Martin Häusling

Sitzungen

18/3 18/6 18/10 18/12 18/18

Letzte Beiträge

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst der FDP-Fraktion recht herzlich danken, dass sie mir noch einmal Gelegenheit gibt, hier eine Rede zu halten.
In der Tat hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Karlsruher Urteil eine entscheidende Weichenstellung für Europa vorgenommen. Lieber Willy van Ooyen, Sie haben es aber nicht so ganz verstanden.
Die Klage der seltsamen Koalition aus Peter Gauweiler und Oskar Lafontaine ist nämlich ganz eindeutig abgelehnt worden.
Der Lissabon-Vertrag wird in Zukunft Grundlage der Europäischen Union sein. Das ist gut so, weil er Demokratiedefizite in Europa aufhebt und eine Grundlage für eine Organisation mit 27 Mitgliedstaaten bietet. Ohne ihn würde das nicht funktionieren.Wenn die Karlsruher Richter Herrn Gauweiler und Oskar Lafontaine gefolgt wären, dann wäre die Europäische Union von einem der Kernstaaten in Europa, nämlich Deutschland, heraus implodiert. Das hätte katastrophale Folgen für den europäischen Einigungsprozess gehabt.Deshalb war das ein guter Tag für Europa und ein guter Tag für alle demokratischen Kräfte in diesem Land.
Das Urteil des Verfassungsgerichts hat wirklich Maßstäbe gesetzt, und zwar dahin gehend, dass die Rollenverteilung zwischen dem Europaparlament,der europäischen Ebene und der Bundesrepublik Deutschland neu bestimmt wird. Es ist ganz klar gesagt worden – auch das haben Sie eben falsch gesagt, Herr Kollege van Ooyen –, dass nach wie vor der Bundestag über alle Auslandseinsätze der Bundeswehr entscheidet. Die Europäische Union kann diese Entscheidung nicht vorwegnehmen. Außerdem ist Europa in keiner Hinsicht ein Projekt der militärischen Aufrüstung.
Das haben Sie im ganzen Wahlkampf erzählt. Sie haben dafür nicht unbedingt wahnsinnig viele Stimmen eingesammelt. Das ist schlicht und ergreifend Unsinn. Unsinn
ist auch, zu behaupten, dass die nationale Souveränität durch den Verfassungsvertrag gefährdet werde.
Dass die Ebenen klar getrennt werden und dass das Verfassungsgericht den Bundestag zum Nachsitzen in der Sommerpause verdonnert hat, ist eigentlich ein Zeichen dafür – die „Zeit“ hat es mit „Mehr Volk wagen“ überschrieben –, dass sich die Parlamente auf allen Ebenen intensiver mit dem Thema Europa beschäftigen müssen. Die Herausforderung Europa kann man nicht mehr an Regierungschefs delegieren und sagen: „Entscheidet ihr, nachher nicken wir das im Bundestag und in den Landesparlamenten ab“, sondern der Bundestag und die Länderparlamente müssen ihren Teil an Verantwortung überund wahrnehmen. Europa muss ein Stück gelebte Demokratie auch in den Parlamenten werden. Machen wir uns nichts vor – das sage ich ganz selbstkritisch, auch als Abgeordneter, der im Europaausschuss saß und sitzt –: Das Thema Europa ist nicht immer Kernpunkt der Auseinandersetzungen in den Landtagen und im Bundestag, es ist eher ein Thema, das man so „mitmacht“.
Das wird in Zukunft nicht mehr so sein können; denn keine Regierung und kein Parlament kann sich mehr hinstellen, mit dem Finger nach Brüssel zeigen und sagen: Was habt ihr da wieder verbrochen? – Es zeigen nämlich drei Finger auf den Fragenden, wenn man sich vorher nicht intensiv genug mit den Problemen beschäftigt und ganz klar gesagt hat:Wir stehen in der Verantwortung, wir müssen uns mit sämtlichen Regeln in Europa beschäftigen, wir müssen den Rahmen der Möglichkeiten der nationalen Parlamente abstecken.
Der europäische Einigungsprozess ist ohne Alternative. Das hat auch das Verfassungsgericht ganz klar gesagt. Das Grundgesetz war von Anfang an europafreundlich gestaltet und wird auch weiterhin so interpretiert. Das ist eine klare Absage an alle die, die das Urteil jetzt so uminterpretieren wollen, als könnten alle Länder, die im Kern gegen Europa sind, regelmäßig ihr Veto einlegen. Das, was jetzt aus Bayern, von Teilen der CSU zu hören ist, dass in der EU jetzt nichts mehr passieren könne, ohne dass der Bayerische Landtag oder die CSU-Fraktion das abnickt, darf und wird nicht passieren. Es ist kein Hemmschuh dadurch aufgestellt worden, dass sich die nationalen Parlamente jetzt intensiver mit Europa beschäftigen müssen, sondern es gibt eine Verpflichtung der nationalen Parlamente, das zu tun. Das muss auch so gewertet werden.
Eines muss ich ganz klar sagen:Es geht darum,dass die legislativen Ebenen in Europa, das Europaparlament, der Bundestag und die Länderparlamente,nicht in einen Konkurrenzkampf darum eintreten müssen, wer mehr zu sagen hat, wer die Richtung vorgibt. Nein, Europa geht nur im Konsens, und alle Parlamente müssen die Weichen für Europa gemeinsam stellen. Das ist die Kernaufgabe.Auch dieser Landtag muss und darf die Europapolitik in Zukunft mitgestalten. Das ist eine interessante Aufgabe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde demnächst auf einer anderen Ebene, nämlich auf der Ebene der Europäischen Union, tätig sein.
Ja, eine fünfminütige Rede ist im Europäischen Parlament schon eine lange Rede, die den Fraktionsvorsitzenden vorbehalten ist. Die meisten Reden dauern nur zwei
oder drei Minuten. Das heißt aber nicht, dass man im Europäischen Parlament nicht viel sagen kann; denn es findet wesentlich mehr Arbeit in den Ausschüssen statt. Im Europäischen Parlament – das habe ich in der kurzen Zeit schon mitbekommen – herrscht eine offene Debattenkultur, und es gibt mehr Zusammenarbeit, auch über die Parteigrenzen hinweg.
