Zahra Mohammadzadeh

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Integration ist Aufnehmen und Ankommen, Teilhabe und Gestaltung von Lebensperspektiven. Dieser Dualismus ist der Kern des Antrags, den wir heute miteinander diskutieren. Wir haben uns in den letzten vier Jahren immer wieder mit dem Thema der Integration befasst. Meistens war unser Umgang mit dem Thema sowohl von Sachlichkeit als auch von Menschlichkeit geprägt, trotz unserer unterschiedlichen Positionen über den richtigen Weg zur Integration. Dafür möchte ich allen danken!
Es gibt keinen Königsweg zur Integration. Integration kommt nicht von allein, sie muss erarbeitet werden, und zwar von beiden Seiten. Sie ist ein Prozess, der ständig neu vollzogen werden muss, von beiden Seiten. Das haben wir immer wieder betont und sind auch erfolgreich gewesen. Ich erinnere an die Zusammenkunft im Haus der Bürgerschaft zum Thema Bildungsintegration, an die Gespräche mit verschiedenen ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
islamischen Religionsgemeinschaften und auch mit der Schura, an die Tätigkeit des Integrationssrats, an die Aktion „Bremen räumt auf“, an der sich viele Migranten, vor allem Jugendliche, beteiligt haben, ich erinnere an den Integrationsgipfel und die Integrationswoche, bei denen auch viele Migranten und Nicht-Migranten deutlich gemacht haben, wo wir Defizite haben, aber vor allem, wo wir auch Potenziale sehen. Dennoch, es bleibt viel zu tun.
Fast jeder dritte Mensch in Bremen lebt unter erhöhtem Armutsrisiko. Migranten sind besonders von Armut und Ausgrenzung betroffen. Sie sind häufiger arbeitslos, sie haben eher einen schlechten oder gar keinen Bildungsabschluss, oder sie finden keine Anerkennung bei ihren Berufs- und Bildungsabschlüssen. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind also auch schlechter. Deshalb muss unser Ziel sein, die soziale Lage und damit auch den Anschluss an die Gesellschaft für diese Personengruppe zu verbessern.
Was wir brauchen, ist eine faire Chance für Teilhabe, ohne Rassismus und Diskriminierung. Kernpunkte der sozialen und kulturellen Teilhabe sind Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Das kennen wir von der Gleichberechtigung der Geschlechter aus dem Frauenbereich. Die Mehrheit der Migranten sind keine Opfer, sie sind keine Almosenempfänger, sie können und wollen sich selbst helfen.
Mit unserem Antrag bekennt sich heute die Bremische Bürgerschaft dazu, auch weiterhin die Voraussetzungen für Eigeninitiative der Migranten und Migrantinnen in Bremen zu stärken, zu verbessern, im Bereich der Ausbildungsförderung auch arbeitspolitische Angebote zu machen, Teilhabe der älteren Migranten zu stärken, Mehrsprachigkeit, also die deutsche Sprache und auch die Muttersprache zu betreiben, Gesundheitsversorgung und psychosoziale Versorgung der Migranten zu verbessern und auch konkrete Schritte zur Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaften vorzunehmen, das Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger anzustreben und sich mehr für die doppelte Staatsangehörigkeit und die Einbürgerung einzusetzen.
Besonders müssen wir uns in Zukunft für eine humane Flüchtlingspolitik einsetzen. Wer keinen sicheren Aufenthalt in Bremen hat und immer im Ungewissen lebt, hat es sehr schwer mit der Integration. Geduldet zu sein ist unmenschlich und inhuman.
Schon Goethe hat gesagt, Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein. Sie muss
zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen. Dieses Wort möchte ich nicht mehr hören.
Lassen Sie mich abschließend noch auf das Thema Vertrauensbildung eingehen, die mir am Herzen liegt! Die Integrationspolitik ist ein Pflänzchen, das man hegen und pflegen muss, wenn man einen richtig starken Baum erwartet. Vertrauen ist der Regen, der diese Pflanze zum Wachsen bringt. Das aktualisierte Integrationskonzept ist ein Beispiel für eine solche Vertrauensbildung, Vertrauen zwischen Migranten und Nicht-Migranten, zwischen Parlament, Senat und Verwaltung. Wenn wir die Zugangsbarrieren konsequent abbauen und uns entschlossen gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzen und den Menschen mit Migrationshintergrund Aufstiegsmöglichkeiten und Chancengleichheit verschaffen, dann sind sie auch in der Lage, ihre eigenen Ressourcen zu aktivieren, ihre Probleme selbst zu lösen und auch in allen Bereichen der Gesellschaft nachhaltige Beiträge zu leisten. Das wollen wir erreichen! – Herzlichen Dank!
Frau Senatorin, die Frage der Genitalverstümmelung ist nicht nur eine medizinische Frage, sondern vor allem auch eine psychologische Frage. Wie sehen Sie das? Wir haben in Bremen starke Frauengesundheitsberatungsstellen, psychologische Frauenberatungsstellen, wir haben pro familia, und auch im Gesundheitsamt gibt es verschiedene Beratungsstellen. Was halten Sie davon, dass sich diese Beratungsstellen durch Fortbildung und auch mithilfe anderer Maßnahmen der Zielgruppe stärker öffnen?
Herr Staatsrat, ich bedanke mich für diese Aufklärung. Während der Ramadanzeit kann man ruhig Hausaufgaben machen. Ich komme ja aus so einem Land und kann mich an keine Ramadanzeit erinnern, auch in Deutschland, in der man keine oder weniger Hausaufgaben machen musste. Wenn man weniger isst, ist der Kopf frei, und deshalb soll man sogar mehr Hausaufgaben machen, so ist mir bekannt. Meine Frage: Als eine zentrale Empfehlung in der Deutschen Islamkonferenz, finde ich, wird ein Netzwerk im Stadtteil zwischen Schulen im Stadtteil, Elternvereinen und zum Beispiel anderen Vereinen, wie Moscheevereinen, vorgeschlagen. Wie sehen Sie diesen konkreten Vorschlag, wie wir das in Bremen vielleicht umsetzen können?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich meine Freude zum Ausdruck bringen, dass wir gerade heute an diesem Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus über UNHCRFlüchtlinge sprechen und debattieren und konkret an unsere historische Verantwortung erinnert werden. Meine Kollegin Frau Hiller hat einiges zu den UNHCR-Flüchtlingen gesagt und unseren Antrag vorgestellt. Ich werden etwas mehr zu den iranischen Flüchtlingen sagen, was mir auch ein persönliches Anliegen ist.
Ein Blick auf die Situation der iranischen Flüchtlinge zeigt die hohe Bedeutung und Relevanz dieses Antrags für die betroffenen Menschen. Wir werden hier und heute einen Antrag beschließen, der sich unmittelbar auf die Lebenssituation auswirken wird, und von Bremen wird auch ein Zeichen der Humanität ausgehen, das nicht nur bundesweite Beachtung finden wird.
Die Präsidentschaftswahlen im Iran haben nichts mit demokratischen Wahlen gemein, wie wir das aus Deutschland kennen. Deshalb kam es nach den Wahlen zu Protesten und Unruhen. 100 000 Menschen gingen trotz massiver Repressalien auf die Straße, doch das war nicht allein der Grund, der die Demonstranten auf die Straße trieb, ähnlich wie gegenwärtig die Situation in Tunesien, in Algerien, in Ägypten ist, es war auch die große Unzufriedenheit mit den Zuständen in einem Land, in dem die große Mehr––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
heit der Menschen von der politischen Willensbildung ausgeschlossen bleibt und man den Menschen, vor allem den jungen Menschen, nicht gestattet, so zu leben, wie sie es sich vorstellen.
Die Massenproteste wurden mit nackter Gewalt niedergeschlagen. Angehörige der Opposition wurden zu Hunderten verhaftet und sitzen bis heute in Haft, nur einigen wurde bisher der Prozess gemacht. Viele Häftlinge, Frauen, Männer, sogar Jugendliche wurden schwer misshandelt und gefoltert. Die brutale Repression führte zu einer Fluchtwelle aus dem Iran. Insbesondere politische Aktivisten, Schriftsteller, Künstler, aber auch Kritiker des Islamismus, Angehörige christlicher Religionen, aber auch anderer Religionsgemeinschaften sowie Menschen mit abweichenden Lebensentwürfen oder auch mit anderen sexuellen Orientierungen flohen aus dem Land. Sie sind aber auch heute in der Türkei von gewaltsamen Übergriffen und Verfolgungen bedroht, nicht nur von Behörden, sondern auch von intoleranten Einheimischen, ihre Lage wird bedrohlicher.
Die Türkei ist Unterzeichner der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, schränkt diese jedoch auf europäische Bürger ein. Damit haben Flüchtlinge aus Staaten, die nicht Mitglied des Europäischen Rates sind, keine Möglichkeit, Asyl in der Türkei zu beantragen. Es gibt nur ein temporäres Asyl, für das man sich registrieren lassen kann, dann wird aber ein sogenanntes Schlafgeld fällig, das für die meisten UNHCR-Flüchtlinge unerschwinglich ist. Sie versuchen deshalb, illegal über die Grenze zu kommen.
Die Lage der Flüchtlinge in der Türkei ist prekär: beschränkter Zugang zu Gesundheitsversorgung, keine Arbeitsmöglichkeiten, überfüllte und menschenunwürdige Unterkünfte, für Kinder nur bedingter Zugang zu schulischer Bildung. Einige der rund 2 000 iranischen Flüchtlinge sind wie schon früher anerkannte UNHCR-Flüchtlinge in der Türkei kurdischer Abstammung. Man kann sich vorstellen, dass diese aufgrund der besonderen Problematik der Kurden in der Türkei extrem gefährdet sind.
Dieser Hintergrund, meine Damen und Herren, vor dem wir auch eine großzügigere Aufnahmeregelung für die iranischen Flüchtlinge aus der Türkei anstreben, könnte auch – wie meine Kollegin Frau Hiller erwähnt hat – ein Anlass sein, generell über die Aufnahmeregelung von UNHCR-Flüchtlingen nachzudenken. Das wäre mein Wunsch! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um das Problem nicht noch einmal zu beschreiben, meine Kollegin Frau Nitz hat sozusagen schon die Diagnose gemacht: Wir haben in Bremen eine große Gruppe von Migrantinnen und Migranten, deren Abschlüsse nicht anerkannt werden, obwohl sie qualifiziert sind, und das liegt an Anerkennungsfehlern im Anerkennungsverfahren, das wissen wir. Das heißt aber nicht, dass es so bleiben soll. Wir haben in dieser Legislaturperiode einiges auf den Weg gebracht, um die Situation hier in Bremen zu verbessern. Wir haben einen mehrsprachigen Wegweiser initiiert, mit dem die von dem Problem Betroffenen sich in dieser verwirrenden Vielfalt, wie sie auch Frau Nitz erwähnt hat, der Zuständigkeiten und Antragserfordernisse zurechtfinden können. Das reicht aber natürlich nicht aus, das wissen wir. Nun haben wir einen Antrag der Fraktion DIE LINKE vorliegen, der eine gute Absicht hat, aber am Ziel vorbeigeht. Mit der Schaffung einer zentralen Servicestelle soll eine Entbürokratisierung, so heißt ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
es in dem Antrag, erreicht werden, und die notwendigen Verfahren sollen beschleunigt werden. Leider würden aber diese Maßnahmen das Gewünschte nicht erreichen. Wie muss man sich denn diese zentrale Servicestelle vorstellen? Wie viele Expertinnen und Experten aus den verschiedenen Bildungs- und Berufsbereichen sollen dort tätig sein, um die Anerkennungsmöglichkeiten der verschiedenen Qualifikationen beurteilen zu können?
Wir wissen zum Beispiel aus Dänemark, dass es dort eine zentrale Anlaufstelle für die Bewertung der ausländischen Qualifikationen gibt. Diese Anlaufstelle ist die dänische Agentur für internationale Bildung. Sie hat aber auch die gesetzliche Befugnis, rechtskräftige Entscheidungen zu treffen, denn in Dänemark gibt es ein Gesetz zur Anerkennung dieser Qualifikationen.
In Deutschland ist die Rechtslage aber etwas anders. Die verschiedenen Bildungsabschlüsse sind in das föderale System eingebunden. Die Berufsabschlüsse sind in das System der Berufsordnungen, zum Beispiel des Handwerks, integriert, Ärzte und Anwaltskammern haben ihre Zuständigkeiten und Mitwirkungsrechte. Diese rechtlich verankerten Zuständigkeiten, Frau Nitz, können wir nicht einfach ignorieren.
