf Tierversuche zurückzugreifen. Deswegen brauchen Sie so etwas nicht in den Antrag zu schreiben.
Und leider muss ich erneut Frau Bentele zitieren: Ihr Antrag ist genauso dünn wie das letzte Mal, quasi ein Vakuum.
(Daniel Buchholz)
Wir meinen, Sie sollten endlich substantiierte Politik betreiben, anstatt sich ständig in Oppositionsbashing zu ergehen.
Ja klar, gerne!
Ja, natürlich weiß ich, was Sie aufgeschrieben haben. Ich habe es ja genau so erklärt. Sie haben etwas anderes aufgeschrieben, als in dem Antrag steht und von den Technikern wahrgenommen werden konnte. Weder die Techniker noch die Öffentlichkeit kann aus dem, was in dem Antrag steht, das schließen, was in der Überschrift als große Vorausschau angeboten wird.
In Ihrem Antrag steht: Wir wollen 15 000 Euro für einen Forschungspreis, nämlich für den Preis, den der Senat Jahr für Jahr vergibt. – Was ist das für ein Antrag? – Das ist das größte politische Leichtgewicht, das wir hier jemals diskutiert haben.
Wir meinen, eine parlamentarische Initiative für 15 000 Euro ist einfach nur peinlich.
Wie Sie wissen, unterstützen wir jede Initiative zum Tierschutz, also auch Ihren Antrag. Deswegen haben wir gesagt, wir wollen ihn aufwerten und einen Änderungsantrag stellen. Wir schlagen vor, dass 5 Prozent der Tierversuchsfördersummen, die, egal aus welchem Topf, hier in Berlin ankommen, für Ersatzmethoden bereitgehalten werden. Und da geht es nicht um das Geld, das Berlin bezahlt, oder um Geld, das sonst jemand bezahlt, sondern es geht darum, dass die Deutsche Forschungsgesellschaft einen riesengroßen Topf von 2,5 Milliarden Euro hat, und aus diesen 2,5 Milliarden Euro werden völlig problemlos
alle Tierversuchsvorhaben finanziert. Und es gibt so gut wie nichts für Ersatzmethodenforschung. Wir haben das recherchiert. Aus den 2,5 Milliarden Euro fließt ein Löwenanteil, eine Summe, die an die Milliarde grenzt, in die Tierversuche, und in die Ersatzmethoden fließen – bundesweit – 10 Millionen Euro. In Berlin kommt so gut wie gar nichts an. Und Sie wollen mit Ihrem Preis dieses Ungleichgewicht totschlagen.
Nein, vor dem Ersatzmethodenforschungspreis kommt die Ersatzmethodenforschung, und wir wollen, dass für die Ersatzmethodenforschung Geld bereitgestellt wird. Dann muss man irgendwann einmal ein Bekenntnis dazu abgeben. Aber mit Ihrem Antrag und mit der gewollten Überschrift werden Sie Berlin nicht zur Hauptstadt für Ersatzmethoden machen, sondern wir bleiben weiter Bummelletzter, denn den Forschungspreis haben alle Bundesländer, bloß wir nicht. Nur: Wir finanzieren ihn nicht.
Es macht politisch überhaupt keinen Sinn, immer weiter Informationen aus Tierversuchen zu sammeln. Sie wissen doch, die Basics – Ibuprofen, Penicillin, Aspirin, Insulin – wären nach den heutigen Tierversuchsstandards nicht zugelassen worden. Wir hätten diese Medikamente nicht. Vergewissern Sie sich dieser Tatsache, und überlegen Sie, welche Konsequenzen das hat für die Erforschung von Methoden, die genauer sind als diese ungenauen und schlechten Tierversuche.
Wie viele Medikamente sind nicht erforscht worden, weil sie am falschen Modell getestet worden sind, nämlich am Tier. Was da passiert, ist ethisch und gesundheitspolitisch völlig abwegig.
Wir fordern Sie auf, endlich einer Forschung zuzustimmen, die genauere Methoden bringt, die auf Menschen übertragbar ist. Sie haben die Methoden selbst genannt: Multiorganchips etwa, es gibt Hautmodelle, es gibt bebrütete Hühnereier. Aber es gibt sehr viele Methoden, die noch in der Forschung sind oder darauf warten, dass sie erforscht sind. An „Human Brain Project“, einem internationalen, globalen Projekt, beteiligt sich Berlin überhaupt nicht. Kümmern Sie sich darum, dass wir in diese Forschung investieren, und dann werden wir zur Hauptstadt für Ersatzmethoden, aber nicht mit Ihrem Antrag! – Schönen Dank!
Ich muss das jetzt hier zurückweisen, Kollege Herrmann,
dass es mir hier um Politik geht und nicht um Tierschutz. Ich bin Politikerin. Natürlich mache ich hier auch Politik. Aber es geht mir um Tierschutz, und es geht um Tierversuche, und es geht darum, endlich etwas zu tun, damit man aus diesem Tierversuchsteufelskreis herauskommt.
Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt, Ihre Frage, was wir hier in Berlin tun können: Sie können doch ganz viel tun. Sie können z. B. dem MDC 24 Millionen Euro für einen neuen Mäusebunker bewilligen, Sie können 60 Millionen Euro bewilligen für einen neuen Mäusebunker der Charité. Warum können Sie nicht kreativ sein und mit den Leuten, die an Ersatzmethoden forschen wollen, etwas finden, was die Ersatzmethoden stützt? Warum können Sie das nicht? Da fehlt es doch. Sie sind auf diesem Auge völlig blind.
Und dass ich den Antrag das letzte Mal zurückgezogen habe, hat einen ganz simplen Grund. Wir haben ein konkretes Anliegen. Wir wollten einen Forschungsfonds für Ersatzmethoden. Das wollten Sie nicht. Sie wollten 15 000 Euro für einen Forschungspreis. Ich wiederhole: Es geht in der Erforschung von Ersatzmethoden nicht in erster Linie um einen Preis; den Preis bekommt man dann, wenn man eine Forschung gemacht hat.
Die Forschung, Herr Herrmann, Herr Buchholz, ist nur möglich, wenn ich Geld in die Hand nehme. Wenn man kein Geld in die Hand nimmt, dann passiert nichts. Ersatzmethoden, wie sie Herr Buchholz geschildert hat, sind nur entwickelt worden, weil die Forscher aus den ganz spärlichen Sondertöpfen Geld bezogen haben. Das muss sich ändern. Das können wir ändern. Das müssen wir jetzt ändern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie alle kennen Medikamente wie Insulin, Ibuprofen, Penicillin und Aspirin. Alle diese Medikamente – aber auch andere – würde es heute nicht geben, wenn damals schon die heutigen Tierversuchsstandards gegolten hätten. Ihnen ist hoffentlich klar, welche Bedeutung das für die Medizin, welche Bedeutung das auch für die Forschung hat. Diese Medikamente schädigen im Tierversuch verschiedene Tiere. Es ist nicht nur so, dass diese Medikamente nicht nur nicht entwickelt worden wären – es gab ja diese Medikamente vor der klinischen Zulassung seit 1960 in verschiedenen Vorschriften –, überlegen Sie: Wie viele für den Menschen wirkungsvolle Medikamente mögen entwickelt worden sein, die gar nicht in die klinischen Versuche gekommen sind, weil sie im Tierversuch einfach durch den Rost gefallen sind?
Umgekehrt werden aber auch bei Tieren unbedenkliche Substanzen für Menschen höchst gefährlich – denken Sie
(Präsident Ralf Wieland)
an den Knollenblätterpilz oder an Arsen. Diese Wirkstoffe werden von verschiedenen Tieren sehr gut vertragen, Sie wissen aber selbst, was passiert, wenn man solche Dinge zu sich nimmt. 2006 gab es das sogenannte TGNDesaster. Ein im Tierversuch erfolgreich getesteter Wirkstoff gegen Multiple Sklerose und Rheuma kam in die klinische Studie. Dort erkrankten sämtliche Probanden spontan in der ersten Minute, obwohl ihnen dieser Wirkstoff nur in einem Fünfhundertstel der Konzentration, die sich bei Tieren als unschädlich gezeigt hatte, zugeführt wurde. Sie haben lebenslange Schäden davon getragen. Wie Sie an diesen Beispielen sehen, ist der Tierversuch zwar ein etabliertes, aber ein ziemlich schlechtes Modell für die medizinische Forschung.
Wir möchten, dass Tierversuche ersetzt werden – Tierversuche führen in die Sackgasse –, und wir wollen bessere Modelle entwickeln, damit das auch funktioniert.
Natürlich wollen wir auch die Alternativmethoden unterstützen und stärken, damit wir unzähligen Labortieren Leiden, Ängste und Schmerzen und am Ende den Tod ersparen. In Berlin sterben jährlich 420 000 Versuchstiere. Das ist die Spitze des Eisbergs, in Wahrheit sind es 1,2 Millionen. Die anderen sind Labortiere aus der gentechnischen Forschung. Da werden alle die vor dem Tierversuch getötet, die nicht die richtigen Gene haben. Die tauchen aber in keiner Statistik auf.
Die Tierversuchsforscher spiegeln uns in Hochglanzbroschüren und Internetauftritten eine heile Welt vor – die Laborrealität sieht anders aus. Das wissen wir spätestens seit letzter Woche, seit wir die Filme von Tierschützern aus dem Max-Planck-Institut in Tübingen kennen. Dort werden Affenforschungen durchgeführt, und ich bekomme diese Bilder einfach nicht mehr aus dem Kopf: Geschundene Affen, denen die Schädeldecke geöffnet ist, ein Metallbolzen ist eingeführt und verankert. Unter Gewaltanwendung werden sie an diesen Metallbolzen am Affenstuhl festgeschraubt und müssen kooperieren. Sie kooperieren aber nur, weil ihnen mehrere Tage das Wasser entzogen wurde. Am Ende werden diese Tiere getötet. Ich möchte Ihnen dazu ein Zitat nennen:
Es wird ein Tag kommen, an dem die Menschen über die Tötung eines Tieres genauso urteilen werden, wie sie heute die eines Menschen beurteilen.
