Peter Schowtka

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist erschütternd und schamlos, wie die nationalsozialistische NPD in diesem Hohen Hause ihre populistischen Spielchen mit der Angst von Hunderten von Menschen um ihren Arbeitsplatz auf die Spitze treibt.
Sie nutzt dafür skrupellos die Instrumentarien der parlamentarischen Demokratie, die eigentlich auf ihrer Abschussliste steht, und legt uns heute einen Antrag vor, der zum Bruch des Grundgesetzes und der Sächsischen Verfassung aufruft.
Meine Damen und Herren! Dabei wurde dieser Gesetzentwurf, der vom 24. März dieses Jahres datiert, in aller Eile so liederlich verfasst, dass man sich am 8. Juni noch gemüßigt fühlte, einen Änderungsantrag beizufügen, der den formaljuristischen Notwendigkeiten einer Enteignung gerecht werden sollte. Ohne dieses Machwerk eines weiteren Kommentars zu würdigen, mit dem lediglich das System des demokratischen Parlamentarismus vorgeführt werden soll, verweise ich auf den Beschluss des federführenden Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses, der den Gesetzentwurf samt Änderungsantrag mit 15 : 1 Stimmen ablehnte.
Dieses Votum schlage ich namens der Koalitionsfraktionen auch in diesem Hohen Hause vor.
Möge es uns in der nächsten Legislaturperiode erspart bleiben, Anträge dieser Provenienz zu behandeln, die ausschließlich darauf gerichtet sind, unsere freiheitliche Demokratie zu verhöhnen, die wir uns vor 20 Jahren erkämpft haben, aber nicht dafür, dass sie von Abgeordneten wie Gansel, Apfel und anderen unerfreulichen Westimporten missbraucht wird.
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der uns von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegte Gesetzentwurf stellt meines Erachtens den Versuch dar, einen Teil unserer seit 15 Jahren bewährten Gemeindeordnung auf den Kopf zu stellen. Er bedeutet einen Systembruch. Das war auch wirklich die überwiegende Meinung der Sachverständigen, die am 8. Januar dieses Jahres an einer ausführlichen Anhörung teilnahmen.
Das angeblich große Bürgerinteresse an diesem Gesetzentwurf wurde durch die Präsenz von insgesamt zwei Personen auf der Besuchertribüne ad absurdum geführt.
Meine Damen und Herren! Um es auf den Punkt zu bringen: Der Gesetzentwurf strebt drei Ziele an: erstens die Festschreibung der Ortschaftsverfassung in allen Ortsteilen einer Gemeinde, zweitens die Übertragung der Entscheidung über die Mittelverteilung durch den Ortschaftsrat und drittens ein Widerspruchsrecht gegen Entscheidungen des Bürgermeisters und Beschlüsse des Gemeinderates.
Mit der vorgesehenen Änderung von § 65 Abs. 1 der Gemeindeordnung wird wieder einmal versucht, angebliche Probleme, für die die Landeshauptstadt Dresden zuständig ist, in den Landtag zu zerren. Die Waldschlößchenbrücke lässt grüßen.
Die geltende Formulierung in der Gemeindeordnung lässt durchaus die Einführung der Ortschaftsverfassung in allen Ortsteilen einer Gemeinde zu. Eine weitere Klarstellung ist überflüssig. Der gewählte Stadt- oder Gemeinderat muss es nur wollen und durch die Hauptsatzung beschließen.
Meine Damen und Herren! Wenn man die kommunale Selbstverwaltung will, muss man das auch akzeptieren. Aber einige in diesem Hohen Haus rufen nach Bürgerentscheiden und kommunaler Selbstbeteiligung nur dann, wenn ihnen die Ergebnisse in den Kram passen.
Die zweite Regelung des Gesetzentwurfes sieht vor, dass der Gemeinderat dem Ortschaftsrat die Entscheidung über Haushaltsmittel im Rahmen einer Richtlinie übertragen kann. Auch das ist überflüssig. Bereits nach geltender Rechtslage sind dem Ortschaftsrat zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben angemessene Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Zur Aufgabenerledigung kann der Gemeinderat dem Ortschaftsrat Richtlinien vorgeben. Die Rechtslage ist eindeutig. Weiterer Klarstellungsbedarf besteht nicht.
Der dritte und letzte Änderungsvorschlag des Gesetzentwurfes fordert ein Widerspruchsrecht gegen Beschlüsse des Bürgermeisters oder des Gemeinderates. Diese Formulierung ist schlichtweg falsch. Ein Gemeinderat kann zwar Beschlüsse fassen, aber ein Bürgermeister allein kann das nicht, er handelt in Form von Entscheidungen. Damit wird die Umsetzung von Entscheidungen des Gemeinderates bzw. des Bürgermeisters um mindestens vier Wochen verzögert und der Gemeinderat gezwungen, nach vier Wochen erneut über dieselbe Angelegenheit zu entscheiden. Es ist davon auszugehen, dass er dann wieder die gleiche Entscheidung treffen wird. Ich frage mich: Wem nützt das?
Was wäre die Folge dieses Vetorechtes, auch wenn es sich nur auf Gemeinderatsbeschlüsse bezieht? Bisher besteht ein Anhörungsrecht der Ortschaftsräte. Dieses bezieht sich auf Angelegenheiten mit besonderer Bedeutung für die Ortsteile. Das vorgeschlagene Vetorecht soll sich demgegenüber auf alle ortsbezogenen Angelegenheiten beziehen. Ob eine große Bedeutung für den Ortsteil vorliegt, ist dabei völlig irrelevant. Das heißt, dieses Vetorecht würde plötzlich einen Großteil aller Gemeinderatsbeschlüsse betreffen. Es würde vor allen Dingen viel weiter gehen als das bisherige Anhörungsrecht. Das hätte zur Folge, dass der Ortschaftsrat zwar nicht angehört würde, aber ein Vetorecht ausüben könnte.
Meine Damen und Herren! Ein weiteres Problem besteht darin, dass innerhalb der großen Gemeinden, vor allem der kreisfreien Städte in Sachsen, ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Rechten der Ortschaftsräte und den Rechten der Stadtbezirksbeiräte bestehen würde. Das ist bisher schon problematisch. Nun wäre es so, dass die Stadtbezirksbeiräte allenfalls etwas sagen dürften, das nicht beachtet wird, aber die Ortschaftsräte könnten plötzlich ein Veto einlegen. Das würde ein Ungleichgewicht herbeiführen, das sicher nicht im Interesse der Akzeptanz von Entscheidungen durch die Bürger ist.
Alles in allem ist der uns vorliegende Gesetzentwurf verfassungsrechtlich bedenklich, da er die Rechte des gewählten Stadt- und Gemeinderates einschränkt. Er enthält unklare Formulierungen und verzögert das Verwaltungshandeln unnötig. Er ist einfach überflüssig und wird deshalb von den Koalitionsfraktionen abgelehnt.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viele Stunden könnten wir darüber diskutieren, welches die Rolle Europas im 21. Jahrhundert ist und warum wir die Europäische Union brauchen. Die Kernelemente sind für uns die politische Stabilität, die Überwindung der Spaltung auf dem Kontinent, die Gewährleistung der Sicherheit unserer Bürger, die Förderung einer ausgewogenen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft. Wir müssen die Globalisierungsherausforderungen annehmen und angehen, die Vielfalt der Völker Europas wahren sowie die gemeinsamen Werte Europas verteidigen. Menschenrechte und soziale Marktwirtschaft, gesunde Umwelt und Lebensqualität können wir nur gemeinsam nachhaltig weiterentwickeln.
Die Bürgerinnen und Bürger fragen oft: Was habe ich denn von der Europäischen Union? Spürbar wird es durch die Reisemöglichkeiten, die Freizügigkeit, die Niederlassungsfreiheit und das Aufenthaltsrecht innerhalb der Europäischen Union. Diese Rechte kann jeder Bürger in Anspruch nehmen.
Für mich ist aber am allerwichtigsten, dass wir seit über 60 Jahren Frieden haben, dass wir die bisher längste Friedensperiode in der Geschichte Mitteleuropas erleben dürfen, in dem Teil der Erde, von dem im vergangenen Jahrhundert die zwei furchtbarsten Kriege der Weltge
schichte ausgegangen sind. Welchen Wert über 60 Jahre Frieden darstellen, ist mir persönlich besonders bewusst geworden, als ich vor zehn Jahren die Plitvicer Wasserfälle in Kroatien besuchte und dabei durch Dörfer mit zerschossenen und ausgebrannten Häusern kam, in denen noch vor Kurzem Männer, Frauen und Kinder gelebt haben müssen. Das war mitten in Europa.
Allein dafür, dass wir das nicht mehr erleben müssen, lohnt sich der europäische Einigungsprozess – trotz aller Probleme und Widersprüche, mit denen wir es auch in Zukunft zu tun haben werden.