Die Bundesregierung hat inzwischen einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Anerkennung ausländischer Abschlüsse regeln soll. Durch diese Neuregelung soll auch künftig erreicht werden, dass die Arbeitgeber und Betriebe nachvollziehbare, vor allem bundesweit einheitliche Bewertungen zu den mitgebrachten ausländischen Qualifikationen zur Verfügung stellen. Jedoch bezieht sich dieses angestrebte Gesetz, das noch nicht beschlossen ist, nur auf bundesrechtlich geregelte Berufe, zum Beispiel akademische Heilberufe, und auch auf die Ausbildungsberufe des Berufbildungsgesetzes und der Handwerksordnung. Das heißt, es ist hier auch wichtig, dass einzelne Bundesländer sich auch abstimmen und sich auch Gedanken über die Berufe machen, die auch in den einzelnen Bundesländern geregelt werden, zum Beispiel Lehrerinnen, Ingenieure, Erzieherinnen, Architektinnen.
Darüber hinaus müssen wir auch im Umgang mit den anderen Bundesländern Sorge tragen, dass eine auf Landesebene ausgesprochene Anerkennung auch in anderen Bundesländern gilt, dass es einen bundesweit möglichst einheitlichen und gerechten Standard und eine qualitätsgeleitete Entscheidungspraxis gibt.
Nur so können wir erreichen, dass die qualifizierten Migrantinnen und Migranten bundesweit in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Liebe LINKE, diese Resultate, die ich hier beschrieben habe, können wir mit Ihrem Antrag nicht erreichen. Stattdessen sind wir der Meinung, halten es für sinnvoll und werden auch dafür streiten, die verschiedenen zuständigen Stellen in Bremen zu bündeln, zu koordinieren, zu vernetzen und ihre Verfahren zentral zugänglich zu machen. Die zentrale Servicestelle, wie sie aus dem Antrag der LINKEN hervorgeht, ist meiner Ansicht nach ein aufgeblähter bürokratischer Apparat. Sie ist nicht umsetzbar beziehungsweise fraglich. Wie ich beschrieben habe, berühren Anerkennungsverfahren viele verschiedene gesetzliche Grundlagen. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen. – Vielen Dank!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Kontaktbereichsbeamte, getrennt nach männlich und weiblich, die auch als Ansprechpartner für Integrationsfragen fungieren, gibt es in Bremen und Bremerhaven?
Zweitens: Wie werden die Polizistinnen/Polizisten geschult in Fragen der Integration und interkultureller Bildung?
Drittens: Wie bewertet der Senat die bisherigen Aktivitäten der Kontaktbereichsbeamtinnen und -beamten in den Stadtteilen, welche positiven Erfahrungen wurden in der Integrationsarbeit gemacht, und welche Schwierigkeiten sind dabei aufgetreten?
Herr Senator, gibt es Schwierigkeiten bei der Akquisition von Kontaktbereichsbeamtinnen, und wenn es sie gibt, welche Ansätze gibt es, sie zu überwinden?
Gibt es noch zusätzliche Maßnahmen außer diesem üblichen Aufruf, dass die Frauen sich auch als Kontaktbereichsbeamtin zur Verfügung stellen, oder müssen Sie diesen Dienstweg durchlaufen?
Gibt es bei den Kontaktpolizisten auch
Menschen mit Migrationshintergrund, gerade in den Stadtteilen mit multikultureller Bevölkerung?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine moderne interkulturelle Verwaltung erfordert, dass Interkulturalität in das allgemeine Verwaltungshandeln, die Planung, Steuerung, Personalentwicklung und Ausländerstellung integriert wird. Auf eine solche Ausrichtung zielen wir ab, wenn wir von moderner interkultureller Verwaltung sprechen.
Die bisherigen Erfahrungen haben erwiesen, dass eine Fortbildung einzelner Mitarbeiter nicht ausreicht, um dieses Ziel zu erreichen. Viel mehr geht es darum, interkulturelle Kompetenz in den inneren Strukturen der Verwaltung zu verankern. Wie können die öffentlichen Einrichtungen in Bremen, wie kann der öffentliche Dienst mit den Herausforderungen einer Gesellschaft der Vielfalt erfolgreich umgehen? Welche Strategien gibt es, die zu einer Erschließung neuer integrativer Ressourcen und damit zu Interkulturalität in der Verwaltung führen? Wie können unsere Behörden auf die wachsende Komplexität interkultureller Fragestellungen im behördlichen Alltag und auf die damit verbundenen politischen, sozialen und kulturellen, ja auch religiösen Dimensionen, angemessen reagieren? Das sind die Fragen, um die es hier geht. Sie zu beantworten, meine Damen und Herren, ist kein Luxus. In der Verwaltung wird immer zwischen sogenannten Pflichtaufgaben, sogenannten freiwilligen Aufgaben unterschieden. Die bremische Verwaltung im interkulturellen Sinne zu modernisieren, ist aus meiner Sicht keine freiwillige Aufgabe, die man tun oder lassen kann.
Sie ist für die Zukunftsfähigkeit der Stadt Bremen und damit auch unseres Bundeslands unerlässlich. Ich möchte nur einige Aspekte, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind, hervorheben. Erstens, kommunale Integrationsarbeit: Diese Frage steht im Mittelpunkt des Prozesses einer gelungenen Integration von Migrantinnen und Migranten. Das bedeutet konkret, die Zusammenarbeit der Ämter vor Ort mit Migranten zu vereinen. Sie muss mit den Religionsgemeinschaften, mit den Menschen in Nachbarschaften verbessert werden. Sie muss stärker von Partizipation und Dialog auf Augenhöhe getragen werden. Zweitens: Entwicklung von Integrationskonzepten, die auf Kommunalverwaltungen zugeschnitten sind. Dabei steht vor allem die Verankerung des Themas Integration als Querschnittaufgabe im Vordergrund und vor allem die Verankerung in den einzelnen Fachbereichen. Drittens: Integrationskonzepte müssen in den zeitgemäßen Steuerungsmethoden verankert sein. Das kann in den einzelnen Verwaltungsstrukturen projekthaft angegangen werden. Voraussetzung ist, dass es nicht nur bei vagen Absichtserklärungen bleibt, sondern es muss verbindliche Projektvereinbarungen mit messbaren Zielen geben. Zum Beispiel durch Monitoring. Viertens: Stärkung der lokalen Migrantenökonomie – das hat auch Herr Senkal genannt – und Kampf gegen Diskriminierung. Die Verwaltung sollte Programme zur Stärkung der lokalen Migrantenökonomie entwickeln. Das wirtschaftliche Potenzial der Migrantenunternehmen gerade auf kommunaler Ebene kann durch eine gezielte Förderung noch stärker ausgeschöpft werden. Fünftens, Vermittlung interkultureller Kompetenz von Prozess und Bedarfsanalysen: Dies verstärkt vor allem den Blick der Entscheidungsträger und Angestellten. Wir wissen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst und auch in eigenen Betrieben im Land Bremen nicht so repräsentativ vertreten sind, wie wir es uns wünschen. Wir wissen aber auch, dass es sich dabei um eine vielschichtige Problemlage handelt. Darüber haben wir auch vorhin in der Debatte über den Arbeitsmarkt sehr lang diskutiert. Es wird aber bereits seit Jahrzehnten über dieses Thema diskutiert, und die Gründe sind teilweise bekannt. Wir wollen, dass die Migranten nicht aufgrund ihrer Herkunft im öffentlichen Dienst beschäftigt werden, sondern aufgrund der Qualifikationen und Ressourcen, die sie mitbringen.
Deshalb bleibt die Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund im Arbeitsmarkt eine der zen
tralen Herausforderungen der Integrations- und Arbeitsmarktpolitik in Bremen und auch in Bremerhaven. Wir haben mit diesem Antrag die wesentlichen Weichen gestellt, um auch den bremischen öffentlichen Dienst für Migrantinnen und Migranten ernsthaft stärker zu öffnen. Deshalb bitte ich um Zustimmung und Unterstützung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein Einkauf in einem Warenhaus in der Nachbarstadt, ein Besuch bei Verwandten, ein Ausflug mit dem Wochenendticket der Deutschen Bahn oder der Besuch einer Sportveranstaltung sind für uns ganz alltägliche Tätigkeiten, über die wir uns kaum Gedanken machen müssen. Einem Flüchtling können diese Kurzaufenthalte hingegen zum Verhängnis werden. Für ihn gilt die Residenzpflicht, das heißt, er darf den Bezirk der Ausländerbehörde, in dem er gemeldet ist, nicht verlassen. Diese Regelung stammt noch aus dem Jahr 1982. Wir meinen, dass sie längst überholt ist und aufgehoben werden muss.
Dafür setzen wir uns heute ein.
Erlauben Sie mir, gleich am Anfang eine Bemerkung zu dem Begriff Residenz zu machen: Flüchtlinge residieren nicht, sondern sie hausen unter provisorischen Lebensumständen und mit provisorischem Aufenthalt. Mit dieser Regelung wird die Versammlungs- und Meinungsfreiheit für Asylsuchende eingeschränkt. Möglichkeiten, soziale Kontakte zu pflegen, werden behindert. Flüchtlingskinder können mit ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Verwandten in der Nachbarstadt – sagen wir in Oldenburg oder Ganderkesee – nicht spontan zusammentreffen. Sie brauchen eine behördliche Genehmigung, um gemeinsam Geburtstag zu feiern oder einen gemeinsamen Ausflug zu unternehmen. Das Recht auf Information können viele Flüchtlinge nur in weit entfernten Städten wahrnehmen, zum Beispiel, um an einer Veranstaltung über die politischen Verhältnisse teilzunehmen. Oft sind es allein solche Anlässe, zu denen sie etwas über die Verwandten und Freunde, die noch im Herkunftsland leben, erfahren können. Seit 2001 haben sich mehrere Länderregionen für die Abschaffung der Residenzpflicht ausgesprochen. Experten gehen davon aus, dass die Regelungen zur Residenzpflicht europarechtswidrig sind. Sie verstoßen gegen die Vorgaben der Asylaufnahmerichtlinien der EU. Im Grunde sind wir uns alle einig, dass diese Regelung keinen Sinn mehr hat. Es ist also an der Zeit zu handeln. Deshalb haben wir heute auch diesen Antrag zur Abstimmung vorgelegt. Den Antrag der Linksfraktion lehnen wir jedoch als nicht umfassend genug ab. Er bezieht sich nur auf das Land Niedersachsen. Wir meinen aber, dass eine wirkliche Verbesserung nur auf Bundesebene Sinn macht, zumal die Bremer Umsetzungen, wie es auch aus der Senatsantwort zu unserer Kleinen Anfrage hervorgeht, den Betroffenen in der Regel schon vorübergehenden Aufenthalt in allen benachbarten Landkreisen gestatten. Dies sind Regelungen unterhalb der gesetzgeberischen Ebene. Darauf zielt auch die Bundesratsinitiative ab, die gegenwärtig von Berlin und Brandenburg ausgeht. Eine solche Bundesratsinitiative für die deutschlandweite Aufhebung der Residenzpflicht für Asylsuchende und Geduldete ist in jedem Fall sinnvoll und erstrebenswert. Sich nur auf Niedersachsen zu konzentrieren, verfehlt den Wurzelkern. Wie sich der Bundesrat entscheiden wird, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall sollte das Land Bremen aber mit seinen positiven Erfahrungen die Initiative unterstützen.
Noch einmal, meine Damen und Herren: Die Residenzpflicht ist eine in Europa einmalige Asyl- und Aufenthaltsregelung. Sie verletzt Menschenrechte, was die Bewegungsfreiheit betrifft. Sie untersagt Menschen, das Bundesland zu verlassen. Wenn sie es tun, drohen ihnen Strafen bis zu einem Jahr Gefängnis. Wenn ich die Antwort auf die Kleine Anfrage meiner Fraktion vom 16. März dieses Jahres richtig lese, dann steht kaum etwas dagegen, diesen alten Zopf abzuschneiden. Ja, es ist ein alter Zopf, der aus der Zeit stammt, als manche Politiker in Deutschland Angst hatten, von Asylsuchenden aus aller Welt überrannt zu werden. Ich bitte um Unterstützung und Zustimmung. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Geringe Partizipationsmöglichkeiten sind schlechte Voraussetzungen, um ein Verantwortungsgefühl für das Gemeinwohl zu entwickeln. Deshalb haben wir damals den Antrag zur Stärkung des Umweltbewusstseins auf den Weg gebracht. Nun liegen die ersten Ergebnisse in der Mitteilung des Senats vor, und diese stimmen in vieler Hinsicht optimistisch. Ich möchte Herrn Senator Dr. Loske dafür ausdrücklich danken sowie der Bremer Umweltberatung e. V., die für die praktische Durchführung in den Stadtteilen Neue Vahr, Huchting, Gröpelingen, Oslebshausen und Hemelingen, also alles Stadtteile mit hohem Migrantenanteil, gewonnen werden konnte. Ausgesprochen vielsagend ist die Projekterkenntnis, dass die Akteure vor Ort weniger an großen Gesprächsrunden nach Art von runden Tischen interessiert waren als an praktischen Angeboten.
