Cornelia Hoffmann-Bethscheider

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die soziale Situation im Saarland hat dieses Haus schon des Öfteren beschäftigt. Wir haben heftigst darüber diskutiert. Wir haben schon lange gefordert - zumindest die SPD -, dass es einen Armuts- und Reichtumsbericht gibt. 2008 war es so weit. Der damalige Sozialminister Vigener hatte quasi als erste Amtshandlung eine Sozialstudie angekündigt.
Ende 2009 war diese Sozialstudie auch fertig. Wir haben gesagt, okay, wir wissen jetzt, wie die soziale Situation im Saarland ist. Sie ist nicht so rosig, wie auch von amtlicher Seite festgestellt wurde. Aber es war immer wichtig, dass daraus auch konkrete Handlungen entstehen. Es gab im Januar eine Debatte dazu, und die Regierungskoalition hat beschlossen: Die Landesregierung muss einen Umsetzungsplan machen.
Ein Jahr später, Ende 2010, haben wir dann einmal nachgefragt, wie es denn mit der Umsetzung des Beschlusses aussieht. Da hat die Sozialministerin gesagt, das Kabinett wird aus der Sozialstudie Schlüsse ziehen und uns mitteilen. Damals hätte man schon hellhörig sein müssen, denn die Ministerin hat nicht genau gesagt, wann.
Wir haben dann auch mit dem Beirat geredet. Da war die Rede davon, dass Ostern eine Stellungnahme zu der Sozialstudie kommt. Das war aber Ostern 2010. Also gab es immer noch keine konkreten Entscheidungen. Im September 2010 haben wir dann das Ganze noch einmal ins Plenum gebracht, weil wir langsam den Eindruck hatten, dass die Diskussion nicht so richtig in Fahrt kommt. Die Regierungskoalition hat dann diese Debatte wieder aufgegriffen und gesagt, es muss einen Aktionsplan zur Armutsbekämpfung geben.
Jetzt ist schon wieder ein halbes Jahr vergangen und nichts ist passiert. Wir haben dann nochmals im Ausschuss nachgefragt. Da hieß es, zu Beginn des
neuen Jahres passiert etwas. Passiert ist bisher nichts. Deshalb muss man nach dem Verlauf dieser Debatte zur Sozialstudie einfach die Frage stellen: Warum kann oder will die Landesregierung diesen Aktionsplan nicht vorstellen?
Wir haben auch darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, das Thema Kinder noch einmal herauszugreifen. Das hat die Ministerin auch so gesehen. Aber es ist nicht wirklich etwas passiert.
Wenn ich mir den Antrag ansehe, der heute dazu vorgelegt wurde, dann muss ich sagen, es ist wohl auch bei CDU, FDP und den GRÜNEN der Eindruck entstanden, dass das nicht so richtig vorangeht. Es gibt jetzt nämlich ein ergänzendes Wort zu den Beschlüssen, die wir hier ohnehin schon zweimal gefasst hatten. Jetzt sagt nämlich die Regierungskoalition, wir müssen einen solchen Aktionsplan zügig vorlegen. Kinderarmut ist ein wichtiges Thema und deshalb haben wir es noch einmal aufgegriffen. Wir wissen, dass wir Sie damit vielleicht etwas nerven, aber es geht darum, deutlich zu machen, dass es nichts nutzt, nur Gutachten in Auftrag zu geben. Die Kinder und auch die Eltern in diesem Land haben es verdient, dass konkrete Beschlüsse gefasst werden und deshalb ist das heute wieder auf der Tagesordnung. Es geht darum, noch einmal mit Ihnen darüber zu diskutieren.
Sind unsere Kinder, die in Armut leben, eine zu vernachlässigende Gruppe? Jedes fünfte Kind im Saarland lebt in Armut. World Vision hat in einer Studie die Kinder befragt und die Frage nach ihren Lebensbedingungen gestellt, was sie am meisten daran stört, dass sie arm sind. Dabei ist herausgekommen, dass die meisten Kinder es gar nicht so schlimm finden, wenn beide Elternteile arbeiten. Viel schlimmer empfanden es die Kinder, wenn die Sicherung der sozialen Existenz der Familie nicht gewährleistet ist. Ich fand es auch erstaunlich, dass ein solches Ergebnis herauskommt, wenn man die Kinder fragt. Manche Diskussion hätte man sich hier dann sparen können.
Schlechtere Startchancen und weniger Teilhabe, es ist ein Teufelskreis, in dem sich diese Kinder befinden. Das sind Dinge, die uns hier nicht unbeeindruckt lassen können. Das sind Dinge, die uns veranlassen müssen zu handeln. Es ist sogar wissenschaftlich festgestellt worden, dass Kinder in Armut körperlich und seelisch häufiger krank werden als Kinder in anderen sozialen Schichten. Das zeigt, dass das ein wichtiges Thema ist und dass wir nicht nur darüber reden müssen, sondern dass wir all das tun müssen, was es ja teilweise auch schon gibt. Es ist nicht so, dass nichts gemacht würde. Der Regionalverband, die Landkreise und die kommunale Ebene, jeder macht etwas in diesem Bereich. Aber
alle, die etwas tun, sagen auch, irgendjemand muss das Ganze koordinieren und zusammenfassen. Wir brauchen einen Plan, in dem wir Ziele definieren, damit man irgendwann auch überprüfen kann, wo wirklich etwas unternommen werden konnte. Nur so kann man sagen, was wirklich sinnvoll ist und wo wir Geld sinnvoll einsetzen können.
Ständig wird hier in den Reden gesagt, dass Prävention besser ist als später Geld auszugeben. Und das ist genau richtig. Frühe Hilfen werden uns von späteren Lasten befreien und wir helfen den Kindern damit, eine gute Startchance in einem der reichsten Länder der Welt zu bekommen. Schließlich handelt es sich um Kinder unserer Gesellschaft. Oft heißt es, das sind die Familien und es sind die Kinder dieser Familien. Ich glaube, das ist zu kurz gegriffen. Diese Kinder sind Kinder unserer Gesellschaft und sie werden auch zukünftig unsere Gesellschaft bilden, und deshalb ist es wichtig, dass wir uns dieses Themas immer wieder annehmen.
Ich weiß, dass dieses Thema auch heute nicht die mediale Aufmerksamkeit bekommt, die es verdient hätte. Und ich muss feststellen, dass mich in den langen Jahren hier im Hause eines schon etwas gestört hat: Immer dann, wenn eine Katastrophe passiert ist, und immer dann, wenn es einen Skandal gab, ist bei uns in die Debatte Drive hineingekommen. Plötzlich wurden bestimmte Dinge möglich. Es gab die Vorsorgeuntersuchungen, die frühen Hilfen, all dies wurde möglich. Ist dann die mediale Aufmerksamkeit nicht mehr da und es gibt keinen Skandal, dann ist auch das Thema von der Tagesordnung verschwunden. Wir werden aber nur etwas erreichen, wenn wir nachhaltig an diesem Thema dranbleiben und nicht nur darauf aus sind, irgendwelche Überschriften zu produzieren.
Man ist mit dem Thema auch gar nicht alleine. Wenn man mit den Sozialverbänden redet, auch mit den Parteien in diesem Haus, mit den Kirchen, mit dem Sozialgipfel, dann stellt man fest: Es gibt sehr viele Menschen in unserem Land, die das Thema für wichtig erachten und auch bereit sind mitzuarbeiten. Diese Menschen sagen auch, wir kümmern uns darum und werden auch bei der Umsetzung helfen, weil wir es einfach für wichtig halten, die soziale Schieflage im Saarland auszugleichen. Wir haben auch immer eigene Vorschläge gemacht. Wir haben hier ja nicht nur gesagt, Sie müssen dies und jenes tun, sondern wir haben viele eigene Vorschläge eingebracht. Aufstand gegen Armut - das haben wir Ihnen mitgegeben. Wir sagen auch nicht, dass Sie das eins zu eins umsetzen müssen, aber wir waren immer daran interessiert, dass unsere Anregungen auch ernsthaft diskutiert werden.
Eine Anregung möchte ich Ihnen auch heute mit auf den Weg geben. Das ist die existenzsichernde Grundsicherung für Kinder, die von den Wohlfahrtsverbänden seit langem gefordert wird. Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass es auch in der politischen Landschaft Diskussionsbedarf gibt. Man greift diese Idee auf. Es geht um einen Systemwechsel, es geht um etwas, was es in Deutschland so noch nicht gegeben hat. Deshalb erfordert das Ganze Mut. Wir von der SPD beschäftigen uns seit 2007 mit diesem Thema. Wir haben in einer Kommission erarbeitet, wie das aussehen könnte. Es wird natürlich immer die Frage aufgeworfen, wie man so etwas finanzieren kann. Man kann so etwas finanzieren. Die Hans-Böckler-Stiftung hat das wissenschaftlich begleitet und ist zu der Feststellung gekommen, dass 500 Euro Kindergrundsicherung in Deutschland möglich wären. Gegenfinanziert würde dies und insoweit ist der soziale Ausgleich gewährleistet durch den Wegfall von Kindergeld, Kinderfreibetrag, der Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Begrenzung des Ehegattensplittings. Auch hier im Hause sind ja viele der Ansicht, dass es nicht so ganz gerecht ist und auch nicht ganz der Familie zugute kommt, wenn allein die Ehefrau unterstützt wird. Ich glaube, dass ich es als Abgeordnete nicht mehr erleben werde, dass der Aktionsplan vorgestellt wird. Ich kann Ihnen aber zusagen, dass ich mich in meiner neuen Funktion genauso in der Verantwortung sehe und daran mitarbeiten werde, diesen Aktionsplan - wenn er denn hier endlich einmal vorgestellt wird - auch umzusetzen.
Ich komme nun zum Ende meiner Rede und damit auch zum Ende meiner Abgeordnetenzeit. Für mich ist jetzt die Zeit des Abschieds gekommen. Ich war zwölf Jahre Mitglied in diesem Hause. Ich muss ehrlich sagen, dass ich keinen Tag als Abgeordnete missen möchte. Es war eine total spannende Zeit, auch wenn es nicht immer ganz einfach war. Abgeordnete im saarländischen Landtag zu sein und damit alle Saarländerinnen und Saarländer zu vertreten, ist ein echtes Privileg. Ich meine, jeder hier im Hohen Haus sollte sich bewusst sein, dass er dieses Privileg genießen darf. Ich habe leidenschaftlich gerne debattiert und gestritten und bin vielleicht manchmal auch über das Ziel hinausgeschossen. Wenn sich jemand persönlich angegriffen gefühlt hat, dann war das nicht meine Absicht. Ich habe jeden hier als Mensch geschätzt, aber in der Sache manchmal auch heftig gekämpft. Das geschah aber immer in der Sache. Ich wollte nie jemand persönlich beleidigen oder angreifen. Ich weiß auch, dass ich die Gabe habe, manchen Menschen auf die Nerven zu gehen, meiner eigenen Fraktion genauso wie Ihnen. Aber auch das habe ich nicht getan, weil ich irgendwelche Menschen ärgern wollte, sondern weil es mein Grundverständnis als Abgeordnete war, in diesem Haus alles dafür zu tun, was ich tun kann, da
mit die Lebensbedingungen im Saarland verbessert werden - immer auch in dem Bewusstsein, dass das bei unseren Rahmenbedingungen nicht so ganz einfach ist. Ich hätte mich aber nicht wohlgefühlt, wenn ich geschwiegen hätte. Und deshalb bin ich lieber manchen auf die Nerven gegangen.
Ich habe viele Bereiche durchlaufen. Ich war Vorsitzende eines Untersuchungsausschusses. Das war ganz am Anfang meiner Abgeordnetenzeit und hat mir gezeigt, was es bedeutet, in anderer Leute dreckiger Wäsche herumzuschnüffeln. Aber es war ein Lehrgeld, das ich gerne bezahlt habe, weil ich wirklich viel darüber gelernt habe, was Politik bedeutet und was Machtbewusstsein bedeutet. Ich war europapolitische Sprecherin, rechtspolitische Sprecherin, innenpolitische Sprecherin, sozialpolitische Sprecherin, gesundheitspolitische Sprecherin und familienpolitische Sprecherin. In meinem neuen Amt habe ich also schon vieles irgendwo mitgenommen. Ich habe mich heute zu diesem Thema noch einmal zu Wort gemeldet, weil mir ein Bereich besonders am Herzen gelegen hat und mich auch persönlich immer berührt hat: Das war die Situation der Kinder in der Bildung und auch in sozialer Hinsicht. Es tut mir einfach körperlich weh, wenn ich sehe, dass Kinder leiden. Deshalb war es nicht nur die Politikerin Hoffmann-Bethscheider, die sich für die Kinder eingesetzt hat, sondern auch der Mensch Cornelia Hoffmann-Bethscheider, der einfach sieht, dass diese kleinen Wesen nichts dafür können, wo sie geboren wurden. Sie müssen in unserer Gesellschaft einen festen Platz haben, und wir Erwachsene sind dafür verantwortlich, dass wir ihnen Startchancen und Teilhabemöglichkeiten gewährleisten. Ich habe deshalb noch einmal die Bitte an die Sozialministerin, dieses Thema mit mehr Engagement voranzutreiben, damit man den Eindruck haben kann, dass wir in diesen heftigen Diskussionen etwas auf den Weg gebracht haben.
Mein Dank geht auch an die Mitarbeiter in den Ausschüssen. Sie waren immer fachlich qualifiziert und es war daher sehr einfach, hier zu arbeiten.
Ich möchte, wenn man das darf, nun zum Schluss einen Wunsch äußern: Bei allen parteipolitischen Meinungsverschiedenheiten, bei allen auch machtpolitischen Interessen und Parteiinteressen möchte ich doch darum bitten, den Blick auf das Wahre, auf das, weshalb wir gewählt sind, den Blick auf den Bürger nie zu verlieren. Ich weiß, dass das nicht immer ganz einfach ist. Es ist aber schlicht auch unsere Aufgabe, uns immer wieder zu besinnen, weshalb wir in diesem Hause sind. Es geht darum, das Saarland voranzubringen.