Das stammt nicht von mir, sondern von dem Wissenschaftler, dem Universalgenie, dem nebenan eine Ausstellung gewidmet ist, von Leonardo da Vinci. Ich hoffe, dass wir bald da hinkommen.
Tübingen ist kein Einzelfall. Auch in den Berliner Laboren wird gegen den Tierschutz verstoßen. Davon musste ich mich bei einer Akteneinsicht überzeugen. Wir wollen, dass die Tierquälerei im Dienste der Wissenschaft aufhört. Für eine Forschung ohne Tierleid brauchen wir aber Ersatzmethoden, und dafür müssen wir endlich mehr Geld aufbringen.
Meine Damen und Herren von der CDU und der SPD! Sie fördern bis heute ausschließlich die Tierversuchsforschung – aktuell das MDC mit 24 Millionen Euro, die Charité wollen Sie mit 60 Millionen Euro fördern. Sie haben nicht einen einzigen Cent für die Forschung an Ersatzmethoden! Sie verweisen gerne auf die halbe Professorenstelle an der Charité, die aber der Bund bezahlt. Sie schmücken sich mit dem Berliner Tierschutzforschungspreis, den aber die forschende Pharma und die Tierschützer finanzieren. Ich wiederhole: Bis heute haben Sie keinen einzigen Cent für Ersatzmethoden ausgegeben, und das ist einfach nur ein Armutszeugnis!
Dass es in Berlin dennoch einige erfolgreiche Ersatzmethoden gibt, haben wir einzelnen Ausnahmeforschern zu verdanken. Sie haben Hautmodelle und menschliche Organchips entwickelt. Die leisten Pionierarbeit für die menschliche Gesundheit. Ich sage, wir brauchen mehr davon, aber dafür muss sich die Förderpolitik ändern. Deswegen haben wir einen Antrag eingebracht. Wir schlagen vor, dass ein Forschungsfonds zur Förderung von Ersatzmethoden geschaffen wird.
Das, meine Damen und Herren von SPD und CDU, wollen Sie nicht. Sie haben unseren Antrag deswegen ersetzt. Statt Berlin zur Forschungshauptstadt für Alternativmethoden zu Tierversuchen zu machen, soll er jetzt heißen: „Tierversuche reduzieren und Forschungsmethoden fördern“. Und im Ersetzungsantrag steht nichts weiter, als dass der Senat das Tierschutzgesetz einhalten soll. Ich bin gespannt, wie Sie das nachher begründen werden. Es muss ja einen Grund für diese Initiative geben. Und Sie appellieren daran, dass der Senat seinen eigenen Forschungspreis finanziert. Ich finde, das ist wirklich ein bisschen dünn.
Aus diesem Grund bitte ich Sie: Ziehen Sie Ihren Ersetzungsantrag zurück! Wir brauchen tatsächlich richtiges Geld in der Ersatzmethodenforschung. Denken Sie an mein Eingangsstatement! Ich hoffe, dass wir damit nicht nur den Forschungsstandort, sondern auch den Wissenschaftsstandort Berlin unterstützen können.
Frau Kollegin! Ist Ihnen bewusst, dass die Deutsche Forschungsgesellschaft ungefähr 2,6 Milliarden Euro im Jahr für alle Forschungen zur Verfügung stellt und dass die Tierversuchsforschung einen Löwenanteil davon bekommt, während die Ersatzmethodenforschung bundesweit weniger als 10 Millionen zur Verfügung hat, und glauben Sie nicht auch, dass das Land Berlin mit einem Allgemeinplatz, Berlin soll den Forschungspreis stärker fördern, wie das in diesem Ersetzungsantrag formuliert ist, viel zu wenig macht, dass wir einfach mehr Geld für die Ersatzmethodenforschung brauchen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir möchten mit Ihnen darüber reden, wie aus einer Tiermenagerie ein moderner Erlebnistierpark werden kann. Der Berliner Tierpark bekommt eine ganze Menge Geld vom Land Berlin. Herr Nußbaum! Leider interessieren Sie sich überhaupt nicht dafür, ob damit eine attraktive Tierhaltung oder eine private Sammelleidenschaft des Zoochefs finanziert wird. Herr Heilmann – leider ist er
nicht da, symptomatisch! – fühlt sich nicht zuständig, dabei muss ich ihm sagen: Er ist Senator. Fachlich ist er zwar nicht zuständig, aber er hat politischen Gestaltungsspielraum, sonst wäre er einfach Verwaltungsbeamter. Das ist er ja nicht, und insofern könnte er, wenn er wollte.
Unser Tierpark wurde abgewirtschaftet, der Zoo übrigens auch, und das Missmanagement hat den Tieren, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vor allem dem guten Ruf der Hauptstadt geschadet. Unser Vorschlag zeigt einen Weg auf, wie wir aus diesem Dilemma herauskommen können. Weil Sie keine eigenen guten Ideen haben, schlage ich vor: Stimmen Sie einfach unserem Antrag zu!