Von einer solchen offenen Atmosphäre, wie sie im Europäischen Parlament herrscht, könnte auch der Hessische Landtag profitieren.
Ich darf mich mit dieser Rede vom Hessischen Landtag verabschieden. Ich darf mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich in den letzten Jahren zusammenarbeiten durfte, recht herzlich für diese Zusammenarbeit bedanken. Es waren oftmals harte Debatten, aber ich glaube, wir waren letztendlich immer fair zueinander, und der Inhalt stand im Mittelpunkt der Auseinandersetzung.
Ich werde mich in Brüssel natürlich auch für Hessen einsetzen.Das sage ich ganz klar.Ich bin gesprächsbereit und für alle Seiten ansprechbar. Demnächst werde ich mein Büro in Wiesbaden eröffnen.Auch dort bin ich für alle ansprechbar. Natürlich biete ich auch der Landesregierung eine Zusammenarbeit in vielen Fragen der Europapolitik an. Ich wünsche Ihnen einen guten Verlauf der weiteren Plenarrunde. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heinrich Heidel hat viel über faire Preise gesagt. Aber er hat nichts zur politischen Verantwortlichkeit gesagt.
Das ist sehr wohl ein politisches Problem und nicht ein Problem des Verbrauchers.
Da heute viele Kollegen hier sind, möchte ich es nicht versäumen, unsere Solidarität für die Bäuerinnen zum Ausdruck zu bringen, die jetzt vor dem Bundeskanzleramt in Berlin stehen und nicht empfangen werden. Seit gestern sind einige Bäuerinnen in den Hungerstreik getreten, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Bundeskanzlerin empfängt sie nicht. Das ist ein Skandal.
Es ist genauso ein Skandal,dass man auch die Bäuerinnen in Hessen vor der Staatskanzlei im Regen hat stehen lassen und nur den Staatssekretär geschickt hat. Nicht, dass ich die Person des Staatssekretärs nicht würdigen würde. Aber Sie müssen das politische Thema ernst nehmen. Sie machen das nicht. Das fordern wir von Ihnen ein.
Wir haben eine Krise,die in der Landwirtschaft und in der Milchwirtschaft ihresgleichen sucht. Ein Drittel der hessischen Milcherzeugungsbetriebe wird bei den Preisen das kommende Jahr nicht erleben. Frau Lautenschläger, deshalb verlangen wir von Ihnen, dass Sie sich nicht nur demonstrativ mit dem Bauernpräsidenten und der deutschen Milchkönigin draußen hinstellen und ein Schlückchen Milch trinken, sondern handeln Sie endlich politisch in dem Sinne,dass Sie der Doktrin abschwören,die seit einigen Jahren in der deutschen und in der europäischen Landwirtschaft gilt:dass Sie die Landwirtschaft dem Weltmarkt preisgeben, dass Sie die Milchmengenregulierungssysteme auflösen. Damit haben Sie die Situation herbeigeführt, die wir jetzt haben: Übermengen am Markt. – Aldi nutzt das aus.Das ist aber kein Problem von Aldi,das ist ein politisches Problem.
Setzen Sie sich ernsthaft mit den Argumenten des Milchbauernverbandes BDM auseinander und prüfen Sie,ob es nicht politische Möglichkeiten gibt, wenn Sie und der Ministerpräsident sich an die Spitze dieser politischen Forderungen stellen würden.
Ich erinnere mich noch gut daran: Sie haben hier doch vor zwei Jahren ganz energisch für den hessischen Apfelwein
gekämpft. Da haben Sie sich so ins Zeug geschmissen. Da hat der Ministerpräsident zwei Tage später bei der Agrarkommissarin angerufen. Da haben Sie einen Krisengipfel einberufen. – Was ist jetzt bei der Milch? Gar nichts machen Sie, überhaupt nichts, sondern nur lamentieren.
Frau Lautenschläger, oder hat der Ministerpräsident schon zum Hörer gegriffen? – Ich glaube nicht.
Ich glaube,Sie sollten sich intensiv dafür einsetzen,dass es auch in Hessen einen Milchkrisengipfel gibt, dass das Thema auf die Tagesordnung kommt und dass Nachfrage und Angebot auf dem Markt ins Gleichgewicht kommen. Wir müssen sehen, dass die Übermengen, die am Markt sind, heruntergenommen werden. Die politische Forderung ist ganz klar.
Die Marktliberalen weisen uns in der Landwirtschaft seit Jahren den Weg in Richtung: „Ihr müsst für den Weltmarkt produzieren“. Wir sehen jetzt das Ergebnis. Diese Weltmarktpreise werden die Bauern in Hessen in den ländlichen Regionen an den Rand der Existenz führen. Wir in Europa, wir in Deutschland brauchen Marktregulierungssysteme, die allen Landwirten, gerade in den benachteiligten Regionen, das Einkommen sichern.
Frau Ministerin, wir unterstützen Sie, wenn Sie sagen:Wir wollen die Mittel für die benachteiligten Regionen erhöhen. – Da sind wir völlig bei Ihnen.Wir haben auch beantragt, dafür im Haushalt mehr Mittel einzusetzen. Aber Sie vertagen das Problem ins nächste Jahr. Sie sagen: Wir wollen im nächsten Jahr etwas machen. – Dann kann es für viele Betriebe zu spät sein. Wir brauchen ein Notprogramm für diesen Augenblick.
Wir sollten uns nicht darauf vertrösten lassen, dass es im nächsten Jahr irgendwelche Lösungen gibt. Das werden viele Betriebe nicht mehr erleben.
Letzte Woche haben wir GRÜNE vor der Großhandelskette Aldi eine Aktion gemacht und haben Verbraucher aufgefordert, keine Billigmilch für 41 Cent zu kaufen. Das kann man unterschiedlich bewerten. Aber ich glaube, das hat schon zu einem Erfolg geführt. Gestern hat eine andere große Kette verkündet:Wir verkaufen Milch nicht zu den billigsten Preisen, sondern wir verkaufen sie zu fairen Preisen.