Wir müssen Umwelt- und Klimaschutz in Verbindung mit unmittelbar alltagsbezogenen Bedürfnissen praktisch werden lassen. Gesundheitsschutz, Einsparung von Kosten und Ressourcen, Verbesserung der Wohnsituation, das leuchtet den Menschen stärker ein als die komplexen und ursächlichen Zusammen––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
hänge der Nahrungskette oder des Wärmeaustauschs zwischen Erde und Atmosphäre.
Der Senatsbericht sagt ganz richtig, dass sich über die unmittelbare Betroffenheit gute Anknüpfungspunkte ergeben, mit denen man das weitergehende Interesse und schließlich auch eine Handlungsorientierung wecken kann. Soweit es sich um einkommensschwache Haushalte handelt, und das dürfte bei der Mehrzahl von Migranten der Fall sein, ist es doch nur natürlich, dass der Gedanke ein guter Antrieb ist. Man kann etwas für die Umwelt tun und gleichzeitig dabei Geld sparen. Wenn solche Maßnahmen Praxisbezug haben, pragmatisch umgesetzt werden, verständlich sind und zum Mitmachen einladen, dann ist ihnen Akzeptanz bei Migrantinnen und Migranten sicher. Das hat schon das Beispiel der Kampagne „Bremen räumt auf“ bewiesen, die in den letzten Jahren mit einer erfreulich gewachsenen Beteiligung von Migranten Fahrt gewann.
Bei einer Umfrage des Essener Zentrums für Türkeistudien nannten die Befragten folgerichtig die Umweltinformation als drittwichtigsten Handlungsschwerpunkt der Umweltpolitik. Dabei wird es wichtig sein, der interkulturellen Vielfalt der Stadtgesellschaft Rechnung zu tragen. In Bremen ist der Anfang gemacht, zum Beispiel mit dem Einsatz von herkunftssprachlichen Energieberatern, der Betonung der Mehrsprachigkeit, in der Kommunikation mit den Haushalten oder auch der Sensibilität für genderrelevante Gesichtspunkte. Schön, wenn diese Erkenntnisse dann auch tatsächlich den Einsatz qualifizierter Migrantinnen und Migranten und Frauen in der Umweltberatung nach sich ziehen!
Ein weiterer wichtiger Lerneffekt des Projektes war: Viele Menschen fühlen sich von der sehr technischen Sprache der vermittelten Informationen nicht wirklich angesprochen. Sogar der Fußballstar Diego sagte in seinem Abschlussinterview, bevor er Bremen verließ: Alles habe ich verstanden, nur die Mülltrennung nicht!
Das ist nicht nur bei Menschen mit Migrationshintergrund, sondern beispielsweise auch in bildungsfernen Familien und einkommensschwachen Haushalten ohne Migrationshintergrund der Fall.
Abschließend können wir uns über das Fazit des Senats besonders freuen, ich zitiere: „,Umweltbewusstsein stärken, Potenziale aller Bevölkerungsgruppen ausschöpfen’ war nicht nur ein Papier und ein Parlamentsantrag. Es hat mehr erreicht als nur eine Bestandsaufnahme oder Bedarfsanalyse. In den Stadtteilen, bei den zuständigen Behörden und bei den
Umweltakteuren wurde es als Botschaft und Aufforderung verstanden. Zusammen mit dem daraus erwachsenen Projekt hat es einen Aufbruch eingeleitet und viele Beteiligte, einzelne Personen und Netzwerke motiviert.“
Bremerhaven hat leider kaum etwas geliefert, aber das wird sicherlich nicht so bleiben. Wir werden das Thema für beide Stadtgebiete nicht aus den Augen verlieren. Der Kernsatz gilt schon heute auch für Bremerhaven. Ein hohes Umweltbewusstsein und die dadurch mögliche Nutzung der Potenziale aller Bevölkerungsgruppen liegt im gemeinsamen Interesse des so übergreifenden und, ich möchte hinzufügen, interkulturellen Interesses. – Ich danke Ihnen vielmals!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn auch der konkrete Anlass für diese Debatte einige Monate zurückliegt, geht es in dieser Debatte meiner Meinung nach trotzdem um ein hohes Gut, nämlich den Schutz vor Abschiebungen bei gesundheitlichen Hindernissen. Das haben Sie auch am Ende angesprochen. Wir alle stehen in der Verantwortung, dieses Gut zu schützen und zu bewahren. Deshalb haben wir, die Grünen, auch im Februar oder März, sofort nachdem uns diese zwei Fälle zu Ohren kamen, in denen die Ausländerbehörde trotz ärztlicher Gutachten die Abschiebung betrieb, eine Kleine Anfrage an den Senat gestellt. Drei Tage später sprang die Fraktion DIE LINKE auch auf diesen Zug, mit welcher Intention auch immer, das möchte ich an dieser Stelle dahingestellt sein lassen. Ich fände es richtig und fair, wenn Sie inzwischen mit der Antwort zufrieden waren und das auch in Ordnung fanden, diese Große Anfrage einfach zurückzunehmen, damit man hier nicht trotz Zeitmangel noch einmal über solche Fälle diskutieren müsste.
Das zuständige Ressort hat meiner Meinung nach in seiner Antwort dargelegt, was parlamentarisches Fairplay ist. Aus der Antwort des Senats geht unverblümt hervor, dass tatsächlich Fehler gemacht worden sind, die nicht im Sinne der rot-grünen Regierung sind. Man hat nicht versucht, sich aus der Affäre zu ziehen, sondern, ich zitiere: „Der Senat bedauert die fehlerhafte Bearbeitung in diesem Bereich.“ Für diese ehrliche und verantwortungsvolle Haltung und Transparenz möchte ich auch an dieser Stelle Herrn Senator Mäurer und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausdrücklich danken!
Ebenso positiv ist, dass unverzügliche Maßnahmen zur Vermeidung solcher Fälle eingeleitet wurden. Die Fälle werden korrigiert, die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind instruiert worden, und bis auf Weiteres werden auch solche Fälle, krankheitsbedingte Abschiebungshindernisse, grundsätzlich der Dienststellenleitung zur Sichtung vorgelegt. Dass dies ein Zeichen für den vom rot-grünen Senat eingeleiteten Paradigmenwechsel in der Praxis ist, wird natürlich von den Kritikern in den Reihen der LINKEN nicht angemessen gesehen und zugegeben. Man will einfach nicht sehen, dass die Ära der Vorgängerregierung, die so lange eine harte Linie in diesen Fragen verfolgt hat, in der Verwaltung noch nachwirkt. Es ist wohl nur menschlich, dass eine langjährige, unter der Großen Koalition geforderte Vorgehensweise sich nicht einfach so ohne Weiteres in Luft auflöst, leider, möchte ich hinzufügen. Ich finde es daher wichtig festzuhalten, dass wir es mit ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
dieser integren und transparenten Einstellung des zuständigen Ressorts künftig immer besser schaffen werden, für die konsequente Beachtung humanitärer Standards bei Abschiebungen auch per Flugzeug zu sorgen.
Die Frage ist: Wie können wir trotz solcher Widersprüche menschlich agieren? Das ist die Herausforderung einer rot-grünen Regierung. Die Antwort ist Verzicht auf Abschiebevollzug, wenn die Flugreisetauglichkeit nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann. Hierzu müssen auch kurz vor der Abschiebung auftretende Krankheitszustände durch hinreichend qualifiziertes Personal beziehungsweise durch unabhängige Gutachter untersucht werden.
Gestatten Sie mir eine Anmerkung als Insider der bremischen Gesundheitsbehörde, was die sonstige Begutachtung bei gesundheitlichen Problemlagen anbelangt! Die dafür vom Bremer Gesundheitsamt entwickelten Kriterien sind bundesweit vorbildlich. Nach Aussagen des zuständigen Abteilungsleiters hält das Gesundheitsamt an dem Prinzip fest, nur nach anerkannten, rein fachlichen Gesichtspunkten zu begutachten und sich dabei weder durch Interessen des Patienten noch des behördlichen Auftraggebers beeinflussen zu lassen. Das Gesundheitsamt ist demnach zuversichtlich, dass sich die Innenbehörde nach Korrekturen der genannten Fälle auch an diese Gutachten hält. Für diese Haltung spricht meines Erachtens, dass das Ressort beabsichtigt, auf der Grundlage der gesundheitsamtlichen Kriterien einen Katalog zu erstellen, der für den Einsatz anderer Ärzte dann auch maßgeblich ist. Das ist in Ordnung, wenn wir gewährleisten, dass diese Kriterien dann auch durchgesetzt werden.
Wir müssen nicht das Rad neu erfinden und das Recht auch nicht. Wichtiger ist es, das Recht zugunsten der Betroffen dort anzuwenden, wo es bereits besteht, und das sollten wir eigentlich gemeinsam schaffen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu dem Beitrag von Herrn Hinners gemeldet, weil ich jahrelang auch mit an diesen Kriterien zum Gutachten im Gesundheitsamt engagiert mitgearbeitet habe. Seit dem Ex-Jugoslawien-Krieg, den es in den Neunzigerjahren gegeben hat, sind uns posttraumatische Erkrankungen überhaupt erst ein Begriff als eine Krankheit, die ein Abschiebehindernis ist. Erst seitdem hat dieser Begriff Zugang zur Politik gefunden.
Es gibt eine kontroverse Diskussion im öffentlichen Gesundheitsdienst, die bis heute anhält. Die Gesundheitsämter weigern sich inzwischen in Deutschland und vielen europäischen Ländern vehement und sagen, sie seien nicht bereit, ein Gutachten zur Reisefähigkeit zu erstellen, wenn die Reisefähigkeit zur Transportfähigkeit reduziert wird. Das ist die Frage. Wenn die Ärzte begutachten, sind sie nicht bereit, nur die Situation im Flugzeug zu berücksichtigen, sie müssen auch die Situation der Patientinnen und Patienten berücksichtigen. Was passiert mit ihnen in den Ländern, wenn sie ankommen, und wie ist die Genesungsperspektive?
Das bremische Gesundheitsamt hat mehrmals gesagt, dass es nicht bereit sei, sich auf die Transportfähigkeit zu beschränken. Es weigert sich deshalb, wenn es nur darum geht, die Flugtauglichkeit zu begutachten. Bitte klicken Sie auf die Homepage des Gesundheitsamts! Sie können diese Kriterien nachlesen, die von Herrn Kaufhold, Vorstandsvorsitzen––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
der der AOK Bremen/Bremerhaven, von der Ärztekammer und vielen anerkannten Gesundheits- und ärztlichen Institutionen recht positive Anerkennung gefunden haben. Ich kann mich daran erinnern, es hat damals zwischen dem Gesundheitsamt Bremen und dem damaligen Innensenator Absprachen gegeben, dass man die Begutachtungen des Gesundheitsamts Bremen anerkennt. Das ist das Problem. In diesen beiden Fällen hat es Gutachten gegeben, aber es wurde ihnen nicht gefolgt. Das ist das zweite Problem.
Herr Erlanson, zu diesem Erlass wollte ich noch einmal sagen: Ich muss gestehen, dass ich das, was Sie erwähnt haben, noch einmal nachlesen muss. Ich kenne diese Diskussion aber aus dem Bereich der HIV-infizierten Migranten, die von der Abschiebung bedroht sind. Da gibt es eine Diskussion, ob diese Menschen in den Ländern behandelt werden sollen. Das ist auch eine politische Frage und eine kontroverse Diskussion, wieweit wir es schaffen. Wenn Sie das Thema AIDS nehmen, bezogen auf die afrikanischen Länder: Da kämpfen die AIDS-Hilfen und Selbsthilfeorganisationen in Deutschland dafür, dass sie sich durchsetzen. Sie sagen, wir können diese Menschen nicht einfach so abschieben. Soweit ich weiß und es für meine Fraktion so sagen kann, sind wir nicht bereit, Menschen, die vom Gesundheitsamt begutachtet werden – und zwar auch positiv, das heißt, gegen eine Abschiebung –, abzuschieben. Das ist ganz klar rechtsstaatlich, das wurde ja von der FDP auch gesagt, wir müssen dem folgen. Ich denke, wir können dies noch einmal zum Anlass nehmen, um darüber zu diskutieren.
Ich halte es insofern für wichtig, dass wir nach wie vor versuchen, unser Gesundheitsamt, das in Deutschland Vorreiter ist, und die Gutachten, die da erstellt werden, in diesen Fragen anzuerkennen und ernst zu nehmen. Herr Hinners, das ist kein personelles Problem. Das Gesundheitsamt Bremen muss von der Ausländerbehörde beauftragt werden, um Gutachten zu erstellen. Die können nicht einfach selbst tätig werden, das heißt, dieser Auftrag muss erteilt werden. Ich hoffe, dass Herr Senator Mäurer zu dieser Sache etwas sagt. – Vielen herzlichen Dank!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie oft wurde in den vergangenen zehn Jahren in Bremen und Bremerhaven die deutsche Staatsbürgerschaft zurückgegeben und/oder entzogen?
