Frieder Birzele
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Herr Justizminister, nachdem Sie jede Frage zu beantworten in der Lage sind, frage ich Sie:
Erstens: Welche Personen sind in den letzten drei Jahren aus der Haft entlassen worden und wieder straffällig geworden und hätten nach diesem Gesetzentwurf weiter untergebracht werden können?
Zweitens: Welche Personen sind gegenwärtig in den Haftanstalten, deren Entlassung im nächsten halben Jahr ansteht und bei denen nach Ihrer Auffassung die Voraussetzungen für eine weitere Unterbringung gegeben sind?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stelle fest, dass der Herr Landtagspräsident die waghalsige verfassungsrechtliche Auslegung des Kollegen Hauk offensichtlich nicht teilt. Wir schließen uns der Auffassung des Landtagspräsidenten an.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will mit einem Lob der Landesregierung beginnen.
Sie hat heute etwas fertig gebracht, was sie in der Vergangenheit als unmöglich bezeichnet hat: dass man die Zustimmung zur Berufung als Kabinettsmitglied und die Beantragung von Ausnahmebewilligungen am selben Tag erledigen könne.
Heute hat sie gezeigt, dass dies möglich ist. Ich finde es erfreulich, dass sie insoweit lernfähig war.
Nachdem der Herr Kollege Reinhart erklärt hat, er teile die Auffassung, dass eine Ausnahmegenehmigung auch für einen ehrenamtlichen Staatsrat erforderlich ist, brauche ich dazu nichts mehr zu sagen.
Ich will aber etwas sagen zu Sinn und Zweck der Norm des Artikels 53 Abs. 2 der Landesverfassung. Diese Norm ist inhaltsgleich mit der entsprechenden Bestimmung in Artikel 66 des Grundgesetzes. Zu dieser Norm hat Herzog in dem führenden Kommentar Maunz-Dürig-Herzog Folgendes wörtlich ausgeführt:
Schon an dieser Stelle steht aber fest, dass die Zielrichtung der Vorschrift insoweit nicht Gewaltenteilung sein kann, sondern die Trennung gesellschaftlicher, vor allem aber wirtschaftlicher Interessen von der Ausübung der Regierungsämter, ja sogar die Vermeidung des möglicherweise ganz unbegründeten Verdachts, dass es zur Vermischung dieser Interessen mit dem öffentlichen Interesse kommen könnte.
Also ist Sinn und Zweck dieser Vorschrift die Vermeidung auch des bösen Scheins. Das kann aber im vorliegenden Fall nur dann gewährleistet werden, wenn die Ausnahmebewilligung abgelehnt wird.
Nun war interessant: Im Ausschuss hat Minister Dr. Palmer dargelegt, dass sich der Herr ehrenamtliche Staatsrat Professor Beyreuther mit BSE-Problemen zu beschäftigen habe, zunächst nur mit BSE-Problemen,
und dass die Firma ABETA GmbH – die nicht erst in Gründung ist, sondern die schon gegründet ist – nicht auf diesem Gebiet arbeitet.
Lieber Kollege Haasis, es wäre bei Ihnen unnormal, wenn Sie einmal bei einer verfassungsrechtlichen Frage aufmerksam zuhören würden.
Deshalb weise ich darauf hin. Das hat heute Morgen eine erhebliche Rolle gespielt. Unser Fraktionsvorsitzender hat kritisiert,
dass der ehrenamtliche Staatsrat nicht ausschließlich oder vorwiegend für die Frage BSE eingesetzt wird. Der Ministerpräsident hat hierzu umfangreich Stellung genommen. Ich zitiere aus den Ausführungen von heute Morgen. Da sagt er:
Ich kann Ihnen sagen: Professor Beyreuther ist nach meiner Erfahrung und den Gesprächen, die ich mit ihm geführt habe, in seiner wissenschaftlichen Reputation und Forschung eben nicht nur auf BSE eingeengt.
Er ist beispielsweise ein ausgesprochener Fachmann von Format in Fragen der Alzheimer-Forschung. Er ist ein Fachmann in Fragen der Lebenswissenschaften.
Weiter unten heißt es:
Ich kann nur sagen: Mittelfristig gesehen werden die Fragen des Lebensschutzes des Menschen und des Gesundheitsschutzes eine größere Bedeutung haben als BSE.
Er hat weiter ausgeführt:
Deswegen habe ich seine Aufgabe ganz bewusst formuliert und mit ihm abgesprochen: Lebensschutz und Gesundheitsschutz der Menschen – darum geht es.
Die Halbwertszeit von Aussagen ist bemerkenswert kurz. Sie beträgt einen halben Tag.
Dieses Unternehmen ist deshalb eindeutig im gleichen Bereich tätig, in dem der ehrenamtliche Staatsrat nach der Formulierung des Ministerpräsidenten tätig sein soll. Wir haben hier im Landtag seit 30 Jahren keinen Fall mehr gehabt, bei dem eine solche wirtschaftliche Tätigkeit in einem privaten Unternehmen, an dem das Land nicht beteiligt ist, zugelassen wurde.
Wir haben auch davor keinen Fall hier gehabt, bei dem die öffentliche Tätigkeit und die private Tätigkeit im gleichen Feld liegen.
Deshalb meinen wir: Hier liegt eine solche Interessenkollision vor bzw. kann eine solche Interessenkollision vorliegen.
Deshalb habe ich ausdrücklich Herzog zitiert: Es gilt den bösen Schein zu meiden, und zwar gerade in diesem sensiblen Bereich, bei dem es darauf ankommt, das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen. Deshalb kann die begehrte Ausnahme nicht bewilligt werden.
Ich möchte eine Erklärung abgeben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies alles wäre vermeidbar gewesen.
Ich erkläre ausdrücklich, auch nach Rücksprache mit meinen Kollegen, die im Ausschuss anwesend waren, dass uns die Erklärung des Herrn Staatsrats überzeugt hat.
