Christine Zitzmann

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich freue mich, Ihnen heute, am 5. Mai 2006, den Arbeitsbericht für das Jahr 2005 gemäß § 103 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags über die Schwerpunkte der Petitionsarbeit geben zu können.
Er ist ein Gemeinschaftswerk der Fraktionen im Petitionsausschuss und der Petitionsverwaltung.
Für die überparteiliche und immer faire Zusammenarbeit - nicht nur bei der Erstellung dieses Berichts - möchte ich mich bei der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden, Frau Abgeordneten Heidrun Sedlacik, und den Sprechern der Fraktionen für Petitionen, Herrn Abgeordneten Michael Heym und Frau Vizepräsidentin Birgit Pelke, sowie bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsreferats bedanken.
Der Bericht dokumentiert einmal mehr die Bandbreite der Probleme, die die Bürger mit unseren Gesetzen und Behörden haben.
Ihre Bitten und Beschwerden richteten die Bürger mit 986 Eingaben an den Petitionsausschuss. Zusammen mit 650 Eingaben aus den Vorjahren waren 2005 1.636 Petitionen zu bearbeiten. Die Zahl der Neueingaben ist seit 2002 kontinuierlich gestiegen. In 11 Ausschuss-Sitzungen haben die Abgeordneten 1.213 Petitionen behandelt, davon 926 abschließend.
Eine Entscheidung im Sinne der Petenten konnte der Ausschuss in 89 Fällen herbeiführen. Durch Auskünfte und Hinweise, das heißt durch Aufklärung der Sach- und Rechtslage, hat der Petitionsausschuss in 434 Fällen zur Lösung der Probleme beigetragen. Mit den Petitionen, die der Petitionsausschuss an zuständige Stellen weitergeleitet und bei denen er gegenüber den Fraktionen des Landtags und der Landesregierung auf ein Problem hingewiesen hat, wurden gut drei Viertel der Entscheidungen im Inte
resse der Petenten getroffen. 150 Mal musste der Petitionsausschuss feststellen, dass dem vorgebrachten Anliegen nicht abgeholfen werden kann. Den größten Anteil nahmen die Petitionen zu Arbeit, Soziales und Gesundheit mit 21,2 Prozent ein. Schwerpunkte waren hierbei die Familienoffensive, das Rentenrecht und das ALG II. Daneben sind die Petitionen zur Rechtspflege, insbesondere zum Strafvollzug, die in den letzten Jahren den größten Anteil einnahmen, mit 17 Prozent nur unwesentlich zurückgegangen. Mit 8,8 Prozent ist der Anteil der Eingaben zu kommunalen Angelegenheiten etwa gleich geblieben. Das konnten Sie schon dem schriftlichen Arbeitsbericht des Petitionsausschusses entnehmen, der mit der Unterrichtung der Präsidentin vom 27.04.2006 - Drucksache 4/1199 - als Broschüre verteilt wurde und einen umfassenden Überblick über die Tätigkeit des Petitionsausschusses gibt. Mit der heutigen Berichterstattung sollen ausgewählte Punkte der Ausschussarbeit dargestellt werden.
Die Schwerpunkte der 76 Sammel- und Massenpetitionen waren: - die Familienoffensive; - weitere Änderungen des Kommunalabgabenrechts; gemeinsam war diesen Petitionen die Forderung nach einer drastischen Reduzierung der Aufgabenträger für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung und deren stärkere staatliche Kontrolle, die generelle Abschaffung der Herstellungsbeiträge und eine einheitliche Obergrenze für Wasser- und Abwassergebühren; - die Genehmigung für den Bau einer thermischen Restabfallbehandlungsanlage zwischen Suhl und Zella-Mehlis; - eine Rentensteigerung für den mittleren medizinischen Dienst der DDR; - die Ankündigung, ein Landgericht und mehrere Amtsgerichte zu schließen.
Meine Damen und Herren, jede siebente Petition war eine mündliche Petition. Das ist wesentlich mehr als im Jahr 2004, in dem etwa ein Zehntel der Petitionen mündlich vorgetragen wurde. Diese Entwicklung dürfte darauf zurückzuführen sein, dass sowohl die Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses als auch Gespräche im Landtag häufiger genutzt wurden, um Petitionen an den Landtag zu richten. Um mündliche Petitionen weiter zu erleichtern, wird der Petitionsausschuss in Zukunft einmal monatlich eine Bürgersprechstunde im Landtag anbieten. Diesen Service betrachten wir als bürgernahe Parlamentsarbeit.
Der Petitionsausschuss befürwortet die Möglichkeit, dass Petitionen als E-mail, das heißt ohne eigenhändige Unterschrift und ohne elektronische Signatur, an den Landtag gerichtet werden können, wenn dafür wie beim Deutschen Bundestag ein Formular benutzt wird. Das erfordert eine Änderung des Petitionsgesetzes.