Zweitens: Welche Gründe lagen dafür in welcher Häufigkeit vor?
Drittens: Welche Informationen liegen dem Senat darüber vor, zugunsten welcher Staatsbürgerschaft die deutsche zurückgegeben wurde beziehungsweise welche Staatsbürgerschaft nach Entzug der deutschen verblieb?
Nur eine kurze Anmerkung! Ich bedanke mich für die klare Antwort. Ich denke, wenn 600 Menschen mit Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft hier bei uns im Land Bremen bestraft werden, während wir gleichzeitig Fachkräfte suchen, auch mit allerlei Vergünstigungen nach Deutschland locken, stimmt etwas mit unserer bundesrepublikanischen Gesetzgebung nicht. Ich bin sicher, dass wir uns in Fragen der Doppelstaatsbürgerschaft und auch Abschaffung der Optionspflicht von Bremen aus weiter einsetzen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wohl niemand, der Anfang des Jahres die Fernsehbilder aus Haiti gesehen hat, kann sich dem traurigen Schicksal der Kinder entziehen, die als Schwächste in der Gesellschaft unter solchen Erdbebenkatastrophen besonders leiden. Viele von ihnen haben beide Elternteile verloren. Ähnlich wie in von Aids betroffenen Regionen Afrikas werden auch diese Kinder von heute auf morgen ins Erwachsenenleben geschleudert, weil sie Verantwortung für jüngere und jüngste Geschwister übernehmen mussten.
Wir haben diesen Antrag gestellt, weil es im Bundesland Bremen Kinder und Jugendliche gibt, die in ähnlicher Lage den Weg zu uns gefunden haben. Zur Erinnerung: Aus der Antwort auf unsere Kleine Anfrage vor etwa einem Jahr geht hervor, dass es in Bremen und Bremerhaven eine Gruppe von 49 Kindern und Jugendlichen gibt, die ohne Begleitung, das heißt ohne Eltern oder Verwandte, hier leben, also auf sich allein gestellt sind beziehungsweise deshalb unter der Obhut des Staates stehen.
Wie steht es um ihre Betreuung? Wo besteht Handlungsbedarf? Wie kann die Betreuung verbessert werden? Das sind die konkreten Fragen, die wir stellen müssen. Deutschland steht schon lange in der ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
internationalen Kritik, da kein Identifizierungsverfahren für besonders schutzbedürftige jugendliche Flüchtlinge und Asyl Suchende besteht. Über alle Parteigrenzen hinweg sind wir uns doch aber einig, dass den speziellen Schutzbedürfnissen dieser Minderjährigen Rechnung getragen werden muss. Wir stehen ihnen gegenüber in der Verantwortung, ob sie nun traumatisiert als Opfer von Verfolgung und Gewalt oder als ehemalige Kindersoldaten zu uns gekommen sind. Wir stehen in der Verantwortung, ihnen eine menschenwürdige Lebensperspektive zu bieten.
Die Verantwortung, von der ich spreche, ergibt sich aus den Grundprinzipien, auf denen unsere Gesellschaft gründet. Sie gelten jenseits von Fragen der Dankbarkeit oder der Enttäuschung im Falle schwieriger, gewaltbereiter Jugendlicher. Ausländerrecht und Jugendhilfe stehen sich in der Praxis vielfach konträr gegenüber. Nicht selten wird bei unbegleiteten Minderjährigen dann das Ausländerrecht über das Jugendhilferecht gestellt. In unserer Gesellschaft haben sie aber einen kleinsten, doch sehr wichtigen gemeinsamen Nenner: Das ist das Kindeswohl.
Darüber haben wir gestern intensiv diskutiert. Der Gedanke des Kindeswohls verlangt nicht nur Sensibilität für besondere Bedürfnisse, sondern auch soziale und pädagogische Konzepte, die den Kindern und Jugendlichen eine stabile Lebensperspektive ermöglichen. Oftmals heißt es: Sind das denn alle überhaupt Minderjährige? Dabei geht es dann um gesicherte Altersfeststellung.
Meine Damen und Herren, die Methoden der Altersfeststellung sind in den Bundesländern so vielfältig wie die Beteiligten an den Verfahren. Wir in Bremen müssen dafür sorgen, dass sich transparente Methoden in der Praxis durchsetzen. Mit anderen Worten, wir müssen auf die Einhaltung humaner menschen- und grundrechtlicher Standards für die Altersfestsetzung bei jungen Flüchtlingen achten.
Ebenso bedeutend ist die Kommunikation mit den Betroffenen, das heißt in der Regel Einsatz von Dolmetschern. Dadurch schaffen wir besondere Voraussetzungen für die Konsultationen mit den Betroffenen über ihr Schicksal.
Was wir wollen, ist, dass die kinder- und jugendhilferechtlichen Bestimmungen bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen nicht nur halbherzig, sondern entschlossen und engagiert angewandt werden und dass der Schutzauftrag des Kinder- und Jugendhilfegesetzes in ausreichendem Maße umgesetzt wird.
Konkret kann es je nach Fall um ein ganzes Spektrum von Notwendigkeiten gehen. Es kann um Gesundheitsversorgung gehen, es kann um psychotherapeutische Behandlung von Traumatisierten gehen, um Integrationsmaßnahmen wie Spracherwerb, es kann um Zugangshilfen zu Bildung oder Berufsqualifikationen gehen, es kann um eine kinder- und jugendgerechte Unterbringung und Betreuung in der Familien gehen.
Der Antrag sieht nicht zuletzt eine Berichtspflicht vor. Damit können auch in diesem Bereich arbeitende Nicht-Regierungsorganisationen wie Pro Asyl oder der Flüchtlingsrat, aber auch viele ehrenamtliche Menschen, wenn dieser Bericht da ist, sich einmischen, mitwirken und sich einbringen. Deshalb bitte ich Sie, sich unserem Antrag anzuschließen!
Ich werde mich hier noch einmal melden, da meine Redezeit zu Ende ist, um auf den Änderungsantrag der LINKEN einzugehen. – Ich bedanke mich herzlich!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde mich in diesem Redebeitrag vor allem auf die Sachen, die mit diesem Antrag zu tun haben, konzentrieren. Da ich mich besonders über die breite Zustimmung zu diesem Antrag freue, will ich das nicht zerstören, sonst muss ich mich in manchen Fragen – was die Rahmenbedingungen, Unterbringung, generelle Situation, bundesweite Fragen, jugendliche Flüchtlinge, Kinder und Jugendliche betrifft – mit der CDU und der FDP um einiges streiten. Deshalb werde ich mich erst einmal nur auf die Fragen, welche mit unserem Antrag zu tun haben, konzentrieren.
Vor allem wollte ich zu dem Änderungsantrag der LINKEN einiges sagen. In dem Änderungsantrag fordern Sie zum Beispiel eine verstärkte Förderung von Einzelvormundschaften. Sie wissen, die Vormundschaften werden sorgfältig geprüft, das hat ja auch noch einmal in der Debatte Herr Staatsrat Dr. Schuster zum Ausdruck gebracht. Ich halte das auch für sehr wichtig, denn wenn ein Kind oder ein Jugendlicher in einer Familie beziehungsweise sogar in der eigenen Familie integriert werden muss, ist das eine Herausforderung sowohl für das Kind als auch für die Eltern. Neben vielen rechtlichen Fragen, die hier geklärt werden müssen, ist auch, denke ich, die Reichweite der kulturellen Vielfalt, womit diese Familie und auch dieses Kind sich auseinandersetzen müssen, unheimlich groß. Deshalb finde ich, das muss schon vorher sorgfältig geprüft werden.
Ob eine Einzelvormundschaft in jedem Fall besser ist als eine institutionelle Vormundschaft, ist schon fraglich, das heißt, wir müssen wirklich konkret bei jedem Fall schauen, ob hier eine Einzelvormundschaft infrage kommt. Eine Einzelvormundschaft, wie ge––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
sagt, bringt oft Probleme und Risiken mit sich. Deshalb wollen wir gerade bei solchen schwierigen Fällen nicht die Behörde, nicht die Verwaltung aus der Verantwortung entlassen. Im Gegenteil, wir wollen, dass das Jugendamt dabei ist.
Zu dem Änderungsantrag der LINKEN: Wir wissen, dass die EU-Verfahrensrichtlinie 2005/85 eine umfassende Betreuung von unbegleiteten Jugendlichen vorsieht, das ist richtig. Dies umzusetzen ist auch wünschenswert, aber im Rahmen des Nationalen Aktionsplans „Für ein kindergerechtes Deutschland“ sollen die geltenden Regelungen gründlich überprüft und geändert werden. Hier hat meiner Meinung nach auch ein nationales Clearingverfahren seinen richtigen Platz.
Ferner fordert der Änderungsantrag unter Berufung auf die Europäische Grundrechtecharta die Ausweitung und berufsorientierte Ausrichtung von Weiterbildung. Hier ist summarisch von einem Recht auf berufliche Weiterbildung die Rede. Im Artikel 14 Absatz 1 der Europäischen Grundrechtecharta heißt es aber: „Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zu beruflicher Ausbildung und Weiterbildung.“ Von einer ausdrücklichen Verankerung dieses Rechts kann aber keine Rede sein. Deshalb ist auch das von Frau Troedel Gesagte sachlich falsch.
Meine Damen und Herren, wir haben in unserem Antrag ein Verfahren im Detail schon vorgeschlagen, das im Wesentlichen viele Punkte, was in einem Clearingverfahren passiert, berücksichtigt. Das ist die Unterbringung in Pflegefamilien unter zwingender Einhaltung des Jugendamtes, Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern im gesamten Verfahren, nachvollziehbare und transparente Dokumentation von Altersfestlegung und schließlich eine Berichtspflicht, wobei dieses ganze Verfahren – ich weiß nicht, welche Vorstellung Sie haben – ohne eine Betreuung und Beratung sowohl rechtlich als auch sozial doch gar nicht laufen kann.
Zu Punkt 8 des Änderungsantrags, was die Abschiebungsfrage betrifft, ist zu erwähnen, dass wir wissen, dass nach ständiger Rechtsprechung unbegleitete Jugendliche nicht abgeschoben und deshalb auch nicht in Abschiebehaft genommen werden. Selbstverständlich müssen wir auf die konsequente Beachtung der Kinderschutzprinzipien während des gesamten Verfahrens achten, deshalb auch unser Antrag. Das haben wir auch in unserem Antrag gefordert, und ich finde es hier notwendig, dass das Jugendamt beteiligt ist.
Auf den Bundesrat gehe ich nicht ein, meine Kollegin Frau Krümpfer ist bereits darauf eingegangen, dass inzwischen die Rücknahme der deutschen Vorbehaltserklärung gegen die UN-Kinderrechtskonvention im Bundesrat schon passiert ist. Diese Initiative ist ja auch von Bremen gekommen.
Ich fasse zusammen: Der Änderungsantrag von der LINKEN hat meiner Meinung nach wie so oft einen
populistischen Beigeschmack und führt auch nicht zur Verbesserung der Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Es ist nicht realistisch, es ist nicht umsetzbar, deshalb lehnen wir das ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit dem hier vorliegenden Konzept erreichen wir erneut einen wichtigen Meilenstein der Integration. Das macht mich froh, denn mit dem Ziel, mehr Migrantinnen und Migranten als Lehrkräfte und Pädagogen zu gewinnen, schlagen wir einen neuen Weg ein und leisten damit wieder einmal einen entscheidenden Beitrag im Umgang mit Vielfalt und Heterogenität in unserer Gesellschaft. Unsere Gesellschaft braucht das.
Das Konzept ist ein überzeugendes Grundlagenpapier zur Weiterentwicklung und Umsetzung dieser Thematik. Ich möchte der Senatorin für Bildung und Wissenschaft und der Senatorin für Arbeit, Gesundheit, Jugend und Soziales, aber auch den Autorinnen und Autoren der Bildungseinrichtungen, Universität Bremen, Hochschule Bremen und Landesinstitut für Schule, LIS, meinen Dank aussprechen.
Ihr Engagement zeigt, dass unsere Überlegungen gerade auch im Praxisbereich des Bildungswesens mitgetragen werden. Ich bin überzeugt davon, dass wir auf dieser gemeinsamen Basis eine spürbare Stär––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
kung der Migranten unter den Lehramtstudierenden und Studenten erzielen können. Ich denke, dass auch damit eine der Voraussetzungen realisiert wird, nämlich bessere Bildungschancen für die Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund.
Die kulturelle Heterogenität der Schülerschaft ist eine Rahmenbedingung des Unterrichts, der vor allem die Lehrerinnen und Lehrer gewachsen sein müssen. Die PISA-Studien, aber auch andere Untersuchungen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bildungserfolg vor allem auch etwas mit den Lehrkräften zu tun hat, mit den Lehrkräften und ihrer Qualifikation, ihrer Motivation, aber auch ihrer Bereitschaft, auf die ihnen anvertrauten Kinder einzugehen, und auch ihre kulturelle Sensibilität, ihre interkulturelle Kompetenz, meine Kollegin Frau Böschen ist darauf eingegangen, führt maßgeblich zu Bildungserfolg.