Ich sage es mal ganz vorsichtig: Das Management und die Tierhaltung sind nicht auf der Höhe der Zeit. Wir sehen im Tierpark Tierpräsentationen in drangvoller Enge statt Tiererlebnisse in naturnaher Umgebung. Wir sehen zahllose Tiere mit Verhaltensstörungen, wir erleben Elefanten, die geschlagen und angekettet werden. Was wir nicht sehen, das sind die planmäßigen Inzestzuchten, also die Verpaarung von Blutsverwandten. Das ist bei Menschen ein Straftatbestand, in diesem Fall tierschutzrelevant. Wir sehen nicht den Schichtbetrieb in den Tiergehegen, und den Tierhandel mit den ausgedienten Publikumslieblingen sehen wir auch nicht. Das zeigt auch der RBB nicht in der Abendsendung, denn das will keiner sehen.
Sie wollen es auch nicht wissen, Sie wollen es nicht wahrhaben, meine Damen und Herren im Senat. Als Geldgeber sind Sie aber in Verantwortung. Mit welchem Recht geben Sie eigentlich die Steuergelder für schlechte Tierhaltung aus? Warum unterstützen Sie im Senat ein Management, das mit Steuergeldern, mit Tieren und vor allem mit den Menschen, die dort arbeiten, nicht umgehen kann? Heute haben Sie Gelegenheit, diese Fragen zu beantworten, wir sind sehr gespannt.
Wir wollen, dass unsere Landesgelder in einen gut geführten Tierpark fließen, in einen Tierpark, der Tiererlebnisse bietet. Dafür muss zunächst einmal geklärt werden, wie viele Tierarten, wie viele Individuen da zukünftig gehalten werden sollen. Der Tierpark wird ja nicht dadurch attraktiv, weil da drei Hyänenrudel mit Verhaltensstörung oder drei Zebraherden bzw. 2 225 Vögel präsentiert werden – das sind Echtzahlen. Weniger ist mehr! Wenn feststeht, welche Tiere der Tierpark später haben soll, dann muss ein Zukunftskonzept entwickelt werden, dann soll es allen Spaß machen, die Wildtiere dort zu erleben. Die Vorbilder kennen Sie, sie sind in Eberswalde, in Leipzig oder in anderen guten Zoos zu erleben.
Wir fordern auch, dass dort familiengerechte Angebote mit ausgewogener, preiswerter Gastronomie entstehen, dass es moderne, interaktive Bildungsangebote gibt. Vor allem fordern wir, dass die tierschutzwidrigen Praktiken aufhören.
Dass das Bezirksamt Lichtenberg dieselben Tierschutzverletzungen seit Jahren duldet, gegen die der Bezirk Mitte im Zoo vorgeht, und zwar bis zum Gericht, das ist ein Armutszeugnis für diesen Bezirk. Die unterschiedlichen Rechtsauffassungen möchte ich mir mit Ihnen im Ausschuss gerne mal vortragen lassen; ich hoffe, ich habe da Ihre Unterstützung.
Natürlich müssen in unseren Zoos auch die modernen Erkenntnisse der Verhaltensforschung und der Zootierhaltung Einzug finden. Behavioral Enrichment heißt das Zauberwort, also Beschäftigungsangebote für Tiere als Ersatz für den genommenen Freiraum und die Notwendigkeit, sich selbst das Futter zu suchen. Damit entstehen Verhaltensstörungen gar nicht erst, damit können wir auch Tiere erleben, die sich normal verhalten. Erläuterungen durch Pfleger und derlei könnten Tierpark und Zoo übrigens sofort einführen, das wäre eine sofortige Attraktivitätssteigerung.
Ein Satz an Die Linke: Sie empfinden jede Kritik gegenüber dem Tierparkmanagement als einen Angriff auf den Osten. Das ist doch Quatsch. Niemand stellt den Tierpark infrage. Es geht doch darum, ihn zukunftsfähig zu machen, und das wollen wir doch auch. Insofern, denke ich, ziehen wir da an einem Strang.
Wir wollen die Landesmittel für einen Tierpark ausgeben, in dem sich Menschen, Tiere und Beschäftigte wohlfühlen können. Ein Zoobesuch muss Spaß machen. Menschen sollen dort für die Tiere und die Natur begeistert werden. Der Mensch schützt am Ende doch nur, was er schätzt. Und das kann er dort lernen. Inzwischen haben alle realisiert –
Es ist mein Schlusssatz, Herr Präsident! –, der Zoochef muss weg. Sogar der Aufsichtsrat hat es begriffen. Aber ausschließen, dass uns ein künftiger Zoochef wieder einen Bären aufbindet, das können wir nur durch die Fachaufsicht oder durch klare abrechenbare Vorgaben. Deswegen mein Appell: Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu!
Ja, schönen Dank, Herr Präsident! – Herr Buchholz! Ich kann Ihnen die Sorge nehmen, ich habe mich da nicht beworben, ich werde mich auch nicht bewerben. Machen Sie sich keine Gedanken darüber!
