Martin Runge

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Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Bayerische Oberste Landesgericht war und ist für uns eine wichtige Instanz. Wir erinnern uns – auch Sie erinnern sich –: Wir, in persona vor allem der Kollegin Christine Stahl, standen an der Spitze des Widerstands gegen die Abschaffung. Wir werden, wie wir es schon im Ausschuss signalisiert haben, der Wiederrichtung zustimmen, wiewohl uns bewusst ist – Herr Kollege Schindler hat es heute nochmals ausgeführt –, dass wir nur noch ein etwas beschnittenes Bayerisches Oberstes Landesgericht vorfinden werden, weil manche Kompetenzen erst auf Bundesebene zu regeln sind.
Wir haben aber wie schon in den vorherigen Sitzungen massive Kritik an dem Verfahren und der Begleitmusik zu üben. Zur Begleitmusik: Das Stichwort "Heimatstrategie" ist angesprochen worden. All Ihre schönen Ausführungen – "starkes Zeichen für den Rechtsstaat", "Stärkung der Justiz", "mehr Rechtssicherheit" – bedeuten im Umkehrschluss nichts anderes, als dass Sie bei der Abschaffung ein schlechtes Zeichen für den Rechtsstaat gesetzt, die Justiz geschwächt und die Rechtssicherheit ausgedünnt haben. Etwas anderes kann es nicht bedeuten, wenn Sie jetzt die Baustellen, die ich genannt habe, aufmörteln wollen.
Das jetzige Verfahren ist ebenso unwürdig wie das Verfahren im Jahr 2003. Damals wie heute gab es keinerlei solide Aufgabenkritik. Ein ergebnisoffener Diskussionsprozess fand nicht statt. Alles vollzog sich im Schnellverfahren. Wir sagen ganz klar: Das ist dem Thema nicht angemessen.
Es gab die Regierungserklärung des neuen Ministerpräsidenten. Dann wurde das Ganze durchgehudelt, Herr Minister; anders kann man es nicht benennen. Ein Indiz ist der jüngst nachgeschobene Änderungsantrag auf der Drucksache 17/22902, in dem es um das Inkrafttreten des Gesetzes geht. Herr Kollege Meyer hat dazu schon ausgeführt, das Inkrafttreten soll zum 15. September 2018 wirksam werden. § 5 Nummer 1 – hier geht es um die Ernennung des Präsidenten – soll aber schon zum 18. Juli 2018 in Kraft treten.
Mein Vorredner hat von dem "Verdacht" unserer Fraktion gesprochen. So gravierend ist das gar nicht. Aber dieser Änderungsantrag dient der Inszenierung. Deswegen stimmen wir ihm nicht zu.
An dieser Stelle ist noch einmal anzumerken – ich verweise auf die Redebeiträge im federführenden Ausschuss und im Plenum –, dass die Abschaffung durch Stoiber in den Jahren 2003 und 2004 mit pekuniären Aspekten begründet wurde. Dazu sagen wir: Eine Justiz nach Kassenlage darf es nicht geben. Unser gesamtes Hohes Haus sollte darauf hinwirken, dass es dazu nicht mehr kommt.
Herr Kollege Schindler, in der vorherigen Beratung darüber im Plenum haben Sie den Kollegen von der CSU angeraten, sich zu schämen bzw. der Kollegin Guttenberger sich zumindest fremdzuschämen; sie war ja damals noch nicht dabei.
Ich habe etwas weniger Lautsprechertum und etwas weniger – ich sage es heute noch einmal – Großmäu
ligkeit anempfohlen. Diesbezüglich haben Sie sich in den Beratungen tatsächlich zurückgenommen.
Frau Guttenberger, Sie haben ausgeführt, Sie hätten ein gutes Gefühl. Das gönnen wir Ihnen. Trotzdem gehe ich noch einmal in die Geschichte zurück. Peter Meyer hat gesagt, einige CSU-Abgeordnete hätten damals nur mit der Faust in der Tasche der Abschaffung zugestimmt. Ja, es gab viele, die protestiert haben. Sie sagten, sie würden bei der Abschaffung nicht mitmachen. Am Schluss haben aber nur noch wenige dagegengehalten. Angesichts dessen wären der CSU-Fraktion mehr Selbstbewusstsein und weniger Unterwürfigkeit – ich könnte auch sagen: Duckmäusertum – gegenüber der Exekutive, der Staatsregierung, anzuempfehlen.
Das galt damals, und das gilt heute. Wie gesagt, viele hatten protestiert; dann machten doch fast alle mit. So erleben wir es auch bei vielen Entscheidungen, die heute anstehen.
Was? Aktionseinheit auf Augenhöhe?
Die Augenhöhe vermag ich bisher nicht zu erkennen. Vielleicht schaffen Sie es noch, sie herzustellen.
Dem Gesetzentwurf werden wir zustimmen, dem Änderungsantrag aus den genannten Gründen nicht.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich muss Sie enttäuschen. Meine S-Bahn geht nur mehr alle 40 Minuten. Ich habe noch viel Zeit. – Spaß beiseite. Ich verweise auf meine diversen Redebeiträge zu den Themen Vergabegesetz, Tariftreueregelung usw. Herr Kollege Häusler, eines möchte ich aber hier nochmals festhalten: Ihr Beitrag war alles andere als sachkundig. Selbst wenn es nur einen einzigen Bieter gibt und dieser gegen geltendes Recht verstößt, muss das sanktioniert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Umgang der Kolleginnen und Kollegen von der CSU dokumentiert eines, nämlich ihre Beliebigkeit. Hier handelt es sich um eine Regelung, für die Sie sich vor vielen Jahren noch großartig haben feiern lassen. Jetzt sagen Sie auf einmal: Das brauchen wir nicht. Diese Regelung fördert bürokratische Hemmnisse. Ich erinnere noch einmal an das Jahr 1996 und den Beschäftigungspakt Bayern: Oh, wir sind ganz vorne, Tariftreue und Nachunternehmererklärung. – So war das damals. Ein paar Jahre später, im Jahr 2000, wurde das in Gesetzesform gegossen. Im Jahr 2007 wurde das Gesetz novelliert. Sie haben sich immer dafür gelobt und gesagt: Bayern ist ganz vorne.
Dann wurde das relativ klandestin abgeschafft. Dazu gab es eine Notwendigkeit, nämlich das sogenannte Rüffert-Urteil. Dieses Urteil betraf das niedersächsische Vergabegesetz. Es ging damals bezeichnenderweise um den Bau eines Gefängnisses. Der Insolvenzverwalter eines pleitegegangenen Subunternehmers hatte geklagt. Das bayerische Vergabegesetz war dem niedersächsischen Vergabegesetz sehr ähnlich. Man hätte es aber durchaus ändern können.
Es ist gerade angeklungen: Im öffentlichen Bau gibt es jede Menge Verstöße, zum Beispiel gegen die Vorgaben zur Arbeitnehmerüberlassung oder zur Arbeitnehmerentsendung, gegen den Mindestlohn, gegen Arbeitszeitregelungen, und es gibt Fälle klassischer Schuldknechtschaft. Damit komme ich zu der Forderung nach Tariflöhnen. Wir alle wissen, dass die Tarifbindung mehr und mehr zurückgeht. Ich zitiere aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berliner Tariftreueregelung. Dieses Urteil ist zwar schon älter, aber die Zitate, die ich bringen werde, greifen trotzdem. Zitat:
Die rechtfertigenden Gründe, die den Gesetzgeber zu der zur Prüfung gestellten Regelung veranlasst haben, haben demgegenüber erhebliches Gewicht.
Die Erstreckung der Tariflöhne auf Außenstehende soll über die Lohnkosten einem Verdrängungswettbewerb entgegenwirken und die Ordnungsfunktion der Tarifverträge unterstützen. Sie dient dem Schutz der Beschäftigung solcher Arbeitnehmer, die bei tarifgebundenen Unternehmen arbeiten, und damit auch der Erhaltung als wünschenswert angesehener sozialer Standards.
Als letzter Satz im Zitat:
Dieser Gemeinwohlbelang, dem die Tariftreueregelung Rechnung zu tragen versucht, besitzt eine überragende Bedeutung.
Deswegen noch einmal ganz eindeutig unser Votum: Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Ich hatte ja gesagt, meine S-Bahn geht erst in 40 Minuten.
