Silvia Schön

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Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Anfang des Jahres kochten die Wogen an den Hochschulen hoch. 63 zumeist pensionierte Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer drückten in einer Erklärung ihre Sorge aus, dass immer mehr Lehrstühle von der Wirtschaft finanziert werden, sogenannte Stiftungsprofessoren. Sie sahen darin die Unabhängigkeit der Wissenschaft gefährdet und insbesondere bei der aktuellen Stiftungsprofessur von OHB auch eine Verwicklung in die Rüstungsforschung.
Die Universitätsleitung und die Dekane aller zwölf Fachbereiche wiesen die Vorwürfe zurück und machten deutlich, dass es bei der Auswahl von Professuren ein geordnetes Berufungsverfahren streng nach Qualitätskriterien und nach dem Bremischen Hochschulgesetz gibt. Stiftungsprofessuren sind eine sinnvolle Ergänzung für die Wissenschaftsschwerpunkte und schaffen Kapazitäten. Eine Einflussnahme darf es nicht geben, und es handelt sich im Fall von OHB um zivile Grundlagenforschung und nicht um Rüstungsforschung. Im Übrigen hat die Universität eine Zivilklausel seit 1986. Soweit die Stellungnahme der Universität damals dazu!
Ich möchte zunächst Folgendes dazu sagen: Ich finde es gut, dass es eine aufmerksame Hochschulöffentlichkeit gibt, die ein Interesse daran hat, über hochschulpolitische Entscheidungen zu diskutieren, dazu Entscheidungen zu treffen, und in dem Sinne begrüße ich die Diskussion. Ich will aber auch sagen, dass ich die Befürchtung nicht teile, dass Stiftungsprofessuren zwangsläufig zu einer Einflussnahme durch die Wirtschaft führen.
Es ist Sache der Hochschulen, bei den Berufungsverfahren streng nach fachlichen Kriterien zu handeln, und dazu gibt es im Übrigen Regeln an den Hochschulen und auch im Hochschulgesetz. Ich finde im Übrigen auch, dass man den berufenen Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern eine schwere Hypothek mit auf den Weg gibt, wenn man ihnen per se unterstellt, dass sie nach wirtschaftlichen und nicht nach wissenschaftlichen Kriterien handeln. Diese Unterstellung ist schwierig, wenn man neu anfängt.
Was die Rüstungsforschung anbelangt und in dem Fall Dual-Use – und darüber wird ja am meisten diskutiert –, finde ich, das ist eine Frage, die das Werteempfinden der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Hochschulangehörigen und im Übrigen auch meines erheblich berühren kann. Deshalb ist es auch ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
richtig, dass es dazu einen gesellschaftlichen Dialog gibt, sowohl innerhalb der Universität als auch außerhalb. Ich sage aber auch, die Universität hat seit 1986 eine Zivilklausel, sie gilt in der Fachwelt als die Universität, die gerade keine Rüstungsforschung macht, und das ist aus meiner Sicht auch richtig so. Mit der OHB-Professur soll zivile Grundlagenforschung gemacht werden. Das Problem ist an der Stelle also die Dual-Use-Problematik, also zivile Forschung, die militärisch genutzt werden kann. Was heißt das für die Wissenschaft? Es kann aus meiner Sicht nicht sein, dass man die Grundlagenforschung verhindert, weil es die Dual-Use-Problematik gibt, weil Dual-Use ein Problem der Anwendung ist. Das heißt, es ist eine Aufgabe für Gesellschaft und Politik, dafür zu sorgen, dass Sicherheitspolitik mit Friedenspolitik beginnt. Ich bin überzeugt davon, dass wir Frieden schaffen mit dem Aufbau von Zivilgesellschaft.
Der Wissenschaft per se die Verantwortung für die Dual-Use-Problematik zuzuschreiben, verkennt die gesellschaftlichen Tatsachen. Aber trotzdem, Wissenschaft hat auch gesellschaftliche Verantwortung für ihre Forschung. Deshalb begrüßen wir in unserem Antrag auch, dass es die Zivilklausel bereits seit 1986 gibt. Wir wünschen uns eine Anpassung an die modernen Herausforderungen, und wir wünschen uns auch, dass die Hochschulen in Bremen und Bremerhaven ebenfalls vergleichbare Selbstverpflichtungen eingehen. Wir wünschen uns eine breite Debatte über die Dual-Use-Problematik an den Hochschulen, aber auch in der Gesellschaft, und insofern bitten wir Sie um die Unterstützung unseres Antrags! – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass es gelungen ist, in der letzten Parlamentssitzung das Weiterbildungsgesetz zu novellieren, wir haben ja länger daran gearbeitet. Es ist in zentralen Punkten modernisiert worden, und zwar ist besonders ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
wichtig, dass es künftig eine Weiterbildungskonzeption gibt, indem wir uns auf Ziele, Herausforderungen, Maßnahmen und Zielgruppen verständigen. Das soll dann auch Grundlage der Förderung sein. Dieses Konzept soll alle drei Jahre überarbeitet und neuen Herausforderungen angepasst werden. Solch ein Konzept gab es bisher im Weiterbildungsgesetz nicht. Wenn man lebenslanges Lernen entwickeln will, dann braucht man das meiner Meinung nach zentral.
Das Gesetz richtet sich an alle erwachsenen Bürgerinnen und Bürger. Wir wollen uns in der Förderung zunächst auf die sogenannten bildungsbenachteiligten Zielgruppen konzentrieren, denn für uns ist es eine Frage des sozialen Zusammenhalts der Städte Bremen und Bremerhaven, dass unsere Gesellschaft nicht auseinanderfällt in die, die über Bildung verfügen, und die, die darüber nicht verfügen.
Wir wissen, dass das eine besondere Herausforderung ist, denn alle Evaluationen zeigen, dass gerade diese Zielgruppe Weiterbildung eher weniger nachfragt. Weiterbildung oder auch Leben im Lebensverlauf entscheiden über die individuellen Perspektiven, gesellschaftliche Partizipation und beruflichen Erfolg. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Berufsausbildung nicht für ein ganzes Leben reicht, ist Weiterbildung besonders wichtig geworden. Auch die Vergleichbarkeit von Bildungskompetenzen ist wichtiger geworden, auf europäischer Ebene ist dazu der europäische Qualifikationsrahmen entwickelt worden, der acht verschiedene Schlüsselkompetenzen auf acht verschiedenen Niveaustufen definiert. Diesen haben wir in das Weiterbildungsgesetz eingearbeitet, das heißt, Bildungsveranstaltungen müssen sich auch künftig in diesem Rahmen definieren. Das ist also auch eine große Herausforderung an die Weiterbildungsträger. Bis dieser Gesetzentwurf hier und heute vorgelegt werden konnte, gab es einen breiten Beteiligungsprozess. Die Weiterbildungsträger wurden von Anfang an mit einbezogen, der Landesausschuss für Weiterbildung ebenfalls, am Ende gab es, wie bei jedem Gesetz, die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Das Gesetz ist also breit aufgestellt und ein wesentlicher Schritt in eine gute Weiterbildung für die Zukunft. Insofern bitte ich um Ihre Unterstützung für dieses Gesetz! – Danke!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Nitz, zwei Vorbemerkungen zu Ihren Ausführungen: Ich finde, das, was Sie an Zahlen aus der Großen Anfrage herausinterpretieren, ist etwas überinterpretiert, denn wenn Sie sich die Antwort zu Frage 7 anschauen, darin steht genau, dass der Senat nicht angeben kann, wie viel Geld bei den Kosten der Unterkunft gespart werden kann. Auf welcher Basis Sie dann rechnen, ist mir nicht so ganz klar, und vor allen Dingen verstehe ich auch nicht, wie dann der Senat Profit aus der Beschäftigungsförderung ziehen kann. Das ist mir auch nicht klar.
Ein dritter Punkt: Ich kann jetzt auch die Mär davon nicht mehr hören, dass es zu wenig Geld in der Arbeitsmarktpolitik gibt. Es ist ein großes Drama, dass die Bundesregierung 22 Millionen Euro gekürzt hat, aber es fließen immer noch 150 Millionen Euro im Jahr in das Land Bremen, also nach Bremen und Bremerhaven. Das ist nicht nichts, vorher hatten wir 170 Millionen Euro. Wenn Sie immer so tun, als wenn überhaupt kein Geld mehr da ist, dann erzählen Sie den Menschen hier im Bundesland falsche Sachen!
Nun zu unserem Antrag: Der rot-grünen Koalition ist es ein Anliegen, dass wir auch auf einem zweiten Arbeitsmarkt möglichst viele sozialversicherungspflichtige Jobs schaffen und die Ein-Euro-Jobs begrenzen, Frau Ziegert hat schon darauf hingewiesen. Menschen, die arbeiten wollen, sollen dann auch auf dem zweiten Arbeitsmarkt für ihre Arbeit bezahlt werden, und das ist für uns auch eine Frage der Würde. Dort, wo es um tagesstrukturierende Maßnahmen geht, können es dann auch einmal Ein-Euro-Jobs sein, aber, wie gesagt, wir wollen diese begrenzen. Ich bin auch froh, dass es uns gelungen ist, dass trotz der Kürzung der Bundesregierung um 22 Millionen Euro – das sind immerhin 25 Prozent des gesamten Etats – möglichst wenig sozialversicherungspflichtige Jobs reduziert worden sind. Da stimmt es eben genau nicht, was Sie erzählen, Frau Nitz!
Wir hatten hier in der Stadt Bremen im November 2010 noch 735 sozialversicherungspflichtige Jobs, es sind jetzt im Februar 2011 – das sind die aktuellen Zahlen – immer noch 714 Jobs.
Es ist eine Reduktion um 21 Stellen bei einer Kürzung von 22 Millionen Euro. Das zeigt auch, wie gut wir an der Stelle gearbeitet haben. Es wäre auch gut, wenn Sie das an der Stelle einmal anerkennen würden. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Allerdings ist ein zentraler Punkt unseres Antrags: Aus kommunal- und landespolitischer Sicht ist es bedauerlich, dass der Bund am Ende des Tages das Geld spart, wenn wir hier die sozialversicherungspflichtigen Jobs schaffen, weil er nämlich das Arbeitslosengeld II einspart und nicht wir als Kommunen beziehungsweise als Land Bremen, und das möchten wir ändern.
Dazu gibt es auch eine lange Debatte in der Fachwelt unter dem Begriff „Aktivierung passiver Leistungen“. Dahinter verbirgt sich, dass das Geld der sogenannten passiven Leistungen, nämlich die Hilfe zum Lebensunterhalt, die durch Einrichtung sozialversicherungspflichtiger Jobs gespart wird, für arbeitsmarktpolitische Leistungen zur Verfügung gestellt wird. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, weil beide Ausgabentitel im Bundeshaushalt nicht miteinander deckungsfähig sind. Das wollen wir ändern, und deswegen fordern wir auch in unserem Antrag den Senat auf zu prüfen, ob es in einer Bundesratsinitiative gelingen kann, das zu ändern. Wir setzen darauf, dass andere Bundesländer ähnliche Interessen wie wir haben, denn auch sie möchten gern mehr Geld in ihren Kommunalhaushalten haben.
Bei einer vorsichtigen Schätzung, wenn man das jetzt einmal mit 714 sozialversicherungspflichtigen Jobs durchrechnet, also Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante und auch noch 240 Jobs in Bremerhaven, dann könnten 4 bis 5 Millionen Euro für zusätzliche Beschäftigungsmaßnahmen herauskommen. Das könnten mehr als 200 zusätzliche Jobs sein, und ich glaube, das wäre eine gute Nachricht für die Arbeitslosen im Land Bremen.
Bei der Großen Anfrage der LINKEN nach den Einsparungen bei den Kosten der Unterkunft, die ja nicht beziffert werden können, ich bin schon darauf eingegangen, geht es uns aber trotzdem darum, den Senat noch einmal zu bitten zu prüfen, selbstverständlich unter der Beachtung des Sozialdatenschutzes, ob es möglich ist darzulegen, ob doch Geld gespart wird, das man dann für sozialversicherungspflichtige Maßnahmen auf dem zweiten Arbeitsmarkt einsetzen kann, und auch zu prüfen, wenn diese positiven fiskalischen Projekte tatsächlich gegeben sind, ob man diese Mittel, unter welchen Bedingungen auch immer, zur Schaffung zusätzlicher Jobs auf dem zweiten Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen kann. Wir versprechen uns von unserem Antrag eine Stärkung der sozialversicherungspflichtigen Jobs auf dem zweiten Arbeitsmarkt, ich glaube auch, darauf warten die Arbeitslosen im Land Bremen. Von daher bitten wir um die Zustimmung zu unserem Antrag.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihrem Gehalt, von ihrer Arbeit leben können müssen. Es kann und darf nicht sein, dass Menschen, die einer Vollzeittätigkeit nachgehen, ergänzendes Arbeitslosengeld und/oder Kosten zur Unterkunft bekommen müssen. Es ist entwürdigend, das wollen wir nicht, deshalb treten wir für den Mindestlohn ein.