Aber eines müssen Sie zur Kenntnis nehmen: Der Senat, namentlich Herr Senator Sarrazin, hat im Jahr 2004 einen Zuwendungsvertrag geschlossen, in dem definiert war, welche Leistungen der Zoo bringen soll. Dieses Teil ist vor zwei Jahren sang- und klanglos eingestampft worden. Es gibt ihn nicht mehr. Der Grund ist simpel: Der Zoochef hat einfach nicht gemacht, was der Senat wollte. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Nun kann man sagen: Er ist aus der Zeit geraten. Er ist nicht mehr ganz aus diesem Jahrhundert und wäre gut geeignet, im Naturkundemuseum die Vitrinen vollzustellen. Da stimme ich Ihnen zu, als Biologe ist er bestimmt perfekt. Aber er kann nicht mit Menschen, Geld und Tieren umgehen.
Für die Zukunft wünschen wir uns sehr, dass mit den Steuermitteln, die wir ausgeben, auch eine bestimmte
Richtung verbunden ist, in die sich die Zoos entwickeln. Aber die müssten wir ja irgendwie erst mal bestimmen. Es geht überhaupt nicht um diese Erbsenzählerei, dass der Senat die einzelnen Tiere durchzählen soll. Aber er kann die Vorgabe machen, die Tierbestände um 30 Prozent zu senken. Das zum Beispiel könnte man heute verlangen. Diese Definition müssen wir machen. Ansonsten laufen wir wieder Gefahr, dass nichts von dem, was wir uns vorstellen, für das Geld, was wir dort investieren, geleistet wird. Nicht mehr und nicht weniger soll passieren.
Letztlich sind Sie, Herr Buchholz, tierschutzpolitischer Sprecher, seit vielen Jahren nicht in der Lage gewesen, dort im Tierpark irgendeinen Einfluss zu nehmen. Also nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass wir uns mal Gedanken gemacht haben, wie man es machen kann! Mir ist klar, dass Sie Oppositionsanträge nicht übernehmen. Aber wenn Sie die Inhalte ernst nehmen, sich die durchlesen, durchdenken und versuchen zu verstehen, dann werden Sie das Ganze so umsetzen, wenn Sie wollen, dass aus dem Tierpark in den nächsten Jahren ein vernünftiger Erlebniszoo wird. Wenn Sie das nicht tun, wird er weiter so herumdümpeln wie jetzt. Wir brauchen Kontrolle. Wir können das neue gute Geld nicht einfach wieder dem schlechten Geld hinterherschmeißen. Insofern müssen wir wissen, was wir von unseren Zoos erwarten. Das müssen wir in diesem Haus festlegen. Wer soll es denn sonst machen?
Frau Platta! Der Tierpark bekommt ja ohne Wenn und Aber jedes Jahr 6 Millionen Euro aus Steuermitteln, und niemand hier im Haus stellt das in Frage.
Was wünschen Sie sich denn als Bekenntnis anstelle dieser 6 Millionen Euro? Sind 6 Millionen Euro nicht in Ordnung? Was soll das Land noch tun, außer Geld geben? Ich glaube, das ist das höchste Bekenntnis, das man zu einer Einrichtung haben kann, wenn man ihr Steuergelder zur Verfügung stellt. Was stellen Sie sich also unter dem Bekenntnis vor?
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! – Da kommt Herr Senator Heilmann, alles wird gut! – Ich will Ihnen an einem Beispiel deutlich machen, wofür wir das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände brauchen. Wir haben in Berlin einen Zoo und einen Tierpark, und beide liegen jeweils in unterschiedlichen Bezirken und unterstehen unterschiedlichen Amtstierärzten. Die entscheiden in der selben Sache heutzutage völlig unterschiedlich. Der Zoochef betreibt in beiden Zoos Inzestzucht.
Das ist sehr freundlich, Herr Präsident! – Die Amtstierärzte in beiden Bezirken entscheiden also in der selben Sache völlig unterschiedlich. Der Zoochef betreibt im Zoo und im Tierpark Inzestzucht, und Sie wissen ja, bei Menschen ist Inzest ein Straftatbestand, weil damit ein sehr hohes Risiko an gesundheitlichen oder Erbgutschäden verbunden ist. Das ist auch bei Tieren so. Das Veterinäramt in Mitte geht folgerichtig gegen diesen Inzest im Zoo vor, das Veterinäramt in Lichtenberg dagegen erlaubt die Inzestzucht. Eine Behörde entscheidet also falsch, und, Herr Senator Heilmann, Sie sagen dazu: Ich bin nicht zuständig – und da haben Sie formal sogar recht, das stimmt. Es gibt aber ein Tierschutzgesetz, und es gibt ein Grundgesetz, in dem der Tierschutz verankert ist. Eine Handhabe gegen staatlich tolerierte Tierquälerei gibt es bis heute nicht.
Meine Damen und Herren! Wenn Sie den Tierschutz ernst nehmen, wenn Sie es damit ernst meinen, dann müssen Sie das Verbandsklagerecht in Berlin einführen!