Frieden in Europa war das Hauptmotiv, das die Gründerväter der europäischen Einigung bewegte, sich über Gräben und Ruinen hinweg die Hände zu reichen. Gott sei Dank, dieser Friede ist heute Wirklichkeit in einem Europa der Regionen, einem Raum der Freiheit und des Rechts und nicht in einer sozialistischen Völkergemeinschaft der Panzer oder einem großdeutschen Reich der Konzentrationslager.
Ein entscheidender Aspekt für die Entwicklung des gemeinsamen Europas ist, dass nicht nur die Nationalstaaten, sondern auch immer mehr die Regionen in den Entscheidungsprozess eingebunden sind.
Meine Damen und Herren! Unter Regionen versteht man die einzelnen Territorien in den Staaten der Europäischen Union, deren Bevölkerung ethnische, sprachliche, kulturelle oder auch religiöse Gemeinsamkeiten hat. In der Bundesrepublik besitzen diese von der EU definierten Regionen sogar Staatsqualität. Wir haben die Bundesländer mit ihren Verfassungen und Regierungen, mit eigener
Gesetzgebung. Das ist in vielen Mitgliedsländern durchaus nicht der Fall.
Durch die europäische Integration sind auf dem Wege der Verlagerung von nationalstaatlichen Kompetenzen nach Brüssel eigene Entscheidungsbefugnisse geringer geworden. Dies verlangt, dass die Regionen ihre Interessen artikulieren und vertreten.
Es ist nichts Neues, das die Regionen in der Europäischen Union als eigenständige Akteure schon seit Jahrzehnten auftreten. Ich erinnere nur an die Pionierarbeit bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Mit Hilfe der 1987 gegründeten Versammlung der Regionen Europas versuchten die Regionen beispielsweise, ihre Interessen gegenüber ihren nationalen Regierungen, den internationalen Organisationen sowie gegenüber der damaligen Europäischen Gemeinschaft und dem Europarat durch transnationale Einrichtungen wahrzunehmen, und zwar durch Dialog, Kommunikation und Förderung der Kooperation zwischen den Regionen. Ziel war aber auch die Repräsentation der Regionen bei europäischen Institutionen sowie die Zusammenarbeit mit europäischen Vereinigungen lokaler Körperschaften.
Der Ausschuss der Regionen versteht sich als direkter Draht zwischen den Organen der EU und den Regionen. So wollten es die Staats- und Regierungschefs, als sie diese Institution im Maastrichter Vertrag beschlossen. Der Ausschuss der Regionen ist also ein Beratungsausschuss der Europäischen Union. Die Regionen und deren Bürger sollen stärker in den europäischen Einigungsprozess eingebunden werden.
Der Ausschuss der Regionen hat im Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union zwar kein Mitentscheidungsrecht. Er wird aber in vielerlei Angelegenheiten, die die Regionen unmittelbar betreffen, angehört. Er ist ein beratendes Organ. Meine Damen und Herren, genau diese Mittlerfunktion des Ausschusses der Regionen zwischen Bürgern, Regionen und Institutionen der Europäischen Union interessiert uns.
Wie muss man sich den Einfluss der Stellungnahmen des AdR vorstellen? Wie gelingt es, die unterschiedlichen Interessen der Regionen in diesem Gremium zu bündeln? Welche Schwerpunkte der Arbeit liegen derzeit auf dem Tisch des Ausschusses der Regionen? Welche Rolle spielt dabei der Freistaat Sachsen, der einen der 24 Sitze Deutschlands von den insgesamt 344 Sitzen aller EUMitgliedsländer innehat?
Die CDU-Fraktion bezweckt mit diesem Antrag, die Arbeit des Ausschusses der Regionen innerhalb der Europäischen Union stärker zu beleuchten und seine Bedeutung herauszuarbeiten, damit der AdR kein eurotechnokratischer Begriff bleibt, mit dem nur sehr wenige etwas anzufangen wissen, sondern mit Leben erfüllt und für den Einzelnen vorstellbar wird.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Berichtsantrag der Koalitionsfraktionen.
Ich werde in drei Monaten glücklicher Großvater von Zwillingen werden,
und ich bin froh, dass bei meiner Tochter und bei meinem Schwiegersohn diese Maßnahmen in Anwendung kommen konnten.
Aber jetzt zu meiner Frage: Kann es sein, dass Ihrer Fraktion dieser Antrag überhaupt nicht gefällt und dass Sie deswegen dagegen Stimmung machen?
Frau Herrmann, ich glaube, es ist heute deutlich geworden, dass die Paare, die sich dieser komplizierten Behandlung unterziehen, den sehnlichen Wunsch haben, Kinder zu bekommen; und wenn ich Sie nun höre, dann sprechen Sie nur über Dinge, die der Sache entgegenstehen.
Sind Sie auch sonst bei der Empfängnisverhütung so konsequent, wie Sie es jetzt hier darstellen?
Doch, das haben Sie doch gerade gesagt. Sie haben doch gerade die Form von Abtreibung erklärt, die dann stattfinden soll.
Ja, aber Sie erklären die ganze Angelegenheit – –
Ich nehme die Wahl an.
Ich habe den Eindruck und möchte ihn von Ihnen bestätigt haben, dass Sie einen
Einzelfall auf die gesamten Feuerwehren in Sachsen ausdehnen. Das, was Sie erzählen, kann ich von meinen Feuerwehren nicht sagen. Ist das nicht der Versuch von Ihnen, einen Einzelfall zu generalisieren?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Missbrauch personenbezogener Daten hat in den vergangenen Wochen große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregt – zu Recht, ist doch der Schutz höchstpersönlicher Daten ein Recht von Verfassungsrang. Es ist gut und richtig, dass die Medien hierüber berichten und die Öffentlichkeit darüber diskutiert.
Es verwundert nicht, dass sich auch die Linkspartei dieses Thema auf ihre Fahnen schreibt, ganz ähnliche Fahnen, unter denen sie vor 20 Jahren noch ein ganz anderes Verhältnis zu den Daten der Bürger hatte. Als Sie noch Staatspartei waren und SED hießen, konnten Sie nicht genug Daten sammeln.
Jetzt kommt sicherlich wieder die Begründung, dass Sie ja daraus gelernt hätten. Aber das können wir nicht ganz glauben.
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, Sie sind mal wieder zu spät!
Am vergangenen Donnerstag fand in Berlin der sogenannte Datenschutzgipfel statt. Auf Einladung des Bundesinnenministers waren die Verantwortlichen für Datenschutz aus Bund und Ländern zusammengekommen, um über Maßnahmen zur Verbesserung des Datenschutzes im nicht öffentlichen Bereich zu beraten. Als Ergebnis des
Gesprächs wurden konkrete Maßnahmen und ein Zeitplan für deren Umsetzung beschlossen. Ich komme im Einzelnen später darauf zurück. Während die Linkspartei in Sachsen also noch Anträge schreibt, wird im Bund bereits gehandelt.
Mit den in Berlin vereinbarten Maßnahmen ist Ihr Antrag im Wesentlichen überflüssig geworden. Sie hätten ihn also genauso gut zurückziehen können.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, auf den Antrag im Einzelnen einzugehen. Ich komme zunächst zu Punkt 1. Darin fordert die Linkspartei ein Maßnahmenpaket zur Verhinderung des Handels mit personengebundenen Daten. Zunächst soll künftig die Weitergabe personenbezogener Daten zu gewerblichen oder Werbezwecken nur noch mit ausdrücklicher, dokumentierter Einwilligung der Betroffenen geschehen dürfen. Genau dies ist beim Datenschutzgipfel in Berlin vergangene Woche besprochen und beschlossen worden.
Weiterhin sprechen Sie sich für die Einführung eines obligatorischen Datenaudits für alle datenverarbeitenden Stellen aus. Ich gehe davon aus, dass es sich hier um einen „freudschen Vertipper“ handelt.
Nein, ich möchte erst zu Ende kommen. – Sie meinen sicherlich kein Datenaudit. In Teilen Ihrer Anhängerschaft würde dies sicherlich freudige Erinnerungen wecken. Ich will Ihnen aber nicht unterstellen, unter dem Etikett „Datenschutz“ die obligatorische Kontrolle aller gesammelten Daten auf ihre Qualität hin einführen zu wollen. Vielmehr wird es Ihnen wohl doch um ein Datenschutzaudit gehen. Hierzu wird das Bundesinnenministerium bis November dieses Jahres den Entwurf für ein Datenschutzauditgesetz vorlegen. Mit diesem Gesetz wird die Kontrolle der Einhaltung der Datenschutzvorschriften erheblich verbessert werden.
