Marlies Stotz
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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörer! Mit ihrem Antrag greift die FDP ein Thema auf, das auch meiner Fraktion sehr am Herzen liegt. Dieses Thema wird nicht nur hier im Haus, sondern auch auf der kommunalen Ebene landauf, landab seit geraumer Zeit diskutiert: Wie schaffen es Land und Kommunen gemeinsam, die große Zahl von zugewanderten Kindern und jungen Menschen möglichst schnell in un
ser Bildungssystem zu integrieren und ihnen ein passendes Bildungsangebot zu machen? Dieses Thema kann man hier eigentlich nicht häufig genug aufrufen.
Wenn ich jedoch den FDP-Antrag lese, wird mir klar, dass es der FDP nicht um die Sache geht, sondern das ist wieder der Versuch, eine Attacke gegen die Landesregierung zu fahren.
Sie waren uns gegenüber gerade auch nicht sehr nett. – Ich will aus dem Antrag zitieren. Dort wird formuliert:
„Spätestens seit den Verhandlungen zum Integrationsplan war absehbar, dass die Landesregierung die Herkulesaufgabe der Flüchtlingsintegration nicht mit dem notwendigen Ernst verfolgt.“
Weiter heißt es im FDP-Antrag über die Landesregierung:
„Vielmehr folgt sie ihrem eingespielten Handlungsschema, mit dürftiger Planung loszulegen, um, wenn es gar nicht mehr anders geht, mit Nachbesserungen nachzulegen.“
Das meine ich damit, wenn ich sage, dass es Ihnen nicht wirklich ernst ist. Angesichts der intensiven Diskussionen und zahlreichen Anhörungen zum Integrationsplan hier im Hause mit allen Beteiligten – seien es im Bildungsbereich die kommunalen Spitzenverbände, die Kirchen, die Gewerkschaften, die Wohlfahrtsverbände und andere mehr – ist es nämlich ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich mit aller Ernsthaftigkeit in die Debatte um den Integrationsplan eingebracht haben,
die die Herausforderungen insbesondere im Bildungsbereich benannt und mit uns gemeinsam Lösungen aufgezeigt haben, die es braucht, um Integration durch Bildung zum Gelingen zu bringen.
Ich will in diesem Zusammenhang – vielleicht weiß Herr Dr. Stamp das nicht, weil er nicht im Schulausschuss ist – noch einige Dinge geraderücken.
Nein, ich möchte das jetzt erst zu Ende führen. – Ich will an die Kommunalen Integrationszentren erinnern, die wir inzwischen flächendeckend im Land eingerichtet haben. Es ist deren Aufgabe, in enger Abstimmung mit den Kommunen und den Schulträgern dafür zu sorgen, dass die geflüchteten jungen Menschen einen Schulplatz bei uns bekommen. Es ist eine kommunale Pflichtaufgabe – daran möchte ich noch einmal erinnern –,
das zu regeln, natürlich immer in Zusammenarbeit mit der Landesregierung. Darum kümmern wir uns.
Bei den Haushaltsberatungen war eben schon das Programm „Gute Schule 2020“ Thema. Sie fordern Flexibilität, Räume für nachmittags und was auch immer. Wir jedoch sorgen dafür, indem wir den Kommunen 2 Milliarden € an die Hand geben, damit sie genau das umsetzen können.
Wahrscheinlich ist auch das zu dürftig. Sie haben es nämlich nicht verstanden. Das hohe Maß an Flexibilität, das Sie einfordern, können die kommunalen Schulträger doch erbringen. Das müssen wir doch nicht in Düsseldorf entscheiden. Wo leben Sie denn eigentlich?
Daran merke ich, dass Sie überhaupt nicht wissen, wie die Dinge sortiert sind und wer wofür zuständig ist. So sieht es aus.
Dann fordern sie mehr Lehrer. Natürlich! Wir haben mehr und mehr Lehrer eingestellt, um die zunehmende Zahl von Schülerinnen und Schülern im Land beschulen zu können. Wenn Sie jedoch genau hinschauen – ich unterstelle Ihnen, dass Sie das schaffen –, stellen Sie fest, dass gar keine Lehrer mehr auf dem Markt sind. Das ist nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern bundesweit der Fall, weil wir so viele Lehrer eingestellt haben. Da nutzt es nichts, wenn man wohlfeil hineinschreibt: Stellen wir noch ein paar Lehrer ein.
Die Rolle der Weiterbildung haben wir gemeinsam – da sind wir auch gar nicht weit auseinander, Frau Gebauer – mit allen, die da tätig sind, immer wieder in den Blick genommen. Dies geschah zuletzt beispielsweise in einer gemeinsamen Aktion, in der wir die Bundesbildungsministerin davon überzeugen konnten, dass auch an den Weiterbildungskollegs Flüchtlinge gefördert werden können. Das haben wir gemeinsam geschafft.
Dann haben Sie gerade gesagt: Zwei Tage vorher kommt ein neues Programm. – Ich will es nur einmal zeigen; es liegt Ihnen auch vor.
Das sind die Maßnahmen, die wir längst alle eingerichtet haben. Das kann man jetzt nicht lesen, aber es ist genau für die Zielgruppe gedacht, die Sie eben angesprochen haben.
Nicht jeder Flüchtling ist gleich, und nicht jeder Flüchtling hat einen Schulabschluss nötig. Der eine
hat vielleicht schon einen, braucht aber trotzdem eine Förderung. Darum geht es. Deswegen gibt es dieses differenzierte Angebot in unserem Land auch für diejenigen, die älter als 18 Jahre sind. – So weit dazu.
Deswegen haben wir unseren Entschließungsantrag eingebracht. Hier haben Sie uns nicht an Ihrer Seite. – Vielen Dank.
Ich muss hier nicht darauf hören, was Frau Beer dazu sagt. Die Grünen werden sich gleich auch noch zu dem Antrag verhalten.
Ich wollte nur deutlich machen, dass Sie von der FDP mit Ihrem Antrag ein Problem aufzeigen, das längst
erkannt ist, und an dem wir alle miteinander intensiv arbeiten.
Vor allem: Sie beziehen sich da auf Köln. Ich sage nur: Dafür braucht man keinen Antrag zu schreiben. Da wendet man sich einfach an die Bezirksregierung; das ist an der Stelle die richtige Taskforce. Die prüft zusammen mit der Kommune, wie man vor Ort am besten helfen kann.
Seit diesem Sommer gibt es Gespräche zwischen der Bezirksregierung und der Kommunalverwaltung in Köln, in denen es darum geht, wie wir jetzt die Kuh vom Eis kriegen. Heute, am 1. Dezember 2016, starten 17 neue internationale Förderklassen in Köln. Das ist nur ein Ergebnis dieser intensiven Beratungen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Monaten konnten wir im Haus das vierzigjährige Jubiläum des nordrhein-westfälischen Weiterbildungsgesetzes feiern. Dieses Gesetz – übrigens maßgeblich von Reinhard Grätz, einem SPD-Abgeordneten hier im Hause, vorangetrieben – bildet die Grundlage für unsere insgesamt sehr
plurale und leistungsfähige Weiterbildungslandschaft in Nordrhein-Westfalen. Darauf sind wir in der SPDFraktion auch heute noch stolz.
Wir sind seitdem aber nicht stehengeblieben, sondern haben über all die Jahrzehnte hinweg immer wieder im engen Schulterschluss mit der Weiterbildung sehr vertrauensvoll daran gearbeitet, die Weiterbildungsangebote in unserem Land auf der Höhe der Zeit zu halten.
In der aktuellen Legislaturperiode haben mehr oder weniger alle Fraktionen gemeinsam und kontinuierlich daran gearbeitet – zuletzt in der breit angelegten Weiterbildungskonferenz –, die Rahmenbedingungen so zu gestalten und weiterzuentwickeln, dass die Einrichtungen der Weiterbildung den sich ihnen stellenden Herausforderungen auch gewachsen sind. Wir haben einen langen Prozess gemeinsam begleitet. Am Ende ist dann eine Reihe von wertvollen Empfehlungen an das Parlament herangetragen worden. Diese werden nun peu à peu umgesetzt und wiederum in einem sehr dialogorientierten Prozess mit den Vertretern der Weiterbildung vorangetrieben.