Es ist doch ein positiver Ansatz, wenn sich eine Handelskette entschließt: „Wir sind nicht die billigsten, sondern wir wollen faire Preise am Markt durchsetzen. Wir können das den Verbrauchern auch vermitteln.“ Nicht die Verbraucher sind das Problem. Die Verbraucher sind für diese Krise auch nicht verantwortlich. Aber die Verbraucher müssen an diesem Punkt ihre Marktmacht ausspielen.Es wäre gut,wenn es Nachfolgebeispiele geben würde und viele sagen würden: Nein, wir kaufen diese Billigmilch nicht.
Wir schneiden uns ins eigene Fleisch, wenn wir diese Billigangebote kaufen. Wir verlieren nicht nur die Bauern, wir verlieren auch einen Teil der Kulturlandschaft. Wir verlieren viele Arbeitsplätze im ländlichen Raum, die nie wiederkommen werden. Deshalb ist an diesem Punkt auch der Verbraucher sehr wohl gefordert.
Die Bauern wissen mittlerweile sehr wohl, dass der Weg, der ihnen seit Jahren in die Politik der großen Betriebe gewiesen wird, des Wachsens oder Weichens, des sich immer mehr am Markt und am Weltmarkt Positionierens, nicht der Weg aus der Krise ist. Wir brauchen Antworten. Wir brauchen politische Verantwortung für die Landwirtschaft in diesem Land, die den Landwirten ganz klar und eindeutig eine Perspektive gibt.
Herr Präsident, ich habe die Milch jetzt nach unten gestellt. Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, dass da ausdrücklich draufsteht: „faire Milch“, und dass es für die Verbraucher Möglichkeiten gibt, dementsprechend zu handeln.
Frau Ministerin, ich bin gespannt, ob Sie jetzt Antworten haben, ob Sie sich an die Spitze der Bundesländer setzen und auch von der Bundeskanzlerin und der Bundeslandwirtschaftsministerin endlich eine Lösung aus der Krise fordern. Ich habe Sie bis jetzt in dieser Weise noch nicht vernommen. Sie sagen zwar immer, Sie sind Bauerntochter und kennen die Probleme vom Land. Aber das reicht nicht. Bis jetzt haben Sie an diesem Punkt immer Ihren Staatssekretär reden lassen. Bis jetzt haben Sie andere vorgeschickt, sich der Problematik anzunehmen.
Wir verlangen hier und heute von Ihnen, dass Sie sich des Problems bewusst sind, dass diese Regierung ihr politisches Gewicht nutzt, um im Bundesrat, um über den Bundestag zu erreichen, dass sich die europäische Milchmengenpolitik ändert, dass wir von dem Kurs der Marktliberalisierung wegkommen,dass wir zu neuen Ordnungssystemen auch im europäischen Markt kommen und dass wir den hessischen Landwirten endlich eine Perspektive geben. Das erwarten sie von uns. Sie erwarten nicht nur,
dass Sie sich demonstrativ mit Herrn Schneider,dem Bauernverbandspräsidenten, hinstellen und einen Schluck Milch trinken. Das ist nur eine PR-Maßnahme. Tun Sie endlich politisch etwas, und unterstützen Sie die Bauern. Kommen Sie vielleicht bei der nächsten Boykottaktion mit vor einen Aldi-Markt, dass wir gemeinsam handeln können. Sie müssen sich endlich von den Einflüsterungen des Bauernverbandes lösen. Denken Sie daran: Es gibt viele Bauern, die in eine andere Richtung politisch vertreten werden wollen.
Herr Präsident, nur noch einen Satz. – Ich glaube, unsere grünen Agrarpolitiker haben die Ansätze seit Jahren richtig vertreten. Wir wollen Bauernhöfe und keine Agrarfabriken. Wir wollen Milch vom Milchbauern und keinen Analogkäse aus Pflanzenöl. Wir wollen faire Preise statt Aldi-Dumping. Wir wollen Marktregulierung statt Exportförderung. In diesem Sinne bitte ich Sie, mit uns die Forderung der Milchbauern mitzutragen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anti-Gentechnikbewegung hat vor vier Wochen einen ihrer größten Erfolge erzielt, als Frau Aigner den Anbau von MON 810 verboten hat.
Es ist nicht diesen süßen kleinen Tierchen zu verdanken, der Larve des Zweipunktmarienkäfers,sondern es ist dem Widerstand einer Bürgerbewegung auf dem Land zu verdanken, dass Frau Aigner das Verbot ausgesprochen hat. Vor allem ist es der Europawahl und den damit zusammenhängenden Ereignissen in Bayern zu verdanken. Es hat nämlich eine bayerische CSU erkannt, dass gerade bayerische Bauern auf dem Land sehr rebellisch sind und sie sich überlegen musste, ob man eigentlich in Bayern langfristig gegen die Bevölkerung und die Landwirtschaft eine Gentechnikpolitik durchhalten kann, die offenbar keiner will. Frau Aigner musste das am Ende respektieren und umsetzen, weil eine Politik gegen die Verbraucher und gegen die Landwirtschaft am Ende nicht zum Erfolg führt.
Aber wir wollen ja nicht über Bayern reden, sondern wir wollen über Hessen reden. Dann stellt sich natürlich die Frage:Wie reagiert eigentlich Hessen, wie reagiert eigentlich Frau Lautenschläger,wie reagiert eigentlich diese Koalition auf das, was in Berlin passiert?
Da gibt es eine Ministerin, die sehr zaghaft vor die Presse tritt und sagt: Ja, wir unterstützen das Anbauverbot von Frau Ministerin Aigner, und es gibt gute Gründe, die dagegen sprechen, Gentechnik freizusetzen.
Es gibt eine Pressemitteilung der FDP-Fraktion, die laut und deutlich besagt: Das, was Frau Aigner macht, ist alles Unsinn. Wir waren schon immer für Gentechnik, und wir werden immer für Gentechnik bleiben.Gentechnik ist der Fortschritt. – Jetzt erwarte ich eigentlich Applaus von Ihnen. Das zeigt, wie zerrissen diese Landesregierung bei einer so wichtigen agrarpolitischen Entscheidung ist.