Exakt auf diesen Mindestlohn bin ich in meinem Redebeitrag eingegangen. Auch gegen den Mindestlohn wird reihenweise auf Baustellen der öffentlichen Hand verstoßen. Das geht halt ganz leicht über die Arbeitszeiten. Deswegen ist hier schon Handlungsbedarf gegeben.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Bausback, Sie haben sich in Ihrem Wortbeitrag schon ausführlich mit meiner Kollegin Ulrike Gote befasst. Ich tue es Ihnen nach, indem ich mit einem Zitat von Frau Kollegin Ulrike Gote aus der Plenarsitzung Mitte Mai beginne. Sie
hat damals gesagt, weder die damalige Abschaffung noch die jetzige Wiedereinführung waren das Ergebnis einer soliden Aufgabenkritik und eines ergebnisoffenen Diskussionsprozesses, sondern es war die einsame Entscheidung eines Ministerpräsidenten, die offensichtlich mehr zur persönlichen Profilierung als zu einer Verbesserung der Justizstrukturen dienen sollte. – Wir sehen das weiterhin so.
Herr Minister, Sie haben – der Kollege Meyer hat es kurz angesprochen – im Grunde in dieser Sitzung im Mai dafür gesorgt, dass aus einem Blitzverfahren ein Schnellverfahren gemacht wurde. Wie gesagt, die Erste Lesung war für den 15. Mai vorgesehen. Aber auch das jetzt vorgesehene Verfahren halten wir nicht für angemessen, was die Thematik anbelangt.
Unseres Erachtens fehlen eine eingehende Aufgabenkritik und eine ergebnisoffene Debatte. Derart wichtige institutionelle Änderungen hätten ausführlich in der Justiz oder zumindest mit der Justiz diskutiert und entschieden werden sollen. – Zu unserer Position – das jetzt aber nur als Randbemerkung –: Wenn ich sage "in der Justiz", sind diesbezüglich die Stichworte "Selbstverwaltung der Justiz" und "Autonomie der Justiz" bekannt.
Die Abschaffung des Bayerischen Obersten Landesgerichts war ein Alleingang des Ministerpräsidenten Stoiber. Ich kann mich nicht erinnern, dass der jetzige Ministerpräsident Söder damals als Kämpfer für den Erhalt des Bayerischen Obersten aufgetreten ist.
Als streitbarer Kämpfer mit Sicherheit nicht. – Jetzt ist diese Geschichte, diese Entscheidung ein Alleingang von Ministerpräsident Söder gewesen. Wir haben es in der Regierungserklärung gehört; für viele war es tatsächlich ein überraschendes Moment. Herr Bausback, Sie freuen sich in Ihrer Presseerklärung vom 19. April 2018 über die Entscheidung, "eine herausragende Nachricht". Für uns heißt das, auch das Justizministerium und der Justizminister waren hiervon überrascht und sind nicht einbezogen gewesen.
Zu den Kosten und den früher diskutierten Einsparungen – Herr Bausback, Sie sind auch kurz darauf eingegangen. Das sei als Fußnote schon erwähnt, weil das erklärungsbedürftig ist, dass es ein Auseinanderklaffen um ein Vielfaches gibt. Damals hat man erklärt, wie groß die Einsparungen seien. Jetzt wird erklärt, was die Kosten für die Wiedereinführung sein
sollen. Wenn das um den Faktor 100 auseinandergeht, bitten wir um Erklärungen, die Sie uns aber sicher noch geben werden.
Ich komme noch einmal zurück auf Ihre Presseerklärung vom April, Herr Bausback. Das waren Jubelchöre, wie wir sie eben wieder gehört haben: stärkere Justiz, mehr Rechtssicherheit in Bayern, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat wird gestärkt. – Wenn das so ist, weshalb dann die Abschaffung? Das heißt also, mit der Abschaffung haben Sie die Justiz geschwächt, Sie haben für weniger Rechtssicherheit gesorgt, und Sie haben das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat geschwächt. Geben Sie daher wenigstens zu, dass das ein schwerer Fehler war.
Der Kollege Schindler hat gesagt, es sei ein Bayerisches Oberstes light, vor allem bezogen auf die Standortfrage bzw. -fragen. Es wird aber auch noch aus einem anderen Grund ein Bayerisches Oberstes light – zumindest zunächst – werden; denn das, was dem BGH an Kompetenzen übertragen wurde, ist zum Teil durch Bundesgesetze geregelt. Das heißt, das muss erst zurückgeholt werden, und ob das überall gelingt, liegt nicht in unserer Hand. Ich verweise diesbezüglich auf Ihren Gesetzentwurf, Seite 7 – das ist schon die Begründung –, wo es heißt: "Zudem kann versucht werden, über Änderung von Bundesrecht Zuständigkeiten … ‚zurückzuholen‘." – Auch das muss man an dieser Stelle noch einmal anführen.
Herr Schindler hat gemeint: Fremdschämen! – So weit wagen wir gar nicht zu gehen. Wir freuen uns auch sehr, Frau Kollegin Guttenberger, wenn Sie ein gutes Gefühl haben. Es wäre aber schon, denke ich, etwas weniger Lautsprechertum und etwas weniger Großmäuligkeit seitens der CSU in dieser Angelegenheit angesagt.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben über dieses Thema nicht nur hier im Plenum, sondern auch schon häufig in den Ausschüssen beraten. Die FREIEN WÄHLER haben einen vergleichbaren Gesetzentwurf eingebracht. Dieser hieß allerdings nicht "Seniorenmitwirkungsgesetz", sondern "Seniorenmitgestaltungsgesetz". Ansonsten gab es nur geringfügige Unterschiede.
Mit diesen Gesetzentwürfen werden berechtigte Anliegen verfolgt. Das Ziel, die Partizipation auch von Menschen älteren Semesters am politischen Geschehen zu ermöglichen, vor allem im Vorfeld von Entscheidungen, die auch seniorenspezifische Aspekte haben, ist vernünftig.
Wir haben schon in den Ersten Lesungen dargelegt, anhand welcher Fragestellungen wir die beiden Gesetzentwürfe beurteilen: Wo gibt es welche Defizite und, daraus folgend, wo gibt es welche Handlungsnotwendigkeiten? Wie sind die vorgeschlagenen Instrumente und Institute zu beurteilen?
Über das, was hier vorgetragen und schon an anderer Stelle schriftlich festgehalten worden ist, zum Beispiel den Landesseniorenrat, da kann man durchaus diskutieren, auch wenn eine andere Ausgestaltung möglich ist. Was uns aber massiv stört – jetzt bin ich konkret bei dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion –, ist, dass den Kommunen vorgegeben werden soll, wie sie ihre Aufgabenerfüllung organisatorisch im Detail ausgestalten sollen. In dem Gesetzentwurf heißt es: "In den Gemeinden sollen Seniorinnen- und Seniorenbeiräte…gewählt werden." Was "sollen" heißt, das haben wir immer wieder ausführlich zur Kenntnis gebracht bekommen, insbesondere in der berühmten "Strabs"Debatte.
Ich frage mich, wo in Bezug auf dieses Thema Defizite auf kommunaler Ebene vorhanden sind. Ich habe es schon x-mal vorgebetet. In der Fraktion bin ich übrigens wie die Jungfrau zum Kind zu diesem Thema gekommen – dank eines pointierten Redebeitrags.
Ich sehe insoweit keine Defizite. Dies sage ich, nachdem ich mich mit der Situation in vielen Kommunen befasst habe. Ich lege Ihnen dar, wie es bei uns ausschaut: In der Verwaltung gibt es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für dieses Thema zuständig sind. Selbstverständlich ist ein Gemeinderat gleichzeitig Seniorenreferent. Es gibt Senioren-Bürgerversammlungen. Fast alle regulären Bürgerversammlungen sind auch Senioren-Bürgerversammlungen, wenn ich mir die Zusammensetzung ansehe.
Auch erinnere ich an ein großes Problem: In nahezu allen Räten, ob es Gemeinderäte, Stadträte, Kreistage oder Bezirkstage sind, liegt das Durchschnittsalter bei über 60 Jahren. Bei uns ist die Hälfte der 24 Gemeinderäte zwischen 60 und 80 Jahre alt. Dass es bis zum Ende der Sitzungsperiode in knapp zwei Jahren,
im Frühjahr 2020, so bleibt, ist nur der Tatsache geschuldet, dass zwei Gemeinderäte in die nächste Alterskohorte, die der 80- bis 100-Jährigen, hinüberwandern.
Das ist eine Tatsache.
Wenn wir beispielsweise eine Ausschreibung starten, zum Beispiel für Wahlen zum Seniorenbeirat, wenn wir eine Veröffentlichung machen, zum Beispiel zu einer Bürgerwerkstatt oder, wie bei uns jüngst geschehen, zu einem ISEK-Steuerungsgremium – ISEK steht für Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept –, wer meldet sich dazu? Nahezu nur die 60- bis 90-jährigen Herrschaften. Ich hätte fast gesagt, auch die Damen. Aber das trifft nicht zu. Kollege Goppel hat auf diesen ernsten Punkt aufmerksam gemacht. Es sind nahezu nur ältere Männer, die sich melden, ob es um die Wahl eines Seniorenbeirats geht oder um die weiteren Gremien, die ich genannt habe.