Herr Kollege Pfister, sind Sie sich darüber im Klaren, dass der Landtagspräsident bei Vorermittlungen zu einem Disziplinarverfahren das persönliche Verhalten des Rechnungshofpräsidenten zu untersuchen hat,
aber nicht die Frage zu klären hat, ob dem Rechnungshof Entlastung erteilt werden kann oder nicht?
Herr Kollege Kiesswetter, wollen Sie bei diesen Überlegungen nur potenzielle Täter einbezogen wissen, die bereits eine Straftat begangen haben, oder prüfen Sie auch die Frage, ob nicht andere, bei denen genau die gleiche Prognose vorliegt, ebenfalls in solche Überlegungen eines Polizeirechts einbezogen werden müssten?
Herr Kollege Veigel, wenn Sie gerade Herrn List zugestimmt haben, was die Ausführungen bezüglich Bürgerbegehren, Bürgerentscheide auf Landkreisebene betrifft, wie verträgt sich das dann mit der im März 2000 geäußerten Auffassung Ihres Parteivorsitzenden und stellvertretenden Ministerpräsidenten – ich zitiere – , das Volksbegehren habe richtige und wichtige Ansätze wie zum Beispiel Einführung eines Bürgerbegehrens und -entscheids auf Landkreisebene und eines Auskunftsrechts für Initianten und die Gleichstellung bei der Information der Öffentlichkeit?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Brandanschlag auf die jüdische Synagoge in Düsseldorf, der Überfall auf russische Aussiedler, Hakenkreuzschmierereien an der Gedenkstätte Buchenwald und auf dem jüdischen Friedhof in Schwäbisch Hall, vor zwei Tagen begangen, am 3. Oktober, dem zehnten Jahrestag der deutschen Einheit – ein schlimmeres Zeichen der Unbelehrbarkeit hätte es nicht geben können. An einem solchen Festtag wurden Taten verübt, die die Erinnerung an den nationalsozialistischen Rassismus und Antisemitismus wachrufen müssen.
Nach der Wiedererlangung der Einheit Deutschlands erlebten wir eine erschreckende Welle rechtsextremistischer Straftaten und fremdenfeindlicher Gewalttaten in Deutschland: Hoyerswerda, Rostock, Mölln, Solingen, aber auch Friedrichshafen und Filderstadt sind einige der Orte, an denen Fremde bedroht und getötet worden sind. Insgesamt 93 Menschen sind in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland aus rechtsextremistischen Motiven ermordet worden. Nach dem starken Ansteigen rechtsextremistischer Straftaten und Gewalttaten in den Jahren 1991 bis 1994 gab es einen Rückgang in den Folgejahren 1995 und 1996, auch dank konsequenter Verfolgungsmaßnahmen. Ab 1997 ist leider wieder ein gewisser Anstieg dieser Straftaten festzustellen. Auch in diesem Jahr gab es zahlreiche spektakuläre Anschläge auf Personen in Deutschland.
Die Situation in Baden-Württemberg ist etwas günstiger als in anderen Bundesländern. Aber auch bei uns gab es im laufenden Jahr bereits zwei versuchte Tötungsdelikte, so am 11. Februar in Owingen bei Friedrichshafen einen Brandanschlag auf einen „Szeneabtrünnigen“ und am 10. April in Ditzingen einen versuchten Mord an einem Asylbewerber. Weitere erhebliche Straftaten waren zu verzeichnen.
Eine besonders bedrohliche Entwicklung ergibt sich in der rechtsextremistischen Musikszene und im Internet. Die Zahl der Internetauftritte deutscher Rechtsextremisten hat sich seit 1996 verzehnfacht.
Diese Fakten, meine Damen und Herren, zeigen, dass wir das Problem rechtsextremistischer Straftaten noch lange nicht bewältigt haben, wenn wir es je werden bewältigen können.
Welche Erkenntnisse haben wir nun über die Täter solcher Straftaten? Bei den 1999 ermittelten Tatverdächtigen ist das niedrige Durchschnittsalter sehr bemerkenswert. Bei den rechtsextremistisch motivierten Gewaltdelikten lag es bei 18,7 Jahren. Bemerkenswert ist auch, dass es sich bei diesen Straftaten vorwiegend um Delikte von Männern handelt. Der Anteil weiblicher Tatverdächtiger betrug lediglich 6,2 %. 60 % aller extremistischen und fremdenfeindlichen Gewalttaten wurden durch Skins verübt. Wie groß das Gefahrenpotenzial ist, ergibt sich daraus, dass durch die sorgfältige Arbeit des Landesamts für Verfassungsschutz 1999 670 Skinheads bei Veranstaltungen festgestellt werden konnten.
Was sind nun die Gründe für die Anfälligkeit gerade junger Menschen für rechtsextremistische Ideen?
Ein wesentliches Ergebnis eingehender Studien ist die Erkenntnis, dass es d e n rechtsextremistischen Gewalttäter nicht gibt. Alle Versuche, einen solchen typischen Gewalttäter beschreiben zu wollen, führen zu einem höchst widersprüchlichen Bild. Geeignet ist meines Erachtens vielmehr die Einteilung der Gewalttäter in mehrere Gruppen, die sich hinsichtlich ihrer Motivation, aber auch hinsichtlich ihrer Bildung und ihrer Herkunft voneinander unterscheiden. Der Einfachheit halber möchte ich mich im Folgenden auf drei Großgruppen beschränken: auf die Mitläufer, die gewaltbereiten Schläger und schließlich die ideologisch vorbelasteten Rechtsextremisten.
Der Typus des Mitläufers ist meist noch sehr jung, kommt in der Regel aus eher unauffälligen Elternhäusern, geht zur Schule oder hat bereits eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung. Dieser Tätertypus verfügt nicht über ein ausgeprägtes rechtsextremistisches oder ausländerfeindliches Weltbild. Der Grund für die Teilnahme an fremdenfeindlichen Straftaten ist meist ein gewisser gruppenpsychologischer Konformitätsdruck, Alkoholgenuss und Imponiergehabe.
Den zweiten Typus könnte man als Schlägertypus bezeichnen. Dieser Typus hat meist keine abgeschlossene Berufsoder Schulausbildung, kommt überproportional häufig aus problematischen Familienverhältnissen und ist meist vorher schon wegen Gewaltdelikten polizeilich aufgefallen.
