Reinhard Hackl
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Bürger und Polizei in BadenWürttemberg – eine Partnerschaft für die innere Sicherheit“, so lautet der Antrag, über den wir heute diskutieren. In der Tat hat die Landesregierung in der Stellungnahme zu diesem Antrag eine eindrucksvolle Bilanz für die Polizei dieses Landes vorgelegt.
Die Polizei, meine Damen und Herren, hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Zu Recht hat auch das Innenministerium gesagt, dass man bei moderner Polizeiarbeit wegkommen muss von obrigkeitsstaatlichen Mitteln hin zu einem professionellen bürgernahen Dienstleister in Sachen innere Sicherheit.
In vielen Bereichen haben wir hier – im Konsens – Fortschritte erreicht. Denken wir an das Thema „kommunale Kriminalitätsprävention“, denken wir an das Thema „polizeiliche Präsenz“, denken wir an zusätzliche Finanzermittler, um beim Thema Wirtschaftskriminalität Fortschritte zu erreichen, oder denken wir an die technische Ausstattung der Polizei, wo ja das Elend so groß war, dass selbst die Grünen im Landtag von Baden-Württemberg zusätzliche Autos für die Polizei beantragen mussten.
Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Oft stand ein Grünen-Antrag hier im hohen Hause am Beginn von Verbesserungen für die Polizei in Baden-Württemberg.
Ich möchte aber nicht den gleichen Fehler machen wie mein Kollege von der CDU, der heute nur den Anlass zu einer nicht enden wollenden Jubelarie im Bereich der inneren Sicherheit gesehen hat.
Vielmehr meine ich, dass ein solcher Antrag auch Gelegenheit dazu bieten sollte, eine auch kritische Bilanz in Sachen innerer Sicherheit zu ziehen. Auch dazu gibt es den einen oder anderen Grund.
Wenn wir die Stellungnahme der Landesregierung zu diesem Antrag lesen, finden wir dort sehr viel Richtiges. Nur wird aus dem vielen Richtigen sehr oft nicht die erforderliche Konsequenz gezogen. Der Weg vom Kopf zum Handeln ist bei dieser Landesregierung manchmal sehr weit.
Ich will das begründen. Nehmen wir zum Beispiel die richtige Feststellung der Landesregierung, dass das Bild der Polizei, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Polizei wesentlich von der Tatsache geprägt ist, wie schnell und leicht erreichbar die Polizei ist und wie sehr sie präsent ist. Nur, meine Damen und Herren: Wenn ich diese richtige Feststellung treffe, dann muss ich natürlich dafür Sorge tragen, dass auch alle Polizeistellen besetzt sind. Dann muss ich dafür Sorge tragen, dass die entsprechenden Ansprechpartner auch vor Ort da sind. Dann darf ich es nicht wie diese Landesregierung machen: einfach 210 Stellen im Polizeibereich unbesetzt lassen.
210 Stellen im Polizeibereich sind nicht besetzt, weil die Stelleninhaber und Stelleninhaberinnen im Erziehungsurlaub sind und sich die Landesregierung permanent weigert, für Ersatz zu sorgen. 210 unbesetzte Stellen, meine Damen und Herren, sind 105 Doppelstreifen weniger. Dadurch gibt es weniger Präsenz auf unseren Straßen, weniger Ansprechpartner, und damit tragen Sie dazu bei, dass das Vertrauen in die schnelle Erreichbarkeit zumindest an diesem Punkt leidet, meine Damen und Herren.
Wir von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordern Sie erneut auf, die entsprechenden Leerstellen zu schaffen. Sie haben bei den vergangenen Haushaltsberatungen leider unsere Anträge immer wieder abgelehnt. Ich fordere Sie auf, wenigstens in einem Nachtrag die entsprechenden Leerstellen zu schaffen.
Ich möchte an dieser Stelle noch einen anderen Punkt anführen und komme auf meine Eingangsfeststellungen zurück. Zu Recht sagt das Innenministerium, dass man moderne Polizeiarbeit nicht mit obrigkeitsstaatlichen Mitteln machen kann, sondern nur mit einer Polizei, die sich als professioneller, bürgernaher Dienstleister in Sachen innere Sicherheit versteht. Die CDU, meine Damen und Herren, und leider auch die FDP/DVP in jüngerer Zeit leisten sich aber immer wieder Rückfälle
in die obrigkeitsstaatliche Mottenkiste in diesem Land.