Deshalb möchte ich auch enden mit einem Segenswunsch: Gott segne dieses Haus und unser Land. Ein solcher Wunsch ist hier vielleicht etwas außergewöhnlich. Aber ich glaube wirklich, auch in dieser
Frage, dass man nicht allein steht, dass es Kräfte gibt, die einen unterstützen, damit man hier, in diesem saarländischen Landtag, etwas Sinnvolles auf den Weg bringen kann. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Willger-Lambert hat gesagt, im Antrag von den Regierungsfraktionen steht ja alles. Aber das Entscheidende steht nicht drin, nämlich wie viel Geld Sie zusätzlich aufbringen wollen, damit wir den Krippenausbau und qualitative Verbesserungen im Kindergarten erreichen. Das steht nicht drin. Deshalb haben wir heute die Debatte angestoßen, um Klarheit zu schaffen. Das Geld reicht nicht aus. Wenn Sie uns nicht glauben, dem Städte- und Gemeindetag nicht glauben, auch keine Zeitungen lesen, kann man es leicht vorrechnen.
Es wurde geplant, dass wir 180 Millionen Euro brauchen, um den Krippenausbau im Saarland zu vollziehen. 54 Millionen Euro sollte das Land aufbringen und den Rest die Kommunen. Im Haushalt sind 20 Millionen Euro. Es fehlen also 34 Millionen Euro. Selbst Ihre Landesregierung ist der Ansicht, dass mit den vorhandenen 20 Millionen Euro das Ziel von 35 Prozent nicht erreicht werden kann. Da brauchen wir hier keine großen Worthülsen zu fabrizieren. Die entscheidende Frage ist: Kommen die 34 Millionen Euro noch in den Haushalt oder nicht?
Es ist schon ein starkes Stück, denn wir haben diesen Krippenausbau alle gewollt. Die Kommunen haben gesagt, wir sind mit einem Rechtsanspruch einverstanden, aber Bund und Land müssen uns helfen, diesen Anspruch umzusetzen, wir können das alleine nicht machen. Sie haben eben selbst gesagt, der Bund ist schon etwas zurückhaltend, er hat nicht gedacht, dass es so viel kostet, er wird nicht alles Geld weiterleiten. Jetzt ist auch noch die Landesregierung sehr zurückhaltend. Der Einzige, der am Schluss übrig bleibt, sind die Kommunen, aber die Kommunen alleine können diesen Rechtsanspruch nicht umsetzen.
Ganz erstaunt bin ich über die Anträge, den Antragsstopp, jetzt zu reden, wir müssen einmal neu planen, das ist alles sehr überraschend gekommen. Wir haben das mit dem Antragsstopp schon einmal erlebt, bei „Wohnen im Alter“. Daran kann ich mich erinnern. Sie haben vor der Wahl ein tolles Programm aufgelegt. Nach der Wahl hatten Sie kein Geld mehr, das zu bezahlen. Da kann man noch sagen, da kamen so viele Anträge, die Bevölkerung hat das so gut angenommen, Sie waren überrascht. Dennoch - sage ich - müssen Sie es bezahlen. Aber hier, bei diesen Anträgen, hat die Landesregierung mit am Tisch gesessen. Die Kommunen haben diese Anträge mit Ihnen vorbereitet und sie haben sie dann eingebracht.
Es gab einen Vorschulentwicklungsplan. Der wurde umgesetzt. Es ist ja nicht so, dass die Kommunen einfach gedacht haben, och, wir stellen heute einmal einen Antrag bei der Landesregierung und hoffen, dass sie das bezahlt. Es war alles mit Ihnen abgestimmt. Sie können jetzt nicht sagen, es ist kein Geld mehr da, die Kommunen sollen sehen, was sie machen. Dann wäre das ein Antragsstopp. Vielleicht ist es nur vorläufig, vielleicht bekommen sie noch etwas. Das ist ein glatter Wortbruch gegenüber den Kommunen, und ich sage Ihnen, auch gegenüber den Familien in diesem Land.
Das Tollste ist, wenn Sie sagen, unser Antrag wäre abenteuerlich. Wenn es eine Bezeichnung für abenteuerlich gibt, ist es diese Auffassung der Landesre
gierung, dass, wenn eine Kommune einen vorzeitigen Baubeginn genehmigt bekommt, sie nicht mehr davon ausgehen kann, dass sie später das Geld erhält. Das muss man sich einmal vorstellen! Das gab es noch nie hier im Land! Ich gebe dem Kollegen Magnus Jung recht. Das wird nicht nur dazu führen, dass in den Kindergärten zunächst nichts passiert. In keinem Bereich wird die Kommune investieren, bevor sie von Ihnen den Bescheid hat; denn man kann Ihnen nichts mehr glauben. Wenn man mit Ihnen etwas vereinbart, kann man sich nicht sicher sein, dass man später das Geld bekommt. Dieses Risiko wird niemand mehr eingehen.
Dann das nächste Thema. Sie spielen jetzt den Krippenausbau gegen qualitative Verbesserungen im Kindergarten aus. Der Staatssekretär hat gesagt, wir können das mit dem Krippenausbau schaffen, aber dann können wir keine qualitativen Verbesserungen mehr machen. Deshalb reden Sie in Ihrem Antrag nur noch vom Krippenausbau. Aber es gibt keine Trennung. Ihr Plan heißt Krippen- und Vorschulentwicklungsplan, weil es sinnvoll ist, in die Kindergärten zu investieren, wo Krippen sind.
Es gibt diese Trennung nicht. Sie können einfach nicht sagen, das sind zwei Themen. Wir müssen sowohl den Krippenausbau vorantreiben als auch die qualitativen Verbesserungen. Dann reichen die 20 Millionen Euro nicht aus. Deshalb ist die Sache ganz einfach. Wie viel Geld gibt es zusätzlich, damit wir beide Ziele erreichen, um das, was Sie versprochen haben, was die Bundesregierung versprochen hat, und das, was wir auf kommunaler Seite versprochen haben, überhaupt umsetzen zu können? - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden heute über Armut im Saarland, die Situation hier im Land. Deswegen muss man sich auch mit den Zahlen befassen. In der Sozialstudie wurde ausgedrückt, dass wir ein Armutsrisiko von 16,8 Prozent haben. Bei den 18- bis 24-Jährigen sind 27,9 Prozent von Armut betroffen, bei den Kindern 21,2 Prozent und bei den Alleinerziehenden 37,8 Prozent. Angesichts dieser Zahlen ist es schon etwas merkwürdig, wenn man in den Redebeiträgen der Koalitionsparteien hört, dass es im Saarland einen Aufwärtstrend gebe. Es mag sogar sein, dass es für einen kleinen Teil in diesem Land in der Tat einen Aufwärtstrend gibt, denn die Studie sagt nämlich auch aus, dass die Reichen immer reicher werden. Nur muss man dann umgekehrt auch feststellen, dass es für viele hier im Land zu einem Abwärtstrend kommt und dass die Mittelschicht auch von diesem Sog betroffen ist.
Herr Scharf, Sie reden von einer politisch seriösen Diskussion. Dann darf man aber, wenn man über Armut redet, nicht vor den Armen die Augen verschließen. Dann muss man nämlich ganz konkret über die reden, die von diesem Antrag betroffen sind, und nicht von denen, denen es Gott sei Dank in diesem Land gut geht.
Ich kann Ihnen ohnehin nur empfehlen, Ihren Wagen einmal stehen zu lassen, auch den Dienstwagen, und sich zu Fuß aufzumachen durch die Viertel in einigen Städten unseres Landes. Reden Sie dort einmal mit den Mitarbeitern der Jugendhilfe, mit den
Familienhebammen, die für die Frühen Hilfen zuständig sind, und erzählen Sie denen mal, dass es hier im Saarland einen Aufwärtstrend gebe. Dann stellen Sie sich vielleicht auch noch auf einen Wochenmarkt und reden mit den Leuten dort. Hören Sie sich an, was die zu sagen haben, und erzählen Sie denen, dass wir ein Aufsteigerland sind, dass wir im Aufwärtstrend sind. Wenn Sie dann, wenn Sie sich das angehört haben, weiter bei Ihrer Schönfärberei bleiben, können Sie nur in Deckung gehen, denn die Menschen in diesem Land haben langsam die Schnauze voll davon, dass man vor den wirklichen Problemen in diesem Land die Augen verschließt und sagt: Im Saarland ist doch alles wunderbar, selbst die Armut ist hier im Land kein Problem.
Wir haben hier immer wieder über Armut diskutiert. Ein Kollege hat gesagt: Reden wir heute schon wieder darüber? Wir haben doch erst vor einiger Zeit darüber geredet. - Das stimmt, wir reden hier wirklich sehr lange über das Thema Armut. Deshalb haben wir auch gesagt, wir müssen langsam mal handeln! Die Kollegen von der CDU müssten auch erstaunt sein, denn das Thema Armut ist ja nicht nur im Saarland aktuell, sondern eigentlich im ganzen Bundesgebiet. Was tut die Bundesregierung? Sie tut in der Tat etwas, aber was tut sie? Sie verschärft die ganze Situation! Für die Hartz-4-Empfänger werden die Heizkostenzuschüsse gekürzt, Elterngeld gibt es nicht mehr, die Rentenversicherungsbeiträge sind auch nicht mehr finanzierbar, aber auf der anderen Seite gibt es Steuergeschenke für Hoteliers. Das versteht hier im Land niemand mehr. Erklären Sie mal, was das mit sozialer Gerechtigkeit oder mit einem christlichen Weltbild zu tun hat!
Wenn es heißt "Aufstehen gegen Armut", heißt es in erster Linie "Aufstehen gegen die Bundesregierung" und den Versuch unternehmen, das, was auf den Weg gebracht wird, mit allen Mitteln zu stoppen.
Wir haben einen regionalen Aktionsplan gefordert. Frau Willger-Lambert hat nicht so ganz verstanden, was ein regionaler Aktionsplan ist. Das heißt natürlich, etwas hier im Saarland zu tun. Und was „ganzheitlich“ ist, ist eigentlich auch nicht so schwer zu verstehen: Alle Politikbereiche müssen bei diesem Thema zusammenarbeiten. Da geht es nicht nur um den Teil Soziales, sondern auch um Wirtschaft, Bildung - das versteht man unter „ganzheitlich“.
Nun fragen wir uns natürlich, da die Regierung heute wieder aufgefordert wird, einen solchen Aktionsplan zu erstellen - im Januar hatte sie sich selbst schon einmal aufgefordert, einen solchen Aktionsplan zu erstellen -: Wann kommt er denn? Das ist die entscheidende Frage der heutigen Debatte: Wann kommt der Aktionsplan?
Wir haben von niemandem aus der Regierung gehört, wann dieser Aktionsplan in der Tat kommt. Ostern 2010 ist vorbei, Weihnachten steht vor der Tür. Wir sind gespannt, wann dieser Aktionsplan kommt. Man fragt sich natürlich: Wenn jeder Armut bekämpfen will, warum erstellt man so einen Aktionsplan nicht? Ich glaube, der Grund ist folgender: Wenn man einmal einen solchen Plan aufgestellt hat, wird man an ihm gemessen. Und genau davor haben Sie Angst! Ihre Ausführungen, dass wir plötzlich die Schuldenbremse haben und deswegen sparen müssen, gibt mir einen Hinweis darauf, dass man hier im Land bei den Armen sparen will; bei den Reichen will der Ministerpräsident - wie er ja gesagt hat - weiter investieren. Das soll etwas mit sozialer Gerechtigkeit zu tun haben? Das ist ja wohl ein Witz!
Überhaupt ist manche Haltung von Ihnen nicht so ganz zu verstehen, wenn man Ihnen Glauben schenken möchte, dass Sie Armut bekämpfen wollen. Heute Morgen haben wir in der Debatte über das Tariftreuegesetz auch über den Mindestlohn geredet. Ich verstehe nicht, wieso man in einem der reichsten Länder der Welt nicht in der Lage ist, einen Mindestlohn zu bezahlen. Dann beklagt man auch noch die Sozialausgaben bei den Kommunen und möchte die Landkreise am liebsten auflösen, weil die sie bezahlen. Aber warum muss der Staat für die Unternehmen, die gute Gewinne machen, die Löhne bezahlen? Kann das mal jemand in diesem Land erklären? Warum kann es nicht so sein, dass ein Mensch, der arbeitet, davon leben kann? Oder ist es sogar so, dass wir hinnehmen, dass manche immer reicher werden, weil die anderen auf der anderen Seite immer ärmer werden? Ist das politisch gewollt? Will man da nicht korrigieren oder ist da ein Zusammenhang, der wirklich schwer zu verstehen ist, wenn es um soziale Gerechtigkeit in Deutschland geht? Ein Exportweltmeister wird gefeiert, aber dass das mit Mindestlöhnen nicht zu erreichen ist, muss man mir mal erklären. Es müssen andere die Zeche dafür zahlen, denen es sowieso nicht gut geht. Das kann man niemandem mehr erklären!
Zum Thema "Dauerhaft geförderter Beschäftigungssektor“. Hierzu habe ich, haben der Kollege Roth und andere Kollegen, auch Kollegen von der LINKEN, hier schon häufig geredet. Da waren wir mit der Hilfe von Klaus Meiser mal ein kleines Stück weitergekommen. Aber gebracht hat es nichts, überhaupt nichts! Dort, wo wir etwas tun können - deshalb ein regionaler Aktionsplan -, passiert bei der Landesregierung gar nichts. Deshalb fällt es mir in der Tat sehr schwer zu glauben, dass Sie ernsthaft etwas tun wollen.
Ganztagsschule! Man hat gesagt, man stellt es in die Zuständigkeit der Schulkonferenzen. Aber wie viele Ganztagsschulen sind denn bis jetzt wirklich entstanden? Hier müssen wir noch viel mehr tun.
Dann habe ich eben gehört, auf dem Ausbildungsmarkt gebe es gar kein Problem, alles sei wunderbar im Saarland. Wir haben eine Schulabbrecherquote von über 9 Prozent - junge Menschen, die überhaupt keine Chance haben, einen Ausbildungsplatz zu erhalten.
Das stimmt nicht? Dass Sie das Problem nicht erkannt haben, ist mir ohnehin klar!
Diese Menschen haben keine Chance, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Deshalb muss man hier auch etwas tun.