Mir sind die Argumente der Gegner hier aus dem Haus auch hinreichend bekannt. Ich freue mich schon auf den Beitrag von Herrn Dr. Möllenstädt gleich,
der wahrscheinlich wieder sagen wird, Mindestlohn kostet Arbeitsplätze, Mindestlohn ist im Wettbewerb nicht darstellbar. Ich sage dazu, ein Unternehmen, das nur auf dem Markt existieren kann, wenn es einen Teil der Lohnkosten auf den Staat abwälzt in Form von Arbeitslosengeld II oder Kosten zur Unterkunft, ist ohnehin nicht wettbewerbsfähig und lebt von der Wettbewerbsverzerrung und nicht vom fairen Wettbewerb.
Das wollen und das können wir auch nicht stützen.
Das Problem ist groß. Hier im Land Bremen haben wir 18 000 Aufstocker, das sind Menschen, die von ihrem Einkommen nicht leben können. Gleichzeitig kostet uns das im Jahr 35 Millionen Euro Steuergeld, das wir als Haushaltsnotlageland dringend brauchen, und es ist völlig unangemessen, dass wir damit Löhne subventionieren.
In unserem Vergabegesetz haben wir 2009 bereits einen Mindestlohn von 7,50 Euro festgelegt, Herr Tschöpe hat darauf hingewiesen. Die aktuellen Berechnungen unterschiedlicher Institute zeigen, dass der Mindestlohn mittlerweile bei 8,50 Euro liegen muss, um existenzsichernd zu sein. Deshalb wollen wir dementsprechend das Bremer Vergabegesetz ändern, das heißt, öffentliche Aufträge werden nur an solche Unternehmen vergeben, die sich bei der Angebotsabgabe verpflichten, ihren Beschäftigten mindestens 8,50 Euro zu bezahlen. Darüber hinaus möchten wir den Senat bitten, dass er mit Gewerkschaften und Interessenvertretern Gespräche aufnimmt mit dem Ziel, gemeinsam zu verifizieren, ob und wo es Beschäftigte gibt, die für das Land Bremen arbeiten und möglicherweise noch keinen Mindestlohn von 8,50 Euro erhalten. Das Ziel heißt dann, darauf hinzuwirken, dass das Gehalt auf 8,50 Euro angehoben wird.
Wir wollen, dass sich der Senat weiterhin auf Bundesebene für den Mindestlohn und für eine Mindestlohnkommission einsetzt. Eine Mindestlohnkommission ist uns besonders wichtig, denn wir wollen, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften gemeinsam mit der Wissenschaft jährlich die Höhe eines Mindestlohns überprüfen und die Höhe vorschlagen, die existenzsichernd ist, und dieser sollte dann auch gefolgt werden. Daher bitten wir um Zustimmung zu unseren Anträgen.
Den Änderungsantrag der LINKEN lehnen wir ab, Herr Tschöpe hat das teilweise schon erläutert. Ich
halte ihn für populistisch. Er geht nach dem Motto: Wünsch dir was! Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, würde ich den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch mehr als 10 Euro wünschen, aber darum geht es nicht. Der Mindestlohn ist definiert als die Summe, die eine Einzelperson verdienen muss, um aus dem Hilfebezug herauszukommen. Diese Summe liegt nach den Berechnungen gegenwärtig bei 8,50 Euro, für 10 Euro gibt es keine Berechnungsgrundlage.
Ihre Vermischung in Ihrem Antrag mit der Alterssicherung ist unzulässig. Mangelnde Alterssicherung hat in erster Linie etwas mit Teilzeittätigkeit oder Brüchen in der Erwerbsbiografie, also Arbeitslosigkeit, zu tun. Diese Probleme müssen meines Erachtens an anderer Stelle gelöst werden. Es ist wichtig, sie zu lösen, aber damit überfordert man den Mindestlohn. Das muss an anderer Stelle gelöst werden, also seien Sie wahrhaftig in der Frage! Wir sind das. Wir lehnen Ihren Änderungsantrag ab. – Danke!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nestler, ich freue mich, dass Sie jetzt auch unseren Antrag verstanden haben, nachdem Herr Dr. Kuhn Ihnen den erläutert hat. Daher muss ich auf diese angebliche Widersprüchlichkeit nicht mehr eingehen. Ich möchte trotzdem noch ein paar Sätze zu dieser Doppelmoral, die Sie an den Tag legen, hier erläutern! Wir wissen, dass es, als wir in die Koalition gegangen sind, durchaus einige Bereiche gab, in denen nicht 7,50 Euro gezahlt worden sind. Das Wachgewerbe ist ein solches Beispiel. Wir haben das geändert, weil es uns wichtig ist, dass Menschen von ihrem Gehalt leben können, und jetzt werden wir in diesem Bereich wieder schauen, ob es Bereiche gibt, die unter 8,50 Euro liegen, damit wir es dementsprechend anheben. Daher hat das eine nichts mit dem anderen, dem Vergabegesetz, zu tun. Da werden wir uns um beide Bereiche kümmern.
Genauso ist es uns auf Bundesebene wichtig, Herr Nestler, einen allgemeinen Mindestlohn von 8,50 Euro zu haben, der dann durch eine Mindestlohnkommission festgesetzt werden soll. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass in diesen ganzen Hartz-IVVerhandlungen in den letzten Wochen mehr in Sachen Mindestlohn herausgekommen wäre, als es die Koalition aus CDU und FDP zugestehen wollte. Dann wären wir in der Republik ein ganzes Stück ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
weiter, dann müssten wir es nicht nur allein bremisch diskutieren, so wie wir es im Moment tun müssen.
Zu Herrn Dr. Möllenstädt! Herr Dr. Möllenstädt, es tut mir leid, Ihre Arbeitsmarktpolitik verstehe ich eigentlich nicht, darin ist null Komma null Konsistenz. Welche Vorschläge Sie gemacht haben, Niedrigqualifizierte in Arbeit zu bekommen, dazu habe ich von Ihnen in der Tat noch nichts gehört. Wenn Sie das einmal erläutern könnten, wäre das auch einmal etwas Feines! Ich nehme von Ihnen nur wahr, dass die anderen alles falsch machen und Sie alles richtig machen, wobei sich mir nicht erschließt, was Sie überhaupt tun. Ich habe noch in Erinnerung, gestern haben Sie gesagt, dass die Bundesregierung 22 Millionen Euro in der Arbeitsmarktpolitik für Bremen und Bremerhaven gekürzt hat. Das finden Sie eigentlich auch richtig, weil die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist, nur in Bremen und Bremerhaven nicht. Daran können ja nur wir schuld sein und nicht Sie, und daher ist es auch richtig, dass da gekürzt worden ist.
Dann schwadronieren Sie ohne Ende über Steuerentlastung, weil man den Bürger und die Unternehmen und wen auch immer noch alles entlasten muss. Dann finden Sie es auf der anderen Ebene völlig normal, dass kein Mindestlohn gezahlt werden soll und dass die öffentliche Hand wie hier in Bremen einmal 35 Millionen Euro für Aufstocker bezahlen muss, weil Unternehmen nicht in der Lage oder nicht willens sind, die Menschen adäquat zu bezahlen. Das, finde ich, ist keine konsistente Arbeitsmarktpolitik. Damit machen Sie sich hier in Wirklichkeit lächerlich, und Sie können es draußen im Land auch überhaupt nicht erklären. Den Menschen hier im Land haben Sie wieder einmal gezeigt, dass sie sich nicht auf Sie verlassen können, dass Sie nicht an der Seite der Menschen sind, sondern vielleicht bei den Unternehmen, aber jedenfalls nicht bei den Menschen. Das haben die Menschen hier im Land auch nicht verdient.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst ein paar Vorbemerkungen als Ausschussvorsitzende. Ich habe darauf verzichtet, vorab einen Bericht zu machen, möchte aber trotzdem ein paar Dinge vorab sagen, bevor ich dann zu meinem eigentlichen Statement komme.
Die Bürgerschaft – Frau Allers hat schon darauf hingewiesen – hat am 29. September 2010 den Antrag der CDU an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung zur Beratung und Beschlussfassung überwiesen. Der Ausschuss hat sich am 3. November über den Antrag unter Beteiligung der Senatorin für Bildung und Wissenschaft sowie der Universität und der Hochschulen eingehend beraten.
Der Ausschuss hat den Antrag abgelehnt und hat für die Bürgerschaft folgende Beschlussfassung formuliert: „Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung zur Kenntnis, und die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag „Wissenschaftsplanung für das Land Bremen fortschreiben“ von der CDU ab“. Im Bericht sind die Argumente der Fraktionen sowie der Hochschulen und Senatoren dargelegt. Darauf will ich jetzt gar nicht weiter eingehen, das macht jetzt jede Fraktion für sich. Ich möchte aber hier abschließend dann zu dem Teil noch kurz sagen, dass der Ausschuss darum bittet, dem Bericht und dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen und den Antrag der CDU abzulehnen. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Jetzt komme ich zu dem Teil der Grünen. Wir haben
da eine andere Wahrnehmung der Debatte, auch im Ausschuss. Der Antrag der CDU intendiert, dass der jetzige Wissenschaftsplan 2010 und der Hochschulgesamtplan zum Ende des Jahres 2010 auslaufen und man quasi mit leeren Händen dastehen würde. Das ist nicht der Fall. Der Wissenschaftsplan 2010 ist eine strategische, langfristige Zielbestimmung. Die ist nicht plötzlich zu Ende, nur weil das Jahr 2010 beendet ist, sondern gilt natürlich weiter. Im Hochschulgesetz ist auch keine Zeitvorgabe genannt, sondern dass man das prinzipiell machen muss. Es ist natürlich auch unstreitig, dass wir einen neuen Wissenschaftsplan auflegen müssen, das ist auch die Tradition der Wissenschaftsplanung im Land Bremen und auch eine Selbstverständlichkeit. Der erste Wissenschaftsplan wurde schon Anfang der Achtzigerjahre entwickelt, eine Strategieplanung, die unsere Stärken und unsere Zukunftsziele im Dialog mit den Hochschulen entwickelte. Für ein gerichtetes politisches Alltagshandeln ist das natürlich enorm wichtig.
Übrigens möchte ich an dieser Stelle erwähnen,
dass wir dem Land Nordrhein-Westfalen da um einiges voraus sind. Die abgewählte schwarz-gelbe Landesregierung hat sich durch ihr ominöses Hochschulfreiheitsgesetz jeglicher Hochschulplanung beraubt, und die neue rot-grüne Koalition kann nun erst einmal die Scherben aufsammeln und jetzt wieder eine neue Hochschulplanung machen, weil sie im Moment gar keinen Überblick hat, was die einzelnen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen denn überhaupt tun. Das bestätigt uns im Übrigen auch, dass wir eine Hochschulplanung brauchen. So wie Sie jetzt aber darüber sprechen, Frau Allers, ist das nicht zielführend.
Wir haben das Hochschulgesetz reformiert und
weitere Gesetze und Verordnungen novelliert, darauf haben wir in den letzten Jahren einen großen Schwerpunkt gelegt. Diese Gesetzesänderungen gilt es jetzt natürlich auch, mit Leben zu füllen. Dazu gehört zum Beispiel der Hochschulzugang ohne Abitur, der ist nicht einfach einmal umgesetzt, nur weil er im Gesetz steht, sondern das muss mit Maßnahmen hinterlegt werden. Das Gleiche gilt für die verstärkte Frauenförderung oder auch für die Förderung von Migrantinnen und Migranten, um nur einige Beispiele zu nennen. Darum wollen wir uns aktuell vermehrt kümmern.
Natürlich werden wir uns nach der Wahl an die
Erarbeitung eines neuen Wissenschaftsplans machen. Die Hochschulen haben im Übrigen auch im Wissenschaftsausschuss deutlich gesagt, dass ein neuer Wissenschaftsplan für sie nicht die höchste Priorität hat, sondern die Verlässlichkeit in der Finanzierung der Hochschulen, und das ist etwas anderes. Bei den Hochschulen wirkt nämlich die enorme Negativerfahrung durch die Kürzung des Hochschulgesamtplans V noch nach. Für die Hochschulen ist es wichtig und
verlässlich, dass sie die Kontrakte haben, die werden dem Ausschuss noch vor der Wahl zur Kenntnis gegeben. Die Hochschulen wünschen sich mehrjährige Planungssicherheit, das ist verständlich, das haben wir auch in unserem Wahlprogramm so formuliert, dass wir das in der nächsten Legislaturperiode auch angehen wollen.
Vieles, was Sie in Ihrem Antrag auch angesprochen
haben, ist ohnehin integraler Bestandteil unserer Politik. Wir wünschen uns die Beteiligung der Hochschulen an der Exellenzinitiative. Wir wünschen uns sehr, dass sie erfolgreich ist. Wir sind davon überzeugt, dass das auch der Fall ist. Natürlich werden wir dann den Landesanteil absichern, das steht doch außer Frage. Nächste Woche – am 2. März – steht dazu auch die erste Entscheidung an. Ich glaube, da drücken wir der Universität auch alle gemeinsam die Daumen.