Nun wenden wir uns einmal dem zu, was diese Koalition als Antrag hier im Landtag zu dem Thema eingebracht hat. Wir lesen ganz genau, dass die grüne Gentechnik – bitte nehmen Sie das Wort „grüne“ Gentechnik heraus und sagen Sie stattdessen Agro-Gentechnik,denn wir sind nicht damit in Verbindung zu bringen – ein Vorteil wäre und genauso erfolgreich sein könnte wie die Gentechnik im roten oder im weißen Bereich.
Wo ist, bitte schön, die Stellungnahme von Frau Lautenschläger geblieben, die besagt, dass man sich kritisch gegenüber der Gentechnik aufstellt? Sie reden auch davon, dass Koexistenz möglich wäre, dass es also eine Gleichberechtigung zwischen Gentechnik, konventioneller Landwirtschaft und Ökolandwirtschaft gibt.
Sie sitzen damit der Lebenslüge der Gentechnik auf. Es wird keine Koexistenz geben können.Wenn die Gentechnik sich langfristig durchsetzt, wird der Ökolandbau verschwinden. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Das können Sie in vielen Ländern dieser Erde beobachten,wo Gentechnik in großem Maßstab angewandt wird, wie z. B.
in Kanada. Dort verschwindet der Ökolandbau.Wenn Sie das in Deutschland so haben wollen, dann müssen Sie das auch klar so formulieren.Mit dem Begriff Koexistenz lässt sich in Europa, in Deutschland und in Hessen nicht langfristig Politik machen. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.
Da sollten Sie auch innerhalb der Reihen der CDU schauen: Wo stehen Sie an dem Punkt? Frau Aigner verbietet an einem Tag den Anbau von Mais MON 810, zwei Wochen später erlaubt sie den Anbau von gentechnisch veränderten Kartoffeln. Frau Schavan, Forschungsministerin, sagt: Das war alles Unsinn.Wir sind doch eine Fortschrittspartei.Wir wollen die Gentechnik doch haben.
Jeder redet gerade, wie es ihm passt. Es ist nicht erkennbar, wohin Sie wollen. Herr Seehofer ruft Bayern zur gentechnikfreien Zone aus und will das auch in Berlin durchdrücken. Die CDU-Regierung im Saarland möchte das Saarland zur gentechnikfreien Zone machen. Dann gibt es in Ihrer Partei wieder genau die anderen Politiker, die Hardliner, die sagen Nein. Das hat man bei den Abstimmungen im Bundestag gesehen. Die Gentechnik ist für viele bei Ihnen nach wie vor ein Fortschritt.
Frau Lautenschläger, jetzt erklären Sie uns doch einmal: Wie ist die heutige Haltung der CDU zur Gentechnik? Oder stimmt das, was viele vermuten, dass Sie vor der Europawahl, vor der Bundestagswahl hier nur Spielchen machen, um den Leuten zu sagen: „Ja, wir sind eigentlich auch an eurer Seite“,und danach genau die Politik,die Sie vorher betrieben haben, mithilfe der FDP fortsetzen?
Meine Damen und Herren, nehmen Sie sich zum Vorbild, was Bayern jetzt an dem Punkt macht. Wir begrüßen den Erkenntnisgewinn, den die Bayerische Staatsregierung gewonnen hat. Es ist schon spannend, dass der Herr Seehofer,
der vor noch nicht allzu langer Zeit MON 810 überhaupt erst zugelassen hat, jetzt eine Rolle rückwärts macht und Bayern für gentechnikfrei erklärt.Wir erkennen den Fortschritt an. Man kann sich auch weiterentwickeln. Folgen Sie doch diesem Beispiel, und erklären Sie Hessen zur gentechnikfreien Zone. Diesen Schritt könnten Sie machen und sagen: Jawohl, wir nehmen die Chance eines gentechnikfreien Bundeslandes wahr und verkaufen dann unsere Produkte unter diesem Label in vielen anderen Regionen.– Das wäre Marktentwicklung für die hessische Landwirtschaft.
Wir fordern in unserem Antrag eine Kennzeichnungsregelung,die es ermöglicht,dass viele Produkte mit dem Label „ohne Gentechnik“ gekennzeichnet werden können. Wir haben in Hessen Molkereien, die damit sehr offensiv und auch erfolgreich am Markt arbeiten. Es ist also eine Riesenchance, ohne Gentechnik zu arbeiten. Es ist eine Riesenchance am Markt. Man sieht es auch an der Entwicklung des Ökolandbaus, der dem wirtschaftlichen Niedergang in vielen anderen Branchen trotzt, dass wir hier eine Chance haben. Nehmen Sie diese wirtschaftliche Chance für unser Bundesland wahr. Klären Sie innerhalb
der CDU Ihre unterschiedlichen Haltungen ab. Dann können wir vielleicht an dem Punkt gemeinsam daran arbeiten, dass wir Hessen zur gentechnikfreien Zone erklären. Frau Lautenschläger, ich bin gespannt, wie Sie Ihre Haltung hier erläutern.
Ihre Haltung zum Patent fand ich erstaunlich. Frau Lautenschläger, wir haben das auch begrüßt. Das ist eine Sache, wozu wir gesagt haben: Sie haben unsere volle Unterstützung, wenn Sie diese Linie weiter betreiben.Wenn Sie da einen Erkenntnisgewinn haben, erwarten wir von Ihnen aber jetzt, dass Sie diesen Erkenntnisgewinn auch in Ihrer Politik zum Thema Gentechnik einsetzen.
Sie müssten das jetzt eigentlich fortsetzten. Sie müssten auf die nächsten Ebenen gehen. Sie müssten im Bundestag dafür sorgen, dass auch Ihre eigene Partei diese Position einnimmt, und Sie müssten dafür sorgen, dass auf EU-Ebene das umgesetzt wird, was Sie hier vorgeschlagen haben. Dann sind wir an dem Punkt einer Meinung. Aber Sie müssten jetzt auch klarmachen, wie ernst Sie das eigentlich meinen und wie weit Sie es treiben wollen. Oder ist auch das nur der Tatsache geschuldet, dass Sie einen Punkt setzen wollten, den Sie gar nicht so ernst meinten? Auch das können Sie hier erläutern.