Körperliche Gewalt gehört bei diesem Tätertypus zum Alltag und wird gewissermaßen als die normale Art der Konfliktaustragung angesehen. Dieser Typus hat in der Regel schon in der Familie Gewalt erfahren. Trotz der bisweilen sehr ausgeprägten Ausländerfeindlichkeit finden wir auch bei diesem Typus kaum ein verfestigtes rechtsextremistisches Weltbild.
Der nächste, also der dritte Typus, ist schließlich der ideologisch vorbelastete Rechtsextremist. Er ist politisch stark aktiv, verfügt häufig sogar über einen höheren Bildungsabschluss und setzt Gewalt strategisch gegen bestimmte Opfergruppen ein.
Bei der Frage nach den Gründen für fremdenfeindliche Gewalt müssen wir auch die Unterschiede zwischen diesen Tätergruppen in unsere Überlegungen einbeziehen. Wir ha
ben es gerade bei den beiden erstgenannten Gruppen mit Tätertypen zu tun, für die typisch ist, dass sich die Gewaltbereitschaft meist spontan entwickelt und sich dann gegen Bevölkerungsgruppen richtet, die in irgendeiner Weise abgrenzbar sind und gegen die derartige Übergriffe, wie auch immer, rechtfertigbar erscheinen, das heißt, wenn der Opfergruppe vorher ganz bestimmte negative Eigenschaften und vor allem die Verantwortung für eine ganze Reihe von Missständen zugeschrieben wurden. Wenn d i e Ausländer oder d i e Juden oder d i e Linken für alle Übel der Welt verantwortlich sind,
dann braucht man wegen der gewalttätigen Übergriffe gegen diese Gruppen auch kein schlechtes Gewissen zu haben.
Daraus folgt, dass wir die Phänomene Gewalt und Rechtsextremismus getrennt voneinander betrachten müssen. Bei einer großen Zahl solcher Straftäter ist zuerst die Gewaltbereitschaft vorhanden, die sich dann im konkreten Einzelfall ein Opfer sucht. Die wirkliche Gefahr liegt deshalb im rechtsextremistischen Hintergrund.
Wie unsere Geschichte gezeigt hat, braucht der Rechtsextremismus drei Bedingungen, um zur ernsthaften Gefahr für die Demokratie zu werden: Er braucht die Aggressivität und die Gewaltbereitschaft der wenigen, er braucht die Sympathie eines beträchtlichen Teils der Bevölkerung, und er braucht die Passivität der Übrigen. Fremdenfeindliche Gewalt ohne Sympathie in der Bevölkerung wäre in erster Linie ein polizeiliches Problem oder eines für die Jugendsozialarbeit. Zur Gefahr für das gesamte demokratische Gemeinwesen werden Fremdenfeindlichkeit und Gewalt aber dann, wenn ein Teil der Bevölkerung dies versteckt oder offen begrüßt und die so genannte schweigende Mehrheit es duldet. Gefahren drohen somit nicht nur von den eigentlichen Gewalttätern, sondern vor allem von den rechtsextremistischen Parteien und Organisationen, die Vorurteile schüren und ein Klima schaffen, in dem fremdenfeindliche Gewalt gedeihen kann.
Ich will von den Auffassungen, die Rechtsextremisten besonders kennzeichnen, zwei hervorheben:
Der Rechtsextremismus geht von der prinzipiellen Ungleichheit der Menschen aus, unterstellt also, dass es Menschen höheren und minderen Werts gibt.
Kennzeichnend für alle rechtsextremistischen Organisationen ist zum Zweiten eine ausgesprochene oder unterschwellige Akzeptanz von Gewalt. Diese Bereitschaft, Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung zumindest insgeheim zu akzeptieren, macht nach meiner Überzeugung die eigentliche Gefährlichkeit des Rechtsextremismus aus.
Ich möchte in diesem Zusammenhang zur Verdeutlichung eine Aussage des Landesvorsitzenden der Republikaner, Käs, zitieren, der die Exzesse von Rostock mit den Worten rechtfertigte: Wie sollen sich die Menschen sonst wehren?
Als Grundkonsens unserer Gesellschaft wurde in Artikel 1 des Grundgesetzes festgelegt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Würde des Menschen und nicht nur des deutschen, wie Johannes Rau bei seiner Dankesrede nach der Wahl zum Bundespräsidenten betonte. Dieser Grundkonsens wird durch die rechtsextremistischen Straftaten gebrochen. Es wird zwischen höherwertigen Menschen, den Deutschen, und Minderwertigen, den Fremden, den Ausländern, den Juden, den Minderheiten, unterschieden. Damit lebt der alte nationalsozialistische Rassenwahn wieder auf.
Unsere erste Aufgabe ist es, das Begehen solcher Straftaten zu verhindern oder, soweit solche Straftaten dennoch begangen werden, rasch aufzuklären und konsequent zu ahnden. Die Bekämpfung dieser Straftaten ist zunächst Aufgabe der Polizei und der Justiz. Sie haben dies in dankenswerter Weise auch bisher so ausgeführt. Ich betone ausdrücklich: Die Sensibilität für angemessene und schnelle Strafverfahren hat erheblich zugenommen. Die repressiven Maßnahmen – wir haben sie in Abschnitt I unseres Antrags aufgeführt – müssen trotzdem verstärkt werden. Dies ist wohl die gemeinsame Auffassung der vier demokratischen Fraktionen dieses Hauses.
Polizei und Justiz können die Probleme jedoch nicht allein lösen. Deshalb ist es notwendig, gerade auch die soziale Präventionsarbeit zu verstärken, wie wir es in Abschnitt II unseres Antrags aufführen. 97 % der Täter wurden nach den Feststellungen der Polizei in ihrem regionalen Umfeld auffällig. Also gilt es, insbesondere die Möglichkeiten der kommunalen Kriminalprävention verstärkt zu nutzen. Nordrhein-Westfalen hat ein Programm zur Unterstützung entsprechender kommunaler Aktivitäten mit einem Volumen von 21 Millionen DM aufgelegt. Wir sollten etwas Ähnliches vorsehen.