Die Verbesserung der Lehre ist für uns ein konti
nuierlicher Prozess. Wir haben jährlich 7,5 Millionen Euro eingestellt, damit die Lehre besser wird. Damit machen wir natürlich auch Qualitätssicherung. Wir haben die Kritikpunkte an der Bologna-Reform aufgenommen und in dem Hochschulgesetz umgesetzt. Es gibt Wissenschaftskooperationen zwischen der Universität und der Jacobs University, die Exellenz initiative ist ein Beispiel dafür. Natürlich gibt es Kooperationen mit Niedersachsen, mit der Monopolregion und mit der Wirtschaft. Fragen der Ressourcenplanung, Grundfinanzierung der Hochschulen sowie der Institute sind im Haushaltsplan und in den Kontrakten festgelegt. Zur Hochschulbauförderung haben wir gerade in der letzten Sitzung einen Antrag verabschiedet. Eine Evaluation von Studienangebot und Studienkapazität findet kontinuierlich statt. Das, was Sie in Ihrem Antrag formuliert haben, machen wir ohnehin.
Ein neuer Wissenschaftsplan bedarf meines Erach
tens einer soliden Diskussion mit den Hochschulen und auch mit anderen Trägern öffentlicher Belange. Ihr Antrag wurde am 29. September hier verhandelt, und bis zum 31. März wollen Sie, dass ein neuer Wissenschaftsplan vorgelegt wird,
das ist also gerade einmal ein halbes Jahr. Das halte ich nach soliden Maßstäben in so einer kurzen Zeit für nicht möglich. Im Übrigen – das möchte ich an dieser Stelle noch einmal anmerken –, nach dem Desaster, das die Große Koalition mit dem Hochschulgesamtplan V angerichtet hat, mit der großen Verunsicherung, die dadurch in den Hochschulen entstanden ist, war es mir wichtig, erst einmal wieder Ruhe einkehren zu lassen und neues Vertrauen
aufzubauen. Das ist der rot-grünen Koalition auch gelungen.
Nach der Wahl werden wir uns einem neuen Wissenschaftsplan widmen und mit den Akteuren breit diskutieren.
Wissenschaft, Forschung und neue Technologien sind Schlüsselfunktionen für Bremen und Bremerhaven. Deswegen wollen wir möglichst viele in den Prozess mit einbeziehen, denn viel Kompetenz schafft auch gute Ergebnisse, aber dafür bedarf es etwas Zeit. Nun ja, wenn Sie jetzt nur einen Entwurf haben wollen, haben Sie vor der Wahl doch auch nichts! Also hören Sie doch auf, das hier zu erzählen! Für mich sind die großen strategischen Herausforderungen: Wie schaffen wir es, trotz knapper Haushaltsmittel dafür Sorge zu tragen,
dass die Hochschulen und die Universitäten, die national und die international hoch anerkannt sind, sich in ihrer wissenschaftlichen Schaffenskraft weiterentwickeln können, dass sich die Hochschulen international und in der Region noch stärker verankern können, Studiengänge anbieten, die anschlussfähig sind an die Erfordernisse der regionalen Wirtschaft und an die Kooperationen im Wissenschaftstransfer mit der regionalen Wirtschaft, dass die Hochschule für Künste mit ihren Studierenden aus aller Welt kulturelle Vielfalt und Spannung in Bremen und Bremerhaven erzeugen kann, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse in den großen wissenschaftlichen Clustern Niederschlag in der bremischen Wirtschaft finden?
Gerade letzte Woche hatten wir eine größere Anhörung im Ausschuss für Wissenschaft und Forschung zum Wissenschaftstransfer, Frau Allers hat schon darauf hingewiesen. Da war es für mich auch eine neue Erkenntnis, dass das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz 50 Spin-offs gegründet hat mit 1 200 Arbeitsplätzen. Die Hochschulen sind also wichtige Arbeitgeber in dieser Region.
Darüber hinaus ist es doch wichtig, dass wir die Hochschulen darin begleiten, die Herausforderungen des demografischen Wandels anzunehmen. Die Hochschulen der Zukunft werden nicht mehr allein für die Zwanzig- bis Dreißigjährigen da sein. Es wird um den Umgang mit lebensbegleitendem Lernen gehen, wir werden mehr duale Studiengänge brauchen, mehr Weiterbildungsstudiengänge, und
natürlich wird der Umgang mit Heterogenität eine viel größere Herausforderung dadurch sein.
Die Hochschulen und die Institute sind wichtige Arbeitgeber in der Region. Ich habe darauf schon hingewiesen. Allein 5 500 Arbeitsplätze sind darin, 30 000 Studierende, 9 000 indirekte Arbeitsplätze werden dadurch akquiriert. Das heißt doch, dass wir uns solide damit auseinandersetzen und nicht einmal eben so allein in einem Wissenschaftsausschuss, sondern da muss man sich mit den gesellschaftlichen Akteuren in Bremen und in der Region zusammensetzen.
Ich möchte noch ein paar Sätze sagen, was für mich auch eine große Erneuerung war. Bremen gehört zu den fünf beliebtesten Städten der Menschen unter 30 Jahren.
Das müssen wir doch als Zukunftsherausforderung annehmen, das ist doch nicht nur gut für unsere Einwohnerentwicklung, das bringt doch auch Kreativität in die Stadt. Die Entwicklung, kreative Orte zu unterstützen, ist auch zentral wichtig, das ist ein weicher Standortfaktor für Unternehmen, die sich hier ansiedeln wollen. Für die Akquirierung von Fach- und Führungskräften ist das ein wichtiger Punkt. Das könnte ich jetzt noch länger weiter ausführen. Das will ich aber jetzt trotzdem an dieser Stelle beenden. Das zeigt aber, dass eine ganze Menge Punkte dafür zu berücksichtigen sind, dass es nicht einmal eben eine Diskussion zwischen jetzt und gleich ist, sondern dass man sich ihr in Ruhe widmen muss.
Deswegen werden wir auch den Antrag der CDU ablehnen und bitten um Zustimmung zu dem Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Nitz, warum wir Ihren Antrag ablehnen, kann ich Ihnen klar sagen: Weil das Problem abgearbeitet ist! Über Ihren Antrag ist die Zeit definitiv hinausgegangen. Wir als rot-grüne Koalition haben das Problem solide abgearbeitet und eine Lösung dazu gefunden. Daher brauchen wir Ihren Antrag aus dem November in der Tat nicht mehr. Wie Sie wissen, haben wir am 16. Dezember 2010 das ESF-Programm „Geförderte Beschäftigung“ mit 6,7 Millionen Euro ausgestattet, darin sind 560 sozialversicherungspflichtige Jobs verankert, Sie sitzen hier ja auch in der Deputation für Arbeit. Die Beschäftigungsträger haben gewünscht, dass wir das Programm jetzt so verabschieden. Das ist sicherlich zu Ihrem Leidwesen passiert, weil an dem Tag nichts skandalisierbar gewesen ist, weil wir mit den Trägern da eine gute Lösung gefunden haben.
Ich bin aber trotzdem ganz dankbar, dass Sie Ihren Antrag aufrechterhalten haben, weil es uns natürlich auch die Möglichkeit gibt, noch einmal zu erklären, dass wir eine exorbitante Aufgabe haben, da die Bundesregierung 22 Millionen Euro in der aktiven Beschäftigungsförderung gekürzt hat, was ich für einen Skandal halte.
Die Bundesregierung ist zuständig für die aktive Arbeitsmarktpolitik, und die Bundesregierung stiehlt sich aus der Affäre, ihre Aufgabe wahrzunehmen, und macht damit aktive Politik gegen das Land Bremen und gegen seine arbeitslosen Bürgerinnen und Bürger, und das ist ein Skandal. Ein Drittel der Gelder der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist dadurch gestrichen worden. Als Haushaltsnotlageland können wir nicht einfach in die Finanzierung einspringen, und vor allen Dingen können wir auch nicht einfach die Aufgabe des Bundes wahrnehmen, dafür gibt es eine Arbeitsteilung. Trotzdem mussten und müssen wir natürlich das Problem im Interesse der Menschen lösen. Schließlich gab es faktisch eine Kürzung – da gibt es auch nichts zu beschönigen – von 30 auf 20 Millionen Euro.
Wir haben in einem dreimonatigen Prozess jeden Ein-Euro-Job hier in Bremen angeschaut. Wir haben mit jedem Projekt diskutiert, wir haben intensive Diskussionen mit den Beschäftigungsträgern gehabt, wir haben uns zusammengesetzt und gemeinsam überlegt, wie wir im Sinne der Arbeitslosen tragfähige Lösungen finden können. Dieser Prozess war für mich ein Lehrstück aktiver Bürgergesellschaft, denn niemand hat sich mit Maximalforderungen effektvoller verhalten. Mit Augenmaß wurde eine tragfähige Lösung für die Menschen gefunden, und ich möchte ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
mich an dieser Stelle auch noch einmal ausdrücklich beim Verband der Beschäftigungsträger bedanken.
Die Lösung sieht folgendermaßen aus: Auf der Basis von circa 560 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen sollten möglichst alle Projekte erhalten bleiben, das ist gelungen. Die Beschäftigungsträger haben die Vorschläge, wo ohne größere Friktion Geld eingespart werden kann, selbst gemacht. Dazu gehört im Wesentlichen die Absenkung der Maßnahmepauschale, Streckung bei der Wiederbesetzung von Stellen und die schwerpunktmäßige Reduzierung der Ein-Euro-Jobs bei Jugendlichen. Dies finde ich im Übrigen auch richtig, weil Jugendliche in die Ausbildung und nicht in einen Ein-Euro-Job gehören, und dafür wollen wir auch Sorge tragen.
Außerdem ist es gelungen, 40 weitere sozialversicherungspflichtige Jobs einzurichten, und, Frau Nitz, Sie haben darauf hingewiesen, wir werden zusätzlich 1,9 Millionen Euro im ESF zur Verfügung stellen. Das ist kein Geld im Vorgriff – der Staatsrat wird das sicherlich noch genauer erläutern –, sondern das ist Geld, das wir nicht ausgegeben haben, das für das Abwenden von Unternehmensinsolvenzen vorgesehen war, soviel ich weiß, und es ist so nicht gebraucht worden.
Am 26. Januar 2011 hat jetzt das Arbeitsressort zusammen mit dem Jobcenter und den Beschäftigungsträgern diese Lösung der Öffentlichkeit vorgestellt, alle waren zufrieden; das Problem ist vor dem Hintergrund der exorbitanten Aufgabe, der finanziellen Herausforderung solide abgearbeitet worden. Warum Sie heute, am 23. Februar 2011, einen Antrag stellen zu einem Problem, das gelöst ist, halte ich für unverständlich, und deswegen lehnen wir Ihren Antrag auch ab. – Vielen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Soziale Sicherung von Arbeitslosen ist uns ein wichtiges Anliegen, und deswegen sind wir auch der Auffassung, dass Reformbedarf in der Arbeitslosenversicherung besteht. Im Rahmen der Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurde das Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung – also das heutige Arbeitslosengeld I – modifiziert, und zwar dahingehend, dass die Bezugsdauer auf zwölf Monate abgesenkt worden ist mit Ausnahme bezüglich der über Fünfundfünzigjährigen. Der Zeitraum, in dem sozialversicherungspflichtig gearbeitet werden muss, wurde verkürzt, und die notwendige Beschäftigungsdauer wurde erhöht. Das bedeutet, dass heute ein Arbeitsloser oder eine Arbeitslose im Rahmen von 24 Monaten zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein muss, um sechs Monate Arbeitslosengeld zu erhalten.
Früher mussten Arbeitslose in einem Zeitraum von 36 Monaten mindestens sechs Monate arbeiten, um Arbeitslosengeld zu bekommen, wobei immer das Verhältnis zwei zu eins gewahrt war. Wer früher innerhalb eines Dreijahreszeitraums sechs Monate gearbeitet hat, hatte Anspruch auf drei Monate Arbeitslosengeld. Nach der heutigen Regelung gibt es in solch einem Fall nichts mehr, und die geleisteten Arbeitslosenbeiträge der Arbeitslosen verfallen dann. Ebenso verfallen alle geleisteten Beiträge, wenn ein Arbeitsloser in den letzten zwei Jahren nicht sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat. Das kann zum Beispiel auf einen Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zutreffen, der oder die sich selbstständig gemacht und in den letzten zwei Jahren praktisch selbstständig gearbeitet hat und jetzt auf Leistung angewiesen ist.
Mit dieser Regelung haben auch kurzfristig und unregelmäßig Beschäftigte kaum noch eine Chance, Arbeitslosengeld zu erhalten. Wir haben immer mehr befristet beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die häufig Phasen der Arbeitslosigkeit haben. Dadurch fällt es dieser Personengruppe zunehmend schwer, innerhalb von 24 Monaten zwölf Mo––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
nate versicherungspflichtig zu arbeiten. Das trifft meistens auf Frauen zu, die in solchen Fällen Kinder betreuen. Diese Personen hätten immer größere Chancen, innerhalb von 36 Monaten Arbeitslosengeld II zu erhalten. Gestützt wird diese Problemlage auf die Statistik. Während Ende der Neunzigerjahre noch 40 Prozent der Arbeitslosen Arbeitslosengeld I bekommen haben, so sind es heute nur noch 25 Prozent. Demnach fällt heute ein immer größer werdender Personenkreis direkt in die Grundsicherung. Damit hat die Arbeitslosenversicherung als primäres Sicherungsinstrument erheblich an Schutzwirkung verloren. Das wollen wir ändern, und zwar zunächst im Interesse der betroffenen Arbeitslosen, aber auch im Interesse der Entlastung von Kommunen.