Frau Rauscher, das ist ein Punkt, um den auch Sie sich kümmern sollten. Wir alle müssen uns darum kümmern, dass sich diese Zusammensetzung ändert.
Ja, darum sollten wir uns gemeinschaftlich kümmern. Das hätte Sinn.
Ich betone: Ein Defizit auf kommunaler Ebene vermag ich insoweit nicht zu erkennen.
Kolleginnen und Kollegen, wenn wir jetzt festlegen, ein Seniorenbeirat – oder Seniorenrat, wie auch immer wir ihn nennen wollen – sei verpflichtend, mit welcher Rechtfertigung, mit welcher Argumentation wollen wir dann einen solchen Beirat oder Rat für andere Personengruppen ausschließen? Ich nenne zum Beispiel den Jugendbeirat. – Katharina Schulze hört mir sehr aufmerksam zu, Herr Kollege Goppel. Sie gehört also zur Generation der Menschen, die zuhören. – Warum soll es also keinen Jugendbeirat geben? Die jungen Menschen sind doch viel schwerer zu mobilisieren, sich am politischen Geschehen zu beteiligen.
Wie sieht es mit Ausländerbeiräten aus, wie mit Behindertenbeiräten? Wir können uns weitere Aufgabengebiete ansehen und fragen: Was ist mit Kulturbeiräten, Sportbeiräten, Gewerbebeiräten, Umweltbeiräten? Wo ziehen wir die Grenze?
Daher sagen wir: Bitte lasst die Kommunen ihre Aufgaben in dem organisatorischen Gewand erfüllen, wie sie es für richtig halten. Deswegen können wir diesem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion nicht zustimmen. Der Ansatz ist selbstverständlich berechtigt.
Danke für die Zwischenintervention. Auch ich sehe das als merkwürdig an; das ist überhaupt keine Frage. Vielleicht hält sich der Ministerpräsident selbst noch für so jugendlich; ich mag es jetzt nicht einsortieren. Wenn ein solcher Gesetzentwurf hier in Zweiter Lesung behandelt wird, dann ist es auf jeden Fall angesagt, dass die zuständigen Mitglieder der Staatsregierung hier anwesend sind. Dass dem nicht so ist, zeigt, was sie von diesem Thema halten. Weiter möchte ich das nicht kommentieren. – Ich weiß nicht, wie knapp wir schon an der Viertelstunde dran sind.
Dann können wir jetzt abstimmen. Sonst könnte ich noch zu einigen anderen Themen etwas erzählen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wie der Gesetzentwurf der SPD, den wir vor gut drei Monaten in diesem Hause
behandelt haben, verfolgt auch dieser Gesetzentwurf ein an und für sich berechtigtes Anliegen und ein vernünftiges Ziel. Es geht um die Partizipation von Menschen älteren Semesters am politischen Geschehen. Es geht um das Mitwirken im Vorfeld von Entscheidungen, vor allem von Entscheidungen, die seniorenspezifische Belange betreffen. Im Gesetzentwurf der SPD heißt es "Mitwirkung", und bei den FREIEN WÄHLERN heißt es "Mitgestaltung".
Die Frage, die wir bei der Beurteilung dieses Gesetzentwurfes wie auch bei Ihrem Gesetzentwurf, Frau Rauscher, stellen, lautet: Wo gibt es welche Defizite? Wo gibt es Handlungsbedarf, und sind die Regelungen und die vorgeschlagenen Institute zielführend? Ich denke schon, dass man über die Landesseniorenvertretungen und den Landesseniorenrat reden kann.
Aber ich gehe noch auf zwei andere Punkte ein. Zum einen wollen Sie zwei Änderungen in der Bayerischen Verfassung. Ich greife jetzt nur Artikel 83 Absatz 1 heraus. Dort wollen Sie eine Ergänzung. Es geht um den Katalog des Wirkungskreises der Gemeinden. Sie wollen in den Text "In den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden … fallen...", dann folgt ein ganzer Katalog, einfügen: "Belange der älteren Menschen". In meinen Augen ist das problematisch, weil wir dort ansonsten ganz konkrete Dinge finden wie zum Beispiel die Versorgung mit Wasser oder die örtliche Kulturpflege. Und dann bringen Sie als Formulierung "Belange der älteren Menschen" hinein. Da frage ich: alle Belange oder welche Belange? Ich sehe da die eine oder andere Schwierigkeit auf uns zukommen.
Im Übrigen möchte ich jetzt noch einmal auf Ihre Umformulierung des SPD-Entwurfes eingehen. Im SPDEntwurf heißt die Formulierung, es "sollen" Seniorenbeiräte eingerichtet werden; bei Ihnen heißt es: "Es wird den Kommunen empfohlen".
Dann, Herr Fahn, sind Sie aber schon nicht mehr bei einer Empfehlung, sondern Sie sagen ganz konkret, was dann zu passieren hat. Das ist also nichts anderes als im Gesetzentwurf der SPD, dass auch Sie damit in die Frage hineinregieren, wie eine Kommune die Erfüllung ihrer Aufgaben organisiert. Das ist der Punkt, an dem wir uns gestoßen haben.
Ich komme noch einmal zur grundsätzlichen Frage: Gibt es aktuell nicht genug Partizipationsmöglichkeiten für ältere Menschen und Beteiligungsmöglichkeiten am politischen Geschehen, vor allem im kommunalen Bereich?
Ich habe das letzte Mal schon aufgezählt – ich sitze seit etwa 40 Jahren im Gemeinderat –, was es alles gibt. Da gibt es einen Ansprechpartner in der Verwaltung. Es gibt selbstverständlich einen Seniorenrefe
renten und einen Seniorenbeirat. Es gibt die Seniorenbürgerversammlung, und der Gemeinderat ist selber ein Seniorenrat.
Ich habe mir nun das Vergnügen gemacht, ganz viele dieser Gremien anzuschauen: Bezirkstage, Kreistage, Gemeinderäte. Überall dominiert die Alterskohorte der 60- bis 80-Jährigen. Bei uns sind 11 von 24 Mitgliedern zwischen 60 und 80 Jahre alt. Wenn wir die Saison in zwei Jahren beendet haben, sind wir immer noch bei den 11, aber nur deswegen, weil drei in die letzte Kohorte aufsteigen, nämlich in die der 80- bis 100-Jährigen. Und dann rücken drei nach zu den 60- bis 80-Jährigen. Das heißt, wir haben 14 von 24 Gemeinderäten, die zwischen 60 und 100 Jahre alt sind.
Das ist kein Einzelfall. Ich habe mehrere Kreistage und Bezirkstage sowie Gemeinderäte und Stadträte angesehen. Dass hier die Möglichkeiten der Partizipation aktuell zu gering seien, kann ich überhaupt nicht erkennen.
Übermorgen diskutieren wir im Verfassungsausschuss abschließend den Gesetzentwurf der SPD. Von daher haben Sie uns als Fraktion der GRÜNEN noch nicht hinreichend überzeugt, dass sowohl der SPD-Gesetzentwurf als auch der Entwurf der FREIEN WÄHLER notwendig wären.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Weidenbusch, ich gehe jetzt gar nicht auf die Inhalte Ihrer Rede ein. Ich habe nur eine Frage zu Ihrer Rolle jetzt gerade eben, weil Sie, soweit ich weiß, Beauftragter der Staatsregierung für Beteiligungen sind. Haben Sie jetzt hier die Rolle der Staatsregierung vorgetragen und sind für die Staatsregierung eingestiegen oder meinen Sie, jetzt als Abgeordneter der CSU gesprochen zu haben? Wenn Letzteres zuträfe, dann sähen wir hier schon Probleme. Dann sagen wir: Sie sind befangen. Da hätte die CSU schon einen anderen Redner schicken sollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir üben immer mal wieder Kritik an dem einen oder anderen Verkehrsprojekt, aber bei diesem Projekt muss man einfach sagen: Dieses Projekt ist irrwitzig.
Herr Roos, wenn Sie sagen, es gebe die eine oder andere kritische Stimme, dann muss ich sagen: Die SPD vertritt diese Kritik geschlossen in der Gemeinde Gröbenzell, die SPD sowie der gesamte Gemeinderat vertreten das in der Gemeinde Eichenau. Sie sind federführend beim Widerstand.
