Uwe Bartels

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Titel der heutigen Aktuellen Stunde heißt - ich verkürze ihn -: Freiheit für die Hühner und Verbot der Käfighaltung nicht weiter torpedieren. - Ich sage ganz deutlich, meine Damen und Herren: Das ist der Schlachtruf, mit dem Frau Künast bisher ihre Tierschutzpolitik für die Hühnerhaltung formuliert und begründet hat. Das ist bloße Symbolpolitik, die sich leider Gottes nicht darum schert, ob das, was am Ende dabei herauskommt, tatsächlich dem Tierschutz mehr dient als das, was wir vorher haben. Das ist das Bedauerliche daran.
Ich will heute die fast philosophische Frage stellen: Welche Freiheit meinen Sie denn für die Hühner? Wie sieht die tatsächlich aus? - Meine Damen und Herren, dann müssen wir auch die Frage beantworten, ob sich der Tierschutz - das ist ja das Ziel für die Hühner durch diese Maßnahme verbessert, ja oder nein. Das Bedauerliche daran ist - das können wir Ihnen belegen -, dass das leider nicht so ist und dass hier leider Gottes ein Trugbild gezeichnet wird. Wir müssen die Frage beantworten: Wohin wollen wir denn, wenn wir das eine ablehnen? - Die Antwort darauf ist bisher unzureichend. Eines ist klar: Alle Länder - deshalb ist die Überschrift dieses Tagesordnungspunktes zur Aktuellen Stunde auch falsch - haben sich dafür ausgesprochen, die Käfighaltung abzuschaffen. Das steht doch außer Frage. Alle haben sich dafür ausgesprochen. Die Frage des Ob steht also überhaupt nicht mehr im Raum, sondern nur die Frage: Wohin und wie wollen wir das sicherstellen?
Welches sind die Alternativen? Im Übrigen ist Schweden genau so vorgegangen. Welches sind die Alternativen, die wir heute haben, um zu einer
besseren Situation zu kommen? Ich muss feststellen, dass wir nicht einfach sozusagen einen Weg beschreiten können, der dann von den Tierhaltern nicht mitgegangen werden kann und der tatsächlich dazu führt, dass sich die Produktion zwar verlagern wird, aber dass wir hier nicht mehr produzieren und die Industrieeier aus Ländern wie China über Thailand oder sonst woher bekommen. Das kann nicht wahr sein.
Meine Damen und Herren, ich sage ganz deutlich, dass Frau Künast ihre Blockadepolitik aufgeben und endlich der Beschlussfassung des Deutschen Bundesrates folgen muss.
Ich möchte Ihnen kurz belegen, dass Frau Künast leider Gottes - ich bedauere zutiefst, dass ich heute nichts anderes sagen kann - kaum Interesse daran hat. Es ist bitter, wenn ich heute feststellen muss, dass auf den Beschluss, den ich damals noch als verantwortlicher Minister im Bundesrat auf den Weg gebracht habe - nämlich nach zwei Jahren zu überprüfen, ob die Hennenhaltungsverordnung, die im Jahre 2001 beschlossen worden ist, tatsächlich die Ziele erreicht hat, die wir erreichen wollten, nämlich weniger Mortalität, weniger Medikamente, kein Kannibalismus, kein Schnabelkürzen -, Frau Künast uns, den Bundesländern, die Antwort verweigert. Sie hat schlicht und ergreifend den Bericht, den wir abgefordert haben, nicht gegeben.
Es gibt einen zweiten Punkt. Herr Klein, dazu sollten Sie heute Stellung nehmen; denn alles andere ist Scheingefecht. Wir haben sie aufgefordert - nicht zum ersten Mal -, den Tierschutz-TÜV, der eben schon angesprochen worden ist, im Tierschutzgesetz zu implementieren, damit jedes Haltungssystem, jede Stallanlage - ob Kälberhaltung oder Hennenhaltung - durch einen TÜV überprüft und dann festgestellt wird, ob sie tierschutzgerecht ist oder nicht. Dann wäre entweder die Kleinvoliere durchgefallen, oder sie wäre akzeptiert worden. Das Risiko hätten wir alle auf uns genommen. Frau Künast hat angekündigt, dies im Jahre 2002 umzusetzen. Sie hat das Thema bis heute nicht einmal angefasst, meine Damen und Herren!
Das sind Punkte, die mich auf die Barrikade bringen. Denn ich sage: Wer Tierschutz fordert und den Eindruck erweckt, er mache das, der muss das auch tun. Sie macht es aber nicht.
Mittlerweile haben wir die Belege. Es ist traurig genug, dass es so ist. Ich sage noch einmal: Ich bedauere das zutiefst. Wir müssen schlicht und ergreifend feststellen, Herr Klein - ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht -, dass - im Übrigen auch in der Schweiz - die Mortalitätsrate bei der Bodenund Freilandhaltung auch relativ hoch ist. Wir müssen feststellen, dass die Schweiz das nur deswegen implementieren konnte, weil sie sehr viel Geld hineingesteckt hat und weil sie von Europa sozusagen abgeschottet ist und ihre Märkte begrenzen kann. Das können wir überhaupt nicht. Das ist Faktum. Wir müssen leider Gottes andere Sachverhalte feststellen wie Schnabelkürzen und Kannibalismus, und - das ist noch viel schlimmer - wir müssen heute feststellen, dass neue Krankheiten in unsere Ställe eingezogen sind, die wieder mehr Medikamenteneinsatz erfordern als vorher. Das darf es doch bei Gott nicht sein. Trotzdem, Herr Klein, gebe ich Ihnen Recht, wenn Sie sagen: Verteufelt bitte nicht Boden- und Freilandhaltung. Dafür stehe ich nicht an. Boden- und Freilandhaltung sind gute Alternativen, die aber weiterentwickelt werden müssen. Wir dürfen doch nicht die Augen davor schließen, dass die Mortalitätsrate in Mecklenburg-Vorpommern in der Freilandhaltung bei 25 % liegt. Das kann doch nicht wahr sein, dass wir das akzeptieren.
Ich komme jetzt zum Schluss, meine Damen und Herren. - Deshalb sage ich noch einmal: Erstens
kommt es heute darauf an, die Kleinvoliere in der Beschlussvorlage des Bundesrates, die ein ganzes Paket darstellt, nicht als Endlösung, sondern als Zwischenschritt zu sehen, weil wir wissen, dass sie nicht das Nonplusultra ist - das gebe ich zu; sie ist keine Ideallösung -, aber sie ist ein Zwischenschritt, der aktuell eine Verbesserung bringt. Diese müssen wir einführen.