Landesregierung und Parlament – regierungstragende wie oppositionelle Fraktionen hier im Haus – stehen hier stets und oft auch an dieser Stelle gemeinsam in einem sehr engen Austausch mit den Vertretern der Weiterbildung.
Kommen wir aber nun zum Antrag. Auch wenn ich der Auffassung bin, dass es prinzipiell immer richtig und gut ist, wenn wir die Weiterbildung hier im Plenum zum Thema machen, muss ich heute an dieser Stelle aber sagen, dass dieser Antrag völlig überflüssig ist. Mit dem Antrag zur Situation der Weiterbildung bringt die CDU meines Erachtens heute einen lupenreinen Rohrkrepierer ein.
Ich will an dieser Stelle an die CDU appellieren: Ziehen Sie diesen Antrag besser zurück!
Ich habe mich gefragt, was die CDU mit diesem Antrag zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich bezwecken will, außer dass sie vermutlich einen Beitrag zum aufziehenden Wahlkampf liefern wollte. Das ist gehörig schiefgegangen, finde ich; denn heute Vormittag wurde der zweite Nachtragshaushalt eingebracht. Hierin steht es schwarz auf weiß geschrieben, Herr Tenhumberg. Für die gemeinwohlorientierte Weiterbildung werden zusätzlich 6,25 Millionen € aufgebracht,
um die Einrichtungen der Eltern- und Familienbildung, um die Volkshochschulen und andere Einrichtungen dabei zu unterstützen, die Herausforderungen der Zuwanderung zu bewältigen.
Wir geben den Einrichtungen damit Planungssicherheit. Das haben Sie eben eingefordert. Die zusätzlichen Mittel sind bis 2019 fest zugesagt. Das freut aber nicht nur uns. Das freut auch die Weiterbildung selbst.
Der Gesprächskreis der Weiterbildung hat uns dies gestern in einem Brief mitgeteilt. Ich habe gedacht, Sie hätten ihn auch gelesen, Herr Tenhumberg. Aber Sie kommen auch nicht unbedingt aus dem Bereich der Weiterbildung. Jedenfalls hat uns der Gesprächskreis der Weiterbildung gestern einen Brief geschickt und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir mit der Politik, die wir im Moment an der Stelle nach vorne bringen, richtig liegen. In diesem Brief wird ausdrücklich begrüßt, dass wir den Forderungen des Gesprächskreises mit dem Nachtragshaushalt Rechnung tragen und in die Struktur der Einrichtungen investieren.
Wörtlich heißt es in diesem Brief – ich zitiere –: Wir wissen um Ihren Beitrag und bedanken uns bei Ihnen und Ihrer Fraktion für die Unterstützung unseres Anliegens.
Ich will Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der CDU, auch gerne noch einmal daran erinnern, dass wir die Kürzungen aus der schwarz-gelben Vorgängerregierung bereits zu Zeiten der Minderheitsregierung komplett zurückgenommen haben.
Wir haben Planungssicherheit geschaffen, indem wir die Rücknahme der Kürzungen für die gesamte Legislaturperiode durchtragen.
Meinen Redebeitrag will ich aber jetzt nicht beenden, ohne den Trägern der Weiterbildung mit all ihren engagierten Kolleginnen und Kollegen für ihren Einsatz bei der Bewältigung dieser großen Aufgabe – der durch die große Zuwanderung bedingten Integration – einmal herzlich zu danken. Wir haben kurzfristig in einem Sofortprogramm 2 Millionen € zusätzlich für Sprachkurse eingestellt. Ohne den großen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen wäre manches Angebot, das vielen Flüchtlingen beziehungsweise Zugewanderten eine erste Orientierung in unserer neuen Gesellschaft gegeben hat und weiterhin geben wird, gar nicht erst möglich gewesen. Dafür sagen wir herzlichen Dank an die Weiterbildung.
Sie wird uns weiterhin als verlässlicher Partner an ihrer Seite haben. Dafür haben wir die notwendigen Mittel – wie heute aktuell in Bezug auf den Nachtragshaushalt bereits erwähnt – zur Verfügung gestellt.
Deshalb abschließend an die CDU noch einmal mein Appell: Ziehen Sie Ihren Antrag zurück! Der Zug ist längst raus aus dem Bahnhof. Oder anders ausgedrückt: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einigermaßen irritiert bin ich über den FDP-Antrag mit der Forderung nach einer, wie Sie es nennen, unbürokratischen Rückmeldung über die Lehrgänge zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen bis 2017.
Als Absolventin eines Weiterbildungskollegs, bei dem ich mein Abitur abgelegt habe, muss ich wohl nicht betonen, wie wichtig mir persönlich dieser Bereich ist. Auch unserer Fraktion liegt das Nachholen von Schulabschlüssen sehr am Herzen. Dennoch ist dieser Antrag für uns zeitlich völlig unpassend und aus meiner Sicht inhaltlich völlig überflüssig. Wenn wir uns die weiterbildungspolitische Diskussion in der laufenden Legislaturperiode einmal vor Augen halten, fragt man sich doch allen Ernstes – frei nach Grönemeyer –: Was soll das? Im Ernst: Was bezweckt die FDP mit diesem Antrag?
Nachdem die Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren mehrfach wissenschaftlich evaluiert worden ist – zuletzt durch das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung –, hat es mit allen an der Weiterbildung Beteiligten einen ausführlichen Diskussionsprozess darüber gegeben, wie unser Weiterbildungssystem bedarfsgerecht und qualitätsvoll weiterentwickelt werden kann.
Eine wichtige Empfehlung dieses Prozesses war unter anderem, ein aussagekräftiges und zugleich schlankes Berichtswesen zu entwickeln und im Land zu etablieren. Wir waren uns fraktionsübergreifend einig darüber, dass das zu entwickelnde Berichtswesen mit möglichst wenig Aufwand von
den Weiterbildungseinrichtungen im Land flächendeckend bedient werden soll.
Im Anschluss an die Weiterbildungskonferenz, an der mehr als 50 Gruppierungen aus der Weiterbildung – Verbände, Gewerkschaften, kommunale Vertretungen und andere wichtige Institutionen – teilgenommen haben, wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Ministeriums für Schule und Weiterbildung und des Gesprächskreises für Landesorganisationen der gemeinwohlorientierten Weiterbildung einberufen und sodann ein Vorschlag für ein ebenso schlankes wie transparentes Berichtswesen erarbeitet.
Dies ist inzwischen landesweit in einem ersten Durchlauf erprobt worden. Vor der endgültigen Etablierung dieses Berichtswesens soll es einen zweiten Durchlauf im kommenden Jahr, also 2016, geben, um den Aufwand für die Einrichtungen so gering wie möglich zu halten und eventuelle Schwachpunkte für die zukünftige Handhabung möglichst zu minimieren. Danach soll 2017, also in knapp einem Jahr, die Einführung erfolgen. So ist es vereinbart.
Genau zu diesem Zeitpunkt fordert die FDP nun eine zusätzliche Rückmeldung der Einrichtungen über die Angebote bei den nachholenden Schulabschlüssen. Dafür fehlt mir und meiner Fraktion jedes Verständnis. Mitten im laufenden Verfahren, das – ich betone es noch einmal – mit allen Beteiligten so verabredet worden war, sollen die Einrichtungen, die ohnehin durch die aktuell wirklich angespannte Situation im Hinblick auf die Integrationsaufgaben bei Flüchtlingen am Limit arbeiten, zusätzliche Berichte liefern, wenn es nach dem Willen der FDP geht.