Gleichzeitig ist aber wichtig, dass die Lehrkräfte die Vielfalt der Klasse widerspiegeln. Sie können den Schülerinnen und Schülern nachzueifernde Vorbilder sein, für sie sind die Lehrkräfte mit türkischer, russischer und afrikanischer Herkunft der lebende Beweis, dass man auch mit Migrationshintergrund in diesem Land etwas werden kann. Durch den Einsatz von gut ausgebildeten Migrantinnen und Migranten können Kinder die gesellschaftliche Vielfalt als etwas Positives erleben und wahrnehmen.
Selbst mehrsprachig bringen sie gute Voraussetzungen im Umgang mit Migrantenkindern, die ja an mangelnder Sprachkompetenz, aber auch Erstsprachkompetenz leiden. Sie können der Brückenschlag zu den Elternhäusern sein. Ich glaube, in diesem Bereich kann man als ein großes Defizit an unserem Schulsystem benennen, dass es auch immer noch zu wenig gute und klare Kommunikation mit Migranteneltern gibt. Doch so schön diese Erkenntnisse sind, vor uns liegt noch ein längerer Weg der Umsetzung. Mir sind dabei vier Punkte besonders wichtig, die in naher Zukunft für den Umsetzungserfolg mitentscheidend sind.
Erstens: Die Werbung für die Lehrerausbildung oder für die Ausbildung sozialer Beruf muss zukünftig speziell auch auf die Schulabgänger mit Migrationshintergrund ausgerichtet sein. Wenn wir also mehr Migrantinnen und Migranten für diese Berufe haben wollen, müssen wir auch mehr dafür tun.
Zweitens: Ich denke, die Kompetenz in Deutsch ist eine wesentliche Voraussetzung für das Ankommen in der Schule, im Beruf und auch in der Hochschule. Wir müssen das Angebot an Deutschförderunterricht sowohl quantitativ als auch qualitativ steigern. Aber auch im universitären Bereich sollten wir mehr Lehrveranstaltungen im allgemeinen fachsprachlichen Deutscherwerb anbieten. Denn bislang sind mangeln
de Sprachkenntnisse bei Kindern aus Migrantenfamilien immer noch die größte Barriere.
Dritter Punkt – ich werde auch schnell zum Schluss kommen – ist die Anerkennung von Mehrsprachigkeit. Mehrsprachigkeit soll als Qualifikation verstanden werden.
Letzter Punkt, Frau Böschen hat das auch genannt, ein Thema, worüber wir hier öfter gesprochen haben. Das ist die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse.
Meine Damen und Herren, interkulturelle Lehrkörper und Sozialteams werden dringend benötigt, daher ist es unsere Aufgabe, alles dafür zu tun, mehr Migrantinnen und Migranten in besonderer Weise zu unterstützen, zu fördern, damit sie den Weg zu Lehrberufen und auch sozialen Berufen finden. – Herzlichen Dank!
Herr Senator, ist Ihnen bekannt, dass der angesprochene Bericht sich auf den 3. Oktober 2009, den Tag der Deutschen Einheit beziehungsweise den Tag der offenen Moscheen, bezieht, wo der Vorsitzende der Schura, Herr K., hauptberuflich, sozusagen als Dolmetscher, die ganze Veranstaltung gedolmetscht hat? Er hat das ja auch in einer Presseerklärung bekannt gegeben. Ist Ihnen das bekannt?
Ist Ihnen auch bekannt, dass die Schura nicht nur zu Islamophobie Stellung bezogen und eine Presseerklärung herausgegeben hat, sondern auch zu anderen Themen, zum Beispiel vor Kurzem auch zum Thema Zwangsverheiratung, und dass sie mit den 18 Verbänden, 18 Mitgliedern eine Position gegen Zwangsverheiratung ausgesprochen haben?
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich schließe mich auch dem Dank meiner Vorredner und Kollegen, der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, der Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen an, dass wir es geschafft haben, gemeinsam solch einen Gesetzentwurf hier vorzulegen, aber ich möchte mich gern besonders bei Frau Schneider vom Wissenschaftlichen Dienst bedanken, die stets eine gute Vorbereitung für die Sitzungen getroffen und uns auch sehr gut betreut hat.
Das Petitionsgesetz wird reformiert. Ich erlaube mir, das zum Anlass zu nehmen, mit Ihnen gedanklich einmal vielleicht zwei Schritte zurückzutreten. Worum geht es hier eigentlich? Es geht um die Beziehung zwischen Politik einerseits und den Menschen in diesem Land anderseits. Diese Beziehung ist, wie wir alle wissen, oft distanziert und von Missverständnissen geprägt. Politikverdrossenheit, mediale Parteien-, Politikerschelte und sinkende Wahlbeteiligung sind Ausdruck wachsender sozialer Distanz. Viele sprechen sogar von einer Krise der Politik. Was können und sollen wir dagegen tun? Allgemein gesprochen, wir sollten gesellschaftliche Veränderungen und Wünsche aufnehmen und unsere politischen Institutionen entsprechend umgestalten. Meiner Ansicht nach diskutieren wir aus diesem Grund heute die Reform des Petitionsgesetzes. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Zu den gesellschaftlichen Veränderungen sind zwei Entwicklungen in diesem Zusammenhang offensichtlich: Zum einen wollen die Menschen mehr Austausch mit der und mehr Einfluss auf die Politik haben. Schauen Sie sich allein die Ergebnisse des Bürgerbegehrens zur Änderung des Wahlrechts oder auch die Befragung der Wähler der Universität Bremen dazu an! Sehr aufschlussreich! Zum anderen wird Bremen vielfältiger und heterogener. In Bremen leben nicht nur mehr und mehr Menschen mit Migrationshintergrund, sondern auch die Unterschiede zwischen Jung und Alt, den verschiedenen Milieus in der Stadt werden größer. Mit der Vielfalt unserer Gesellschaft nehmen aber auch die Konflikte und Interessenunterschiede zu. Denken Sie nur an die neuerlichen Konflikte im Bereich der Stadtentwicklung! Ich erinnere an den Umbau des Weserufers, den Ringschluss der A 281, den Stadionausbau und das aktuelle Thema Flugroute, das der Kollege Buhlert genannt hatte.
Die Konsequenz daraus ist, wir brauchen politische Institutionen und Angebote, die zu zweierlei in der Lage sind, erstens, einen Dialog und Ausgleich über die unterschiedlichen Interessen und Probleme zwischen den Menschen und ihren politischen Vertretern und der Verwaltung zu ermöglichen, und zweitens, weitere politische Kanäle zu eröffnen und zeitgemäße und direktere Einflussmöglichkeiten auf die Politik und Verwaltung zu erlauben. Die Menschen sollen Politiker direkt erleben können und sich ihr Bild nicht nur über die Medien machen müssen. Mit der Reform des Petitionsgesetzes wollen wir genau das im Kleinen erreichen. Ich möchte daher zwei wichtige Veränderungen und Folgen hervorheben.
Erstens, die Hemmschwellen zur Beteiligung werden herabgesetzt, meine Vorredner haben das genannt. E-Petitionen und die Ausweitung des Internetangebots erleichtern es erheblich, Petitionen zu verfassen, jungen und wenig mobilen Menschen wird politisches Handeln näher gebracht. Die Einführung von Sammelpetitionen erlaubt die Solidarisierung der Menschen und fördert so gemeinsames Handeln. Darüber hinaus können Menschen mit Behinderung durch die Barrierefreiheit des Angebots besser ihre Beschwerden und Nöte mitteilen. Aus unserer Sicht ist das ein Schritt in die richtige Richtung, besonders für benachteiligte Bevölkerungsgruppen im Land.
Zweitens, die Öffentlichkeit und die Akzeptanz des Petitionswesens werden erhöht. Die öffentliche Petition im Internet ist ein Meilenstein auf diesem Weg. Sie erlaubt aber auch, Beschwerden und Anliegen einer breiten Öffentlichkeit nahezubringen. Mitmenschen haben die Möglichkeit, ihre Beschwerden und Anliegen Politikern und Bürgern mitzuteilen, sich anzuschließen und die Beschwerden in Internetforen zu diskutieren. So schaffen wir gegenseitiges Verständnis für die Probleme und Interessen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, auch wenn uns dies sicherlich nicht immer gelingt.
Zum Schluss möchte ich noch zum Ausdruck bringen, dass wir Grünen dieses Gesetzvorhaben voll und ganz unterstützen. Wir hoffen, dass Sie das auch tun. Ich denke, mit der Überweisung an den Petitionsausschuss bekommen wir einmal mehr die Gelegenheit, noch mehr Einflussbei dieser Reform zu nehmen. – Vielen herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zuerst einmal möchte ich für unsere Fraktion ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
feststellen, dass wir jegliche Gewalt an Frauen und Mädchen, jegliche Form von Gewalt ablehnen und verurteilen.
Dabei ist es aber im ersten Schritt unwesentlich, ob es sich um Frauen mit oder ohne Migrationshintergrund handelt.
Im zweiten Schritt aber lohnt sich ein differenzierter Blick auf das Thema zwangsverheiratete Menschen – wir haben in Einzelfällen auch Jungen mit Migrationshintergrund –, der verschärft die weiterführenden Fragen beleuchtet, zum Beispiel welche besonderen sozialen Erscheinungsformen und -faktoren in ihrem Fall zur Wirkung kommen. Für uns steht außer Frage, Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit Zuwanderungshintergrund muss noch nachhaltiger bekämpft werden. Dazu gehört auch das Thema Zwangsverheiratungen. Seit 2005 gibt es einen Gesetzentwurf des Bundesrats, Zwangsverheiratungen nicht mehr nur als schwere Nötigung zu verfolgen, sondern als eigenen Straftatbestand einzuführen. Es ist unverständlich, dass die Beratungen bis heute blockiert werden.
Vor etwa anderthalb Jahren haben wir uns an dieser Stelle mit den Aspekten der Prävention und des Opferschutzes beschäftigt. Wir waren uns damals schon einig, dass Opferschutz unerlässlich ist. Das ist aus mehreren Gründen ein zentraler Punkt: Zum einen ist die Menschenrechtsverletzung der Zwangsverheirateten unweigerlich mit anderen Straftaten und Übergriffen auf das Opfer verbunden. Verschleppung, Freiheitsberaubung, Menschenhandel, Körperverletzung und Vergewaltigung gehen damit oftmals einher. Zum anderen werden weitere Straftaten immer dann ausgelöst, wenn sich ein Opfer gegen sein Schicksal wehrt. Es folgt eine Eskalation, in der der Anspruch auf Selbstbestimmung des Opfers mit der familiären Hierarchie kollidiert. Der Konflikt weitet sich dann aus zum Zusammenstoß mit den Machtstrukturen in der Familie, und dann sehen sich häufig – wie wir immer wieder erleben – die männlichen Familienmitglieder so sehr infrage gestellt, dass sie mit Gewalt reagieren. Für uns heißt das, dass Mädchen und Frauen beim Ausbruch aus dieser Unterdrückung und Gewaltspirale besser unterstützt werden müssen.
Deshalb muss ein verbessertes Rückkehrrecht für Opfer von Zwangsverheiratungen umgesetzt werden,
wenn man es mit dem Bekenntnis zum Opferschutz ernst meint.
Unser Ziel muss es sein, dass Frauen, die gegen ihren Willen ins Ausland gebracht wurden, auch nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach Deutschland zurückkommen können. Was mit Frauen und Mädchen, die in eine Zwangsehe gepresst wurden, geschehen ist, kommt einem Trauma gleich. Wir wissen von traumatisierten Opfern aus anderen Gewaltzusammenhängen, dass es fast immer eine ganze Zeit dauert, vielleicht auch für immer, bis diese Betroffenen in der Lage sind, ihre Situation einzuschätzen und rational zu reagieren. Diese Zeit haben diese Frauen und Mädchen aber nicht. Wenn die Uhr der befristeten Aufenthaltserlaubnis, dieses Rückkehrrechts tickt, ehe sie sich über die Möglichkeit einer Flucht klar werden, ehe sie den Mut gefunden haben, aus ihrer Zwangsehe auszubrechen, ist ihnen der Weg nach Deutschland durch das geltende Aufenthaltsrecht verbaut. Bei vielen von ihnen ist dieser Weg der Weg in ihr Geburtsland, meine Kollegin Frau Mahnke hat es erwähnt, sie sind hier geboren, das muss uns klar sein.