Zweitens müssen wir unbedingt darauf achten, dass Boden- und Freilandhaltung weiterhin erforscht, wissenschaftlich begleitet und verbessert werden. Wir müssen mehr Fördermittel für die Einrichtung dieser Haltungssysteme zur Verfügung stellen. Das alles wird Beschlusslage des Bundesrates in der nächsten Sitzung sein.
Meine Damen und Herren, der Bundesrat will beschließen, dass bis zum Jahre 2008 mindestens 50 % der Hennen in Deutschland in alternativen Haltungssystemen leben sollen.
Wer sagt, dass das keine Verbesserung sei, verschließt die Augen vor gutem Tierschutz.
Ich komme zum Schluss. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen, dass Sie mir so freundlich zugehört haben. Das war meine letzte Rede hier im Landtag.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir ist gerade vor zwei Sekunden draußen gesagt worden, es dauert noch eine halbe Stunde. Dann war es urplötzlich anders.
Das war der Persönliche des Ministers. Das war ein CDU-Kollege.
- Ja, das ist wahr.
Meine Damen und Herren, der Paradigmenwechsel, den wir aktuell in der europäischen Agrarpolitik erleben, ist richtig und wird von uns so gewünscht. Ich sage deutlich, er hätte auch schon früher kommen können und vielleicht auch schon früher kommen müssen. Aber eine ganz klare Ansage: Es ist noch nicht zu spät, dieses zu tun.
Stichworte in diesem Zusammenhang, warum denn überhaupt ein solcher Wechsel stattfinden musste, sind das, was wir aktuell unmittelbar vor der Tür haben, nämlich die Erweiterung der Europäischen Union gen Osten, dann die WTO-Verhandlungen, die leider nach wie vor stocken, und das sind natürlich auch Fragen der Akzeptanz der Agrarpolitik in Gänze in unserer Gesellschaft, aber nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Staaten.
Diese Große Anfrage ist schon ein bisschen älter. Sie ist Anfang des Jahres formuliert worden, natürlich auch vor dem Hintergrund der Debatte, die zu diesem Zeitpunkt lief. Zwischenzeitlich hat es ja Bundestags- und Bundesratsentscheidungen gegeben. Es gibt aktuell sozusagen das Zulaufen auf den Vermittlungsausschuss. Die Agrarministerkonferenz hat sich damit auseinander gesetzt. Aber aufgrund dieser Großen Anfrage hat der Landtag zum ersten Mal überhaupt die Gelegenheit, sich mit dem Agrarreformgesetz, von dem ich soeben gesagt habe, dass es die Dimension eines Paradigmenwechsels hätte, auseinander zu setzen. Ich meine, dass das in Anbetracht der Auswirkungen, die dieses Gesetz auf unser Land haben wird, notwendig ist.
Die Agrarpolitik ist ein kompliziertes Feld; wem sage ich das. Die meisten, die mit diesem Feld nicht unmittelbar etwas zu tun haben, verstehen dieses Fachchinesisch, das die Fachleute und auch die Politiker untereinander austauschen, nicht. Das ist ein Problem, und deshalb will ich unter Bezugnahme auf die Antwort auf diese Anfrage versuchen, den Sachverhalt ein bisschen einfacher darzustellen, um deutlich zu machen, an welchen Stellen es Übereinstimmung gibt und an welchen Stellen es Dissens gibt.
Ich sage gleich am Anfang, wo wir einig sind, damit wir später darüber nicht mehr streiten müssen. Einig sind wir darin, dass dieser Paradigmenwechsel kommen musste. Einig sind wir darin, dass wir ein Entkopplungsmodell - und zwar sofort - installieren wollen. Entkoppeln heißt für die Landwirte, dass sie für das honoriert werden, was sie leisten,
nämlich unter Berücksichtigung von Natur- und Umweltkriterien und in Wahrnehmung der Aufgabe, die Kulturlandschaft zu pflegen, zu nutzen und nachhaltig zu bewirtschaften, sichere und qualitativ hoch stehende Lebensmittel zu auskömmlichen Erlösen für die Landwirte und zu akzeptablen Verbraucherpreisen zu erzeugen, wobei „zu akzeptablen“ für mich auch „zu auskömmlichen Verbraucherpreisen“ heißt. Wir wollen auch, dass Wertschöpfung bei uns in der Fläche im ländlichen Raum bleibt und dass damit dort Arbeit geleistet und eine gesellschaftliche Weiterentwicklung stattfinden kann.
Wir wollen mit diesem Schritt der Reform - auch insoweit sind wir mit der Landesregierung einig eine unternehmerische Landwirtschaft haben - eine, die nicht nur auf die Prämien schielt, sondern darauf schaut, was der Markt macht, was er fordert und welche Qualität er fordert. Wir begrüßen, dass ein Kombinationsmodell gefunden worden ist, mit dem der Anpassungsvorgang, der Übergang zur neuen Agrarpolitik, abgefedert und für die Betriebe erträglicher gestaltet wird - ein Kombinationsmodell aus Regionalprämie und Betriebsprämie, das 2012/2013 in eine einheitliche Flächenprämie einmündet, weil der Hektar Land unabhängig davon, wo es gelegen ist, für unsere Gesellschaft überall gleich gewichtet und gleich viel wert sein muss.
Wir sind uns darüber hinaus darin einig, dass die unterschiedlichen Betroffenheiten, die wir durch diesen Reformschritt bewirken, in dem Modell berücksichtigt werden und dass man so schnell wie möglich darauf eingeht und versucht, die Betroffenheiten erträglicher zu machen. Aus diesem Grunde sind wir natürlich auch dafür, dass man einen gleitenden Übergang vom Betriebsmodell auf das flächenbezogene Modell organisiert, sozusagen wie in einem Gleitflug, wie man heute so schön sagt, bis zum Jahre 2010. Herr Ehlen, wie ich sehe, sind wir auch in dieser Zielsetzung einig. Weiterhin sind wir auch in der Frage von Cross Compliance einig. Diesbezüglich darf es kein Bürokratiemonster geben; hier muss 1 : 1 umgesetzt werden.