Apropos Integration: Die Herausforderungen in Bezug auf die Flüchtlinge sind natürlich für die Weiterbildung enorm. Da sind wir uns sicher einig. Aber anstatt ein Mehr an Bürokratie loszutreten, haben wir gemeinsam mit der rot-grünen Landesregierung dafür gesorgt, dass in diesem Jahr und im kommenden Jahr zusätzliche Mittel für Integrationsaufgaben zur Verfügung gestellt werden.
Die FDP fordert stattdessen mehr bürokratischen Aufwand. Das ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar. Wir halten den eingeschlagenen Weg der onlinegestützten Datenerhebung und der damit vereinbarten Erprobung für richtig und werden den Einrichtungen nicht noch mehr Bürokratie aufbürden. Das ist aus unserer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt eine Zumutung.
Was für Politikverständnis der FDP verbirgt sich eigentlich dahinter? Waren die Bekenntnisse von Ihnen, Frau Schmitz, bei den Empfehlungen zu der Weiterbildungskonferenz denn nicht ernst gemeint? Sie selber haben, wie die anderen Fraktionen hier im Hause auch, in der Debatte über die Empfehlungen aus der Weiterbildungskonferenz im Frühjahr
2013 für ein schlankes Berichtswesen plädiert. Heute verlangen Sie von den Einrichtungen weiteren bürokratischen Aufwand. Damit gefährden Sie meines Erachtens den gemeinsam verabredeten Prozess.
Meine Fraktion wird dies nicht unterstützen. Wir halten uns an den vereinbarten Weg und freuen uns, wenn wir gemeinsam mit den Einrichtungen und dem Ministerium am Ende des Prozesses ein aussagekräftiges Berichtswesen etablieren werden, das allen gerecht wird und uns, der Politik, wichtige Hinweise für die künftige Steuerung und Entwicklung der Weiterbildung in unserem Land liefert.
Der Überweisung in den Ausschuss stimmen wir heute zu, wobei es mich allerdings wundert, dass Sie überhaupt noch eine Runde durch den Ausschuss drehen wollen; denn Sie haben es ja so eilig, an die Daten zu kommen. Das bedeutet doch eine weitere Zeitverzögerung. Wir stimmen der Überweisung zwar zu, weil das hier im Hause üblich ist. Aber ansonsten werden wir Ihnen nicht folgen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen unmittelbar vor dem Ende des ersten Schuljahrs, in dem das Erste Gesetz zur Umsetzung der VNBehindertenrechtskonvention in den Schulen unseres Landes Einzug gehalten hat. Mit Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes am 1. August letzten Jahres haben wir nach einem intensiven, gründlichen und teils auch sehr leidenschaftlichen Beratungsprozess mit allen am Schulleben Beteiligten unser Schulrecht entsprechend der Behindertenrechtskonvention weiterentwickelt und damit für jedes Kind den Rechtsanspruch auf einen Platz in der allgemeinen Schule festgeschrieben.
Auch wenn wir in Nordrhein-Westfalen auf eine lange Tradition des gemeinsamen Lernens zurückblicken können, war allen Beteiligten von Anfang an klar, dass der Umbau unseres Schulsystems hin zu einem inklusiven Angebot keine leichte Aufgabe ist, dass der Weg dahin mit zahlreichen Stolpersteinen gepflastert sein würde und dass der Prozess vor allem eines braucht, nämlich Zeit.
Im Beratungsverlauf haben wir immer wieder darauf hingewiesen, dass das 9. Schulrechtsänderungsgesetz ein erstes Gesetz zur Umsetzung der Inklusion im Schulwesen darstellt. Damit meinen wir, dass auf dem Weg hin zu einem inklusiven System sicherlich Fragestellungen auftreten und sich Probleme ergeben werden, die wir am Anfang des Prozesses noch gar nicht im Blick hatten, oder dass es sicherlich an der einen oder anderen Stelle auch Sand im Getriebe geben wird.
Ministerin Löhrmann hat es in der letzten Plenardebatte, als es auch um das Thema „Inklusion“ ging, völlig richtig formuliert: Inklusion ist ein Kinderrecht, Inklusion ist aber längst kein Kinderspiel.
Inklusion, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist eine Herausforderung für alle – in der Schule wie in der gesamten Gesellschaft.
Deshalb ist es richtig und wichtig, den Umbauprozess auch vonseiten der Politik engmaschig zu begleiten. Da, wo sich etwas problematisch entwickelt, müssen wir auch den Mut haben, umzusteuern, nachzubessern und darüber nachzudenken, wie es gelingen kann, den Schulen bei Problemen bedarfsgerechte Unterstützung zukommen zu lassen.
Das ist das erklärte Ziel dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen.
Der in Rede stehende Antrag der Piratenfraktion basiert – so steht es zu vermuten – auf einem Schreiben, das der Verband Sonderpädagogik an die Fraktionen hier im Haus gerichtet hatte. Hierin wird beklagt, dass die Bezirksregierung Münster nicht alle AO-SF-Verfahren im laufenden Schuljahr wird abschließen können.
Auch die SPD-Fraktion hat dieses Schreiben erhalten. Im Gegensatz zur Fraktion der Piraten, die als Oppositionsfraktion, wie nicht anders zu erwarten, hieraus gleich einen Antrag formuliert, haben wir es vorgezogen, uns mit diesen aufgezeigten Problemen direkt an das Ministerium zu werden. Denn auch uns ist es wichtig, dass da, wo Probleme auftreten, schnellstmöglich nach Lösungen gesucht wird.
Das Ministerium hat uns gegenüber deutlich gemacht, dass trotz dieser aufgetretenen Engpässe die Förderung der Kinder nicht gefährdet ist. Allein das ist für uns entscheidend und maßgeblich. Darauf kommt es doch an.
Von daher wurde hier ja bereits gehandelt. So gut man das Anliegen der Opposition vielleicht nachvollziehen kann: Wir sind einen Schritt weiter. Aus unserer Sicht erübrigen sich deswegen auch ein derartiger Antrag und eine Aufforderung an das Ministerium. Deshalb werden Sie sicherlich verstehen, dass wir diesen Antrag dann hier und heute ablehnen.
Unabhängig vom Piratenantrag können wir aber festhalten: Der Inklusionsprozess in unserem Land ist in vollem Gange. Es zeigt sich, dass sich die Schulen im Land auf den Weg gemacht haben und dass sie sich der Aufgabe auch sehr engagiert annehmen. Die Schulen haben selbst ein hohes Interesse daran, den Prozess gelingend voranzubringen.
Dabei ist uns auch klar, dass es an der einen Schule besser gelingt als an der anderen, dass es Schulen gibt, die bereits Erfahrungen sammeln konnten, und andere wiederum noch sehr am Anfang stehen.
Es gibt Entwicklungen, die wir im Blick behalten müssen, wie etwa den Anstieg der Zahl der AO-SFVerfahren, den wir aktuell zu verzeichnen haben und der auch uns mit Sorge erfüllt. Hier sind wir, die Politik, sicher gefordert, den Ursachen genauer auf den Grund zu gehen und nachzusteuern. Das haben wir den Schulen zugesichert, und das sind wir vor allen Dingen den Kindern schuldig, die einen Anspruch auf ihre individuelle Förderung haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Nach der gerade doch sehr strittigen und heftigen Debatte zur Zukunft unserer Hochschulen
kommen wir nun zu einem wichtigen bildungspolitischen Thema, das von großer Gemeinsamkeit geprägt ist. Der Präsident hat es gerade schon angedeutet. Der Wunsch meiner Fraktion, mit unserem Antrag mit dem Titel „Breites Bündnis gegen Analphabetismus“ nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch hier im Hause ein breites Bündnis für dieses gesellschaftspolitisch immens wichtige Thema zu initiieren, hat sich damit erfüllt.