Wir wollen das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände. Tiere können eben nicht gegen falsche Verwaltungsentscheidungen vor Gericht ziehen, die können sich nicht wehren. Mit einem Klagerecht für anerkannte Tierschutzverbände können wir das ändern. Weil nur diese anerkannten Verbände ein Klagerecht bekommen, wird es auch nicht die große Klageflut und die Belastungen der Verwaltungsgerichte geben, die Sie an die Wand malen. Wir wissen das aus dem Naturschutzrecht, dort gibt es vergleichbare Regelungen, aber eben diese Belastungen nicht. Wir wissen es aus Bremen, dort gibt es das Verbandsklagerecht, dort gibt es keine Klageflut. Die Verbände verhalten sich da sehr verantwortungsvoll.
Meine Damen und Herren von SPD und CDU! Ich finde, es ist ein Armutszeugnis, dass Sie den Tieren dieses wichtige Recht verweigern. Auch Ihre anderen Argumente gegen unseren Gesetzesvorschlag sind nicht stichhaltig. Sie erklären, ein Verbandsklagerecht sei nur auf Bundesebene sinnvoll, und ein bisschen recht haben Sie sogar, das Verbandsklagerecht auf Bundesebene wäre natürlich der Königsweg. Allerdings wäre es auf Landesebene die zweitbeste Lösung, die jetzt mittlerweile sieben Bundesländer entweder gerade durchsetzen oder bereits eingeführt haben. Deswegen stimmt auch Ihr Argument nicht, dass das Prozessrecht durch einen Alleingang von Berlin durcheinandergewirbelt werden würde, wenn sieben Länder das schon in Arbeit bzw. eingesetzt haben, denn dann spielt Berlin da keine Sonderrolle, sondern ist ein Bundesland von vielen.
Berlin bleibt – weil Sie es so wollen – ohne Verbandsklagerecht. Das ist die allerschlechteste Variante, und die Verantwortung dafür tragen Sie, meine Damen und Her
ren von SPD und CDU! Sie machen sich Sorgen, sagen Sie, um den Wissenschafts- und Forschungsstandort Berlin, wenn wir das Verbandsklagerecht einführen. Das irritiert mich, denn damit unterstellen Sie ja indirekt, dass die Tierversuchsforschung und die Wissenschaft in Berlin gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Sind Sie wirklich der Meinung, dass hier Tiere in Tierversuchen grundlos gequält, grundlos getötet werden? Tolerieren Sie dann Gesetzesverstöße im Interesse von Wissenschaft und Forschung? Das wäre in der Tat ungeheuerlich, und ich bitte Sie, wenn Sie jetzt zu dem Thema reden, sich dazu zu erklären!
Lieber Herr Senator Heilmann! In Ihrer Stellungnahme zu unserem Gesetzesantrag monieren Sie, dass es sich lediglich um eine Feststellungsklage handelt und dass damit nur künftiges tierschutzrechtliches Verwaltungshandeln beeinflusst werden kann.
Das ist mein Schlusssatz! – Wir haben nichts dagegen, wenn Sie Ihre eigenen, weitergehenden Vorschläge zu diesem Gesetzentwurf durch Änderungsanträge einfließen lassen, denen werden wir gerne zustimmen. Ansonsten bitte ich um Zustimmung unseres Gesetzentwurfes!
Ja, schönen Dank, Herr Präsident! – Herr Buchholz! Sie sagten, die Art des Gesetzes, die wir eingebracht haben, die würde Ihnen nicht zusagen, Sie hätten da gerne was anderes. Warum machen Sie keine Änderungsvorschläge? Warum bringen Sie keinen eigenen Gesetzentwurf?
Ja, das ist sehr freundlich! – Sie sagten ja, wenn jemand vom Fach wäre, oder sagten, Kollege Lauer sei nicht vom Fach. Ich habe das mal eine Weile begleitet, deswegen danke ich Ihnen, dass Sie mir die Frage gestatten.
Ja, ich stelle die Frage sofort. – Vor dem Hintergrund, dass 2007 die Möglichkeit bestand, eine Teilausschreibung durchzuführen, sodass wir jetzt, also 2012, schon einen neuen Betreiber, vor allem einen neuen S-Bahnvertrag für eine Teilstrecke hätten – –
Vor dem Hintergrund! Es waren jetzt zwei Kommas dazwischen, Herr Präsident! „Vor dem Hintergrund“ war der Anfang meines Fragesatzes. – Vor dem Hintergrund also, dass die Möglichkeit der Ausschreibung bestand, wir heute einen neuen Vertrag und einen ordentlichen Betreiber hätten, wen auch immer, frage ich Sie: Bewerten Sie es heute als Fehler, die Ausschreibung damals nicht durchgeführt zu haben?
Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren!
Es wird ein Tag kommen, an dem die Menschen über die Tötung eines Tieres genauso urteilen werden, wie sie heute die Tötung eines Menschen beurteilen.
Das ist nicht von mir. Das sagte Leonardo da Vinci, und er war damit nicht nur seiner Zeit weit voraus.
Als Tierschützerin bin ich in guter Gesellschaft, nicht nur mit anderen Tierschützerinnen und Tierschützern, auch hier im Hause, sondern mit vielen namhaften Persönlichkeiten: Mahatma Gandhi, Rosa Luxemburg, Paul McCartney, Romain Rolland, Christian Morgenstern, aber eben auch mit Wissenschaftlern wie Albert Einstein. Sie alle haben einen respektvolleren Umgang mit Tieren eingefordert.