Dieses Projekt ist irrwitzig, denn es bringt erstens in der Summe deutlich mehr Verkehrsbelastungen als entlastungen, zweitens massive Eingriffe in Natur und Umwelt und drittens sollen dafür Millionen ausgegeben werden. Das darf man einfach nicht hinnehmen. Diese Millionen fehlen an anderer Stelle.
Es ist richtig, dass es einen Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2011 gibt. Es ist nicht richtig, was dann Kollege Bernhard gesagt hat: Im ersten Gerichtsverfahren vor dem VG München wurde dieser Planfeststellungsbeschluss nämlich aufgehoben. Dann gab es das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs,
der das Urteil des VG München aufgehoben hat.
Dann ist in Leipzig – lassen Sie mich einmal ausführen, Herr Bocklet, Sie können gerne noch etwas sagen – die Nichtzulassungsbeschwerde kassiert worden. Das ist Fakt.
Genauso Fakt ist aber: Es gibt einen neuen Sachverhalt. Im Januar vor zwei Jahren war die vorläufige Sicherung des Überschwemmungsgebiets am Starzelbach. Darin liegt fast komplett diese Trasse. Was heißt das jetzt? – Wir brauchen tatsächlich ein neues wasserrechtliches Verfahren. Im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes steht eindeutig: Das Errichten baulicher Anlagen – nach den §§ 30, 33, 34, 35 des Baugesetzbuches –, das Erhöhen und Vertiefen von Erdoberflächen sowie die Errichtung von Mauern, Wällen und ähnlichen Anlagen ist untersagt. "Untersagt" heißt nicht, dass es gar nicht sein darf. Es gibt entweder die Ausnahmeregelung oder die wasserrechtliche Zustimmung. In diesem Status des Verfahrens befinden wir uns derzeit.
Es ist interessant, was Sie wissen, Herr Roos. Auch ich bin in Kontakt, und zwar nicht nur mit dem Straßenbauamt in Freising und dem Unternehmen, das für die hydraulischen Berechnungen zuständig ist, sondern auch mit dem Wasserwirtschaftsamt und der anderen zuständigen Behörde, dem Landratsamt Fürstenfeldbruck.
Zugelassen werden solche Maßnahmen nur, wenn weder die Ober- noch die Unterlieger belastet werden, was sehr fraglich ist. Deswegen gibt es auch wieder Petitionen. In einem Fall wurde diese im Gemeinderat sogar einstimmig beschlossen und in einem anderen Fall mit 20 : 1 Stimmen. Was aber noch viel mehr reinhaut: Man braucht den Ausgleich. Selbst der naturschutzfachliche Ausgleich war sehr schwer herzustellen. Jetzt muss jeder Kubikmeter, der verdrängt wird, noch ausgeglichen werden. Ich bin gespannt, wie das zustande kommt.
Wir haben bei der Nutzen-Kosten-Untersuchung einen Zähler und einen Nenner. Über den Nenner habe ich gerade gesprochen. Jetzt schauen wir uns einmal den Zähler an. Der verkehrliche Nutzen – das Kurzak-Gutachten, das ist die Verkehrsuntersuchung, auf der die Bewertung des Projektes basiert – hat sich bereits jetzt als Makulatur erwiesen. Das Analysejahr war 2007, das Prognosejahr ist 2025. Bei den relevanten Punkten – das besagt das Kurzak-Gutachten – hätten wir einen Anstieg von ungefähr 10 % im Prognosejahr. Aber der Anstieg erfolgte bis zum Jahr 2015.
Es gibt die DTV-Zählstellen für die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke. Schauen Sie sich diese einmal an. Dann stellen Sie fest, dass der Verkehr nicht angestiegen, sondern sogar gesunken ist. Das heißt, der verkehrliche Nutzen geht noch einmal stark nach unten. Gleichzeitig haben wir höhere Aufwendungen.
Interessant ist auch, dass der Nutzen-Kosten-Faktor zwischen dem 6. und 7. Staatsstraßenausbauplan jetzt beim Kurzak-Gutachten von 9,4 auf 2,4 runtergerechnet werden müsste. Das ist schon gewaltig.
Ich sage, es gibt mehr verkehrliche Belastungen. Auf dieses Teilstück sollen mehr Autos gebracht werden. Die Gemeinde Eichenau – dort geht die Staatsstraße mittendurch – hat überhaupt keine Möglichkeit, sich dieses Mehrverkehrs zu erwehren. Aber auch in Olching haben wir deutlich mehr Verkehr. Entlastet werden wird ein Straßenzug, die Roggensteiner Straße und die Fürstenfeldbrucker Straße, zwischen 770 und 5.000 Autos werktäglich.
5.000 Autos sind schon eine ganze Menge, aber gleichzeitig haben wir auf der neuen Trasse knapp 10.000 Autos mehr, die alle in Dammlage und gleichzeitig auch viel schneller fahren. Tausende Bürger werden also mit einem neuen Lärmteppich beglückt werden. Hinzu kommen noch die ganzen Umweltbelastungen, die Gefährdung streng geschützter Arten, der Lärmeintrag, die Zerschneidung eines regionalen Grünzuges und vieles andere mehr.
Die CSU-Fraktion hat neulich gesagt – – Wir haben anlässlich unseres Volksbegehrens auch einen Antrag eingebracht. Wir alle sind gegen den Flächenfraß, gegen den Verbrauch von Flächen. Ich darf zitieren – die Zeit ist leider sehr knapp –: In Artikel 6 Absatz 2 Nummer 2 des Bayerischen Landesplanungsgesetzes heißt es: "Die weitere Zerschneidung der offenen Landschaft... soll so weit wie möglich vermieden werden;...".
Hier könnten Sie jetzt mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, dass das, was Sie sagen, auch wirklich etwas wert ist, und zwar mehr als einen Pfifferling
wert ist. Stimmen Sie bitte dem Antrag der FREIEN WÄHLER auf Neubewertung des Projektes zu. – Herzlichen Dank.
Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, der verkehrliche Nutzen bleibt unverändert oder ist gegeben. Haben Sie sich mal die Nutzen-Kosten-Untersuchung angesehen und können Sie benennen, was hier die Nutzenstifter sind? Ich habe sie alle aufgeschrieben, ich brauche sie jetzt nicht alle aufzuzählen. Das sind jede Menge. Es gibt hier aber die Kategorie NB 2, das heißt, Veränderung der Betriebsführungskosten, differenziert nach Lohnkosten und Betriebskosten. Da werden die volkswirtschaftlich relevanten Postenbestandteile für gewerblich genutzte Pkw und Lkw erfasst. Dieser Nutzenstifter wird in der NKU mit 50 % aller Nutzenstifter gerechnet.
Jetzt ist es Fakt, dass das Verkehrsgutachten Kurzak definitiv falsch ist, weil es gesagt hat: Bis 2015 werden wir erhebliche Verkehrssteigerungen haben. – Diese Verkehrssteigerungen hat es laut DTV-Zählstellen nicht gegeben, im Gegenteil: An den relevanten Punkten ist der Verkehr sogar zurückgegangen. Jetzt müssen Sie sagen, entweder das Kurzak-Gutachten stimmt oder die DTV-Zählstellen stimmen. Es kann aber nur eines stimmen. Mit Ihrer Aussage sagen Sie jetzt, dass die Zählstellen, die quasi öffentlich sind, falsche Ergebnisse bringen.
Fakt ist, dass das Kurzak-Gutachten längst Makulatur ist und dass wir also nicht nur den Nenner vergrößern, sondern dass wir auch den Zähler verkleinern müssen. Das heißt, der Faktor wird noch einmal deut
lich absinken, was bei diesem Unsinnsprojekt aber auch völlig klar ist.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich mache nahtlos weiter. Kolleginnen und Kollegen, die Staatsregierung und die CSU sind bei der Behandlung dieser Petition nach dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung" vorgegangen. Das war aber ein sehr schlechter Angriff und demzufolge eine sehr schlechte Verteidigung. Der Vorwurf an den Petenten, er hätte ja ein Klageerzwingungsverfahren bestreiten können, greift nicht. Genauso wenig greift die Argumentation: Leute, haltet euch an die Gewaltenteilung. – Eine unserer vornehmsten Aufgaben, zumal der Opposition, ist es, die Staatsregierung und die Staatsverwaltung zu kontrollieren. In dieser Petition stehen heftige Vorwürfe und gravierendes Fehlverhalten der Staatsanwaltschaft im Raum.