Wir müssen auch die politische Bildung fördern, wie wir es in Abschnitt III vorschlagen, um die Aufklärung über den Rechtsextremismus zu fördern. So war zum Beispiel die Wanderausstellung „Biedermänner und Brandstifter“ sehr wirkungsvoll. Sie wird jetzt noch mit großem Erfolg in Sachsen gezeigt. Deshalb sollte unseres Erachtens eine neue Wanderausstellung konzipiert werden.
Über all diese Maßnahmen – und selbstverständlich auch über die von Ihnen, Herr Oettinger und Herr Pfister, im Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP/ DVP vorgeschlagenen Maßnahmen sowie den Maßnahmenkatalog der Regierung – sollten wir offen und eingehend im Innenausschuss beraten und beschließen. Die demokratischen Kräfte und Parteien müssen zusammenstehen gegen den Rechtsextremismus, gegen Gewalt und Fremdenhass und sich gemeinsam für Demokratie und Toleranz einsetzen. Deshalb sollten wir als ein gemeinsames Zeichen heute über den gemeinsamen Entschließungsantrag abstimmen.
Unsere gemeinsame Zielsetzung muss auch sein – und da schließe ich mich dem an, was Herr Oettinger gesagt hat –, mit allen Kräften dafür zu sorgen, dass die rechtsextremistische Partei Die Republikaner dem nächsten Landtag nicht mehr angehört.
Nur ein kleiner Teil der Wählerinnen und Wähler der Reps vertritt rechtsextremistische Auffassungen. Den größeren Teil der bisherigen Wählerschaft der Reps müssen wir davon überzeugen, dass es besser ist, eine andere, eine demokratische Partei zu wählen.
Lassen Sie mich zum Schluss – auch selbstkritisch – festhalten: Unser gemeinsamer Kampf gegen den Rechtsextremismus und gegen rechtsextremistische Gewalt wird nur dann wirklich erfolgreich sein, wenn wir alle der Versuchung widerstehen, um kurzfristiger Erfolge willen Kampagnen und Wahlaussagen zu machen, die eine gefährliche Stimmungslage erzeugen können, in der, auch ohne dass dies gewollt ist, Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus gedeihen können.
Die Gesellschaft ist insgesamt aufgerufen, nicht wegzusehen, ausländerfeindliche und rechtsextremistische Parolen nicht hinzunehmen, sondern deutlich zu machen, wofür Demokraten stehen: für eine Gesellschaft, in der auch Minderheiten, Fremde und Schwache angstfrei und sicher leben können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kollege Kurz hat gerade darauf hingewiesen, dass auch nach unserer letzten Debatte über die Erhöhung der Entschädigung in den Medien der Vorwurf der Selbstbedienung erhoben wurde.
Ich habe bereits bei der letzten Sitzung darauf hingewiesen, dass wir als Gesetzgeber diese Entschädigung selbst beschließen müssen, wie dies beispielsweise auch in den Kommunalparlamenten die kommunalen Gremien selbst erledigen müssen, und dass der Versuch gescheitert ist, durch eine Grundgesetzänderung zu ermöglichen, diese Entscheidung auf eine Kommission zu übertragen. Der Versuch ist deshalb gescheitert, weil in der Öffentlichkeit Kritik daran geübt wurde, Kritik, die Abgeordneten wollten sich ihrer Aufgabe entziehen. Wenn aber dann in den Medien dieser Sachverhalt nicht korrekt dargestellt wird, sondern – ich zitiere aus der „Ländersache“ – der Moderator formuliert:
Doch von dem seit vielen Jahren kritisierten Verfahren, sich selber die Gehälter zu genehmigen, wollen die Parlamentarier auch dieses Mal nicht lassen.
oder wenn die Redakteurin ausführt:
Weil die Abgeordneten nicht, wie seit Jahrzehnten gefordert, eine unabhängige Kommission über ihre Gehaltserhöhung befinden lassen wollten, gab es immer wieder solche Bilder: Selbstbedienung, pfui!
dann halte ich das für außerordentlich ärgerlich. Denn wer dieser Debatte zugehört hat, der sollte darüber informiert sein, warum wir diese Erhöhung selbst beschließen müssen.
Zweite Bemerkung: Wir erleben sehr häufig, dass, wenn über die Höhe der Entschädigung diskutiert wird, die Mitbürgerinnen und Mitbürger hohe Beträge annehmen, viel höhere als die, die wir tatsächlich erhalten. Wir erhalten im Jahr 101 700 DM. Ich habe das letzte Mal Vergleiche gewählt: In A 14 beträgt das Jahreseinkommen gegenwärtig ohne die Erhöhung 103 926,24 DM. Also haben wir weniger als ein Oberregierungsrat oder Oberstudienrat. Dessen ungeachtet heißt es in dem erwähnten Bericht, die Abgeordneten hätten ungefähr das Gehalt eines Oberstudiendirektors. Ich habe also für das Durchschnittsalter der Abgeordneten von 52 Jahren, verheiratet, zwei Kinder – ich sage jetzt nicht mehr: durchschnittlich verheiratet –,
ausrechnen lassen, was ein Oberstudiendirektor, 52, verheiratet, zwei Kinder, erhält. Er erhält 131 728,17 DM, also 30 000 DM mehr als die Abgeordneten. Das ist die Korrektheit der Berichterstattung.
Drittes Beispiel. Es wird Folgendes kritisiert – ich zitiere –:
Nur, wer vom Bürger verlangt, den Gürtel enger zu schnallen, der sollte selbst für mehr Offenheit sorgen. Denn was dem Wahlvolk gern verschwiegen wird: Der Teilzeitabgeordnete bekommt neben der relativ moderaten Grunddiät von 8 475 DM noch ein dickes Zubrot.