Während das Arbeitslosengeld I eine Versicherungsleistung ist, ist das Arbeitslosengeld II steuerfinanziert. Die Kosten der Unterkunft werden zu einem erheblichen Teil von den Kommunen finanziert. Würde das Arbeitslosengeld I als primäres Instrument wieder gestärkt werden, würde das auch unmittelbar die Kommunen entlasten. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass der Senat sich im Bundesrat dafür einsetzt, dass die Arbeitslosenversicherung ihre Funktion als soziale Sicherung wieder im früheren Umfang erfüllen kann.
Darüber hinaus möchten wir den Senat bitten, im Bundesrat aktiv zu werden, einen größeren Anteil der Kosten der Unterkunft zu übernehmen. Waren es vor einigen Jahren noch 29 Prozent, so sind es aktuell nur noch 24 Prozent. Der Bund zieht sich faktisch aus der Finanzierung hier heraus, was man auch bei der Beteiligung in der Arbeitsmarktpolitik sehen kann. Wir haben im Land Bremen circa 18 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von ihrem Gehalt nicht leben können und aufstockende Sozialleistungen erhalten. Dabei sind als Erstes die Kommunen bei den Leistungen der Unterkunft in der Pflicht, und es kann nicht sein, dass auf der einen Seite die Bundesregierung gegen existenzsichernde Mindestlöhne ist und andererseits die Kommunen mit den Kosten alleinlässt. Das kann nicht sein! Dort ist der Bund stärker in die Pflicht zu nehmen, und deswegen bitte ich Sie um Unterstützung unseres Antrags, und aus meinen Ausführungen ergibt sich auch, dass wir den Antrag der FDP ablehnen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Rahmen der Kurzintervention drei kurze Anmerkungen. Erstens, ich stelle fest, dass FDP und CDU kein Interesse an der finanziellen Entlastung unseres Bremer Haushalts haben.
Ich stelle zweitens fest, dass wir immer wieder Bundesratsinitiativen machen müssen, weil Ihre Bundespolitik einfach so schlecht ist
und die Bremer Bevölkerung einfach von Ihrer Politik in Berlin betroffen ist.
Die dritte Anmerkung zur FDP! Herr Dr. Möllenstädt, ich finde es gut, dass Sie das hier in aller Klarheit sagen: Sie stehen für flexible Arbeitsverhältnisse – Ihre Ausführung zur Leiharbeit habe ich von gestern noch gut im Ohr –, Sie wollen keine existenzsichernden Löhne, Sie sind gegen den Mindestlohn. Gleichzeitig wollen Sie aber daraus nicht die Konsequen––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
zen ziehen, wenn Sie soviel Zugeständnisse an Unternehmen machen, die jetzt nach der Krise wieder sehr gut verdienen, und die Börsenkurse zeigen das, dass Sie die Menschen in ihren ungeschützten Beschäftigungsverhältnissen erstens alleinlassen, und zweitens, dass Sie ihnen keine sozial ausreichende Sicherung geben wollen, wenn sie arbeitslos sind. Das zeigt, wo Sie stehen: Sie stehen auf der Seite der Konzerne, aber nicht auf der Seite der Menschen. Das ist hier entlarvend.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich erst einmal, dass das Anliegen hier breit im Haus getragen wird und der Antrag auch teilweise von der Opposition mit unterstützt wird. Frau Allers, ich möchte nur ganz kurz dazu sagen, wir sollen bei den anderen Bundesländern werben, es gibt dazu einen einstimmigen KMK-Beschluss, also auch die CDULänder unterstützen eigentlich dieses Anliegen.
Es ist hier schon mehrfach gesagt worden, wir hatten gestern schon die Debatte zum Kooperationsverbot im Bereich Bildung und Wissenschaft, das durch die Föderalismusreform I entstanden ist, mit den negativen Auswirkungen, und dass wir das Kooperationsverbot auch wieder abschaffen wollen. Ebenso trifft es zu, dass die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau durch die Föderalismusreform in Ländersache übergegangen ist. Wir Grüne haben dazu damals auch schon gesagt, dass wir das für Unsinn halten, und haben uns auch dagegen ausgesprochen.
Beschlossen wurde nun, Frau Böschen ist darauf eingegangen, eine Übergangslösung. Darin hat der Bund den Ländern weiterhin Geld für die Forschungsbauten sowie für Forschungsgroßgeräte zur Verfügung gestellt. Dank dieser Mittel konnten auch in Bremen und Bremerhaven wichtige Investitionen im Hochschulbau und in der Sanierung abgesichert werden. Diese Übergangslösung gilt in der Form mit der Zweckbindung bis 2013. Jetzt kommt es darauf an, eine Anschlusslösung zu finden, und dazu ist das Föderalismusbegleitgesetz auch schon genannt worden, in dem das auch ausdrücklich möglich ist.
Wir wollen mit unserem Antrag jetzt bewirken, dass jetzt schon festgeschrieben wird, dass der Bund weiterhin diesen Festbetrag mindestens in unveränderter Höhe zur Verfügung stellt. Wir wollen das auch deswegen schon jetzt, weil es immer eine bestimmte Zeit dauert, bis es dann entschieden ist, wir brauchen jetzt Planungssicherheit, Sie wissen, bei Bauvorhaben dauert es immer auch ein bisschen, man braucht dafür einfach Vorlauf.
Ich habe schon darauf hingewiesen, dieser Beschluss, den wir jetzt hier vorlegen, wird auch weit getragen. Die KMK hat bereits im Dezember letzten Jahres einstimmig beschlossen, dass die Hochschulbaumittel erhalten bleiben sollen, sie sollen sogar von ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
700 Millionen Euro auf 900 Millionen Euro ausgeweitet werden. Die Zweckbindung soll erhalten bleiben. Ich halte das für sachgerecht, ich freue mich auch über den Beschluss. Die Erhöhung kommt dadurch zustande, dass man sich einfach die inflationsbereinigten Wirkungen anschauen muss. Viele Hochschulen, die in den Siebzigerjahren gebaut worden sind, sind hochgradig marode und müssen saniert werden. Wir müssen auch mit einer Zunahme von Studierenden rechnen, worauf Herr Ella vorhin eingegangen ist.
In Bremen und Bremerhaven sind Wissenschaft und Forschung sehr wichtige Standortfaktoren. Wir haben bewiesen, dass wir national und international hier sehr wichtige Forschung betreiben, dass wir gleichzeitig ein Haushaltsnotlageland sind, das nur in der Lage ist, den Standort auch so auszustatten, wie wir es gerade können. Daher sind diese zusätzlichen Mittel aus Berlin für uns extrem wichtig. Wir haben in den vergangenen Jahren 12,8 Millionen Euro pro Jahr erhalten, die brauchen wir auch mindestens wieder.
Ich sage auch deutlich: Wir brauchen die Zweckbindung, sodass es in den Hochschulbau investiert wird, denn wir haben in unseren Hochschulen einen großen Sanierungsstau. Die Universität ist in den Siebzigerjahren gebaut worden. Sie muss saniert werden. Der AB-Trakt der Hochschule Bremen muss auch dringend saniert werden. Feuerpolizeilich ist es sowieso mittlerweile höchst fragwürdig, was da passiert, und es geht auch um andere Gebäude.
Wir haben jetzt schon eine Zweckbindung über einen Mietkauf von 8,6 Millionen Euro jährlich für die nächsten Jahre. Wir werden dort ohnehin Geld hineingeben müssen, und, wie gesagt, wir haben den Sanierungsstau. Soweit ich weiß, ist das Thema auch heute auf der Tagesordnung der Finanzministerkonferenz. Es wird voraussichtlich am 10. März 2011 auf der Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz sein, und daher ist es natürlich gut, wenn wir hier als Parlament – als Haushaltsgesetzgeber – schon einmal sagen, was wir wollen, was wir an Geld brauchen, um unsere Hochschulen angemessen ausstatten zu können.
Ich bin davon überzeugt, für Bremen und Bremerhaven ist sehr wichtig, dass wir den Bund an der Stelle nicht aus der Verantwortung lassen, und deswegen freue ich mich über die Unterstützung, die auch aus Teilen der Opposition kommt. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Bürgerarbeit ist ein neues, zusätzliches Instrument geschaffen worden. Ich möchte auch ausdrücklich sagen, dass ich das Instrument gut finde. Aus meiner Sicht gibt es schlechtere Instrumente. Ich finde es gut, dass es sich dabei um sozialversicherungspflichtige Jobs handelt, die über drei Jahre laufen. In Bremen wird es 200 Stellen geben, in Bremerhaven 210. Zumindest in Bremen werden sie nah am ersten Arbeitsmarkt organisiert, was ich ausdrücklich gut finde. Es ist eine Startphase von einem halben Jahr davor geschaltet, da sind in Bremen 1 000 Arbeitslose beteiligt und in Bremerhaven 600.
Ich würde es per se nicht so sagen, wie Sie es sagen, Frau Nitz, da würden Arbeitslose drangsaliert, sondern ich schaue da erst einmal so darauf: Es ist ein neues Instrument, und es muss eine Chance haben. Ich schaue darauf eher so, dass ich sage, da wird geschaut, welche Möglichkeiten und welche Potenziale haben Menschen, um am ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Gerade vor den Hintergrund des Fachkräftemangels – Frau Ziegert ist darauf eingegangen – müssen wir sehen, dass wir deutlich mehr Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt bekommen, und dafür ist das eine Chance, und die sollten wir da auch wahrnehmen.
Für diejenigen, die das über diesen Weg nicht schaffen, sind dann diese Bürgerarbeitsplätze vorgesehen. Ich sagte es schon, sie werden zumindest in Bremen sehr nah am ersten Arbeitsmarkt organisiert, in Bremerhaven ist das leider nicht der Fall. In Bremerhaven werden sie organisiert beim Arbeitsförderungszentrum, bei der Bremerhavener Beschäftigungsgesellschaft Unterweser und bei faden e. V., was landläufig unter Beschäftigungsträgern läuft. Ich finde, da wird eine Chance vertan. Daher finde ich auch, wie Bremen das macht – –. Da ist ja geplant, dass es bei der GEWOBA der Fall sein wird, bei der BSAG und so weiter, bei kommunalen Unternehmen. Sie sollen auch zusätzlich sein und keine regulären Arbeitsplätze verdrängen.
Dass die Bezahlung sehr gering ist, darauf ist hier hingewiesen worden, das teile ich. Bei den kommunalen Unternehmen in Bremen ist aber auch geplant, dass das zum Tarifgehalt aufgestockt werden soll, was ich ausdrücklich gut finde. Ausdrücklich schlecht finde ich, dass das – zumindest nach der Senatsvorlage – in Bremerhaven nicht der Fall ist. Da würde ich mir wünschen, dass an der Stelle dann auch nachgearbeitet wird.
) Von der Rednerin nicht überprüft.
Es ist genau nicht das Ziel dieser Bürgerarbeitsplätze, sie bei den Beschäftigungsträgern zu organisieren, weil wir auch einen größeren Trägermix haben wollen, mehr Chancen für die vielfältigen Situationen von arbeitslosen Menschen, und deswegen brauchen wir eben auch unterschiedliche Träger, bei denen wir dann Bürgerarbeitsplätze einsetzen können.
Ich komme zum Fazit, weil das meiste hier in diesem Raum auch schon gesagt worden ist: Ich finde das Instrument erst einmal gut, ich finde, es sollte evaluiert werden, ob es letztendlich das hält, was wir uns davon versprechen. Ich freue mich, dass wir 200 sozialversicherungspflichtige Jobs hier in Bremen bekommen werden, die nah am ersten Arbeitsmarkt sind. Ich freue mich, dass wir in Bremerhaven 210 Jobs bekommen werden, wo sicherlich die Chancen noch einmal optimiert werden können. Dann schauen wir uns das in einem halben Jahr an, ob die ganzen Befürchtungen von Frau Nitz eintreten werden oder ob zusätzliche Menschen zusätzliche Chancen auf dem Arbeitsmarkt bekommen haben. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ziegert hat es schon ausgeführt. Wir haben hier in der Bremischen Bürgerschaft schon mehrfach über Leiharbeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Mindestlohn debattiert. Für die rot-grüne Koalition ist klar, dass Handlungsbedarf besteht. So haben wir bereits in frühen Anträgen Bundesratsinitiativen zum Mindestlohn und zur Leiharbeit beschlossen und im Übrigen auch zum Arbeitnehmerentsendegesetz. Frau Ziegert ist gerade darauf eingegangen, das, was die CDU hier zum Antrag erhebt, haben wir hier in der Bürgerschaft schon 2008 beschlossen, als die CDU noch dagegen gestimmt hat. Ich freue mich darüber, dass die CDU sich dort weiterentwickelt hat und es noch einmal hier beschließen lassen möchte, damit sie auch dabei sein kann, obwohl es eigentlich keine Notwendigkeit dazu gäbe, denn es gibt ja schon einen Beschluss der Bürgerschaft. Schade, dass Sie nicht so weit gekommen sind, dass Sie dann auch unserem Antrag zustimmen werden. Sie haben aber ja noch ein paar Minuten Zeit, bis Sie daran sind, es sich noch einmal dahingehend zu überlegen.