Sie haben eben gesagt, wir müssten Prioritäten setzen, weil der Landeshaushalt so eng gestrickt sei. Wir haben die Schuldenbremse, haben Sie gesagt. Der Ministerpräsident sagt, wir können im Saarland im nächsten Jahr kräftig investieren. Ich hoffe, dass Sie dann anfangen, auch bei den Ärmsten die Ärmel hochzukrempeln und auch dort zu investieren und nicht nur an der Stelle, die vielleicht von Christoph Hartmann vertreten wird. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Sparpaket hat eine Vorgeschichte. Von Finanz
krise war hier die Rede. Ich sage einmal: Eigentlich war das eine Zockerkrise; denn sie wurde ausgelöst durch hohe, risikoreiche Spekulationen. Wenn man einigen Berichten Glauben schenken darf, gibt es mittlerweile Vermögende und Banken, die nach der Krise reicher sind als vor der Krise. Insofern muss da wohl etwas grundlegend schiefgelaufen sein.
Die Politik hat reagiert. Sie hatte auch noch Geld. Für Banken und Vermögende haben wir einen Rettungsschirm von 480 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Und wir hatten Geld - unabhängig von der Krise für ein Wirtschaftswachstumsbeschleunigungsgesetz. Da haben wir den Vermögenden und Besserverdienenden 8,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, allein 1 Milliarde für Hoteliers. Niemand, der hier beklagt, dass dieses Paket unausgewogen sei, kann diese 1 Milliarde so lassen. Die müssen wir erst wieder zurückhaben, dann haben wir schon einen kleinen Punkt gesetzt. Wer aber hier beklagt, dass wir kein Geld haben, und auf der anderen Seite all das Geld hat, ist verlogen. Das ist sozial unausgewogen und deshalb müssen wir das ganz schnell korrigieren.
Wenn es dann in dieser Situation ums Sparen geht, denkt man zunächst einmal, okay, wir belasten die, die diese Krise verursacht haben. Bei der Bundesregierung Fehlanzeige! Da gibt es einen lapidaren Sparbeitrag, der aber sehr vage gehalten ist. Wenn man dann weiter denkt, wir müssen sozial gerecht sparen, würde man sagen, wir sparen einmal bei denen, die mehr haben als die Armen, oder fordern dort noch einen Beitrag ein. Fehlanzeige bei dieser Bundesregierung! Nein, diese Bundesregierung kam auf die glorreiche Idee, bei den Armen und Langzeitarbeitslosen zu sparen! Bei denjenigen, die in Deutschland Hilfe am nötigsten haben, sparen wir, um das auszubaden, was die Reichen und die Banken in Deutschland verursacht haben. Das ist doch nicht sozial gerecht, das ist absolut unausgewogen!
Ich möchte es einmal ganz konkret an Zahlen festmachen. Im sozialen Bereich sollen bis 2040 37 Prozent gespart werden, das sind 30 Milliarden Euro. Bei den Banken sollen 7 Prozent gespart werden. 7 Prozent, gleich 6 Milliarden Euro, sollen bei denjenigen gespart werden, die die Krise verursacht haben. Im sozialen Bereich hat man ganz konkrete Kürzungsvorschläge: Heizkostenzuschuss, Elterngeld, Arbeitsmarktpolitik. Und bei den Banken? Da soll es vielleicht eine Steuerung geben, aber das ist alles recht vage gehalten, eigentlich kann man es nicht durchsetzen. Das ist eine Schieflage.
Herr Müller, ich muss Ihnen eines sagen. Es geht hier nicht um Wortakrobatik von Ihnen. Wenn Sie wirklich etwas tun wollen, auch für das Saarland, für
die Menschen hier - vor allem die, die es am nötigsten haben -, dürfen Sie nicht nur beklagen, dass es so etwas gibt, und Vorschläge machen, nein, Sie müssen Widerstand leisten und müssen mit uns vom saarländischen Landtag aus Initiativen starten, damit das anders geregelt wird, damit die Schieflage in Deutschland beseitigt wird.
So kann man sagen, dass diese Krise in Deutschland nicht jedermanns Krise ist. Die Verlierer sind die Armen, die Langzeitarbeitslosen, und - wie uns von Ökonomen des DIW auch bestätigt worden ist, das nicht unbedingt linkslastig ist - die Mittelschicht. Die Mittelschicht in Deutschland hat Angst. Ich kann Ihnen sagen, wovor die ganz konkret Angst haben. Die haben Angst davor, dass wenn sie arbeitslos werden, sie schnell in Hartz 4 abrutschen. Es geht die Angst um, dass die Normalverdiener abrutschen, dass die Schieflage in Deutschland immer größer wird, dass der Keil zwischen Armut und Reichtum in Deutschland größer wird.
Jeder Ökonom, der sich mit dieser Frage beschäftigt hat, hat gesagt: Dieses Sparpaket wird genau diesen Trend noch weiter verschärfen. Deshalb ist es nicht nur sozialer, sondern auch wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Wahnsinn, was Sie mit diesem Sparpakt machen. Es kann nicht sein, dass in einer Krise diejenigen, die hohe Einkommen haben, nicht belastet werden, und diejenigen, die geringe Einkommen haben oder gar keines, stärker belastet werden.
Ich will noch etwas zur Binnenkonjunktur sagen. Den Export haben Sie angesprochen, aber wir leben auch von der Binnenkonjunktur und dazu habe ich bisher nichts gehört. Dieses Sparpaket - das sagen auch Ökonomen, nicht nur die Sozialdemokraten wird die Binnenkonjunktur in Deutschland noch weiter abwürgen. Davon hat niemand etwas.
Deshalb kann ich nur sagen: Es ist viel geredet worden. Sie haben vielleicht gedacht, dass bei denjenigen, wo Sie jetzt sparen, am wenigsten Widerstand zu erwarten ist. Aber dass nur noch 12 Prozent in Deutschland der Ansicht sind, dass das, was Sie in der Regierung machen, ordentlich ist, liegt zu einem großen Teil auch am Sparpaket. Allein das sollte Sie langsam einmal zum Umdenken bringen, dass die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sagen, so kann es nicht weitergehen. Wir müssen sozial ausgewogen handeln, wir dürfen nicht bei den Ärmsten anfangen zu sparen und bei den Reichsten drei Augen zumachen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute Morgen haben wir eine ausführliche Debatte über das Sparpaket und die Finanzsituation geführt und darüber, an welchen Stellen wir in Deutschland belasten und wo wir entlasten sollten. Diese Diskussion findet sich zusammengefasst auch in unserem Antrag wieder. Aus unserer Sicht hat die heutige Debatte gezeigt, dass wir ein solidarisches und soziales Steuersystem in Deutschland brauchen. Es wird ja immer gesagt, in Deutschland dürfen die Vermögenden nicht schlechter gestellt werden als in anderen Ländern. Aber auch im internationalen Vergleich haben wir eine geringere Besteuerung von Kapital
und Vermögenswerten als in anderen Staaten in der Welt. Das gilt auch für EU-Staaten. Deshalb kann man schon sagen, dass das nicht eine überzogene Forderung ist, sondern dass es eine Notwendigkeit ist, die Besserverdienenden heranzuziehen, wenn es um die Finanzierung des Gemeinwohls geht. Das ist nicht nur Auffassung der SPD und der LINKEN, sondern viele Sozialverbände, Kirchenvertreter und selbst die Ökonomen sind sich einig, dass man hier eine Schieflage hat, die man korrigieren muss. Ich finde es insbesondere bemerkenswert, dass diejenigen, die hier herangezogen werden sollen, etwa Milliardäre, selbst diesen Vorschlag machen. So hat der Milliardär Hopp selbst vorgeschlagen, den Spitzensteuersatz zu erhöhen. Er findet es ungerecht, dass nur Sozialleistungen gekürzt werden, sondern er meint, dass auch die Vermögenden etwas leisten können. Wenn selbst diejenigen der Ansicht sind, dass wir eine Kurskorrektur brauchen, dann ist es wohl selbstverständlich, dass die Politik dem folgen sollte.
Es stellt sich die Frage, ob wir damit irgendwelche Leute knechten, denen es nicht besonders gut geht, oder ob wir wirklich so etwas wie eine Flucht aus Deutschland bekommen, wenn wir solche Initiativen ergreifen. Man muss dazu feststellen - und das ist keine Sache, die sich von heute auf morgen entwickelt hat -, es gab noch nie so viel Geldvermögen in Deutschland wie bisher. Die Mittelschicht, das haben die Experten festgestellt, muss unseren Staat am meisten tragen, aber die Mittelschicht rutscht ab. So kann man feststellen, dass die Reichen nicht nur mehr werden, sondern sie werden auch noch reicher. Und die Armen werden auch mehr, aber sie werden auch ärmer. Was alle nachdenklich stimmen sollte - und daran kann ja niemand ein Interesse haben, ob arm oder reich, ob SPD, FDP oder andere Parteien - ist, dass unsere Gesellschaft auseinanderzubrechen droht. Auch deshalb müssen wir diese Initiativen ergreifen.
Der Ministerpräsident hat hier gesagt, es handele sich um seine persönliche Meinung als Ministerpräsident. Ich habe diese Aussage einmal so gewertet, dass er genau weiß, dass er das weder in den Regierungsfraktionen noch hier im Parlament durchbekommt. Deshalb hat er das zur persönlichen Meinung erklärt. Er selbst hat ja auch von der fehlenden Belastungsgerechtigkeit gesprochen. Ich muss es, da wir ihn in diesem Punkt unterstützen, bedauern, dass er, der Ministerpräsident eines Bundeslandes, nicht mehr in der Lage ist, seine eigenen Minister davon zu überzeugen, seinen Kurs durchzuhalten. Der Ministerpräsident thematisiert den Spitzensteuersatz, und man kann wohl davon ausgehen, dass Herr Hartmann das genaue Gegenteil sagt. Oder wenn es ums Elterngeld geht: Er unterstützt -
Ja, aber es handelt sich um eine Regierung. Genau das ist doch das Problem! Was haben wir denn von einer Regierung, die weder im Saarland noch in Berlin mit einer Zunge reden kann?
Wir können in diesem Land noch so viele Beschlüsse fassen und Initiativen ergreifen, es nützt alles nichts, wenn der Ministerpräsident nicht einmal im eigenen Land die Macht hat, seinen politischen Willen durchzusetzen. Es ist natürlich seine persönliche Sache, ob er das mit sich machen lässt. Ob allerdings ein Ministerpräsident, der keine Macht hat und dem jeden Tag ein Minister widerspricht, in seinem Amt bleiben sollte, das ist schon eine andere Sache. Für uns Saarländerinnen und Saarländer ist jedenfalls klar, dass er sagen kann, was er will - machen kann er überhaupt nichts.
Deshalb erschien es uns auch notwendig, diese Initiative zu starten. Wir appellieren an Ihre Vernunft: Lassen Sie uns die Vorschläge zu dem, was man machen kann, parteiübergreifend durchsetzen! Es stellt sich schon die Frage, ob man es zulassen sollte, dass eine kleine Partei, die haarsträubenden Vorstellungen folgt, alles blockiert. Diese Vorstellungen werden in unserem Land von niemandem mehr getragen, weshalb diese Partei mittlerweile auch bei gerade einmal 5 Prozent gelandet ist.
Ich wiederhole aus diesem Grund noch einmal unsere Forderung. Dass wir heute Morgen stundenlange Debatten geführt haben, das nützt letztlich nichts, wenn die Debatten keine Konsequenzen haben. Dies vor Augen haben wir ganz konkrete Vorschläge gemacht, über die Sie nachdenken können, die Sie auch unterstützen können:
„Die Landesregierung ergreift eine Bundesratsinitiative zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Die Landesregierung ergreift eine Bundesratsinitiative zur Erhöhung der Mehrwertsteuer für Luxusgüter. Die Landesregierung ergreift eine Bundesratsinitiative zur Erhöhung der Kapitalabgeltungssteuer auf Kapitaleinkünfte. Die Landesregierung ergreift eine Bundesratsinitiative zur Besteuerung von Finanztransaktionen. Die Landesregierung ergreift eine Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der seit 1997 ausgesetzten Vermögenssteuer. Die Landesregierung ergreift eine Bundesratsinitiative zur Reform der Erbschaftssteuer, die insbesondere die stärkere Belastung größerer Erbschaften zum Ziel hat.“ Die hierbei kürzlich vorgenommene Veränderung soll also wieder rückgängig gemacht werden. „Die Landesregierung ergreift eine Bundesratsinitiative zur Rückgängigmachung von ‚Steuergeschenken’ wie beispielsweise der reduzierte Mehrwertsteuersatz
bei Hotelübernachtungen.“ Das sind konkrete Vorschläge.
Nun wird ja im Land beklagt, es fehle in Deutschland an der Belastungsgerechtigkeit. Die Menschen im Land, die Bürgerinnen und Bürger, aber auch wir von der SPD werden den Ministerpräsidenten nicht an dem messen, was er jeden Tag in der Zeitung verkündet, sondern an dem, wofür er hier die Hand hebt. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema sexuelle Gewalt ist ein sehr schwieriges. Es wäre vermessen zu sagen, dass man das in einer Landtagsdebatte abschließend behandeln könne. Deshalb ist der heutige Antrag ein gemeinsames Zeichen, um die Bedeutung dieses Themas für den saarländischen Landtag herauszustellen und klarzumachen, dass wir alles tun wollen, was wir tun können.
Bei dem Thema sexuelle Gewalt stellt man sich natürlich viele Fragen. Man fragt sich, wie es zu solchen Taten kommen kann, wie es den Opfern geht, wie man solche Taten verhindern kann, und wie man den Opfern wirklich erfolgreich helfen kann. Dabei ist das gar nicht so einfach, weil es nicht den Täter gibt. Das Täterprofil ist sehr vielschichtig. Bei vielen - so sagen es jedenfalls die Beratungsstellen wird es früh erkennbar. Deshalb sind die frühen Hilfen im präventiven Bereich ein sehr wirksames Mittel. Man sieht auch, dass ein geringes Selbstwertgefühl eine Rolle spielen könnte. Man muss da ja sehr vorsichtig sein. Auch da ist ein präventiver Ansatz angesagt, um Taten zu verhindern.
Aber auch die Opfer wird man zu Wort kommen lassen. Auch da sieht man, dass es sehr gespalten ist, dass es ambivalent ist, und dass viele Opfer, obwohl sie Opfer sind, Schuldgefühle haben. Je näher das Opfer am Täter dran ist - wenn es beispielsweise in der Familie geschehen ist -, umso schwieriger ist es
für das Opfer. Ganz obskur wird es, wenn man sieht, dass ein kleiner Teil der Opfer später auch Täter wird. Das zeigt, dass es ein schwieriges und vielfältiges Thema ist und wir im ständigen Dialog mit den Beratungsstellen stehen müssen, dass aber auch eine wissenschaftliche Aufarbeitung dringend notwendig ist.