Sein Auskunftsrecht macht der Petitionsausschuss nach § 98 Abs. 1 der Geschäftsordnung über die zuständige oberste Landesbehörde geltend. Dies bedeutet, dass die Anforderung einer Stellungnahme zu einer Petition, auch wenn es zum Beispiel um eine Baugenehmigung, einen Straßenausbaubeitragsbescheid oder eine Schule geht, in jedem Fall über die Staatskanzlei und das zuständige Ministerium erfolgt. Dies kann sich auf die Dauer des Petitionsverfahrens auswirken. Außerdem kann die Einbeziehung der Landesregierung entbehrlich sein, wenn sie keine eigene Stellungnahme in der Sache abgibt und nur auf die Stellungnahme nachgeordneter Behörden verweist. Deshalb könnte das Petitionsverfahren verkürzt und die Landesregierung entlastet werden, wenn der Petitionsausschuss entscheiden könnte, ob er sich an die oberste Landesbehörde oder direkt an die betroffene Behörde wendet. Dafür ist jedoch eine Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags erforderlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit die Bürger das Petitionsrecht kennen und wissen, an wen sie sich wenden können, leistet der Petitionsausschuss Öffentlichkeitsarbeit. Permanent ist der Petitionsausschuss im Internet präsent. Hier können Informationen über die Mitglieder des Ausschusses sowie die Jahresberichte des Ausschusses abgerufen werden. Gleichwohl zeigt die Erfahrung, dass die Darstellung des Petitionsausschusses im Internet noch verbessert werden kann. Soweit die technischen Möglichkeiten gegeben sind und Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, sollte für den Petitionsausschuss eine eigene Internetseite eingerichtet werden.
Mit seinem Härtefonds kann der Petitionsausschuss Hilfe bei außergewöhnlichen Notständen leisten. Der Härtefonds enthält jährlich 12.800 €, die nach sorgfältiger Prüfung vergeben werden. 2005 kamen die 12.800 € acht Petenten zugute.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Petitionsausschuss und dem Bürgerbeauftragten bestimmt sich nach dem Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz. Zur Vermeidung einer Doppelbearbeitung von Petitionen, mit denen sich Petenten sowohl an den Petitionsausschuss als auch an den Bürgerbeauftragten gewandt haben, stimmen der Petitionsausschuss und der Bürgerbeauftragte im Einzelfall ab, wie die weitere Bearbeitung erfolgt. Die Zusammenarbeit zwi
schen dem Petitionsausschuss und dem Bürgerbeauftragten wird möglicherweise den Landtag beschäftigen, wenn die Fraktionen aufgrund bisheriger Erfahrungen Vorschläge für Gesetzesänderungen einbringen. Der Bürgerbeauftragte hat bereits Vorschläge für die künftige Zusammenarbeit dargestellt; er bevorzugt eine Zusammenarbeit nach dem Vorbild des Bürgerbeauftragten in Rheinland-Pfalz. Nach § 5 Abs. 1 Bürgerbeauftragtengesetz leitete der Bürgerbeauftragte dem Petitionsausschuss im Jahre 2005 16 Petitionen zu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Strafvollzugskommission behandelt als ständiger Unterausschuss des Petitionsausschusses die ihr überwiesenen Eingaben. Weiter befasst sie sich mit dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen, freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung. Die Strafvollzugskommission informierte sich vor Ort; sie besuchte im Jahre 2005 die Justizvollzugsanstalt Goldlauter, die Justizvollzugsanstalt Tonna sowie den Maßregelvollzug des Fachkrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie Hildburghausen GmbH und den Maßregelvollzug des ökumenischen Hainich-Klinikums Mühlhausen gGmbH. Insgesamt fanden im Jahre 2005 acht Sitzungen der Strafvollzugskommission statt. Die Mitglieder der Strafvollzugskommission waren übereinstimmend der Auffassung, in Goldlauter eine kleine, gut funktionierende Einrichtung vorgefunden zu haben, in die in den letzten Jahren viel investiert wurde und auch noch investiert werden wird. Durch den Containerbau und den Umbau der Justizvollzugsschule sollen sich die Haftbedingungen weiter verbessern. So soll die Belegung reduziert und Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Wegen der hohen Belegung in der JVA Goldlauter und den anderen Justizvollzugsanstalten des Freistaats konnte der Strafvollzugskommission kein Zeitpunkt genannt werden, wann die offenen Toiletten in den Hafträumen beseitigt und die Gefangenen, wie vom Strafvollzugsgesetz gefordert, während der Ruhezeiten einzeln untergebracht werden. Häufiger als in anderen Justizvollzugsanstalten müssen in der JVA Goldlauter Gefangene betreut werden, die sich in einer schlechten körperlichen Verfassung befinden oder suchtkrank sind. Hepatitis-C-Erkrankungen nehmen vor allem unter den Drogenabhängigen zu. Die Betreuung dieser Gefangenen erfordert nicht zuletzt wegen der Ansteckungsgefahr einen besonderen Vollzugsaufwand, denn im Gegensatz zu Hepatitis A und B gibt es für Hepatitis C keinen Impfschutz.
Bedienstete der JVA Goldlauter kritisierten gegenüber der Strafvollzugskommission Sparmaßnahmen auf ihre Kosten. Sie wiesen darauf hin, dass ihr Verdienst geringer sei als in den alten Ländern. Das Weihnachtsgeld sei erheblich gekürzt worden, das
Urlaubsgeld sei weggefallen. Die Arbeitszeiten seien verlängert worden. Der Personalbestand halte sich an der unteren Grenze.