Der Ausgangspunkt unseres Antrags war die Studie der Bertelsmann Stiftung, die sicherlich keine Einrichtung ist, die per se aufseiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steht, eher das Gegenteil. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass ein allgemeiner Mindestlohn, die Angleichung der Arbeitsbedingungen von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern mit Stammbelegschaften und die Begrenzung der befristeten Beschäftigung notwendig sind. Drei Punkte, in denen wir uns auch aus den Anträgen der Vergangenheit bestätigt fühlen! Sie sind dort noch einmal aufgeführt, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
und deswegen dachten wir, wir setzen es hier noch einmal auf die Tagesordnung, zumal sich ja auch die Mehrheitsverhältnisse im Bund etwas geändert haben, und wir hoffen, dass dadurch jetzt auch größere Chancen entstehen werden.
Uns ist es ein Anliegen, dass Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter mit Stammbelegschaften gleich behandelt werden, und gerade wo Bremen eine Hochburg der Leiharbeit ist, haben wir ein besonderes Anliegen an der Stelle. Wir sind auch gemeinsam der Auffassung, dass Leiharbeit nur dort einen ökonomischen Sinn macht, wo Auftragsspitzen abgefedert werden müssen. Das ist aber mittlerweile nur noch in geringeren Fällen so, denn sie wird strukturell eingesetzt, um Löhne zu drücken, auch konzerneigene Leiharbeit. Das macht auch in der Pflege deutlich mehr Umfang, als es noch vor einiger Zeit war. Es ist auch interessant, sich das in Bremen dann auch noch einmal neu anzuschauen.
Es ist auch ein großes Anliegen, dass Leiharbeiter mit Stammbelegschaften gleich behandelt werden. Der Mindestlohn wurde schon genannt, ich kürze es jetzt einmal ein bisschen ab, weil Frau Ziegert das Wesentliche auch schon gesagt hat und alle um 18.00 Uhr das Haus verlassen wollen.
Es geht in einem weiteren Punkt noch um die geringfügig Beschäftigten. Gerade dort besteht auch in Bremen ein Riesenproblem, vor allem in den Frauenberufen. Im Einzelhandel gibt es fast nur noch 400-Euro-Jobs, normale Arbeitsverhältnisse im großen Umfang sind mittlerweile Fehlanzeige. Auch dort setzen sich die Grünen dafür ein, dass wieder jedes Arbeitsverhältnis sozialversicherungspflichtig sein soll. Davon profitieren gerade Frauen; und vor allem unter dem Aspekt Alterssicherung, wie erwirkt man Rentenansprüche, ist es für uns ein ganz wichtiger Punkt. Sie wissen vielleicht, die Grünen treten auf Bundesebene für das sogenannte Progressivmodell ein, in dem die Sozialversicherung analog zur Einkommensteuer behandelt wird, um dadurch Arbeitsverhältnisse auch wieder sozialversicherungspflichtig zu machen.
Den FDP-Antrag lehnen wir ab. Er fordert jedenfalls nach der Schriftlage genau das Gegenteil von dem, was wir fordern. Wir finden das falsch und bitten daher um die Zustimmung zu unserem Antrag! – Danke!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal freue ich mich, dass DIE LINKE und auch die FDP unserem Antrag zustimmen. Was die CDU gleich macht, werden wir sehen, das haben wir noch nicht gehört.
Wir haben – ich möchte kurz auch noch inhaltlich etwas dazu sagen – auf dem Arbeitsmarkt, das ist hier auch schon angeklungen, die paradoxe Situation, dass wir einerseits überdurchschnittlich viele Langzeitarbeitslose hier in Bremen und Bremerhaven haben und andererseits gleichzeitig mit einem Fachkräftemangel konfrontiert sind. Die Zahlen und Statistiken sagen aus, dass ein Viertel der ausgeschriebenen Stellen nicht besetzt werden kann und dass es bei den Hochqualifizierten sogar bei einem Drittel der Stellen so ist. Es gibt also eine erhebliche Mismatch-Situation auf dem Arbeitsmarkt. Das ist auch nicht spezifisch für Bremen und Bremerhaven, sondern stellt sich mit unterschiedlichen Ausprägungen in der ganzen Republik so dar.
Die Arbeitnehmerkammer hat das einmal für Bremerhaven untersucht und ist da zu dem Ergebnis gekommen, dass die wesentlichen Ursachen darin liegen, dass das die Folge von jahrelangen Strukturkrisen ist, teilweise niedriges Qualifikationsniveau von Arbeitslosen, einem einseitig verlaufenen Strukturwandel, Beschäftigungszuwachs hauptsächlich in männerdominierten Zukunftsbranchen, aber gleichzeitig verbunden mit einem überdurchschnittlichen Abbau von Normalarbeitsverhältnissen, zum Beispiel im Einzelhandel, wo überwiegend Frauen beschäftigt sind, und immer so weiter. In Bremen gibt es solche Zahlen gegenwärtig nicht. Es gibt diverse Vermutungen, aber keine gesicherten Daten. Daher ist es uns als rot-grüne Koalition auch wichtig, dass wir den Ursachen auf den Grund gehen, dass Unternehmen ihre offenen Stellen besetzen können. Nur so haben diese Unternehmen auch die Möglichkeit, nachhaltige Chancen zu haben, im Wettbewerb bestehen zu können und ihre Unternehmen weiterzuentwickeln.
Auf der anderen Seite haben wir auch ein großes Interesse daran, Beschäftigung zu sichern und Langzeitarbeitslosen nachhaltige Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Deshalb bitten wir den ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Senat in unserem Antrag, den branchen-, qualifikations- und geschlechterbezogenen Fachkräftemangel abzuschätzen und daraus eine Strategie für eine Qualifikationsoffensive zu entwickeln. Gleichzeitig – das ist hier auch schon gesagt worden – bitten wir den Senat, nach dem Vorbild der Bremer Vereinbarung, in der alle Sozialpartner, der Senat, der Magistrat und viele andere mehr vertreten sind, zu einem Bündnis für Fachkräfte einzuladen, bei dem es um die deutliche Ausweitung der betrieblichen Qualifikationsangebote gehen soll.
Wir sind allerdings auch der Auffassung, dass insbesondere die Unternehmen dort gefordert sind. Es ist hier auch schon mehrfach gesagt worden, für Ausund Fortbildung sind in erster Linie die Unternehmen verantwortlich. Ich bin davon überzeugt, dass wir auch eine deutlich bessere Kultur der betrieblichen Weiterbildung brauchen. Im Moment ist es so, dass gut ausgebildete Leute im Betrieb weitergebildet werden, aber die schlecht ausgebildeten genau nicht. Das muss sich ändern, auch ähnlich den skandinavischen Ländern, die ein richtig ausgefeiltes Fortbildungskonzept für Unternehmen haben, wie betriebliche Weiterbildung dort funktionieren soll. Ich glaube, da können wir uns einiges absehen, und in die Richtung sollten wir auch gehen.
Wir müssen uns weiter um diese Mismatch-Situation kümmern, auf die mehrfach hingewiesen worden ist, dass wir in den sogenannten männerdominierten Zukunftsbranchen Fachkräftemangel haben. Das heißt für uns auch, dass wir deutlich mehr Frauen, die wir ja haben, für diese Bereiche begeistern müssen. Was wir auch tun müssen und auch tun werden, ist, dass wir in unserer eigenen Förderpraxis, wo wir mit öffentlichem Geld Qualifizierungsinstrumente weiterentwickeln, sehr deutlich darauf achten, dass die Maßnahmen abschlussbezogen sind. Wir werden auch darauf achten, dass gerade in diesen Zukunftsbranchen mehr Frauen und mehr Migranten vertreten sein werden, und wir werden darauf achten, dass wir mehr Unterstützung bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse leisten, da wir auch dort eine ganze Menge Fachleute haben.
Uns ist auch wichtig, dass wir so etwas wie – ich nenne es immer gern – einen Pakt für Langzeitarbeitslose hinbekommen, weil wir glauben, dass öffentliche und private Unternehmen sich sehr viel mehr engagieren und sich dazu bereit erklären müssen, Langzeitarbeitslose zu qualifizieren, einzustellen und ihnen eine Chance zu geben. Dafür ist es wichtig, dass wir möglichst viele an einen Tisch holen, die Sozialpartner, die Kammern, die verschiedenen Senatsressorts, den Magistrat und immer so weiter. Insofern bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich über die breite Einigkeit und Zustimmung zu diesem Thema hier in der Bürgerschaft, schließlich sind psychische Belastungen – das ist ja auch schon mehrfach gesagt worden – ein eher verkanntes Thema im Arbeitsschutz. Psychische Belastungen und Erkrankungen sind für die Betroffenen sehr schlimm. Schlimm ist auch, dass sie nach wie vor immer noch ein gesellschaftliches Tabuthema sind, auch wenn sich gerade ein bisschen etwas daran ändert, indem vielleicht einige Fußballer, die es da hart getroffen hat, darüber sprechen und es dadurch auch mehr auf die Agenda gekommen ist.
Psychische Belastungen verursachen von allen Erkrankungen die längsten Ausfallzeiten im Betrieb. Im Durchschnitt wird ein Beschäftigter wegen psychischer Leiden 22 Tage krankgeschrieben. Das ist eine Steigerung von 80 Prozent in den letzen zehn Jahren, das sagt zumindest der aktuelle AOK-Report. Von Arbeitspsychologen wird das im Wesentlichen auf betriebliche Arbeitsabläufe zurückgeführt, die zu erheblichem Stress führen, auch das ist hier schon gesagt worden. An erster Stelle steht dabei, dass die Beschäftigten kaum Chancen haben, in Arbeitsabläufe einzugreifen oder sie mitbestimmen zu können, wie es zum Beispiel bei Callcentern der Fall ist. Auch die moderne Bürokommunikation, die permanente Verfügbarkeit, also E-Mails im Minutentakt, Konferenzen, Termine, Anrufe und so weiter erfordern sekundengenau erhebliche Konzentration und vieles andere mehr.
Leider ist es bisher so, dass Unternehmen, wenn sie überhaupt darauf reagieren, mit individuellen Anti-Stress-Angeboten, mit Entspannungskursen, Zeitmanagement und so weiter reagieren. Nichts gegen diese Angebote, aber sie machen deutlich, dass das Problem im individuellen Fehlverhalten und nicht ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
als ein generelles Problem von Arbeitsstrukturen gesehen wird. Dass die Arbeitsorganisation in solchen Fragen überprüft wird, ist aber dringend notwendig, weil es genau die ist, die die Menschen krank macht. Die Arbeitspsychologen wissen seit Langem, dass derjenige, der Einfluß auf seine Arbeitsprozesse nehmen kann, weniger gestresst ist, weniger Gefahr läuft, psychisch krank zu werden, und derjenige, der die Aufgaben nacheinander abarbeiten kann, anstatt sie gleichzeitig erledigen zu müssen, deutlich weniger gefährdet ist. Also, das so viel gelobte Multitasking funktioniert vielleicht kurzfristig, aber nicht auf Dauer. Wer in kleinen Teams gut sozial eingebunden ist, kann auch besser arbeiten und ist auch vor psychischen Erkrankungen besser geschützt.
Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass psychologische Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und Maßnahmen zur Vermeidung in den staatlich verantworteten Arbeitsschutz besser integriert wird, dass es in die Deutsche Arbeitsschutzstrategie integriert und in ihr verankert wird, denn Strategien gegen psychische Belastungen wurden dort bisher weitgehend ausgeklammert und eher zu einem individuellen Problem erklärt. Die erhebliche Zunahme der Erkrankungen zeigt, dass erheblicher Handlungsbedarf besteht, und auch die Unternehmen müssen daran interessiert sein, denn diese Erkrankungen kosten die Unternehmen bis zu 85 Millionen Euro im Jahr in Deutschland – Frau Dr. Mohr-Lüllmann hat die europäische Zahl genannt –, das zeigt die Dimension, die das hat. Daher freue ich mich über die breite Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Nestler, ich bin eigentlich ganz froh über Ihre Anfrage, weil es einem die Möglichkeit gibt, einmal prinzipiell darüber zu sprechen, was hier in der Arbeitsmarktpolitik eigentlich gegenwärtig geschieht. Sie haben hier eine Anfrage gestellt, „Wirksamkeit der Arbeitsmarktpolitik im Land Bremen“, und wollen damit die rot-grüne Koalition in Bremen vorführen, vergessen dabei aber völlig, was Sie gerade im Bund anrichten,
und reiten – wie Sie jetzt gerade gesagt haben – darauf herum, dass es eine Kürzung im ESF gibt. Danke für das Zitat! Ich sage immer, 89 Millionen Euro sind 89 Millionen Euro sind 89 Millionen Euro! Es wäre nett ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Nun, worum es eigentlich hier in Wirklichkeit doch geht! Wenn ich mir anschaue, wie viele Menschen jetzt in Bremen aufgeschreckt sind, die Beschäftigungs- und Weiterbildungsträger, die Beschäftigten der Träger: Was macht denn die Bundesregierung eigentlich aktuell in der gegenwärtigen Situation? Die CDU/FDP-Regierung hat die Arbeitsmarktförderung für Langzeitarbeitslose um 24 Prozent gekürzt. Die Kürzungen finden nicht bei uns statt, sondern in Ihrer Regierung in Berlin, das ist die Wahrheit, Herr Nestler!