Ich habe hier im letzten Jahr für die SPD-Fraktion deutlich gemacht, welche Forderungen wir hatten. Wir haben hier deutlich angesprochen, die WTORunde im Auge zu behalten. Wir haben deutlich gemacht, dass wir im Auge behalten müssen, wie die EU-Mitgliedstaaten die Reform umsetzen. Das ist in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit sehr
wichtig. Wir wollen nicht erneut eine riesige Bürokratie aufbauen, und wir wollen, dass einige Sachprobleme, die in verschiedenen Sektoren der Produktion, wie bei Milch, Zucker, Stärke usw., bestehen, mithilfe dieses Modells gelöst werden können.
Meine Damen und Herren, das war das, was wir gewollt haben. Ich kann feststellen, dass Sie, Herr Ehlen, bei Ihren Verhandlungen im vergangenen Jahr den Ansatz, den Herr Funke seinerzeit und in der Nachfolge ich im Hinblick auf eine flächenbezogene Prämie schon bei den ersten Reformen vertreten haben, in Kontinuität fortgesetzt haben, sodass ich dem Haus ein außerordentlich großes Lob dafür aussprechen kann, dass es den Minister ordentlich geführt hat. Minister kommen und gehen, die Häuser arbeiten in Kontinuität. Wenn sie gut arbeiten, dann soll man das auch lobend erwähnen.
Diese Kontinuität allerdings hätte ich mir natürlich auch an anderer Stelle gewünscht. Man muss aber ganz deutlich sagen, dass die Kontinuität dort nicht stattgefunden hat. Ich hatte die Rolle des Koordinators auf der Bund-Länder-Ebene. Als Vertreter des stärksten Agrarlandes, als Vertreter Niedersachsens, haben wir sozusagen die Linie der anderen Bundesländer, der A-Länder, bestimmt. Diese Funktion ist nun übergegangen auf die BLänder. Wenn ich jetzt schaue, wie diese Länder agieren, dann sehe ich ein totales Durcheinander. Da sind die Bayern, da sind die BadenWürttemberger, da sind welche, die das Standardmodell betreiben wollen, da kommen die Hessen, da kommt das Saarland, und alle haben eigene Vorstellungen. Dann kommt die Bundestagsfraktion und kommen die Unionsfraktionen und legen kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen ein Verhandlungspaket auf den Tisch, das verschiedene Anforderungen beinhaltet, so z. B. die Anforderung, die Prämie bis zum Jahre 2013 ungebremst und ungekürzt und aufgeteilt in einem Verhältnis 20 : 80 - 20 % flächenbezogen, 80 % betriebsindividuell - zu verteilen. Das, was diesbezüglich in den letzten Wochen und Monaten abgelaufen ist, ist schon aberwitzig.
Meine Damen und Herren, der Bauernverband - so ein Durcheinander habe ich da auch noch nicht erlebt - hat sich nun total vergaloppiert, auch mit seiner Forderung, die Prämien bis zum Jahre 2013 mehr oder weniger im Verhältnis 20 : 80 aufteilen zu wollen und in Bezug auf die Milch durchgehend
bis 2013 so zu verfahren. - Ich habe soeben in Bezug auf die Bundestagsfraktion falsche Zahlen genannt: Das muss 65 % : 35 % heißen. - Auch das war nicht zielführend, hat wenig gebracht und war im Grunde genommen nur irritierend, aber wenig hilfreich.
Meine Damen und Herren, nun läuft die Entscheidung auf den Vermittlungsausschuss hinaus. Das ist an sich nicht die beste Lösung, denn damit - das muss man ganz deutlich sagen - haben die Agrarpolitiker das Heft aus der Hand gegeben und werden andere mit am Verhandlungstisch sitzen. Jeder weiß, wie Vermittlungsausschüsse tagen und mit welchen Ergebnissen dessen Beratungen zum Teil enden. Vor diesem Hintergrund wäre es besser gewesen, wenn man sich geeinigt hätte. Nun weiß ich aktuell, dass vorgestern bei der Festlegung der Vermittlungsbegehren vernünftige Verabredungen getroffen worden sind, sodass ich ein wenig Hoffnung schöpfe, dass man sich nicht mehr über die gesamte Palette, sondern nur noch über ganz wenige Essentials streitet. In erster Linie wird das den Punkt betreffen, ob der Gleitflug 2009, 2010 oder früher einsetzen soll.
Ich bedaure, dass uns die Antwort relativ wenig Informationen über das gibt, was in Niedersachsen passieren wird, wenn diese Reform Gesetzeskraft erlangt. Als Oppositionspolitiker, der ich lange genug war, ist man häufig geneigt zu sagen, dass das eine dürftige Antwort sei, die unbefriedigend sei. An dieser Stelle ist es in der Tat gerechtfertigt, das zu sagen. Wenn ich die Antwort auf die erste Frage, nämlich die Frage, wie die anderen Mitgliedstaaten der EU in dieser Angelegenheit verfahren - diese Frage ist unter dem Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit wichtig -, anschaue und in dem Zusammenhang einen Blick in das vorletzte Landvolk-Blatt werfe, dann stelle ich fest, dass das Landvolk wesentlich tiefer und wesentlich differenzierter und besser informiert, als es das Ministerium, als es der Minister in seiner Antwort getan hat. Das ist schade, weil hier mehr Klarheit uns allen durchaus hätte helfen können.
- Vielleicht hat er das Landvolk-Blatt noch nicht gelesen und konnte es noch nicht in die Antwort einarbeiten. Das kann ja sein.
Meine Damen und Herren, die Milchproduktion ist ein Riesenproblem, das ich hier klar und deutlich ansprechen will. Das ist unser starkes Standbein in Niedersachsen. Ich frage mich, weshalb die Landesregierung so wenig Initiativen zur Unterstützung unserer aktiven Milchwirtschaft eingebracht hat.
Die Prämienkomponenten sollen den Milchviehhaltern zwar bis 2010 zugute kommen und dann abgeschmolzen werden. Aber wer im Moment die Diskussion bei den Milchviehhaltern verfolgt, der stellt fest, dass das vorne und hinten nicht reicht. Ich meine, dass man diesbezüglich mehr hätte erreichen können müssen. Der Minister hat vor kurzem auf einer Veranstaltung in Cuxhaven hören können, dass nach dieser Reform nur noch ein Viertel der Milchviehhalter übrig bleiben und der Rest verschwinden wird.
Ich meine, dass diesbezüglich noch mehr zu der Frage, ob die Saldierung beibehalten werden soll oder nicht, und zu der Frage der Garantiemenge gesagt werden müsste. Ich bin der Meinung, dass die Saldierung in toto abgeschafft gehört. Es wäre ein deutliches Signal Richtung Brüssel, wenn wir sagen würden, dass wir keine weitere Anhebung der Garantiemenge befürworten.