Ich persönlich lehne Tierversuche ab. Ich weiß aber auch, dass wir ad hoc auf Tierversuche nicht verzichten können. Es gibt zu vielen Tierversuchen schlicht keine Er
satzmethoden. Das ist auch überhaupt kein Wunder, denn zu Ersatzmethoden wird so gut wie nicht geforscht. Da wollen wir ansetzen. Wir wollen mit einem Forschungsfonds die Forschung bei den Ersatzmethoden vorantreiben.
Weil das Land Berlin kein Geld hat, soll dieser Fonds aus einer Tierversuchsabgabe gespeist werden. Diese Abgabe soll für alle Tierversuche im Rahmen der routinemäßigen Wirkstoffanalyse bei Medikamenten und Chemikalien erhoben werden. Berlin – das wissen Sie – ist mit 275 000 getöteten Versuchstieren die Hauptstadt der Tierversuche. Wir sagen: Das muss sich ändern! Wir wollen, dass Berlin zur Hauptstadt der tierversuchsfreien Forschung wird. Der Forschungsfonds kann dazu ein erster Schritt sein.
Ich appelliere ganz besonders an die Vertreterinnen und Vertreter von CDU und SPD: Bitte unterstützen Sie den Antrag! In Ihrem Koalitionsvertrag steht – ich zitiere:
Die Koalition wird sich für die Einschränkung von Tierversuchen einsetzen und verstärkt tierversuchsfreie Methoden fördern.
Davon ist bis heute nicht viel zu spüren. Sie fördern ein neues Tierversuchslabor für das MDC in Höhe von 24 Millionen Euro. Für den Forschungspreis haben sie gerade einmal 15 000 Euro übrig. Auf diese Weise können Sie die Tierversuche im Land Berlin nicht verringern.
Tierversuche – ich gebe das zu – sind anerkannt und etabliert, aber sie sind eben auch ethisch angreifbar, und sie sind auch nicht genau, so wie oft behauptet wird. Denken Sie an das Schlafmittel Contergan. Schwangere, die dieses im Tierversuch erprobte Medikament eingenommen haben, brachten missgebildete Babys auf die Welt.
Wir wissen heute: Wenn Ersatzmethoden zu Tierversuchen entwickelt und evaluiert werden, dann sind sie zuverlässiger als Tierversuche, dann können wir uns darauf verlassen. Heute werden bestimmte Chemikalien nicht mehr an Kaninchenaugen getestet, sondern an bebrüteten Hühnereiern. Kein Meerschweinchen muss mehr für Hautverträglichkeitstest sterben, weil eben Ersatzmethoden genau in diesen Bereichen erforscht worden sind. Nur deshalb funktioniert es, weil es Ersatzmethoden gibt und weil Forscher in diese Richtung geforscht haben. Genau da müssen wir hin. Eine einseitige Ausrichtung auf Tierversuche wird in die Sackgasse führen.
Herr Senator Heilmann! Noch ein Satz an Sie: Im Zusammenhang mit den Tierversuchen gehört die Vorratshaltung und die Kontrolle der Labore auf den Prüfstand. Es geht nicht an, dass nur eine halbe Personalstelle für
unabhängige Kontrollen von Hunderten Versuchsvorhaben mit Hunderttausenden Versuchstieren zur Verfügung steht. Und es ist schon überhaupt nicht akzeptabel, dass die Labore eine Lizenz zur Vorratshaltung und zur Zucht von 1,6 Millionen Versuchstieren haben. Wie viele dieser Tiere getötet werden, wird nicht mal statistisch in den Laboren erfasst, geschweige denn, dass Sie oder wir davon eine Ahnung bekommen. Wir meinen, dass hier ein ganz dringender Handlungsbedarf besteht. Ich erwarte eine konstruktive Debatte und vor allem konstruktive Lösungen für diese Probleme.
Herr Kowalewski! Ist Ihre Position, die mir sehr sympathisch ist, abgestimmt mit dem Kollegen Claus-Brunner in der Fraktion?
Herr Friederici! Ich lasse es mir nicht nehmen, auch wenn ich für das Fachgebiet nicht mehr zuständig bin, auf Sie zu reagieren, wenn Sie Unsinn erzählen.
Ja, ich muss wahrscheinlich dann immer reden. – Vor anderthalb Jahren waren Sie sozusagen noch Schwarzfahrer bei der S-Bahn, wussten nicht, wie man sich ein Ticket kauft, sind mit Herrn Henkel und der Presse ohne Fahrschein unterwegs gewesen.
Ich weiß gar nicht: Haben Sie das Bußgeld inzwischen bezahlt? Und heute wollen Sie uns die Welt erklären. Sie wollen uns erklären: Die S-Bahn ist ganz toll, und die Grünen machen die Beschäftigten zur Schnecke. So ein Blödsinn!
