Protokoll der Sitzung vom 11.07.2018

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 137. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt. Ich hoffe, gestern sind alle wohlbehalten nach Hause gekommen und jetzt in der Lage, den Beratungen im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte zu folgen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung Zweites Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2017/2018 (2. Nachtragshaushaltsgesetz 2018 - 2. NHG 2018) (Drs. 17/22033) - Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsanträge zum 2. Nachtragshaushaltsplan 2018 (s. a. Anlage 1):

Änderungsantrag von Abgeordneten der CSUFraktion (Drs. 17/22573), Änderungsanträge von Abgeordneten der SPDFraktion (Drsn. 17/22401 mit 17/22420), Änderungsanträge der Fraktion FREIE WÄHLER (Drsn. 17/22443 mit 17/22551) und Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drsn. 17/22559 mit 17/22572)

Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drsn. 17/23034 und 17/23035)

Änderungsanträge zum 2. Nachtragshaushaltsgesetz 2018 (s. a. Anlage 1):

Änderungsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Ingrid Heckner u. a. (CSU) hier: Änderung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (Drs. 17/22574), Änderungsanträge der Abgeordneten Harald Güller, Franz Schindler, Dr. Paul Wengert u. a. (SPD) hier: Neue Stellen für die Zentralen Ausländerbehörden bei den Regierungen; kein Landesamt für Asyl und Rückführungen; keine Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei; neue Stellen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bei der Landespolizei und

neue Stellen für die mobile Reserve der Bereitschaftspolizei; 20 neue Planstellen für Sozialpädagoginnen, Sozialpädagogen für die Justizvollzugsanstalten (Drs. 17/22575) , hier: Änderung der Bayerischen Haushaltsordnung (Drs. 17/22576), hier: Änderung der Landkreisordnung (Drs. 17/22577) und Änderungsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drs. 17/22578)

Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drsn. 17/23036 und 17/23037)

Änderungsantrag der Abgeordneten Bernhard Seidenath, Joachim Unterländer, Tobias Reiß u. a. und Fraktion (CSU) hier: Änderung des Bayerischen Landespflegegeldgesetzes (Drs. 17/23219)

Die Drucksachen wurden für Sie aufgelegt. – Bevor ich die gemeinsame Aussprache eröffne, gebe ich bekannt, dass bislang vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Änderungsantrag betreffend die Personalausstattung der unteren Naturschutzbehörden auf Drucksache 17/22560 Einzelabstimmung in namentlicher Form beantragt wurde. – Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt entsprechend der Vereinbarung im Ältestenrat 144 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. – Als ersten Redner rufe ich den Kollegen Peter Winter von der CSU auf. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich freue mich, dass wir nach einer sehr arbeitsintensiven Woche der Beratungen im Haushaltsausschuss heute den 2. Nachtragshaushalt 2018 beschließen können. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss bedanken. In zwei stressigen Sitzungen mit fast zehn Stunden Sitzungszeit haben wir in der Sache oft streitig, aber stets konstruktiv zusammengearbeitet.

Mein Dank gilt unserem Finanzminister Albert Füracker, seinem Staatssekretär und den weiteren Kabinettsmitgliedern für ihre aktive Präsenz bei den Beratungen, vor allem aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussbüros. Den Fraktionen sowie den Ministerien danke ich für die gute Vorbereitung der Sitzung.

All diese Beratungen wären nicht möglich, gäbe es nicht die braven Steuerzahler in Bayern, die die Voraussetzungen schaffen, damit wir dank ihrer Hände Arbeit heute den zweiten Nachtrag verabschieden können.

Wir haben neben dem 2. Nachtragshaushaltsgesetz 13 Einzelpläne beraten. Dabei musste der Ausschuss insgesamt 149 Änderungsanträge und eine Tischvorlage bearbeiten. Ich möchte mich an dieser Stelle nochmals ausdrücklich vor allem bei den Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den GRÜNEN bedanken, die sich mit der Zahl ihrer Änderungsanträge auch angesichts des engen Zeitfensters bewusst zurückgehalten haben.