Meine Damen und Herren, weiterhin fordern Sie in Ihrem Antrag eine Pflicht zur Unterrichtung der Betroffenen bei illegaler Verwendung personenbezogener Daten. Im Rahmen des Datenschutzgipfels wurde auch hierzu eine Prüfung durch das Bundesinnenministerium vereinbart. Es ist jedoch fraglich, wie sinnvoll eine solche Maßnahme überhaupt wäre. Schließlich ist kaum zu erwarten, dass ein Unternehmen, das illegal Daten verwendet oder weitergibt, anschließend die Betroffenen über diesen Gesetzesverstoß informieren wird.
Unter Anstrich 2 fordern Sie die „Reduzierung der Verarbeitung personenbezogener Daten auf das Unvermeidbare“. Ich frage Sie: Was verstehen Sie darunter? Was ist bei Ihnen „unvermeidbar“? Wer entscheidet darüber, was unvermeidbar ist? Hierzu gibt es den bereits in § 3a des
Bundesdatenschutzgesetzes geregelten Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit. Was Sie jedoch zusätzlich regeln wollen, lässt sich dem Antrag nicht entnehmen.
Genauso unkonkret geht es weiter: Auf welche Weise sich das „Höchstmaß an Transparenz“ von den bereits existierenden Auskunfts- und Benachrichtigungsrechten der Betroffenen unterscheiden soll, wird leider nicht verraten. Auch zu den Kontrollmöglichkeiten durch den Datenschutzbeauftragten gibt es schon heute im Bundes- und im Sächsischen Datenschutzgesetz einschlägige Regelungen. Für den Bereich der betrieblichen Datenschutzbeauftragten wurde zudem auf dem Datenschutzgipfel des Bundesinnenministeriums eine Einbeziehung in das Kontrollverfahren nach dem künftigen Datenschutzauditgesetz vereinbart.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nun noch kurz auf die Punkte 2 und 3 des Antrages eingehen. In Punkt 2 fordern Sie Aufklärung darüber, in welchem Umfang die sächsischen Bürger von den jüngst bekannt gewordenen Fällen der illegalen Datenverarbeitung betroffen sind. Um an diese Informationen zu gelangen, hätten Sie dieses Hohe Haus nicht mit einem schlecht vorbereiteten Antrag zu behelligen brauchen. Eine Kleine Anfrage an die Staatsregierung wäre hier das einfachere und schnellere Verfahren gewesen.
Punkt 3 fordert schließlich eine staatliche Informationskampagne für wirksamen Selbstdatenschutz.
Meine Damen und Herren! Der wirksamste Selbstdatenschutz ist der verantwortungsvolle Umgang mit den eigenen Daten. Ich bin überzeugt, dass gerade jüngst bekannt gewordene Fälle den Bürgern unseres Landes noch einmal verdeutlichen werden, dass die Preisgabe persönlicher Daten im Internet sowie die Teilnahme an dubiosen Gewinnspielen und Umfragen auch mit Risiken verbunden ist. Ich vertraue daher an dieser Stelle auf den gesunden Menschenverstand der Sachsen, nicht jedem x-Beliebigen persönliche Daten preiszugeben.
Wenn aber Bürger trotz zahlreicher Hinweise in den Medien immer noch ihre Pin auf die Bankkarte schreiben, dann nützt auch der Ruf nach dem Staat nichts.
Meine Damen und Herren! Die Aufgabe des Staates liegt in der Durchsetzung der geltenden Vorschriften und deren Anpassung an die aktuellen Entwicklungen. Die Vereinbarungen des Datenschutzgipfels werden diesen beiden Punkten in vollem Umfange gerecht. Ihr Antrag ist also insoweit überflüssig. Kurz gesagt, es handelt sich um einen Antrag, sehr geehrte Damen und Herren von der Linkspartei, nur um eine Aneinanderreihung von überflüssigen und inhaltsleeren Forderungen unter einer wohlfeilen Überschrift. Wir werden diesen Antrag daher ablehnen.
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war fraglos ein schwarzer Tag in der Geschichte des europäischen Integrationsprozesses, als am 13. Juni bekannt wurde, dass genau 862 415 Bürger Irlands – das entspricht 54 % derer, die zur Wahlurne gingen – in einem Referendum den in Lissabon vereinbarten EU-Verfassungsvertrag abgelehnt haben. Diesen Tag als einen Glückstag für die Völker Europas zu bezeichnen, wie es im Antrag der NPD zu dieser Aktuellen Debatte heißt, entspricht einem verquasten Denken, das als Glückstag
wohl den 30. Januar 1933, den Tag der Machtergreifung Ihres unseligen Ahnherrn,
oder auch den 1. September 1939 apostrophiert, als dieser Wahnsinnige den schlimmsten aller Kriege vom Zaume brach.
Meine Damen und Herren! Dass die Vereinigung Europas kein Schönwettersegeln sein wird, haben schon die Gründungsväter Konrad Adenauer, Alcide de Gasperi, Robert Schuman und Jean Monnet erkannt. Dennoch hat uns der von ihnen auf den Weg gebrachte europäische Einigungsprozess die längste Friedensperiode in der Geschichte Mitteleuropas beschert:
63 Jahre. Darüber können wir froh und glücklich sein.
Um den Herausforderungen der Globalisierung gerecht zu werden und im internationalen Wettbewerb von Waren und Dienstleistungen einen vorderen Platz zu belegen, gibt es keine ernst zu nehmende Alternative zur Europäischen Union. Darüber hinaus verfügt der Kontinent über eine Fülle von historisch gewachsenen Werten und Errungenschaften, deren Bewahrung und Weiterentwicklung nur gemeinsam erreicht werden kann.
Diese Chancen und Erfordernisse müssen den über 500 Millionen Menschen von Portugal bis Zypern, von Finnland bis Malta noch besser und überzeugender erklärt werden. Das erfordert aber auch eine Abkehr von der Selbstherrlichkeit und institutionellen Selbstbezogenheit der Akteure in Brüssel und Straßburg. Das gilt für Abgeordnete und Beamte gleichermaßen. Eine Sisyphusarbeit, die die Pro-Europäer auf allen Ebenen in einer historisch kurzen Zeit leisten müssen, zumal die Demagogen der extremen Rechten und Linken nicht müde werden, das vereinigte Europa schlechtzureden und damit nicht völlig erfolglos sind.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich ausgerechnet aus einer Rede des vielfach verleumdeten US-Präsidenten Ronald Reagan am 18. Mai 1985 vor dem Europäischen Parlament in Straßburg zitieren. Da Reagan auch den Fall der Mauer und den Untergang des Kommunismus voraussagte, halte ich diese seine Worte ebenfalls für prophetisch, indem er erklärte:
„Vor uns liegt viel Arbeit, eine Arbeit, die dem Bau einer großen Kathedrale gleicht. Diese Arbeit wird langsam vorangehen, kompliziert und mühsam sein. Das Ergebnis wird nur langsam erkennbar, aber unsere Kinder und Kindeskinder werden die Konturen der Bögen und Türme zeichnen und etwas von dem Glauben und der Hingabe und der Liebe verspüren, mit der sie entworfen wurden. Meine Freunde, diese Kathedrale ist Europa.“
Keine Frage, das Votum der Iren ist ein Rückschlag für Europa.
Aber 0,02 % der EU-Bevölkerung können nicht über das Schicksal einer halben Milliarde Menschen bestimmen,
zumal eine jüngste Umfrage erbracht hat, dass 80 % der Neinsager des Referendums für die Mitgliedschaft Irlands in der EU sind. Bei den Befürwortern sind es sogar 98 %.
Den Iren ist wohl danach erst wieder bewusst geworden, dass sie sich auch dank 40 Milliarden Euro Nettozahlungen seitens der EU vom Armenhaus zum europäischen Tigerstaat entwickeln konnten.
Ich meine, dass diese widersprüchlichen Voten auch die Sinnhaftigkeit eines Referendums über einen komplexen Vertrag von 600 Seiten infrage stellen, denn Intention des Lissabon-Vertrages sind ja gerade die Stärkung der Rechte des Europäischen Parlaments und mehr Demokratie und Transparenz in den Institutionen der EU.
Trotz der primitiven Schadenfreude aufseiten der NPDFraktion wird Europa weiter zusammenwachsen und weiter um seine konstitutionellen Grundlagen ringen, was bei 27 Mitgliedsstaaten mit ihren Partikularinteressen nicht leicht sein wird.
Dennoch, meine Damen und Herren, das Zusammenleben im Europa des 21. Jahrhunderts wird sich weiter auf der Grundlage von Freiheit, Demokratie und Toleranz und nicht nach dem Muster eines international isolierten Führerstaates von vorgestern entwickeln, wie es der NPD vorschwebt. Denn seien Sie doch ehrlich, meine Herren von ganz rechts: Ein in Frieden und Freiheit vereintes Europa geht Ihnen doch völlig gegen den Strich.
Ich danke Ihnen.