Es sind noch jede Menge Fragen offen. Wir haben heute vom Justizministerium sechs Seiten bekommen, in denen der Versuch unternommen wird, die eine oder andere Frage zu beantworten. Das ist aber höchstens eine Verschlimmbesserung. Herr Justizminister, ich greife ein Beispiel heraus: Bezüglich der Dauer der Behandlung der Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung der ersten Anzeige wird uns dargelegt, man hätte sich mit der Staatsregierung rückkoppeln müssen. Kolleginnen und Kollegen, die Nervosität muss riesengroß gewesen sein, wenn ein solch einfacher Vorgang, die Beschwerde gegen die Einstellung einer Anzeige, einer genauen Rückkopplung mit der Staatsregierung bedarf.
Andere Fragen: Wusste man bei der Staatsanwaltschaft wirklich nicht, ob beim BKA der Name des Informanten bekannt war? Die Briefe des BKA sprechen eine andere Sprache. Oder: Weshalb kann Herr Nötzel nicht sagen, ob er mit dem Informanten M. – Mauss, der Name ist schon genannt worden – private Kontakte hatte oder privaten Umgang pflegte? Was sind überhaupt die Grundlagen der Vertraulichkeitszusage? Hier geht es nicht um die Frage der Bindung; auf diese komme ich auch noch zu sprechen, sofern das die Zeit erlaubt. Oder: Weshalb arbeitet die Staatsanwaltschaft mit so windigen Gestalten zusammen? Herr Ausschussvorsitzender, Sie haben sie als "zwielichtige Halbkriminelle" bezeichnet.
Herr Schindler, ich zitiere Sie noch einmal: Sie haben in der Sitzung am 15. März 2018 gesagt, die Staatsanwaltschaft habe über das Vorbringen der Petenten hinwegschwadroniert. – Das trifft zu. Das trifft aber noch viel eher auf das zu, was die Staatsanwaltschaft und die Staatsregierung drei Jahre vorher in einer Sitzung des Verfassungsausschusses veranstaltet haben. Zu der Erklärung, man könne nicht wissen, ob das, was die Informanten beim ersten Mal gesagt hätten, nicht doch zuträfe, ist Folgendes zu sagen:
Scheinbar glaubt man den Informanten, wenn sie jemanden anschwärzen. Wenn sie ihre Aussage widerrufen, glaubt man ihnen nicht.
Ich darf aus dem Protokoll über die Vernehmung von Herrn Dietl vom 31. Januar 2014 zitieren. Da heißt es: Dass die beiden Beamten die Anbieter sind, war zu diesem Zeitpunkt weder für mich noch für Bendixen erkennbar. Ich teilte ihm mit – also Dietl dem Bendixen –, dass ich die Sache transparent machen wollte. Ich wollte verhindern, dass "FOCUS" die Akten bekommt. – Kolleginnen und Kollegen, der Herr Bendixen ist doch nicht deppert. Der lässt sich doch nicht die Ansage machen: Mach bei einem Verbrechen mit, und ich lasse dich dann auffliegen. Das können Sie vielen Leuten zutrauen, aber keinem gestandenen Reporter beim Bayerischen Rundfunk.
Zum Stichwort Glaubwürdigkeit. Über den sogenannten Privatermittler Werner Mauss brauchen wir nicht zu reden. Gegen den ist Baron Münchhausen ein Tiefstapler, ein ganz kleines Licht. Es wurde gesagt, der Informant sei glaubwürdig; denn er kannte die private Handynummer des BR-Reporters. Also ich habe genau 30 Sekunden gebraucht, um diese Nummer in Erfahrung zu bringen.
Da bin ich beim zweiten Informanten, Herrn Wilhelm Dietl. Ich darf ich aus dessen eidesstattlicher Versicherung vom 21. Januar 2014 zitieren, in der er die Anwürfe gemacht hat. Zitat: Während meiner Tätigkeit als Vertragsautor für das Nachrichtenmagazin "FOCUS" von 1993 bis 2004 habe ich mit Wissen der Vorgesetzten Baur und Markwort schwerpunktmäßig dafür gearbeitet, Beamte in deutschen Sicherheitsbehörden im Interesse der illegalen Informationsbeschaffung im Auftrag der "FOCUS"-Chefredaktion zu korrumpieren. Die Auszahlung der Bestechungsgelder wurde in jedem einzelnen Fall von der Chefredaktion genehmigt. Der Zweck war immer bekannt und wurde aus schwarzen Kassen bezahlt. Die Chefredakteure Baur und Markwort standen voll hinter diesem für die Beteiligten gefährlichen, also riskanten und kriminellen System. – Dann sagt er noch, er sei zehn Jahre Mitglied einer kriminellen Vereinigung gewesen.
Kolleginnen und Kollegen, entweder halten Sie alles für eine Räuberpistole; dann dürfen Sie aber auch nicht in dem Fall gegen die beiden LKA-Beamten und gegen den Polizeireporter ermitteln, oder sie glauben, da ist ein Kern Wahrheit dabei, dann müssen Sie aber auch in der anderen Causa die Ermittlungen aufnehmen.
Herr Justizminister, Sie haben uns heute etwas über die Bindungswirkung und die Vertraulichkeitszusage
geschrieben. Sie schreiben, wenn der Informant wissentlich oder fahrlässig die Unwahrheit gesagt haben sollte, entfalle diese Bindungswirkung. Dieser Informant hat sich innerhalb von zehn Tagen diametral widersprochen. Dann kann es keine Bindungswirkung mehr geben.
Frau Präsidentin, ein letzter Satz: Beim Durchlesen dieser Geschichte findet man Stories über Tod und Teufel, über den Papst und Florian Streibl. Über Florian Streibl wird berichtet, es seien vier Leute in dessen Büro im Landtag gewesen, nämlich zwei Polizeibeamte, ein bekannter LKA-Mitarbeiter und der ehemalige BND-Agent, den ich schon zitiert habe, nämlich Herr Dietl. Diese Herren hätten sich an dessen PC zu schaffen gemacht und seien mit einem Datenstick herausgegangen. Das sind sehr interessante Geschichten. Entweder sind es Räuberpistolen, oder man glaubt dem Ganzen.
Frau Präsidentin, herzlichen Dank! Wir werden in diesem Haus noch viel zu dieser Geschichte hören.
Erstens, Herr Kollege Dr. Rieger, hätten Sie gerne sagen können, wie gering die Erfolgsaussichten in Klageerzwingungsverfahren sind. Das ist aber eine Nebenbaustelle, nichts anderes.
Zweitens – und das ist vielleicht schon ganz interessant –: Wenn man sich die Ausführungen der Staatsregierung zu der Petition ansieht, hätte man ruhig auch sagen können, dass die Werthaltigkeit der Unterlagen sehr zu bestreiten ist, weil das damals, zu diesem Zeitpunkt, schon umhergegangen ist.
Für mich interessant war auch: Die Frage, ob die Herren beim LKA – W. und B. – Zugriff auf die Akten gehabt hätten, wenn es diese gegeben hätte, ist sehr unterschiedlich beurteilt worden. Es gibt eine Seite, auf der ein Mitarbeiter der Abteilung III des Landeskriminalamtes befragt worden ist, der gesagt hat, eigentlich hätten nur die Mitarbeiter der Abteilung III Zugriff auf alle Daten und auf einen Stick könne man von den Rechnern aus dem LKA eh nichts ziehen.
Der Kern meiner Botschaft war aber: Mit welchen Leuten arbeitete die Staatsanwaltschaft zusammen? – Über Werner Mauss mit seinen vielen verschiedenen Tarnidentitäten können Sie ganz tolle Geschichten lesen. Es läuft jetzt gerade ein Strafverfahren gegen den früheren Landesschatzmeister der CDU in Rheinland-Pfalz – also, bitte auch gerne einmal nachlesen. Beim Dietl verhält es sich ähnlich. Er hat bei seiner sogenannten eidesstattlichen Versicherung dieses bekannte Konvolut mit all diesen tollen Stories eingereicht. Wenn es darum geht, die Glaubwürdigkeit zu beurteilen, muss man sich dieses schlicht und ergreifend ansehen.
Wir haben uns schon auch die Frage gestellt: Warum hat es ein Leitender Oberstaatsanwalt, der dann später Generalstaatsanwalt war, notwendig, mit so – ich habe gesagt – "windigen Gestalten" – der Herr Vorsitzende hat das noch deutlich deftiger ausgedrückt – zusammenzuarbeiten, sich diese Personen über Jahre quasi als private V-Leute zu halten? Das sind, denke ich, schon Fragen, die den Landtag interessieren und zu interessieren haben. Ich habe deswegen hier angekündigt: Ich werde weiter dranbleiben und viele schöne Schriftliche Anfragen formulieren.
Herr Kollege Meyer, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir Ihrem Vorschlag, die Eingabe aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären, nicht folgen können. Erstens halten wir die Stellungnahme der Staatsregierung für viel zu dürftig und zweitens – es tut mir leid – an vielen Stellen auch nicht für glaubwürdig.