Herr Kluck, beruhigen Sie sich, hören Sie zu. – Sie führen in diesem Land immer wieder Maßnahmen ein, die rechtsstaatlich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit höchst bedenklich sind.
Ich meine unter anderem die anlassunabhängigen Kontrollen und die neu diskutierte Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen und Straßen.
Beide Maßnahmen, meine Damen und Herren, treffen unbescholtene Bürgerinnen und Bürger, beide Maßnahmen werden gegen Bürgerinnen und Bürger eingesetzt, die keinen Anlass für polizeiliches Tätigwerden gegeben haben. Meine Damen und Herren, wir von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen meinen, beide Maßnahmen passen nicht in das Bild des professionellen, bürgernahen Dienstleisters in Sachen Sicherheit, sondern erinnern eher an den alten Obrigkeitsstaat.
Die Grünen werden dies auch in Zukunft anprangern.
Nichtsdestotrotz möchte ich auch am Schluss meiner fachlichen Ausführungen
konstatieren, dass die innere Sicherheit in diesem Land auf einem sehr hohen Niveau ist,
dass die innere Sicherheit in diesem Land von den Bürgern auch so eingeschätzt wird. Das liegt sicherlich auch
an der sehr hohen Motivation, dem sehr guten Ausbildungsstand und der sehr hohen Einsatzfreude der Polizei in Baden-Württemberg.
Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren, meiner letzten Rede vor diesem hohen Haus.
Ich möchte am Schluss den polizeipolitischen Sprechern in diesem Haus, Herrn Julius Redling von der SPD, Herrn Hagen Kluck von der FDP/DVP und auch Herrn Heribert Rech von der CDU, für die gute und kollegiale Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren danken.
Ich möchte auch meinem Ausschussvorsitzenden, Herrn Ruder, sehr herzlich für das verständnisvolle Entgegenkommen während seiner Amtszeit danken.
Ich möchte auch dem Innenminister Thomas Schäuble für die meist faire Auseinandersetzung in diesem Haus
und seinem Haus für die offene Informationspolitik mir gegenüber danken.
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen allen für den kollegialen Umgang in diesem Haus. Für die Zukunft möchte ich Ihnen gute Debatten wünschen, aber auch die Fähigkeit und das Verständnis, berechtigte Anliegen anderer Fraktionen auch aufzugreifen.
Vielen Dank. Auf Wiedersehen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir brauchen bessere Regeln für Bürgerentscheide und Bürgerbegehren.
Wir brauchen bessere Möglichkeiten der Bürgermitsprache. Meine Damen und Herren gerade von der CDU, Ihnen muss man wirklich sagen, dass Baden-Württemberg bei Bürgerentscheiden in der Zwischenzeit bundesweit das Schlusslicht darstellt.
Die CDU hat hier eine Entwicklung verschlafen. Der einstige Vorreiter Baden-Württemberg
ist inzwischen zum Träger der roten Laterne mutiert.
Viele Bürger und ein breites Bündnis von Organisationen aus allen gesellschaftlichen Schichten sehen das genauso. Es gab jetzt ein landesweites Volksbegehren, das von sehr vielen Organisationen von links bis rechts unterstützt worden ist. Das reicht von der Evangelischen Arbeitnehmerschaft der Landeskirche Baden über das Kolpingwerk, den Bund für Umwelt- und Naturschutz, den Naturschutzbund, die Naturfreunde und zum Beispiel die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr bis zu elf Kreisverbänden der SPD, der Arbeitsgemeinschaft sozialdemo
kratischer Frauen und den Jusos bis hin natürlich zu den Grünen, die alle dafür standen, die Möglichkeiten für Bürgerentscheide und Bürgerbegehren in Baden-Württemberg wesentlich zu verbessern. Und wir, meine Damen und Herren, die Grünen, bringen diesen Bürgergesetzentwurf heute in den Landtag von Baden-Württemberg ein.
Wir brauchen einfachere, anwendungsfreundliche Regelungen. Das bestehende Gesetz, meine Damen und Herren, erfüllt diesen Anspruch nicht. Zwei Drittel aller Bürgerbegehren, die bislang eingereicht worden sind, landeten im Papierkorb und führten zu keiner Entscheidung.
Zum wesentlichen Inhalt des Gesetzentwurfs. In vier Punkten verbessert unser Gesetzentwurf, der Bürgergesetzentwurf, die Möglichkeiten für Bürgerentscheide und Bürgerbegehren.
Zum einen weitet unser Gesetzentwurf die Möglichkeit für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auf die Landkreise aus.