Gestatten Sie eine Richtigstellung! – Es ist eine infame Unterstellung, die sich Herr Apfel hier geleistet hat: mir vorzuwerfen, ich hätte das irische Volk beleidigt oder beschimpft. Das habe ich mit keinem Wort getan und möchte das zurückweisen, weil es eine Lüge ist.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch unter dem unmittelbaren Eindruck der jahrzehntelangen perfiden Einschüchterungs- und Unterdrückungstätigkeit des Schwertes und Schildes der Partei der Arbeiterklasse, des allmächtigen Staatssicherheitsdienstes, hat der Sächsische Landtag vor nunmehr 16 Jahren das Gesetz über die Rechtsstellung des Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR beschlossen. Dem Landesbeauftragten wurde mit diesem Gesetz unter anderem die Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes durch Unterrichtung der Öffentlichkeit über Struktur, Methoden und Wirkungsweise des Staatssicherheitsdienstes als ein Instrument der SED zur Aufgabe gemacht, desgleichen Unterstützung der Forschung und der politischen Bildung bei der historischen und politischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes.
Der Landesbeauftragte hat dem Landtag mindestens jährlich einen Tätigkeitsbericht zu erstatten. Dieser liegt seit September vergangenen Jahres in seiner 15. Auflage in einem Umfang von 35 Seiten einschließlich Anlagen vor und konnte seitdem in seinem Detailreichtum von den Mitgliedern des Sächsischen Landtages studiert werden.
Herr Michael Beleites und seine vier Mitarbeiter, als kleinste Behörde des Freistaates, haben für ihre engagierte Tätigkeit, die im Bericht für den Zeitraum von Juli 2006 bis Juni 2007 dokumentiert wird, den Dank und die Anerkennung dieses Hohen Hauses verdient.
In seiner Sitzung am 16. Januar dieses Jahres hat der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss den Bericht des Landesbeauftragten mit 14 zu 5 Stimmen zustimmend zur Kenntnis genommen. Allein die Nachfolgepartei des früheren Auftraggebers der Stasi, die sich heute unter neuem Namen so gern einen demokratischen Anstrich gibt, hat mit ihrem Abstimmungsverhalten deutlich
gemacht, dass sie noch immer Schwierigkeiten hat, mit ihrer Vergangenheit zu brechen und sie ehrlich aufzuarbeiten.
Trotz anderslautender Erklärung wurde dies damit wieder deutlich dokumentiert. Das zeigt sich auch im peinlichen Auftritt ihres Frontmannes Gregor Gysi in der gestrigen Bundestagsdebatte angesichts neuer Erkenntnisse der Birthler-Behörde über seine Verstrickung in den StasiApparat, mit dem er alle Fraktionen des Bundestages brüskierte.
Meine Damen und Herren! Wir sind es den Opfern des Stalinismus, die an Leib und Leben geschädigt und in ihrer beruflichen Entwicklung diskriminiert wurden, schuldig, dass die Wahrheit über die Zeit von 1945 bis 1989 ans Tageslicht kommt und nicht nostalgisch verklärt wird. Dazu leistet der Sächsische Landesbeauftragte mit seinem kleinen Team einen überaus schätzenswerten Beitrag.
Es ist erschütternd, dass fast 20 Jahre nach unserer friedlichen Revolution immer wieder neue Erkenntnisse über den Kraken Stasi bekannt werden. So hat eine jüngste Studie der Birthler-Behörde festgestellt, dass 1989 noch 189 000 IMs aktiv waren. Das entspricht sage und schreibe einem IM auf 89 Einwohner der DDR. Insgesamt verfügte die DDR demnach zwischen 1950 und 1989 über 620 000 Informelle Mitarbeiter. In ihrer Angst vor der eigenen Bevölkerung des Arbeiter- und Bauernstaates hat die SED durch die Stasi ein wirklich flächendeckendes Überwachungsnetz knüpfen lassen, unabhängig von einer vermeintlichen Bedrohungslage; denn laut empirischer Erhebung der erwähnten Studie waren 90 % der Spitzel nicht auf sogenannte feindliche DDR-Bürger angesetzt, sondern auf „Otto-Normalverbraucher“ im real existierenden Sozialismus.
Meine Damen und Herren! Wer wie ich selbst einmal in den Besitz seiner Stasiakte gelangt ist, kann nur das kalte Grausen bekommen, wenn er lesen muss, was die angesetzten Spitzel alles erdichteten, um den vorgefassten
Verdacht der staatsfeindlichen Hetze begründen zu helfen. In meinem Fall waren es immerhin neun Denunzianten, die mich zur Strecke bringen sollten.
Ende März dieses Jahres berichtete die „Sächsische Zeitung“, dass die DDR an das Bruderland Bulgarien sogar Kopfprämien in Höhe von 8 000 Mark für die Erschießung von DDR-Bürgern bezahlt habe, die über die bulgarische Grenze nach Griechenland oder in die Türkei zu fliehen versuchten.
Nach fast zwei Jahrzehnten werden leider immer noch neue schockierende Ungeheuerlichkeiten von SED und Stasi bekannt. Aber ich frage mich: Ist es der Milde des Rechtsstaates geschuldet, dass sich hohe Stasigeneräle zu Kongressen versammeln und ungeniert ihre Memoiren veröffentlichen, in denen sie die angeblich friedenssichernde Tätigkeit des MfS verklären? Tatsächlich sind nach der Wiedervereinigung im Ergebnis von circa 100 000 Ermittlungsverfahren nur etwa 750 Personen wegen Verbrechen an der innerdeutschen Grenze, Rechtsbeugung und MfS-Straftaten verurteilt worden. In drei Viertel der Fälle wurden lediglich Bewährungsstrafen verhängt, und nur 46 Täter mussten eine Haftstrafe antreten.
Das wiedervereinigte Deutschland hat sich bei der Strafverfolgung von DDR-Unrecht konsequent an rechtsstaatliche Prinzipien gehalten. Wer hier von Siegerjustiz spricht, macht sich lächerlich, erklärte Rainer Eppelmann als Vorstandsvorsitzender der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hält es nach wie vor für unabdingbar, die Tätigkeit des Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes fortzusetzen, um insbesondere auch durch Informationsveranstaltungen für die junge Generation ein realistisches Bild über die Verhältnisse der DDR zu vermitteln, denn die von interessierter Seite geförderte DDR-Nostalgiewelle bedeutet eine Verfälschung der DDR-Geschichte.
Fast 20 Jahre nach der friedlichen Revolution sollte in unserer Gesellschaft die Freude über die erlangte Freiheit, das Ende der Diktatur und die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes einen angemessenen Platz im gesellschaftlichen Bewusstsein einnehmen; denn bei allen Sorgen um Arbeitsplätze und Einkommen wird sich niemand ernsthaft einen geteilten deutschen Staat mit Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl, mit Mangelwirtschaft und Wohnungsnot im Alltag zurückwünschen.
Ich bitte das Hohe Haus deshalb, den 15. Tätigkeitsbericht des Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Herrn Beleites und seinem Team möchte ich für die im Berichtszeitraum geleistete Arbeit namens der CDU-Fraktion herzlich danken.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwölf Jahre nationalsozialistische Schreckensherrschaft und 44 Jahre kommunistische Diktatur konnten in den Herzen der Menschen, die zum Schluss in dem Teil Deutschlands lebten, der sich wie zum Hohn „Deutsche Demokratische Republik“ nannte, nicht die Sehnsucht nach Freiheit töten.
Als diese Sehnsucht immer größer und stärker wurde als die während so vieler Jahre gespürte Angst, versammelten sich die Menschen zu Friedensgebeten, um danach nur mit Kerzen auf die Straße zu gehen und die ersehnte Freiheit einzufordern. Dass dieses spontane Aufbegehren Hunderttausender, hinter dem keine mächtige Organisation oder langfristige Planung stand, im Angesicht einsatzbereiter Streitkräfte gewaltlos und unblutig verlief, kann unter Berücksichtigung aller Umstände im Nachhinein nur als ein Wunder erklärt werden.
Meine Damen und Herren! Diese wunderbaren Geschehnisse, die in Dresden, Leipzig, Plauen und anderswo in Sachsen ihren Ausgang hatten und der kommunistischen Diktatur den Todesstoß versetzten, – –
Nein.
erfahren im Herbst 2009 ihre 20-jährige Wiederkehr. Das ist ein Jahrestag, der es wie kein anderer verdient, feierlich gewürdigt zu werden – aus Freude und Dankbarkeit, dass es so und nicht anders gekommen ist, wie zum Beispiel auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking im selben Jahr, eine Gelegenheit, um den Jungen, die vor 20 Jahren noch nicht dabei sein konnten, zur Kenntnis zu bringen, was damals geschehen ist; denn es dürfte wohl ein Glücksfall in der damit nicht gerade reich
gesegneten Geschichte unseres Volkes sein, dass viele von uns Akteure und Teilnehmer einer siegreichen und friedlichen Revolution sein durften.
