Reinhold Bocklet
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Als Nächster hat nun Kollege Dr. Bertermann das Wort.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch nach dem Nein zu den Olympischen Winterspielen 2018 in München, Garmisch und Berchtesgaden gilt und muss gelten: Wir brauchen die zweite S-Bahn-Stammstrecke auf jeden Fall. Sie ist das Herzstück eines zukunftsfähigen Nahverkehrs in München und in der gesamten Region. Sie ist auch das Rückgrat des Bahnknotenkonzepts, das die Staatsregierung und der Landtag im Frühjahr 2010 beschlossen haben.
Angesichts der begrenzten Haushaltsmittel war es durchaus berechtigt und sinnvoll, die Olympiade als Anlass zur Verwirklichung der zweiten Stammstrecke bis 2017/18 heranzuziehen. Sie hätte durchaus die nötige Schubkraft geben können, die es vermocht hätte, die dafür erforderlichen Mittel loszueisen. Insofern war das kein falsches Konzept. Aber es war ein Konzept, das nicht aufgegangen ist, weil die Olympiade nicht nach Bayern vergeben worden ist.
Nun sollte unser Ziel sein, die zweite Stammstrecke auf jeden Fall in dem Zeitraum der Gültigkeit des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG - zu vollenden. Insofern stehen wir nicht unter dem Zeitdruck, bis Ende 2017 fertig zu werden. Aber bis Ende 2019 sollte die Vollendung auf jeden Fall erreicht sein.
Natürlich ist mit der Unterzeichnung des Bau- und Finanzierungsvertrags für die zweite Stammstrecke am
8. April ein wesentlicher Schritt vorwärts getan worden. Dazu kommt, dass die Planung für die zweite Stammstrecke von den Maßnahmen des Bahnknotenkonzepts München am weitesten fortgeschritten ist. Die Planfeststellungen für den ersten und den dritten Abschnitt werden spätestens im Herbst dieses Jahres erwartet. Bezüglich des Planfeststellungsbeschlusses für den zweiten Abschnitt befindet man sich im Moment in einer gewissen Optimierung, wie Sie alle es in der Zeitung gelesen haben.
Ich unterstreiche nochmals: Die zweite Stammstrecke bildet die Grundlage für die Weiterentwicklung des SBahn- und des gesamten SPNV-Verkehrs im Raum München. Dazu kommt neben der zweiten Stammstrecke der viergleisige Ausbau der Strecke Daglfing Johanneskirchen, wo sich die Stadt München sehr wohl mit der Finanzierung des von ihr gewünschten Tunnels einbringen kann.
Zu erwähnen sind auch der Erdinger Ringschluss mit der Walpertskirchner Spange, der Ausbau des Bahnhofs Pasing mit der Verbindung zur zweiten Stammstrecke, die ABS 38 München - Mühldorf - Freilassing, die Sendlinger Spange und besonders der Ausbau der S 4, der am stärksten frequentierten S-Bahn von Pasing nach Eichenau, wo die Menschen inzwischen zu Recht massiv gegen die untragbaren Zustände rebellieren, nachdem mit der Umlegung der Flughafenlinie auch die Ausstattung mit Langzügen reduziert worden ist.
Entscheidend ist, dass das Konzept von Staatsregierung und Landtag jetzt nicht in Zweifel gezogen, sondern von allen gemeinsam gegenüber Berlin vertreten und unterstützt wird. Alle müssen zusammen helfen. Wenn der Bund seine Förderentscheidung auf diesem Feld trifft, muss das Land Bayern entsprechend geschlossen auftreten.
Wir müssen nämlich davon ausgehen - das unterstreicht die Dringlichkeit der Maßnahmen -, dass in den nächsten fünfzehn Jahren rund 200.000 Menschen in den S-Bahn-Bereich München zuwandern werden. Schon heute leben in der Region München nicht nur 20 % der bayerischen Bevölkerung, sondern hier werden auch 40 % des gesamten Steueraufkommens erwirtschaftet und hier finden rund 60 % des gesamten Schienenpersonennahverkehrs in Bayern statt. Wenn dann noch die Zuwanderung stattfindet, von der wir alle ausgehen, dann können wir uns vorstellen, welche Konfliktsituationen entstehen werden.