Die JVA Tonna ist die größte und modernste Haftanstalt in Thüringen. Zum Zeitpunkt des Besuchs der Strafvollzugskommission waren die 406 Haftplätze im geschlossenen Vollzug mit 482 Gefangenen belegt. Diese Überbelegung führt zu großen Problemen. So musste ein Großteil der Einzelhafträume doppelt belegt werden. Das führte zu so genannten subkulturellen Erscheinungen. Die Aggressivität der Gefangenen nahm zu. Eine große Rolle spielten Alkoholismus und Drogen. Die JVA ging davon aus, dass sich die Situation mit dem Bau der beiden neuen Hafthäuser, die im Sommer in Betrieb genommen werden sollen, entspannt. Mit den neuen Gebäuden kommen 230 neue Haftplätze hinzu. Die Anstalt arbeitet mit der Erweiterung ökonomischer. Mit den Neubauten werden die Investitionskosten pro Haftplatz gesenkt. Das Verhältnis Bedienstete - Gefangene wird günstiger, da das Personal nicht proportional zur Anzahl der Haftplätze vergrößert werden muss. Das Personal kritisierte wie in der JVA Goldlauter die schlechten Beförderungsbedingungen und die Verlängerung der Arbeitszeit für Beamte auf 42 Stunden. Dies sei eine besondere Verschlechterung für die im Schichtdienst tätigen Bediensteten. Da diese aus organisatorischen Gründen nicht täglich länger arbeiten könnten, bedeutet die Verlängerung der Arbeitszeit, dass sie einen Tag im Monat mehr arbeiten müssten. Nach Auffassung der Strafvollzugskommission war in der JVA Tonna die Überbelegung das größte Problem. Die Strafvollzugskommission wird verfolgen, ob sich die Situation nach der Inbetriebnahme der neuen Hafthäuser verbessert.
Zweimal besuchte die Strafvollzugskommission den Maßregelvollzug, das Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Hildburghausen GmbH. Dort werden Maßregeln nach § 64 Strafgesetzbuch vollzogen. Die Strafvollzugskommission führte Gespräche mit einzelnen Patienten. Diese beschwerten sich darüber, dass sie das klinikinterne Sanktionssystem nicht nachvollziehen könnten. Sie hatten den Eindruck, dass auf Veranlassung der Klinik die Therapie abgebrochen werden solle, wenn sie sich nicht konform verhielten, und zwar mit der Begründung, der Patient sei nicht therapiefähig. Zuvor werde dem Patienten nahe gelegt, selbst den Abbruch der Therapie zu beantragen. Sich außerhalb der Klinik zu beschweren, werde als mangelnde Einsicht in die Therapienotwendigkeit gesehen.
Das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit wies als Fachaufsicht darauf hin, dass die Therapien der ärztlichen Verantwortung unterliegen, Auffälligkeiten werde nachgegangen. Bei dem zweiten
Besuch wurden die Patienten erneut angehört. Nach ihren Angaben hatte sich an der kritisierten Situation nichts geändert. Die Strafvollzugskommission sah sich zu einer abschließenden Bewertung noch nicht in der Lage. Übereinstimmend wurden die Bedingungen im Maßregelvollzug Hildburghausen als schlecht eingeschätzt. Es wurde zwar davon ausgegangen, dass sich einiges mit der Übergabe des Neubaus im Mai verbessern wird, dies betrifft zum Beispiel Besuchsregelungen, insbesondere für den Besuch von Kindern, die anderen Probleme werden nach Einschätzung der Kommission mit dem Umzug nicht gelöst. Die Strafvollzugskommission forderte deshalb von der Fachaufsicht, dass das von der Klinik angewandte Sanktionssystem für die Patienten nachvollziehbar sein muss. Auch zu klären ist insbesondere, der von den Patienten behauptete Widerspruch zwischen den Therapieplänen und der tatsächlichen Durchführung der Therapie. Außerdem sollen die Erkenntnisse, die beim Besuch des Bezirkskrankenhauses Haar in Bayern gewonnen wurden, für künftige Empfehlungen genutzt werden.
Das Fachkrankenhaus für Neurologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapeutische Maßnahmen im ökumenischen Hainich Klinikum gGmbH in Mühlhausen ist zuständig für die Unterbringung und Behandlung von männlichen Straftätern, die nach § 63 Strafgesetzbuch verurteilt wurden. Zentrales Problem im Maßregelvollzug Mühlhausen war nach wie vor die Überbelegung. Der Bereich, in dem sich die hochgesicherten Patienten befinden, die so genannte Westseite, war überbelegt. Die insgesamt vorhandenen 59 Plätze waren mit 80 Patienten belegt. Um alle Patienten unterbringen zu können, müssen die Patienten die Nacht auf dem Flur verbringen oder in Doppelstockbetten schlafen. Als weiteres Problem benannte die Klinik die Schwierigkeit, Ärzte für den Maßregelvollzug zu finden. Bei dem Besuch führte die Strafvollzugskommission Gespräche mit mehr als zwei Dutzend Patienten. Diese beklagten sich neben der Überbelegung über Sicherungsmaßnahmen, die Rücknahme von Vergünstigungen, die Arbeitstherapie, Ausführungen in Handschellen und Einschränkungen beim Telefonieren. Die Beschwerden wurden dem Petitionsausschuss zugeleitet, über das Ergebnis der Petitionsverfahren wird die Strafvollzugskommission unterrichtet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Grundsicherung für Arbeit Suchende, kurz Arbeitslosengeld II, setzt sich aus Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, der Regelleistung und den angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung zusammen. Zuständig für die Grundsicherung sind die Agenturen für Arbeit. Für besondere Betreuungsleistungen, zum Beispiel für Kinder und pflegebedürftige Personen, für Unterkunft und Heizung sowie für die Erstausstattung von Wohnungen, die Erst
ausstattung für Kleidung und mehrtägige Klassenfahrten, sind die kommunalen Träger, die kreisfreien Städte und Landkreise zuständig. Die kommunalen Träger und die Agenturen für Arbeit können Arbeitsgemeinschaften bilden, die deren Aufgaben übernehmen. Außerdem wurden bundesweit 69 kreisfreie Städte und Landkreise vom zuständigen Bundesministerium als so genannte optierende Kommunen zugelassen. Diese haben mit ihrer Zulassung sowohl die Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit als auch die Aufgaben der kommunalen Träger übernommen. In Thüringen sind das die Stadt Jena und der Landkreis Eichsfeld. Die Zulassung dient der Erprobung dieser Organisationsform und wurde deshalb auf sechs Jahre befristet. Die Erprobung soll zeigen, ob sich die Agenturen für Arbeit oder die Kommunen besser für die Eingliederung von Arbeit Suchenden in den Arbeitsmarkt eignen.