In einem Punkt muss ich Ihnen auch noch widersprechen. Sie haben gesagt: Es war ein bedauerliches Verfahren, es hat sich als falsch erwiesen usw. – Es
gibt sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch von Mitarbeitern der Staatsregierung mündlich und schriftlich in diesem Verfahren immer wieder die Ansage: Wir wissen gar nicht, was war, vielleicht waren die Anschuldigungen der sogenannten Informanten doch richtig. – So ist das stehen geblieben. Ich denke, das ist nicht hinnehmbar.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf wird ein wichtiges Anliegen verfolgt. Es wird ein Thema aufgegriffen, mit welchem wir uns hier in diesem Hause seit mehr als 20 Jahren immer wieder befasst haben. Tariftreueregelungen und andere Regularien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge tun dringend not. Denn es geht zum einen darum, dass fairer Wettbewerb verhindert wird, wenn es Wettbewerbsverzerrungen gibt, beispielsweise über die Löhne. Es gibt aber auch andere Kriterien, zum Beispiel unterschiedliche Standards im Umweltschutz und vieles mehr, wo man sagen kann, der eine macht es, der andere macht es nicht, und damit haben wir keinen fairen Wettbewerb.
Es gibt aber neben der Schaffung von fairen Bedingungen im Wettbewerb weitere Ziele bei Tariftreueregelungen, welche auch höchstrichterlich festgeschrieben sind. Sie sind arbeitsmarktpolitischer Natur, und selbstverständlich geht es auch darum, finanzielle Stabilität in die Systeme der sozialen Sicherung zu bringen. Ich empfehle Ihnen noch einmal sehr, zum Beispiel das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berliner Tariftreueregelung, zum damaligen Vergabegesetz, zu lesen. Ich darf zitieren. Das Bundesverfassungsgericht hat geschrieben:
Die rechtfertigenden Gründe, die den Gesetzgeber zu der … Regelung veranlasst haben, haben … erhebliches Gewicht.
Die Erstreckung der Tariflöhne auf Außenseiter soll einem Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten entgegenwirken … und die Ordnungsfunktion der Tarifverträge unterstützen.
Sie dient dem Schutz der Beschäftigung solcher Arbeitnehmer, die bei tarifgebundenen Unternehmen arbeiten, und damit auch der Erhaltung als wünschenswert angesehener sozialer Standards.
… Gemeinwohlbelang, dem die Tariftreueregelung … Rechnung zu tragen versucht, besitzt eine überragende Bedeutung ….
Sie sagen: Reflexartig wird auf irgendwelche Vorkommnisse reagiert, deshalb ein neues Gesetz. Das lehnen wir ab. Wir hatten doch längst, wie gesagt, seit über 20 Jahren, Regelungen in Bayern. Sie, Herr Holetschek, haben sich dafür feiern lassen. Sie sind über viele Initiativen, Anträge, Gesetzentwürfe und Ähnliches von uns und der SPD angestoßen worden. Aber Sie haben es dann gemacht und haben es dann mit großer Begeisterung vorgetragen. Die erste Initiative ging von der Staatsregierung aus. Das war 1996 der Beschäftigungspakt Bayern. Da gab es das Beschäftigungsprogramm und die Tariftreueregelung. Sie haben sich dafür groß feiern lassen. Dann gab es 2000 das Bayerische Vergabegesetz, 2007 haben wir es reformiert.
Da haben wir nicht nur den Hochbau, sondern auch den Tiefbau mit hereingenommen. Ich erinnere Sie – Herr Holetschek, Sie waren damals noch nicht dabei –, der Artikel 97 Absatz 4 GWB ist auf Initiative des Bayerischen Landtags geändert worden. Eignungskriterien waren vorher die Leistungsfähigkeit, die Zuverlässigkeit und die Fachkunde. Dazu gekommen sind ökologische Kriterien, soziale Kriterien und die Innovation. Ich habe dem damaligen Landtagspräsidenten gesagt: Wir reichen Ihnen gerne noch viele Federn, damit Sie sich mit ihnen schmücken können. Denn ich war auch in der Debatte in Berlin dabei.
Dann hatten wir das bekannte Rüffert-Urteil in Niedersachsen. Da ging es um das niedersächsische Landesvergabegesetz, welches dem bayerischen sehr ähnlich war. Konkreter Sachverhalt war ein "Suberer". Der Insolvenzverwalter des "Suberers" hatte geklagt. Es ging bezeichnenderweise um den Bau eines Gefängnisses. Er hat dann recht bekommen, weil es hieß: Es gibt beim Tarif keine Allgemeinverbindlichkeit, und dann ist diese gesetzliche Regelung hinfällig. Mit dem bezeichnenderweise so genannten Gesetz zur Änderung des Pressegesetzes und anderer Gesetze ist dann die bayerische Regelung ersatzlos aufgehoben worden.
Wenn Sie sagen, es lief alles wunderbar, dann reden Sie doch mal mit den Leuten vom Zoll, Arbeitsgruppe Schwarzarbeit. Es gibt leider auch Großbaustellen der Landeshauptstadt mit übelsten Fällen der Schuldknechtschaft und Ähnliches mehr.
Schauen Sie doch einmal, wie die Korruptionsbekämpfungsrichtlinie greift oder nicht. Es gibt immer wieder massive Verstöße gegen die Vorgaben für Arbeitnehmerentsendung und Arbeitnehmerüberlassung. Trotzdem passiert da de facto nichts. Das heißt, eine Neuregelung ist wünschenswert und angesagt; denn damit helfen Sie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Sie helfen den Systemen der sozialen Sicherung, und Sie helfen vor allem auch bayerischen Unternehmern und Unternehmerinnen. Deswegen ist der erneute Vorstoß – dieses Mal wieder von der SPD – begrüßenswert, und wir freuen uns schon auf substanzielle Beratungen. Wenn Sie sagen, es funktioniert alles, noch einmal die Empfehlung: Reden Sie mit den Kolleginnen und Kollegen vom Zoll, Arbeitsgruppe Schwarzarbeit, darüber, was alles funktioniert und was nicht funktioniert und was sie gerne anders hätten.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Holetschek, selbstverständlich haben wir Regularien zum Mindestlohn, zur Arbeitnehmerentsendung und zur Arbeitnehmerüberlassung. Aber viel zu oft wird dagegen verstoßen, leider auch in den Bereichen, in denen die öffentliche Hand der Auftraggeber ist.
Da erfolgt eben nicht die entsprechende Sanktionierung.
Weil Sie gerade den öffentlichen Personennahverkehr angesprochen haben, frage ich Sie: Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass der Freistaat Bayern über Jahre die Kommunen angehalten hat, im allgemeinen ÖPNV für Tariftreue zu sorgen, sich aber gleichzeitig geweigert hat, da, wo er selber Auftraggeber ist, nämlich im SPNV, Gleiches einzufordern? Damit haben wir uns immer wieder auseinandergesetzt. Da gibt es einen eklatanten Widerspruch. Man predigt Wasser,
säuft aber selber Wein. Man hält sich nicht an das, was man für richtig hält. Von daher nochmals die Bitte, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Sie können den Entwurf ja selbst an der einen oder anderen Stelle noch korrigieren, aber Sie sollten das Anliegen unterstützen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf werden ein berechtigtes Anliegen und ein vernünftiges Ziel verfolgt, nämlich die Partizipation von Menschen älteren Semesters. Sie sollen am politischen Geschehen mitwirken, gerade im Vorfeld von Entscheidungsfindungen, insbesondere bei seniorenspezifischen Fra
gestellungen. Wie wir den Gesetzentwurf lesen, sollen eine gewisse Verbindlichkeit und eine Standardisierung eingezogen werden. Bei der Beurteilung des Gesetzentwurfs sind für uns verschiedene Fragen aufzuwerfen, wie beispielsweise: Wo gibt es Defizite und damit Handlungsbedarf? Sind die vorgeschlagenen institutionellen Regelungen und die vorgeschlagenen Institute zielführend?
Ich möchte auf die Kernpunkte des Gesetzentwurfs eingehen. Das ist zum einen der Senioren- und Seniorinnenrat auf Landesebene. Wir werden uns in der Debatte sicher damit auseinandersetzen, wie die Vorschläge zur Zusammensetzung dieses Gremiums sind und wie die Zuständigkeiten sein sollen.
Der nächste Pfeiler wäre ein vom Landtag gewählter Seniorenbeauftragter. Wir stellen uns die Frage, ob das tatsächlich Sinn macht. Auch darüber werden wir mit Ihnen diskutieren, Frau Rauscher, und auch mit Ihren Kolleginnen und Kollegen.