Es tut mir leid, die FREIEN WÄHLER haben das anders gesehen. Sie haben die Änderungsanträge zum 1. Nachtragshaushalt 2018 kopiert und dann zum zweiten Nachtrag erneut gestellt. Dabei hat man sich wirklich nicht allzu viel Mühe gemacht, wie zum Beispiel der erneute Änderungsantrag zur Erhöhung der Vereinspauschale beweist. So wird mit dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/22445 von der irrigen Annahme ausgegangen, dass eine Erhöhung des Ansatzes für das Jahr 2018 nicht erfolgt sei. Eine Erhöhung dieses Ansatzes um 800.000 Euro erfolgte aber bereits aufgrund einer Initiative der CSU-Fraktion zum ersten Nachtrag. Damit ist zum Beispiel dieses Anliegen längst erledigt; ihm ist Rechnung getragen worden.

Wie sieht es sonst mit der Politik der FREIEN WÄHLER aus? – Nach der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge lautet ihr nächstes Freibier-Projekt: kostenfreie Kitas für alle – so eine Pressemitteilung der FREIEN WÄHLER vom 25. Juni 2018. Dabei ist mit "kostenfrei" natürlich beitragsfrei gemeint. Die Kosten soll der Freistaat Bayern übernehmen, obwohl Kinderbetreuung eine originäre Aufgabe der Kommunen ist, wobei wir sie vorbildhaft mit unseren Staatsleistungen unterstützen. Das Muster bei den FREIEN WÄHLERN ist also immer dasselbe: Die populäre Abschaffung von Gebühren oder Beiträgen.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Michael Piazo- lo (FREIE WÄHLER))

Irgendwann werden sie noch die Abschaffung der Steuern fordern und dann feststellen, dass wir ein grundlegendes Problem mit der Finanzierung haben.

Der Fraktionsvorsitzende der FREIEN WÄHLER, Kollege Hubert Aiwanger, hat Ende Juni per Pressemitteilung erklärt: Bayern braucht eine seriöse Politik. Die FREIEN WÄHLER kritisieren darin den 2. Nachtragshaushalt als Wahlkampfhaushalt. Aber wie sieht "seriös" bei den FREIEN WÄHLERN aus? – Sie erheben

Mehrforderungen zum Doppelhaushalt 2015/16 von insgesamt deutlich über 3 Milliarden Euro, Mehrforderungen zum Nachtragshaushalt 2016 von knapp 2 Milliarden Euro für ein Haushaltsjahr, Mehrforderungen zum Doppelhaushalt 2017/18 mit insgesamt rund 3,2 Milliarden Euro, Mehrforderungen zum 1. Nachtragshaushalt 2018 von knapp 2 Milliarden Euro wiederum für ein Haushaltsjahr, Mehrforderungen zum 2. Nachtragshaushalt 2018 von rund 1,15 Milliarden Euro, wiederum für ein Haushaltsjahr, und dies alles ohne jegliche Gegenfinanzierung. So sieht seriöse Finanzpolitik bei den FREIEN WÄHLERN aus.

Wie wichtig den FREIEN WÄHLERN der zweite Nachtrag ist, sieht man auch daran, dass sie bei der Beratung mancher ihrer eigenen Änderungsanträge im Haushaltsausschuss nicht einmal anwesend waren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

So findet sich im Protokoll der Sitzung des Haushaltsausschusses vom 12. Juni 2018 bei der Abstimmung über die Änderungsanträge der FREIEN WÄHLER zum Einzelplan 04 der folgende Beschluss: "Ablehnung mit den Stimmen der CSU bei Stimmenthaltung der SPD und der GRÜNEN und Abwesenheit der FREIEN WÄHLER." – Wir brauchen daher von den FREIEN WÄHLERN in keiner Weise irgendwelche Belehrungen über seriöse Politik.