Dann kommen die Unkostenpauschalen. Wer sagt, das würde dem Bürger verschwiegen, führt die Öffentlichkeit irre. Das kann in genauer Zahl aus zwei Landtagsdrucksachen und aus der Pressemitteilung „Landtagspräsidium stimmt Diätenerhöhung zu“ entnommen werden. Da sind die exakten Beträge aufgeführt, nicht nur die prozentuale Erhöhung. Deshalb meine ich, etwas korrektere Berichterstattung wäre angemessen,
insbesondere auch deshalb, weil ja die Berichterstatter selbst beurteilen können, ob unsere Entschädigungen angemessen sind oder nicht.
Ich habe mich deshalb um eine neue Vergleichsgruppe bemüht
und bei der Geschäftsstelle des Deutschen JournalistenVerbandes nachgefragt. Ein Tageszeitungsredakteur verdient ab dem elften Berufsjahr ungefähr 103 000 DM, also so viel wie ein Abgeordneter.
Redakteure des SWR verdienen im Normalfall nach acht Berufsjahren ungefähr 100 000 DM im Monat.
Im Jahr, Entschuldigung. Da kann noch nicht einmal der Intendant mithalten. – Die höchste Gehaltsstufe des Tageszeitungsredakteurs, also nicht in einer leitenden Funktion, ist 130 000 DM, also ungefähr Oberstudiendirektor, allerdings nicht mit Pension, sondern mit Angestelltenversicherung. Ich habe diese Vergleichszahlen nur erwähnt, um darzustellen, dass bei einem vergleichbaren Einkommen auch eine anständige Berichterstattung zu erwarten wäre.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unser Abgeordnetengesetz sieht die Regelung vor – Sie wissen es –, dass der Präsident jedes Jahr einen Bericht zur Angemessenheit der Entschädigung vorlegt und einen Vorschlag zur Anpassung unterbreitet. Der Landtag beschließt dann mit Wirkung zum 1. August desselben Jahres.
Ich habe schon verschiedentlich darauf hingewiesen, dass der Antrag zur Grundgesetzänderung leider gescheitert ist, mit dem versucht wurde bzw. beabsichtigt war, die Bestimmung der Höhe der Entschädigung und deren jeweilige Anpassung einer Kommission zu übertragen, damit nicht die Parlamente immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt werden, sie würden Selbstbedienung betreiben. Dieser Versuch ist leider gescheitert. Vielleicht wird dies irgendwann einmal gelingen.
Ich bin der festen Überzeugung: Wenn eine unabhängige Kommission die Abgeordnetenentschädigungen festlegen würde, dann wären sie wesentlich höher, als wir sie gegenwärtig haben. Wir haben hier im Landtag ja eine Kommission gehabt, die Vorschläge unterbreitet hat. Die Vorschläge lagen wesentlich höher als die jetzigen Entschädigungen.
Da dies aber nicht gelungen ist, haben wir über den Vorschlag des Präsidenten im Präsidium beraten. Die vier Fraktionen CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP/ DVP sind übereingekommen, Ihnen den vorliegenden Gesetzentwurf gemeinsam zu unterbreiten. Herr Kollege Hauk hat es zu Recht erwähnt: Die vorgeschlagene Erhöhung liegt im unteren Bereich des Rahmens der Erhöhungen, die bei der Einkommensentwicklung gegenwärtig festzustellen waren. Sie haben einige Zahlen erwähnt. Im Bericht gibt es noch weitere Zahlen des Statistischen Landesamts.
Wir halten es auch für sinnvoll, bereits jetzt die Erhöhung für das Jahr 2001 zu beschließen. Sie wissen, dass die Tariflaufzeiten verlängert worden sind, sodass insoweit auch eine Vorhersage getroffen werden kann. Es wäre für den neuen Landtag auch schwierig, gleich in einer der ersten Sitzungen über die nach dem Abgeordnetengesetz erforderliche Anpassung zu entscheiden. Es gäbe natürlich auch hier dann wiederum zahlreiche, teilweise auch wenig qualifizierte Anmerkungen.
Ich will besonders eingehen auf die Kritik, die aus dem öffentlichen Bereich geäußert worden ist. Wenn ich diese Erhöhung um 2,3 % mit dem Tarifabschluss vergleiche, dann liegen wir jetzt um 0,3 Prozentpunkte über diesem Tarifabschluss und im nächsten Jahr um 0,1 Prozentpunkte darunter, also in der Nähe dieses Tarifabschlusses.
Scharfe Kritik wurde vom Beamtenbund geübt. Es ist darauf hinzuweisen – Kollege Hauk hat es bereits getan –, dass wir nicht ein Beamtenparlament sind. Ich will in die
sem Zusammenhang auch sagen: In früheren Zeiten haben wir auch vom Beamtenbund wie von anderen Organisationen kein Lob erhalten, wenn Entschädigungserhöhungen ganz ausgefallen sind,
obwohl die Einkommen sonst angehoben worden sind.
Ich will zusätzlich darauf hinweisen, dass es schon wesentliche Unterschiede zwischen Abgeordneten und Beamten gibt. Der Beamte hat eine Lebenszeitstellung; er hat kein Berufsrisiko. Die Abgeordneten haben ein Risiko. Das hat sich schon bei der Nominierung bei einigen gezeigt, und das wird sich bei der Wahl bei einigen zeigen. Wenn ich einbeziehe, was sonst in der Wirtschaft bei derartigen Risiken für Gehälter und Abfindungen gezahlt werden, dann, meine ich, ist es durchaus angemessen, dass wir uns auch bei unseren Einkommen ungefähr im Bereich der allgemeinen Einkommensentwicklung halten. Gerade weil wir dem öffentlichen Dienst und den Rentnern besondere Opfer zugemutet haben und zumuten werden, halten wir es auch für richtig, dass wir im unteren Bereich der Einkommensentwicklung verbleiben.
Lassen Sie mich noch einen Vergleich zu anderen Berufsgruppen machen. Im letzten Jahr habe ich uns mit Studienräten und Oberstudienräten verglichen.
Das hat mir heftige Kritik eingebracht.