Die Kälberhalter, meine Damen und Herren, werden mit ihren Problemen allein gelassen. Die Rinderhalter bleiben mit den betrieblichen Auswirkungen, aber auch den Auswirkungen im ländlichen Raum ohne Hilfestellung.
Der vor- und nachgelagerte Bereich wird ausweislich von Gutachten und Studien durch diese Reform massiv berührt. Wir hatten gefragt: Landesregierung, was macht ihr, was bietet ihr an, wie helft ihr in einer Situation, in der sich die Betriebe anpassen müssen, in der sie auch stärkerem Wettbewerb durch die Nachbarstaaten, z. B. Holland, das bei den Kälbern und Rindern eine andere Entkopplung wählt, ausgesetzt sind, was macht ihr, um dort keine Einbrüche stattfinden zu lassen? Keine Antwort, meine Damen und Herren!
Keine Antwort auch darauf, wie der vor- und nachgelagerte Bereich aufgefangen wird. Sie wissen, das Miteinander von Urproduktion, vor- und nachgelagertem Bereich hat die Stärke Niedersachsens in der Agrarwirtschaft ausgemacht. Wenn es da Einbrüche gibt, die zwar sektoral - wenn ich es so betrachte - nicht insgesamt ins Gewicht fallen, die aber regional massive Löcher reißen, wenn keine Alternativen vorhanden sind und das Land nicht sagen kann, was es als Gegenstrategie tun will - danach hatten wir gefragt - und keine Antwort kommt, dann ist das bedauerlich und zeigt, dass hier die Verantwortung für die Bäuerinnen und Bauern und für den gesamten vor- und nachgelagerten Bereich nicht ernsthaft wahrgenommen worden ist.
Das ist meine Kritik auch an der Antwort: dass uns hier keine präzisen Antworten gegeben werden, meine Damen und Herren. Wir haben nach Konzepten gefragt. Hier wird verwiesen auf Mittel der zweiten Säule, jedoch wird auch nicht gesagt - wonach wir gefragt haben -, woher denn die Mittel, die zur Kofinanzierung notwendig sind, kommen, ob sie überhaupt zur Verfügung stehen und eingesetzt werden können. Insofern also muss das unbefriedigend sein.
Der Strukturwandel geht weiter, aber er wird beschleunigt weitergehen. Das ist übereinstimmende Auffassung aller, die den Markt verfolgen und die die Reformgesetze mit diskutiert haben.
Auch die Grünen, muss ich sagen, reden zum ersten Mal von der Notwendigkeit des Strukturwandels und von der Notwendigkeit, größere Betriebe zu schaffen, damit diese wettbewerbsfähig sind.
Das ist für mich eine völlig neue Erfahrung, weil das bisher von den Grünen stets verneint und als böses Werk dargestellt wurde. Jetzt wird es gesehen. Nur frage ich mich, wenn der Strukturwandel beschleunigt, mit dieser Rasanz, stattfindet - mich hat man, der Ministerpräsident persönlich, vor anderthalb Jahren noch gescholten, dass wir in der Vergangenheit einen mäßigen Strukturwandel hatten -: Hat man das „Geschwätz“ der Vergangenheit total vergessen, und wie beurteilt man denn nun den gravierenden Strukturwandel, was
setzt man im ländlichen Raum dagegen, um nicht zu wirklichen Einbrüchen in bestimmten Regionen zu kommen und auch dort dafür zu sorgen, dass eine entsprechende Landbewirtschaftung mit Wertschöpfung und Schaffung von Arbeitsplätzen, aber auch eine Landwirtschaft, die Verarbeitung und Vermarktung an Ort und Stelle findet, auch in Zukunft stattfinden kann?
Meine Damen und Herren, eine letzte Anmerkung. Die Antwort auf die Frage, welche verwaltungsmäßigen Auswirkungen denn das ganze Unternehmen in Niedersachsen hat, bleibt völlig vage; es gibt keine präzise Zahl,
- ich komme zum Schluss -, es wird auf die Haushaltsberatungen verwiesen. Nur, Haushaltsberatungen können hier nicht helfen, denn sie können nicht verhindern, dass uns EU-Recht zwingt, bestimmte Kontrollen und Überwachungen durchzuführen. Wird das nicht präzise durchgeführt, gibt es von der EU kein Geld mehr, und es wird sozusagen ein Anlastungsverfahren auf den Weg gebracht.
Da weise ich nur darauf hin, dass hier eine schlimme Entscheidung hinsichtlich der Verlagerung der Zuständigkeiten von den Ämtern für Agrarstruktur auf die Landwirtschaftskammern getroffen worden ist. Hier gibt es Interessenkollisionen, und die EU hat gerade durch ein Gerichtshofurteil deutlich gemacht, dass sie die Länder für Probleme bei der Abwicklung der gesamten Prämienprogramme in die Pflicht nimmt.
Meine Damen und Herren, ich kündige schon an, dass wir in der Folgezeit in jeder Sitzung wissen wollen, wie sich der Stand der Anlastungsverfahren gegen Niedersachsen darstellt, weil es nämlich viel Geld für unsere Landeskasse bedeutet, wenn wir ein solches Verfahren am Hals haben. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Herr Minister, ich stelle die nachfolgende Frage an die Landesregierung. Die Landkreise beklagen nicht nur in Niedersachsen ganz eindrucksvoll, dass sie nicht in der Lage sind, zwischen dem zugelassenen und dem nicht zugelassenen Material für die Biogasanlagen zu unterscheiden. Damit erklären sie auch, dass sie nicht in der Lage sind sicherzustellen, dass nur das zugelassene Material zu den Biogasanlagen kommt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was Sie konkret unternommen haben, damit die - wie Sie eben ausgeführt haben - zuständigen Landkreise ihrer Verantwortung nachkommen und sicherstellen - und zwar nicht erst in einem halben Jahr, sondern aktuell -, dass nur zugelassenes Material die Biogasanlagen in Niedersachsen erreicht.
Die zweite Frage: Können Sie sich nicht doch dem vorsorgenden Gedanken, den Frau Gerdes vom LAVES geäußert hat, anschließen, im Hinblick auf die gewaltige Seuchengefahr, der wir gerade als tierreichstes Land immer ausgesetzt sind, dafür zu sorgen, dass hier eine neue Regelung geschaffen wird?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme mit den zweieinhalb Minuten ganz gut klar. - Herr Kollege Ehlen, es geht mir nur darum, einmal richtig zu stellen, dass ich nicht nur für eine Charge SRM-Mittel zur Verfügung gestellt habe, um den Wahltermin zu überspringen. BSE hat nämlich bereits früher begon
nen. Wenn ich einmal Ihre Terminologie übernehme, haben wir mindestens drei Chargen bezahlt, also sozusagen dreimal die 4 Millionen Euro bzw. 4,5 Millionen Euro auf den Tisch gelegt, damit die Beseitigung des SRM-Materials bezahlt werden konnte. Das ist das Erste.