Wenn solche Taten bekannt werden, sind alle emotional bewegt. Auch die jetzt bekannt werdenden Taten von Vertrauenspersonen aus Schulen, Kirchen und anderen Betreuungseinrichtungen führen natürlich zu einem Vertrauensverlust in der Gesellschaft, wobei man aufpassen muss, dass man nicht alle, die dort arbeiten, unter einen Generalverdacht stellt. Auch das kommt das eine oder andere Mal in der Debatte vor. Aber man darf nicht verkennen, dass sich die meisten Fälle im familiären Bereich ereignen und somit noch viel schwerer von außen zu beurteilen sind.
Was kann man tun im präventiven Bereich? Man muss besondere Sorgfalt bei der Einstellung walten lassen. Ein erweitertes Führungszeugnis - wie es im Antrag vorgeschlagen wird - wäre ein Mittel, um Gefahren frühzeitig zu erkennen und um die Sorgfalt auch walten zu lassen. Es ist wichtig, dass man die Kinder stark macht. Aber die Kurse, die Kinder stark machen sollen, haben natürlich auch ihre Grenzen. Wir dürfen nicht die Verantwortung allein auf die Kinder übertragen, dafür sind sie einfach zu klein und können das nicht leisten. Es gibt in einigen Landkreisen Schulprojekte von Nele und Phoenix. Hier wäre es vielleicht hilfreich, wenn die kommunale Ebene mitarbeiten und diese Programme noch ausarbeiten würde. Es geht nicht nur um juristische Mittel, was man tun kann gegen die sexuelle Gewalt. Es geht auch darum, im Saarland eine Kultur des Hinsehens und Hinhörens, aber auch des Beratens zu schaffen. Deshalb bitte ich auch hier um die Unterstützung der verschiedenen Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen.
Wie menschlich eine Gesellschaft ist, sieht man daran, wie sie mit den Schwächsten in der Gesellschaft umgeht. Ich wünsche mir für unsere Kinder eine noch etwas menschlichere Gesellschaft.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor über einem Jahr haben wir im saarländischen Landtag über die Schulbuchausleihe debattiert. Zunächst einmal darüber, ob wir sie überhaupt einführen wollen, und danach, wie sie ausgestaltet werden soll. Letztendlich hat sich das FDP-Modell, das Gebührenmodell, hier durchgesetzt. Die SPD und DIE LINKE wollten Kostenfreiheit und damit die absolute Lernmittelfreiheit. Frau Rink, Sie sagen, im Saarland gibt es Lernmittelfreiheit. Da Sie unserem Modell nicht gefolgt sind, gibt es in diesem Land eben keine Lernmittelfreiheit. Deshalb stehen wir heute hier und diskutieren noch einmal über dieses Thema.
Wir haben damals auf die Gefahren hingewiesen, die Ihr Modell beinhaltet. Wir hatten die Befürchtung, dass es im ganzen Land einen Flickenteppich von unterschiedlichen Gebühren geben würde. Diese unterschiedlichen Gebühren sind für uns ein Teil der Ungerechtigkeit in Ihrem System. Es ist mehr oder weniger eine Frage des Zufalls, welche Gebühr die Eltern bezahlen. Es gibt Kommunalpolitiker - von allen Parteien -, die von Ihrem Modell gar nichts halten. Sie wollen auch eine absolute Lernmittelfreiheit und übernehmen deshalb die Gebühren auf kommunaler Ebene. Das sind die Gründe, warum das Modell ganz unterschiedlich ausfällt. Die Eltern werden ungerecht behandelt, weil niemand darauf setzen kann, wo sein Kind zur Schule gehen wird. Es gibt nur eine Lösung, um das zu korrigieren, das ist die vollständige Lernmittelfreiheit. Das wäre die absolute Gerechtigkeit in diesem System.
Aber es kam bei Ihrem System noch schlimmer. Auch darauf haben wir immer hingewiesen und mit Ihnen diskutiert. Die Frage war, ob die Gebühren so bleiben würden, wie sie festgelegt worden sind. Man war sich darüber nicht ganz einig, aber es wurde gehofft, dass es so bleibt. Wie ist es jetzt? Es gibt eine enorme Verteuerung. In den Gymnasien waren es ursprünglich 60 Euro, jetzt gibt es Gebühren bis zu 115 Euro. 80 Prozent der Gymnasien in diesem Land folgen nicht Ihrer Empfehlung von 90 Euro, sondern haben ein teureres System.
Diese erhebliche Verteuerung belastet die Eltern und sie schadet der Attraktivität dieses Systems, denn wir merken, dass immer weniger daran teilnehmen. Aber ganz kurios wurde es in den Grundschulen. Da gab es ursprünglich eine Gebühr von 40 Euro. Diese sollte jetzt auf 60 Euro erhöht werden. Aber dann hat irgendjemand festgestellt - es war nicht das Ministerium, es waren die Eltern selbst -, dass die Gebühren, die vom Ministerium vorgeschlagen werden, teurer sind als der tatsächliche Kaufpreis. Das muss man sich einmal vorstellen! Das, was Sie von den Eltern verlangen, ist teurer als das, was die Eltern gezahlt hätten, wenn sie es selbst bezahlt hätten.
Das hat dann auch das Ministerium eingesehen und gesagt, das ist wirklich kurios, wir geben eine Gutschrift und kommen wieder zurück zu den 40 Euro, wir sind ganz freundlich und nett und stellen dafür 500.000 Euro in den Haushalt ein. Darüber waren wir zunächst einmal ganz froh und haben gesagt, bei den Grundschulen ist das Problem gelöst, bei den anderen Schulen müssen wir noch weiter mit Ihnen diskutieren, damit zumindest das System nicht wesentlich schlechter wird als das jetzige System. Aber dann zur Ergänzungsvorlage. Da wurden 10
Planstellen nicht besetzt oder gestrichen. Ich möchte mit Ihnen gar nicht über diese Formulierung streiten, denn letztendlich ist entscheidend, ob die Lehrer da sind oder nicht. Die Lehrer sind nicht da. Ihr Motto „Lehrer gegen Bücher“ ist doch keine geordnete Schulpolitik.
Als Sie eben hier ansprachen, dass man in der Bildungspolitik verantwortlich sein muss, Frau WillgerLambert, da bin ich fast vom Stuhl gefallen. Wir würden gerne mit Ihnen verantwortlich diskutieren, aber eine Regierung, die überall Baustellen in diesem Land eröffnet und keine einzige Baustelle zu Ende führt, die sich darüber beklagt, dass keiner mitmachen will, dies als unverantwortlich deklariert, aber selbst nicht in der Lage ist, ein ordentliches Konzept hier vorzulegen, das ist lächerlich und dieser Schulpolitik wirklich nicht angemessen. Sie sprechen hier von Gemeinsamkeit. Da brauche ich gar nicht in Ihren Ausschuss zu gehen. Ich lese einmal die Zeitung und rede mit den Eltern, Schülern und den Lehrern. Niemand in diesem Land möchte mit Ihnen, mit dieser Landesregierung wirklich noch zusammenarbeiten. Das ist nach Schreier echt eine absolute Leistung!
Schon damals haben wir auch auf etwas hingewiesen. Wir haben gesagt, macht kein bürokratisches Monster, macht nicht, dass wir nachher mehr Geld in die Verwaltung stecken, als die Eltern davon haben. Und was ist? Ein bürokratisches Monster ist errichtet worden. Der Landkreistag hat darauf hingewiesen, dass das Geld, das er vom Land für die Schulbuchausleihe erhält, gar nicht ausreicht. Der Regionalverband muss 350.000 Euro drauflegen, Merzig-Wadern 117.000 Euro, Neunkirchen 90.000 Euro, Saarpfalz-Kreis über 70.000 Euro und St. Wendel über 60.000 Euro. Im Landkreis St. Wendel hat man jetzt eine Initiative gestartet und verlangt parteiübergreifend - auch mit Ihren eigenen Leuten -, dass es hier eine Korrektur gibt. Wir wollen in die Eltern und die Kinder investieren und nicht in die Bürokratie. Wenn Sie solch ein bürokratisches Monster hier errichten, müssen Sie dafür auch die Zeche zahlen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Normalerweise hat man im Rahmen der Haushaltsberatung immer Probleme mit seiner Redezeit. Die Kolleginnen und Kollegen drängen auch darauf, dass man sich kurz fasst. Ich kann meinen Kollegen versprechen, dass ich das heute tun werde: Bei diesem dünnen Haushalt wird keine lange Redezeit erforderlich sein.
Leider ist der Haushalt nicht nur dünn, was die Anzahl der Seiten betrifft, er ist auch vom Umfang her dünn. Hier beziehe ich mich auf das, was Herr Weisweiler im Ausschuss selbst gesagt hat. Er hat darauf hingewiesen, dass er ein Ausgabenvolumen von 45 Millionen Euro hat, ohne das Personal, 38 Millionen Euro sind aber schon durch die Zuweisungen an die Krankenhäuser auf der Grundlage des Gesetzes gebunden. Er habe dann noch 7 Millionen Euro, aber von den 7 Millionen Euro sind schon 5,3 Millionen Euro in langfristigen Projekten gebunden, sodass er eigentlich nur noch 1,7 Millionen Euro hat, über die er verfügen kann.
Dann hat er jedoch darauf hingewiesen, dass die Einrichtung und der Betrieb seines Ministeriums 1 Million Euro kosten. Da muss man sich schon die Frage stellen: Ist ein eigenständiges Ministerium gerechtfertigt, wenn man keine Gestaltungsmöglichkeiten mehr hat? Deshalb fordern wir an dieser Stelle die Auflösung des Ministeriums und seine Eingliederung in ein anderes Ministerium. Damit können wir Kosten sparen, die Abteilungen können auf ein anderes Ministerium übertragen werden.
Ganz doll wird es aber, wenn man sich die Personalkosten ansieht: 5,8 Millionen Euro für Personal, 100 Stellen, 24 neu geschaffen. Okay, ein kleines Ministerium, sagt man. Aber davon sind 10 Stellen in der B-Besoldung!
10 Prozent Ihrer Mitarbeiter sind in der B-Besoldung. Für alle, die sich im Besoldungsrecht nicht auskennen: Das sind die höchsten Besoldungen, die es in diesem Land gibt. Viele, viele Bürgermeister kommen nicht mehr ansatzweise in diese B-Besoldung.
Es geht noch weiter: 40 Prozent der Bediensteten sind im höheren Dienst. 40 Prozent! Wir haben gestern über Häuptlinge und Indianer geredet. Ihr Ministerium ist das Häuptlingsministerium. Sie haben die teuersten Beamten und den geringsten Gestaltungsspielraum. Da passt doch etwas nicht zusammen! Deshalb fordern wir die Auflösung Ihres Ministeriums.
Ich habe mich gefragt, wie das eigentlich zustande gekommen ist. Sie haben es auch im Ausschuss etwas bedauert, dass Sie so wenig Zuständigkeiten haben. Ich habe mir gedacht, dass es bei den Koalitionsverhandlungen wohl folgendermaßen gelaufen ist. Erst wurde die Anzahl der Minister festgelegt. Danach hat man gekuckt, was der Minister überhaupt arbeiten sollte. Und da ist bei Ihnen einfach nichts mehr übrig geblieben! Deshalb kann ich nur sagen, Ihr Ministerium hat nicht nur „Gesundheit und Verbraucherschutz“ im Namen zu tragen, sondern auch „Versorgung“. Aber wenn Sie von Versorgung reden, meinen Sie was anderes als wir. Wir meinen die Gesundheitsversorgung, Sie meinen die Versorgung Ihrer Parteifreunde in Ihrem Ministerium.
Und noch etwas. Herr Weisweiler hat ja ein Vorleben - er war Wirtschaftsvertreter. Ich habe mich gefragt, was die Wirtschaftsvertreter dazu eigentlich sagen würden. Sie würden darauf hinweisen, dass man mit Steuergeldern anders umgehen muss. Sie würden darauf hinweisen, dass es falsch ist, immer im Kopfbereich den Apparat aufzublähen. Sie würden darauf hinweisen, dass wir eigentlich den Staat verschlanken sollten. Da habe ich mir gesagt: Das war doch auch einmal die Position des Herrn Weisweiler. Warum macht er jetzt, wo er im Amt ist, genau das Gegenteil? Das Sein bestimmt wohl bei Ihnen das Bewusstsein. Wir haben demnächst eine Strukturkommission. Ich meine, der erste Termin dieser Strukturkommission sollte in Ihrem Haus stattfinden. Denen fällt bestimmt etwas ein, was man mit Ihnen im Rahmen von Sparmaßnahmen alles machen kann.
Ein wichtiger Bereich - der größte Bereich in Ihrem Haushalt - sind die Zuweisungen an Krankenhäuser, 15 Millionen Euro mehr. Wir haben dort auch keinen Kürzungsvorschlag gemacht, obwohl sehr viele Haushaltsreste vorhanden sind, weil wir wissen, dass wir derzeit in der Krankenhausplanung sind. Da ist in unserem Land einiges in Bewegung. Vor Ort kämpfen einige schon für den Erhalt ihres Krankenhauses. Viele sind verunsichert, auch Verdi ist verunsichert, wie es mit der Personalsituation im Land aussieht. Jeder wartet auf diesen Kranken
hausplan und jeder ist gespannt, was da drinsteht und wie es in unserem Land weitergeht.
Deshalb fand ich es etwas merkwürdig, dass Sie bei der Technikerkrankenkasse, obwohl es noch kein Gutachten, keine Zahlen gibt und wir noch nicht über Fakten diskutieren können, schon festgestellt haben, dass 24 Krankenhäuser im Saarland eigentlich zu viel ist, dass wir überversorgt sind. Man kann sich den Bedarf nicht erwünschen, sondern man muss sich an den Realitäten orientieren. Ich glaube, ein Minister, der, bevor die Planung überhaupt vorliegt, bereits Krankenhausschließungen im Auge hat, ist der falsche Minister, wenn es um die Vertretung der Interessen unserer Bürgerinnen und Bürger geht.
Wir wollen nicht nur den reinen Wettbewerb, sondern wir wollen auch eine gute Versorgung in der Fläche.