Das können nicht viele von sich sagen. Deswegen müssen wir auch die zunehmenden Versuche zurückweisen, das, was vor 20 Jahren und davor geschehen ist, schon wieder anders deuten zu wollen: die DDR nostalgisch zu verklären, Mauer und Stasi zurückzuwünschen, wie es jüngst aus Kreisen linker Mandatsträger verlautete.
Für uns ist die sich so nennende LINKE so lange keine demokratische Partei, solange sie sich nicht von ihrer kommunistischen Vergangenheit distanziert, Stasi und Mauerbau rückhaltlos verurteilt und die Opfer der Diktatur ehrlich um Vergebung bittet.
Dass DIE LINKE immer noch nicht bereit ist, mit ihrer Vergangenheit als SED zu brechen, zeigt ja auch ihre demonstrative Abwesenheit beim Festakt des Landtages zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober vergangenen Jahres, als sie wohl den Festredner Joachim Gauck fürchtete, der das für sie brisante Thema „Freiheit und Verantwortung“ gewählt hatte. Meine Damen und Herren! Joachim Gaucks beeindruckende und tiefsinnige Rede ist nachdenkenswert und sollte in der jüngst vom Landtagspräsidenten herausgegebenen kleinen Broschüre von Ihnen nachgelesen werden.
Meine Damen und Herren! Den mutigen Revolutionären vom Herbst 1989 sind wir zu unendlichem Dank verpflichtet, denn ohne die von ihnen praktizierte Zivilcourage dürften wir nicht in diesem Hohen Hause weilen und um Demokratie ringen. Dankbarkeit sollten insbesondere auch jene fühlen, die ohne persönliches Risiko in den bewegten Zeiten von 1989 bereitwillig die Früchte der friedlichen Revolution geerntet haben und heute sichere Positionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bekleiden, und sei es, weil sie im Westen ihre Lebensplanung unter rechtsstaatlichen Verhältnissen selbst gestalten konnten oder im Osten rechtzeitig die Fahne wechselten, im Unterschied zu jenen Menschen, die in der DDR aufgrund ihrer Einstellung diskriminiert waren und nach der Revolution kaum Chancen hatten, in Positionen zu gelangen, für die sie Ausbildung und Studienabschlüsse nicht erwerben konnten.
Wie können wir jenen unseren Dank abstatten, die ihre besten Jahre in Sibirien oder in den Verließen des SEDRegimes verbringen mussten und heute, oft seelisch und körperlich gebrochen, eine weit geringere Rente erhalten als viele einzelne Stützen des kommunistischen Regimes? Gerade gegenüber diesen mutigen Menschen und Opfern des Stalinismus deutscher Prägung schäme ich mich und finde es unerträglich und geschmacklos, dass die von der SED zur Linken mutierte Partei in diesem aus der Revolution geborenen Parlament immer wieder versucht, die Verhältnisse in der untergegangenen DDR schönzureden,
wie es Ihr Fraktionsvorsitzender Dr. Hahn vor knapp drei Monaten in der Debatte zum Freiheitsdenkmal in Leipzig unter Verwendung aller möglichen demagogischen Argumente praktizierte und dabei sein Bedauern über den tatsächlichen Verlauf der Geschichte in Richtung auf die Wiedervereinigung Deutschlands ausdrückte.
Nein, meine Damen und Herren, die Deutung unserer jüngsten Vergangenheit dürfen sich die Revolutionäre von 1989 nicht aus der Hand nehmen lassen. Das sind wir den Opfern des Stalinismus und vor allem unserer jungen Generation schuldig. Gott sei Dank wird diese Verpflichtung in jüngster Zeit auch von Film und Fernsehen stärker wahrgenommen, wie die beeindruckenden Filme „Das Leben der Anderen“ oder „Die Frau vom Checkpoint Charly“ zeigen.
Der vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verfolgt ein Anliegen, das auch meine Fraktion seit Langem umtreibt. Insofern darf ich in diesem Zusammenhang mit Recht das Sprichwort „Zwei Seelen – ein Gedanke“ zitieren und freue mich, dass sich die Bündnisgrünen an ihre revolutionären Wurzeln im Osten erinnern, die wir mit ihnen teilten, als wir gemeinsam gegen den SED-Staat aufstanden.
Leider haben viele von den einstigen ostdeutschen Bürgerrechtlern wie Werner Schulz, Conrad Weiss oder Martin Wettker in ihren Reihen nicht mehr das Sagen.
Meine Fraktion wird Ihrem Antrag zustimmen, in Erinnerung an den Herbst 1989 Städte und Gemeinden zu ermutigen, lokale identitätsstiftende Ereignisse durch einen eigenen Gedenktag zu würdigen. Dies erscheint uns als ein wichtiger Beitrag, die Deutungshoheit über den Herbst 1989, seine Vorgeschichte und Folgen in den Händen derjenigen festzuhalten, die seine Akteure waren, nämlich diejenigen, die mit brennenden Kerzen statt Waffen die einzige siegreiche Revolution in der Geschichte des deutschen Volkes gewinnen durften und eine Wiederkehr gescheiterter Gesellschaftsmodelle verhindern werden, mögen sie auch in noch so rosarotem Licht verklärt werden.
Meine Damen und Herren! Die Deutschen, die am 9. November 1989, als die Mauer fiel, als das glücklichste Volk der Welt bezeichnet wurden, haben gemeinsam mit ihren Nachbarn im freien Europa allen Grund, die 20. Wiederkehr der friedlichen Revolution zu feiern. Das sollte nicht nur im Rahmen hochoffizieller Festakte vor Mikrofonen und Fernsehkameras stattfinden, sondern vor allem auch an der Basis, dort, wo das sächsische Herz schlägt: in den Städten und Dörfern, Kirchen und Schulen, Vereinen und Verbänden. Dazu wollen wir mit unserer Unterstützung für diesen Gesetzentwurf beitragen. Dabei bietet sich die ganz besondere Chance, unserer Jugend, die nach dem Mauerfall geboren ist und Unfrei
heit, Mangelwirtschaft und Reisebeschränkungen nicht kennen lernen musste, ein realistisches Geschichtsbild zu verschaffen, ein Kapitel deutscher Geschichte, für das wir uns nicht, wie in so vielen Fällen, schämen müssen, sondern über das wir mit Recht froh und stolz sein dürfen.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Diskussion um das Thema Baumschutz, kommunale Baumschutzsatzungen sowie eine Änderung des Sächsischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege hat längst vor der Einbringung des Gesetzentwurfes der FDP-Fraktion am 26. Juni vorigen Jahres in der CDU-Fraktion und beim Koalitionspartner SPD begonnen.
Die im § 22 Abs. 2 Satz 1 vorgeschlagene Regelung, meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, ist uns daher überhaupt nicht unbekannt. Sie ist nämlich aus dem Referentenentwurf der Staatsregierung zum Paragrafenprangergesetz abgeschrieben.
Nachdem der mitberatende Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft aus fachpolitischer Sicht zu einem klaren Ablehnungsvotum mit 1 : 19 : 0 Stimmen gekommen ist, hat auch der federführende Innenausschuss in seiner Beratung am 21. Februar deutlich gegen den Gesetzentwurf votiert. Für uns CDU-Innenpolitiker ist die kommunale Selbstverwaltung ein hohes Gut.
Bislang konnten die Kommunen selbst entscheiden, ob sie kommunale Baumschutzsatzungen erlassen oder nicht. Die Kommunen sollen auch weiterhin ihren Baumbestand wirkungsvoll schützen und die entsprechenden Instrumentarien auswählen dürfen.
Wenn man den Kommunen das Instrumentarium des Erlasses von Baumschutzsatzungen einräumt, dann müssen die Kommunen auch für die Umsetzung und den Vollzug der Satzung zuständig sein und dürfen nicht außen vor gelassen werden.
Es ist auch nicht nachvollziehbar, wie man die Größe der Grundstücke ermittelt. Von Bürokratieabbau wage ich nicht zu sprechen, wenn eine Grundstücksgröße von 1 000 Quadratmetern zugrunde gelegt wird. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Größe zunächst festzustellen,
und sei es nur mittels eines Formulars oder einer Grundbucheinsicht.
In kleinen ländlichen Kommunen erscheint dies aufgrund der Überschaubarkeit eher realisierbar als in den großen Städten. Ich vermute, dass es gerade in den kreisfreien Städten durchaus um einen erheblichen Baumbestand geht.
Offen geblieben ist auch die Frage, warum gerade Grundstücke bis zu einer Größe von 1 000 Quadratmetern ausgenommen sein sollen. Es macht doch keinen Unterschied, ob es sich um einen Baum auf einem kleineren oder einem größeren Grundstück handelt.