Ich will deshalb vorsichtshalber diesmal den Vergleich wählen mit einem Bürgermeister einer Gemeinde zwischen 1 000 und 2 000 Einwohnern. Dieser hat jetzt A 13/A 14 und wird künftig A 14/A 15 haben. Wenn man alles zusammenrechnet, haben wir ein Jahreseinkommen von 101 700 DM. In A 14 beträgt das Jahreseinkommen gegenwärtig 103 926,24 DM, liegt also rund 2 200 DM höher. Wir sind also unterhalb von A 14. Wir verdienen also weniger als ein Bürgermeister einer Gemeinde der genannten Größenordnung, obwohl unsere Wahlkreise durchschnittlich 140 000 Einwohner umfassen. Ich meine deshalb, wir brauchen uns mit unserem Einkommen nicht schamverhüllt um die Ecke zu schleichen.
Lassen Sie mich noch etwas zu der Erhöhung der Reisekostenpauschale um 5 % sagen. Auch hier gab es heftige Kritik, insbesondere die, die Abgeordneten wollten sich vor den Auswirkungen der Ökosteuer drücken. Das ist falsch. Zunächst ist das hier ein Aufwendungsersatz, und bei diesem Aufwendungsersatz für die Wahrnehmung des Mandats sind natürlich Kosten zu erstatten. Soweit wir privat Auto fahren, sind wir von allen Preissteigerungen genauso betroffen wie alle anderen auch.
Zweitens – Herr Kollege Hauk hat es angesprochen –: Die Gesamtkosten im Kraftfahrzeugbereich stiegen im letzten Jahr um 7,7 %. Wir erhöhen nur um 5 %.
Drittens – und das erscheint mir schon ganz wesentlich –: Heute ist ja das Reisekostengesetz in erster Lesung ohne Aussprache behandelt worden. Dort ist bei der Kilometerentschädigung für Kraftfahrzeuge eine Erhöhung um 6 Pfennig vorgesehen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs ist dies eine Erhöhung um 11,5 %. Ich räume ein: Wir erhöhen zum 1. August 2000, die Reisekostenentschädigung für den öffentlichen Dienst wird zum 1. Januar 2001 erhöht, aber um mehr als das Doppelte. Ich meine deshalb, dass wir, auch was die Erhöhung der Reisekostenentschädigung betrifft, im vernünftigen Rahmen liegen.
Letzte Bemerkung: Wir halten den Gesetzentwurf für richtig, sonst hätten wir ihn nicht mit eingebracht. Aber ich halte es auch für notwendig, dass sich der Landtag noch in dieser Legislaturperiode mit zwei Dauerproblemen beschäftigt: dass er sich erstens mit der Frage der Inkompatibilität beschäftigt und dabei die Fiktion des Teilzeitbeamten aufgibt und zweitens mit einer Änderung des Landtagswahlgesetzes, um auch hier zu besseren Verhältnissen zu gelangen.
Herr Abg. Deuschle, vermögen Sie zu unterscheiden zwischen einer Einkommenserhöhung – das ist die Erhöhung der Entschädigung – und einer Erhöhung der Erstattung für erhöhte Aufwendungen?
Herr Minister, haben Sie bei Ihrem Besuch in Frankfurt auch mit der Frankfurter Oberbürgermeisterin gesprochen? Wenn ja, mit welchem Ziel und mit welchem Inhalt?
Herr Abg. Schmid, verstehe ich Ihre Ausführungen richtig als eine scharfe Distanzierung von Wirtschaftsminister Dr. Döring?
Herr Kollege Wieser, welche Aussage ist richtig: Ihre Aussage, Baden-Württemberg habe die Zahl der Ausbildungsplätze in diesem Bereich verdoppelt, oder die Aussage, die der Wirtschaftsminister vorhin gemacht hat, seit 1995 sei die Zahl der Ausbildungsplätze um 50 % erhöht worden?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Blank hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Formulierung des Gesetzentwurfs der Republikaner, „Familien mit Kindern“, unzutreffend ist. Das ist eine Tautologie.
Sie hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, und zwar von Anfang an, Artikel 6 des Grundgesetzes nicht als ein reines Abwehrrecht begriffen wird, wie Sie es in Ihrem Gesetzentwurf unterstellen. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich gesagt – Frau Kollegin Blank hat die Entscheidung zitiert –, Artikel 6 enthalte die Verpflichtung für den Staat, Ehe und Familie zu fördern.
Infolgedessen greifen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf wesentlich kürzer. Ein Staatsziel, noch dazu ein falsch formuliertes, ist sehr viel weniger als das, was Artikel 6 des Grundgesetzes enthält und – auch darauf hat Frau Kollegin Blank zu Recht hingewiesen – was in unserem Land als Landesverfassungsrecht gilt.
Zusätzlich will ich noch erwähnen, dass Sie sogar eine Verkürzung der Förderpflicht des Staates herbeiführen wollen, weil Sie als wesentliche Zielsetzung ausführen, dass Sie nur traditionelle Familien unter Schutz stellen wollen, das heißt Vater, Mutter und Kinder.
Das bedeutet offensichtlich, dass Sie Alleinerziehende mit Kindern von der Förderpflicht des Staates ausschließen wollen. Dies ist mit Artikel 6 des Grundgesetzes schlicht nicht vereinbar.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe gesagt, Frau Kollegin Blank hat Richtiges ausgeführt. Aber was sie dann gesagt hat, das war schon ein bisschen neben der Sache.
Ich will deshalb zwei Punkte erwähnen. Erster Punkt: Schülerbeförderungskostenerstattung. Frau Kollegin Blank, ist es eine familienfreundliche Politik der Landesregierung,
wenn man in diesem Bereich 100 Millionen DM streicht? Wen trifft das? Es trifft ausschließlich Familien mit Kindern.
Zweitens: Sie haben wohl verkannt, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der steuerrechtlichen Behandlung der Familien eine Ohrfeige für 16 Jahre Kohl war und nicht eine Ohrfeige für die Politik unter Kanzler Gerhard Schröder.