Zum Zweiten versuchen wir den massiven Themenausschluss zu beenden, indem wir im Prinzip alle Entscheidungen, die der Gemeinderat treffen kann, auch bürgerentscheidsfähig machen.
Wir meinen, dass man den Bürger nicht für dümmer halten muss als die Gemeinderäte.
Wir meinen, dass man keine Frist braucht, um gegen Entscheidungen des Gemeinderats Bürgerbegehren starten zu können. Die Vierwochenfrist, die es bislang gab, war wesentlich zu kurz. Viele Bürgerbegehren sind an dieser Frist gescheitert.
Schließlich meinen wir, dass beim Bürgerentscheid die Mehrheit entscheiden muss. Wir brauchen keine undemokratischen Zustimmungsquoren. Wir meinen, die Mehrheit derjenigen, die zur Abstimmung gehen, soll eine gültige Entscheidung treffen können.
Ich möchte an dieser Stelle etwas zur Entscheidung des Innenministeriums zu dem jetzt eingereichten Bürgerbegehren sagen. Man muss ja eines sagen, Herr Schäuble: Kompliment, zumindest was die Dramaturgie der Entscheidung angeht. Einen Tag, bevor der Gesetzentwurf im Landtag eingebracht wird, wird er vom Innenministerium als verfassungswidrig abqualifiziert.
Genauso wie die Dramaturgie hervorragend ist, genauso fragwürdig ist die inhaltliche Entscheidung.
Ich kann zu dieser Entscheidung nur sagen, dass diese Ablehnung zumindest mit einigen sehr kühnen Interpretationen daherkommt, dass sie juristisch sehr zweifelhaft ist, dass man eine sehr dicke ideologische Brille braucht, um diese Entscheidung nachvollziehen zu können.
Und was für mich am wichtigsten ist: Diese Entscheidung ist geprägt von einem tiefen Misstrauen gegenüber den Bürgern.
Lassen Sie mich das begründen. In der Ablehnungsentscheidung verabsolutieren Sie die repräsentative Demokratie und lassen keinerlei Ergänzungen zu, obwohl auch in unserem Grundgesetz, auf das Sie sich ja beziehen, eindeutig davon die Rede ist, dass die Staatsgewalt vom Volk in Wahlen und in Abstimmungen ausgeübt wird und eben nicht nur in Wahlen.
Zweitens nehmen Sie in Ihrer ablehnenden Entscheidung eine sehr merkwürdige Uminterpretation der Selbstverwaltungsgarantie für unsere Gemeinden vor. Meine Fraktion war immer der Auffassung, dass Garantie der kommunalen Selbstverwaltung Schutz der Gemeinde vor Eingriffen des Staates heißt. Das Innenministerium macht daraus: Schutz der Gemeinderäte vor ihren Bürgern.
Ich halte diese Auffassung von der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie für mehr als fragwürdig.
Schließlich malen Sie ein Horrorgemälde über die Auswirkungen der so genannten Schutzwirkung von Bürgerbegehren. Ich glaube, dass es zum guten Stil gehört, wenn Bürger in einem Bürgerbegehren Unterschriften sammeln und eine bestimmte Anzahl von Unterschriften zusammen haben, nicht einfach durch die Gemeinde Fakten zu schaffen. Es gehört vielmehr zum guten demokratischen Stil, dann innezuhalten und abzuwarten, inwieweit die notwendigen Unterschriften zusammenkommen.
Jetzt wird in der Entscheidung ein Horrorgemälde gemalt, dass mit einer solchen Schutzwirkung das Leben in der Gemeinde zum Stillstand komme, dass es zu einer Lähmung der Kommune kommen könne.
Ich frage mich, woraus sich diese Befürchtungen speisen. Schauen wir uns doch einmal in der Bundesrepublik um, wo es solche Schutzwirkungen gibt. In Hamburg zum Beispiel gibt es eine Schutzwirkung, die weitaus tiefer ansetzt.
In Hessen gibt es bereits dann eine Schutzwirkung, wenn Leute anfangen, Unterschriften zu sammeln. In Bayern waren von 1995 bis 1997 zweieinhalb Jahre lang schärfere Regelungen gang und gäbe. Gab es in dieser Zeit eine Lähmung der Gemeinden in Bayern,
eine Lähmung der Gemeinden in Hessen,
eine Lähmung von Hamburg?
Nein, es gab keine Lähmung.
Bei den entsprechenden Entscheidungen des Staatsgerichtshofs konnte das bayerische Innenministerium keinen einzigen Fall zitieren, in dem das Gemeindeleben zum Stillstand gekommen wäre.