Meine Damen und Herren! Ich halte es für notwendig, die Diskussion um einen sachgerechten Baumschutz weiter zu führen. Der Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Man darf die Frage nicht aus dem Auge verlieren, ob nicht an der einen oder anderen Stelle durchaus bestimmte Entbürokratisierungseffekte möglich und erreichbar sind. Aber dabei helfen nur Sachverstand und Augenmaß und nicht Populismus pur.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es gleich vorwegzunehmen: Wenn es auch der zurzeit in Deutschland tonangebenden Diktatur der Political Correctness widerspricht, wir lassen es uns nicht nehmen, über Probleme, die die Menschen im Lande bewegen, nachzudenken und sie laut anzusprechen.
Und das auch, wenn Wahlen anstehen, die entweder auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene in einem Föderalstaat wie unserem eigentlich dauernd stattfinden. Zwar dürfen wir in Deutschland einen signifikanten Rückgang der allgemeinen Kriminalität registrieren, auch wenn es einem angesichts der Abendprogramme des öffentlichen und privaten Fernsehens, wo das Blut nur so fließt, anders vorkommt.
Wirklich erschreckend ist der steile Anstieg der registrierten Jugendkriminalität um weit über 100 % im Vergleich zu 1995. Bei Gewaltkriminalität, das heißt gefährlicher Körperverletzung, Raub und anderen Delikten, beträgt die Zunahme sogar das Dreieinhalbfache. Darauf muss eine verantwortungsbewusste Politik reagieren, und das nicht erst seit den spektakulären Ereignissen in München, Berlin, Frankfurt und anderswo.
Um Unterstellungen und Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich den CDU-Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag, Volker Kauder, zitieren: „Nicht Ausländer sind unsere Feinde, sondern Kriminelle. Deren
Hohngelächter dürfen wir uns nicht länger gefallen lassen!“
Kriminellen Jugendlichen hilft kein Multi-Kulti-Gesäusel oder aufwendige Erlebnispädagogik in den Tropen oder in Sibirien.
Sie brauchen einen Warnschuss vor den Bug, um zu begreifen, dass sie ihre Lebenseinstellung und -führung ändern müssen. Bewährungsstrafen dürfen von den Betroffenen nicht als Freisprüche erster Klasse mit einem Grinsen zur Kenntnis genommen werden.
Notfalls sind zusätzliche Sanktionen wie der sogenannte Warnschussarrest oder der zeitweilige Entzug von Führerschein und Handy in Anwendung zu bringen.
Dazu, meine Damen und Herren, bedarf es bundesgesetzlicher Änderungen, wie sie in der Gesetzesinitiative enthalten sind, die Sachsen gemeinsam mit Bayern, Hessen, Niedersachsen und Thüringen in den Bundestag eingebracht hat und die von diesem am 14. Mai 2004 beschlossen wurde.
Meine Damen und Herren! Wenn wir eine Stärkung – ich betone: Stärkung – des Jugendstrafrechts und die Verbesserung und Beschleunigung des Jugendstrafverfahrens fordern,
verlassen wir in keiner Weise den Grundsatz der vorrangigen Erziehung jugendlicher Straftäter, die auch die Philosophie unserer im vergangenen Jahr beschlossenen Novelle des Jugendstrafvollzugsgesetzes prägt.
Nein, ich habe Ihnen auch zugehört. Hören Sie mir bitte ebenfalls zu. – Das bedeutet aber auch, dass die sächsischen Jugendstrafanstalten keine Erholungsheime für Gesetzesbrecher sind. Sie sind auch keine bloßen Wegsperreinrichtungen, in denen die einmal Gestrauchelten von erfahrenen Schwerenötern für eine künftige kriminelle Karriere weiterqualifiziert werden.
Aber, meine Damen und Herren, auch das perfekteste und aufwendigste Erziehungskonzept wird auf kurze Sicht nicht das heilen können, was kaputte Familienverhältnisse diesen jungen Menschen an Wunden geschlagen haben. Deshalb sind repressiver Strafvollzug und Resozialisierung für uns zwei Seiten einer Medaille und damit gleichzeitig Prävention und Opferschutz für die Zukunft.
Die Fachleute – das hat meine Vorrednerin schon gesagt – sind sich schon lange darüber einig, dass reiner Verwahrvollzug zu steigenden Wiederholungstaten führt und damit, auf lange Zeit gesehen, eine Vergeudung menschlicher und materieller Ressourcen darstellt; ganz zu schweigen davon, dass eine repressive Wegsperrung einem christlichen Menschenbild widerspricht, das für meine Fraktion Richtschnur und Maßstab ist.
Nein, ich möchte meine Rede zu Ende führen. Ich habe Sie auch nicht unterbrochen. Wir können uns nachher unterhalten. – Bis zu 75 % der jugendlichen Straftäter werden ein- oder mehrmalig mit eher geringen Delikten strafanfällig und entwickeln sich später völlig unauffällig weiter. Für diese jungen Menschen ist Kriminalität nur eine Episode in ihrem Leben.
Bei ihnen hat sich das geltende Jugendstrafrecht bewährt. Das Problem, meine Damen und Herren, bildet die andere kleine Gruppe von kriminellen Jugendlichen, bei denen die Rückfallquote mit den bisherigen Instrumentarien nicht gesenkt werden kann und die eine echte Gefahr für die Gesellschaft bedeuten.
Auch um des Opferschutzes willen sollte für diesen gefährlichen Personenkreis die Erhöhung der Jugendstrafe von zehn auf 15 Jahre und für Heranwachsende im Alter von 18 bis 21 Jahren das Strafrecht zur Anwendung kommen dürfen.
Jugendstraftaten lassen sich nur verhindern, wenn der Täter weiß, dass er entdeckt und auf dem Fuße bestraft wird. Ohne selbstzufrieden zu sein, dürfen wir in Sachsen sagen, dass wir dabei auf einem guten Weg sind. Bundesweit stehen wir an dritter Stelle in der Dauer der Jugendstrafverfahren und auf dem zweiten Platz bei der Zahl der Verfahren pro Jugendrichter, nämlich 373. Im Bundesdurchschnitt sind es – man höre und staune – 552. In Rheinland-Pfalz kommen auf einen Jugendrichter fast doppelt so viele Strafverfahren wie in Sachsen. Wie gesagt, das ist kein Grund zur Selbstzufriedenheit, aber wir sind auf einem guten Weg.
Die Ende 2006 in Kraft getretene Verwaltungsvorschrift Junge Intensivtäter – unter Insidern als VwV JunI bekannt – mit dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung und fachübergreifenden Vernetzung wurde in den Staatsanwaltschaften Dresden und Zwickau als Pilotprojekt praktiziert und gilt seit Jahresbeginn sachsenweit.
Dennoch: Eine seriöse Evaluation der VwV JunI, wie sie der vorliegende Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert, dürfte aufgrund der relativ kurzen Laufzeit des Projektes schwierig sein. Aber die Antwort darauf möchte
ich lieber dem Justizminister überlassen. Ihrem Antrag werden wir deshalb nicht zustimmen.
Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE ist zu sagen, dass er einschließlich der Begründung eine teilweise wörtliche Wiederholung ihres Antrages vom 20.10.2004 ist.
Dazu fand bereits am 9. Mai 2005 eine ausführliche Anhörung von Experten statt, deren Ergebnisse Eingang in die rechtspolitischen Aktivitäten meiner Fraktion als auch in die Politik der Staatsregierung gefunden haben. Ihren Antrag, der uns zu einer substanziellen Änderung unserer Rechtspolitik auffordert, bitte ich deshalb abzulehnen.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorweg gesagt: Herr Lichdi, wenn Sie eine ernsthafte Diskussion mit uns führen wollen, dann müssen Sie auch an den Sitzungen teilnehmen. Zum Beispiel bei der Diskussion im Verfassungs- und Rechtsausschuss zu diesem Gesetzentwurf waren Sie nicht anwesend, wie das Protokoll zeigt; denn es hat dort nachweisbar kein einziger Vertreter der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN abgestimmt. Das heißt, Sie produzieren hier immer Luftblasen; aber wenn es zur Sache kommt, sind Sie nicht dabei.
Meine Damen und Herren! Die angestrebte Verfassungsänderung im Gesetzentwurf, nach der das aktive und passive Wahlrecht für Wahlen und Abstimmungen in den Gemeinden und Landkreisen auf 16 Jahre abgesenkt werden soll, lehnen wir erneut ab. Dazu haben wir bereits in der jüngsten Vergangenheit mehrere ausführliche Debatten geführt. Der gesetzlichen Einordnung Minderjähriger in das Rechtssystem steht eine Absenkung des Wahlalters entgegen. Bekanntlich tritt die Volljährigkeit erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein. Bis zum 18. Lebensjahr gilt das Jugendstrafrecht. Jugendliche sind nicht voll deliktfähig und nicht voll geschäftsfähig.