Meine Damen und Herren, das Zweite ist: Sie sagen in diesem Hause immer „Wir haben vor der Wahl etwas versprochen, und das halten wir auch“. Heute stellen wir fest: Sie haben damals bei SRM 100 % bezahlen wollen. Das haben Sie nicht gehalten. Sie haben eine Drittelteilung bei der Aufgabenlast der Tierkörperbeseitigung versprochen. Was machen Sie heute? - Sie verweigern sich. Sie halten Ihr Versprechen, das Sie den Wählern damals gegeben haben, nicht ein. Das wollten wir heute u. a. auch deutlich machen.
Herr Minister, sowohl die Tierkörperbeseitigungsanlagen als auch die Landkreise schlagen Alarm, weil sie befürchten, dass, wie der Abgeordnete Biestmann soeben dargestellt hat, nicht erlaubte Schlachtnebenprodukte über die Biogasschiene entsorgt werden können. Wie wollen Sie sicherstellen, dass nur erlaubte Schlachtnebenprodukte über die Biogasanlagen verwertet werden? Wie wollen Sie das Seuchenrisiko in den Griff bekommen, das daraus resultiert, dass sozusagen die Restbestände, der Output von Biogasanlagen, künftig auch auf Grünland ausgebracht werden dürfen, obwohl nur eine Hygienisierung von 70 Grad stattfindet? Haben Sie Aktivitäten entwickelt, um über die Durchführungsvorschriften, die auf Bundesebene noch ausstehen, das Problem, das ich soeben angerissen habe, in den Griff zu bekommen?
Herr Minister Schünemann, Niedersachsen ist unbestritten das Agrarland Nummer 1. Niedersachsen hat die höchste Viehdichte, Niedersachsen lebt immer unter der latenten Gefahr einer ausbrechenden Seuche. Die Bezirksregierungen sind unsere wichtigsten Seuchenbekämpfungspartner, weil sie landkreisübergreifend koordiniert den Zugriff auf Polizeieinsatz, Sperren, Bundesgrenzschutz und Veterinäre haben. Wer soll diese Position zukünftig übernehmen, wenn die Bezirksregierungen nicht mehr da sind?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Ehlen wäre wahrscheinlich mit seiner Zeit ausgekommen, wenn er den Vorspann seiner Rede weggelassen hätte, nämlich den missglückten Änderungsantrag betreffend, den die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion gemeinsam im Agrarausschuss vorgelegt haben.
Im Übrigen, Herr Ehlen, habe ich gar nicht kritisiert, dass die Jungs und die Mädchen einfach von der Agrarministerbeschlussvorlage abgeschrieben haben. Das wollte ich gar nicht kritisieren. Davon haben früher sicherlich auch andere schon abgeschrieben. Aber ich habe kritisiert, dass man hier einen Kompromissvorschlag, der Deutschland sozusagen von Nord bis Süd abdeckt, nimmt, anstatt dass die niedersächsischen Politiker eigene agrarpolitische Intentionen, Vorstellungen und Ziele formulieren. Das ist doch unser Auftrag.
Herr Ehlen, Ihr Auftrag ist, mit den Kolleginnen und Kollegen auf der Bundesebene einen Konsens zu suchen. Aber unser Auftrag ist,
die agrarpolitischen Interessen Niedersachsens zu formulieren. Das ist der Unterschied.
Wenn Sie glauben, mich jetzt vorführen zu können, hätten Sie wirklich ein wenig eher aufstehen müssen.
- Nun wartet einmal ab, Jungs. - Sie haben den Wille-Antrag genannt, der in AgraEurope veröffentlicht worden ist. Ich lade Sie herzlich ein: Lesen Sie einmal die vier Seiten des Wille-Antrags in AgraEurope nach, und lesen Sie die vier Punkte nach, die wir in unserem Entschließungsantrag angesprochen haben.
Ich nenne nur einen Punkt - da haben Ihre Mitarbeiter nicht ordentlich recherchiert, Herr Ehlen -: die Milch. Die Forderungen zur Milchmarktpolitik, die wir in unserem Antrag gestellt haben, sind absolut konträr zu dem, was Wille in seinem Papier aufgeschrieben hat. Deshalb müssen Sie aufpassen, wenn Sie solche Vergleiche ziehen. Sie kommen dann in kurzes Gras und sehen alt aus. Jetzt sind Sie ruhig geworden.
Ich will noch einmal ganz deutlich sagen, weshalb wir den Antrag gestellt haben. Wir haben darauf hingewiesen, dass ein zentrales Anliegen der Europäischen Union, nämlich ein Nicht-Handelsanliegen - Naturschutz, Tierschutz, Lebensmittelsicherheit -, in den WTO-Verhandlungen keine Berücksichtigung gefunden hat. Damit ist der Nachhaltigkeitsstrategie, die wir in Europa verabredet haben und praktizieren, der Boden entzogen worden. Darauf haben wir hingewiesen und gesagt: Lasst uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht noch weitere Vorleistungen machen. Wir kriegen dafür zurzeit nichts. - Deshalb war es uns so wichtig, eine zeitliche Streckung zu erreichen.
Nun zur Entkoppelung der Prämien: Es ist ja richtig, die Anträge sind sozusagen obsolet geworden, weil die Entwicklung über uns hinweggegangen ist. Das ist völlig klar. Die Entkoppelung der Prämien ist der große neue Reformansatz. Die Landwirte sollen ihre betrieblichen Entscheidungen stärker an den Marktgegebenheiten orientieren. Gleichzeitig soll damit ein ganz großer Schritt zum Abbau von Agrarbürokratie getan werden.
Meine Damen und Herren, was wollten wir? Das steht auch darin. Herr Ehlen will das ebenfalls; das ist ja in Ordnung. Wir wollen eine bundeseinheitliche Flächenprämie haben, weil wir wissen, dass diese mit weniger Bürokratie verbunden ist und dass wir damit auch mehr Akzeptanz in unserer Gesellschaft haben.