Abschließend sage ich dies: Wir wären gut beraten, jetzt gemeinsam an Berlin heranzutreten, um das durchzusetzen, was wir gemeinsam als notwendig erkannt und beschlossen haben. Wir müssen alles ver
meiden, dass in Bayern eine Situation entsteht, die umgekehrt wie die von Stuttgart 21 ist. Dort wollte man, dass nicht gebaut wird, während bei uns die Menschen plötzlich auf die Straßen gehen, demonstrieren und rebellieren, damit endlich gebaut wird. Wir haben die Vermeidung einer solchen Situation in der Hand, wenn wir gemeinsam mit dem Bund vernünftige Lösungen auf den Weg bringen.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Parlamentsinformationsgesetz gehört zu den grundlegenden Bestimmungen über die Rechte des Bayerischen Landtags gegenüber der Staatsregierung, wenn diese in Bundesund europäischen Angelegenheiten tätig wird. Dieses
Gesetz beruht auf einer interfraktionellen Initiative, die ihrerseits ein Ergebnis der Enquete-Kommission des Landtags aus der vorletzten Legislaturperiode war. Aufgabe der Enquete-Kommission ist es gewesen, Vorschläge zur Reform des Föderalismus und zur Stärkung der Landesparlamente zu erarbeiten.
Mit dem Parlamentsinformationsgesetz hat der Bayerische Landtag im Jahr 2003 bei der Normierung der Rechtsbeziehungen zwischen Landtag und Staatsregierung in Deutschland eine Vorreiterrolle übernommen und Pionierarbeit geleistet, die vor allen Dingen in den Einzelbestimmungen der auf dem Gesetz beruhenden umfangreichen Vereinbarung zwischen Landtag und Staatsregierung zum Ausdruck kommt.
Inzwischen haben der Lissabon-Vertrag und das zu diesem Vertrag ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts dem Landtag in EU-Angelegenheiten zusätzliche Beteiligungsmöglichkeiten eröffnet. Dabei geht es vor allem um das sogenannte Subsidiaritätsfrühwarnsystem des Lissabon-Vertrags, in das die Landesparlamente einbezogen werden können. Darüber hinaus geht es dank dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts um die Wahrnehmung der Integrationsverantwortung durch den Landtag besonders in den Aufgabenfeldern, die in seine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz fallen.
Der Landtag hat das Subsidiaritätsfrühwarnsystem bereits im Vorgriff auf das Inkrafttreten des LissabonVertrags in Zusammenarbeit mit der Staatsregierung aufgegriffen und dazu in seinem Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten unter Leitung von Frau Kollegin Prof. Männle eine funktionierende Praxis entwickelt. Dies war freilich nur möglich, weil sich die Staatsregierung dem Landtag gegenüber sehr kooperativ gezeigt hat und der Fachausschuss selbst die Chance einer seriösen Vorabbefassung mit wichtigen EU-Materien konsequent und verantwortungsbewusst ergriffen hat. Wichtig ist dies vor allem deshalb, weil die Frist für Stellungnahmen des Landtags im Rahmen des Subsidiaritätsfrühwarnsystems mit acht Wochen nach Vorliegen aller Übersetzungen sehr kurz bemessen ist. Dieses pragmatisch entwickelte Verfahren soll nun mit der Novellierung des Parlamentinformationsgesetzes rechtlich verankert werden.
Eine weitere wichtige Verbesserung der Stellung des Landtags in europäischen Angelegenheiten hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Lissabon-Vertrag gebracht. Zwar sprechen die Urteilsgründe an keiner Stelle von den deutschen Ländern. Das Bundesverfassungsgericht nennt aber als Kernbereiche der nationalen Identität, die besonders geschützt sind, unter anderem die schulische Bildung, die Kultur und das Rundfunkwesen, damit also Politik
felder, die in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen. Nachdem der Landtag davon in besonderer Weise betroffen ist, muss seine Haltung im Rahmen der Integrationsverantwortung von der Staatsregierung auch besonders berücksichtigt werden, wenn auf Bundesebene Entscheidungen auf diesen Kompetenzfeldern anstehen.