Wir wollen, dass Hessen gentechnikfrei bleibt.Wir wollen dafür sorgen, dass die hessische Landwirtschaft eine Chance bekommt. Es war dem Widerstand in Hessen, insbesondere den Bürgern in Niedermöllrich, zu verdanken
ich komme zum Schluss –, dass es hier keinen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen gibt. Wir haben in Hessen diesen Druck von unten gespürt. Wir haben in Hessen deshalb auch keinen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. Das soll auch weiterhin so bleiben. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen. – Vielen Dank.
Herr Kollege, ich gebe Ihnen an dem Punkt gerne ein bisschen Nachhilfeunterricht. Die Amflora beinhaltet heute noch einen Marker aus Antibiotika. Das ist ein ganz altes Verfahren. Wenn Sie die Amflora ausbringen, haben Sie sozusagen noch die Antibiotikaresistenz. Das ist das erste Risiko.
Das zweite Risiko ist, dass sich die Kartoffeln schlecht unterscheiden lassen. Sie können nicht erkennen, ob sie gentechnisch verändert sind oder nicht. Es gibt zugegebenermaßen keine Verbreitung mit dem Überflug. Das ist richtig. Aber Sie werden bei den Kartoffeln, die auf den Markt gebracht werden, nicht unterscheiden können, ob das eine Industriestärkekartoffel ist oder ob es eine Kartoffel ist, die für die Ernährung zur Verfügung steht.
Es gibt gute Gründe. Sie haben eben die europäische Genehmigungsbehörde genannt. Die europäische Genehmigungsbehörde ist sehr stark in der Kritik. Europa hat im Gegensatz zu unserer Bundesministerin bis jetzt noch keine Freisetzungsgenehmigung erteilt. Das Verfahren ist ja nicht ohne Grund seit Jahren nicht genehmigt, sondern es geht hier immer nur um einen Versuchsanbau, wenn auch in einer Größenordnung, wo wir uns fragen, ob 10 ha noch als Versuch zu bezeichnen sind. Aber es gibt gute Gründe gegen die Amflorakartoffel.
Liebe Kollegin, ich habe Ihre Rede aufmerksam verfolgt. Ich habe mich nur gefragt: Ist eigentlich von der Diskussion der letzten Monate irgendetwas bei Ihnen angekommen? Haben Sie irgendeine Position? Tragen Sie die Entscheidung von Frau Ministerin Aigner eigentlich mit, die aus Gründen einer nachvollziehbaren Belastung für die Umwelt den Anbau von MON 810 ausdrücklich untersagt hat? Nächste Frage: Diskutiert die CDU mit der CSU eigentlich noch über das Thema Gentechnik?
Ich habe immer gedacht, CDU und CSU seien eine Fraktionsgemeinschaft.Während Herr Seehofer an dem Punkt erstaunlicherweise doch ein bisschen weitergekommen ist, war Ihre Rede wirklich ein Rückfall in Zeiten, als Wilhelm Dietzel hier zum Anbauversuch von Monsanto gesagt hat:Die müssen mal den Nacken steif halten,die müssen das durchziehen. – Genau in dem Duktus reden Sie hier. Sie haben nichts dazugelernt.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hahn, Sie wollten heute den großen Funken für Europa zünden. Bei Ihrer Regierung hat es auch noch nicht so richtig gezündet, wenn ich die leeren Regierungsbänke sehe.
Wenn Sie darauf hinweisen, dass am 7. Juni Europawahl ist – so weit gehen die Gemeinsamkeiten –, finden wir es auch gut.Wir sind uns in noch einem Punkt einig.Wir müssen allen klarmachen, dass wir gemeinsame Ansätze in Europa brauchen, dass wir nur gemeinsam die weltweite Wirtschaftskrise lösen können, aber auch – davon haben Sie überhaupt nicht geredet –,dass Europa Antworten auf die Herausforderungen des Klimawandels geben muss. In Ihrer Rede ist überhaupt nicht vorgekommen, dass Europa Antworten im sozialen Bereich geben muss. Dazu wollen wir doch etwas beitragen.
Wir sehen mit Sorge, dass es in Deutschland durchaus Tendenzen gibt, das Heil wieder in nationalen Antworten zu suchen – ich schaue ein bisschen nach links. Das lehnen wir ab. Es kann nur gemeinsame europäische Antworten geben.
Herr Hahn, zu Ihrer Rede. Das hat weitgehend an einen kleinen Volkshochschulkurs erinnert: Wir lernen etwas über Europa.Wie viele Europaabgeordnete sitzen im Parlament? – Das alles können Sie jetzt beantworten. Aber ich hätte ganz gerne einmal gewusst, wo diese Landesregierung in Europa eigentlich ankommen und wo sie hinkommen will. Was geben Sie denn für Antworten auf die zukünftigen Herausforderungen?
Dazu kann man nur feststellen: Sie reden zwar nett über Europa, aber ansonsten, wenn man einmal Ihre Europapolitik, gerade die der Vorgänger- oder der schwarz-gelben Regierung rückwirkend betrachtet, haben Sie doch immer mehr auf dem Bremshebel gesessen, statt auf dem Gaspedal gestanden. Und das setzt sich hier fort.
Herr Hahn als Kämpfer gegen die Bürokratie – dann schaut man in den Haushalt
und sieht als Erstes, es werden 13 neue Stellen geschaffen. 13 neue Stellen im Kampf gegen die Bürokratie – da kann doch irgendetwas nicht zusammenpassen.
Herr Hahn, wenn Sie vielleicht einmal das Telefonieren einstellen und zuhören würden.
Das ist genauso glaubwürdig wie Herr Stoiber als Oberbürokrat in Brüssel zur Bekämpfung der Bürokratie. Das schließt sich nahtlos daran an. So viel ist davon zu halten.
Herr Hahn, was die Europafähigkeit des Landes Hessen betrifft – wenn Sie ein Defizit sehen, dass es an der Umsetzung hapert, dass Europamittel nicht gut oder nicht vollständig in die Regionen abfließen, dann wollen wir Ihnen gerne dabei helfen.Aber dafür – für eine neue Administration – jetzt neue Stellen zu schaffen, ist wahrscheinlich der falsche Weg.Sie müssen es überall verankern – Sie haben das angedeutet –: in den Ministerien, in den Behörden vor Ort. Dafür brauchen wir keine neue Antragskommission.