Um auch über die Summen zu reden, es sind 22 Millionen Euro für Bremen und Bremerhaven. Herr Röwekamp, hören Sie einfach einmal zu!
Ich verstehe Ihre Aufregung bei dem, was Sie da anrichten in Berlin.
Ich verstehe Ihre Aufregung! Wir haben hier in Bremen 20 Millionen Euro im Jahr EU-Mittel, die wir auch steuern. Es gibt gegenwärtig noch 92 Millionen Euro Bundesmittel für die BAgIS, 52 Millionen Euro für die Arge-Jobcenter und 62 Millionen Euro für die Bundesanstalt für Arbeit. Daran können Sie erkennen, dass wir in Bremen einen Anteil von 11,5 Prozent haben, auf den wir Einfluss nehmen, und auf den Rest nimmt die Bundesregierung Einfluss, in der Sie sitzen. Fassen Sie sich also an der Stelle vielleicht an die eigene Nase!
Wenn ich dann einmal weiter gehe in den Zahlen: Bei den 20 Millionen Euro, die wir hier haben,
stehen round about 10 bis 13 Millionen Euro für die Förderung von Langzeitarbeitslosen zur Verfügung im ESF. Das ist etwa die Hälfte von dem, was Sie in Berlin kürzen. Gleichzeitig haben wir hier im Land Bremen nach wie vor eine hohe Arbeitslosigkeit, gerade bei den Langzeitarbeitslosen.
Da kürzen Sie in Berlin! Diese schwarz-gelbe Regierung in Berlin macht direkte Politik gegen die Langzeitarbeitslosen in Bremen und Bremerhaven und gegen die rot-grüne Koalition hier im Land. Ich empfehle allen, die davon betroffen sind, dass sie sich an Sie wenden und auch an die Bundestagsabgeordneten von CDU und FDP, um ihnen zu sagen, was sie hier in Bremen und Bremerhaven eigentlich anrichten.
Schämen Sie sich eigentlich nicht für das, was Sie hier erzhlen?
Dann kommen wir einmal zu den Einzelfragen! Da gehe ich jetzt vielleicht einmal ein bisschen zu der Eingliederungsquote, zur Ausschöpfungsquote, Benchmark, darüber ist, glaube ich, in der Vorlage auch genügend gesagt worden. Sie versuchen da etwas zu skandalisieren, was es überhaupt nicht gibt. Da sind Sie auch als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet.
Jetzt kommen wir einmal zu den Arbeitslosenzahlen in Bremen, Herr Röwekamp. Auf diese Zahlen sind Sie ja schon länger gespannt. Es ist bedauerlich, dass wir hier im Land nach wie vor solch eine hohe Arbeitslosenquote haben, die auch nicht abgenommen hat. Das ist richtig.
Woran liegt das denn aber?
Wir hatten hier in Bremen in der Krise einen unterdurchschnittlichen Arbeitsplatzabbau gehabt. Im Bundesdurchschnitt lag er erheblich höher. Wir hatten auch einen erheblichen Stand an Kurzarbeit hier in Bremen, der jetzt abgebaut wird. Wir haben kaum noch Arbeitslose, kaum noch Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter im Land Bremen.
Insofern ist es doch eine Selbstverständlichkeit, dass erst die Kurzarbeit zurückgefahren wird, bevor auch wieder neue Menschen eingestellt werden. Ich finde, die Unternehmen in Bremen haben sehr besonnen gehandelt – im Gegensatz zum Bundesgebiet, wo viele Menschen entlassen worden sind –, dass die Entlassungsquote hier nicht so hoch war und dass viele in Kurzarbeit gegangen sind, die jetzt wieder ganz normal arbeiten. Dass Sie das nicht zur Kenntnis nehmen wollen, sagt eigentlich etwas über Ihre Kenntnisse in diesem Punkt aus.
Die nehme ich zur Kenntnis! Dazu habe ich gerade etwas gesagt. Die Krise, die wir im Bund haben, haben Banker verursacht, die, glaube ich, eher Ihrem politischen Spektrum zugehören als unserem. Deswegen hatten wir eine Wirtschaftskrise, für die wir an dieser Stelle, glaube ich, nichts können.
Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass wir das insbesondere mit dem Programm zur Kurzarbeit ganz hervorragend gehandhabt haben.
Weil meine Redezeit abgelaufen ist, möchte ich noch einen ganz kurzen Satz sagen. Wir kommen ja nachher oder heute Nachmittag sowieso noch einmal zu der Problematik Fachkräftemangel versus Massenarbeitslosigkeit. Daher spare ich mir die Ausführungen an diesem Punkt.
Ich möchte aber noch kurz etwas zu der Anfrage beziehungsweise zu dem Antrag, den Rot-Grün damals gestellt hat, zu den Arbeitsmarkteffekten bremischer Politik sagen. Da wird ganz deutlich, dass nämlich die Strukturpolitik, die wir hier machen, sehr gute Arbeitsmarkteffekte hat. Das zeigt sich gerade im Wissenschaftsbereich. Auch Herr Senator Günth
ner ist vorhin schon darauf eingegangen: Wissenschaftspolitik ist Strukturpolitik für kluge Köpfe und sichere Arbeitsplätze. Es hat sich gezeigt, dass es richtig war, auf Hochschulen und Forschungsinstitute, die ein hohes Drittmittelaufkommen haben, zu setzen. Allein in dem Bereich haben wir 15 000 zukunftsfähige Arbeitsplätze gesichert. Dahin muss der Weg gehen und nicht in dem Gekrähe münden, das Sie tun, Kürzungen im Bund gegen die Langzeitarbeitslosen. Es liegt auf der Hand, dass man so keine Arbeitslosigkeit abbaut.
Ja, außer im Bund, machen Sie da erst einmal Ihren Job, bevor wir hier weiterreden!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nestler, einverstanden, sprechen wir über die Vergangenheit! Da wir jetzt geklärt haben, was im Bund stattfindet, können wir auch noch einmal über Bremen und Bremerhaven reden. Erstens ist festzustellen, in Bremerhaven ist die Arbeitslosigkeit noch einmal um einiges höher als in Bremen. Da sitzen Sie in der Regierung.
Dann schauen wir einmal, was wir im beschäftigungspolitischen Programm in den letzten Jahren gemacht haben. Wir haben gesagt, dass wir zugunsten von Qualifizierung umsteuern wollen, und das haben wir auch getan. Wir haben in der Fachkräfteinitiative Schwerpunkte unter anderem zum Beispiel im Offshore-Bereich gesetzt – darüber haben wir vorhin auch schon einmal geredet –, das haben wir auch gemacht. Wir haben auf die BAgIS hier in Bremen Einfluss genommen, dass das gesamte Budget, obwohl der Bund für das Budget zuständig ist – Frau Ziegert hat vorhin darauf hingewiesen –, im Sinne der Gemeindereform, Föderalismusreform liegen die Aufgaben und Verantwortung eindeutig beim Bund, wir haben intensiv mit der BAgIS verhandelt, dass ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
das gesamte Budget zugunsten von Qualifizierung, zur Qualifizierung hin verschoben wird. Auch das haben wir gemacht. Wir haben sehr viel Wert darauf gelegt, dass diese Qualifizierungsmaßnahmen in erster Linie längerfristige Qualifizierungsmaßnahmen sind und eben genau nicht ein Bewerbungstraining nach dem nächsten Bewerbungstraining angeboten wird. Das haben wir an der Stelle ganz klar zurückgefahren, und das ist auch gewollt worden.
Die ganze Sache ist relativ schwierig, und ich will Ihnen auch sagen, weshalb. Wir haben sehr lange auch schon daran gearbeitet, dass diese Jobcenter Klarheit haben müssen. Wir haben uns sehr früh darauf festgelegt, dass wir dafür das Grundgesetz ändern müssen. Das haben auch Sie im Bund sehr lange blockiert, dadurch gab es bei den Jobcentern sowohl in Bremen als auch in den anderen Gemeinden ganz lange Unklarheit, was auch zu Problemen bei den Beschäftigten geführt hat, die sich natürlich auch wegbeworben haben. Sie wissen um die große Fluktuation, die wir auch in den Jobcentern an der Stelle hatten. Was wir weiter machen werden, hierzu laufen jetzt auch die Verhandlungen, ist, dass wir natürlich Qualifikationsmaßnahmen gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels im größeren Umfang machen werden.
Wir werden uns um die Beschäftigungsförderung im besonderen Maße kümmern, und zwar nicht so, wie offenbar Herr Dr. Möllenstädt es erwartet, wir alimentierten Arbeitslose. Ich habe bei Ihnen herausgehört, dass Sie am liebsten wollen, dass die Arbeitslosen nur Ein-Euro-Jobs bekommen und dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht für angemessenes Geld beschäftigt werden, sondern im EinEuro-Job-Bereich, genau das wollen wir nicht! Wir wollen, dass Menschen, die arbeiten, auch dafür bezahlt und eben nicht alimentiert werden. Ich glaube, das sehen Sie etwas anders. Wir sind selbstverständlich mit den Beschäftigungsträgern, und wer alles hier in Bremen davon betroffen ist, täglich im Gespräch, daher brauchen wir an der Stelle von Ihnen bestimmt keine Ratschläge.
Frau Ziegert hat es schon gesagt, wir werden uns darum kümmern, dass die Kürzungen, die der Bund anrichtet, hier in Zukunft nicht so stark aufschlagen und dass wir Lösungen dafür finden werden. Was wir jedoch nicht tun werden: Wir werden nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Ein-EuroJobs umwandeln. Wir wissen, dass Sie sich nicht für Mindestlöhne interessieren und dass es Ihnen nicht wichtig ist, dass Menschen ohne aufstockendes Hartz IV auskommen müssen. Das ist Ihnen nicht so wichtig, das nehmen wir zur Kenntnis.
Wir denken aber anders über die Dinge und wollen, dass Menschen von ihrem Gehalt leben können. Deswegen ist uns Qualifizierung wichtig, deswegen ist es uns wichtig, dass sie auch in den ersten Arbeitsmarkt kommen, und daran arbeiten wir seit drei Jahren. Dazwischen ist die Krise gekommen, aber wir
sind da auf einem Weg, auch mit den Trägern hier in Bremen, da brauchen wir auch an der Stelle von Ihnen keine Ratschläge. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst Frau Bernbacher, unsere ehemalige Vizepräsidentin, auf der Tribüne begrüßen, die sich lange Jahre um die Asbestgeschädigten hier in Bremen gekümmert hat, sowie auch die Asbestbetroffenen, die oben auf der Tribüne sitzen.
Wir Grünen hatten Ende letzten Jahres hier im Haus der Bürgerschaft eine Anhörung „Krank durch Asbest – Wie verhalten sich die Berufsgenossenschaften und Sozialgerichte?“ durchgeführt. Unter großer Aufmerksamkeit der Asbestbetroffenen haben wir mit Wissenschaftlern, Medizinern, Berufsgenossenschaften und Krankenkassen diskutiert.
Im Ergebnis kann dabei festgestellt werden, dass am meisten die Unabhängigkeit der Gutachter in der Kritik stand. Die wird in der Regel als nicht gegeben angesehen, denn sie begutachten eine Krebserkrankung, die durch Asbest induziert ist. Prof. Dr. Woitowitz, quasi der Arbeitsmedizinpapst in Deutschland, sagte damals während unserer Veranstaltung: Die Betroffenen sind Opfer von Gift und Gutachten. Zweite Feststellung damals: Eine durch Asbest verursachte Krankheit wird trotz Nachweises von Asbestfasern häufig nicht anerkannt.
Dritte Feststellung: Häufig fehlen betriebliche Beweise der Asbestbelastung, sei es, weil sie nie ermittelt wurden, sei es, weil Personen nicht im Fokus stan––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
den, zum Beispiel Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an benachbarten Arbeitsplätzen oder Ehepartner, die asbestbelastete Kleidung gewaschen haben, oder sei es, weil Daten schlicht vernichtet worden sind. Diese Feststellung ist aber wichtig, weil die Betroffenen gegenwärtig nachweisen müssen, dass ihre Erkrankung ursächlich auf die betriebliche Asbestbelastung zurückzuführen ist. Das ist schwierig, wenn die Beweise nicht mehr vorhanden sind. Dieses Verfahren führt heute zu jahrelangem Rechtsstreit bei den Betroffenen, die häufig sehr allein dastehen. Ausgerechnet Kranke müssen ganz besonders stark sein, um in diesem Land zu ihrem Recht zu kommen! Ich meine, das ist nicht länger hinnehmbar. Da müssen wir uns kümmern, und das müssen wir ändern wollen!
Die Betroffenen wollen die Absicherung ihrer Beratungsstelle für Asbesterkrankte, denn sie brauchen Unterstützung bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Das finden wir auch! Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich Herrn Spalek danken, der sich jahrelang auch um diese Frage verdient gemacht hat.
Wir Grünen haben den Betroffenen in der Anhörung Unterstützung zugesagt, und zwar haben wir gesagt, wir fragen beim Senat nach, wie die Situation in Bremen ist und welche Haltung der Senat zu einer Lösung hat. Wir werden uns für die Absicherung der Beratungsstelle einsetzen.