Drittens möchte ich Sie daran erinnern, dass die CDUFDP/DVP-Landesregierung 1998 nach dem Regierungswechsel in Bonn im Bundesrat gegen eine Erhöhung des Kindergeldes gestimmt hat,
um dann anschließend, nachdem das Bundesverfassungsgerichtsurteil erlassen war, wesentlich stärkere Erhöhungen zu fordern –
ein Beispiel einer nicht glaubwürdigen Politik.
Deshalb, Frau Kollegin Blank: Wenn Sie sich auf die rechtlichen Ausführungen beschränkt hätten, dann hätte ich Ihnen voll zustimmen können, so aber leider nicht.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion stellt schon seit vielen Legislaturperioden in jeder Legislaturperiode Gesetzesanträge zur Verbesserung der unmittelbaren Demokratie.
Darauf ist hingewiesen worden. Es ist auch zu Recht darauf hingewiesen worden, dass wir in dieser Legislaturperiode einen erneuten Gesetzesantrag eingebracht haben, über den sehr ausführlich debattiert worden ist. Wir hätten deshalb in dieser Legislaturperiode keinen neuen Gesetzesantrag zu diesem Komplex eingebracht. Wir haben es trotzdem getan, weil wir damit demonstrieren wollten, dass wir mit der allgemeinen Zielsetzung der Bürgeraktion „Mehr Demokratie“, die unmittelbaren Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu verbessern, völlig übereinstimmen.
Wir haben uns um eine gemeinsame Linie mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bemüht. Sie ist leider nicht zustande gekommen.
Ich meine, unser Gesetzentwurf stellt eine für alle Fraktionen akzeptable Kompromissbasis dar, gegen die keine verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben werden können; das hat der Innenminister ja gerade ausgeführt.
Weil sich eine große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern in unserem Lande zu Recht für mehr Demokratie einsetzen, sollten wir, meine ich, aus diesem Anlass wirklich überprüfen, ob wir nicht doch durch einen gemeinsamen Gesetzesbeschluss eine Verbesserung in diesem Bereich erzielen können.
Lassen Sie mich deshalb noch einmal auf das Entscheidende hinweisen. Das Entscheidende ist der Wegfall des so genannten Positivkatalogs. Die Gemeindeordnung engt – ich glaube, Herr Kollege Veigel, die FDP/DVP sieht das genauso – die Möglichkeiten viel zu sehr ein.
Ich will nur ein Beispiel nehmen. In Ulm wurde der Bürgerentscheid über die Tieferlegung der Neuen Straße durchgeführt. Das war nur deshalb Gegenstand eines Bürgerbegehrens und dann eines Bürgerentscheids, weil damit gleichzeitig die Errichtung von Parkplätzen verbunden war. Man muss sich vorstellen: Wenn die Parkplätze nicht mit vorgesehen gewesen wären, hätte nach der jetzigen Gesetzeslage überhaupt kein Bürgerbegehren stattfinden können. Das kann doch wohl nicht vernünftig sein.
Die wesentlichen Probleme in unseren Gemeinden sind gegenwärtig häufig Verkehrsprobleme. Sie sind nach dem Gesetz nicht abstimmungsfähig. Dabei wird völlig verkannt, dass solche Abstimmungen, egal, wie sie ausfallen, in den Gemeinden auch eine hohe Befriedungsfunktion erfüllen können.
Ich nehme das Beispiel Tübingen. Da hatte der Gemeinderat vor etwas über 20 Jahren mit ganz großer Mehrheit – CDU, SPD, Freie Wähler, Unabhängige Wählervereinigung – die Verkehrsplanung für eine Nordtangente vorgesehen. Der Gemeinderat hat dann dieses Thema selbst durch Änderung der Hauptsatzung abstimmungsfähig gemacht. Der Bürgerentscheid hat die Gemeinderatsplanung verworfen. Dies hat zu einer Befriedung in diesem Bereich geführt,
auch wenn Unterlegene das Ergebnis nicht als sinnvoll angesehen haben.
Deshalb sollten wir, meine ich, den Positivkatalog um der Vorteile willen, die damit notwendigerweise verbunden sind, streichen.
Ich sage genauso deutlich: Wir müssen den gegenwärtigen Negativkatalog beibehalten. Da will ich, Herr Kollege Hackl, zitieren, dass schon 1980, als die Grünen ihn schon einmal streichen wollten, sie dann aber, was die Diskussion betroffen hat, einsichtig waren, Herr Kollege Erichsen in der zweiten Lesung ausgeführt hat:
Verehrte Anwesende, eine erneute Überprüfung der Argumente, die gegen eine Änderung der Gemeindeordnung vorgetragen wurden, hat ergeben, dass eine Kompromissbereitschaft... und darüber hinaus ein so genannter Negativkatalog, wie er in dem jetzt geltenden § 21 Abs. 2 enthalten ist, aufgenommen werden kann.