Zu Ihrem ideologischen Hinweis: Ich sehe den Wettbewerb im Gesundheitswesen nicht als das prägende Element. Für mich ist Gesundheitsversorgung Daseinsvorsorge. Der Staat ist hier in der Verpflichtung, das müssen auch die Ideologen von der FDP zur Kenntnis nehmen. Genauso wie sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Kopfpauschale nicht umsetzbar ist und dass nicht nur wir von der SPD, sondern auch Peter Müller - also quasi Ihr Chef - für eine paritätische Finanzierung ist. Es ist ganz wichtig, dass Sie hier unsere Auffassung vertreten und damit dann auch die Auffassung ihres Ministerpräsidenten vertreten. Lassen Sie den Unsinn mit der Kopfpauschale und kümmern Sie sich - bei dem wenigen, was Sie zu tun haben - um das, was Sie eigentlich zu machen haben. Sorgen Sie dafür, dass im Saarland die Krankenhäuser nicht geschlossen werden, sondern dass sie aufrechterhalten bleiben.
Wir haben einen Schwerpunkt auf den Arbeitsschutz gelegt. Wir wollten hier eine deutliche Aufstockung. Sie tun da etwas, es gibt eine Zertifizierung, aber die wird erst im dritten Quartal 2012 umgesetzt werden können. Bis dorthin wollen wir auch etwas tun. Wir wollen entsprechende Projekte und dass diese auch qualifiziert vorbereitet werden. Der Beirat, der bei Frau Görner noch getagt hat und nach dem Weggang von Frau Görner aufgelöst wurde, muss hier im Saarland wieder tagen, damit der Arbeitsschutz wieder den Stellenwert bekommt, den er vorher hatte und den er auch verdient. Das wäre eine erste Maßnahme. Sie haben um 6.500 Euro aufgestockt auf 18.000 Euro. Ich möchte mich über diese Beträge nicht lustig machen. Aber Sie sehen ja selbst: Damit ist kein Staat zu machen. Sie waren früher Arbeitgebervertreter und es wäre wünschenswert, dass Sie jetzt im Zuge Ihres Ministeramtes auch Ar
beitnehmervertreter werden und deshalb dem Arbeitsschutz einen größeren Raum in Ihrer Arbeit bieten. Ein bisschen Zeit dafür hätten Sie ja.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die schwarz-gelbe Koalition in Berlin will im Gesundheitswesen die Kopfpauschale einführen. Das wäre ein radikaler Systemwechsel. Das wäre die Abkehr von der solidarischen Krankenversicherung in Deutschland. Dem werden wir uns entgegenstellen, weil das diametral dem entgegensteht, was die SPD auf Bundesebene und hier im Land erreichen möchte.
Dass es mit dieser Sache ernst ist, dass das nicht nur ein über die Medien geführtes Geplänkel ist Herr Rösler hat ja mehr oder weniger seine persönliche Karriere als Gesundheitsminister mit dem Thema verknüpft -, erkennt man daran, dass diese Sache auch Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat. Auf Seite 86 des Koalitionsvertrages ist zu lesen: „Langfristig wird das bestehende Ausgleichs
system überführt in eine Ordnung mit mehr Beitragsautonomie,“ - ich füge hinzu: Zusatzbeiträge - „regionalen Differenzierungsmöglichkeiten und einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen,“ - das heißt: Kopfpauschale - „die sozial ausgeglichen werden. Weil wir eine weitgehende Entkoppelung der Gesundheitskosten von den Lohnzusatzkosten wollen, bleibt der Arbeitgeberanteil fest.“ Das Letztgenannte bedeutet die Aufgabe der paritätischen Finanzierung.
Alles das entspricht nicht unseren Vorstellungen, die wir hier im Land immer wieder vorgebracht haben und für die wir auch in Berlin streiten. Wir wollen das beschriebene System nicht. Wir wollen keinen Systemwechsel. Wir wollen für Deutschland eine solidarische Krankenversicherung, die alle mitnimmt und keinen benachteiligt. Wir halten den geplanten Systemwechsel für einen fatalen Fehler. Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland werden die Zeche dafür zahlen müssen, dass in Berlin einige auf einem vollkommen falschen Weg sind.
Und dass es Rösler durchaus ernst meint, sieht man an seinem Einstieg in die Kopfpauschale. Jeder weiß doch, dass die jetzt vorgeschlagenen 29 Euro zur Finanzierung der Kopfpauschale nicht ausreichen werden; man hat ja einen Betrag von etwa 200 Euro ausgerechnet. Herr Rösler hat sich aber wohl nicht getraut, gleich mit 200 Euro loszulegen, und hat deshalb mit 29 Euro angefangen. Aber auch dieser Betrag bedeutet letztlich den Einstieg in die Kopfpauschale.
Ich möchte deshalb auch einmal darlegen, was die Kopfpauschale für uns darstellt: Die Kopfpauschale ist ein ungerechtes System. Alle Versicherten zahlen die gleiche Pauschale; es ist gleichgültig, ob es sich um eine Sekretärin oder um einen Manager handelt. Gutverdienende werden in diesem System entlastet, mittlere und kleinere Einkommen werden belastet. Das bedeutet nach unserer Ansicht eine unangemessene Ungleichbehandlung durch ein ungerechtes System. Vor allem ist im System auch kein solidarischer Ausgleich mehr möglich.
Die Leute in der Koalition haben auch irgendwie gemerkt, dass das Ganze nicht wirklich gerecht sein kann. Und was haben sie sich zur Lösung überlegt? Es müsse einen Sozialausgleich geben! Wie aber soll der aussehen? Wer ist davon betroffen?
Zunächst einmal muss man feststellen, dass 80 Prozent der aktuell Versicherten von einem solchen Sozialausgleich betroffen wären. Das sind 40 Millionen Bürgerinnen und Bürger! Sie würden in einem solchen System allesamt zu Bittstellern gemacht. Sie müssten erst einmal nachfragen, ob sie diesen Sozialausgleich erhalten. Sie müssten sich erkundigen, wie das organisatorisch zu erledigen ist. Es müsste
geklärt werden, wer welchen Antrag wie und wo zu bearbeiten hat. Es müsste geklärt werden, wer die jährlich 40 Millionen Anträge überhaupt bearbeiten soll. Das alles steht noch in den Sternen. Zudem müsste das alles in jedem Jahr aufs Neue geschehen, denn das Einkommen jedes einzelnen Versicherten kann sich ja ändern. Das alles zeigt, dass die Idee, einen Sozialausgleich vorzusehen, absolut nicht ausgegoren ist, dass die Realisierung eines Sozialausgleichs in den Sternen steht.
Ich komme jetzt zum eigentlichen Problem. Wie soll man so etwas überhaupt bezahlen? Wie bezahlt man einen Sozialausgleich für 40 Millionen Bürgerinnen und Bürger? Dazu hat die FDP einen Vorschlag unterbreitet. Sie hat gesagt: Wir machen das über Steuern. Nun, welches Aufkommen müsste über Steuern zusätzlich erzielt werden? Das Bundesfinanzministerium hat diesbezüglich zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage eine Berechnung erstellt. Das Bundesfinanzministerium - wohlgemerkt das Ministerium, nicht die SPD-Bundestagsfraktion - sagt, dass das 35 Millionen Euro kosten würde.
Es stellt sich somit die Frage, wie man 35 Millionen Euro über Steuern einnehmen kann. Das würde bedeuten, dass beispielsweise die Einkommensteuer um drei bis fünf Prozent erhöht werden müsste. Wollte man nur die Spitzenverdiener belasten, würde das für Deutschland einen Spitzensteuersatz von 73 Prozent bedeuten. Ein anderes Modell wäre die Erhöhung der Mehrwertsteuer, und zwar um vier Prozent. Davon wären allerdings wieder alle betroffen, und damit wäre der Sozialausgleich nicht gewährleistet.
Man sieht, dass das Ganze im Grunde unbezahlbar ist. Darauf hat auch Peter Müller in einem Artikel der Frankfurter Rundschau hingewiesen: Ein solches Modell ist nicht finanzierbar. Das hat er allerdings erst festgestellt, nachdem er dem Koalitionsvertrag zugestimmt hat. Erst dann hat er festgestellt, dass das, was in Berlin auch mit seiner Stimme verabschiedet worden ist, so nicht zu realisieren ist.
Wir sagen aber: Politik wird nicht nur in der Zeitung gemacht. Wir müssen aktiv gegen die Kopfpauschale kämpfen. Das kann ein Ministerpräsident, und deshalb empfehlen wir ihm in dieser Frage ein größeres Engagement - nicht nur in der Zeitung, sondern auch hier im Parlament!
Aber gerne.
Abg. Hinschberger (FDP) mit einer Zwischenfrage:
Sie sprachen eben von 35 Millionen. Ich glaube, das ist ein Irrtum: Sie müssen von 35 Milliarden sprechen! Andernfalls käme der Wert „vier Prozent bei der Mehrwertsteuer“ nicht hin. Habe ich das dem Sinn nach richtig verstanden? - Vielen Dank.
Stimmt, das Problem ist wesentlich größer, als ich es dargestellt habe: Es sind 35 Milliarden Euro. Daran zeigt sich, dass das auch für mich unvorstellbar große Zahlen sind. Unvorstellbar groß sind die Zahlen aber wohl auch für das Bundesfinanzministerium und auch für den Ministerpräsidenten, der darauf hingewiesen hat, dass wir ein solches Milliardenaufkommen nicht erreichen können. Aber vielen Dank für den Hinweis!
Gleiches gilt auch für die paritätische Finanzierung. Hierzu hat die Koalition gesagt, der Arbeitgeberanteil sollte eingefroren werden. Die Kostensteigerungen sollten allein von den Versicherten getragen werden. Und es wird Kostensteigerungen geben! Als positives Beispiel für die Einführung der Kopfpauschale wird ja immer die Schweiz genannt. Betrachtet man sich aber das System in der Schweiz, sieht man, dass dort im Gesundheitswesen jährlich Steigerungen von vier Prozent zu verzeichnen sind. Man sieht, dass die Kopfprämien in jedem Jahr steigen, die Einkommen aber stagnieren. Auch in der Schweiz herrscht ein großer Unmut über dieses Gesundheitssystem. Davon ist aber in den deutschen Medien und vor allem in Berlin bei FDP und CDU nicht viel zu hören. Man hört nichts darüber, dass ein solches Modell in der Praxis nicht so erfolgreich ist, wie man das hierzulande darzustellen versucht.
Oder umgekehrt: Wenn wir immer weniger Geld in das System geben, wird dann nur noch eine Grundversorgung gewährleistet? Sind wir dann im Gesundheitswesen in der Drei-Klassen-Gesellschaft angelangt? Muss jeder Zusatzbeiträge bezahlen? Wir halten das für falsch. Der Arbeitgeber muss mit an Bord. Er darf sich nicht aus der Mitverantwortung stehlen, und er darf auch nicht von der Politik aus der Mitverantwortung entlassen werden. Viele Krankheiten und Gesundheitsprobleme haben ihre Ursache ja auch in der Arbeitswelt. Deshalb fordern wir, in Deutschland wieder zum paritätisch finanzierten System zurückzukehren.
Das sieht übrigens auch der Ministerpräsident so. In dem Artikel der Frankfurter Rundschau sagt er: „Wir sollten daran festhalten, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Gesundheitskosten gemeinsam finanzieren.“ Recht hat er! Ich muss aber wieder fragen: Warum hat er denn dem Koalitionsvertrag überhaupt zugestimmt, wenn er diese Auffassung vertritt? Es wird ihm ja wohl nicht erst jetzt eingefallen sein, dass er eigentlich für die paritätische Finanzierung des Gesundheitswesens ist.
Wir von der SPD-Landtagsfraktion fordern endlich Klarheit in dieser Frage: Was will Peter Müller wirklich? Will er die Kopfpauschale? Will er die paritätische Finanzierung? Und was will eigentlich unser Gesundheitsminister Weisweiler?
Seine Äußerungen auf Veranstaltungen bieten ja eher Anlass zur Vermutung, dass er - anders als Peter Müller - die Kopfpauschale haben möchte und das paritätisch finanzierte System nicht so gut findet und die Arbeitgeber entlasten möchte. Heute wollten wir eigentlich klare Antworten auf diese Fragen finden. Das ist jetzt leider nicht so ganz möglich,
weil Peter Müller wichtige Dinge zu tun hat und auch Herr Weisweiler sich schon verabschiedet hat.
Ich habe das ja nicht kritisiert.
Nein, ich habe gesagt: Wir können heute in diese Sache keine Klarheit bringen, weil die beiden, die ich fragen möchte, heute nicht anwesend sind.
Aber es ist ja Wirtschaftsminister Hartmann da, der sich in den Medien ohnehin schon mehr oder weniger als Gesundheitsminister geriert und sich immer wieder für Herrn Weisweiler äußert. Vielleicht kann Herr Hartmann endlich klarstellen, was diese Landesregierung möchte. Möchte sie die Kopfpauschale? Oder möchte sie die Kopfpauschale nicht? Möchte sie die paritätische Finanzierung? Oder möchte sie die nicht?
Nicht mehr als das möchte ich wissen. Welche Auffassung wird hierzu vertreten? Welche Meinung vertritt damit auch unsere Landesregierung in Berlin?
Das dürfte ja eigentlich nicht so schwierig sein.
Stichwort „Bundesgesetze“. Dazu muss ich nun wirklich sagen: Die Bürgerinnen und Bürger des Saarlandes sind ja von der Kopfpauschale genauso
betroffen wie die Bürger anderer Bundesländer. Sagt nun die Landesregierung, die die Bürgerinnen und Bürger des Saarlandes zu vertreten hat, sie könne sich nicht darum bemühen, weil es sich um ein Bundesgesetz handele, muss ich sagen: Packen Sie besser ganz ein!
Wenn sie bei dieser wichtigen Frage ihre Stimme nicht erheben will, wenn sie in Berlin nicht zugunsten der Saarländerinnen und Saarländer für die Vermeidung der Kopfpauschale kämpfen kann, können wir die Regierung auch ganz einsparen. Und da wir gesehen haben, dass die Landesregierung in diesen Dingen lieber die Medien mit Meinungen füttert, als im Parlament Initiativen zu ergreifen, haben wir diesen Antrag eingebracht, damit eine Bundesratsinitiative gestartet wird. Hier, Herr Schmitt, kann sich das Land immer einbringen. Es gibt das Instrument der Bundesratsinitiative, damit man auch als Land in Berlin seine Meinung kundtun kann - eine Bundesratsinitiative gegen die Kopfpauschale und für eine paritätische Finanzierung. Ich bin gespannt, wie die Damen und Herren von der Peter-MüllerCDU heute hier abstimmen.