Herr Heinz, wenn Sie diese Entscheidung des Innenministeriums nachvollziehen wollen, müssen Sie den Menschen verbieten, morgens auf die Straße zu gehen, denn dort könnten sie von Dachziegeln getroffen werden. Das ist genauso wahrscheinlich wie die Lähmung der Gemeinden in diesen Fällen.
Meine Damen und Herren, schließlich wendet sich das Innenministerium gegen die Abschaffung des Zustimmungsquorums bei Bürgerentscheiden. Es meint, dass ein Zustimmungsquorum wegen der demokratischen Legitimation notwendig sei. Wir meinen andersherum, dass ein Zustimmungsquorum gerade aus demokratischen Gründen fragwürdig ist. Warum?
Zum einen begünstigt ein Zustimmungsquorum immer Diskussionsverweigerer. Solange es ein Zustimmungsquorum gibt, brauche ich ein Anliegen nur totzuschweigen, muss nur darauf vertrauen, dass wenig Leute zur Abstimmung gehen. Dann werden sich immer diejenigen durchsetzen, die gegen das Bürgerbegehren sind.
Ein Quorum verhindert also eine offene demokratische Auseinandersetzung.
Zweitens: Bei Wahlen gibt es kein Quorum, und da redet niemand von demokratischer Legitimation.
Wenn wir bei Oberbürgermeisterwahlen das gleiche Quorum wie bei Bürgerentscheiden ansetzen würden, dann hätte Stuttgart keinen Oberbürgermeister.
Herr Schuster wäre nicht OB, weil er nur eine Zustimmung von 28 % der Stimmberechtigten erhalten hat.
Schließlich führt ein Zustimmungsquorum auch dazu, dass sich im Ergebnis sogar kleine Minderheiten gegen Mehrheiten durchsetzen.
Ich will Ihnen das an einem Beispiel erläutern: In AlbstadtEbingen gab es eine Abstimmung über einen Stadttunnel. Dabei haben sich 11 000 Bürger gegen den Stadttunnel ausgesprochen und 3 000 dafür. Der Stadttunnel wurde trotzdem gebaut. Warum? Weil die 11 000 Bürger, die dagegen waren, eben nur etwas über 28 % waren, und damit war der Bürgerentscheid nicht bindend.
Ich glaube, an diesem Beispiel wird deutlich, dass es sogar zu einer Diktatur einer ganz kleinen Minderheit über eine große Mehrheit der Leute kommen kann, die zur Abstimmung gehen.
Ich meine, dass diese Entscheidung der Landesregierung sehr angreifbar ist. Sie muss sich fragen lassen, wie sie mit den Menschen in unserem Land umgeht.
18 000 Menschen in unserem Land haben sich sehr viel Mühe gemacht, um mehr Möglichkeiten für die Demokratie zu schaffen. Aber diese Landesregierung lässt sie einfach auflaufen. Ich meine, hier fehlt der politische Wille, mehr Demokratie in unserem Land zu schaffen.
Meine Damen und Herren, gerade in der Zeit der CDUParteispendenaffäre wäre, um eine Identifikation der Bürger mit dem Gemeinwesen zu fördern, ein Mehr an Demokratie notwendig und keine kleinlichen Abwehrstrategien.
Noch ein Satz zu den Strategen der repräsentativen Demokratie. Auch wir sind nicht dafür, die repräsentative Demokratie durch eine direkte zu ersetzen.
Unser Gesetzentwurf will die repräsentative Demokratie sinnvoll durch Elemente der direkten Demokratie ergänzen. Wenn Sie sich anschauen, wie das in Bayern gelaufen ist...
... – ich habe noch zwei Sätze, Herr Präsident –,...
... dann sehen Sie, dass es in Bayern in der Zeit, in der Regelungen, wie sie hier vorgeschlagen werden, Gültigkeit hatten, in einer Gemeinde im Durchschnitt alle 16 Jahre zu einem Bürgerentscheid kam. Das war aber immerhin zehnmal mehr, als es in Baden-Württemberg gegenwärtig der Fall ist.