Die Ergebnisse liegen seit heute Morgen vor. Alles, was wir jetzt sagen, kann nur vorläufig sein, weil wir die Übersetzungstexte noch nicht vorliegen haben. Aber es ist so gekommen, wie wir es befürchtet haben. Die Kolleginnen und Kollegen auf europäischer Ebene haben sich wie in einem orientalischen Basar verhalten. Es ist hin und her gefeilscht worden, und das, was herausgekommen ist, ist nicht immer das, was wir uns gewünscht haben. Der Grund: Der Agrarrat hat im Grunde genommen in der Tendenz das, was die Europäische Kommission vorgelegt hat, aufgenommen. Das heißt, die Umstellung des Agrarfördersystems hat geklappt. Aber ich sage ganz deutlich: Der große Wurf ist es nicht geworden, weil - Herr Ehlen hat es gesagt, ich kann darauf verzichten, es zu ergänzen - der Rat gleichzeitig eine Fülle von Ausnahmen bei der Entkoppelung beschlossen hat.
Wenn das so ist, kriegen wir in Europa Unterschiede in der Wettbewerbssituation, Unterschiede, deren Ausmaß wir im Moment überhaupt noch nicht abschätzen können - das ist fatal -, wir kriegen möglicherweise auch unterschiedliche Anwendungen innerhalb Deutschlands, und wir bekommen eine Bürokratie, die sich gewaschen hat. Wir haben Teilentkoppelungen, und wir haben Entkoppelungen, wir haben Unterschiede in den Produktbereichen und in den Regionen, und wir haben die Handelbarkeit. All das bedeutet einen riesigen bürokratischen Aufwand: Statt weniger Prämienregelungen - das hatten wir den Bauern versprochen - kommen mehr Prämienregelungen. Statt weniger Leuten in der Agrarverwaltung - das sage ich Ihnen heute schon voraus - werden wir dort eine Intensivierung haben.
Aber nun darf sich Herr Ehlen auch nicht hierhin stellen und wegen einer solchen Vorgehensweise Krokodilstränen vergießen. Ich habe beim letzten Mal hier vorgetragen, dass Herr Ehlen mit seinen Kollegen auf B-Länder-Ebene in Brüssel gewesen ist - ich habe gehört, Herr Kethorn war dabei - und dem Kommissar einen Vorschlag unterbreitet hat, der ein noch viel größeres bürokratisches Monstrum war als das, was jetzt herausgekommen ist.
Also, meine Damen und Herren, man kann nicht mit Bernhardinerblick zu Frau Künast gehen und hier in Niedersachsen den Kampfhund machen. So geht es nicht.
Zur Modulation: Wir wollten über die Modulation erst nach der Klärung der Zukunft der Marktordnung und deren finanziellen Auswirkungen und auch erst nach der Klärung der Zukunft der Strukturfonds sprechen. Nun müssen wir feststellen: Es ist entschieden worden. Auch Sie wollen diese Form der Modulation nicht. Aber sie beginnt im Jahre 2005, also im Zeitraum der Geltung der Agenda 2000, mit 3 %, 4 %, und im Jahr 2007 werden 5 % erreicht.
Wir kriegen zwar - das ist sicherlich ein Verdienst von Frau Künast, deren Verdienste ich hier nicht schmälern will - 80 %, in Deutschland sogar 90 %, des Geldes wieder zurück. Aber 10 % weniger sind auch weniger. 10 % weniger zu einem Zeitpunkt zu erhalten, zu dem wir noch nicht wissen, was alles aus der ersten Säule finanziert werden muss, halte ich für fatal. Deshalb haben wir auch in unserem Antrag gesagt: Es ist sinnvoll, das noch nicht jetzt zu entscheiden, sondern sozusagen erst im Lichte der Entscheidung, also dann, wenn man weiß, was alles noch an der Marktordnung verändert wird.
Lassen Sie mich abschließen. Positiv ist - ich muss jetzt alles kürzen -, dass die Degression weggefallen ist und dass Kürzungen beim Getreide zurückgenommen wurden. Positiv ist, dass die Stärkekartoffel stärker gekoppelt bleibt, als bisher angenommen wurde - dafür haben wir mit gesorgt -, und dass auch die Milch sozusagen entlastet wird. Aber ich glaube, der Preisdruck bei der Milch bleibt. Positiv ist sicherlich auch, dass die Milch frühzeitiger entkoppelt werden kann. Das ist eine wichtige Aufgabe für die Zukunft, die wir uns vornehmen sollten, weil es wahrscheinlich besser ist, dies mit einer Flächenprämie zu versehen und die Milch mit zu entkoppeln, als eine Grünlandprämie zu geben. Die Landwirte haben mehr davon.
Lassen Sie mich einen letzten Satz sagen, eine vorläufige Bewertung: Die Richtung der Reform stimmt. Die Bundesregierung hat einen passablen Verhandlungserfolg erzielen können. Aber ich sage
auch ganz deutlich: Die Reform hat beträchtliche Nebenwirkungen und Risiken. Ich habe sie angesprochen: Wettbewerbsverzerrung, zu viel Bürokratie. Außerdem ist die Frage, ob sie wirklich WTO-tauglich und ausreichend ist, mit einem dicken Fragezeichen zu versehen. Zu meinem Ausgangspunkt: Auch ist es mehr als fraglich, ob wir im Gegenzug etwas auf der WTO-Ebene erreichen. Deshalb können wir mit dem Ergebnis so nicht zufrieden sein. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Klein hat natürlich Recht, wenn er darauf abhebt, dass es außerordentlich schwierig ist, über das Gesamtpaket der europäischen Agrarpolitik und der anstehenden Reform im Rahmen der Beratung eines Entschließungsantrags zu debattieren. Deshalb muss man sich auf die wesentlichen Punkte konzentrieren, und die haben wir in unserem Entschließungsantrag herausgestellt. Ich will das auch begründen. Dann erkennen Sie nämlich den Zusammenhang, und dann werden Sie auch feststellen - insbesondere dann, wenn Sie Ihre eigenen Erläuterungen zur Milchmarktpolitik und zu den anderen Punkten, die Sie hier in Frageform angesprochen haben, noch in Erinnerung behalten haben -, dass es insgesamt schon Sinn macht, die Hektik, in die die europäische Agrarpolitik auf nationaler Ebene, auf europäischer Ebene und auf der Ebene der WTO-Runden jetzt verfallen ist, nicht mitzumachen und Lösungen übers Knie zu brechen, die Niedersachsen, dem Agrarland Nummer eins, hinterher große wirtschaftliche Probleme bereiten. Das, so meine ich, ist Aufgabe der Agrarpolitik.