Aufgrund der geteilten Zuständigkeit betreffen die Petitionen nicht selten sowohl eine Agentur für Arbeit als auch einen kommunalen Träger. Daraus folgt auch für die Petitionen eine geteilte Zuständigkeit. Für diese Petitionen ist neben dem Bundestag auch der Landtag zuständig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Petitionsausschuss unterstützte einen Existenzgründer, der weniger Fördermittel erhielt, weil die Gesellschaft für Arbeit- und Wirtschaftsförderung des Freistaats Thüringen mbH, die GfAW, die Förderbestimmungen geändert hatte.
Der Petitionsausschuss vertrat die Auffassung, dass die neuen Förderbestimmungen wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei dem Petenten keine Anwendung finden dürfen, da der Petent die Fördermittel noch vor der Änderung der Förderbestimmungen beantragt hatte und andere Förderanträge aus dieser Zeit noch nach den alten Bestimmungen bewilligt worden waren.
Die GfAW förderte den Petenten nach den für ihn wesentlich günstigeren Bestimmungen.
Der Petitionsausschuss prüfte, ob einer türkischen Familie mit kurdischer Volkszugehörigkeit eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Dazu stellte er Folgendes fest:
In Frage kam letztlich eine Aufenthaltsgewährung in Härtefällen nach § 23 a Aufenthaltsgesetz.
Nach § 23 a Aufenthaltsgesetz darf die oberste Landesbehörde anordnen, dass einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von den in diesem Gesetz festgelegten Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, wenn eine von der Landesre
gierung durch Rechtsverordnung eingerichtete Härtefallkommission darum ersucht.
Mit der Thüringer Verordnung über die Härtefallkommission vom 05.01.2005 wurde bei dem für Ausländerrecht zuständigen Ministerium eine Härtefallkommission eingerichtet, die im Fall der Petenten einen Härtefall bejaht und ein entsprechendes Härtefallersuchen gestellt hat. Dem ist das Innenministerium nicht gefolgt. Es hat einen besonderen Härtefall, der die Gewährung eines Aufenthaltsrechts durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 a Aufenthaltsgesetz rechtfertigen könnte, verneint.
Der Petitionsausschuss überwies die Petition der Landesregierung zur Erwägung. Dabei sollten insbesondere die humanitären Gründe, die für den weiteren Verbleib der Familie vorgetragen wurden, berücksichtigt werden.
Die Landesregierung ist dem Beschluss des Petitionsausschusses nicht gefolgt. Sie verwies in ihrem Bericht darauf, dass sich die Lebensumstände der Petenten nicht grundlegend von denen anderer abgelehnter und auch abgeschobener türkischer Familien unterschieden. Das Ersuchen der Härtefallkommission an das Innenministerium sei eine Empfehlung, über die das Innenministerium im eigenen Ermessen entscheide. Die Gründe, die das Innenministerium bewogen hätten, dem Ersuchen der Härtefallkommission nicht stattzugeben, bestünden nach wie vor.
Dies musste der Petitionsausschuss zur Kenntnis nehmen. Denn bei der Überweisung einer Petition an die Landesregierung bleibt es deren Entscheidung, ob sie dem entspricht oder nicht. Der Petitionsausschuss besitzt nicht die Befugnis, die begehrte Entscheidung selbst zu treffen.
Inzwischen ist wegen des Gesundheitszustandes eines Kindes der Familie und der Möglichkeit des Erwerbs des Realschulabschlusses für zwei weitere Kinder ein neues Petitionsverfahren beim Petitionsausschuss des Thüringer Landtags anhängig. Darüber hinaus ist wegen einer Bleiberechtsregelung für lange in Deutschland lebende Ausländer, so genannte Altfallregelung, unter die auch die Petenten fallen könnten, ein Petitionsverfahren beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages anhängig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht helfen konnte der Petitionsausschuss der Eigentümerin eines Wohnhauses, das durch ein baufälliges Nachbarhaus Schaden zu nehmen drohte. Die Forderung der Petentin, dass das Landratsamt die Kosten übernimmt, die infolge des Abrisses des Nachbarhauses für Baumaßnahmen an ihrem Haus anfallen, machte
sich der Petitionsausschuss nicht zu Eigen. Die beiden Häuser haben gemeinsame tragende Bauteile und werden nur durch eine dünne Lehmwand getrennt. Der durch das Landratsamt veranlasste Abriss des anderen Hauses könnte Schäden am Haus der Petentin verursachen. Die Petentin vertritt die Meinung, dass sie die notwendige Sicherung ihres Hauses nicht bezahlen muss.