Über die Voraussetzungen ihrer Wiederkehr müssen wir uns ebenfalls Gedanken machen. Ist es aus humanitären Gründen zu rechtfertigen, dass wir von den Betroffenen verlangen, auch im Falle von Minderjährigen, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, oder dass die Familie dafür aufkommt, und zwar genau die Familie, die für ihr Schicksal verantwortlich ist? Über diese Gesichtspunkte des Problems müssen wir nachdenken, aber nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, und eine konsensfähige Lösung finden, die dem Opfer dient. Beinahe vier Jahre sind zu lange für dieses Nachdenken.
Bremen kann einen Beitrag leisten, um dieses Gesetzgebungsverfahren, das ja zurzeit auf Eis gelegt ist, vielleicht wieder in Gang zu bringen, eine Debatte zu eröffnen. Wir bitten deshalb den Senat erneut, dass er darauf drängt, diese Gesetzesänderung herbeizuführen, die einen verbesserten Aufenthaltsstatus, sozusagen ein Rückkehrrecht, das länger als sechs Monate besteht, garantiert. Ich meine, es ist an der Zeit.
Vielleicht zwei Sätze zum Änderungsantrag der LINKEN! Wir werden diesen Änderungsantrag ablehnen. Eine automatische Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für jugendliche Migranten oder auch eines eigenständigen Aufenthaltstitels für Opfer der Zwangsverheiratung, finde ich, hat keine po
litische Realisierungschance und ist überzogen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir fragen den Senat:
Erstens: Ist dem Senat bekannt, dass die Banken im Falle von Personen mit Ersatzpapieren, Ersatzpass, die Einrichtung eines persönlichen Girokontos als Guthabenkonto verweigern, und welche Rechtsgrundlage gibt es für diese Verweigerung?
Zweitens: Welche Überlegungen hat der Senat, um diese Menschen dabei zu unterstützen, ein Guthabenkonto einrichten zu können?
Ich bedanke mich erst einmal für die prägnante Antwort und auch die Bereitschaft, diese Gesetzesinitiative noch einmal in einem geeigneten Zeitraum im Bundesrat einzubringen.
Sehen Sie aber vielleicht dennoch Möglichkeiten, Frau Bürgermeisterin, angesichts der Tatsache, dass die Verweigerung zurzeit nicht justiziabel ist, diesen Menschen doch noch bei der Eröffnung solch eines Guthabenkontos zu helfen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Soviel Respektlosigkeit, soviel Intoleranz habe ich ganz selten erlebt, Frau Motschmann! Das habe ich besonders in diesem Parlament seit zwei Jahren nicht mehr erlebt. Ich spreche hier für 150 000 Migrantinnen und Migranten, die in diesem Bundesland mit allen möglichen unterschiedlichen Religionen, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
aber auch ohne Religion leben. Es ist wirklich unerhört, was Sie hier vorgetragen haben.
Frau Motschmann, Werte werden nicht nur über christliche Religionen vermittelt, Werte werden auch über andere Religionen vermittelt, aber Werte können auch ohne Religionen vermittelt werden.
Werte können vermittelt werden, indem man auch die eigene Religion infrage stellt und hinterfragt und kritisch damit umgeht. Werte können auch vermittelt werden, indem man Kinder, Jugendliche, Schüler und Schülerinnen über verschiedene Religionen informiert und ihnen die Möglichkeit gibt, sich in einem informierenden Dialog damit auseinanderzusetzen.
Frau Motschmann, ich möchte das gern hier, weil dieses Thema, das merken wir auch an der Debatte, integrationspolitisch einen unheimlich hohen Stellenwert hat, noch einmal auch aus dieser Perspektive beleuchten. Wir leben Gott sei Dank in einem Bundesland, das ja nicht nur von kultureller Vielfalt geprägt ist, sondern wir haben alle möglichen Religionen. Wir haben evangelische, katholische, freikirchliche Gläubige, Zeugen Jehovas, wir haben Juden, Muslime und auch Buddhisten in diesem Bundesland. Wenn man die Weltreligionen genauer beobachtet, sind sie auch unter sich heterogen. In Bremen gibt es 30, 40 verschiedene Religionen, und besonders Migrantenfamilien mit vielen Kindern, mit ihren Familien gehören dazu. Deshalb ist es auch wichtig, hier festzustellen, dass religiöse Pluralität der Normalfall geworden ist, Frau Motschmann! Genau deshalb brauchen wir einen Religionsunterricht, der von religiöser Pluralität als Normalität ausgeht!
Meine Damen und Herren, ich erlaube mir noch, den Begriff „interreligiöser Religionsunterricht“ hier in die Debatte zu werfen, es wurde vorhin auch kurz genannt. Das wäre ein Religionsunterricht, der den Prozess religiösen Daseins, die Vergewisserung im Interesse aufgeklärter Identitätsbildung und autonomer Lebensgestaltung der Schülerinnen und Schüler innerhalb unserer kulturellen Vielfalt der Gesellschaft unterstützt. In diesem Prozess haben alle unsere Kinder ein Recht darauf, über andere religiöse Entwürfe, nicht nur christliche, sondern auch über
andere, und auch nicht nur in ihrer historischen Dimension, etwas zu erfahren, sondern in der Dimension der Gegenwart heute. Unabhängig von ihrem eigenen kulturellen und religiösen Hintergrund sollten sich unsere Schülerinnen und Schüler in der Schule mit religiösen, ethischen und philosophischen Fragen beschäftigen können, ohne dies von Anfang an und generell getrennt nach Konfessionen, Religionszugehörigkeiten oder anderen Weltanschauungen, Orientierungen tun zu müssen, das heißt, nicht nur über Moscheen, nicht nur über Kirchen, sondern in der Schule in einem Fachunterricht.
Die glaubensorientierte, konfessionelle Unterweisung mag dann Sache der Religionsgemeinschaften sein, da sind wir uns einig, aber der integrierte Religionsunterricht in der Schule wird diese Unterweisungen nicht konterkarieren, sondern fruchtbar ergänzen, aber vor allem wenn – natürlich ist die vorherige Debatte anders gelaufen – es uns gelingt, an diesem Unterricht erkennen zu lassen, wie viel Gemeinsames die verschiedenen religiösen Orientierungsansätze in der Welt miteinander verbindet. Das kann auch ein großer Beitrag in der Integrationspolitik sein.
Mir ist besonders wichtig, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang zu betonen, dass sich aufgrund der veränderten Zusammensetzung unserer Schülerschaft – wir haben 175 Herkunftsländer in den Schulen in verschiedenen Stadtteilen, manchmal auch in einer Klasse 50, 60 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund, mit anderen Religionen –, die anderen Fächer sich verändert haben und auch dieses Fach sich verändern muss und wir uns darauf einstellen müssen. Auch für das Fach Religion ist es nun, finde ich, an der Zeit, dass wir auch wegen der gesellschaftlichen Vielfalt darauf reagieren. Natürlich ist der Kerngedanke, dass sich die Schüler und Schülerinnen im religiösen Dialog austauschen können und dass sie sich praktisch mit Religionen, über Religionen auseinandersetzen können. Ich glaube, nur so schaffen wir Respekt und Akzeptanz im Umgang miteinander.
Der Religionsunterricht von heute muss die Lebenswelt der Kinder, unserer Kinder und Jugendlichen aufgreifen und ihre täglich zu erlebende religiöse und kulturelle Vielfalt widerspiegeln. Ich denke, nur so schaffen wir eine dauerhafte Grundlage für einen verlässlichen Umgang mit Pluralität und Unterschiedlichkeit, mit Diversity in unserer Gesellschaft.
Meine Damen und Herren, in der Antwort 7 geht der Senat darauf ein, dass inzwischen ja eine Arbeits
gruppe eingerichtet worden ist, die uns bezogen auf diese Frage in Zukunft auch Vorschläge machen soll. Darauf sind wir sehr gespannt. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen danke ich den beiden Senatorinnen für Soziales und Bildung für den Zwischenbericht. Darin sind erfreuliche Entwicklungen enthalten, die in ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
die richtige Richtung gehen. Hoffnung macht auch, dass die zusätzliche Stelle innerhalb der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, sofern sie denn wirklich beschlossen und eingerichtet wird, den Bremer Bildungshaushalt zunächst nur mit 1 000 Euro belasten würde. Das ist ein Betrag, den wir für eine so dringend benötigte Drehscheibe für die Anerkennung von Qualifikationen übrig haben sollten.
Gestatten Sie mir aber zwei Anmerkungen zu dem Zwischenbericht. In dem Bürgerschaftsbeschluss wurde der Senat unter anderem gebeten – ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren –: „Gemeinsam mit anderen Bundesländern an den oben beschriebenen Maßnahmen zur Verbesserung der Anerkennung beruflicher, akademischer und nicht akademischer Qualifikationen mitzuwirken und sich für die Vereinheitlichung der Anerkennungsverfahren unter Einbeziehung der EU-Richtlinien einzusetzen.“ Auf das Vorhandensein solcher Richtlinien wird zwar in dem Bericht kurz angespielt, jedoch fehlt eine qualitative Konkretisierung, inwieweit an der Umsetzung gearbeitet wird. Sie werden mir nachsehen, wenn ich mit der Formulierung, dass der Bremische Senat schon seit Jahrzehnten dafür Sorge trägt, nicht ganz zufrieden sein kann. In diesem Richtlinienpaket 36/2005 ist ausdrücklich die Anerkennung von Berufsbildungsabschlüssen angesprochen, die von Drittstaatsangehörigen vorgelegt werden können. Gerade auf sie kommt es doch an, wenn es um Zugangsbarrieren zum Arbeitsmarkt geht. Für Drittstaatler werden bisher keine oder so gut wie keine Anerkennungsverfahren durchgeführt. Wie der Senatsbericht ja sehr ausführlich darlegt, können nur Spätaussiedler und auch die EU-Bürger diese Anerkennungsverfahren beantragen. Weiterbildungen sind für Neuzuwanderer und Neuzuwanderinnen aber kaum verfügbar. Auch der nachrangige Arbeitsmarktzugang ist ein Problem. Eine fehlende Arbeitserlaubnis verhindert meist die Anerkennung. Die Folgen kennen wir: das ist die hohe Arbeitslosigkeit, das sind die niedrigen Beschäftigungsquoten und vor allen Dingen die Dequalifizierung von Menschen. Nach Schätzung der Universität Oldenburg gibt es zurzeit in der Bundesrepublik Deutschland 500 000 zugewanderte Akademiker, deren Abschlüsse nicht anerkannt werden. Es zeichnet sich ab, dass die Nichtanerkennung ein ebenso großes Integrationshindernis ist wie die Arbeitslosigkeit.
Wenn wir alle Ja zur Integration sagen und das auch ganz ernst meinen, müssen wir auch dafür sein, die europäischen Regeln für die Anerkennung, die sich auch auf Drittstaatsangehörige beziehen, anzuwenden.
Meine zweite Anmerkung bezieht sich auf den mehrsprachigen Wegweiser. Die Bürgerschaft hat es in ihrem Beschluss für notwendig gehalten, dass ein mehrsprachiger Wegweiser erstellt wird. Er soll und wird den Informationszugang für Migranten verbessern, indem er alltagstaugliche Hilfestellung geben soll. Allein die verwirrende Liste der Behörden und sonstiger Stellen, die in Bremen für die Anerkennung der Qualifikationen in verschiedenen Sektoren von Bildung und Ausbildung zuständig sind, ist ein Argument, ihn zu erstellen. Dieser Bürgerschaftsbeschluss sollte jetzt nicht im Nachhinein mit einem Hinweis auf die Kosten konterkariert werden. Ich weiß, die Frage der Anerkennung der Qualifikationen ist keine leichte, aber lassen Sie mich trotzdem hier eines ganz deutlich sagen: Die Nichtanerkennung von Qualifikationen, die ein Mensch gleich welcher Herkunft erworben hat, ist eine persönliche Zurückweisung, deren psychische Folgen kaum schlimmer sein können, aber integrationspolitisch ist das eine Katastrophe.
Wir dürfen nicht Menschen mit guter Schulausbildung, mit guter Berufsausbildung und auch mit guten Qualifikationen aus den Hochschulen zu Taxifahrern, zu Putzfrauen und Zeitungsausträgern machen.
Es liegt im Interesse Bremens, im Interesse unserer Gesellschaft, im Interesse Deutschlands, Wege aufzuzeigen, wie man diese ungenutzten Potenziale ausschöpfen kann.
Wir sind gespannt auf den Abschlussbericht. Wir hoffen, dass es im Abschlussbericht neue Impulse gibt, dass wir praktisch ein Stück auf diesem Weg weiter sind als heute. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich in der Bürgerschaft über ein Thema nicht mehr gern sprechen mag, ist es das Dauerthema Duldung. Es beschäftigt uns schon seit Jahren, dennoch gestaltet sich die Minimierung der Kettenduldungen als ein sehr schwieriger Prozess. Die in der Vergangenheit eingerichtete Endlosschleife für geduldete Familien in tatsächliche Lebens- und Bleiberechtsperspektiven umzuwandeln ist unsere Aufgabe als Politiker und Politikerinnen, sofern wir wirklich im humanitären Sinne etwas ändern wollen.