Hätten Sie dies doch gemeinsam mit uns getan,
damit wir gemeinsam hätten demonstrieren können: Wir nehmen das Anliegen der Bürgeraktion „Mehr Demokratie“ ernst, und wir wollen einen akzeptablen Gesetzesvorschlag, gegen den keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, durchsetzen, um damit mehr Demokratie und mehr Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu erreichen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab zur letzten Bemerkung der Kollegin Blank etwas sagen. Ich glaube an das papierlose Büro, um Peter Glotz zu zitieren, genauso wenig wie an das papierlose Klo.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Haushalt des Landtags nach dem Regierungsentwurf beruht auf den gemeinsamen Vorstellungen aller Fraktionen. Der Voranschlag ist im Präsidium einstimmig so verabschiedet worden. Im Finanzausschuss hat die Fraktion der Grünen einen Änderungsantrag zum Haushalt eingebracht. Wir sind der Auffassung, man sollte erst eine Konzeption haben und dann die Haushaltsmittel einsetzen und nicht die umgekehrte Reihenfolge anwenden. Ich erinnere Sie daran, Herr Kollege Kuhn, dass Sie frühere ähnliche Vorgehensweisen der CDU kritisierten, indem Sie sagten, diese halte Dinge für haushaltsreif, die noch nicht einmal entscheidungsreif seien. Wir haben deshalb einen Entschließungsantrag eingebracht, der auch die Frage der Belichtung dieses Raumes einbeziehen soll, und nach den Ausführungen der Kollegin Blank hierzu hoffe ich, dass wir diesen Entschließungsantrag – Bauliche Veränderungen an den Landtagsgebäuden –, Drucksache 12/4836-4, einstimmig verabschieden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ein solcher Haushaltsvoranschlag einstimmig den Vorstellungen aller Fraktionen entspricht, entsteht in der Öffentlichkeit leicht der Eindruck, hier handle es sich um Kungelei. Ich will diesem Eindruck noch einmal ausdrücklich widersprechen und verweise auf die in diesem Punkt überzeugenden und richtigen Ausführungen der Kollegin Blank, was die Relation der Ausgaben betrifft und insbesondere auch was das Verhältnis der Zahl der Einwohner zur Zahl der Abgeordneten betrifft. Wenn die Regelzahl des Landtags eingehalten würde – 120 Abgeordnete –, hätten wir mit Abstand die meisten Einwohner pro Abgeordneten, nämlich über 86 000. Wir haben jetzt – Frau Kollegin Blank hat es erwähnt – 67 000 Einwohner pro Abgeordneten. NordrheinWestfalen liegt mit 81 000 Einwohnern pro Abgeordneten vor uns. Alle anderen Länder, auch Bayern mit 59 000, liegen hinter uns.
Man könnte also sagen, wir hätten ja dann in diesem Bereich keine Probleme. Dies ist aber nicht so. Wir alle wissen, dass unser gegenwärtiges Landtagswahlrecht einige Probleme aufweist. Die Grünen haben ja hierzu auch einen Antrag eingebracht.
Wir hatten 1992 25 zusätzliche Mandate und 1996 35 zusätzliche Mandate. Der Vorschlag des Kollegen Peter Straub, die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren und stattdessen den Verhältnisausgleich zu begrenzen oder ganz auf ihn zu verzichten, ist politisch natürlich völlig inakzeptabel und, abgesehen davon, auch nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen.
Die Koalitionsfraktionen haben eine Koalitionsvereinbarung mit der Zielsetzung einer Reduzierung der Zahl der Wahlkreise getroffen, um die Probleme besser in den Griff zu bekommen. Leider ist dieses Vorhaben im Sande oder wo auch immer stecken geblieben. Die Probleme sollten jedoch nicht ausgesessen, sondern gelöst werden.
Ich hätte jetzt insbesondere auf den Zuspruch des Kollegen Kluck gehofft.
Ich will drei Probleme kurz aufzeigen. Zum einen haben wir einen Frauenanteil von lediglich 18 %. Dieser Anteil ist nur deshalb so „hoch“ geworden, weil im Verlauf der Legislaturperiode insgesamt vier Mandate männlicher Abgeordneter, die ausgeschieden sind, durch Frauen besetzt worden sind.
Zweitens haben wir eine zu geringe Absicherung von Führungspersönlichkeiten; das ist insbesondere das Problem der kleinen Fraktionen. Ich erinnere zum Beispiel an Brandenburg und Enderlein, die jeweils als Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidaten nicht in den Landtag gewählt worden sind.
Als drittes Problem will ich ansprechen, dass wir durch unser Wahlsystem ein regionales Ungleichgewicht haben. Die CDU hat im Regierungsbezirk Stuttgart mit 37,9 % im Vergleich zu ihren sonstigen Stimmenanteilen – ihr höchster Anteil war der in Tübingen mit 45,1 % – den geringsten Stimmenanteil erzielt, aber alle Direktmandate gewonnen. Deshalb sind hier aufgrund unseres Ausgleichssystems besonders viele Ausgleichsmandate entstanden.
Dies bedeutet, wenn ich alle Stimmenanteile zusammennehme: Bei 37,98 % Stimmenanteil im Regierungsbezirk Stuttgart haben wir bei 65 Abgeordneten von 155 mit 41,93 % ein deutliches Übergewicht. Alle anderen Regierungsbezirke haben deshalb vergleichsweise weniger, insbesondere Tübingen: Dort liegt der Stimmenanteil bei 16,74 % und der Abgeordnetenanteil mit 22 Abgeordneten bei 14,19 %.
Wir müssen diese Probleme also lösen. Das FDP-Mitglied Professor Hagena hat dazu eine ausführliche Analyse vorgelegt. Er weist unter anderem darauf hin, dass im Regierungsbezirk Stuttgart die CDU 26 493 Stimmen für einen Sitz benötigte, die FDP/DVP landesweit dagegen 32 748.
Deshalb ist unser Appell: Lassen Sie uns eine gemeinsame Kommission gründen, eine Kommission aller Fraktionen, in der Wahlrechtsfragen offen besprochen werden sollten, ohne auf kurzfristige Vorteile zu schielen. Ich verweise auf das Bundestagswahlergebnis von 1994. Die CDU/CSUFDP-Koalition in Bonn hatte es abgelehnt, Ausgleichsmandate einzuführen. Deshalb hat bei der Bundestagswahl 1998 die jetzige Regierungskoalition eine satte Mehrheit an Sitzen erhalten. Also schielen Sie nicht auf kurzfristige Vorteile, sondern lassen Sie uns dieses Problem gemeinsam lösen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 12/4836-2, abgelehnt,
weil – erstens – mit der Realisierung dieses Antrags nur ein Teil der Probleme aufgegriffen würde. Andere Fragen wie Verhältnisausgleich auf Landesebene, Ersetzung des mathematischen Verfahrens d’Hondt durch das Restzahlverfahren, kleine Landesliste, Regionallisten, Regelungen zur Verbesserung des Frauenanteils, Erst- und Zweitstimmenproblematik würden nicht aufgegriffen.
Zweitens: Wir sind der Meinung, dass nicht die Landesregierung, sondern der Landtag eine solche Konzeption erarbeiten sollte. Deshalb plädieren wir für eine Kommission und haben den erwähnten Antrag abgelehnt.