Schauen wir einmal auf die schwarz-gelben Jahre der Europapolitik zurück und erinnern uns daran, was uns im Gedächtnis geblieben ist. Es gab einen Europaminister Riebel. Der hat seine ganze Energie dafür eingesetzt, REACH zu verhindern, weil er gesagt hat: REACH, die Ordnung der europäischen Chemikalienpolitik, gefährdet den Standort der chemischen Industrie in Hessen.
Bei ihm war nie nur ein Wort zu hören,dass es mehr in Europa gibt, dass es auch einen Verbraucherschutz in Europa gibt und dass diese ganzen Sachen nicht gegen irgendjemanden gemacht werden, sondern dass wir Umwelt- und Verbraucherschutz kombinieren müssen. Das hat die Amtszeit von Herrn Riebel geprägt.
Dann kam Herr Hoff mit seiner kurzen Amtszeit. Was bleibt uns davon in Erinnerung?
Sie sagen es.Der heldenhafte Kampf der Hessen um den hessischen Apfelwein. Es wurden Szenarien nationaler Bedrohung beschworen durch das, was von Brüssel gekommen ist. Es wurden Konferenzen einberufen. Es wurde der Eindruck vermittelt,
dass Hessen kurz davorsteht, national in den Untergrund zu gehen. Ich finde, das ist gerade der Punkt. Beschäftigen wir uns doch einmal damit, was von hessischer Europapolitik bei den Bürgern hängen geblieben ist.
Wenn Sie es als Ihr größtes Verdienst empfinden, dass Sie den Apfelwein gerettet haben,sei es Ihnen gerne gegönnt. Aber dafür – das wissen Sie auch – hätte vielleicht ein Anruf in Brüssel bei der zuständigen Kommissarin gereicht. Dann hätten Sie das Problem auch lösen können.
Sie stellen immer den Kampf gegen Bürokratie, gegen die Bösen aus Brüssel in den Mittelpunkt Ihrer Politik, ohne einmal die Chancen Europas wahrzunehmen und ohne einmal davon zu reden, dass Europa für Hessen wesentlich mehr bedeutet. Und das wünsche ich mir von Ihnen.
Aber Herr Hahn knüpft nahtlos daran an. Ich sage einmal: Wie haben Sie eigentlich darauf reagiert, dass Ihre Landwirtschaftsministerin vorige Woche die Veröffentlichung der Agrarzahlungen gestoppt hat – ein eindeutiger Verstoß gegen gemeinsames europäisches Recht?
Da auch die weiteren Gerichtsurteile negativ sind,besteht für Deutschland die Gefahr eines Anlastungsverfahrens durch ein Strafverfahren.
Jawohl, Herr Minister Hahn. Wenn Sie es nicht wissen, dann können Sie mir jetzt zuhören.
Deutschland – Hessen an der Spitze – setzt sich gegen Europarecht.Warum machen Sie das? Nur weil Sie dem Bauernverband an diesem Punkt gefallen wollen? Nur weil Sie hier ein bisschen Zustimmung erheischen wollen? Aber Sie riskieren den ganz klaren Bruch mit europäischem Recht, wenn Sie gegen die Transparenz verstoßen. Wenn Sie das noch nicht wahrgenommen haben, dann sollten Sie mit Ihrer Kollegin einmal darüber reden, dass das so nicht geht und dass man damit wiederum kein positives Bild hessischer Politik setzen kann.
Diese Transparenzrichtlinie ist doch eine Grundlage zukünftiger europäischer Politik. Wir wollen, dass Zahlungen offengelegt werden.Wir wollen, dass nachvollziehbar wird, wofür die Europäische Union Geld ausgibt. Wenn sich Hessen dagegen wehrt,dann wehren Sie sich auch gegen die Offenheit, gegen die Transparenz finanzieller Mittel, die in die Regionen kommen. Das kann nicht im Sinne der Steuerzahler sein.
Meine Damen und Herren von der CDU, beim Thema Europa haben Sie sich kürzlich nicht gerade mit Lorbeer geschmückt: Bei der Aufstellung Ihrer Europaliste wollten Sie den Vorsitzenden der Europa-Union in die Wüste schicken und durch einen bekannten Europapolitiker aus dem Landtag ersetzen. Dazu kann man nur sagen: Liebe CDU-Basis, herzlichen Glückwunsch dafür, dass Sie so europafreundlich waren und doch noch anders gewählt haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, das kann man von Ihnen nicht behaupten. Gerade in Sachen Europa ist Ihre Politik von einer – man muss fast sagen – Europafeindlichkeit, von einer Europaskepsis geprägt. Wenn man die Reden Ihres Vorsitzenden hört, hat man den Eindruck, zurück zur nationalen Politik ist das, was wir in Zukunft brauchen.
Das ist der falsche Weg. Sie haben Ihre europafreundlichen Abgeordneten aus dem Europaparlament abgewatscht und aus dem Verkehr gezogen. Sie sind in Deutschland die einzige Partei, die sich gegen den Lissabon-Vertrag stellt und somit genau das verhindert, was Europa braucht, nämlich den Konsens über die LissabonStrategie, mehr Rechte für das Europäische Parlament, aber auch mehr demokratische Rechte.
Ich wünsche mir, dass Sie zu diesem Konsens zurückkehren, damit wir uns in Deutschland gemeinsam – ich glaube, wir haben hier eine große Mehrheit – auf dem Bo
den des Lissabon-Vertrags einigen und Europa voranbringen können.
In Europa brauchen wir neben dem wirtschaftlichen Ansatz aber auch den sozialen Ansatz. Den müssen wir in den Vordergrund stellen. Wir brauchen nicht ein Europa nur der Wirtschaft, sondern wir brauchen dringend ein Europa,das auch sozial zusammenkommt,das sich soziale Normen setzt. Nur so können wir die Mehrheit in dieser Gesellschaft mitnehmen.