Wie Sie aus der zurückliegenden Debatte wissen, sieht die Altfallregelung für geduldete Familien in Deutschland vor, dass sie bis Ende Dezember 2009 einen sogenannten Aufenthaltstitel auf Probe erhalten, verbunden mit der Zielsetzung, sich innerhalb dieser Zeit eine Arbeit suchen zu können. Diese Frist läuft nun genau im Jahr der weltweiten Finanzkrise aus. Der Nachweis einer Erwerbstätigkeit wird für die Betroffenen um ein Vielfaches schwerer. Wir wollen deshalb die Frist, bis zu der ein Arbeitsplatz nachgewiesen werden muss, verlängern und gleichzeitig die Standards, die zugrunde gelegt werden, auch erreichbar machen, denn wir wissen alle, wie schwer es ist, heutzutage Arbeit zu finden.
15 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland arbeiten im Niedriglohnbereich, ein großer Teil davon sind Migranten. 38 Prozent der Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger haben eine Migrationsbiografie, 28 Prozent der Migrantenbevölkerung in Deutschland sind vom Armutsrisiko betroffen. Die Arbeitslosenquote bei Migranten ist mindestens doppelt so hoch wie bei der Gesamtbevölkerung. Diese Zahlen sagen uns, dass Migranten von der Finanzkrise besonders betroffen sind, und da auch zu erwarten ist, dass die Arbeitslosigkeit weiter ansteigt, ist auch damit zu rechnen, dass viele Stellen insbesondere im Niedriglohnbereich wegfallen werden. Von dieser Entwicklung werden Migrantinnen und Migranten überproportional betroffen sein, es wird also weitaus schwerer fallen als bisher, wirtschaftliche Unabhängigkeit zu erlangen oder zu bewahren.
Migrantinnen und Migranten sind aber auch eines der Herzstücke der urbanen Kultur und des lokalen Wirtschaftslebens in Bremen. Sie tragen zu dem kulturellen Gesamtbild unserer Stadt bei, auf das das weltoffene Bremen mit Recht so stolz ist. Sie tragen auch zur Versorgung und Lebensqualität aller Menschen in den Stadtteilen ganz wesentlich bei. Ich habe manchmal das Gefühl, dass diese Tatsache nur dann politische Wertschätzung erfährt, wenn es gar nicht mehr anders geht. Es ist an der Zeit, solche Entwick––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
lungen anzuerkennen und dem auch dann Rechnung zu tragen, wenn die Migrantinnen und Migranten Hilfe benötigen wie jetzt.
Für die Grünen war der Kampf um ein gerechtes Bleiberecht immer auch an sozialpolitische Erwägungen gekoppelt. Wir haben 2007 bereits gesagt, dass sich die Große Koalition der Bundesregierung einer Regelung rühmt, die im Kern unmenschlich ist. Die Auflage, bis Ende Dezember 2009 eine Arbeit gefunden zu haben, mit Ausnahme von Kranken, Alten und Kindern, heißt im schlimmsten Fall, abgeschoben zu werden. Unsere Kritik bewahrheitet sich jetzt, deshalb plädieren wir für ein Umdenken. Für nur Geduldete wird es immer problematisch sein, eine Erwerbstätigkeit zu finden, da sie von Arbeitgebern nicht gleichrangig behandelt werden. Die Gefahr der Ausbeutung am Arbeitsplatz ist hoch. Zudem ist die Erwartung, dieser Personenkreis könne mehrheitlich ein Einkommen realisieren, das den Lebensunterhalt sichert, unrealistisch. Menschlich konsequent sein heißt, das Aufenthaltsrecht muss langjährig Geduldeten zustehen, auch wenn sie nicht arbeiten können oder Arbeit finden können.
Der Wortbaustein „Leben“ hängt sprachgeschichtlich mit Bleibe zusammen, eine Bleibe haben heißt leben können. So gesehen heißt Bleiberecht eigentlich Lebensrecht. Setzen wir uns dafür ein, dass die Bleiberechtsregelung zu einer Lebensrechtregelung wird, mit der Betonung auf bleiben können! – Ich bedanke mich herzlich!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Umweltschutz ist ein klassisches, gesellschaftliches Handlungsfeld, in dem alle an einem Strang ziehen müssen, um erfolgreich zu sein. Das ist mittlerweile nicht mehr nur die Meinung der Grünen, sondern eine weltweite Erkenntnis. Das heißt aber auch, dass der Umweltschutz alle betrifft, alt und jung, reich und arm und eben auch die Bevölkerungsgruppe der Migrantinnen und Migranten.
Es hat im Vorfeld der heutigen Debatte die Befürchtung gegeben, die Definition der Migrantinnen und Migranten als besondere umweltpolitische Zielgruppe berge eine diskriminierende, gar rassistische Dimension. Aber das ist nicht so, im Gegenteil, es bedeutet, dass wir die Migrantinnen und Migranten ernst nehmen. Wir nehmen sie bei ihrem Anspruch ernst, sich als vollwertige Mitglieder dieser Gesellschaft zu integrieren. Auch das Umweltverhalten ist ein Aspekt der Integration.
Bislang gibt es kaum Erkenntnisse über das Umweltbewusstsein der Migrantinnen und Migranten. Es gibt lediglich die allgemeine Beobachtung, dass ihr Bewusstsein hinsichtlich des Zusammenhanges zwischen Umweltschutz und Konsumverhalten geringer ist. Wenn ich persönlich auch nicht restlos davon überzeugt bin, dass das Umweltbewusstsein in der Gesamtbevölkerung wirklich sehr viel ausgeprägter ist als bei den Zuwanderern, erfordern diese dennoch besondere Ansätze. Sicherlich ist beispielsweise die Information über den Klimawandel und seine negativen Folgen in der Mehrheit der Bevölkerung stärker präsent. Darauf deutet schon die Sprachproblematik hin, die uns auch in anderen Zusammenhängen beschäftigt. Auch bei anderen Fragen wie Energieverbrauch, Schadstoffentsorgung oder Emissionsvermeidung geht es in erster Linie immer um Informationen, die verbal oder schriftlich in der Mehrheitssprache vermittelt werden. Erst wenn mir die konkrete Information zugänglich und damit auch verständlich ist, kann ich mir überlegen, welche Konsequenzen sich daraus für mich ergeben. Wie in vielen Bereichen der Integrationspolitik müssen wir uns deshalb auch bei diesem Thema mit zweierlei Dingen befassen, den Strukturen und dem Bewusstsein.
Ein großer Teil des Ressourcenverbrauchs erfolgt in den privaten Haushalten, hier können wir ansetzen, um für Möglichkeiten des schonenden Verbrauchs und den damit verbundenen Einsparungen zu werben. Es muss aber auch die Arbeit am Bewusstsein dazu kommen, und deshalb müssen wir uns Ge
danken darüber machen, wie wir diese Menschen im Bundesland Bremen mit unserem Anliegen erreichen. Die Vorraussetzungen dafür, das wissen wir, sind bei den verschiedenen Bevölkerungsgruppen sehr unterschiedlich. Es gilt, die Menschen mitzunehmen, sie dort abzuholen, wo sie mit ihrem Bewusstseinsstand sind.
Die spannende Frage, die sich hier stellt, ist doch, ob wir den Stand des Umweltbewusstseins bei Migrantinnen und Migranten tatsächlich kennen und richtig einschätzen oder ob wir mit der allgemeinen Annahme falsch liegen, dass Umweltschutz bislang keine Rolle bei Migranten spielt. Es muss der Dialog mit Umwelt- und Sozialverbänden, mit Führungspersonen aus den Migrantenorganisationen und auch mit der Wissenschaft aufgenommen werden, um den Bewusstseinsstand dieser Zielgruppe zu erarbeiten. Daraus ergibt sich, mit welchen Maßnahmen es möglich ist, diesen Ist-Zustand zu verbessern.
Bei dem Versuch, Migranten mit guten Argumenten für dieses Thema zu gewinnen, stoßen wir einmal mehr auf das Sprachproblem. Ob in der Gesundheitsversorgung, in der Schule, im Zugang zum Arbeitsmarkt oder jetzt auch hier in der Umweltkommunikation, überall tritt uns die Sprachbarriere als Problem entgegen. Deshalb muss an die Stelle von punktuellen Lösungsansätzen zunehmend eine Gesamtstrategie treten. Aufklärende Maßnahmen, wie sie etwa in mehrsprachigen Informationsmaterialien zu sehen sind, müssen mit der Aktivierung der Selbsthilfe, also dem Motivieren zum aktiven Spracherwerb, einhergehen. Daneben ist es genau so wichtig, die nicht schriftlichen Informationsmöglichkeiten zu nutzen. In den Stadtteilen und insbesondere in Zusammenarbeit mit Kulturvereinen, mit Moscheen und anderen Einrichtungen der Migranten lassen sich auch Informationen über Veranstaltungen an den Mann und an die Frau bringen.
Das Umweltbewusstsein hängt aber nicht nur von der Sprache ab, sondern wir wissen, dass ein umweltbewusstes Verhalten unter anderem sehr viel mit dem Bildungsniveau und mit der Kultur der Menschen zu tun hat. Studien, die sich vornehmlich mit der Mehrheitsbevölkerung befasst haben, ergeben, dass Kinder in den letzten Jahrzehnten eine große Rolle in der Umweltkommunikation auch mit Erwachsenen gespielt haben. Dieser indirekte Lerneffekt lässt sich auch in Migrantenfamilien aktivieren. Wir sollten deshalb der Umwelterziehung der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund mehr Aufmerksamkeit schenken.
Bei der konkreten Frage, wie in Zukunft das Umweltbewusstsein gestärkt werden kann, fällt den zivilgesellschaftlichen Strukturen, die im Umweltbe
reich aktiv sind, eine zentrale Aufgabe zu: Sind eigentlich Migrantinnen und Migranten in ihren Reihen nennenswert vertreten? Werben sie aktiv um das Engagement von Migrantinnen und Migranten, insbesondere von Kindern und Jugendlichen? Diese Fragen wären unter der Rubrik interkulturelle Öffnung der Umweltinitiativen zu beantworten und zu berücksichtigen.
Ich möchte an dieser Stelle einige Vorschläge für zukünftige Maßnahmen benennen. Generelles Ziel ist die Abdeckung eines hohen Aufklärungsbedarfes beim Umweltbewusstsein unter Migrantinnen und Migranten. Ferner ist es notwendig, ihre Partizipation an Aktivitäten für den Umwelt- und Klimaschutz zu verstärken. Im umweltbezogenen Engagement im sozialen Umfeld soll sich eine stärkere Mitverantwortung für die Gesellschaft abbilden. In der persönlichen Lebensführung soll es als wichtiger Beitrag zur eigenen Gesundheit realisiert werden. Das Verhalten im Sinne von Umwelt- und Klimaschutz soll als Beitrag sowohl zur Integration als auch für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft Wertschätzung erfahren. Um diese Ziele zu erreichen, muss man meines Erachtens die Themenbereiche Migranten und Umwelt auf eine institutionelle Grundlage stellen.
Es gibt erste Ansätze der Kooperation zwischen Umweltverbänden und Migrantenorganisationen. Ich möchte ein Beispiel aus Berlin nennen, dort gibt es seit einiger Zeit die Gruppe Yesil Cember als türkische Abteilung des BUND. So etwas wäre auch für unser Bundesland denkbar. Gegenwärtig wird dort an einer zweisprachigen Webseite gearbeitet. Seit 2008 gibt es einen türkischen Umwelttag.
Ein wichtiges Ziel ist auch die Vernetzung. Wir können sowohl die Entwicklung der Kontakte und Foren zwischen Akteuren und Multiplikatoren in den Schulen als auch zwischen den sozialen Einrichtungen in den Stadtteilen und Communitys fördern.
Als Letztes möchte ich die Mitwirkung der Migranteneinrichtungen bei diesen Ansätzen ansprechen. Man sollte dabei auch keine Scheu haben, die religiösen Einrichtungen anzusprechen. Alle Weltreligionen haben Schöpfungskonzepte, und bei ihnen allen, wenn auch in unterschiedlichen Formen, hat der Schutz der Schöpfung und der verantwortliche Umgang mit ihr einen hohen Stellenwert. Ein sehr gutes Beispiel für den Erfolg solcher Ansätze ist das hervorragende Engagement eine Bremer Moschee bei Umweltaktivitäten wie der Kampagne „Bremen räumt auf“. Hier muss und kann an ein staatliches und zivilgesellschaftliches Handeln angeknüpft werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wegen der Bedeutung des Themas für Bildung, für Integration, für alle diese Bereiche hatte ich das Bedürfnis, doch einige Worte aus der Perspektive der Integration an Sie trotz kurzer Zeit und Überziehung der Vormittagssitzung zu richten.