Die notwendige Sicherung der Haushälfte der Petentin ist entgegen der Meinung der Petentin nicht in den Abriss des Nachbarhauses einzubeziehen. Folglich ist der Landkreis auch nicht verpflichtet, die Wand zwischen den Gebäuden in einen Zustand zu versetzen, in dem sie als Außenwand dienen kann. Denn nach der Thüringer Bauordnung muss jede bauliche Anlage im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen für sich standsicher sein. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Standsicherheit einer baulichen Anlage nicht von anderen baulichen Anlagen abhängig sein darf. Wenn ein Gebäude nur deswegen standsicher ist, weil es sich an das Nachbargebäude “anlehnt“, ist es auf Kosten des jeweiligen Eigentümers standsicher zu machen. Diese Kosten sind auch dann zu tragen, wenn der Nachbar das baufällige Gebäude freiwillig beseitigt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach dem Einbau neuer Fenster im Musikraum einer Schule klagten Schüler und Lehrer über Unwohlsein durch einen unangenehmen Geruch. Eine Untersuchung, die die Schule bei der Unfallkasse Thüringen in Auftrag gegeben hatte, zeigte, dass die Grenzwerte für Hexanal und Formaldehyd erreicht wurden. Die Unfallkasse schlug vor, durch verstärktes Lüften für eine kontinuierliche Frischluftversorgung von 20 m³ pro Person und Stunde zu sorgen. Diesem Vorschlag schloss sich der Petitionsausschuss nicht an. Es wurde eine Ortsbesichtigung durch das Amt für Arbeitsschutz Erfurt veranlasst. Dabei wurde festgestellt, dass 1991 im Musikraum ein neuer PVC-Belag verlegt wurde, der die Geruchsbelästigungen verursachte. Der Untergrund hatte mit dem Kleber des 1991 verlegten PVC-Belags reagiert. Der Fußboden wurde ausgetauscht. Seitdem treten keine Geruchsbelästigungen mehr auf.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Forderung eines Bauherrn, die von ihm erhobenen Abwassergebühren zu senken, weil seine vollbiologische Kleinkläranlage umweltfreundlicher ist als andere, schloss sich der Petitionsausschuss an. Da die Abwasserentsorgung eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung ist, entscheidet jeder Zweckverband selbst, ob er eine Möglichkeit zur Befreiung von den Abwassergebühren bei vollbiologischen Kleinkläranlagen in seine Satzung auf
nimmt. Eine gesetzliche Pflicht, eine solche Regelung in die Abwassergebührensatzung aufzunehmen, besteht nicht. Aus diesen Gründen sah der Petitionsausschuss zwar keine Möglichkeit, eine Entscheidung im Sinne der Petition herbeizuführen, im Hinblick auf eine mögliche gesetzliche Regelung, nach der die Abwassergebührensatzungen einen Anreiz für eine Vorklärung des Abwassers durch vollbiologische Kleinkläranlagen schaffen müssen, hat der Petitionsausschuss die Petition aber der Landesregierung zur Kenntnisnahme überwiesen und den Fraktionen des Landtags zur Kenntnis gegeben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein deutscher Autofahrer beschwerte sich beim Petitionsausschuss darüber, dass die Thüringer Polizei seinen französischen Führerschein sicherstellte. Die Polizei war auf den Petenten wegen einer defekten Bremsleuchte aufmerksam geworden. Bei der folgenden Verkehrskontrolle händigte er den Polizeibeamten einen französischen Führerschein aus. Eine Anfrage beim Fahrerlaubnisverkehrszentralregister ergab, dass der Petent keine Fahrerlaubnis besitzt. Für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis ist eine Sperre bis zum 02.12.2051 eingetragen. Wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis stellte die Polizei den französischen Führerschein sicher. Das hielt der Petent für unzulässig, weil die Sperre für den französischen Führerschein nicht gelte, denn der französische Führerschein sei im Bundeszentralregister nicht vermerkt. Der Petent war wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt worden. Deswegen war ihm auch die Fahrerlaubnis entzogen worden. Das Gericht hatte die Fahrerlaubnisbehörde angewiesen, dem Petenten nie wieder eine Fahrerlaubnis zu erteilen. Danach erwarb der Petent den französischen Führerschein. Der Petitionsausschuss konnte nichts für den Petenten tun. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine darf mit dem Führerschein eines europäischen Mitgliedstaats kein Kraftfahrzeug geführt werden, wenn die Fahrerlaubnis in der durch einen anderen Mitgliedstaat verhängten Sperrfrist erworben wurde. Der Petent kann somit nur beim Gericht die Aufhebung der lebenslangen Sperre beantragen. Ob der Petent das Gericht von seiner Fahrpraxis mit dem französischen Führerschein und seiner Meinung zur Wirkung der Sperrfrist überzeugen kann, bleibt unabhängig von dem gegen ihn laufenden neuen Ermittlungsverfahren abzuwarten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Mittelpunkt unserer Tätigkeit, der Tätigkeit des Petitionsausschusses, stehen die Bürgerinnen und Bürger des Freistaats Thüringen. Es ist deren in der Verfassung verankertes Recht, Beschwerden, Bitten und Fragen an uns heranzutragen. Daraus erwächst die Pflicht,
den Anliegen der Bürger nachzugehen, sie zu informieren und nach Lösungen zu suchen. Es geht nicht darum, die Verwaltung bloßzustellen. Der Kontakt zwischen den Bürgern, Abgeordneten und Behördenvertretern setzt oftmals neue Überlegungen in Gang.