Schon in der ersten Plenarrunde zu diesem Thema im vergangenen Jahr zeichnete sich ab, dass zwischen den regierungstragenden Fraktionen und der Opposition hier im Haus ein deutlich erkennbares Maß an Übereinstimmung herrschte. Das hat mich damals bereits gefreut. Umso mehr freue ich mich heute, dass wir inzwischen von einem AllFraktionen-Antrag sprechen können. Meine Fraktion begrüßt die Ergänzungen, die in der Zwischenzeit in den Antrag eingearbeitet worden sind, ausdrücklich.
Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Einigkeit in der Sache der Zielsetzung insgesamt guttut und wir jetzt eine hervorragende Ausgangslage haben, um das drängende Problem des Analphabetismus in unserem Land erfolgreich mit allen auch im Antrag genannten Partnern angehen zu können.
In der Debatte im vergangenen Jahr haben alle Fraktionen bereits deutlich gemacht, dass Analphabetismus beileibe nicht allein ein individuelles Problem darstellt, das die Betroffenen in der Folge weitgehend vom gesellschaftlichen und politischen Leben ausschließt, sondern dass die Tatsache, dass rund 14,5 % der erwerbstätigen Bevölkerung von funktionalem Analphabetismus betroffen sind, kein Nischenproblem, sondern ein längst ernst zu nehmendes gesellschaftliches und strukturelles Problem darstellt.
Ich bin froh darüber, dass wir alle in der Einschätzung übereinstimmen, dass wir uns dies nicht länger leisten können und auch nicht dürfen.
Wir wissen, dass wir die Betroffenen nicht über einen Kamm scheren dürfen, dass die Problemlagen, die die Menschen zu funktionalen Analphabeten gemacht haben, höchst unterschiedlich sind und deshalb auch die Angebote zur Überwindung dieser extremen Benachteiligung ebenso unterschiedlich und vielschichtig sein müssen.
Mit diesem nun gemeinsamen Antrag fangen wir nicht bei null an. Der gemeinsame Antrag ist ein Signal dafür, dass wir an diese bereits bestehenden guten Ansätze, die zum Beispiel bei den Volkshochschulen und auch einer Reihe von anderen Bildungsträgern bereits gefahren werden, anknüpfen wollen.
Dennoch müssen wir auch über andere Angebotsformate und neue Kooperationsformen nachdenken. Dabei ist klar, dass es zusätzlicher Anstrengungen bedarf, wenn wir die Zahl der funktionalen Analphabeten erkennbar und nachhaltig senken wollen und damit deutlich mehr Betroffenen als bisher neue Perspektiven eröffnen wollen.
Für uns ist völlig unstrittig, dass wir bei der Bekämpfung des funktionalen Analphabetismus alle Bildungseinrichtungen in den Blick nehmen müssen. Neben den Einrichtungen der Weiterbildung müssen wir also auch unsere allgemeinbildenden Schulen möglichst frühzeitig einbinden, um das Problem gar nicht erst entstehen zu lassen. Deswegen müssen auch Lehrerinnen und Lehrer in der Ausbildung und über Fortbildungsmaßnahmen gestärkt werden, die Alphabetisierung erfolgreich anzupacken. Daher ist die Ergänzung im ersten Spiegelstrich des Forderungsteils im Antrag auch aus unserer Sicht zielführend; denn sie zielt zu Recht darauf ab, dass verstärkt präventive Ansätze entwickelt werden müssen.
Zudem müssen wir meines Erachtens weit mehr als bisher daran arbeiten, in der Gesellschaft für Sensi
bilisierung zu sorgen und Analphabetismus aus der Tabuzone herauszuholen. Hier gilt es, in allen gesellschaftlichen Bereichen neben den bereits bestehenden Ansätzen neue Ansätze zu entwickeln – sei es am Arbeitsplatz, im Freundeskreis, in der Familie, im Sportverein oder wo auch immer. Wir müssen es schaffen, die betroffenen Menschen zu ermutigen, sich zu öffnen und sich davon überzeugen zu lassen, dass es nie zu spät ist, schreiben und lesen zu lernen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Betroffenen ist es nie zu spät. Für uns hier im Hause, aber auch im gesamten Kreis der Verantwortlichen ist es höchste Zeit, diese gesellschaftliche Herausforderung verstärkt anzugehen. Dafür geben wir heute mit der Verabschiedung dieses fraktionsübergreifenden Antrags hier gemeinsam den Startschuss. Das ist gut so – ein gutes Signal; ein guter Tag für das erklärte Ziel, dem Analphabetismus in unserem Land den Kampf anzusagen. Gehen wir es gemeinsam an. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am letzten Wochenende ging die Frankfurter Buchmesse, die weltweit größte Messe ihrer Art, zu Ende. Auch in diesem Jahr konnten sich die Veranstalter über eine gewaltige Besucherzahl freuen. Die Besucherinnen und Besucher gehörten nicht nur dem Fachpublikum an, sondern es fanden sich darunter auch viele private Lesebegeisterte. Rund 270.000 Besucher und Besucherinnen aus aller Welt, darunter Zigtausende aus Deutschland, haben dieses Mega
Literaturereignis besucht. Das Interesse an guter Literatur in unserem Land ist groß.
Man könnte unter dem Eindruck dieser guten Bilanz zu dem Schluss kommen: Lesen ist in.
Im krassen Gegensatz zu dieser Einschätzung steht die Zahl der rund 7,5 Millionen Deutschen zwischen 18 und 64 Jahren, die man als sogenannte funktionale Analphabeten bezeichnet. Von funktionalem Analphabetismus spricht man, wenn der Betroffene zwar aufgrund der bestehenden Schulpflicht mit der
Schriftsprache in Kontakt gekommen ist, er oder sie aber erhebliche Defizite in der Anwendung von Schriftsprache als Kommunikationsmittel aufweist.
Für Nordrhein-Westfalen heruntergebrochen bedeutet dies, dass wir rund 1 bis 1,5 Millionen Frauen und Männer in unserem Land haben, die nicht ausreichend schreiben und lesen können. Das ist beileibe kein Nischenproblem. Das ist ein gesellschaftlich ernst zu nehmendes Problem und stellt sich damit auch als besondere bildungspolitische Herausforderung dar.
Bis in die 60er-Jahre ging man davon aus, dass Analphabetismus in unserem Land eigentlich kein Thema mehr sei – und wenn doch, dann allenfalls beschränkt auf Einzelschicksale, begründet im individuellen Unvermögen.
Heute wissen wir, dass funktionaler Analphabetismus nicht allein ein individuelles, sondern auch ein gesellschaftlichen und strukturelles Problem darstellt, von dem immerhin rund 14,5 % der erwerbstätigen Bevölkerung betroffen sind.
Wie zeichnet sich diese Betroffenheit aus? – Funktionale Analphabeten führen oft ein Leben im Abseits, immer darauf bedacht, mit ihren Schwächen nicht aufzufallen, sich in einer zunehmend wissensbasierten Welt nicht zu blamieren und sich irgendwie durchzumogeln. Ihr Leben ist geprägt von Ängsten und von Unsicherheiten, von Perspektivlosigkeit. Sie sind oft weitgehend vom gesellschaftlichen Leben und auch von der politischen Teilhabe ausgeschlossen.
Sie sind zudem überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen. In Zeiten, in denen am Arbeitsplatz der Umgang mit Computerbildschirmen und Digitaldisplays zu den Grundvoraussetzungen zählt, haben funktionale Analphabeten kaum mehr eine Chance. Wenn selbst bei der Arbeit als Gabelstaplerfahrer nicht der Gabelstapler, sondern der Computer das wichtigste Werkzeug ist, wird die Dimension der rasanten technischen Entwicklung unserer Welt, insbesondere der Arbeitswelt, überdeutlich, und es wird klar, welche Kompetenzen die Menschen heute schon und künftig noch verstärkt benötigen, um beruflich wie auch privat mithalten zu können.