(Beifall bei der CSU und der SPD)

Hätten wir den Änderungsanträgen der FREIEN WÄHLER zum jeweiligen Haushalt allein seit 2015 jeweils zugestimmt, dann wäre nur eines sicher: Wir hätten dann in Bayern keine Haushaltsrücklage mehr. Wir bräuchten über einen zweiten Nachtrag tatsächlich nicht zu debattieren. Wir wären nicht in der Lage, wichtige Maßnahmen aus der Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten Markus Söder noch in diesem Jahr umzusetzen.

Wir reagieren mit dem 2. Nachtragshaushalt 2018 auf die großen aktuellen Herausforderungen im Pflegebereich und in der Wohnraumförderung. Wir verbessern daneben auch die Förderung von Familien mit kleinen Kindern.

Ich möchte jetzt noch kurz auf einige ausgewählte Schwerpunkte des 2. Nachtragshaushalts eingehen.

Mit dem neuen Bayerischen Landespflegegeld helfen wir pflegebedürftigen Menschen in Bayern. Wir wollen damit die Lebensgestaltung von Pflegebedürftigen erleichtern. Wir versetzen Pflegebedürftige damit in die Lage, Angehörigen oder anderen Unterstützenden eine materielle Anerkennung zukommen zu lassen. Das Landespflegegeld beträgt jährlich 1.000 Euro pro

anspruchsberechtigter Person. Der 2. Nachtragshaushalt enthält die erforderlichen Mittel in Höhe von 400 Millionen Euro für die Auszahlung des Pflegegeldes in diesem Jahr. Wir stärken mit dem Landespflegegeld das Selbstbestimmungsrecht von Pflegebedürftigen.

Wir gründen ein neues Landesamt für Pflege zur besseren Koordinierung der bayerischen Pflegepolitik. Der zweite Nachtrag sieht dafür 60 neue Stellen vor, insbesondere für die Errichtung in der Startphase. Das neue Landesamt für Pflege hat die Aufgabe, die pflegebedürftigen Menschen sowie die Pflegenden in ganz Bayern zu unterstützen. Das gilt gerade auch für die Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen sowie ihrer Familien. Wir bündeln im Landesamt die Aufgaben aus dem Pflegebereich sowie der Hospiz- und Palliativversorgung in einer Behörde. Wir können so die großen Herausforderungen im Pflegebereich noch konzentrierter angehen.

Wir führen das Bayerische Familiengeld als neue landesgesetzliche Leistung ein. Das Familiengeld bündelt und verbessert die bisher bestehenden familienpolitischen Leistungen auf Landesebene. Mit dem Familiengeld profitieren alle Eltern von Kleinkindern unabhängig von der Betreuungsform und vom Einkommen von einer einheitlichen Landesleistung. Das Familiengeld beträgt für das erste und zweite Kind jeweils 250 Euro pro Monat und für das dritte und jedes weitere Kind 300 Euro pro Monat. Im zweiten Nachtrag sind für das Familiengeld zusätzliche Mittel in Höhe von rund 153 Millionen Euro veranschlagt. Dem Gesamtbetrag von 260 Millionen Euro stehen Einsparungen von 107 Millionen Euro beim Betreuungs- und Landeserziehungsgeld gegenüber. Wir gehen beim Familiengeld von den unterschiedlichen Lebensentwürfen von Familien in Bayern aus. Eltern sollen das Familiengeld daher für die jeweils von ihnen gewünschte Form der Kinderförderung einsetzen können; denn es gibt nicht nur ein einziges Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsmodell für jedes Kind. Das verstehen wir unter echter Wahlfreiheit.

(Beifall bei der CSU)

Der Wohnungsbau ist zweifellos eine der großen Aufgaben der nächsten Jahre. Wir wissen ihn bei unserer Ministerin Ilse Aigner und ihrem Staatssekretär in guten Händen. Der Wohnungsbau ist übrigens ein Thema, das nicht nur Bayern betrifft. Es kann und darf nicht die Zukunftsperspektive sein, dass Immobilienpreise weiter in die Höhe schießen und Wohnungen für Familien oder ältere Menschen kaum mehr erschwinglich sind. Es ist deshalb gut und richtig, dass wir an dieser Stelle noch zulegen.