Herr Klein, wenn Sie sich einmal mit den zeitlichen Abläufen dieser Reform auseinander gesetzt hätten, dann wüssten Sie, dass in diesem Monat in der Bundesrepublik Deutschland die Grundsatzentscheidung darüber fällt, wie man sich im Juni verhalten will. Dann wüssten Sie, dass alle Legislativvorschläge im Juni abschließend verhandelt werden sollen. Aber wer will das angesichts der Unklarheiten und angesichts der gewaltigen Auswirkungen, die bisher noch niemand so recht abschätzen kann, eigentlich verantworten? - Deshalb sagen wir an dieser Stelle „Halt!“ Wir sagen nicht „weg mit der Reform“, um Gottes Willen! Zu den Teilen, die unstreitig sind, sagen wir sogar: Da muss man ran, um frühzeitig Klärung herbeizuführen, damit die Landwirte frühzeitig wissen, was 2007 auf sie zukommt. Aber an den Stellen, an denen Unklarheit herrscht, müssen wir auch sagen: Hier brauchen wir erst einmal Klarheit.
Ich nenne nun die Punkte, bei denen Unklarheit herrscht und wir uns nicht durchgesetzt haben.
Erstens. Meine Damen und Herren, Sie entsinnen sich: Wir haben ein europäisches Agrarmodell entwickelt. Das war die Entscheidung mit der Agenda 2000. Dieses Agrarmodell sollte uns auf die WTO-Runde vorbereiten; mit diesem Modell sind wir in die Verhandlungen gegangen. Sie wissen, dieses Agrarmodell besteht aus, wenn Sie so wollen, zwei Säulen. Zum einen geht es um die Liberalisierung, um die Öffnung der Märkte, um den fairen Handel in der Welt. Zum anderen geht es um die Bereitschaft, Märkte zu öffnen, und darum - das ist ganz wesentlich, meine Damen und Herren -, unter dem Aspekt des fairen Handels dafür zu sorgen, dass die Standards, die wir in den Bereichen Tierschutz und Umwelt haben, auch bezüglich der Lebensmittelsicherheit in der WTORunde als nicht handelsbezogene Punkte verankert werden. Sie haben das bei der Milch ja selbst angesprochen.
Aber wie sieht die Situation heute aus? - Wir stellen fest, dass wir uns in Europa über dieses multifunktionale Modell der Agrarwirtschaft einig sind. Aber in der WTO-Runde haben wir es nicht durchgesetzt. Die Entwicklungsländer - und zwar alle sind gegen uns. Wir stellen fest, dass der Beauftragte für Agrarfragen, Stuart Harbinson, sein Papier ja in der letzten WTO-Runde vorgelegt hat, die nicht handelsbezogenen Aspekte in seinem Konzept aber nicht angesprochen hat.
Das heißt, wir haben mit unserer Position bisher totalen Schiffbruch erlitten. Aber wenn - so unsere Position der Multifunktionalität der Landwirtschaft - wir das, was wir unseren Landwirten an Zusatzleistungen abfordern, nicht über den Preis abgelten können - wie Sie das bei der Milch ja auch bedauern -, sondern das von ihnen ohne Gegenleistung der Käufer, der Konsumenten, geleistet werden muss, wenn das also so in der WTO-Runde beschlossen wird, dann laufen wir in eine wirtschaftliche Katastrophe. Bei der Milch zeichnet sich das schon ab, und beim Geflügelfleisch erleben wir das auch. Deshalb steht und fällt die Multifunktionalität der Landwirtschaft mit der Frage der Absicherung.
Das heißt, die EU hat hier ihre Aufgabe nicht erfüllt; denn die Entwicklungsländer sehen uns als jemanden an, der versucht, zusätzliche Handelsbarrieren zu errichten und sie über die ökologische Hintertür sozusagen von ihren Märkten auszu
schließen. Die Amerikaner, die AKP-Staaten und andere machen ihre eigene Politik. Ich bin ärgerlich darüber. Wir müssen alle darüber ärgerlich sein, weil wir den 77 AKP-Staaten die Zugänge zu unseren Märkten geöffnet haben und weil wir mit der Formel „alles außer Waffen“ auch den Welthandel für die Least Developed Countries unbegrenzt geöffnet haben. Deshalb muss an dieser Stelle abgewartet werden, was bei den weiteren Verhandlungen der WTO-Runde herauskommt, bevor wir uns sozusagen abschließend festlegen. Das können wir jetzt noch nicht. Wir haben ein Verhandlungspaket auf den Tisch gelegt. Das hat die Kommission am 21. Januar 2003 verabschiedet; das ist das Verhandlungspaket für die WTORunde. Darüber kann dann weiter beraten werden, aber nur im Lichte der Ergebnisse der WTOVerhandlungen. Schauen Sie sich einmal die Verbände an; denn die fordern das Gleiche, nämlich das, was ich hier sage. Das ist ein wichtiger Punkt, und zwar so, wie ich ihn Ihnen erläutert habe, damit Sie wissen, was dahinter steckt.
Zweitens. Jetzt wende ich mich an meinen Nachfolger im Amt. Ich muss vorsichtig sein, dass ich ihn nicht attackiere, weil er mit mir im Lande so liebenswürdig umgeht. Er hat aber nach meiner Einschätzung an zwei Punkten gravierende Fehler gemacht.
- Wartet doch einmal ab! - Ich beziehe mich jetzt auf die Entkoppelung. Die Entkoppelung ist das Kernelement des Angebotes an die WTO-Runde. Die Kommission will eine betriebsbezogene Ausgleichszahlung. Der niedersächsische Landwirtschaftsminister - sein Vorgänger, das Haus - hatte einen sehr guten Vorschlag, nämlich eine Entkoppelung vorzunehmen und die Prämie an die Fläche zu binden, weg vom Produkt, und zwar unabhängig von Acker und Grünland: eine bundeseinheitliche Flächenprämie und nichts anderes. Da kann ich auch in der Zukunft die Milchsausgleichszahlung mit einbinden. Dann wird das Grünland auf einmal so aufgewertet, wie es nicht der Fall wäre, wenn ich die Milchsausgleichszahlung nur an die Quote binde. Das haben wir im Hause ausgerechnet, Herr Ehlen. Wir sind der Auffassung, dass das der richtige Weg ist.