Vor allem die Volkshochschulen, aber auch andere Bildungsträger engagieren sich seit Langem in verschiedenen Projekten und Angeboten für die Alphabetisierung und die Grundbildung von Erwachsenen. Auch das auf nationaler Ebene geschlossene „Bündnis für Alphabetisierung und Grundbildung“ unterstützt diese Anstrengungen bereits seit 2003.
Gleichwohl wissen wir – die Zahlen zeigen es –, dass die Angebote bei Weitem nicht ausreichen. Deshalb gilt es, in einem breiten Bündnis aller Beteiligten die bereits bestehenden Angebote konsequent auszubauen und zu stärken sowie darüber hinaus neue Strategien zu entwickeln – das scheint
mir ganz besonders wesentlich –, um die Betroffenen überhaupt erst einmal zu erreichen, um ihnen den Zugang zur Weiterbildung zu ermöglichen.
Denn es ist nicht damit getan, beispielsweise Annoncen zu schalten in der Erwartung, man erreiche die Betroffenen schon, und schwupps kämen sie in einen Alphabetisierungskurs der Volkshochschule. Nein, so einfach ist das nicht. Man muss die Betroffenen quasi aufbrechen, sie ermuntern und auf ganz andere Weise motivieren, sich auf den Weg zu machen, ihre Defizite zuzugeben und dann auch den Mut zu finden, sich auf einen Alphabetisierungskurs einzulassen.
Denn nicht ein unerheblicher Teil dieser Menschen hat einen Schulabschluss. Sie haben das Schulsystem durchlaufen, und dennoch sind sie nicht in der Lage, einfache Texte zu lesen oder gar zu verstehen. Das wissen die Betroffenen meist am besten. Dies aber zuzugeben, erfordert Mut, der den Betroffenen auf ihrem erfolglosen Bildungsweg oft längst verloren gegangen ist.
Deshalb ist es höchste Zeit, diese Menschen aus ihrer Isolation herauszuholen. Denn es ist nie zu spät, richtig lesen und schreiben zu lernen. Das ist oft der richtige Schritt in ein ganz anderes, oft auch viel besseres Leben. Das ist dann ein unverzichtbarer Beitrag zur individuellen und sozialen Gerechtigkeit in unserem Land. Deswegen müssen wir diese Angebote nach Kräften stärken. – Ich freue mich auf eine vertiefende Diskussion in den Fachausschüssen und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst danke ich der Landesregierung für die Beantwortung der Großen Anfrage der CDU zum gesamten Komplex der Sprachstandsfeststellung und der Sprachförderung.
Ich danke auch wie meine Vorrednerin den Einrichtungen, die sich über fünftausendfach an der Befragung beteiligt haben und Rückmeldungen gegeben haben. Ich glaube, das ist auch deshalb geschehen, weil die Einrichtungen Druck haben, dass sich an dieser Stelle etwas ändert.
Mit der Beantwortung der Großen Anfrage liegen uns nun Informationen über den Stand der Sprachförderung in unserem Land vor. Daneben zeigen die einzelnen Antworten aber auch die Herausforderungen auf, die es in Zukunft noch stärker in den Blick zu nehmen gilt.
Das Thema „Sprachförderung von Kindern“ ist beileibe kein neues Thema in der fachlichen und politischen Diskussion, auch nicht bei uns in NordrheinWestfalen. Sprachförderung ist bereits seit den 80er-Jahren fester Bestandteil der pädagogischen
Arbeit in Kita und Schule. Denn Sprache – das wissen wir – ist die wichtigste Grundlage der Kommunikation, durch die Gedanken und Gefühle mitgeteilt, Bedeutungen vermittelt werden, Erlebnisse verarbeitet, Erfahrungen ausgetauscht, Wünsche formuliert und Zusammenhänge verstanden werden. Kurzum: Sprache ist zwingende Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe.
Den Spracherwerb kleiner Kinder zu begleiten und zu fördern ist zunächst die Aufgabe des Elternhauses, aber genauso auch eine wesentliche und permanente Aufgabe im Elementarbereich wie in der Grundschule und natürlich auch in den weiterführenden Schulen.
Die Vorvorgängerregierung hat im Jahre 2007 die flächendeckende Sprachstandsfeststellung eingeführt und hält dieses Instrument – so verstehe ich die Einlassungen in der Vorbemerkung der Großen Anfrage der CDU – offensichtlich nach wie vor für einen entscheidenden Qualitätsfortschritt.
Die Diskussionen über dieses schwarz-gelbe Instrument waren in den vergangenen Jahren ebenso zahlreich wie kontrovers.
Mehrfach wurde in Anhörungen und Expertengesprächen über den Sinn und Zweck einer systematischen und flächendeckenden Sprachstandsermittlung gestritten. Dabei ging es immer auch um die Frage: Muss man wirklich alle Kinder mit einem gewaltigen organisatorischen Aufwand durchtesten, um mögliche Sprachförderbedarfe überhaupt erst feststellen zu können und daraus abgeleitet dann kindbezogene Pauschalen zur Sprachförderung an die Einrichtungen bzw. an die Träger zu geben, oder ist es nicht sinnvoller, die Beobachtungen der Erzieherinnen und Erzieher in engem Zusammenspiel mit den Eltern stärker als bisher zur Grundlage von Förderentscheidungen zu machen und nur in Grenzfällen externen Sachverstand hinzuzuziehen?
Ist es außerdem nicht sinnvoller, die insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel so einzusetzen, dass die Sprachförderung im Alltag der Kinder in der Kita situationsbezogen erfolgt und nicht generell als herausgezogene punktuelle Fördereinheit?
Genau das hat der Verband Bildung und Erziehung heute noch einmal zu unserer Debatte hier und heute ausgesagt. Der VBE wird an dieser Stelle sehr deutlich. Udo Beckmann, Vorsitzender des VBE, schreibt – ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten –:
„Delfin 4 stellt nur eine Momentaufnahme in der Sprachbildung der Kinder dar. Ein kontinuierlicher Sprachentwicklungsprozess wird dabei nicht berücksichtigt.“
Weiter schreibt er, dass Aufwand und Ergebnis in keinem Zusammenhang stehen würden, und er kommt zu dem Fazit: „Gut gemeint ist in diesem Fall nicht gut gemacht.“ Dem kann ich mich nur anschließen.
Ich freue mich aber, dass Frau Kollegin Scharrenbach hier gerade die Tür ein bisschen aufgemacht hat, um an dieser Stelle noch einmal tiefer in die Diskussion einzusteigen.
In der Antwort der Landesregierung wird auch auf den Missstand hingewiesen, dass Diagnose und Förderung bisher nicht in einer Hand liegen. Meine Fraktion hat von Anfang an immer wieder deutlich gemacht, dass wir dies als einen grundsätzlichen Konstruktionsfehler ansehen.
Wir wollen weg von dem Verfahren, bei dem völlig fremde Lehrer in die Kita kommen, um jedes einzelne Kind in einer prüfungsähnlichen Situation zu testen. Wir wollen das gesamte Verfahren vom Kopf auf die Füße stellen. Das alles wollen wir ändern. Entsprechende Formulierungen dazu finden sich auch in unserem Koalitionsvertrag.
Ich begrüße zudem, dass sich Nordrhein-Westfalen auch an der Bund-Länder-Initiative im Bereich der Sprachförderung, Sprachdiagnostik und Leseförderung beteiligt; denn auch aus den Ausführungen der Landesregierung wissen wir, dass wir kein klares Bild von der Wirksamkeit der verschiedenen, vielzähligen Sprachförderangebote haben.
Es gäbe noch viele Punkte, die ich ansprechen könnte; die Ausführungen sind sehr umfangreich. Allein die Zeit reicht nicht. Ich denke aber, das werden wir in den Fachausschüssen dann noch gründlich tun.
Ich freue mich auf eine vertiefende Diskussion in den Fachausschüssen und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider gibt es immer wieder Anlässe, Entwicklungen und Vorfälle, bei denen sicher nicht nur ich mit Sorge an unsere Demokratie denke: wenn wieder einmal die sinkende Wahlbeteiligung gemeldet wird, wenn wir von geringem Interesse an Politik und manchmal auch von geringem
Wissen über Politik und Gesellschaft lesen und wir es ja auch oft genug selbst erfahren.