Das heißt, dass es wesentlich mehr Möglichkeiten gibt, Herr Hauk. Die Bürger haben zehnmal mehr Möglichkeiten als in Baden-Württemberg. Damit können sie sinnvoll intervenieren und haben eine höhere Identifikation mit unserem Gemeinwesen.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die vorliegende Novelle des Landesbeamtengesetzes und anderer Gesetze im Zusammenhang mit dem Landesbeamtenrecht findet weitgehend die Zustimmung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Mit dem Gesetzentwurf wird ja auch weitgehend Bundesrahmenrecht umgesetzt. Da bleibt dem Land nicht sehr viel Entscheidungsspielraum. Insofern muss der Landesgesetzgeber die entsprechenden bundesrechtlichen Rahmenvorschriften einfach in Landesrecht übernehmen. Deswegen wird es in diesem Hause darüber auch keine großen Konflikte geben.
Lassen Sie mich deshalb nur vier Anmerkungen zu dem Gesetz machen.
Zwei Änderungen durch das Gesetz begrüßen wir nachdrücklich. Erstens begrüßen wir, dass die Bezahlung der Mehrarbeitsvergütung, insbesondere im Polizeibereich, durch diesen Gesetzentwurf flexibilisiert wird. Damit wird einem Bedürfnis der Praxis Rechnung getragen. Das wird, wie ich meine, sehr zur Arbeitszufriedenheit bei der Polizei beitragen.
Zweite Anmerkung: Wir begrüßen ebenfalls, dass es dem Kommunalen Versorgungsverband erlaubt werden soll, in Zukunft bei seinen Geldanlagen etwas flexibler vorzugehen. Damit stärken wir die Finanzkraft des Kommunalen Versorgungsverbands, und letztendlich entlasten wir dadurch auch die Kommunen bei ihren entsprechenden Umlagen. Insofern, so meine ich, ist diese Vorschrift sicherlich auch kommunalfreundlich.
Lassen Sie mich noch zwei kritische Anmerkungen zu dem Gesetz machen.
Zum einen kann man bei der Übertragung der Ernennungszuständigkeiten durchaus noch etwas weiter gehen, als es der Gesetzentwurf tut. Wir haben ja inzwischen auch bei der Polizei die dezentrale Ressourcenverantwortung. Meine Damen und Herren, wenn man schon Zuständigkeiten
auf die Polizeidirektionen überträgt, ist es eigentlich nicht einzusehen, warum man das Gleiche nicht auch bei der Bereitschaftspolizei macht. Da kann man, wie ich meine, bei der Verlagerung der Zuständigkeiten noch etwas großzügiger sein. Dann ist das Ganze konsequent und gibt ein Bild, und dann ist es nicht so, dass für gleichartige Behörden unterschiedliches Recht gilt.
Ich komme zu einer weiteren kritischen Anmerkung, und zwar im Zusammenhang mit der Einführung der begrenzten Dienstfähigkeit. Zunächst einmal ist diese Regelung richtig. Denn bislang wurde ein Beamter, der nicht mehr voll dienstfähig war, in den Ruhestand geschickt. Das war eine teure Lösung, und es war auch für den Beschäftigten nicht immer befriedigend, wenn er seinem Beruf nicht mehr nachgehen konnte. Insofern ist die Einführung einer begrenzten Dienstfähigkeit mit weniger Gehalt bei weniger Arbeitszeit, die einen gleitenden Ausstieg aus dem Berufsleben ermöglicht, wenn die Dienstfähigkeit eingeschränkt ist, sicher ein richtiger Weg.
Die Einführung der begrenzten Dienstfähigkeit allein ohne Altersteilzeit wird in unseren Augen allerdings etwas schräg. Denn was ist die begrenzte Dienstfähigkeit anderes als die Altersteilzeit für Beamte, die gesundheitlich eingeschränkt sind? Sie ist nichts anderes. Auch solche Beamte haben weniger Arbeitszeit, und auch sie bekommen entsprechende Ruhestandsbezüge, etwas mehr, als ihnen nach ihrer Arbeitsleistung eigentlich zustehen würde. Aber für sie gilt diese Regelung erst, wenn sie gesundheitlich am Boden liegen.
Wir meinen, es macht nur dann Sinn, die begrenzte Dienstfähigkeit einzuführen, wenn gleichzeitig die Altersteilzeit eingeführt wird. Ich denke, das Land ist da in der Verantwortung für die Beschäftigten. Es muss seiner Fürsorgepflicht für die Beschäftigten nachkommen. Es kann sich nicht erst dann um die Beschäftigten kümmern, wenn sie gesundheitlich nicht mehr in der Lage sind, die geforderte Arbeitsleistung zu erbringen. Es muss vorher tätig werden, nämlich dann, wenn der Beschäftigte seine Arbeitsleistung – auch im Interesse seiner Gesundheit – gegen entsprechende Lohnabzüge vermindern möchte. Dann sollte das Land den Bedürfnissen nachkommen.