Wenn man so einen Systemwechsel in Deutschland herbeiführt, sollte man sich fragen, was die Bürgerinnen und Bürger davon halten. Eine Umfrage von Infratest hat ergeben, dass 73 Prozent aller Befragten keine Kopfpauschale wollen, sondern lieber die Bürgerversicherung. Es wurden auch die FDP- und die CDU-/CSU-Anhänger gefragt. Dort war ebenfalls eine deutliche Mehrheit gegen die Kopfpauschale und für die Bürgerversicherung zu verzeichnen. Das hat für mich gezeigt, dass selbst diejenigen, die Vorteile von diesem System haben, es eigentlich gar nicht wollen. Deshalb kann ich nur appellieren: Sie haben Einfluss - ich gebe ja noch nicht die Hoffnung auf, dass eine Landesregierung Einfluss hat - und die Möglichkeit, in Berlin das Wort zu ergreifen. Wir werden hier Unterschriften sammeln und all das tun, was wir tun können. Ich glaube, wenn es Ihnen ernst ist, können wir in Berlin eine Stimme erheben gegen die Kopfpauschale und für ein paritätisch finanziertes Gesundheitssystem.
Aber ich will natürlich hier sagen, was die SPD sich genau vorstellt. Wir wollen - das ist ja eben schon angeklungen bei dieser Umfrage - eine Bürgerversicherung in Deutschland einführen. Was bedeutet das? Jeder zahlt einen Beitrag nach seiner Zahlungsfähigkeit, nach seinem Einkommen. Wir wollen ein solidarisches Krankenversicherungssystem, ein System, das sich eigentlich auch bewährt hat, das aber auch keine Garantie dafür ist, und dass es keine Kostensteigerung gibt. Aber wir haben gesehen, auch die Kopfpauschale ist keine Garantie gegen
Kostensteigerungen im Gesundheitswesen. Wir wollen ein gerechtes System. Ich glaube, das ist das, was wir den Bürgern versprechen können. Wir wollen uns für Gerechtigkeit im Gesundheitswesen einsetzen und wir wollen die Arbeitgeber nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Deshalb wollen wir ein paritätisch finanziertes System. Und - das ist eben etwas zu kurz gekommen - die Koalition sieht ja im Koalitionsvertrag eine Abkopplung von einzelnen Regionen vor. Wir sehen immer noch die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland und können solch einer Abkopplung von einzelnen Regionen nicht zustimmen. Das ist unser Modell, das wir dem entgegensetzen, was in Berlin geplant ist. Die Kopfpauschale ist unsozial, ungerecht und unbezahlbar, weil sie in der Tat 35 Milliarden Euro kostet.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Opposition hat einen Vorteil: Man muss keine Kompromisse schließen, auch keine schlechten Kompromisse. Es ist doch in der Tat seitens der CDU etwas verwerflich, Themen wie die paritätische Finanzierung und auch die Zusatzbeiträge der SPD anzulasten, wobei jeder, der sich mit Gesundheitspolitik befasst, weiß, dass damals die CDU unbedingt diese Sache durchsetzen wollte. Was Sie total ausgeblendet haben - Herr Schmitt ist ja der Ansicht, eine Landesregierung habe in dieser Frage gar nichts zu sagen -, waren die Diskussionen im Bundesrat. Wer hat denn im Bundesrat dafür gesorgt, dass diese paritätische Finanzierung so geregelt beziehungsweise aufgeweicht wurde, wie sie jetzt ist? Wer hat die Zusatzbeiträge eingeführt? Das war die CDU! Wenn man hier eine solche Debatte führt, dann kann man das einfach nicht ausblenden. Die SPD kann jetzt endlich in der reinen Lehre das sagen, was sie in der Koalition nicht durchsetzen konnte.
Ich werde die ganzen Redebeiträge auf ihren Kern zusammenführen. Alles Schmuckwerk und alle Ablenkungsmanöver lasse ich weg. Den Redebeitrag von Herrn Hans fasse ich so zusammen. Er redet für die CDU-Fraktion für die paritätische Finanzierung und gegen die Kopfpauschale, wobei er sagt, diesen Begriff gebe es so nicht. Einen einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeitrag oder Pauschale ohne Kopf - so habe ich ihn verstanden.
Herrn Schmitt von der FDP habe ich so verstanden, er möchte die Kopfpauschale, weil er sie für richtig halte. Bei der paritätischen Finanzierung hat er sich nicht klar geäußert. Er hat von seriöser Politik geredet. Ich muss mich Folgendes fragen. Die FDP, die gerade einen Vorschlag einbringt und einen Sozialausgleich fordert, von dem niemand hier im Haus und niemand in Berlin weiß, wie der überhaupt zu finanzieren ist, wirft uns vor, dass wir keine seriösen Vorschläge machen. Ich muss sagen: Fangen Sie bei sich selbst an. Wie wollen Sie die 35 Milliarden Euro finanzieren? Sie wissen es nicht. Die in Berlin wissen es nicht. Das ist keine seriöse Politik.
Ich fasse die Aussage des Herrn Schmitt von den GRÜNEN zusammen. Er hat hier klar, deutlich und knapp gesagt, für was die GRÜNEN stehen. Er möchte keine Kopfpauschale. Er möchte die paritätische Finanzierung und er möchte die Bürgerversicherung. Das ist ganz klar. Wenn ich das hier zusammenfasse, dann müssen die GRÜNEN unserem Antrag ganz klar zustimmen, die CDU schwankend sich vielleicht enthalten und die FDP müsste dagegen stimmen. Jetzt frage ich mich: Welche Politik
vertritt Herr Weisweiler in Berlin? Welche Politik vertritt er in Berlin:
die FDP-, die GRÜNEN oder die CDU-Politik? Ich sage Ihnen, Sie haben in dieser Frage leider hier nicht antworten können. Der Ministerpräsident und der zuständige Minister, die dieses Thema in der Öffentlichkeit behandelt haben, waren nicht anwesend. Wir werden jetzt eine Anfrage an die Landesregierung mit detaillierten Fragen stellen. Vielleicht bekommen wir eine klare Antwort. Aber ich weiß, dass Herr Weisweiler dieses Parlament in Berlin nicht vertreten kann.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe nicht kritisiert, dass Herr Müller nicht da ist. Ich habe gesagt, wir können das heute nicht klären, weil Herr Müller nicht da ist; er hat sich öffentlich zu Wort gemeldet.
Auch Herr Weisweiler, der Gesundheitsminister ist, ist heute nicht da. Deshalb müssen wir eine Anfrage stellen.
Ich habe anhand Ihrer Wortbeiträge klar gemacht, dass hier im Parlament jede Partei in der Koalition eine andere Auffassung vertritt. Aber es ist doch zu fragen, mit welcher Meinung Herr Weisweiler die Landesregierung und damit das Saarland in Berlin vertritt. Das ist die entscheidende Frage!
Ich habe Herrn Weisweiler schon öffentlich gefragt, wie er zur Kopfpauschale und zur paritätischen Finanzierung steht, um zu wissen, ob der Herr die Mehrheitsfraktion oder die LINKEN oder sonst jemanden vertritt. Er war bisher nicht in der Lage, das öffentlich zu tun. Wir haben es heute wieder gefordert. Es ist aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich gewesen. Wir werden das jetzt in einer Anfrage klären. Wir wollen wissen, wer in Berlin welche Position vertritt, damit wir wissen, ob wir dahinter stehen können oder ob wir weiterhin dagegen opponieren müssen, weil die Kopfpauschale und die Abkehr von der paritätischen Finanzierung nicht unser Konzept ist. Wir werden dagegen kämpfen. Sie können uns auch vorwerfen, was wir vor zehn Jahren gesagt haben. Das ist unsere Haltung. Wir machen hier auch keine Schmähpolitik oder Diffamierungen. Wir wollen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vertreten. Das kann uns keiner hier im Parlament abstreiten. - Danke.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die SPD ist auch weiterhin gegen ein absolutes Rauchverbot im Saarland. Insoweit haben wir die Anhörung etwas anders gewertet, als es eben vorgetragen worden ist. In der Anhörung wurde noch einmal deutlich gemacht, dass es in keinem anderen Bundesland ein absolutes Rauchverbot gibt. In Thüringen wurden sogar wieder Lockerungen bei kleinen Kneipen vorgenommen. Wir sollten uns nicht mit anderen Staaten vergleichen, sondern zunächst mit anderen Bundesländern und Nachbarn. Die machen kein absolutes Rauchverbot. Deshalb sollten wir auch hier im Saarland auf einen Kompromiss hinarbeiten und nicht die einen gegen die anderen ausspielen.
Das gegenwärtige Gesetz bietet ein Angebot für alle - für die Nichtraucher und für die Raucher. Man hat versucht, einen Interessenausgleich herzustellen. Ich sage nicht, dass dieses Gesetz perfekt ist, aber man sollte zunächst einmal dieses Gesetz belassen und sehen, wie die Entwicklung überhaupt ist und wie man es kontrollieren kann. Die Raucherzahl geht immer weiter zurück - leider auch die Zahl der Kneipen. Die haben nämlich noch andere Probleme als nur das Raucherschutzgesetz, mit dem sie zu kämpfen haben. Danach kann man überlegen, ob es noch Handlungsbedarf gibt.
Wenn man es absolut machen soll, wird vieles unnötigerweise in Gefahr gebracht. Man sollte den jetzigen Zustand beibehalten. Wenn man wirklich etwas für den Nichtraucherschutz machen sollte, dann muss man in die Prävention investieren, denn es
nutzt nichts, ein absolutes Rauchverbot in Gaststätten einzuführen und die Leute gehen sonst wohin rauchen. Wir haben in der Anhörung erfahren, dass es mittlerweile Garagenwirtschaften im Saarland gibt, in die sich die Leute zurückziehen. Oder es wird wieder im häuslichen Bereich geraucht. Dann haben die Kinder auch nichts davon, dass der Nichtraucherschutz für die Kneipen gilt. Deshalb ist es ganz wichtig, dass die Prävention besser ausgebaut wird und wir bei den Jüngsten anfangen dafür zu sorgen, dass überhaupt nicht erst geraucht wird. Das ist der absolut beste Nichtraucherschutz, den es gibt.
In der Anhörung war auch viel über den technischen Nichtraucherschutz zu hören. Sie haben gesagt, dass es viel Kritik gegeben habe. Von uns gab es viel Lob dafür. Das ist nämlich eine ganz tolle Idee. Derjenige, der das vorgetragen hat, hat gesagt, dass das momentan eine Einrichtung in großen Städten wie Berlin und München ist, mit der man versucht, den Nichtraucherschutz dort voranzutreiben. Negativ gesagt sind es Raucherboxen. Ich würde sagen, dass es Nischen sind. Dort wird mit technischen Mitteln der Rauch so abgesaugt, dass die Tür sogar offen sein kann. Bevor wir die Kneipen ganz ruinieren und ihnen sagen, ihr habt gar keine Chance, überhaupt irgendwann einmal einen Raucherraum einzurichten, ist es doch richtig, in andere Möglichkeiten zu investieren. Wir sagen, dass der technische Nichtraucherschutz für uns ganz oben auf die Agenda gehört hätte. Das wäre eine weniger schwere Maßnahme für die Gastwirte gewesen. Deshalb hätte man das zunächst einmal untersuchen und vorantreiben müssen. So hätten sie die Möglichkeit gehabt, das Problem zu lösen.
In der Anhörung war auch zu hören, dass es entweder eine Entschädigung oder eine Übergangsregelung geben muss. Über die Übergangsregelung haben wir in der Anhörung zwar diskutiert, aber leider ist sie so nicht in das Gesetz gekommen, denn in der Anhörung war von IHK und DEHOGA zu hören: eine Übergangsregelung ja, aber für alle, damit es keine Wettbewerbsverzerrungen gibt, und bis 2015, damit sich die Investitionen auch rentiert haben. Jetzt haben wir eine Übergangsregelung für ein paar wenige, die 2011 ausläuft. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Rolle der FDP zu hinterfragen, die ja immer und vehement auf Bestandsund Vertrauensschutz gepocht hat, die vor der Landtagswahl durch die Kneipen gezogen ist und gesagt hat: Bitte wählt die FDP, dann verhindert ihr das grüne Nichtraucherschutzgesetz. Das habe ich in vielen Gesprächen so gehört. Ich glaube sogar, zu Ihren Gunsten haben Sie wirklich viele Gastwirte gewählt, weil sie Ihnen geglaubt haben. Und was ist jetzt
nach der Wahl? Genau das Gegenteil: Es gibt das grüne Nichtraucherschutzgesetz, und natürlich werden die Menschen nervös und schreiben ganz viele Briefe an die FDP, nicht wahr?
Die FDP ist moralisch in eine Notlage geraten, was ich ja verstehen kann, und dann antwortet man natürlich auf diese Briefe.
Einen Brief hat man mir übergeben, und ich war so erstaunt, dass ich ihn heute mitgebracht habe. Eine Gastwirtin, Frau John, hat an Herrn Hartmann einen Brief geschrieben. Herr Hartmann antwortet wie folgt: „Herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 04.12.2009, in dem Sie sich deutlich gegen eine mögliche Verschärfung des Nichtraucherschutzes wenden. Mit Ihrem Engagement unterstützen Sie im Wesentlichen auch meine Position in der Angelegenheit.“ Das wird ja dann interessant für die Koalitionspartner. „Als FDP-Vorsitzender bin ich für meine in jeder Hinsicht liberale Haltung bekannt, und als Wirtschaftsminister arbeite ich unentwegt daran, eingehende Regelungen, die mit erheblichen Belastungen für unseren Mittelstand verbunden sind, mit aller Entschiedenheit zu verhindern.“ Wunderbare Entschiedenheit.