Haben Sie gemerkt, dass nach wie vor Lokführer fehlen, weil die S-Bahn es nicht geschafft hat, vor drei Jahren das damals schon fehlende Personal neu zu schulen und einzustellen? Ist Ihnen das aufgefallen, oder haben Sie das nicht gemerkt? Vielleicht sind ja auch die Zeitungen voller Falschmeldungen, kann ja sein.
Ich will Ihnen noch eins sagen, weil Sie es immer wiederholen: Ja, wir haben gesagt – zu einem bestimmten Zeitpunkt, als uns die Bahnvorstände das dritte Mal hier ein X für ein U vorgemacht haben im Ausschuss –: Jetzt ist Zeit zu kündigen, und jetzt ist es Zeit für die Auferlegung. – Das heißt nämlich, dass man zu bestimmten Kon
ditionen von der Deutschen Bahn die Verkehrsleistung weiter verlangen kann, bis zum Ablauf des Vertrages. Den verzögern Sie seit zwei Jahren, weil Sie nicht handlungsfähig sind. Erst war es die Regierung davor, und Sie als Grüßaugust der Deutschen Bahn sagen: Wir wollen jetzt eine Teilausschreibung, aber dann im ganzen Stück. Und am Ende soll es wieder die Deutsche Bahn kriegen. – Nein! Es geht darum, Arbeitsplätze bei der Bahn zu schaffen – viele, sichere Arbeitsplätze. Und der größte Arbeitsplatzvernichter bei der Berliner S-Bahn war die S-Bahn selbst. Sie hat 30 Prozent des Personals abgebaut in der Vergangenheit. Das nehmen Sie zur Kenntnis! Wir wollen das Personal schützen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze bei der Bahn sicher sind.
Und ob das Unternehmen dann am Ende S-Bahn oder anders heißt, das ist letztlich nicht wichtig. Entscheidend ist, dass wir zuverlässigen, pünktlichen S-Bahnverkehr bekommen, dass die Beschäftigten zu Tarifen bezahlt werden, dass wir umweltfreundliche und soziale Standards setzen. Und genau das hätten Sie in einer Ausschreibung, hätte der Regierende Bürgermeister mit der Linksfraktion in einer Ausschreibung schon vor einem Jahr auf den Weg bringen können. Der Verkehrsverbund hatte die Unterlagen fertig. Das ist nicht gewollt worden, weil man sich mit fadenscheinigen Gründen lieb Kind bei den Beschäftigten machen wollte. Dabei war schon im letzten Jahr klar: Die Bahn – Grube hat es im Ausschuss gesagt – ist nicht bereit, die S-Bahn zu verkaufen. Keine Chance also für dieses Konstrukt! Um die Teilausschreibung kommen Sie nicht herum. Sie werden sie machen müssen. Letztlich, Herr Friederici, bitte ich Sie, doch mal bei der Sache zu bleiben, die Realität zu erkennen. Die S-Bahn ist mitnichten das, was Sie heute vorgaukeln wollen. Sie ist mitnichten so ein Unternehmen, mit dem wir alle zufrieden sein können. Deswegen ist hier Handlungsbedarf.
Ja! – Wir wollen wissen, was der Senat vorhat, wie viel Geld er in die Hand nehmen will. Das ist das ureigenste Recht des Parlaments. Darüber können Sie nicht einfach mit Ihren großspurigen Sprüchen hinweggehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Ich will Sie und diese Rede, die Sie hier abgelassen haben, nicht aufwerten, aber eins muss gesagt werden: Das, was Sie eben behauptet haben, ist Unsinn. Geschichtsklitterung können wir hier nicht zulassen. Das will ich nicht zulassen. Deswegen ergreife ich das Wort in einem Fachbereich, für den ich nicht mehr zuständig bin.
Ich sage Ihnen: Wir haben vor zweieinhalb Jahren hier in diesem Haus den Antrag über ein weitgehendes Nachtflugverbot gehabt. Das war vor der Wahl. Wir mussten gar nicht erst während des Wahlkampfs umschwenken wie Sie und einen solchen Antrag schreiben. Wir mussten einen solchen Antrag auch nicht zwei Monate später wieder zurückziehen. Das mussten wir nicht, weil unsere Politik berechenbar und kontinuierlich und nicht davon geprägt ist, ob gerade Wahlen sind oder wie es gerade in die Gemengelage passt.
Zu dem Thema Flugrouten sind wir nicht, wie von Ihnen eben fälschlich dargestellt, in der Sprachlosigkeit versunken. Wir haben ein weitgehendes Konzept dazu, wie sich Flugrouten darstellen sollen. Wir haben zum Nachtflugverbot übrigens auch Anträge hier im Hause eingebracht, die Sie abgelehnt haben. Und wir haben ein Konzept, nachzulesen auf meiner Website. Da steht die Route über die Gosener Wiesen drin. Das, was das UBA gestern veröffentlicht hat, ist unsere Forderung schon seit einem guten halben Jahr, seitdem wir uns mit dem Thema befasst haben. Also erzählen Sie hier nicht so einen Unsinn. Ich bin noch da, und ich werde gegebenenfalls, wenn Sie sich wieder so äußern, auch das Wort ergreifen.