Alle anderen Bundesländer haben inzwischen entsprechende Regelungen auf den Weg gebracht, unser Bundesland zögert noch. Ich denke, wir sollten einen Schritt weiter gehen und sollten nicht dabei stehen bleiben, nur für gesundheitlich schon angeschlagene Beschäftigte eine Neuregelung einzuführen.
Wir werden im Innenausschuss entsprechende Änderungsanträge stellen.
Vielen Dank.
Herr Ministerpräsident, wann wird das Land Baden-Württemberg im Bundesrat den Antrag stellen, einen entsprechenden Anteil der Ökosteuer für den Straßenbau zu verwenden?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Einzelplan 03 bietet die willkommene Gelegenheit, sich mit der Politik des Innenministeriums, des Polizei- und Feuerwehrministeriums, des Kommunalministeriums, des Aussiedlerministeriums, des Ministeriums für Asylbewerber, auseinander zu setzen.
Ich habe mich bemüht, den Versuch zu unternehmen, die verschiedenen Politikfelder gemeinsam zu charakterisieren. Was sind die Eigenschaften, die die verschiedenen Politikfelder von Herrn Schäuble miteinander verbinden? Gibt es ein Muster, das in all diesen verschiedenen Politikfeldern erkennbar ist?
Ich bin auf folgendes Muster gekommen: Die Lösungen, die Herr Schäuble und das von ihm geführte Ministerium anbieten, können alle unter folgendes Label gefasst werden: Die Lösungen sind zum Ersten bürokratisch, zum Zweiten technokratisch und zum Dritten, meine Damen und Herren, in der Regel kalt. Die menschliche Seite ist in der Regel unterbelichtet.
Das möchte ich Ihnen an vier Beispielen belegen.
Meine Damen und Herren, der erste Bereich ist der Asylbereich. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Altfallregelung für geduldete Asylbewerber. Da kann ich nur sagen: Die Altfallregelung gilt in allen Bundesländern. Nur, die Art, wie sie in Baden-Württemberg praktiziert wird, ist für die Menschen, die davon betroffen sind, mehr als schikanös.
Lassen Sie mich das an zwei Beispielen belegen. Erstens: Asylbewerber mit Kindern haben in der Bundesrepublik ein Bleiberecht, wenn sie vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind. In Nordrhein-Westfalen werden aber beispielsweise auch Kinder berücksichtigt, die nach diesem Stichtag geboren sind, bei uns in Baden-Württemberg nicht. Man sucht auch in diesem Bereich immer wieder nach Möglichkeiten, den Menschen, die hier sind und die geduldet sind und seit zehn Jahren und länger bei uns leben, möglichst das Leben schwer zu machen und ihnen keine Perspektive für das zukünftige Leben in unserer Gesellschaft zu geben.
Zweitens: Eine weitere Voraussetzung dafür, dass sie eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung bei uns bekommen, ist, dass sie am 19. November 1999 im Besitz eines dauerhaften Arbeitsverhältnisses waren. In Nordrhein-Westfalen genügt eine feste Arbeitsplatzzusage an diesem Termin. Bei uns muss es ein entsprechendes festes Arbeitsverhältnis sein.
Auch hier versucht man, den Menschen das Leben und die Eingliederung möglichst schwer zu machen.
Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Die CDU redet in Papieren von Integration und praktiziert das Gegenteil davon, und sie verweigert damit Menschen, die nachweislich nicht abgeschoben werden können, eine Perspektive in unserem Land. Das ist eine Politik, die meiner Meinung nach von der menschlichen Seite aus unterbelichtet ist.
Wir fordern hier Korrekturen.
Zweites Beispiel: der Kommunalbereich. In dieser Legislaturperiode wurde die Gemeindeordnung mehrfach reformiert. Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden wurde neu geregelt. Zum Teil haben wir das auch mitgetragen, aber nicht alles, zum Beispiel nicht die Subsidiaritätsklausel. Ich denke, manche der Kommunalpolitiker der Union waren auch nicht sehr glücklich über diese Subsidiaritätsklausel. Das ist auch mehr dem Koalitionspartner geschuldet gewesen.