Auch die Pflicht zum Wehr- und Wehrersatzdienst besteht erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres. Ich meine, Pflichten und Rechte sollten miteinander korrespondieren. Wir dürfen unsere Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass das politische Interesse der unter 18-Jährigen in ihrer Gesamtheit noch zu gering ist, als dass sie an Wahlen beteiligt werden könnten.
Dann hören Sie bitte einmal zu: Der Sächsische Städte- und Gemeindetag hat eine Umfrage unter den kommunalen Spitzenverbänden der Bundesländer durchgeführt, die das Wahlalter abgesenkt haben. In Sachsen-Anhalt betrug im Jahr 1999 die Wahlbeteiligung von 16- bis 17-Jährigen lediglich 40 % gegenüber der Gesamtwahlbeteiligung von 49,6 %.
Bei den Kommunalwahlen im Jahr 2004 betrug die Wahlbeteiligung der unter 18-Jährigen 33 % bei einer Gesamtwahlbeteiligung von 42,1 %. Das heißt, in Sachsen-Anhalt haben sich die erhofften Effekte, wie verstärktes politisches Engagement und stärkeres Interesse an kommunalpolitischen Entscheidungen, gerade nicht eingestellt. Dies mag vielleicht daran liegen, dass ein Bedürfnis der Jugendlichen zur Wahlbeteiligung nicht so
im Vordergrund steht wie andere Beteiligungen, beispielsweise in Vereinen und anderen Formen gesellschaftlichen Engagements, zum Beispiel in Schülervertretungen.
Der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will zudem einen grundlegenden Systemwechsel in der Kommunalverfassung herbeiführen. Auch das lehnen wir ab. Meine Damen und Herren, die starke Stellung der Landräte und Bürgermeister beruht auf der Direktwahl durch die Bürger. Deshalb ist auch die Länge der derzeitigen Wahlperioden sachgerecht. Die Länge der Wahlperioden sichert sachliche Kontinuität und Verlässlichkeit der Arbeit und der Entscheidungen auf kommunaler Ebene. Auch im bundesdeutschen Vergleich sind siebenjährige Amtszeiten von Landräten, Bürgermeistern und Beigeordneten durchaus angemessen. Teilweise betragen diese in anderen Bundesländern sogar acht oder neun Jahre. Sachsen wäre das einzige Bundesland, das Amtszeiten von fünf Jahren vorweisen würde. Eine Verkürzung der Wahlperioden wäre daher weder vorteilhaft noch sachgerecht.
Ein weiterer Vorschlag des Gesetzentwurfes betrifft den gesetzlichen Vorsitz der Landräte und Bürgermeister im Kreistag bzw. im Gemeinderat. Entgegen den Wünschen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen wir diesen Vorsitz ebenfalls beibehalten, da er zu einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit und Abstimmung der beiden Organe führt. Auch Bürgermeister sollen weiterhin in Kreistage gewählt werden können, da wir im Kreistag keinesfalls auf deren Sachverstand und Erfahrungen verzichten können.
Zudem, meine Damen und Herren, haben wir verfassungsrechtliche Bedenken gegen das vorgesehene Satzungsrecht der Gemeinde- und Kreistage, allgemeine Leitlinien bei Weisungsaufgaben aufstellen zu können. Das Handeln des Landrates und des Landratsamtes bei Weisungsaufgaben kann nicht an Vorgaben des Kreistages gebunden werden. Hierzu ist allein die staatliche Ebene befugt. Es muss ein uneingeschränktes staatliches Durchgriffsrecht gegenüber dem Landrat in Form von Weisungsrechten geben. Das darf nicht beeinträchtigt werden.
Das Akteneinsichtsrecht jedes Mitglieds des Gemeinderates begegnet datenschutzrechtlichen Bedenken. Die Frage der Zahl der Kreisräte in den Landkreisen haben wir, die Koalitionsfraktionen, durch die Verwaltungsreform bereits gestern beantwortet. Dort haben die Fraktionen von SPD und CDU den am weitesten gehenden Vorschlag unterbreitet. Ich weiß zwar, dass ein Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterbreitet wird. Darüber wird noch zu sprechen sein. Auch die Forderung, dass der Landkreis den Fraktionen Räume sowie Mittel aus seinem Haushalt für die sachlichen und personellen Aufwendungen gewährt, wurde im Rahmen der Verwaltungs- und Funktionalreform durch die Koalitionsfraktionen geregelt.
Nein, gestatte ich nicht.
Der Landkreis gewährt Mittel, entscheidet das Nähere zur Höhe und Angemessenheit jedoch im Rahmen seiner kommunalen Selbstverwaltungshoheit selbst. Für die Gemeindeebene haben wir dies jedoch nicht vorgesehen, da dieses Vorhaben kleine Gemeinden absolut überfordern würde. Zudem wurde zur Problematik des Mehrbelastungsausgleichs im Gesetzentwurf keinerlei Stellung genommen.
Ich bitte um Ablehnung des Gesetzesentwurfes und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es waren Sternstunden in der Geschichte unseres Volkes, einer Geschichte, die mit solchen Glücksmomenten bisher leider nicht besonders reich gesegnet war – Europa und die Welt horchten auf, als ausgerechnet die Menschen im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands, die sich laut westlicher Mediendarstellung angeblich in einer preußisch gefärbten Variante des Stalinismus unter dem Saarländer Erich Honecker mit seiner vergreisten Führungsriege eingerichtet hatten, als diese Ostdeutschen zu einer Revolution mit Kerzen auf die Straßen gingen, eine Revolution, meine Damen und Herren, bei der kein Schuss fiel und kein Blut floss und die dennoch wie ein Wunder erfolgreich war, die erste siegreiche Revolution der deutschen Geschichte, deren 20. Wiederkehr wir im Herbst 2009 begehen werden.
Viele von uns können frei nach Goethe am Abend der Schlacht von Valmy, als das zusammengewürfelte Heer der Französischen Revolution die Truppen Preußens und seiner Verbündeten vertrieb, sagen: „Eine neue Epoche der Geschichte und wir sind dabei gewesen.“
Den Stolz und die Freude darüber sollten wir uns von niemandem nehmen lassen. Stolz und Freude sind umso größer, als diese siegreiche Revolution von Sachsen ausgegangen ist.
Denn, meine Damen und Herren, es waren Frauen und Männer in Leipzig, Dresden, Plauen und anderswo, die als Erste ihre Angst vor Waffen und Uniformen überwanden, und auf den nächtlichen Straßen Freiheit und Demokratie einforderten. Diesen mutigen Menschen sind wir zu unendlichem Dank verpflichtet, denn ohne ihre Zivilcourage dürften wir nicht in diesem Hohen Haus weilen und um Demokratie ringen.
Das gilt insbesondere auch für jene, die ohne persönliches Risiko in den bewegten Zeiten nach 1989 bereitwillig die Früchte der friedlichen Revolution geerntet haben und
heute sichere Positionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einnehmen, sei es, weil sie im Westen ihre Lebensplanung unter rechtsstaatlichen Verhältnissen selbst gestalten konnten oder im Osten rechtzeitig die Fahne wechselten, im Unterschied zu jenen Menschen, die in der DDR aufgrund ihrer Einstellung diskriminiert wurden und nach der Revolution kaum Chancen hatten, in Positionen zu gelangen, für die sie die entsprechenden Ausbildungen und Studienabschlüsse nicht erwerben konnten.
Wie können wir jenen unseren Dank abstatten, die ihre besten Jahre in Sibirien oder in den Verliesen des SEDRegimes verbringen mussten und heute oft seelisch und körperlich gebrochen eine weit geringere Rente erhalten als viele einstige Stützen der Diktatur? Gerade gegenüber diesen mutigen Menschen und Opfern des Stalinismus deutscher Prägung schäme ich mich und finde es unerträglich und geschmacklos, dass die von der SED zur Linken mutierte Partei diesem aus der Revolution geborenen Parlament einen bekennenden Stasispitzel als Schriftführer vorsetzt, der über der gewählten Vertretung des sächsischen Volkes thronen darf. Heute zum Glück nicht!
Nein, Sie werden nie eine demokratische Partei sein, solange Sie nicht ehrlich und schonungslos mit Ihrer Vergangenheit brechen. Auch die jüngste butterweiche Erklärung Ihres Fraktionsvorsitzenden beim Treffen mit Kirchenvertretern, dass es in der DDR eine gewisse Kirchenfeindlichkeit und auch Fälle von Willkür gab, ist wohl mehr als eine Untertreibung.