„Darüber hinaus stimme ich mit Ihnen in der Auffassung, die derzeitig geltenden Vorschriften des Nichtraucherschutzes seien ausreichend, völlig überein.“ Da gebe ich Herrn Hartmann recht; das ist auch meine Position. „Auf der anderen Seite ist es jedoch auch nachvollziehbar, wenn in einer Dreierkoalition Kompromisse eingegangen werden mussten.“ Und jetzt kommt es, die letzte Passage: „Aktuell liegt mir aber kein konkreter Entwurf für ein verschärftes Nichtraucherschutzgesetz vor. Sollte eine Novellierung jedoch von zuständiger Seite in die Wege geleitet werden, sichere ich Ihnen Unterstützung entsprechend Ihrem Petitum zu.“ Das haben wir jetzt ja gesehen.
„Vor allem werde ich dabei mit großer Entschlossenheit auf weitgehenden Bestandsschutz für die saarländischen Gaststättenbetriebe drängen. Mit freundlichen Grüßen Dr. Christoph Hartmann.“ Das ist ja alles schon sehr verwunderlich.
Doch das eigentlich Verwunderliche ist das Datum des Briefes: der 18. Dezember 2009. Aber am 25. November hatten wir das Nichtraucherschutzgesetz bereits in Erster Lesung hier im Landtag verabschiedet. Im Übrigen hatten Sie da mitgestimmt, Herr
Hartmann. Aber es kommt noch toller: Auf dem Briefkopf steht nicht „FDP-Vorsitzender“, sondern hier antwortet der Wirtschaftsminister.
Also entweder haben Sie die Dame belogen, Herr Hartmann, oder Sie haben sowohl bei dem, was Sie hier tun, als auch bei dem, was Ihre Aufgabe als Wirtschaftsminister ist, völlig den Überblick verloren. Ich meine, Sie müssten einmal überlegen, wie Sie die Trennung Ihrer Ämter als FDP-Vorsitzender und Wirtschaftsminister etwas besser hinbekommen. Und zukünftig sollten Sie vielleicht auch hier aufpassen, wie Sie entscheiden.
Auch die Erlaubnis muss man sich etwas genauer ansehen. Bis zum 30. April sollen die Gastwirte, die bauliche Veränderungen vorgenommen haben, beim Umweltministerium eine Erlaubnis beantragen. Nur bauliche Veränderungen können eine solche Erlaubnis nach sich ziehen. In der Anhörung wurde ja das Ministerium gefragt, woher der Investitionsschutz kommt. Es wurde geantwortet, er sei ein Ausfluss des Grundgesetzes, und es seien alle Investitionen geschützt, die aufgrund eines Gesetzes vorgenommen würden. Man hat also keinen Bestandsschutz, aber man hat einen Investitionsschutz. Nur frage ich mich, was mit den anderen Investitionen ist. Manche Gastwirte haben in einen Mietvertrag von bis zu zehn Jahren investiert. Das hätten sie nicht getan, wenn sie gewusst hätten, dass in saarländischen Gaststätten in naher Zeit ein absolutes Rauchverbot gelten wird. Viele haben anders investiert: Sie haben einen Raucherraum nicht dadurch eingerichtet, dass sie bauliche Veränderungen vorgenommen haben, sondern dass sie ihn abgetrennt und in ihn investiert haben. Diese Gastwirte sind von Ihrem Gesetz jedoch nicht berücksichtigt. Ich sage Ihnen: Das gibt viel Ärger. Genau diese Vorschrift wird eine erneute Klagewelle gegen dieses Gesetz hervorrufen. Wir werden bei diesem Thema wieder keine Ruhe haben, weil die Gesetze einfach immer komplizierter werden. Ich sage Ihnen noch einmal: Lassen Sie es einfach so wie es ist; das ist momentan die beste Möglichkeit.
Und da das alles ja so liberal ist, ist in diesem Gesetz unter Mitwirkung des Wirtschaftsministers von der FDP eine Verschärfung vorgenommen worden, nämlich bei den Ordnungswidrigkeiten. Bei einem einmaligen Vergehen bezahlt man bis zu 200 Euro, bei einem zweimaligen Vergehen bis zu 2.000 Euro. Im Gesetzentwurf der GRÜNEN standen noch 1.000 Euro; jetzt sind es also 2.000 Euro. Bei einem dreimaligen Vergehen wird die Konzession entzogen. Ich war schon erstaunt, mit welcher Härte man eine
Neuregelung durchsetzt. In der ganzen Anhörung hat niemand gesagt, dass man in dieser Angelegenheit Härte zeigen müsse. Niemand wollte eine Verschärfung. Und ich glaube zu wissen, warum es jetzt so gekommen ist: Man hat einfach gemerkt, dass die Einhaltung dieses Gesetzes nicht zu überwachen ist, und hat befürchtet, dass sich nur wenige an dieses Gesetz halten, weil es kaum akzeptiert wird. Also was macht man? Man setzt den Gastwirt unter Druck. Wenn er nämlich drei Mal gegen das Gesetz verstoßen hat, ist er seine Konzession los. Man will die Gastwirte dafür büßen lassen, dass dieses Gesetz auf wenig Akzeptanz stößt und seine Einhaltung eigentlich kaum zu überwachen ist.
Ich muss sagen, das hat mich schon erstaunt. Von liberaler Haltung kann ich da überhaupt nichts sehen. Es ist genau das Gegenteil von liberal. Es ist einfach Druck aufgebaut worden, weil man weiß, dass dieses Gesetz eigentlich niemand wirklich will.
Gesetz ist Gesetz, genau. Aber Gesetze werden gemacht; sie machen sich nicht selbst. - Wenn Sie den Brief suchen: Ich habe ihn noch. Ich gebe ihn Ihnen gerade.
Die Kneipenkultur im Saarland wird sich verändern. Das haben auch die Vertreter der Gastwirte hier gesagt. Es besteht ihrer Meinung nach die Gefahr, dass tausend Arbeitsplätze verlorengehen. Ich hoffe ehrlich gesagt, dass sich das Gesetz nicht so dramatisch auswirken wird. Ich kann die Befürchtungen verstehen, weil für mich nicht ganz nachvollziehbar ist, wie viele Gaststätten unter den neuen Bedingungen noch arbeiten können. Viele Gastwirte sagen ja auch schon die ganze Zeit, dass sie bereits eine Umsatzeinbuße haben, und viele befinden sich an der kritischen Grenze. Diese kritische Grenze wird meiner Meinung nach mit dem vorliegenden Gesetz durchbrochen, und dann wird es für die Gastwirte ganz eng. Vor diesem Hintergrund hätte man sich fragen müssen: Wo gibt es einen weniger schweren Eingriff, der die Gefahr, dass die Arbeitsplätze wegfallen, dass sich die Kneipenkultur im Saarland verändert, ausschließt? Ich denke, man hätte andere Möglichkeiten suchen können, wenn man nicht von vornherein von einem absoluten Rauchverbot ausgegangen und mit dem Kopf durch die Wand gegangen wäre. Was ist denn wirklich mit dem Nichtraucherschutz? Es wird immer darauf hingewiesen, dass sehr viele Menschen den absoluten Nichtraucherschutz wollten. Jetzt gab es ja im Saarland eine Umfrage dazu. Ergebnis: 54 Prozent der saarländischen Bevölkerung wollen kein absolutes Rauchverbot. Also wenn man sagt, man wolle auf die Mei
nung des Volkes hören, man wolle die Möglichkeit von Volksbegehren ausweiten, dann sollte man auch auf das Volk hören. Und das Volk hat mehrheitlich ganz klar gesagt, dass es ein absolutes Rauchverbot im Saarland nicht will.
Bei der Umfrage im Saarland.
Deshalb sagen wir: Wir wollen dieses absolute Rauchverbot nicht. Es gibt weniger schwere Eingriffe, mit denen wir keine Arbeitsplätze gefährden. Wir können nicht Politik über die Köpfe der Menschen hinweg machen, aber ich glaube, bei Ihnen nützt es sowieso nichts. - Vielen Dank.
Da Herr Schmitt meine Zwischenfrage nicht zugelassen hat, muss ich mich jetzt doch noch mal zu Wort melden. - Ich habe mittlerweile den Eindruck, wenn die Liberalen das Wort ergreifen - ich nehme den netten Herrn Weisweiler aus -, dann lügen sie. Herr Schmitt hat eben auch gelogen.
Er hat nämlich gesagt, dass in diesem Brief nichts von einem Entwurf steht, und hier wird ein Entwurf eingebracht. Aber hier steht ganz konkret - so habe ich es auch vorgelesen - dass kein konkreter Entwurf vorliegt. Herr Schmitt, ich kann verstehen, dass Sie Ihren Wirtschaftsminister verteidigen wollen - es ist mittlerweile wohl sehr notwendig geworden -, aber man muss wirklich bei der Wahrheit bleiben. Es geht nicht, andere zu beschimpfen, wenn man selbst
Mist macht. Dann steht man zu seinem Mist, hält es aus und wirft nicht mit Dreck nach anderen, die wirklich nichts anderes machen als ihre Arbeit!
Ich komme zu den Sondierungsgesprächen. Auch da wird immer gesagt, die SPD hätte damals etwas anderes vertreten als das, was sie heute vertritt. Wir hätten mit Sicherheit über das Thema Nichtraucherschutz hart diskutieren müssen, aber es wäre auch mit Ihnen irgendwann eine Lösung zu finden gewesen, wenn man das mit uns hätte machen wollen das war auch der Wunsch der LINKEN -, einen Vertrauensschutz zu gewährleisten. Genau das haben wir heute auch hier gesagt: Wir brauchen einen Vertrauensschutz. Nachdem das Gesetz ein Jahr alt ist, wäre der beste Vertrauensschutz, erst mal eine Zeit zu warten und dann zu überlegen, wie dieses Gesetz, wenn es notwendig ist, an der einen oder anderen Stelle zu verbessern ist.
Es gibt noch etwas, was ich hier wirklich nicht mehr ertragen kann: Jedes Mal, wenn man nur sagt, dass die Gastwirte in Bedrängnis kommen, wird man in die Ecke der Tabaklobbyisten oder Was-weiß-ichLobbyisten gestellt. Ich habe überhaupt nichts mit diesen Tabaklobbyisten zu tun, ich kann nur die Interessen der Gastwirte verstehen. Es kann nicht anrüchig sein, wenn man darauf hinweist, dass vielleicht tausend Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren!
Es kann doch nicht schädlich sein, wenn die Gastwirte sagen, guckt genau hin, was ihr macht, das kostet vielleicht unsere Existenz!
Nichts anderes mache ich hier! Ich bin auch nicht verantwortlich für 3.300 Tote. Ich sage auch nicht, dass man nichts dagegen machen soll. Ich habe gesagt, der technische Nichtraucherschutz, ein Thema in der Anhörung, wurde überhaupt nicht weiterdiskutiert. Ich habe gesagt, präventiv müssen wir neben den schönen Maßnahmen von Herrn Weisweiler noch mehr tun. Der beste Nichtraucherschutz, der beste Gesundheitsschutz ist einfach nicht zu rauchen, und da müssen wir bei den jungen Menschen anfangen!
Natürlich.
Abg. Hans (CDU) mit einer Zwischenfrage:
Frau Kollegin Hoffmann-Bethscheider, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass im Rahmen der Anhörung auf die Frage, ob ein Gerät zum technischen Nichtraucherschutz im Saarland oder in der näheren Umgebung existiere, uns geantwortet wurde, dass dies nicht der Fall sei? Ich glaube, das nächste Gerät steht in Berlin zu Versuchszwecken im Deutschen Bundestag. Die Kosten für ein solches Gerät liegen weit im vierstelligen Bereich, sodass es sicherlich keine Lösung für die kleine Gastronomie sein dürfte.
Der Mann hat gesagt, es gebe mittlerweile gute Erfahrungen in Berlin und München. Er wurde gefragt, ob es in der Umgebung etwas gebe. Er hat gesagt, er wisse es nicht, er werde es weiter eruieren. Er hat gesagt, es koste eine Leasingrate von monatlich 200 Euro, wenn man das installieren würde, was in Berlin üblich sei. Ich sage nur, man muss doch über den technischen Nichtraucherschutz nachdenken. Wenn Sie die vielen Gastwirte fragen würden, die würden lieber 200 Euro monatlich in eine Leasingrate investieren, bevor sie ganz dicht machen. Das muss man diskutieren. Ich wollte nur sagen, es gibt Möglichkeiten, etwas für den Nichtraucherschutz zu machen, die milder sind als dieses Gesetz. Nichts anderes habe ich hier gesagt! - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Armut in Deutschland, in einem der reichsten Länder der Welt, kann man sich kaum vorstellen. Und leider war Armut auch lange ein Tabuthema in Deutschland. Die Schere zwischen Arm und Reich ist immer weiter auseinandergegangen, und man kann schon fast sagen: Egal, welche Re
gierung in Berlin dran war, es hat sich nicht wirklich etwas geändert.
Armut ist in Deutschland aber auch unterschiedlich verteilt. Wenn man sich den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung und die anderen Statistiken ansieht, so kann man schon sagen, dass in Ostdeutschland in der Tat das Armutsproblem noch größer ist als in den westdeutschen Ländern. Aber auch hier im Saarland gibt es Armut; das Armutsrisiko liegt in einer Größenordnung von 16,8 Prozent. Und daher gehören wir bei den westdeutschen Bundesländern zu denjenigen, die am meisten Probleme mit diesem Thema haben. Was am Erschreckendsten ist: Dass diese Zahl in den letzten Jahren kontinuierlich steigt. Wir haben ja darauf gedrängt, dass man einen Armuts- und Reichtumsbericht auch hier für das Saarland erstellt. Diese Forderung wurde von vielen im Saarland auch mit unterstützt - von den Armutsverbänden, von den Kirchen. Alle haben gesagt, wenn wir etwas gegen Armut tun wollen, müssen wir zunächst einmal wissen, wie sieht es im Saarland wirklich aus? Wir haben eine Anfrage gemacht, die wurde auch beantwortet, und ich sage mal, diese Sozialstudie ist quasi die Fortsetzung auch dieser Beantwortung der Frage. Deshalb kann man ganz deutlich sehen - ich gehe mal davon aus, das war auch der Untersuchungsgegenstand der Anfrage von uns -: In den letzten Jahren gibt es eine kontinuierliche Steigerung, die von niemandem infrage gestellt wird. Ich möchte auch sagen, mein Eindruck ist, dass keiner Armut will. Aber es gibt politische Forderungen, die dazu führen, dass die Armutsbekämpfung nicht stattfindet, sondern dass die Armut in Deutschland sich noch weiter ausbreiten wird. Denn wenn wir weiter Steuerentlastungen fordern und dem Staat den Handlungsspielraum entziehen, damit er etwas gegen Armut und für Bildung tun kann, dann werden wir Armut befördern und nicht verhindern. Deshalb kann ich hier sagen: Eine klare Absage an die Koalitionspläne schwarz-gelb zur Steuerentlastung und zu den Forderungen der FDP hier im Saarland. Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten und das will die SPD mit Sicherheit nicht.