Es gibt natürlich Erschwernisse in der Übergangsphase. Da muss man Härtefallregelungen suchen. Aber den Weg müssen wir gehen. Aber Sie haben mit Ihren Kolleginnen und Kollegen auf Bund
Länder-Ebene und mit der Bundestagsfraktion einem Beschluss zugestimmt, in dem diese einheitliche Flächenprämie gerade nicht mehr weiter verfolgt wird. Nein, Sie wollen eine nach Acker und Grünland getrennte Flächenprämie in Kombination mit einer betriebsindividuellen, personenbezogenen Zusatzbeihilfe entsprechend der einzelnen Prämienhöhe auf der Basis des regionalen Plafonds. Lesen Sie das noch einmal in aller Ruhe nach. Agra Europe hat es geschrieben.
Das ist ein bürokratisches Monster, was Sie da fordern. Sie wollten - genauso wie wir - gerade Bürokratie abbauen. Aber hier schaffen Sie neue Bürokratie. Dieser Vorschlag ist auch in Brüssel von Kommissar Fischler mit vernichtender Kritik aufgenommen worden. Er hat gesagt: Das ist Bürokratie in höchster Form.
Meine Damen und Herren, lieber Kollege Ehlen, lassen Sie sich nicht von den Bayern und den Baden-Württembergern vereinnahmen. Behalten Sie die niedersächsische Position, die Position Ihres Hauses bei. Die ist gut, die ist richtig. Auch der Niedersächsische Landvolkverband will das.
Ein weiter Punkt. Meine Damen und Herren, auch hier meine Empfehlung, Herr Ehlen: Bleiben Sie bei der niedersächsischen Linie, die wir bisher gemeinsam verfolgt haben. Die Bayern und BadenWürttemberger wollten immer, dass die Direktzahlunger der Markt- und Preispolitik durch die nationalen Regierungen kofinanziert werden sollen. Herr Ehlen, wir haben immer gesagt: Das darf nicht sein, weil das zu Wettbewerbsungleichheiten in Europa, aber auch zwischen den Bundesländern führt. Wir dürfen die nationale Kofinanzierung nicht einführen.
Dafür wäre ich auch sehr dankbar. - Die Marktund Preispolitik ist eine ureigenste Angelegenheit der Europäischen Union. Wir dürfen die EU doch nicht aus dieser Verantwortung entlassen, dafür 100 % Finanzierung zu leisten.
Sie sehen, Herr Ehlen, auch in Ihrem Haushalt - wenn ich den Nachtragshaushalt anschaue - wird Landesgeld als Kofinanzierungsgeld für europäische Programme gekürzt. Das wird in allen Ländern so sein, nicht nur in Niedersachsen. Alle Finanzminister werden sich bei der Prioritätenabwägung für andere Prioritäten entscheiden, als das Geld in der Landwirtschaft zu lassen. Deshalb sage ich Ihnen: Bleiben Sie bei dem niedersächsischen Weg. Halten Sie sich daran, dass wir keine nationale Kofinanzierung einführen, sonst erleiden die niedersächsischen Landwirte ganz bitteren Schiffbruch. Deshalb meine herzliche Bitte: Lassen Sie die Bayern das alleine machen, wenn sie das wollen, auch wenn sie da hineinschreiben, der Bund soll die Kofinanzierung leisten. Welcher Bundesfinanzminister hat denn in Zukunft das Geld, um die Kofinanzierung sicherzustellen, zumal dann, wenn die Strukturpolitik oben nicht gedeckelt ist und die Kofinanzierung für Strukturpolitik mobilisiert werden muss?
Das ist meine Anregung. Wir werden im Ausschuss sehr intensiv darüber zu reden haben, auch über die Vorschläge, die Herr Klein gemacht hat. Ein Großteil der Vorschläge zur Milchpolitik ist akzeptabel, aber das, was seitens der Union vorgelegt worden ist, ist nicht akzeptabel. Wir werden den konstruktiven Dialog in Zukunft miteinander fortsetzen. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sollten es bei der Diskussion über Anträge hier im Hause so halten, dass wir versuchen, auf die Argumente der einen Seite zu hören und dann mit unseren eigenen Argumenten zu kommen. Wir sollten versuchen, Gemeinsamkeiten zu erkennen oder Gegensätze herauszuarbeiten. Es geht nicht, meine Damen und Herren, dass man hier eine vorgefertigte Rede hält
und auf das, was ich hier vorgetragen habe, mit keinem Wort eingeht. So kann man das nicht machen, meine Damen und Herren. Wir haben in der EU die Multifunktionalität von Landwirtschaft beschlossen, und sie wird in Deutschland exzellent praktiziert. In Europa haben wir damit aber Schiffbruch erlitten. Auf das große Problem habe ich sehr deutlich aufmerksam gemacht. Dazu ist von den folgenden Rednern aber kein Wort gesagt worden.
Herr Kethorn, Sie müssen verstehen, wir können uns natürlich nicht von dem abkoppeln, was in der WTO-Runde läuft. Dort werden die Rahmenbedingungen für den Handel der Zukunft festgezurrt. Wenn Sie schon bei der Sprecherkonferenz waren, hätten Sie besser zuhören sollen.
Die Unterschiedlichkeit zwischen einer einheitlichen Flächenprämie und einer betriebsbezogenen Prämie haben Sie so fortwährend durcheinander geworfen, dass wir bei den von Ihnen vorgebrachten Argumenten ganz schwindelig geworden sind. Es gab keine stringente Linie zu erkennen. Da war Herr Ehlen schon deutlicher.
Wir wollen die einheitliche Flächenprämie. Sie ist für Niedersachsen gut. Herr Ehlen ist niedersächsischer Landwirtschaftsminister. Er muss in erster Linie für die Agrarwirtschaft Niedersachsens kämpfen. Wir dürfen nur diesen Weg verfolgen. Jeder andere Weg würde zum Nachteil für unsere Agrarwirtschaft sein. Deshalb ist das noch einmal mit Vehemenz deutlich gemacht worden.
Auch zu dem nächsten Punkt habe ich keine Antwort bekommen. Dazu können im Ausschuss in Ruhe alle Antworten gegeben werden, wenn die Frage zu beantworten ist, ob wir eine nationale Kofinanzierung wollen. Sie ist für die niedersächsische Agrarwirtschaft von riesigem Nachteil. Sie bringt Wettbewerbsverzerrungen und die Wettbewerbsungleichheit, die Sie immer verhindern wollten. Diese kommen aber, wenn sich nichts ändert. Dazu habe ich keine Antwort von Ihnen erhalten. Sie können die Antworten aber noch gebündelt im Agrarausschuss geben. - Herzlichen Dank.