Aus diesen Gründen, die sowohl die sachliche Betroffenheit als auch die parlamentarische Teilhabe des Landtags berühren, muss das geltende Parlamentsinformationsgesetz zwingend der neuen Rechtslage angepasst werden. Deshalb liegt es im ureigensten Interesse des Landtags, dass das Parlamentsinformationsgesetz in Fragen der Angelegenheiten der Europäischen Union neu gefasst und die darauf beruhende Vereinbarung zwischen Landtag und Staatsregierung entsprechend geändert wird.
Bei dieser Gelegenheit soll auch die Bezeichnung des Gesetzes überdacht und dem tatsächlichen Inhalt angepasst werden. Das Parlamentsinformationsgesetz regelt nämlich nicht nur die Informationspflicht der Staatsregierung gegenüber dem Landtag, sondern auch das Recht des Parlaments auf Stellungnahme und Berücksichtigung seiner Stellungnahmen durch die Staatsregierung. Dieser Tatbestand der Beteiligung gehört im Interesse der Wahrheit und Klarheit auch in die Bezeichnung des Gesetzes. Deshalb soll das Parlamentsinformationsgesetz in Zukunft "Gesetz über die Beteiligung des Landtags durch die Staatsregierung" - kurz Parlamentsbeteiligungsgesetz - heißen. Damit wird nicht nur der Anspruch des Landtags gegenüber der Staatsregierung unterstrichen. In diesem Titel kommt auch der Anspruch des Landtags an sich selbst, diese Beteiligungschance kompetent zu nutzen, zum Ausdruck.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es ist heute ein guter Tag für die Menschen im Bereich westlich von München, aber es ist auch ein guter Tag für den Landtag. Für den Bereich westlich von München ist er es deswegen, weil jetzt im Landesentwicklungsprogramm folgendes Ziel formuliert ist: "In der Region München interjection: (14) soll zusätzlich zu der bestehenden zivilen Luftverkehrsinfrastruktur kein neuer Verkehrslandeplatz zugelassen werden."
Ich darf dazu sagen: Wir von der CSU hatten den Antrag im Sommer des Jahres 2007 gestellt, nachdem der BMW-Vorstand beschlossen hatte, in dem Raum des ehemaligen Militärflughafens von Fürstenfeldbruck ein Verkehrssicherheitszentrum anzusiedeln. Damit war die Voraussetzung gegeben, dass man überhaupt eine Veränderung des LEP in Gang setzen konnte.
Wir haben den Antrag gestellt; er ist hier im Landtag am 30. Januar des letzten Jahres beschlossen worden, und jetzt wird er von der Staatsregierung auf Punkt und Komma - das finde ich gut und konsequent - umgesetzt, genau so, wie der Antrag gelautet hat. - Das zum Ersten.
Das Zweite. In Sachen Oberpfaffenhofen wird die Koalitionsvereinbarung, die wir beide geschlossen haben, umgesetzt, auch wieder auf Punkt und Komma. Beide Anträge sind ein Erfolg für den Landtag; denn hier hat die Landtagsmehrheit einen Beschluss gefasst, der dann von der Staatsregierung in die entsprechende gesetzgeberische Form gebracht worden ist.
Was bedeutet dies? - Wir werden in Fürstenfeldbruck die Traber aus Daglfing ansiedeln können; die müssen nämlich am Flughafen München II heraus. Dort ist ihnen gekündigt worden. Zum Zweiten können wir das Verkehrssicherheitszentrum von BMW dort ansiedeln.
In Oberpfaffenhofen geht es darum, eine vorhandene Flugverkehrsinfrastruktur zu erhalten, und zwar wirtschaftlich zu erhalten. Das war immer das Anliegen, und darum geht es nun. Auf der einen Seite werden die berechtigten Ansprüche der Anwohner in Rechnung gestellt und berücksichtigt, auf der anderen Seite wird der Standort erhalten.