Wir brauchen eine europäische Politik, die sich ganz klar auf den Weg begibt, um eine europäische Wissensgesellschaft zu begründen. Im Jahr 2009 befinden wir uns im Jahr der europäischen Kreativität und Innovation. Ich hoffe, das wird in vielen Schulen als Projekt umgesetzt. Das sollte auch für uns ein Ansporn sein. Herr Minister, Sie haben nicht erwähnt, dass wir das in vielen Schulen als Projekt voranbringen.
Ich möchte noch auf ein weiteres Thema eingehen, das Frau Osterburg hier eben nur am Rande gestreift hat.Wie wird das Projekt Europa weitergehen? Haben wir eine Perspektive? Haben wir Visionen von Europa?
Ich verstehe Europa in Zukunft nicht als eine Festung, die dichtmachen muss, die sich gegenüber dem Rest der Welt abschotten muss. Ich glaube, wir können es nicht hinnehmen,dass jeden Tag,jede Woche Menschen im Mittelmeer ertrinken und sich diese Europäische Union in Zukunft nicht darauf verständigen kann, eine einheitlich geregelte europäische Zuwanderungspolitik in Angriff zu nehmen.
Da ist auch Deutschland sehr stark in der Verantwortung. Das können wir nicht an Italien oder Spanien abschieben.
Liebe Frau Osterburg, Sie haben es angesprochen, und der Herr Minister hat einen Schlenker dazu gemacht: Sie wollen eine Partnerschaft mit einer Region in der Türkei. Ich habe gedacht, Sie sagen hier etwas zum Türkeibeitritt – eine der Fragen, die in den nächsten Jahren sehr wohl auf der Agenda steht.
Ich sage Ihnen: Es ist ein verhängnisvoller Fehler, wenn wir die türkischen Reformbemühungen dadurch torpedieren,dass wir ihnen jede Aussicht auf einen Beitritt nehmen.
Herr Hahn, das habe nicht ich gesagt, sondern das hat Ihr außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, Herr Hoyer,gesagt – und wenn wir mit der FDP in vielen Punkten nicht einig sind,so sind wir uns in diesem Punkt durchaus einig. Ich hoffe, Sie auch.
Ich hoffe, es gibt noch Teile innerhalb der Union und der FDP, die ihre Versprechen von damals auch ernst nehmen und die Türkei nicht ausgrenzen.
Die Europäische Union ist kein Projekt, das mit dem Glauben in Verbindung gebracht wird,sondern mit demokratischen Werten;Europa muss als Friedensprojekt gese
hen werden. Es ist kein Projekt des christlichen Glaubens, ausdrücklich nicht.
Sie wissen genau, natürlich muss es in der Türkei noch einen Prozess geben.Der hat begonnen.Aber wir haben der Türkei 40 Jahre lang eine Beitrittsperspektive gegeben,
und wenn es in der Türkei jetzt Bemühungen um einen solchen Reformprozess gibt, wir jetzt aber diese Tür zumachen, dann wird das wirklich verhängnisvoll.
Deshalb: Es gibt Verträge, und diese Verträge müssen eingehalten werden. In ein paar Jahren werden wir uns darüber unterhalten, ob die Türkei diese Verträge erfüllt.
Meine Damen und Herren, ich habe jetzt eigentlich darauf gewartet,dass diese Regierung neben dem Projekt der Wirtschaftsförderung auch noch etwas anderes sagt. Herr Hahn,Sie haben aber nichts gesagt,außer:Wir müssen uns für Hessen in Europa starkmachen, wir müssen unsere Vertretung in Brüssel dazu ausbauen, damit hessische Wirtschaftsinteressen dort umgesetzt werden können.
Herr Hahn,Sie haben da etwas missverstanden.Die Interessenvertretung von Hessen in der Europäischen Union kann doch nicht darin bestehen, dass wir jetzt eine Handelsmission in Brüssel eröffnen oder dort eine Nebenstelle der IHK bilden. Nein, die Hessische Landesvertretung ist eine Vertretung, die allen Bürgern offenstehen soll. Sie müssen sie doch zu einem Bürgerbüro machen, nicht zu einer Handelsvertretung. Das vermisse ich.
Ich habe schon gesagt: Bei Ihnen stehen Themen wie Verbraucherschutz, soziale Themen, Themen, die sich mit dem Begriff Umwelt beschäftigen, überhaupt nicht im Mittelpunkt. Die Europäische Union hat zukünftig darin einige ihrer Hauptaufgaben. Diesen Hauptaufgaben müssen wir uns in Zukunft widmen.
Wir müssen es schaffen, europäische Wirtschaftspolitik mit der Umwelt zu verbinden. Ich begrüße es ausdrücklich, wenn sich die SPD-Fraktion jetzt auch für einen Green New Deal ausspricht; dann sind wir an diesem Punkt einer Meinung: bei der Verbindung der europäischen Wirtschaftspolitik mit der Umweltpolitik über neue wirtschaftspolitische Ansätze bei der Förderung erneuerbarer Energien, der Förderung der Nachhaltigkeit. Wenn es uns nicht gelingt, das in der europäischen Politik umzusetzen, dann wird es schwer werden, in den nächsten Jahren in Europa glaubhaft diese Umweltpolitik voranzubringen. Dann wird es aber auch für Europa schwer, glaubhaft internationales Gewicht zu erhalten oder zu gewinnen, um diese Dinge auch auf der Weltbühne umsetzen zu können. Das ist von ganz zentraler Bedeutung.
Herr Minister, Sie müssen dafür sorgen, dass die Mittel, die von der Europäischen Union kommen – Sie haben sie hier aufgezählt, das sind nicht unerhebliche Mittel für die Strukturfonds und für den ländlichen Raum –, zielgerichtet in Hessen eingesetzt werden. Das liegt in Ihrer Verantwortung, zusammen mit den Ministerien, die diese Mittel ausgeben.
Ich finde, da ist noch einiges zu tun, um zielgerichtet europäische Mittel in die ländlichen Regionen zu leiten.
Es gibt hier erhebliche Potenziale. Die liegen zum Teil brach. Ich finde, hier ist Ihr Engagement gefragt, damit diese Mittel in den ländlichen Regionen ankommen und dadurch den Leuten auch ein Gefühl gegeben wird, Europa ist ein Projekt, das auch den Leuten vor Ort wirklich etwas bringt.