Wo man sich bei der Reform aber sehr stark zurückgehalten hat, war die Reform der Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, der Menschen am Gemeinwesen. Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg ist bei der Bürgerbeteiligung und beim Bürgerentscheid inzwischen
das Schlusslicht aller Bundesländer. Alle anderen haben bessere Regelungen als wir. Inzwischen, meine Damen und Herren, nehmen Bürgerinnen und Bürger diese Angelegenheit selbst in die Hand. Sie haben die Hoffnung inzwischen aufgegeben, dass die CDU-FDP/DVP-Landesregierung eine fortschrittliche Regelung beschließt. Sie haben inzwischen ein landesweites Volksbegehren eingeleitet, und sie fordern mit diesem Volksbegehren, dass es mehr Möglichkeiten für Bürgerentscheide in Gemeinden bei Fragen gibt, bei denen sie bislang nicht möglich sind, nämlich zum Beispiel über Straßen, über Bebauungspläne oder über Haushaltsfragen. Sie fordern die Einführung von Bürgerentscheiden auch in Landkreisen, zum Beispiel über Müllfragen und über das Krankenhaus. Sie fordern die Abschaffung der bisher geforderten Mindestzustimmung bei Bürgerentscheiden.
Meine Damen und Herren, es ist doch absurd, dass ein Drittel aller Bürgerentscheide allein deshalb ungültig sind
Thomas Oelmayer –, weil zu wenig Bürger zur Abstimmung gehen.
Wenn bei Bürgermeisterwahlen die gleiche Regelung gelten würde, hätte die Hälfte der Gemeinden keinen Bürgermeister. Ich meine, diese Forderung der Bürger, die in diesem landesweiten Volksbegehren erhoben wird – demnächst werden ja dem Innenministerium die entsprechenden Unterschriften übergeben –, ist vernünftig. Ich möchte heute schon ankündigen, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Entwurf der Bürger hier im Parlament einbringen wird, und sie lädt alle anderen Fraktionen herzlich dazu ein, den Entwurf mit zu unterzeichnen und ihn in Baden-Württemberg zum Gesetz werden zu lassen.
Meine Damen und Herren, ich denke, dass die Politik in diesem Bereich in Baden-Württemberg eine große Chance hat. Wer Bürgern die Möglichkeit gibt, Sachentscheidungen selbst zu treffen, stärkt die Verantwortung für unser Gemeinwesen und tut etwas gegen das weit verbreitete Gefühl, dass die da oben ja doch machen, was sie wollen, und gibt den Bürgern das Gefühl, dass sie selbst etwas zu sagen haben. Ich kann Sie nur dazu aufrufen, auf die Menschen zuzugehen, die sich in diesen Zeiten von der Politik in unserem Land abgewandt haben.
Ich komme zum dritten Beispiel, zur Polizei. Hier möchte ich zunächst einmal mit einem Lob für die Landesregierung beginnen.
Mit dem Technikstrukturprogramm mit einem Volumen von 680 Millionen DM korrigiert sie die eigenen Versäumnisse der letzten 20 Jahre in diesem Bereich. Sie bringt der Polizei endlich das entsprechende Handwerkszeug, das sie in die Lage versetzt, ihre Aufgabe vernünftig zu erfüllen.
Jetzt komme ich allerdings zur Kritik. Die Landesregierung und die sie tragenden Parteien tun sehr viel für die Technik, aber wenig für die Menschen bei der Polizei.
Überall im Land redet man – und auch das Innenministerium tut das – ständig davon, wie wichtig die Präsenz der Polizei im Land ist, wie wichtig es ist, dass die Menschen in unserem Land in ihren Vierteln die Polizei als Ansprechpartner haben. Gleichzeitig lassen diese Landesregierung und die sie tragenden Parteien zu, dass inzwischen allein in Baden-Württemberg schon 200 Polizeistellen verwaist sind. Schon 200 Polizistinnen nehmen Erziehungsurlaub in Anspruch und können nicht ersetzt werden. Das Problem ist seit langem erkannt. Bündnis 90/Die Grünen und auch die SPD
weisen schon seit Jahren darauf hin und drängen auf Abhilfe. Jahre, nachdem die entsprechenden Zahlen aufgrund von Grünen-Anträgen auf dem Tisch liegen, tritt die CDU jetzt in die Sachaufklärung ein. Vor 13 Jahren wurden die ersten Polizistinnen bei der Schutzpolizei eingestellt, die dort einen wichtigen Beitrag leisten. 13 Jahre später entdeckt die CDU, dass die Polizeibeamtinnen auch Kinder bekommen können. Da kann ich nur sagen: Guten Morgen!