Mit der Bayerischen Eigenheimzulage und dem Bayerischen Baukindergeld wollen wir gerade Familien bei der Verwirklichung des Traums von den eigenen vier Wänden unterstützen. Die Bayerische Eigenheimzulage sieht als Grundförderung einen einmaligen Festbetrag in Höhe von 10.000 Euro vor. Mit dem Bayerischen Baukindergeld wollen wir das neue Baukindergeld des Bundes jährlich um 300 Euro pro Kind erhöhen, weil Bauen vielerorts in Bayern schwierig und teuer ist.

(Jürgen Mistol (GRÜNE): Fehlanreiz!)

Mit dem Baukindergeld des Bundes ergibt sich eine jährliche Gesamtförderung von 1.500 Euro pro Kind. Das macht in zehn Jahren 15.000 Euro pro Kind. Für dieses Jahr sind für die Eigenheimzulage im zweiten Nachtrag 150 Millionen Euro und für das Bayerische Baukindergeld 37,5 Millionen Euro vorgesehen.

Wir bauen daneben auch die staatliche Wohnraumförderung ganz massiv aus. Wir erhöhen aus Landesmitteln den Bewilligungsrahmen in der Wohnraumförderung um 200 Millionen Euro. Allein im Jahr 2018 ergibt sich damit in der Wohnraumförderung ein Bewilligungsrahmen von insgesamt rund 886 Millionen Euro. Das sind über 43 % mehr als noch im Jahr 2017. Die staatliche Wohnraumförderung ist unser erfolgreichstes Instrument, um gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft sozialen Wohnraum zu schaffen.

Wir werden unser Engagement mit der Gründung des staatlichen Wohnungsbauunternehmens BayernHeim weiter ausbauen. Für diese neue staatliche Wohnungsbaugesellschaft sind als Startkapital Grundstockmittel in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro vorgesehen. Die dafür erforderliche gesetzliche Ermächtigung für die entsprechende Zuführung wird mit dem 2. Nachtragshaushaltsgesetz 2018 geschaffen. Die BayernHeim soll vor allem Wohnraum für untere und mittlere Einkommensgruppen bereitstellen. Ziel sind 10.000 neue Wohnungen bis 2025. Wir tragen damit zu einer spürbaren Entlastung des angespannten Wohnungsmarktes in Bayern bei.

Wir unterstützen unsere Maßnahmen für mehr Wohnraum in Bayern organisatorisch durch die Gründung des neuen Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr. Im zweiten Nachtrag sind für den Auf- und Ausbau des Bauministeriums sowie zur Stärkung der Bauverwaltung insgesamt 250 neue Stellen vorgesehen. Wir können durch die Bündelung der Aufgaben und durch die personelle Verstärkung der Bauverwaltung die großen Herausforderungen im Bereich Wohnen zügig und effektiv angehen.

Der 2. Nachtragshaushalt 2018 hat eine sehr ausgewogene Schwerpunktsetzung für unsere bayerische Bevölkerung. Wir geben damit die richtigen Antworten auf die aktuellen Fragen in den Bereichen Wohnen, Pflege und Familie im Freistaat Bayern. Der 2. Nachtragshaushalt 2018 ist es daher wert, hier und heute mit großer Mehrheit beschlossen zu werden. Das wäre mein Wunsch und meine Bitte.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Güller von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(nicht autorisiert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, Herr Finanzminister! Gerne hätte ich natürlich auch den Ministerpräsidenten begrüßt, aber ich glaube, er hat das Interesse an seinem Nachtragshaushalt schon wieder verloren.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄHLERN – Tobias Reiß (CSU): Ein Irrglaube!)