Der Petitionsausschuss hat sich in den 15 Jahren seines Bestehens zu einer bedeutenden Institution entwickelt. Seine Bedeutung besteht im Wesentlichen darin, die Beziehungen zwischen den Bürgern und der öffentlichen Verwaltung zu verbessern. Eine gewisse Kontinuität der Petitionsarbeit ist wichtig. Es müssen aber auch Neuerungen umgesetzt werden. Ich erinnere hier an die E-Mail-Petitionen und die Geltendmachung des Auskunftsrechts. Die Einzelthemen der Ausschussarbeit lassen sehr gut die Themenvielfalt erkennen, mit der die Petitionsarbeit verbunden ist. Aktuelle politische Fragen, aber auch die täglichen menschlichen Probleme prägen diese Arbeit. Es ist deshalb eine interessante und befriedigende Arbeit. Sie lässt weder die Abgeordneten noch die Mitarbeiter des Petitionsreferats zur Ruhe kommen. Das Verhältnis zwischen dem Petitionsausschuss und der Landesregierung ist gekennzeichnet von gegenseitigem Respekt und Kooperation, damit für die Bürger in einer fairen Auseinandersetzung gute Lösungen gefunden werden können. Der Petitionsausschuss hat die Aufgabe, den Gesetzgeber und die Landesregierung über berechtigte Bürgerbeschwerden zu informieren und Verbesserungen anzuregen. Dieser Aufgabe ist der Ausschuss im Berichtszeitraum gerecht geworden. Daneben erfüllen wir Mitglieder des Petitionsausschusses auch eine soziale Funktion.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Tätigkeit des Petitionsausschusses konnte im Berichtsjahr auch deshalb erfolgreich sein, weil wir von fast allen Seiten unterstützt wurden. Mein Dank gilt allen, die mir, die uns im vergangenen Jahr mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben. Stellvertretend richte ich den Dank an die Landtagspräsidentin und die Mitglieder der Landesregierung. Vor allem möchte ich mich und gerne auch für meine Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses bei meinem, bei unserem Team der Landtagsverwaltung unter bewährter Leitung von Frau Ministerialrätin Roth bedanken.
Ohne den außergewöhnlichen Einsatz dieses Teams, verbunden mit einer großen fachlichen und menschlichen Kompetenz wäre die im Bericht dargestellte Arbeit nicht möglich gewesen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste! „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“, so lautet, Ihnen allen bekannt, Artikel 1 Abs. 1 Satz 1 unseres Grundgesetzes. Die Bedeutung dieses Satzes für unser Gemeinwesen lässt sich kaum stärker ausdrücken als durch seine Stellung ganz am Anfang unserer Verfassung. Allerdings sehen wir uns auch und gerade bei einem so prominenten Verfassungsgrundsatz einer Gefahr gegenüber. Es kann geschehen, dass diese Bestimmung in ihrem hohen Anspruch so weit über den Köpfen der Menschen schwebt, dass die praktische Umsetzung im Alltag nicht ohne Weiteres gewährleistet ist.
Deshalb sind wir aufgefordert, diesen allgemeinen Grundsatz der Menschenwürde immer wieder auf seine Anwendung hin zu überprüfen. Wir sind aufgefordert, ihn für die verschiedenen Lebensbereiche unserer Gesellschaft zu konkretisieren. Dies müssen wir tun, um zu verhindern, dass die Menschenwürde zu einem bloßen Versatzstück in den so genannten Sonntagsreden wird. Die Achtung der Menschenwürde muss sich im Alltag bewähren und sie muss sich in ganz besonderem Maße in Grenzsituationen bewähren.
Die Enquetekommission „Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen“ hat sich genau diese Konkretisierung zur Aufgabe gemacht und die Bilanz kann sich sehen lassen. Herr Minister Dr. Zeh hat die eindrucksvollen Ergebnisse bereits Revue passieren lassen. Bei der Arbeit in der Enquetekommission war ein Grundsatz leitend, den ich heute nochmals betonen will: Das Gebot, die menschliche Würde zu achten, gilt für alle; es gilt für Junge und Alte, Arme und Reiche, Kranke und Gesunde. Die Menschenwürde ist unabhängig von Religionszugehörigkeit, Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit oder sozialer Stellung. Nur eine Gesellschaft, die dies beachtet, wird auf Dauer Bestand haben können, denn nur in ihr existiert jene im Wortsinn
„grundlegende Humanität“, die nach Albert Schweitzer darin besteht, dass niemals ein Mensch einem Zweck geopfert wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Zwecke, auch vermeintlich gute Zwecke, die zur Verletzung des Grundsatzes der Menschenwürde verführen, gibt es etliche. Wir haben uns in der Enquetekommission mit Bereichen auseinander gesetzt, die in dieser Hinsicht besonders sensibel sind; sie sind bereits genannt worden. Es ging uns vor allem um den Schutz des ungeborenen Lebens, die Unterstützung bei Behinderung, die Unterstützung bei schwerer Krankheit und die Begleitung Sterbender.