Auf Bundesebene setzen wir uns insbesondere für eine Beweislastumkehr und eine Qualitätssicherung der Begutachtung ein, insbesondere für neutrale Gutachter. Deshalb unsere Große Anfrage! Dabei ist herausgekommen, dass in 30 Jahren 2 600 Asbesterkrankte entschädigt wurden, 2 400 wurde anerkannt, aber nicht entschädigt, weil ihre Erkrankung angeblich unter 20 Prozent taxiert wird. Bei 1 550 Erkrankten wurde trotz Asbesteinwirkung nicht einmal anerkannt, dass ihre Krankheit überhaupt durch Asbest verursacht wurde. 60 Prozent der Asbesterkrankten wurden nicht entschädigt. Das ist aus unserer Sicht ein Skandal! Arbeitnehmer bieten auf dem Arbeitsmarkt ihre Arbeitskraft an, aber nicht ihre Gesundheit.
Es kann und darf nicht sein, dass auf der einen Seite keine ausreichenden gesundheitsbezogenen Daten am Arbeitsplatz erhoben werden oder sie aus unterschiedlichen Gründen – unter anderem wegen Insolvenz – nicht mehr vorhanden sind und auf der anderen Seite die Arbeitnehmer in der Beweispflicht sind. Wir haben uns darüber gefreut, dass der Senat
mit uns gemeinsam sowohl eine Beweislastumkehr als auch eine Qualitätssicherung für die Gutachtenerstellung für notwendig erachtet. Unseren Änderungsbedarf finden Sie in unserem Antrag. Wir Grünen sind seit langer Zeit auch in anderen Zusammenhängen mit diesem Thema beschäftigt. Der Abgeordnete Frehe hat lange in dem Zusammenhang als Sozialrichter gearbeitet. Frau Hoch hat auch als gesundheitspolitische Sprecherin gewirkt. Ich war lange Zeit Beraterin im Arbeitsschutz.
Unser Antrag verlangt hier, kurz zusammengefasst, die Einrichtung einer Beratungsstelle für die Asbestoseerkrankten und anderen Berufskrankheiten und eine Bundesratinitiative, die rechtliche Regelungen im SGB VII fordert. Das heißt, wir fordern die Beweislastumkehr. Die Berufsgenossenschaften sollen beweisen müssen, dass die Erkrankung nicht durch die Arbeitssituation ausgelöst wurde. Wir bitten darin auch, die Betroffenen in der Durchsetzung ihrer Ansprüche durch die Krankenkassen zu unterstützen, sofern sie das wollen, denn im Moment werden die Gesundheitskosten von der Allgemeinheit übernommen. Wir wollen Qualitäts- und Neutralitätsanforderungen an Gutachter gesetzlich kodifiziert haben. Wir brauchen auf Bundesebene ein unabhängiges Forschungsinstitut für die Qualitätssicherung der Begutachtung von Berufskrankheiten. Dort besteht erheblicher Nachholbedarf. Diese Neutralität gibt es gegenwärtig nicht. In dem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag!
Den Antrag der FDP lehnen wir ab. Unbürokratisch kann man der Sache mit Sicherheit nicht nachkommen. Es ist ein hoch kodifiziertes Rechtsverfahren. Außerdem geht uns der Antrag nicht weit genug. Wenn Sie es ernst meinen, Herr Dr. Möllenstädt, dann schließen Sie sich einfach unserem Antrag an! Das würde der ganzen Sache mehr Schub geben. Sicherlich werden in einer zweiten Runde Frau Hoch und Herr Frehe noch weitere inhaltliche Ausführungen zu der besonderen Dramatik bei Asbesterkrankten machen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bremen steht im bundesweiten Bildungsranking auf Platz fünf und in der beruflichen Bildung sogar auf Platz eins. Das hat letzte Woche die Initiative Soziale Marktwirtschaft in ihrem Bildungsmonitor veröffentlicht. Ich glaube, darüber können wir uns alle gemeinsam freuen, es wurde ja auch schon von den Vorrednern angesprochen.
Bremen wird darin bestätigt, und ich zitiere: „Trotz der Probleme in den Schulen sind die Voraussetzungen für den erfolgreichen Übergang von Schule in den Beruf in Bremen relativ günstig. Das Land hatte gemessen an der Einwohnerzahl im entsprechenden Alter die höchste Zahl an verfügbaren betrieblichen Ausbildungsplätzen im Jahr 2008. Sowohl die Auszubildenden als auch die Berufsfachschüler in Bremen schließen, verglichen mit anderen Ländern, ihre Ausbildungsgänge relativ häufig erfolgreich ab.“ Das zeigt einerseits, dass die berufliche Bildung in der Lage ist, Probleme, die nach wie vor im Schulsystem vorhanden sind, aufzufangen, und andererseits, dass die Auszubildenden gute Startchancen haben, im Bildungssystem voranzukommen. Auch deshalb haben wir mit dem neuen Hochschulreformgesetz den er––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Dennoch, auch wenn wir an der Spitze stehen, haben wir erhebliche Herausforderungen zu bewältigen. Deshalb finde ich es auch ausgesprochen gut, dass die Bildungssenatorin im Herbst einen Fachtag zu den Perspektiven der beruflichen Bildung durchführen will. Wir werden uns auch in der Ausbildung dem demografischen Wandel, dem Fachkräftemangel stellen müssen. Wir werden uns vermehrt um Aufstiegschancen kümmern müssen. Insbesondere aber werden wir uns um die Integrationskraft der dualen Ausbildung für leistungsschwächere Jugendliche kümmern müssen. Wir haben jetzt schon das Problem, Betriebe klagen darüber, dass sie nicht ausreichend gut vorgebildete Jugendliche finden. Gleichzeitig landen viele Jugendliche im sogenannten Übergangssystem und werden als nicht ausbildungsfähig definiert.
Ich glaube, wenn man die Herausforderungen der demografischen Entwicklung des Fachkräftemangels ernst nehmen will, muss man zu einer neuen Kultur der Ausbildung kommen. Die Zeiten, in denen sich die Unternehmen damit zufriedengeben konnten, die besten Schulabgängerinnen und Schulabgänger herauszupicken und die anderen links liegen zu lassen, werden vorbei sein. Meines Erachtens wird sich die Qualität der beruflichen Bildung künftig daran messen lassen müssen, wie sie gerade schwache Schülerinnen und Schüler integriert und zum Erfolg führen kann. Da wir im Ranking auf Platz eins stehen, bin ich davon überzeugt, dass wir auch allerbeste Voraussetzungen haben werden, das zu schaffen.
Ich glaube, dass wir alle gemeinsam, wir hier, Schulen, Kammern und Betriebe, uns noch viel mehr den schwächeren Schulabgängerinnen und -abgängern zuwenden und ihnen Mut machen müssen. Eines kann nicht sein: Ich höre von Schülerinnen und Schülern mit schwachen Abschlüssen immer wieder, dass sie sehr stark verinnerlicht haben und glauben, keine Chance auf dem Ausbildungsmarkt zu haben. Sie geben auf, bevor sie überhaupt alle Möglichkeiten ausprobiert haben. Das muss sich aus meiner Sicht ändern, daran müssen wir gemeinsam arbeiten.
Ich glaube auch, dass wir wieder mehr Betriebe brauchen, denen es ein Anliegen ist, Jugendlichen etwas beizubringen. Wir hatten gerade vor ein paar Wochen die Umfrage der Gewerkschaften, wie zufrieden Jugendliche mit ihrer Ausbildung sind; es ist durch die Medien gegangen, ich will das nicht wiederholen. Ich bin mir nicht sicher, ob Unternehmen, nachdem sie jahrelang die besten Schüler und Schülerinnen aussuchen konnten, auch selbst wieder Ausbildung lernen müssen. Ich glaube, dass sie das vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung
und des Fachkräftemangels tun müssen. Ich würde mich freuen, wenn der Senat solche Unternehmen, die schwache Jugendliche zu erfolgreichen Abschlüssen führen, im Sinne einer Vorbildfunktion auch auszeichnet. Wir in der Politik, finde ich, sollten den Weg, den wir eingeschlagen und größtenteils in der Bremer Vereinbarung auch festgelegt haben, konsequent weitergehen. Das heißt, wir legen sehr viel Wert auf die Vorbereitung, auf die Ausbildung in der Schule. Wir haben gerade die Werksschulen eingeführt, sie sollen besonders den schwächeren Schülerinnen und Schülern, die in der Schule Probleme haben, Chancen geben. Durch die Aufhebung der Trennung von Theorie und Praxis ist ein ganz anderer Lernzugang möglich, und durch die engen Kontakte zu Wirtschaftsunternehmen sollen die Übergänge in die duale Ausbildung erleichtert werden. Wir erwarten aber auch gleichzeitig von den Schülerinnen und Schülern etwas, denn sie müssen sich darauf aktiv bewerben, und wir erwarten von ihnen auch, dass sie sich dort bewähren werden. Wir sind auch dabei, das Übergangssystem, das ist ja auch schon genannt worden, also das System der berufsvorbereitenden Maßnahmen, zu reformieren. Ich finde, wir müssen verstärkt daran arbeiten, wie erworbene Qualifikationen auf die Ausbildung anerkannt werden und wie die Übergänge in die Ausbildung organisiert werden. Die vielen Warteschleifen, die viele Jugendliche in der Vergangenheit drehen mussten, sollen der Vergangenheit angehören! Es soll wieder eine neue Bremer Vereinbarung zwischen Senat, Kammern und Gewerkschaften abgeschlossen werden! Ich wünsche mir, dass wir Ziele vereinbaren, die aus meiner Sicht zu Recht eine zentrale Rolle spielen werden, nämlich mehr Ausbildungsplätze zu schaffen – denn wir sind nach wie vor davon entfernt, dass alle Jugendlichen einen Ausbildungsplatz bekommen –, mehr Chancen für Altbewerberinnen und -bewerber und das Übergangssystem zu reformieren. Daneben sollte vor dem Hintergrund, dass wir Chancen für alle Jugendlichen brauchen, und vor der Herausforderung der demografischen Entwicklung, des Fachkräftemangels gemeinsam überlegt werden, wie daran gearbeitet wird, dass die duale Ausbildung gerade die Integrationskraft für die schwachen Schülerinnen und Schüler erhöht.
Ich glaube sehr, dass wir dafür gute Voraussetzungen haben, denn nicht umsonst stehen wir in der beruflichen Bildung im Länderranking auf Platz eins. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir hier heute das Zweite Hochschulreformgesetz in zweiter Lesung beschließen werden und damit ein modernes und innovatives Reformwerk auf den Weg gebracht haben. Dieser Gesetzesberatung sind über zwei Jahre inhaltliche Diskussion in der rotgrünen Koalition vorangegangen. Wir haben viele Paragrafen abgewogen, hin- und hergewogen, mit den Hochschulen diskutiert. Dieses Gesetz ist jetzt dabei herausgekommen, und das wird breit von den Hochschulen getragen. Durch dieses Gesetz wird un––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
ter anderem das Bremische Hochschulgesetz geändert, die Verordnung über den Erwerb der fachgebundenen Hochschulreife, das Studienkontengesetz und vieles mehr.
In diesem Gesetz werden wesentliche Vereinbarungen des rot-grünen Koalitionsvertrags umgesetzt. Dazu gehören unter anderem mehr Flexibilität und Autonomie für die Hochschulen, ein erleichterter Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte, mehr Frauenförderung und Gleichstellung in der Wissenschaft und Entlastung der Studierenden von Prüfungsdruck und bessere Anerkennung von Prüfungsleistungen sowie ein einheitliches gebührenfreies Studium von 14 Semestern für alle Studierenden. Darüber hinaus sind diverse Regelungen, die aus der Föderalismuskommission übrig geblieben sind, umgesetzt.
Mit diesem Gesetz verschaffen wir nun den Hochschulen die Flexibilität, die sie benötigen, um im nationalen und internationalen Wettbewerb in ihrer wissenschaftlichen Qualität und um Drittmittel weiterhin so erfolgreich sein zu können, wie sie es in der Vergangenheit schon waren. Klar ist für uns aber auch, dass diese Flexibilität nicht zulasten von Studienplätzen gehen darf.
Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Bildungskarrieren und der Notwendigkeit zum lebenslangen Lernen ist es für uns ein Gebot der Chancengleichheit, aber auch ein Gebot zur Bekämpfung des Fachkräftemangels, dass wir nicht nur Abiturienten den Hochschulzugang ermöglicht haben, sondern auch beruflich Qualifizierten.
Frauenförderung und Gleichstellung in der Wissenschaft waren für uns Grüne immer eine Herzensangelegenheit. Um Gleichstellung durchzusetzen, wissen wir Grüne, dass es unter Umständen ohne Quote auch nicht gehen kann. Da freue ich mich auch, dass es Parteien gibt, die sich auf den Weg gemacht haben wie die CDU, und ich würde mir wünschen, dass das irgendwann auch bei der FDP ankommt und nicht so despektierlich darüber geredet wird, wie Sie es eben gemacht haben, Herr Ella. Da wir wissen, dass es in den natur- und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen bisher weniger Frauen gibt, wollten wir eine ambitionierte, aber keine unmögliche Quote, deswegen gibt es die 40-prozentige SollQuote für alle Gremien und Kommissionen. Die Rechte für Frauen werden gesichert, aber keine Pflichten. Gleichzeitig stärken wir die Rechte der Frauenbeauftragten.