Deshalb sage ich: dignum et justum est. Es ist würdig und recht, dass wir 20 Jahre nach den wunderbaren Geschehnissen des Herbstes 1989, die schließlich in der von vielen langersehnten Wiedervereinigung unseres Vaterlandes ihre Krönung fanden, diesen geschichtsträchtigen Ereignissen und den Menschen, die ihre Akteure waren, ein angemessenes Denkmal errichten,
ein Denkmal, um heutigen und nachgeborenen Generationen in Erinnerung zu bringen, welches Wunder im Herbst 1989 geschehen ist.
Ich frage dieses Hohe Haus: Welcher Ort könnte für die Errichtung eines Freiheitsmonuments angemessener sein als die Heldenstadt Leipzig?
Die Stadt, in der am 9. Oktober 1989 nach Friedensgebeten in fünf Kirchen etwa 70 000 Menschen trotz Gewaltandrohung friedlich über den Innenstadtring für Freiheit und Demokratie demonstrierten und damit dem SEDRegime den Todesstoß versetzten. Diese Ehrung haben die mutigen Menschen in Leipzig und aus anderen Teilen Sachsens, die ihnen solidarisch zu Hilfe eilten, mehr als andere verdient. Nicht umsonst erhielt Leipzig damals spontan durch den Volksmund den Titel „Heldenstadt“ verliehen. Das ist eine Auszeichnung, die eigentlich aus dem stalinistischen Wortschatz entlehnt ist, aber plötzlich einen neuen Klang bekam.
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns heute froh und dankbar der Ereignisse vor 20 Jahren erinnern, dürfen wir nicht vergessen, dass es bereits zuvor mutige Versuche des Aufbäumens gegen die kommunistische Diktatur gab, die mehr oder weniger blutig unterdrückt wurden. Dabei denke ich nur an den 17. Juni 1953, an die Aufstände 1956 in Ungarn und Polen oder den Prager Frühling 1968. Erst mit den erfolgreichen Streikbewegungen der Solidarnosc in Polen zeigten sich erste sichtbare Risse im kommunistischen Machtregime, die durch die sanfte, aber wirksame Rolle von Papst Johannes Paul II. vertieft wurde. Dass Gorbatschow die Zeichen der Zeit zu deuten wusste, hat sicher dazu beigetragen, dass der 9. Oktober auf dem Leipziger Innenstadtring Gott sei Dank nicht wie einige Monate zuvor auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking endete.
Meine Damen und Herren, es war ein Glücksfall, dass zu dieser Zeit in der Bundesrepublik nicht Politiker wie zum Beispiel Oskar Lafontaine das Sagen hatten, die die Wiedervereinigung als „Lebenslüge der deutschen Nation“ abqualifizierten, sondern dass der Bundeskanzler Helmut Kohl hieß,
der als Historiker und Patriot die Forderungen der Demonstranten zu werten wusste; denn der selbstbewusste Ruf „Wir sind das Volk!“ verwandelte sich schon bald in die machtvolle Forderung „Wir sind ein Volk!“. Wenn diese Forderung auch manchen in Westdeutschland, aber vor allem jenseits der Grenzen abschreckte, haben doch die vergangenen Jahre bewiesen, dass das wiedervereinigte demokratische Deutschland keine Großmachtbestrebungen verfolgt, sondern ein friedlicher Nachbar und Garant für Frieden und Sicherheit in Europa und der Welt ist.
Die Deutschen, die am 9. November 1989, als die Mauer fiel, als das glücklichste Volk der Welt bezeichnet wurden, haben gemeinsam mit ihren Nachbarn im freien Europa allen Grund, die 20. Wiederkehr der friedlichen Revolution und der Wiedererringung der Einheit Deutschlands zu feiern. Das sollte nicht nur im Rahmen hochoffizieller Festakte vor Mikrofonen und Fernsehkameras stattfinden, sondern vor allem an der Basis, nämlich dort, wo das sächsische Herz schlägt: in den Städten und Dörfern, in
den Kirchen und Schulen, Vereinen und Verbänden. Dabei, meine Damen und Herren, bietet sich die ganz besondere Chance, unserer Jugend, die nach dem Mauerfall geboren ist und Unfreiheit, Mangelwirtschaft und Reisebeschränkungen nicht kennenlernen musste, ein realistisches Geschichtsbild zu vermitteln, ein Kapitel deutscher Geschichte, für das wir uns nicht – so wie in vielen Fällen – schämen müssen, sondern über das wir mit Recht froh und stolz sein dürfen.
Ich danke Ihnen.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass an diesem Nachmittag vor dem Wochenende noch so eine interessante Debatte von historischer Dimension in diesem Hohen Haus stattgefunden hat.
Ihnen bin ich besonders dankbar für Ihren Beitrag, Herr Dr. Hahn, Sie haben das hässliche Gesicht der leninistischen Partei gezeigt. Sie haben gezeigt, dass Sie gar keine Demokraten sind.
Es wird für die Jugend, die ja das Protokoll nachlesen kann, sehr interessant sein, welche Meinung Sie hier vertreten haben.
Meine Damen und Herren! Wir haben heute über historische Dinge geredet. Hier wird sehr häufig über sehr Wichtiges gesprochen. Sachsensumpf und Sachsenbank waren die Themen, über die wir uns in letzter Zeit unterhalten haben. Aber heute haben wir über historische Dinge gesprochen, Dinge, die auch in 100 Jahren noch in den Geschichtsbüchern stehen werden: Das sind der 9. November 1989 und der 3. Oktober 1990. Davon wird in den Geschichtsbüchern stehen.
Wir sollten froh sein – ich wiederhole es noch einmal –, dass wir dabei gewesen sind und zum Beispiel auch erlebt haben, dass über 500 000 russische Soldaten mit ihren Atomraketen friedlich abgezogen sind und „Do swidanja, Germania!“ auf ihren Waggons stehen hatten.
Meine Damen und Herren! Dass wir die Änderungsanträge leider nicht annehmen können und in welcher Bredouille wir sind, haben schon Herr Dr. Hähle und Herr Hatzsch gesagt. Auch ich bedaure sehr, dass sich die
wirklich demokratischen Parteien zu diesem gemeinsamen Antrag leider nicht finden konnten. Das hätte ein bisschen besser vorbereitet werden können.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und bitte um die Annahme unserer beiden Anträge.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag sorgt sich um die Identität der Menschen im letzten Teil Schlesiens, der bei Deutschland verblieben ist. Das ist eine schamlose Heuchelei, denn fünf Millionen Schlesier haben Heimat, Hab und Gut in erster Linie infolge der Verbrechen des nationalsozialistischen Führerstaates verloren, der unser Vaterland in die schlimmste Katastrophe unserer Geschichte gestürzt hat, dem sie heute noch nachtrauern und sich als Nachfolger fühlen.
Es stimmt, die Verfassung des Freistaates Sachsen, an deren Erarbeitung die NPD Gott sei Dank nicht beteiligt war und der sie sowieso nicht zugestimmt hätte, verweist in ihrer Präambel auf das niederschlesische Gebiet und anerkennt in Artikel 2 Landesfarben und Wappen Niederschlesiens. Diese Symbole erfreuen sich im Niederschlesischen Oberlausitzkreis und in Görlitz hoher Wertschätzung. Aber auch im Konferenzzimmer des Präsidenten des Sächsischen Landtags hat die weiß-gelbe Flagge ihren Platz.
Der neue Landkreis, um den sich die NPD Sorgen macht, wird nicht Neißekreis heißen, wie sie behauptet, sondern den stolzen Namen Görlitz tragen und somit das historische Erbe Niederschlesiens und der Oberlausitz zusammenführen, das diese Region jahrelang geprägt hat, wie beispielsweise der Oberlausitzer Städtebund, dem Görlitz, Löbau und Zittau über 500 Jahre lang angehörten.
Sie sehen, ich weiß, wovon ich spreche, denn ich komme nicht aus Hildesheim, wie Sie, Herr Apfel, oder wie Ihre
Schildknappen aus Opladen oder Mutlangen, sondern ich bin von hier.
Obwohl von den Mitgliedern der NPD im Sächsischen Landtag laut Volkshandbuch keiner Kirchensteuer bezahlt und folglich keiner Konfession angehört, machen sie sich Sorgen um das Zusammenleben von Protestanten und Katholiken im neuen Landkreis. Da Sie ja von gestern sind, haben Sie wohl kaum mitbekommen, dass wir nicht mehr im Dreißigjährigen Krieg, sondern im Zeitalter der Ökumene leben.
Gemeinsam mit anderen Parlamentskollegen konnte ich das erleben, als vor 14 Tagen der neue Bischof des Bistums Görlitz geweiht wurde, woran neben evangelischen Würdenträgern auch Bischöfe aus Polen und Tschechien teilnahmen, was die NPD sicher besonders gestört hätte.
Die Sächsische Staatsregierung hat dankenswerterweise nie einen Zweifel daran gelassen, dass es ihr mit der Förderung des Kultur- und Vereinslebens ernst ist.