Die Begleitung Sterbender war das vierte Thema, das die Enquetekommission im Auftrag des Landtags ausführlich beraten hat. Wir einigten uns darauf, Schwerpunkte im Rahmen des Auftrags des Landtags zu setzen. Wir diskutierten zu folgenden Arbeitsbereichen, die unserer Meinung nach das Thema „Begleitung Sterbender“ beinhalten müssen und Fragen aufwerfen. Zum Beispiel war es uns wichtig, das Thema „Begleitung Sterbender“ zu diskutieren, aber auch zu integrieren in den großen Bereich der Aus- und Weiterbildung in den Heil- und Pflegeberufen, bei der Vermittlung von Grundwerten im Religions- und Ethikunterricht der Schulen, beim Einsatz des modernen, medizinisch Möglichen und ethisch Verantwortbaren in der Therapie, der rechtliche und ethische Umgang mit der Patientenverfügung, das Thema „Begleitung Sterbender“ explizit zur Hilfe für betroffene Familien, das Thema „Begleitung Sterbender“ zur Stärkung der Rolle der Vereine und Verbände und der ehrenamtlichen Tätigkeit in den oben genannten Aufgabenfeldern. Diese Fragen stellen die Betroffenen und Verantwortlichen vor Probleme, die mit der geläufigen Alltagsethik nicht ohne Weiteres zu bewältigen sind. Hier werden die Fundamente unseres Selbstverständnisses berührt. Hier geht es um das, was Mensch sein im Kern ausmacht und um die praktischen Schlussfolgerungen, die daraus zu ziehen sind. Grenzsituationen sind gerade als Ausnahmefälle ein sehr zuverlässiger Gradmesser für den Umgang mit der Menschenwürde. Sie sind eine Art Feuerprobe für unser Verständnis vom Menschen und seinen unveräußerlichen Rechten.
Angesichts dieses hohen Stellenwerts der Problematik haben es sich die Mitglieder der Enquetekommission nicht einfach gemacht. Wir haben einen Bericht und Empfehlungen zu Wege gebracht, der an vielen Stellen den Finger in die Wunde legt. Der Bericht fordert nicht nur die Landesregierung, sondern auch den Thüringer Landtag und jeden einzelnen Bürger heraus, Positionen zu beziehen und entsprechend zu handeln. Es wurde deutlich, wie wichtig die
Auseinandersetzung mit diesem Thema ist und wie unterschiedlich die Diskussion in diesem Bereich in Europa geführt wird. Wichtig war für alle Mitglieder der Enquetekommission die Anhörung zu diesem Thema. Wir haben uns natürlich vorher über die Hospizdienste und Palliativeinrichtungen in Thüringen ausführlich informiert. Wichtig war uns immer, auch über den Freistaat Thüringen hinaus zu erfahren, wie es in anderen Bundesländern aussieht bzw. wie weit Angebote und welche vorhanden sind. Durch unsere Arbeit haben wir nicht nur Informationen bekommen, sondern auch einzigartige Einblicke in die sensible Zone des Sterbens und der Begleitung todkranker und sterbender Menschen erhalten.
Die Diskussion in der Enquetekommission war kontrovers, aber ausführlich. Trotz unterschiedlicher Positionen bestand in der Enquetekommission jedoch immer Einigkeit darin, dass in diesem Abschlussbericht ein eindeutiger Einsatz der Begriffe erfolgen und Sterbehilfe deutlich von der Begleitung Sterbender unterschieden werden muss. Ein Ergebnis unserer gemeinsamen Diskussion bestand darin, über die Möglichkeiten der Begleitung Sterbender aufzuklären, das heißt, die unersetzliche Arbeit der Hospize und Palliativstationen als gute Orte für ein menschenwürdiges, begleitendes und weit gehend schmerzfreies Sterben darzustellen. Vor diesem Hintergrund wurden die Möglichkeiten der Förderung der Palliativmedizin und der Hospizarbeit in Thüringen und die große Bedeutung des Ehrenamts diskutiert. Dank der Anhörung, aber auch in Gesprächen, zum Beispiel mit Prof. Dr. Beleites, Präsident der Landesärztekammer Thüringen, erfuhren wir, welch wichtigen Stellenwert eine gute Schmerztherapie im Rahmen einer palliativen Versorgung sterbender Menschen hat und wie dementsprechend Strukturen in Thüringen ausgebildet sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist noch einmal wichtig, auf die Landesarbeitsgemeinschaft „Hospiz Thüringen“ einzugehen, welche ihre Ziele wie folgt formuliert: „Im Mittelpunkt der Hospizarbeit steht die Begleitung und Unterstützung des sterbenden Menschen und der ihm nahe stehenden Menschen. Die Hospizarbeit zielt vor allem auf Begleitung und lindernde Hilfe. In enger Zusammenarbeit mit bereits bestehenden Diensten soll vorrangig ein Sterben zu Hause ermöglicht werden. Zur Hospizarbeit gehört als wesentlicher Bestandteil der Dienst Ehrenamtlicher. Diese sollen gut vorbereitet, befähigt und in regelmäßigen Treffen begleitet werden. Zur Sterbebegleitung gehört im erforderlichen Umfang auch die Trauerbegleitung“.