Von daher bleibt mir nur noch, der Staatsregierung Danke zu sagen, die dies nun in Punkt und Komma umgesetzt hat, und Sie alle um Ihre Zustimmung zu bitten, damit wir endlich für diesen Raum eine vernünftige,
bürgergerechte und wirtschaftsgerechte Lösung - das möchte ich ausdrücklich hinzufügen - bekommen.
Na, sehr schön, auf die warte ich schon!
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind gerade Zeugen eines echten "Dr. Runge" geworden.
Der Sachverhalt stellt sich folgendermaßen dar: Im Jahre 2003, als die Aussage, dass Fürstenfeldbruck für die zivilfliegerische Nachnutzung vorgesehen werden könnte, in das Landesentwicklungsprogramm hineinkam, war dieser Flughafen Militär- und NATO-Vorbe
haltsgebiet. Man hätte überhaupt nichts anderes darauf ansiedeln können als nur die Zivilflieger. Dann hat die NATO auf diesen Flughafen verzichtet. Das war 2005, und in diesem Punkt war dann der Fall der Konversion gegeben, da konnte man frei darüber entscheiden, was man damit macht. Es gab keine militärische Widmung mehr.
Nur gab es zu diesem Zeitpunkt, im Jahre 2006, als das LEP verabschiedet worden ist und ich dafür der Berichterstatter war, noch kein belastbares Konzept dafür, weil es der BMW-Vorstand erst am 23. Mai des Jahres 2007, das heißt also, ein knappes Jahr später, geschafft hat, sich dafür zu entscheiden, dass man sich auf diesem Gelände in Fürstenfeldbruck ansiedeln will. Erst damit hatte man ein belastbares Konzept, um entsprechende Anträge zu stellen.
Die CSU hat dann sofort den Antrag gestellt, das LEP entsprechend zu ändern. Das ist im Wirtschaftsausschuss am 29. November des Jahres 2007 mit den Stimmen der CSU bei Stimmenthaltung von GRÜNEN und SPD durchgegangen. Erst im Plenum sind dann die GRÜNEN schnell noch in der Geschichte aufgesprungen, weil sie gemerkt haben, dass der Zug in die richtige Richtung fährt.
So sind die Sachverhalte; jeder kann sie im Protokoll nachlesen. Von daher gesehen gibt es keinen Grund, mir irgendwelche Vorwürfe einzuhandeln. Es ist seriöse Politik, dass ich nicht hergehe und zu einem Zeitpunkt, zu dem materiell für solche Anträge keine Bedingungen vorhanden sind, derartige Anträge stelle. Das sind die klassischen Schauanträge der Opposition. Das kann man sich als Regierungsmehrheit nicht leisten.
Herr Präsident, verehrte Frau Kollegin! Sie wissen ganz genau, dass in solchen Fällen immer eine Abwägung stattfindet
zwischen dem, was nach wie vor an zivilfliegerischer Nutzung möglich wäre - es waren 40.000 Flugbewe gungen beantragt -, und dem, was als Gegenkonzept vorliegt. Nur, das Gegenkonzept bestand aus einer Absichtserklärung von BMW, die nicht belastbar war, und dem Wunsch der Traber, sich dort zu anzusiedeln. Das wäre ein bisschen zu wenig gewesen, um es in einem Entscheidungsprozess auf Landesebene dazu zu bringen, dass das LEP geändert wird.
Leider Gottes hat sich die Firma BMW relativ lange Zeit gelassen; das war in dem Zusammenhang das Problem. Wir haben allerdings dann, als BMW die Entscheidung getroffen hatte, konsequent gehandelt, und da hätte es Ihnen völlig frei gestanden, Frau Kollegin Sonnenholzner und auch Kollege Dr. Runge, bei dem An trag sofort mit aufzuspringen. Das habt ihr aber nicht gemacht, sondern ihr habt euch noch im federführenden Wirtschaftsausschuss der Stimme enthalten,
weil ihr abwarten wolltet, wie der Hase läuft.
Erst als ihr gemerkt habt, dass die Sache zum Erfolg wird, seid ihr noch schnell aufgesprungen. So ist die Wahrheit; das kann man im Protokoll nachlesen.