Wir haben schon oft fraktions- und parteiübergreifend darüber gesprochen, wie man denn das Interesse an politischen Prozessen wieder stärken und wie man Beteiligung und Engagement fördern könnte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Fragestellung befasst sich unser Antrag. Nicht zuletzt durch die Gewerkschaften und deren Jugendvertretungen sind wir auf ein Problem aufmerksam geworden, welches angesichts der gerade geschilderten Entwicklungen nach unserem Dafürhalten schnellstens abgestellt werden sollte.
Das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz regelt gut und zuverlässig, wie ich finde, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der politischen Weiterbildung teilhaben können. Allerdings sind davon gerade diejenigen ausgenommen, für die diese politische Weiterbildung nach unserer Überzeugung besonders wichtig ist: die Auszubildenden im dualen System, also in aller Regel junge Erwachsene. Damit gehört Nordrhein-Westfalen mit einigen wenigen anderen Bundesländern zu denjenigen, in denen Auszubildende bislang keinen Anspruch auf Bildungsurlaub gemäß Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz haben.
Jugendliche, die an schulischem oder beruflichem Vollzeitunterricht teilnehmen, erhalten dort ein Angebot zur politischen Bildung. Ausgerechnet den Auszubildenden aber wird dieses Angebot vorenthalten, sofern sie nicht bereits als Jugend- oder Auszubildendenvertreter und -vertreterinnen tätig sind.
Mit anderen Worten: Den bereits in festen Strukturen engagierten jungen Menschen werden weitere Möglichkeiten gegeben, denjenigen, die dazu noch motiviert werden müssten, fehlen diese Möglichkeiten.
Das ist ein in meinen Augen höchst unbefriedigender Zustand, den wir dringend ändern sollten. Folgerichtig haben wir in unserem Koalitionsvertrag formuliert – ich erlaube mir zu zitieren –:
„Das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz wollen wir auch für die Bildung von jungen Menschen nutzen. Deshalb wollen wir die Auszubildenden als Anspruchsberechtigte in das Gesetz aufnehmen.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Demokratie muss immer wieder neu gelernt werden – gerade von jungen Menschen; da stimmen Sie mir sicher alle zu. „Politische Weiterbildung“ – so formulieren wir es denn auch in unserem Antrag – „als Identitätsfindungs- und -entwicklungsprozess von Werten ist gerade für junge Menschen sehr wichtig.“ Wir wollen, dass junge Menschen daran teilhaben können: durch politische Workshops, eine Fahrt nach
Auschwitz, den Besuch eines Parlaments wie des Deutschen Bundetages. Viele andere Veranstaltungen sind denkbar.
Jungen Menschen dauerhaft die Chance auf Bildung und Informationsgewinnung für demokratische Prozesse zu ermöglichen bedeutet, so finde ich, einen Gewinn für unsere Demokratie, für unsere Gesellschaft und für unser gemeinsames Miteinander.
Erfreulicherweise ist die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure im Arbeitnehmerweiterbil
dungsgesetz stets von Einvernehmlichkeit geprägt. Wir wollen aus diesem gemeinschaftlichen Prozess nicht aussteigen, sondern hoffen vielmehr, dass in einem gemeinsamen Diskurs eine Regelung gefunden werden kann, die auch in dieser Frage von allen Seiten getragen wird.
Wir bitten deshalb die Landesregierung, mit allen Beteiligten das Gespräch zu suchen und dann einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, um diese Lücke, die sich im Gesetz auftut, zu schließen.
Ich fände es ausgesprochen gut, wenn auch die Oppositionsfraktionen im Hause sich unserer Zielsetzung anschließen und uns unterstützen würden. Das wäre sicherlich ein gutes Signal. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weiterbildung ist und bleibt ein wichtiger Auftrag in öffentlicher Verantwortung. Ihre gesetzliche Verankerung findet sich in unserem bundesweit beachteten Weiterbildungsgesetz, das nichts an Aktualität verloren hat, wieder. Dieses Gesetz bildet weiterhin die Richtschnur unseres Handelns in der rot-grünen Koalition. Damit ist
und bleibt Nordrhein-Westfalen das Weiterbildungsland Nummer eins auch in der Zukunft. Daran wird nicht gerüttelt. Das haben auch meine Vorredner schon zum Ausdruck gebracht.
Wir bekennen uns weiterhin zur kommunalen Pflichtaufgabe Volkshochschule. Gemeinsam mit den Weiterbildungseinrichtungen in anderer Trägerschaft sind die Volkshochschulen für uns wichtige Partner bei der Weiterentwicklung einer kommunalen Bildungslandschaft. Zugleich liefern die Einrichtungen und die Volkshochschulen mit ihren Angeboten einen wertvollen, flächendeckenden Beitrag zur kommunalen Daseinsvorsorge.
Für uns Sozialdemokraten erfüllt die Weiterbildung drei wichtige Ziele.
Erstes Ziel: Weiterbildung unterstützt und fördert die Persönlichkeitsentwicklung jedes Einzelnen und eröffnet damit wichtige Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben.
Zweitens fördert die Weiterbildung das bürgerschaftliche Engagement, die politische Teilhabe und ist damit für uns unerlässlicher Pfeiler für unser demokratisches Gemeinwesen.
Drittens unterstützt und fördert die Weiterbildung, insbesondere die berufliche Weiterbildung, den Erwerb beruflicher Fähigkeiten und Qualifikationen, was bei dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel von wachsender Bedeutung auch für unseren Wirtschaftsstandort ist.
Ich freue mich, dass wir heute im Hohen Haus die Bedeutung und den Stellenwert der Weiterbildung für jeden Einzelnen, für unsere Gesellschaft und nicht zuletzt für den Wirtschaftsstandort in den Mittelpunkt unserer Diskussion stellen. Grundlage für die heutige Debatte bilden die Zielsetzungen und die Empfehlungen der Weiterbildungskonferenz. Frau Ministerin Löhrmann ist schon darauf eingegangen.
Für meine Fraktion und auch für mich persönlich kann ich sagen, dass wir diesen Diskussionsprozess zur Erarbeitung der Empfehlungen sehr gerne begleitet und mit großem Interesse auch die Diskussionen verfolgt haben. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Bevor ich zu einzelnen Empfehlungen komme, möchte ich mich zunächst bei allen Beteiligten, die diesen Diskussionsprozess mit begleitet haben, bedanken. Danke für die durchgängig sachliche, engagierte und von großer Kompetenz getragenen fachlichen Diskussionen.
Insbesondere die spürbare Bereitschaft, sich den Herausforderungen, im Übrigen angesichts des guten Zeugnisses, das der Weiterbildungslandschaft bekanntlich mit dem Gutachten aus dem Jahre 2010 vom Deutschen Institut für Weiterbildung im Grundsatz ausgestellt wurde, zu stellen, begrüßen wir von der SPD-Fraktion ausdrücklich.
Die Herausforderungen, die sich aus der Globalisierung, aus demografischem Wandel und Migration, aus der rasanten Flexibilisierung der Arbeitswelt sowie aus den Veränderungen im sozialen und familiären Zusammenhalt ergeben und dies sich auch an die Weiterbildung stellen, bedürfen einer wohl überlegten Nachjustierung, einer behutsamen Weiterentwicklung des Bestehenden. Ebenso fand die Beanstandung des Landesgerichtshofes, die derzeitige Förderpraxis des Landes zu überprüfen, um ein transparentes, gerechtes und zukunftsfähiges Fördersystem zu entwickeln, in der Konferenz im Grundsatz bei allen Beteiligten Anerkennung.