Jetzt komme ich zu einem Punkt, der in unserer Debatte am heftigsten diskutiert wurde, als wir uns zum ersten Mal mit diesem Gesetzentwurf auseinandergesetzt haben. Es geht um die verpflichtende Bestellung von Seniorenbeiräten bei den Kommunen, also auf kommunaler Ebene. Im Gesetzentwurf ist "sollen" formuliert, aber dieses Sollen macht an und für sich nur dann Sinn, wenn es als ein Müssen zu verstehen ist. Dazu gibt es bei uns mehrheitlich heftige Vorbehalte, auch bei mir persönlich. Ich sage ganz klar: Kommunale Selbstverwaltung heißt Selbstverwaltung und nicht Fremdverwaltung, und das heißt auch nicht mehr und mehr fremdbestimmte Verwaltung. Es gibt auch die kommunale Organisationshoheit. Auch dazu passt das gar nicht, wenn per Gesetz Vorgaben gemacht werden, welche Beiräte zwingend sein müssen und welche fakultativ sein können. Wir meinen, die Kommunen, die Stadträte, die Gemeinderäte, die Kreisräte sollen selbst entscheiden, welche Beiräte sie sich an ihre Seite stellen.
Mit einer vergleichbaren Legitimation, Frau Kollegin, müsste man dann nämlich auch sagen, dass auch Ausländer- und Integrationsbeiräte, Behindertenbeiräte oder Jugendbeiräte verpflichtend eingeführt werden. Außerdem gibt es Beiräte zu vielen Sachgebieten, beispielsweise Sozialbeiräte, Umweltbeiräte und viele mehr. Auch da könnte man dann das Fass aufmachen und sagen, diese Beiräte müssen eingeführt werden. Zur Klarstellung: Wir haben nichts gegen Beiräte, im Gegenteil. Wir wollen aber nicht, dass solche Gremien den Kommunen aufoktroyiert werden.
Ich bringe dazu ein Beispiel aus dem wirklichen Leben: meine Heimatgemeinde Gröbenzell. In der Verwaltung haben wir selbstverständlich Ansprechpartner für Senioren und für Seniorenfragen. Wir haben im Gemeinderat einen Seniorenreferenten. Wir haben jedes Jahr die Seniorenbürgerversammlung. Wir haben auch die reguläre Bürgerversammlung, die ist bei uns aber, wie in vielen anderen Kommunen auch, eine Seniorenbürgerversammlung, was die Teilnehmer anbelangt. Wir haben den Gemeinderat. Der Gemeinderat ist auch ein Seniorenrat. Als ich 1984 als Gemeinde- und Kreisrat angefangen habe, war ich noch nicht ganz so alt. Ja, ich kann sagen: Damals war ich noch jung. Heute, 34 Jahre später, bin ich alt. Es gibt im Gemeinderat aber noch elf ältere Kolleginnen und Kollegen. Wenn die Sitzungsperiode in zwei Jahren zu Ende ist, dann ist mehr als die Hälfte des Gemeinderates über 60 Jahre alt, manche Mitglieder sind dann sogar deutlich darüber. In den Kreistagen sieht das ganz genauso aus. Deshalb können Sie nicht behaupten, dass seniorenpolitische Fragen in diesen Gremien zu wenig beleuchtet würden.
Herr Goppel, ein kleiner Verweis: Die Ausführungen zum Senat haben nicht so ganz gepasst. Die Geschichte war ein bisschen anders.
Was Ihre Einlassungen zu den Gemeinderäten anbelangt: Schon seit vielen Jahren dürfen bei uns auch 18- und 19-Jährige in die Gemeinderäte gewählt werden. Sie müssen nicht erst 21 Jahre alt sein.
Wie gesagt, eine zu geringe Beleuchtung seniorenspezifischer Fragestellungen in kommunalen Gremien können wir in Bayern sicher nicht manifestieren. Wir werden uns wohlwollend, aber auch kritisch reflektierend mit diesem Gesetzentwurf auseinandersetzen. Ich kann aber bereits jetzt sagen, dass wir nicht mit jedem Punkt einverstanden sind.
Würden Sie bitte Herrn Glauber übermitteln, dass Herr Huber zu seiner Zeit als zuständiger Minister auf Anträge zur Förderung von Breitband nicht nur gesagt hat, das sei keine öffentliche Aufgabe, sondern es gebe darüber hinaus auch gar keinen Bedarf – und das zu einem Zeitpunkt, als sich andere Bundesländer ihre Programme schon längst haben notifizieren lassen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag und das darin thematisierte Projekt sind Beleg für das Versagen – eigentlich müsste man von Komplettversagen sprechen – von Staatsregierung und CSU in der Verkehrspolitik hier im Landtag.
Da wird etwas gefeiert, was es nicht zu feiern gilt. Im Antrag ist großspurig von Verbesserungen die Rede, wo man allenfalls von "Verschlimmbesserungen" reden kann. In Stichworten – ich fange mit der Zeitschiene an. Jahrelang ist gepredigt worden, die zweite Röhre werde 2010 in Betrieb gesetzt. Jetzt haben wir bekanntlich Ende 2017. Jetzt wird darüber geredet, dass die Fertigstellung, wenn sie überhaupt erfolgt, im Jahr 2026 sei. Ich und Herr Kollege Huber visieren eher das Jahr 2036 an. Dann gehe ich schon auf die 100 Jahre zu. Herr Huber, ich werde Sie noch zitieren. Eine Verbesserung des SPNV im Großraum München ist in all den Jahren nicht eingetreten, und es wird auch nichts passieren; wenn doch, dann nur ganz marginal, Herr Kollege Rotter. Das ist schlicht und ergreifend inakzeptabel.
Ich darf ganz kurz die Genese der Kosten reflektieren. Damals im Jahr 2001 gab es die vergleichende Untersuchung Südring versus Röhre – 583 Millionen Euro. Im Jahr 2003 haben sich die Spitzen der Landeshauptstadt und die Staatsregierung auf das konkrete Projekt verständigt. Da war man bei knapp einer Milliarde Euro. Jetzt sind wir bei 3,5 Milliarden Euro –
nach oben offen. Man muss ganz klar sagen: Diese Gelder fehlen für Projekte in ganz Bayern. Das ist nach unserer Auffassung genauso inakzeptabel.
Ich komme noch einmal kurz zur Zeitschiene. Ich zitiere aus dem Protokoll des Wirtschaftsausschusses vom 3. Februar 2011. Wir haben uns schon viel früher damit befasst. Das war eine sehr lange Sitzung, die extra in einem größeren Sitzungssaal stattgefunden hat, weil der Andrang so groß war. Wiedergegeben wird die Aussage eines Kollegen der CSU, der auch mal CSU-Vorsitzender war. Ich zitiere:
Die Staatsregierung müsse sicherlich Phantasie aufbringen, um den Olympiabezug der zweiten Stammstrecke weiter zu begründen; möglicherweise könne man im Tunnel Eisschnelllaufwettbewerbe stattfinden lassen. Bereits vor einem Jahr habe er, Huber, seine Zweifel zum Ausdruck gebracht, dass die zweite Stammstrecke bis zum Jahr 2018 fertiggestellt werde. Falls die Olympischen Spiele 2026 in München stattfänden, werde der Tunnel "vielleicht" fertiggestellt sein; bei Olympischen Spielen 2034 in München wäre die Chance noch höher.
Herr Huber, Glückwunsch! Sie waren damals schon ziemlich nah dran. Vielleicht wird sie im Jahr 2034 gebaut. Aber, wie gesagt, ob wir das noch erleben, ist fraglich.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie fabulieren in Ihrem Antrag von Verbesserungen für Pendler. Fakt ist, dass es werktags für Zehntausende von Pendlern zu massiven Verschlechterungen kommen wird. Für Fahrgäste von und zu 21 Stationen auf den Außenästen kommt es zu neuen und wenig attraktiven Umsteigezwängen, wenn sie beispielsweise zum Rosenheimer Platz, zum Isartor oder aber zur Hackerbrücke wollen. Ich kann es gerne aufzählen. Vielleicht trifft es auch den einen oder anderen Kollegen, ohne dass er das weiß. Das sind Freising, Pulling, Neufahrn, Eching, Lohhof, Unterschleißheim, Oberschleißheim, Feldmoching, Fasanerie, Moosach, Tutzing, Feldafing, Possenhofen, Starnberg, Starnberg-Nord, Gauting, Stockdorf, Planegg, Gräfelfing, Ebersberg und Grafing. Auf diesen Stationen haben wir werktags knapp 100.000 Ein- und Aussteiger. Das sind doch eine ganze Menge.