Einige von Ihnen haben vielleicht den Eindruck, hier geht es um den üblichen Multikultiansatz, so ist das nicht. Im Bildungswesen steht mehr auf dem Spiel. Meine Damen und Herren, wenn ich Sie frage, ob die Kinder unsere Zukunft sind, wären Sie, glaube ich, alle damit einverstanden. Aber auch die Kinder mit Migrationshintergrund sind unsere Zukunft.
Ich meine – ganz wörtlich – die Zukunft für uns alle.
Wir stehen vor der Frage, ob wir die Herausbildung von Werten und die Aneignung von Einstellungen dem Wildwuchs überlassen oder ob wir Kinder und Jugendliche unterschiedlicher kultureller Prägung in eine Gesellschaft hineinholen wollen, die von Demokratie, Pluralität und Chancengleichheit, aber auch Chancengleichheit der Geschlechter lebt. Diese Kinder und Jugendlichen brauchen, mehrmals wurde das gesagt, Rollenvorbilder. Sie brauchen Pädagogen, die ihnen glaubhaft vorleben, dass die menschliche Gesellschaft eben nicht so homogen ist, die ihnen den Weg zu weiteren Horizonten einer pluralen Weltsicht ebnen. Das können zwar die qualifizierten einheimischen Lehrkräfte genauso gut wie die qualifizierten Migrantinnen und Migranten. Die jungen Menschen, die Kinder mit Migrationshintergrund müssen aber ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
die Realität gesellschaftlicher Vielfalt schon in der Schule als positiv erleben.
Deshalb brauchen wir mehr Pädagogen mit Migrationshintergrund. Wir brauchen diese Pädagogen in Lehramtsberufen und sozialen Berufen und nicht nur wegen des Ideals der Chancengleichheit, meine Damen und Herren. Wir brauchen sie in der Schule und in der Ausbildung, damit wir diese Jugendlichen mehr integrieren, in eine Gesellschaft zurückholen können, wo sie ja schon auf dem Weg ins Abseits sind. Deshalb ist die Frage, warum so wenig Studierende aus Migrantenfamilien ein pädagogisches Studium wählen, sehr wichtig. Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Lehrkräfte mit Migrationshintergrund durch ihre große Glaubwürdigkeit nach beiden Seiten vermittelnd wirken.
Auch in der Elternarbeit können Lehrkräfte und Sozialpädagogen mit Migrationshintergrund zwischen Lehrer- und Elternschaft wertvolle Brücken bauen.
Meine Damen und Herren, in den meisten Fällen entscheidet heute bei der Berufswahl der jungen Menschen die Frage, welchen Weg sie einschlagen, ob er ihnen langfristig den Lebensunterhalt sichert. Deshalb sollten wir nach Wegen suchen, die ihnen die Entscheidung für das Lehramtsstudium leichter macht, als es bisher der Fall ist. Dies macht das Land Bremen auch, hier wurden ja einige Projekte aus der Senatsantwort genannt, aber ich möchte gern auf unser erfolgreiches Projekt im Polizeidienst in Bremen eingehen, das ja ein gutes Beispiel dafür ist, mehr Migranten in den Polizeidienst zu bringen. Solch einen Ansatz brauchen wir meiner Ansicht nach auch im Bereich des Lehramts und der pädagogischen Fachrichtungen.
Wenn Sie schon einmal in Asien oder Afrika gewesen sind, meine Damen und Herren, und in der Schule Erfahrungen gesammelt haben, dann werden Sie gesehen haben, mit welchem Bildungshunger die Kinder dort in die Schule gehen. Sie wollen vorankommen. Sie wissen, Ihre einzige Chance, die sie haben, um sich aus den sozialen Problemen herauszuholen, ist Bildung. Ist das der Grund, warum manche Migrantenkinder auch zum Beispiel in Deutschland so weit kommen und es so weit bringen?
Es gibt so viele Untersuchungen, PISA, vor zwei Wochen die Berliner Studie zur Integration der Migranten und so weiter, die aufzeigen, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen hier und da nichts können, keine Bildungschancen haben. Es wird in diesen Studien gezeigt, wo es nicht klappt. Vielleicht sollten wir aber einmal aufzeigen beziehungsweise un
tersuchen, warum es manche Kinder schaffen, und vielleicht zeigen, wo es klappt,
mit positiven Fragestellungen die Situation zu untersuchen, und dann werden wir erfahren, was zu tun ist, damit die Migranten mehr Chancen zum Studieren haben und schließlich als Lehrkraft einen Arbeitsplatz bekommen! – Vielen herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema der Kettenduldungen ist für uns in Bremen nach wie vor ein zentrales Thema. Es ist aber auch kein einfaches, denn wir befinden uns in einem Spannungsverhältnis zwischen dem, was zwölf Jahre lang durch den damaligen CDU-Innensenator bewusst gelenkt wurde, und dem derzeitigen Stand, die Reduzierung dieser Aufenthaltstitel vorzunehmen. Aus unserem Gutachten, welches die grüne Fraktion im Jahr 2006 herausgegeben hat, geht eindeutig hervor, dass es damals politisch gewollt war, Personen über Jahre in der Duldung zu halten, die Aufenthaltserlaubnisse nur für einzelne Wochen zu verlängern, anstatt Familien aus Bürgerkriegsregionen die ständige Angst vor Abschiebungen zu nehmen und ihnen eine Zukunftsperspektive zu bieten. Rot-Grün hat sich zur Aufgabe gemacht, meine Damen und Herren, genau dies zu ändern!
Wie aus der Antwort des Senats hervorgeht, konnten bis zum Stichtag am 30. September 2008 – wir haben auch inzwischen aktuelle Zahlen, dafür bedanke ich mich bei dem Innenressort – etwa 712 Menschen ihre sogenannten Kettenduldungen in Aufenthaltserlaubnisse umwandeln. Ein Teil dieser Erlaubnisse wurde nach der Bleiberechtsregelung der Innenminister, ein weiterer Teil nach der Altfallregelung erteilt, wobei die Bremer Erlasse in der Praxis der Ausländerbehörde ermöglichen, Ermessensspielräume bei der Einzelüberprüfung zu nutzen. Zudem liegen aktuell 191 Anträge vor, die noch nicht entschieden sind, dort hoffen wir ebenfalls auf eine positive Entscheidung. So sind es insgesamt circa 1000 Menschen, die von der genannten Regelung profitiert haben oder noch profitieren werden. In keinem der zurückliegenden Jahre, das möchte ich gern betonen, gelang dies in diesem hohen Umfang, Duldungen in Aufenthaltserlaubnisse umzuwandeln. Wir begrüßen das als Fraktion sehr!
Dennoch können wir uns auf diesen Ergebnissen nicht ausruhen. Wir müssen die 700 Personen zur Anzahl der Menschen ins Verhältnis setzen, die heute noch mit einer Duldung in Bremen leben. Aktuell sind dies 2451 Personen. Wir wollen diese Anzahl weiterhin reduzieren, dazu gehört natürlich ein ordentliches Verfahren, das denjenigen, die vor allem von Passlosigkeit betroffen sind, gerecht wird. 60 Prozent der Geduldeten in Bremen, meine Damen und Herren, bleiben gegenwärtig in diesem Status, im Status der Duldung, weil ihnen die Papiere fehlen.
Das scheint mir ein unvertretbar hoher Anteil, der sich offenbar zum Teil daraus erklärt, dass die zuständigen Dienststellen nicht flexibel genug sind. Wir haben Kenntnis von Fällen, in denen sich Bremer Behörden dagegen sperren, Passersatzpapiere auszustellen. Damit nehmen sie den Betroffenen die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung zu bekommen. In diesen Fällen ist es entweder unmöglich, aus den Herkunftsländern einen Pass zu bekommen, oder es liegen andere Gründe vor. Aber wenn die Betroffenen sich darum bemühen und es auch nachweisen können, dann kann es doch keinen Grund geben, ihnen die Ausstellung eines in Deutschland lebensnotwendigen Papiers zu verwehren. Selbst bei Jugendlichen, die gut in Schulen, in Gymnasien, in Ausbildung sind, integrierte Migranten, ist es manchmal der Fall, dass es einzig und allein an der fehlenden Bereitschaft der Behörde scheitert, tätig zu werden. In diesen Fällen kommt es mir so vor, als sei ein wesentlicher Faktor nicht etwa eine gesetzliche Bestimmung oder die starre Rechtslage, sondern woran es hier fehlt, ist die gegenüber zu früher veränderte Einstellung im Ermessensspielraum. Zugegeben, jahrelang haben die Verwaltungen in erster Linie im Sinne der möglichst zügigen Beendigung des Aufenthalts gehandelt. Dem einen oder anderen fällt es vielleicht heute schwer, flexibler oder eher im Sinne der Betroffenen zu entscheiden.
Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zum Schluss! Wir müssen alles tun, damit die zuständigen Stellen unseren Paradigmenwechsel durch Rot-Grün übernehmen, damit die Verwaltung das mitmacht und damit die integrationspolitische Zielsetzung, die ja auch in diesem Hohen Haus immer wieder bekräftigt wird, nicht durch Unkenntnis oder Unwillen konterkariert wird. Meine Damen und Herren, Kettenduldungen machen Menschen unfrei. In dieser Freiheit und in dieser Demokratie, in der wir gern leben, müssen wir diese Freiheit bewahren, aber auch weitertragen und sie auch mit den anderen ein Stück teilen. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen danke ich dem Senat für den vorliegenden Bericht. Er ist das Ergebnis unseres Antrags, den wir hier im Januar 2008 beschlossen haben. Der Bericht ist eine erste Bestandsaufnahme, und ich kann schon jetzt verraten, er wird nicht der letzte Bericht sein. Unser Ziel ist es, das Potenzial von Unternehmerinnen und Unternehmern mit Migrationshintergrund gezielt zu stärken, mit zielgruppenspezifischen Angeboten zu unterfüttern und damit für uns als Wirtschaftsfaktor dauerhaft zu gewinnen. Der Bericht ist ein erster Beitrag dazu.
Besonders erfreulich ist aus meiner Sicht, dass sich die Schlussfolgerungen des Berichts bereits im Kern im strukturpolitischen Konzept zur Neuausrichtung der bremischen Wirtschaftspolitik, die wir gestern debattiert haben, wiederfinden. Dort heißt es – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: „eine geziel––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
te Ansprache durch spezifische Beratungsangebote erfolgen soll, dafür sollen weiter verbesserte Zugänge zu den Programmen der Wirtschaftsförderung als auch Qualifizierungsseminare für kleine Unternehmen oder Qualifizierungsmaßnahmen für Unternehmensgründungen geschaffen werden“. Genau diese Erkenntnis unterstreicht unser Anliegen, bei den Einrichtungen der Wirtschaftsförderung den Ansatz der interkulturellen Öffnung zukünftig noch stärker mit ins Spiel zu bringen. Dazu gehört, dass wir uns nicht damit zufriedengeben, ob und in welchem Prozentsatz Beratungsangebote wahrgenommen wurden, sondern inwieweit sie erfolgreich waren und natürlich ebenso, welche besonderen Probleme dabei auftraten, sodass möglicherweise nach spezifischen kultursensiblen Lösungen gesucht werden kann.
Meine Damen und Herren, besondere Bedeutung hat dabei für uns die Begleitung und Beratung während der Konsolidierungs- und Wachstumsphase der migrantischen Unternehmen. Diese Phase ist entscheidend für das Bestehen in der Branche und entscheidend für die Selbstständigkeit insgesamt. Um zu wissen, wie die Beratungsangebote angenommen werden und welche Erfolge sie haben, reicht die bestehende Datenlage nicht aus. Das heißt, auch hier, wie in anderen Bereichen, brauchen wir eine bessere, differenzierte Statistik und zusätzliche qualitative Befragungen und Analysen, um zu weiterführenden Antworten zu gelangen.
Für die Wirtschaftskultur stellen die selbstständigen Migrantinnen und Migranten eine Bereicherung dar. Vielfalt – diversity – wird zunehmend auch in der Wirtschaft als Chance und Ressource begriffen. Durch Vielfalt erweitern sich die Horizonte der Wirtschaftskultur. Gerade in diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass diese Aspekte immer ein tragendes Element der bremischen Tradition als Stadtrepublik, als Hansestadt gewesen sind. Im Sinne dieser Tradition gilt es, den demografischen Wandel, der sich ja auch in Handel und Wirtschaft, ja selbst in den Strukturen, in Bremen bemerkbar macht, positiv aufzugreifen und für unsere gemeinsame Zukunft und Entwicklung zu nutzen.
In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass der Senat letzte Woche mit der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt, die ja durch Bürgermeister Böhrnsen, Frau Bürgermeisterin Linnert und Frau Senatorin Rosenkötter geschehen ist, ein wichtiges Signal für die Vielfalt gesetzt hat. Wir hoffen weiterhin auf entsprechende Schritte für die Umsetzung.