Ich kann auch nicht sagen, dass das Thema hier im Saarland nicht schon Gegenstand gewesen sei. Ich habe mir die Anträge rausgesucht, die in den letzten Jahren zu diesem Thema hier gestellt wurden. Das ist schon beträchtlich. In den Anträgen steht, egal von welcher Partei, ziemlich viel Gutes drin. Aber wirklich geändert hat sich in diesem Land nichts.
Und was mich in dieser Diskussion auch immer etwas gestört hat: Jeder, der es gewagt hat, dieses Thema hier auf die Tagesordnung zu setzen oder überhaupt im Land über Armut geredet hat, der war wieder Miesmacher, der war der Miesepeter. Es hat
irgendwie nicht so ganz in das Konzept des Aufsteigerlandes gepasst. Arme Menschen passen nicht zum Aufsteigerland. Ich glaube, diese Regierung passt nicht in unser Land.
Es reicht auch nicht mehr, von der Regierung her einen Glauben an das Aufsteigerland zu haben, wenn die Realität etwas anderes im Saarland sagt. Deshalb kann ich hier an dieser Stelle sagen: Es geht nicht um das Schönreden und darum, immer die Zahlen herauszusuchen, die einem gerade passen, es geht darum, im Saarland etwas besser und schöner zu machen. Das ist unsere Aufgabe hier, wir müssen anpacken, um wirklich etwas zu verändern. Denn es nutzt nichts, eine Studie zu haben, die keine Handlungen nach sich zieht. Wir müssen auch im Saarland etwas grundlegend ändern. Ich sage, nicht nur im Saarland ändern, aber auch hier grundlegend! Und da sind alle angesprochen mitzuarbeiten und die Sache nicht kleinzureden. Die Menschen in diesem Land haben das auch verdient. Sie haben eine Landesregierung verdient, die Arbeitsplätze schafft. Und ich muss an dieser Stelle auch sagen, weil es mir etwas merkwürdig vorkommt: Sie haben keinen Wirtschaftsminister verdient, der in Luxemburg eine Firma gründet, um dann in Belgien und den Niederlanden Arbeitsplätze zu schaffen, ob bei Hooters oder sonstwo.
Wenn man wirklich etwas für dieses Land tun will, ist nicht nur die Sozialministerin gefragt, sondern auch der Wirtschaftsminister, weil er eine zentrale Aufgabe bei der Armutsbekämpfung hat. Wenn Christoph Hartmann sich wirtschaftlich betätigen will, dann soll er es als Wirtschaftsminister hier im Saarland tun. Dann hat nicht nur er etwas davon, sondern die Menschen in diesem Land.
Es gibt natürlich Gruppen, die besonders von Armut betroffen sind, und deshalb möchte ich diese auch besonders hier herausstellen. Es sind unsere Kinder, es sind unsere Jugendlichen und unsere jungen Erwachsenen. Eigentlich, wenn man es so zusammenfasst, leidet die Zukunft unseres Landes unter Armut. Das ist eine Sache, die kann von uns nicht einfach so weggewischt werden. Diese Perspektivlosigkeit junger Menschen sehen wir ja nicht nur in der Debatte, wenn es um Armut oder um Quoten geht, die dann festgestellt werden. Die liegt in dem Bereich bei 25 bis 30 Prozent. Nein, das stellen wir auch tagtäglich im Saarland fest, wenn es um Gewalt geht, wenn es um Ohnmacht geht, wenn es um junge Menschen geht, die keine Perspektive in diesem Land sehen. Deshalb ist es ein ganz großes Querschnittsthema in unserer Gesellschaft, für Jugendliche und junge Erwachsene und für die Kinder in unserem Land etwas zu tun. Und da geht es nicht nur um schöne Projekte, auch nicht nur um Modellprojekte, die in drei Jahren auslaufen. Wenn man für
diese Menschen etwas tun will, muss man auch für die Eltern etwas tun. Denn oft entsteht Armut dadurch, dass die Eltern nicht in der Lage sind, mit einem Einkommen oder gar durch Sozialtransferleistungen Familien so zu ernähren, dass sie im Saarland eine Perspektive haben, aus der Armut herauszukommen.
Wenn wir über Armut reden, sind auch die Frauen das wurde eben von Frau Willger-Lambert angesprochen - immer mitten in der Diskussion. So ist es auch bei dieser Sozialstudie. Alleinerziehende sind im Saarland mit über 43 Prozent einem Armutsrisiko ausgesetzt. Alleinerziehende sind meistens Frauen.
Wir haben im Saarland in der Tat mit der Frauenerwerbsquote ein Problem, und damit auch mit dem Verdiensteinkommen von Alleinerziehenden. Wir haben aber auch bei kinderreichen Familien ein Armutsrisiko, das erhöht ist. Jetzt muss ich sagen, wir stehen ja immer hier und fordern die Leute auf: Setzt mehr Kinder in die Welt, wir brauchen eine Entwicklung, die in die andere demografische Richtung geht. Aber wenn man sieht, dass dieser Kinderreichtum für viele ein Armutsrisiko bedeutet, dann ist das, muss ich sagen, natürlich nur zur Hälfte gedacht. Wenn wir solche Forderungen aufstellen, müssen wir den Familien auch unter die Arme greifen. Deshalb steht - das ist nicht nur ein saarländisches Problem - der komplette Familienlastenausgleich in Deutschland auf dem Prüfstand. Das, was bisher dort getan wird, hat bisher jedenfalls nicht dazu geführt, dass Familien mit vielen Kindern geholfen wurde, sondern sie sind mehr oder weniger in die Armut gedrängt worden. Und das kann kein familienpolitisches Konzept sein, das wir - so, wie es momentan läuft - weiter tragen können. Auch hier möchte ich keine Verantwortlichkeiten zuweisen, sondern es geht darum, dass man endlich erkennt, dass etwas in die falsche Richtung geht und dass man hier eine Kehrtwende machen muss.
Armut ist aber nicht nur ein Thema für junge Menschen, es gibt auch Armut im Alter. Auch das ist eine Zahl, die immer weiter steigen wird, weil wir ja die Rentenanwartschaften der Menschen kennen und uns ausrechnen können, dass wir in diesem Bereich mehr Armut zu erwarten haben. Und auch dort sind es wieder vor allem die Frauen.
Migrantinnen und Migranten sind oft ein Thema, wenn es um die Schulen geht. Aber auch diese Studie hat gezeigt, dass es in der Tat so ist, dass diese Menschen es noch schwerer in unserer Gesellschaft haben als viele andere. Deshalb: Wenn wir ein Gesamtpaket machen, müssen wir auch an unsere Migranten und Migrantinnen denken. Da geht es auch um die Frage, wie offen eine Gesellschaft ist, ob sie es erlaubt, dass diese Menschen bei uns in Deutschland ihren Weg gehen können.
Aber ich habe mich mit Sicherheit nicht zu Wort gemeldet, um Ihnen zu sagen, wie schlecht es hier im Saarland ist, das können Sie ja in der Studie selbst nachlesen. Es geht vor allem auch darum zu diskutieren: Was können wir tun? Und wenn ich von „wir“ rede, dann meine ich nicht nur die Politik, wie es im Antrag der CDU etwas deutlich wurde. Wenn ich von „wir“ rede, dann sage ich: Alle sozialen gesellschaftlichen Gruppen in diesem Land, die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer, die Gewerkschaften, die Kirchen, die Sozialverbände, alle fordere ich auf, gemeinsam zu überlegen, wie wir dieses Thema Armut im Saarland verbessern können.
Unser Vorschlag - ich muss jetzt ehrlicherweise sagen, es ist nicht originär der Vorschlag der SPDFraktion, wir haben einen Vorschlag des VdK aufgegriffen, die haben das schon hier in die Politik eingebracht -: Eine Charta für ein soziales Saarland erarbeiten, gemeinsam Politik Hand in Hand mit den gesellschaftlichen Kräften in unserem Land, damit aus dieser Frage eine positive soziale Bürgerbewegung wird und alle das Bewusstsein haben, dass sie einen Beitrag leisten können, vor allem, dass sie einen Beitrag leisten wollen, damit Armut im Saarland immer weniger wird. Wir müssen tun, was wir tun können, um Menschen in diesem Land eine Hand zu reichen und ihnen helfen, aus ihrer Situation herauszukommen, wieder zurück in eine Teilhabegesellschaft und nicht in eine Finanzierungsgesellschaft. Und wenn heute manche Punkte besonders angesprochen werden, dann heißt das nicht, würde man alleine diese Punkte berücksichtigen, wäre das Thema Armut damit erledigt. Es ist in der Tat ein ganzheitlicher Ansatz gefragt, an dem alle Fachbereiche mitarbeiten sollten.
Ich möchte aber den Arbeitsmarkt herausgreifen, weil in der Tat zu sagen ist, wenn die Eltern eine dauerhafte Beschäftigung hätten und von dieser Beschäftigung ihre Familie ernähren könnten, könnte Kinderarmut zurückgedrängt werden. Die Frage ist, inwieweit man das auf dem ersten Arbeitsmarkt machen kann, wie wir auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Vollbeschäftigung erreichen. Diese Frage wird in politischen Diskussionen hin und her gewendet. Wir brauchen einen dauerhaft geförderten öffentlichen Beschäftigungssektor im Land, der vom Land und von den Kommunen gemeinsam getragen werden muss, damit Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Perspektive haben, hier eine Beschäftigung finden. Wenn Sie weniger als die Hälfte von dem, was Sie in Gondwana investiert haben, in einen dauerhaft öffentlich geförderten Beschäftigungssektor investieren würden, könnten Sie über 1.000 Menschen helfen und nicht nur 50. Wählen Sie einen Ansatz für das Saarland, bei dem wir etwas Eigenes machen und Menschen, die langzeitarbeitslos sind, wirklich helfen können - unabhängig
davon, was die Bundesregierung in Berlin machen wird.
Wenn wir über dieses Thema reden, muss ich auch ansprechen, dass wir, entgegen Ihren Aussagen im Koalitionsvertrag und den Andeutungen in Ihrem Antrag, in der Realität leider eine vollkommen andere Entwicklung sehen: Die Gelder bei den Agenturen für Langzeitarbeitslose, für bestimmte Beschäftigungsprogramme, sind gekürzt worden. Gerade jetzt im Dezember sind viele Menschen, die in Projekten waren, entlassen worden, weil die Gelder aus Berlin gekürzt wurden. Zeitgleich wird über dieses Thema diskutiert, in den Kommunalparlamenten oder bei den Trägern, die sagen, damit fällt ein wichtiger Teil weg. Man steht betroffen da und sagt, es tut uns echt leid, dass hier momentan keine Lösung gefunden werden kann! Und auf der anderen Seite diskutiert Roland Koch darüber, dass „die Faulenzer in Deutschland endlich mal arbeiten sollten“! Wenn die Bundesregierung und die Politik selbst auf der einen Seite die Beschäftigungsmöglichkeit für Langzeitarbeitslose kürzt, ist es wohl eine unverschämte Polemik auf der anderen Seite, die Menschen, die immer weniger Möglichkeiten haben, eine Beschäftigung zu finden, als Faulenzer zu bezeichnen.
Wir müssen die Frauenerwerbsquote steigern; wir haben da im Saarland in der Tat ein historisches Problem. Wir haben auch ein anderes Problem bei der Frauenbeschäftigung, denn 75 Prozent der Frauen arbeiten in geringfügiger Beschäftigung. Wenn man sich die Schulabschlüsse anschaut, muss man feststellen, dass nach dem Schulabschluss ein Bruch in unserer Gesellschaft stattfindet: Vor allem Frauen haben es im Saarland schwerer, eine wirkliche Beschäftigung zu finden, mit der sie eine Familie ernähren können. Deshalb ist Betreuung - es geht dabei vor allem um die Alleinerziehenden - ein ganz wichtiges Thema. Es ist aber auch eine Aufgabe, in der Wirtschaft solche Beschäftigungen für Frauen zu akquirieren und zu unterstützen. Deshalb fordern wir - das haben wir bereits im Regierungsprogramm getan - eine Stabsstelle „Frauen“ in der Staatskanzlei, die überall in der Wirtschaft aber auch in anderen Teilen der Gesellschaft dafür sorgt, dass Frauen mehr Chancen bekommen, eine Arbeit zu finden, von der sie alleine eine Familie ernähren können.
Wenn wir über das Thema Armut reden, sind wir ganz schnell bei der Bildung. Ich möchte jetzt nicht alle Gründe aufzählen, die hier schon zigfach genannt worden sind, warum das im Saarland nicht so klappt und die Selektion immer noch sehr hoch ist. Die soziale Studie sagt auch, dass es im Saarland einen Zusammenhang zwischen der Herkunft und den Bildungsabschlüssen gibt. Ich möchte das jetzt auch nicht vertiefen, sondern weise nur darauf hin,
in der Studie ist gesagt worden, dass die Chancengerechtigkeit noch nicht verwirklicht ist. Es ist eine ganz große Aufgabe, den Kindern Möglichkeiten zu geben, damit sie durch Bildung selbst aus dem Bereich herauskommen und nicht mehr in Armut leben müssen.
Aber auch die Sprachförderung ist wieder ein ganz großes Thema, weil es nicht so ist, dass in den Familien immer mehr Deutsch geredet wird. Es wird vielmehr festgestellt, dass in den Migranten-Familien immer weniger Deutsch gesprochen wird. Deshalb müssen wir den Bereich der Sprachförderung ausbauen. Die Kinderarmut wurde angesprochen, das ist auch ein großes Thema der SPD, nicht nur seit heute, sondern seit langen Jahren. Wir setzen uns für eine Kindergrundsicherung in Höhe von 500 Euro ein - das ist auch bekannt. Wir fordern die Landesregierung wieder auf, eine Bundesratsinitiative zu dem Thema zu initiieren, damit wir auf Bundesebene ein Stück weiterkommen.