Die dafür notwendige Innovationsbereitschaft, zum einen den gesellschaftlichen Wandel aktiv und gemeinsam voranbringen zu wollen, zum anderen aber auch die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung in der Fördersystematik anzuerkennen, bildete im Diskussionsprozess nach meiner Wahrnehmung die gemeinsame Plattform für alle Beteiligten. Das ist in der Politik schon einmal ein Wert an sich. Das ist längst nicht selbstverständlich und kommt nicht alle Tage vor. Dafür auch meinen herzlichen Dank!
Danken möchte ich selbstverständlich auch Frau Ministerin Löhrmann, die zu dieser Weiterbildungskonferenz eingeladen hat und mit ihrer Fachabteilung, an der Spitze mit Dr. Heinemann, den gesamten Diskussionsprozess ergebnisoffen begleitet und unterstützt hat. Herzlichen Dank!
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass es unter den Fraktionen ein hohes Maß an Übereinstimmung über den grundsätzlichen Stellenwert der öffentlich verantworteten Weiterbildung gegeben hat. Ich weiß, dass dieser Konsens bei der Weiterbildung Tradition hat. Nach dem, was Herr Kaiser eben ausgeführt hat, bin ich sicher, dass wir das auch in Zukunft fortsetzen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dem Landtag und der Landesregierung liegt nunmehr ein Positionspapier vor, das ganz im Sinne unseres Leitgedankens entstanden ist, nämlich Betroffene zu Beteiligten zu machen. So haben wir im großen Konsens die wichtigen Eckpfeiler und Zielmarken für die Weiterentwicklung in der Weiterbildung erarbeitet. Es war gut und richtig, die Erarbeitung dieser wichtigen Positionen, losgelöst in einer Ruhe und Gründlichkeit, separat von der – ich nenne es einmal so – großen Bildungskonferenz zu organisieren. Sonst hätte die Gefahr bestanden, dass die Themen hinten runtergefallen wären. Das hat der inhaltlichen Diskussion insgesamt sehr gut getan.
Wir Sozialdemokraten begrüßen die nun vorliegenden Empfehlungen im Wesentlichen und werden uns nun zügig an die Arbeit der Umsetzung machen. Das verspreche ich den Weiterbildnerinnen und Weiterbildnern. Dies soll nach unserer Überzeugung weiterhin im engen Austausch mit allen Beteiligten erfolgen.
So gilt es nun, relativ zeitnah die Einrichtung eines Landesbeirats auf den Weg zu bringen. Dieses neue Instrument bedeutet für uns Sozialdemokraten aber nicht den Verzicht auf die jährliche Weiterbildungskonferenz hier im Landtag. Diese halten wir – unabhängig von der Arbeit des Landesbeirates – für weiterhin erforderlich.
Wir haben den Anspruch, dass die Politik beratend beteiligt wird; Herr Kaiser hat es eben ähnlich formuliert. Ich finde, wir haben das in der Weiterbildungskonferenz schon sehr gut hinbekommen.
Darüber hinaus halten auch wir die Entwicklung eines schlanken Berichtswesens für richtig und wichtig; besonders als Grundlage für die Erarbeitung eines neuen und gerechten transparenten Fördersystems.
Ziel muss es dabei sein, keine weitere Bürokratie aufzubauen. Das wollen wir auf keinen Fall; das möchte ich ausdrücklich betonen. Natürlich liegt es uns auch am Herzen, die Hauptamtlichkeit in der Weiterbildung zu stärken.
Mit Sorge sehen auch wir die Entwicklung, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Weiterbildung zu prekären Bedingungen tätig sind. Das kann man nicht akzeptieren. Dem muss Einhalt geboten werden. Hierauf werden wir ein besonderes Augenmerk richten.
Unsere uneingeschränkte Unterstützung signalisiere ich gerne schon jetzt für die Empfehlung, künftig die sogenannten Bildungsbenachteiligten stärker als bisher für Weiterbildungsmaßnahmen zu gewinnen. Das ist ganz im Sinne von Teilhabegerechtigkeit und Inklusion.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ich freue mich auf den weiteren Austausch und darauf, die Empfehlungen nun im politischen Raum noch intensiver zu diskutieren und sie mit Leben zu füllen.
Auf die weiteren Details wird meine Kollegin Gabi Hammelrath gleich noch eingehen. – Ich danke einstweilen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Wert und die Bedeutung von Bildung für unsere Gesellschaft und für jeden einzelnen Menschen können gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bildung ist und bleibt der Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Rot-Grün hier im Haus handelt genau nach diesem Ansatz. Bildung ist unser zentrales Handlungsfeld. Daran lassen wir hier keinen Zweifel. Das ist unter anderem ja auch an den stetig steigenden Mitteln im gesamten Bildungsetat hier im Haushalt ablesbar.
Damit wir uns gleich zu Anfang richtig verstehen: Nicht erst, seit die Piratenfraktion in ihrem Antrag die Aufhebung des Kooperationsverbots einfordert, steht für uns fest, dass wir unabhängig von dieser deutlichen Prioritätensetzung für Bildung dringend
darauf angewiesen sind, dass sich der Bund stärker als bisher an dieser wichtigen Zukunftsaufgabe beteiligt.
Der Bund verfügt über deutlich höhere finanzielle Spielräume, und es ist auch der Bund, der am Ende von einer höheren Bildungsbeteiligung und von besseren Bildungsabschlüssen insgesamt profitiert. Der konsequente Ausbau beispielsweise von Ganztagsschulen würde es mehr Frauen ermöglichen, wieder berufstätig zu werden, was automatisch in steigenden Steuereinnahmen Niederschlag finden würde. Allein die Verfassung lässt derzeit keine dauerhafte Finanzierungsbeteiligung in diesem Feld zu.
Deshalb heißt es auch in unserem Koalitionsvertrag deutlich:
„Wir streben gemeinsam eine Aufhebung des Kooperationsverbots an. Dabei wollen wir den gesamten Bildungsbereich einbeziehen.“
Nicht erst seitdem dieser Koalitionsvertrag Gültigkeit hat, stehen die Aufhebung des Kooperationsvertrags und die dazu notwendige Verfassungsänderung im Raum und waren auch bereits mehrfach Gegenstand von Beratungen auf allen politischen Ebenen. Seit diesem Frühjahr – Sie haben schon davon gesprochen – liegt auch ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Ich will dazu sagen: Das, was da vorliegt, reicht uns natürlich nicht aus.
Lassen Sie mich noch einen Moment bei der Bundesebene bleiben. Es stimmt mich wenig optimistisch, dass Bundesbildungsministerin Schavan im Vorfeld der Gesetzeseinbringung in keiner Weise das Gespräch mit den Ländern gesucht hat. Deshalb habe ich Zweifel, dass es die Bundesregierung an dieser Stelle wirklich ernst meint, hier zu einer gerechten Lastenverteilung kommen zu wollen. Mein Eindruck ist eher, dass die Bundesregierung auf Zeit spielen will, gerade im Vorfeld der aufziehenden Bundestagswahl.
Das, was vonseiten des Bundes mit dem Gesetz ermöglicht werden soll, ist aus unserer Sicht viel zu kurz gesprungen und würde uns hier wirklich nicht helfen. Denn wenn es nach Ministerin Schavan gehen würde, würden lediglich einige wenige exzellente Hochschulen in den Genuss von Bundesmitteln kommen. Das reicht keinesfalls aus.
Wir halten es für dringend notwendig, dass sich der Bund entlang der gesamten Bildungskette finanziell engagiert, um die großen Herausforderungen – Sie haben es auch schon gesagt – etwa im Bereich der Inklusion, bei der U3-Betreuung oder beim Ausbau von Ganztagsschulen überhaupt stemmen zu können.
Deshalb hat der Bundesrat bereits im September dieses Jahres, natürlich auch mit den Stimmen Nordrhein-Westfalens, einen Beschluss gefasst. Ich zitiere den Beschluss:
„Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, mit den Länden in Gespräche einzutreten, um gemeinsam eine Grundgesetzänderung und eine angemessene Finanzausstattung zu beraten mit dem Ziel, nachhaltige und dauerhafte Verbesserungen im Wissenschafts- und Bildungsbereich zu erreichen.“
Soweit mir bekannt ist, laufen diese Gespräche bereits.