In diesem Zusammenhang finde ich es einfach unverschämt, dass die CDU in Pressemitteilungen davon spricht, dass die SPD und die Grünen mit ihren Anträgen populistische Schnellschüsse veranstalten. Ich kann dazu nur sagen: Die CDU hat die letzten 13 Jahre schlicht und ergreifend verschlafen.
Ich muss auch sagen, dass ich ein bisschen enttäuscht darüber bin, wie die CDU dieses Problem behandelt hat.
Insbesondere bin ich auch darüber enttäuscht, wie der CDU-Polizeisprecher dieses Problem behandelt hat. Vor eineinhalb Jahren haben wir bei einem Gespräch mit der Gewerkschaft der Polizei mit allen Polizeisprechern der demokratischen Parteien in diesem Hause
vereinbart, dass wir in diesem Doppelhaushalt dieses Problem in einer ersten Tranche angehen. Vor eineinhalb Jahren! Die CDU-Fraktion hätte eineinhalb Jahre Zeit gehabt, sich diesem Problem zu stellen. Eineinhalb Jahre ist in dieser CDU-Fraktion nichts passiert. Die entsprechende Zusage wurde nicht eingehalten. Ich finde das einen sehr, sehr schlechten Stil der CDU gegenüber den Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen in diesem Land, meine Damen und Herren.
Ich komme zum vierten Beispiel, und zwar zu den anlassunabhängigen Polizeikontrollen. Das ist nicht nur ein Beispiel dafür, dass bei der Landesregierung menschliches Verhalten ab und zu ausgeblendet wird, sondern auch dafür, dass man im populistischen Übereifer auch einmal im Vorbeigehen Verfassungsrecht verletzt.
Meine Damen und Herren, mit den anlassunabhängigen Polizeikontrollen muss jeder Mensch, der auf Durchgangsstraßen in unserem Land unterwegs ist, Polizeikontrollen dulden, egal, ob er durch sein Verhalten dazu Anlass gegeben hat oder nicht.
Schon bei der Einführung dieser Regelung hat unsere Fraktion die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung bezweifelt, wie übrigens auch der Landesdatenschutzbeauftragte. Jetzt hat das Verfassungsgericht von Mecklenburg-Vorpommern eine vergleichbare Regelung kassiert. Ich zitiere:
Auf Durchgangsstraßen außerhalb des 30 Kilometer tiefen Grenzgebiets dürfen ereignis- und verdachtslose Identitätsfeststellungen von jedermann nicht stattfinden. Denn ein jeder hat das Recht zu selbstbestimmtem Verhalten. Das schließt die beliebige Vereinnahmung zu staatlicher Zweckverfolgung aus. Vielmehr ist verfassungsrechtlich ein hinreichender Grund dafür erforderlich, dass der Einzelne zur vorbeugenden Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität in die Verantwortung genommen wird. Dafür genügt nicht allein der Umstand,
Herr Schäuble –
dass jemand sich auf einer Durchgangsstraße befindet.
Bislang weigern sich die Landesregierung und das Innenministerium, dies zur Kenntnis zu nehmen und die auch hier im Land notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Auf entsprechende Anfragen von Grünen und SPD gibt es als Antwort nur halbseidene Ausflüchte.
Wir meinen, dass die Kontrollregelung ganz klar nicht verhältnismäßig ist, dass sie der Verfassung ganz klar widerspricht, dass Erfolge dieser Kontrollen nicht nachweisbar sind und dass die veröffentlichten Zahlen keinerlei Nachprüfung standhalten. Das habe ich Ihnen an dieser Stelle schon mehrfach vorgehalten. Wir sind davon überzeugt, dass diese Regelung bei einer Klage vor dem Staatsgerichtshof keinen Bestand haben könnte.
Wer hat das gerade gerufen?
Wenn uns jemand zur Klage auffordert, dann soll er uns nur die entsprechende Anzahl an Abgeordneten geben, damit wir 25 % der Abgeordneten sind.
Dann klagen wir. Wir sind leider noch nicht so viele, aber wenn Sie weiterhin so Politik machen, schaffen wir das bestimmt beim nächsten Mal, meine Damen und Herren.
Ich möchte meine Rede mit einem Zitat des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU Deutschland, Volker Rühe, beschließen.
Er sagt über die CDU:
Wir haben viele Mitglieder, für die Recht und Gesetz unheimlich wichtig sind.
Er sprach ausdrücklich von „vielen“, nicht von allen.
Nach seinem bisherigen Verhalten wissen wir jetzt nicht, ob der Innenminister dieses Landes in dieser Verfassungsfrage bei den vielen oder bei den wenigen anderen ist.