Nach zehn Jahren Bologna ist klar, die Hochschule darf keine Sekundarstufe III werden. Wir wollen wieder Räume zum Denken schaffen, deswegen entlasten wir die Studierenden von Prüfungsdruck und Benotungszwang und machen Prüfungsleistungen anderer
Hochschulen leichter zugänglich. Eines ist aber klar: Wir schaffen mit dem Gesetz den Rahmen und die Voraussetzung. Dass es kulturell ausgestaltet und gelebt werden muss, ist eine Herausforderung für die Hochschulen selbst.
Wir geben allen Studierenden ein einheitliches Studienkonto, und wir hoffen, dass sie dann auch ihren ersten Wohnsitz in Bremen anmelden. Für uns ist aber auch klar, irgendwann nach vier Semestern über die Regelstudienzeit hinaus muss man auch einmal mit dem Studium am Ende sein, und daher darf es da dann auch eine Gebühr geben.
Dieses Gesetz wird von den Hochschulen breit getragen, ich sagte es schon. Ich sehe auch viele Übereinstimmungen mit der CDU und der FDP, aber es gibt diverse Punkte, die wir falsch finden: Das ist einerseits der Verzicht der Frauenquote bei der FDP, aber auch die zwingende Benotung von Studienmodulen bei der CDU. Das finden wir nicht richtig.
Ich finde es schade, dass die Fraktion DIE LINKE weder an der Ausschussberatung teilgenommen noch dem Ausschuss ihre Anträge zur Beratung zur Verfügung gestellt hat. Dass sie jetzt erst drei Tage vor der abschließenden Beratung mit sechs Anträgen, mit denen sie grundsätzliche Dinge beschließen will, kommt, zeigt mir nur, dass sie an einer ernsthaften parlamentarischen Meinungsbildung kein Interesse hat.
Sie wollen lediglich, dass wir Ihre politischen Botschaften, die Sie in Antragsüberschriften zusammengefasst haben, hier ablehnen, da eine Beratung so gar nicht möglich ist. Das ist offenbar für Ihre politische Arbeit sinnvoller, als sich in der Sache im Ausschuss auseinanderzusetzen. Wir lehnen die Anträge ab.
Es gibt sicherlich Punkte, in denen auch etwas Richtiges steht, Frau Dr. Spieß ist schon auf die Migrationsfragen eingegangen, aber ein allgemein politisches Mandat ist leider aus rechtlichen Gründen nicht möglich, wenn man die Zwangsmitgliedschaft aufrechterhalten will. Wir können gegenwärtig allen Bachelorstudenten ein Masterstudium ermöglichen, deswegen ist es überflüssig. Eine Benotung per Gesetz wollen wir nicht ausschließen. Unbenotet bedeutet faktisch die Note vier, das bedeutet Nachteile für Studierende bei Bewerbungen an anderen Hochschulen oder um einen Arbeitsplatz. Wir wollen tarifliche Vereinbarungen nicht per Gesetz festlegen, dafür gibt es Tarifpartner. Mehr Mitspracherechte für Studierende wollen wir auch, aber die Instrumente, die Sie hier vorschlagen, halten wir für verfassungsrechtlich nicht möglich. Über Rüstungsforschung können wir gern einmal im Ausschuss diskutieren, daran haben wir auch Interesse, aber dann nennen Sie bitte Ross und Reiter, wen und welche Projekte Sie damit meinen!
Wir lehnen die Anträge der Opposition ab, bitten um Zustimmung zu unserem Hochschulreformgesetz und zu unserem Änderungsantrag, der noch im Nachhinein eingereicht worden ist. Das ist eine reine Formsache an einzelnen Punkten. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast genau auf den Tag einem Jahr wurde das Bremer La––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
denschlussgesetz geändert, und das ist Gegenstand der Diskussion. Zentraler Punkt waren die Sonntagsöffnungen im Mediterraneo, das in etwa zu dem Zeitpunkt eröffnet wurde. Es ist auch bekannt, dass das Mediterraneo in einem Tourismusgebiet zwischen dem Alten und Neuen Hafen und neben dem Klimahaus liegt. Damals ist zwischen den Interessen Bremerhavens, dem Einzelhandel und auch den Beschäftigten ein Kompromiss gefunden worden, indem dem Mediterraneo damals erlaubt worden ist, an 20 Sonntagen im Jahr ein erweitertes Warenangebot anzubieten, wobei die Sonntagsfeiertage ausgenommen worden sind. Der Magistrat sollte dann daraufhin per Rechtsverordnung die Details regeln.
Das Mediterraneo nimmt dieses Angebot für die Sommermonate an, im Winter ist es geschlossen. Wir haben damals akzeptiert, dass das touristische Interesse vieler Menschen nicht nur mit dem Besuch des Klimahauses, des Auswandererhauses und des Zoos am Meer erschöpft ist, sondern dass heutzutage immer mehr Menschen in diesem Zusammenhang dann auch einkaufen gehen wollen. Für uns war aber in dem Zusammenhag von besonderer Bedeutung, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen dann dort tariflich oder vergleichbar entlohnt werden. Gerade vor dem Hintergrund, dass im Einzelhandel viele Frauen arbeiten – und dies auch häufig auf der Basis von 400-Euro-Jobs –, war uns das auch ein besonderes Anliegen. Deswegen hat damals – Herr Liess ist darauf schon eingegangen – die rot-grüne Koalition auch einen begleitenden Antrag dazu gestellt, in dem es hieß: Arbeitnehmerrechte bei Sonntagsarbeit besonders berücksichtigen.
Dabei ging es um zwei Punkte, nämlich dass einerseits die Stadtgemeinde Bremerhaven vor der Ausweitung des Warenangebotes die Einzelhändler auffordern soll, die Beschäftigten nach dem ortsüblichen Tarifvertrag zu bezahlen, und andererseits der Senat aufgefordert wurde, zusammen mit den Tarifvertragsparteien zu versuchen, dass man die einschlägigen Tarifverträge für allgemein verbindlich erklärt. Vor diesem Hintergrund ist dieser Paragraf – ich nenne ihn einmal den Mediterraneo-Paragrafen – bis September 2010 befristet worden, um so dieser Forderung auch Nachdruck zu verleihen, da uns das auch ein wichtiges Interesse ist. Vor dem Hintergrund möchte ich auch Herrn Staatsrat Dr. Schulte-Sasse darum bitten, dass er uns gleich ein bisschen berichtet, was der Senat in der Zeit in dieser Frage unternommen hat.
Frau Nitz, Sie sagen, wir hatten uns darum bemüht, dass die Arbeitsplätze dort deutlich verbessert werden. Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Mediterraneo zu dem Zeitpunkt überhaupt erst geöffnet hat, es erst seitdem dort Arbeitsplätze gab und wir uns das jetzt auch genauer anschauen. Nun soll diese Regelung verlängert werden. Nach meiner Kenntnis werden die Beschäftigten im Mediterraneo nicht schlechter bezahlt als sonst im Einzelhandel, wobei
ich nicht sagen will, dass sie dort gut bezahlt werden. Das ist deutlich verbesserungsfähig. Das sind meistens Frauenarbeitsplätze, die schlecht bezahlt werden. Ich glaube auch, dass Rot-Grün sich das wieder verstärkt auf die Tagesordnung setzen wird, um dort Verbesserungen zu erzielen.
Jetzt wird dieser Paragraf bis zum Ende der Laufzeit des Gesetzes – also noch eine Saison – bis zum 31. März 2012 befristet. Ich möchte aber an dieser Stelle schon ankündigen, dass es uns ein Anliegen ist, wenn das Gesetz dann weiterhin verlängert werden sollte, diesen Paragrafen auch weiterhin zu befristen, denn wir wollen den Daumen auch darauf behalten, dass es dort angemessene Arbeitsverträge gibt. Wenn Menschen schon am Wochenende arbeiten sollen und müssen und viele auch wollen, da das durchaus mit ihrer Familiensituation besser vereinbar ist, dann müssen sie auch angemessen bezahlt werden. Das ist uns ein großes Anliegen. Wir werden auch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung im Einzelhandel weiter auf der Tagesordnung behalten. Wenn selbst Unternehmen wie Lidl schon vor dem ruinösen Wettbewerb im Einzelhandel und den Folgen des Lohndumpings in dieser Branche warnen, dann zeigt das doch, dass eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung in diesem Bereich aktueller denn je ist.
Ein letzter Satz zum Bundesverfassungsgerichtsurteil, das sich auf das Berliner Ladenschlussgesetz bezieht! Ich glaube, das ist mit dem Bremer Gesetz nicht vergleichbar. Wir wissen, ver.di will eventuell dagegen klagen, das ist ein selbstverständliches Recht einer Gewerkschaft. Wir werden dann, wenn es dazu kommt, auswerten, was das für uns heißt. Ich glaube, dass wir mit unserem Gesetz keine verfassungsrechtlichen Probleme haben. Deswegen bitte ich darum, der Verlängerung dieses Gesetzes zuzustimmen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Eingangsbemerkung: Herr Kastendiek, Sie fordern den Senat auf, seine Hausaufgaben zu machen. Ich glaube, bei Ihnen kann keine Debatte vonstatten gehen, ohne dass Sie den Senat nicht dazu auffordern, die Hausaufgaben zu machen.
Ich möchte Ihnen aber sagen – das wissen Sie auch ganz genau –, dass Ausbildungsplätze in der Wirtschaft geschaffen werden und nicht beim Senat. Wenn Sie sich die Zahlen ansehen, hätten Sie feststellen können, dass es im öffentlichen Dienst eine Ausbildungsquote von 8,2 in Bremen und von 8,4 in Bremerhaven gibt. Damit sind die Zahlen aus den Vorjahren gehalten worden, ganz anders als in dem Bereich Industrie, Handel und Handwerk, wo die Zahlen auch aufgrund der Krise zurückgegangen sind. Schauen Sie sich also das Zahlenwerk im vollen Umfang an, bevor Sie hier so etwas behaupten!
Uns Grünen ist es ein großes Anliegen, dass junge Menschen gute Chancen auf gute Bildung und gute Chancen auf einen Arbeitsplatz und Ausbildungsplatz haben, denn gute Bildung und Ausbildung sind entscheidend für viele weitere Lebensplanungen. Deshalb ist es auch richtig, dass man in Deutschland und auch in Bremen den Ausbildungspakt gegründet hat, weil wir sowohl deutschlandweit als auch besonders in Bremen viel zu wenig Ausbildungsplätze haben.
Die CDU hat in Ihrer Großen Anfrage nach der Bilanz gefragt, da sind dann auch einige Zahlen wieder aufgetaucht, die wir Grüne auch schon in unserer Anfrage im November hatten, wo wir auch schon darüber diskutiert haben. Ich möchte die Große ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Anfrage zum Anlass nehmen, um kurz über die bevorstehenden Herausforderungen zu sprechen, die eigentlich zu bewältigen sind! Ich glaube, dass es richtig und notwendig ist, eine Fortsetzungsvereinbarung zum Ausbildungspakt zu schließen, auch wenn sicher in der Vergangenheit Wünsche offen geblieben sind und es richtig und notwendig ist, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, weil alle einen Beitrag zur Lösung leisten müssen.
Ich habe es auch schon damals gesagt, für mich stehen eigentlich vier zentrale Forderungen im Vordergrund: Wir brauchen deutlich mehr Ausbildungsplätze, da muss im Ausbildungspakt deutlich mehr vereinbart werden, und zwar auch deswegen, weil wir doppelte Abiturjahrgänge zu bewerkstelligen haben. Wir werden deutlich mehr junge Menschen haben, die auf den Arbeitsmarkt streben, als es in der Vergangenheit der Fall war. Vor diesem Hintergrund möchte ich auf ein Problem hinweisen, worüber wir in der Arbeitsdeputation schon häufiger gesprochen haben: Es gibt einen sogenannten seltsamen, nicht aufklärbaren Bewerberschwund. Wir stellen in der Großen Anfrage fest, dass wir auf der einen Seite 350 eingetragene Ausbildungsverhältnisse weniger haben. Gleichzeitig gibt es angeblich 1 200 Bewerber und Bewerberinnen weniger, haben aber 1 400 Schulabgängerinnen und Schulabgänger mehr.
Kein Mensch weiß im Moment, wo sie geblieben sind. Wir wissen nicht, ob diese Menschen eine Perspektive auf dem Ausbildungsmarkt gefunden haben und nur in unserer Statistik nicht auftauchen oder ob sie tatsächlich verloren gegangen sind, denn es hält sich leider beständig das Gerücht, dass Jugendliche, die als nicht ausbildungsfähig eingestuft und auch nicht als ausbildungssuchend gezählt werden, damit aus der Statistik herausfallen. Ich möchte das bitte im Rahmen des Ausbildungsbündnisses geklärt haben, denn für mich stehen die Menschen im Mittelpunkt, die eine Ausbildung suchen, und nicht Statistiken.
Zweite Herausforderung, das ist hier auch schon angesprochen worden: Wir brauchen mehr Chancen für Altbewerber und Altbewerberinnen. Wir haben knapp 3000 junge Menschen, die im Jahr ihres Schulabschlusses keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Auch hier müssen vermehrt Anstrengungen unternommen werden, weil wir es uns nicht leisten können, dass sie perspektivisch ohne Berufsabschluss dastehen.