Nun zu Ihrem Antrag und zu Ihnen, verehrte Kollegin von den Piraten. Sie können sicher sein, dass wir uns von der SPD in diesen Beratungen auf keine faulen Kompromisse einlassen werden. Wir werden die Finanzierungsbeteiligung des Bundes entlang der gesamten Bildungskette dauerhaft einfordern. Dazu bedarf es keinesfalls Ihrer Aufforderung. Die Landesregierung ist längst auf dem Weg, der Zug längst aus dem Bahnhof – auch ohne Ihre Hilfe.
Was Sie, werte Kolleginnen und Kollegen der Piraten, uns heute vorlegen, ist meines Erachtens nicht mehr als ein Schaufensterantrag. Wenn Sie sich ernsthaft mit der Thematik befasst hätten, so hätte man doch zumindest erwarten dürfen, dass Sie in Ihrem Antrag auf den aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahrens und auch auf die Haltung Nordrhein-Westfalens eingegangen wären. Das ist natürlich mit Arbeit verbunden. Man hätte recherchieren und Zeit investieren müssen.
Das war Ihnen ganz offensichtlich zu mühselig. Stattdessen bringen Sie hier Ihr Wahlprogramm eins zu eins als Antrag in den Landtag ein
und ignorieren den aktuellen Verfahrensstand komplett.
Erwarten Sie jetzt wirklich von uns, dass wir hier im Parlament das Programm der Piraten diskutieren und beschließen sollen? Das kann nicht Ihr Ernst sein. Das ist peinlich und auch ein Stück weit dreist.
Ich weiß, das mit der Politik ist nicht immer ganz einfach. Aber auch Ihnen müsste klar sein, dass wir hier im nordrhein-westfälischen Landtag sind und nicht auf einem Parteitag der Piraten.
Wenn das die Qualität Ihrer Arbeit im Parlament ist, dann haben Sie noch viel zu lernen. Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Einen Stärkungspakt für Gymnasien fordert die FDP gleich im Titel ihres Antrages. Um es gleich vorweg zu sagen: Anders als beim Stärkungspakt Stadtfinanzen, bei dem wir ja mit der FDP durchaus gut zusammengearbeitet haben, werden wir dies beim Stärkungspakt Gymnasien so, wie Sie es in Ihrem Antrag fordern, nicht wiederholen.
Der kontinuierliche Ausbau des Ganztages ist auch nach unserer festen Überzeugung für die qualitative Weiterentwicklung unserer Schullandschaft unerlässlich und steht auch für uns Sozialdemokraten ganz oben auf der Tagesordnung. Ich freue mich, dass wir im Laufe der Jahre in dieser Frage hier im Hause doch zu einem grundsätzlichen Konsens gekommen sind. Vor zehn Jahren verliefen die Debatten zum Thema „Ganztag“ hier noch völlig anders.
Inzwischen ist es erfreulicherweise völlig unbestritten, dass der Ganztag ein wichtiger Baustein in der individuellen Förderung unserer Schülerinnen und Schüler darstellt, dass damit mehr Zeit für Kultur und Sport ermöglicht wird, auch eine andere Rhythmisierung des Unterrichts möglich wird. Nicht zuletzt ist der Ganztag eine unerlässliche Voraussetzung dafür, Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren zu können.
Kurzum: Mit einem guten Ganztag – ob in der offenen oder gebundenen Form – haben Kinder und Jugendliche bessere Bildungschancen. Guter Ganz
tag hilft, Bildungsbenachteiligungen auszugleichen. Das haben bereits viele Eltern in unserem Land erkannt.
Seit Jahren steigt der Bedarf an Ganztagsplätzen überall und in allen Schulformen. Deshalb ist für uns klar: Wir bauen Schritt für Schritt den Ganztag in allen Schulformen weiter aus. Das ist – dies ist völlig klar – erklärtes Ziel der Koalitionsfraktionen und der Landesregierung. Hieran arbeiten wir gemeinsam mit den Kommunen, Eltern, Lehrerinnen und Lehrern mit aller Kraft.
Mit der Einführung der offenen Ganztagsgrundschule 2003 sowie dem konsequenten Ausbau von Ganztagsangeboten in der Sekundarstufe I in den Folgejahren ist inzwischen, wie ich finde, ein flexibles und bedarfsgerechtes Angebot für alle Schulformen im Lande entstanden, das wir stetig fortentwickeln werden. Das ist auch heute Morgen in der Haushaltsdebatte deutlich geworden.
An dieser Stelle noch einmal ein Hinweis – Frau Ministerin Löhrmann hat dies bereits heute Morgen in der Haushaltsdebatte betont –: Wir arbeiten – auch gerade im Hinblick auf den Ganztag – daran, das Kooperationsverbot an dieser Stelle aufzuheben; denn Bildung ist nach unserem Dafürhalten eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb kämpfen wir in der rot-grünen Koalition dafür, dass auch Investitionsförderung vom Bund für den Ausbau von Ganztagsschulen möglich sein muss.
Nun zum eigentlichen Anliegen der FDP, nämlich mehr Flexibilität in der Ausgestaltung des Ganztages zu ermöglichen. Ich möchte mich auf den aktuellen Erlass zum Ganztag aus dem Jahre 2010 beziehen. Dieser ermöglicht es nämlich heute schon allen Schulen gleichermaßen – also auch den Gymnasien –, den Ganztag mit verschiedenen Elementen flexibel einzuführen. Er lässt es schon jetzt zu, den Ganztag in verschiedenen Klassenstufen in unterschiedlicher Intensität umzusetzen, beispielsweise mit höherem oder niedrigem Verpflichtungsgrad. Das ist schon heute so.
Ich gebe der FDP insofern recht, als die Gymnasien bislang nicht die Speerspitze der Bewegung in Sachen Ganztagsausbau bilden. Aktuell sind in unserem Land 155 gebundene Ganztagsgymnasien am Start. Das könnten auch nach unserem Dafürhalten durchaus mehr sein. Wenn man aber genau hinschaut, stellt man fest, dass heute nahezu alle Gymnasien weitere ergänzende pädagogische Angebote über die eigentliche Unterrichtszeit hinaus anbieten, die auch mit Landesmitteln finanziert werden. Dies hat sicher auch mit der Umstellung auf das G8 zu tun, wonach faktisch an mehreren Tagen in der Woche der Unterricht ohnehin bis in den Nachmittag reicht.
Man kann also durchaus festhalten: Auch die Gymnasien sind auf dem Weg. Auch sie sind in Bewe
gung und entwickeln sich – wenn auch langsamer, aber stetig – auf den Ganztag zu.
Nun ganz konkret zum Antrag. Wir teilen ganz und gar nicht die Auffassung der FDP, dass wir, wie im Antrag formuliert, eine umfangreiche Werbekampagne für den Ausbau des Ganztages brauchen. Viel sinnvoller ist es für uns, dass wir die Gymnasien sowohl bei der Bewältigung der Schulzeitverkürzung – da haben sie immer noch reichlich Stress – unterstützen, als auch fachlich und wissenschaftlich beim Ausbau zum Ganztag begleiten.
Die Kernforderung, parallele Angebote von Ganztags- und Halbtagszügen an einer Schule zu ermöglichen, halten wir, ehrlich gesagt, organisatorisch für ausgesprochen schwierig. Wenn sich eine Schule auf den Weg zur Ganztagsschule macht, soll das nach unserer Auffassung auch aus einem Guss sein. Daran sollten wir nicht ohne Not rütteln. Wir können das aber noch in der Debatte im Ausschuss vertiefen.
Wir stimmen natürlich der Überweisung in den Fachausschuss zu. – Herzlichen Dank.