Für Fahrgäste von fast einem Dutzend Stationen gibt es Taktverschlechterungen ausgerechnet zu den Stoßzeiten. Jetzt haben wir einen 10-Minuten-Takt, künftig soll es, wenn die zweite Röhre in Betrieb ist, nur noch einen 15-Minuten-Takt geben. Ich frage mich schon: Was helfen Züge untertags – da ist eigentlich
relativ wenig los –, wenn in den Stoßzeiten, nämlich zwischen halb sechs und neun in der Früh und zwischen halb vier und sieben abends, auf einmal der Takt sogar ausgedünnt wird? Das betrifft Stationen wie Langwied, Lochhausen, Neuaubing, Harthaus und Vaterstetten – alles Stationen, wo werktags zwischen 4.000 und 7.000 Menschen ein- und aussteigen.
Solche Taktausdünnungen werden wir nicht nur dort haben, wo die Express-S-Bahn durchrauscht. Sie sollen auch bei der regulären Kombination von S-Bahn und Regionalzügen kommen. Das trifft beispielsweise die Stadt Fürstenfeldbruck. Herr Kollege Bocklet – ich sehe ihn gerade nicht – hat im Wirtschaftsausschuss Krokodilstränen vergossen und gesagt: Hoppla, das ist ein Zug weniger in der Stunde. Wie soll ich das denn meinen Wählerinnen und Wählern verkaufen? Herr Fregin vom Innenministerium soll geantwortet haben: Wir können ja noch über Verstärkerzüge reden. – Kolleginnen und Kollegen, das ist schlicht und ergreifend nicht möglich. Wenn durch die Neue Eisenbahn-Alpentransversale – NEAT, Gotthard und Lötschberg – und durch die Elektrifizierung mehr Fernverkehr auf den Gleisen stattfindet, wird es zu noch größeren Engpässen kommen. Über Verstärkerzüge zu fabulieren, ist alles andere als redlich. Gleiches gilt für das von mir geschilderte Beispiel mit den Express-S-Bahnen. In den Morgenstunden ist der Einsatz von Verstärkerzügen auch nicht möglich, weil die sogenannten Express-S-Bahnen irgendwo und irgendwann überholen müssen. Den Leuten wird wieder etwas versprochen, was schlicht und ergreifend nicht einzuhalten ist.
Herr Rotter, Sie haben sich und die Staatsregierung und meinetwegen auch die Bahn und die Bayerische Eisenbahngesellschaft gelobt: ein ganz großer Wurf, mehr Zugbestellungen. Noch einmal: Was helfen mehr Züge zu Zeiten, in denen sie definitiv nicht gebraucht werden? Das ist die ganz entscheidende Frage. Wenn Sie tatsächlich 30 Millionen Zugkilometer im Jahr mehr bestellen wollen, kostet das einen ordentlichen dreistelligen Millionenbetrag der Regionalisierungsmittel, die jetzt schon nicht ausreichen. Ich bin gespannt, wo und wie Sie diese Gelder abzwacken werden.
An dem Projekt ist jede Menge weitere Kritik zu üben. Ich will sie nur in Teilen und ganz kurz aufzählen: Erstens. Es gibt gravierende Mängel beim Brandschutz wie generell im Sicherheitskonzept.
Zweitens. Im Laufe der Planung sind wesentliche Punkte gestrichen worden. Das sind beispielsweise drei weitere Stationen. Das wären aber wichtige Ver
knüpfungspunkte gewesen, unter anderem der MaxWeber-Platz.
Was aber noch viel schlimmer ist: Der Südast, die Abzweigung nach Giesing, die tatsächlich Sinn gehabt hätte, ist auch den steigenden Kosten zum Opfer gefallen. Herr Rotter, Sie haben davon gesprochen, dass eine Express-S-Bahn von Augsburg kommen soll. Seien Sie doch bitte ehrlich; denn aktuell ist die nicht von Augsburg aus geplant. Die soll nach der aktuellen Planung in Mering losfahren. Ich weiß nicht, ob das besonders berauschend ist.
Herr Rotter, Sie bzw. Ihre Fraktion träumen, Sie fabulieren, Sie machen falsche Versprechungen. Was aber das Schlimmste ist: Sie dilettieren zulasten der Fahrgäste und zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Das ist mir jetzt vier Jahre lang entgangen.
Eine Zwischenbemerkung ist super; denn dann kann ich noch den einen oder anderen Satz verlieren.
Darauf möchte ich antworten: So mancher hier nimmt es in Kauf, dass der Bau der zweiten Stammstrecke begonnen wird, selbst wenn diese in der Isar enden wird. Das ist durchaus möglich. Unseres Erachtens ist die zweite Stammstrecke nicht eine bloße "Verschlimmbesserung", sondern sie wird wirklich für massive Verschlechterungen sorgen. Ich habe bereits angedeutet, wie die Zeitschiene aussieht. Ich will jedenfalls nicht mehr 30 oder gar 40 Jahre warten müssen.
Noch ein Satz zu den beiden Anträgen von SPD und FREIEN WÄHLERN. Beim Antrag der FREIEN WÄHLER werden wir uns der Stimme enthalten, weil an das Projekt der zweiten Röhre angedockt wird. Zum Antrag der SPD: Sie glorifizieren dieses Projekt unreflektiert, wie Sie das immer getan haben.
Wir werden den Antrag selbstverständlich ablehnen. Einen Hinweis kann ich mir nicht verkneifen: Ihr erhobener Zeigefinger in Richtung Berlin. Sie scheinen verdrängt zu haben, dass die SPD die Partei ist, die in den letzten Jahren mit Abstand am längsten in der Bundesregierung saß, und zwar 15 der letzten 19 Jahre. Die entscheidenden Ressorts, nämlich das Finanzministerium und das Verkehrsministerium, waren während des größten Teils dieser Jahre in Händen der SPD bzw. waren besetzt von Mannen der SPD.
Sie müssen sich schon selbst an die Nase fassen, wenn Sie von einer unzureichenden Finanzausstattung aus Berlin sprechen.
Herr Staatssekretär, erstens, ich sitze hier und stehe jetzt hier, nicht in den Kreisen der CSU. Also wäre es nett, wenn Sie auch mich anschauen würden, nicht immer nur die CSU, wenn Sie mich ansprechen.
Das ist aber nur eine kleine Vorbemerkung. – Ich finde es interessant, Herr Staatssekretär, dass Sie etwas "unverschämt" nennen, was Fakten sind. Dass die zweite Röhre schon jahrelang andere Projekte in Bayern kannibalisiert hat, ist dokumentiert. Ein ganz konkretes Beispiel: Wir haben vor sechs oder sieben Jahren einstimmig hier in diesem Haus beschlossen: Die Verstärkerzüge sollen bei den S-Bahnen, wo es sie generell gibt, auch am Freitagnachmittag kommen – ein einstimmiger Beschluss. Dann ist dieser Beschluss nicht umgesetzt worden mit der Begründung – die BEG war der Dolmetscher der DB AG –: Es fehlen 600.000 Euro Bestellentgelte. Gleichzeitig sind aber mehrere Hundert Millionen Euro von den Regionalisierungsmitteln weggenommen worden für investive Maßnahmen für die zweite Röhre. Immer wieder hieß es auch bei anderen Debatten zu anderen Projekten: Ja, wir würden’s ja gerne machen, aber es fehlen die Bestellentgelte. – Wenn Sie das Benennen von Tatsachen als Unverschämtheit bezeichnen, ist das Ihre Sache.
Jetzt habe ich aber eine konkrete Frage. Ist es denn tatsächlich so, Herr Staatssekretär, dass Sie, dass die
Staatsregierung einen Paradigmenwechsel gemacht hat? – Ich darf nämlich jetzt, nachdem ich den vergangenen CSU-Vorsitzenden zitiert habe, den aktuellen CSU-Vorsitzenden zitieren, den Herrn Seehofer. Ich zitiere ihn wortwörtlich in einem Brief an den Fürstenfeldbrucker Landrat:
Sicher könnten Ausweitungen der Kapazitäten und Betriebszeiten ebenso wie Taktverdichtungen die Attraktivität der Münchener S-Bahn weiter steigern. Mit dieser Attraktivitätssteigerung müsste aber auch eine Erhöhung der tatsächlichen Nachfrage verbunden sein. Dies erscheint angesichts des bereits jetzt hohen Anteils des öffentlichen Nahverkehrs von rund 44 % am Gesamtverkehrsaufkommen der Landeshauptstadt München aber eher fraglich.
Also schon interessant. Wahrscheinlich steckt hinter Ihrer Politik, immer nur Versprechungen zu machen –
– und diese dann nicht zu realisieren, System. Sie verkaufen doch die Leute für dumm, und nichts anderes.