In jedem anderen Land sehen Sie es deutlich. Dort steht ein großes Schild „Europa fördert...“ Bei uns sehen Sie das nicht. Ich wünsche mir, dass bei vielen Projekten, in denen 30 oder 40 % europäische Mittel stecken, auch dieses Schild steht – damit die Leute wissen: Viele Entwicklungsprojekte in den ländlichen Regionen sind von der Europäischen Union gefördert.
Was ich mir nicht wünsche – wir hatten diese Debatte –, ist, dass europäische Mittel für die ländlichen Regionen abgezweigt werden, um unsinnige Projekte wie den Flughafen Kassel-Calden zu fördern. Das ist mit Sicherheit kein Projekt, wo ich mir ein solches Europa-Schild wünsche.
Ich würde mir auch wünschen,dass Sie bei der Umsetzung vieler nationaler Richtlinien – ich sagte es ja, bei vielen Dingen stehen Sie nicht auf dem Gaspedal – nicht auf der Bremse stünden, sondern national und in Hessen das umsetzen, was die Europäische Union vorgibt.
Was ist denn mit der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, die wir umsetzen müssen? Da denke ich nur an die Werra, an die Versalzung.Wo ist da Hessen?
Ich finde,Hessen muss gerade bei diesem Projekt erst einmal seine Hausaufgaben machen, um dann vielleicht sagen zu können: In Hessen sind wir bei der Umsetzung vieler europäischer Naturschutzrichtlinien führend. – Auch das vermisse ich an dieser Stelle. Herr Hahn, von Ihnen und vom Umweltministerium erwarte ich mir da einfach positive Ansätze und Innovationen, die Sie aus Europa mitnehmen können.
Sie haben es gesagt: 70 % des Rahmens der Umweltgesetze werden im Europäischen Parlament gesetzt. Es sind gerade die Umweltgesetzgebungen, die in erster Linie positiv aus Brüssel kommen. Und wir sagen: Da ist Deutschland nicht immer an der Spitze derjenigen, die in Europa etwas voranbringen. Wir erinnern uns nur an die Kanzlerin, die bekanntlich verhindert hat, dass die Abgasrichtlinie früher in Kraft tritt.
Ich denke, wir haben uns in Deutschland keinen Gefallen damit getan, da auf der Bremse zu stehen. Wir müssen es
als Chance bewerten, dass wir umwelttechnologisch an der Spitze stehen. Das nehmen Sie nicht wahr. Ich wünsche mir, dass Sie das in Zukunft auch einbringen und nicht in vielen Punkten – gerade bei der Umweltgesetzgebung – auf der Bremse stehen.
Eine Kanzlerin, die an die Gletscher fährt, sich dort abbilden lässt und sagt, Europa sei toll, Europa müsse führend sein, aber ein Jahr später bei der Wirtschaftskrise schon wieder sagt, wir sollten all dies einmal vergessen, denn wir müssten uns um die Wirtschaftspolitik kümmern, macht keine glaubwürdige Politik. Die Bürger draußen werden dies merken, und sie werden sich dem auch entgegenstellen.
Europa kann nur gelingen, wenn wir Umwelt und Wirtschaft zusammenbinden und wirklich ein Projekt daraus machen. All das sehen Sie nicht. Sie sehen diese Verbindung nicht. Sie sehen den Umweltschutz immer noch als Bremse. Solange Sie das noch nicht verstanden haben, werden Sie Europa nicht voranbringen. Dafür stehen wir, Herr Hahn.
Ich komme zum Schluss. Ein Jahrestag – –
Sie sind doch der gescheiterte Europapolitiker, dann können Sie ja noch etwas dazu sagen und sich zu einer Kurzintervention melden.
Ich möchte nur noch einen Punkt nennen. Der Auflistung für die Zukunft können Sie noch eines hinzufügen, und zwar warum wir als GRÜNE mit Europa so stark verbunden sind. Denn wir sind die Europapartei. Wir begleiten diesen Prozess, und wir bringen Europa nach vorne.
Wir sind vor 30 Jahren zum ersten Mal bei der Europawahl als Gesamtpartei angetreten. Wir haben damals unseren Erfolg begründet. Genau an diese Politik knüpfen wir an. Wenn es jemanden gibt, der über Europa glaubwürdig reden kann, dann sind es wohl die GRÜNEN. Große Europäer wie Daniel Cohn-Bendit
sind auf europäischer Ebene wirklich diejenigen, die für Europa sprechen. An diese Tradition wollen wir anknüpfen. Das ist kein kleines Karo, wie das Herr Hahn hier von sich gibt, sondern wir brauchen europäische Politik im großen Rahmen und ein Hessen, das vorangeht und nicht auf der Bremse steht. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Minister, bis wann rechnen Sie damit, dass nach dem jetzigen Fortgang der Angelegenheiten Hessen seine letzten weißen Flecken geschlossen hat?
Herr Minister, werden weiterhin noch Kontrollen nach der alten Gesetzeslage durchgeführt?
Ich frage die Landesregierung:
Welche Haltung nimmt sie gegenüber der Tatsache ein, dass gleichzeitig zwei konkurrierende nordhessische Gruppierungen jeweils einen eigenen Schutzantrag für den Begriff „Ahle Wurscht“ beim Bundesamt für Patent- und Markenrechte in München gestellt haben?
Wir sind uns ja einig, dass es nur eine „Ahle Wurscht“ geben kann. Wie erklärt sich aber dann die Landesregierung, dass die Marketinggesellschaft „Gutes aus Hessen“ beide Anträge unterstützt?
Frau Ministerin, welchen Beitrag leistet denn die Landesregierung hierzu?
Ich frage die Landesregierung:
Welche inhaltliche Neuausrichtung der Arbeit des Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbrau
cherschutz hat es notwendig gemacht, das Ressort einer neuen Leitung zu übertragen?
Ich frage noch einmal nach, weshalb sich in der Regierungserklärung weder das Thema Landwirtschaft noch das Thema Verbraucherschutz fand.
Frau Ministerin, planen Sie eine Überprüfung der Förderquoten in der Landwirtschaft für den ökologischen Landbau und damit eine Erhöhung der Förderquoten für umstellende Betriebe, wie es in anderen Bundesländern angestrebt wird?