Die Fraktion der Linkspartei.PDS weist in ihrem Antrag auf die staatliche Förderung zum Erhalt der Lebensqualität sterbender Menschen und die Unterstützung der Angehörigen, die Palliativmedizin und die
Hospizarbeit in Thüringen hin. Die Enquetekommission hat unter dem Punkt 3.4 - Staatliche Maßnahmen - Folgendes zu Papier gebracht - Frau Präsidentin ich zitiere: „Ziel zusätzlicher staatlicher Förderungen ist der weitestgehende Erhalt der Lebensqualität sterbender Menschen. Aufgabe des Staates ist es, die entsprechenden Rahmenbedingungen für die Arbeit der Familie, der ehrenamtlich Tätigen, der Hospize, der Kranken- und Pflegekassen zu schaffen. Das beinhaltet, nicht nur klare rechtliche Regelungen zu entwickeln, sondern sie auch öffentlich bekannt zu machen.“
Minister Dr. Zeh hat eben schon eine Bilanz dessen gezogen, was die Landesregierung bereits getan hat. Als Abgeordnete und ehemaliges Mitglied der Enquetekommission möchte ich an dieser Stelle die entsprechenden Leistungen der Landesregierung anerkennen.
Lassen Sie mich beispielhaft noch einmal das so sensible Thema „Sterben“ herausgreifen. Minister Dr. Zeh hat hierzu schon einiges gesagt. Ich will noch einmal betonen, es ist wissenschaftlich belegt, dass die meisten Thüringer zu Hause sterben wollen und diese Möglichkeit auch haben. Bei der Begleitung der Betroffenen und ihrer Angehörigen leisten die ambulanten Hospizdienste eine hervorragende Arbeit. Wir haben in Thüringen auf diesem Gebiet eine gute und leistungsfähige Struktur. Stationäre Hospize kommen für einen recht kleinen Personenkreis in Betracht, deshalb ist es absolut gerechtfertigt, den Schwerpunkt auf die ambulante Betreuung zu legen, was nicht bedeutet, die stationäre Betreuung zu vernachlässigen. Thüringen hat mit der Einrichtung in Bad Berka ein hochmodernes stationäres Hospiz, hinzu kommt hoffentlich das geplante Kinderhospiz in Nordhausen. Durch die Spendenfinanzierung stünde es für ein ganz neues Modell bürgerschaftlich getragener Hospizarbeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in einer finanziell äußerst schwierigen Zeit ist Thüringen in den vergangenen Jahren gut vorangekommen, nicht nur auf dem Gebiet des Hospizwesens, sondern beispielsweise auch beim Schutz des ungeborenen Lebens oder bei Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen. Wir müssen uns natürlich auch darüber im Klaren sein, dass es sich um eine dauernde Aufgabe handelt. Der Wandel unserer Lebenswelt, technologische Innovationen, die Veränderungen gesellschaftlicher Wertmaßstäbe machen immer erneute Auseinandersetzungen mit dem Thema „Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen“ erforderlich. Gleichwohl hat die seinerzeit von der CDU beantragte Enquetekommission eine solide Grundlage geschaffen, an der sich künftige Überlegungen orientieren können. Das macht ihren bleibenden Wert für unseren Freistaat aus. Ihre
Ergebnisse bedeuten eine Standortbestimmung für unsere Gesellschaft, eine Standortbestimmung hinsichtlich der Grundsätze, nach denen wir in Grenzsituationen mit dem menschlichen Leben umgehen. Dieser gesamtgesellschaftliche Anspruch bedeutet unter anderem auch, dass sich das Thema nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen eignet. Ich bin dankbar, dass in der Enquetekommission in aller Regel sachlich und fair diskutiert und oft fraktionsübergreifende Einigkeit erzielt wurde. In Fragen wie diesen muss ein Grundkonsens bestehen, der die Parteigrenzen überschreitet. Denn nur wer auf einem gemeinsamen Boden steht, kann konstruktive Auseinandersetzungen führen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kommission ist in den Gefährdungen menschlichen Lebens und der Menschenwürde vom Anfang menschlichen Lebens in der Zeugung bis zum Ende, zum Tod, nachgegangen. In allen Abschnitten menschlichen Lebens hat sich eines gezeigt: Machbarkeit und Funktionalität können in Gegensatz zur Menschlichkeit geraten. Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse der Enquetekommission Marksteine, die uns hoffentlich noch lange begleiten werden. Allerdings richten sich die Ergebnisse des Berichts nicht nur an die Politik.
Alle Verantwortlichen in den betroffenen Bereichen, sei es in Arztpraxen, Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Schulen, sind aufgerufen, in ihrer täglichen Arbeit einen wachen Blick für die menschliche Würde zu bewahren und für die Gefahren, denen diese Würde immer wieder ausgesetzt ist. Eine solche Sensibilität gewährleistet, dass es in gemeinsamer Anstrengung gelingt, die Würde menschlichen Lebens in Grenzsituationen auch künftig zu schützen und zu bewahren. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wie schwer es war, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen, vor allem auch vor dem Hintergrund unseres aufgrund der Haushaltslage begrenzten Handlungsspielraumes, kann jeder hier in diesem hohen Haus, wenn er will, nachvollziehen. Da muss aber davon gesprochen werden, dass Ehrlichkeit, Wahrheit, Klarheit und Machbarkeit eine Rolle spielen. Die Landesregierung hat in diesem Gesetzentwurf festgeschrieben, was gesetzlich verankert sein muss, in der Tat machbar ist, aber auch Neues und auch ganz andere Wege, die durch die Anhörung zu Stande gekommen sind, wurden begangen und integriert. Im Freistaat Thüringen leben gegenwärtig, um einmal eine Zahl zu nennen, rund 215.000 schwerbehinderte Menschen mit einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent; das sind rund 9 Prozent der Bevölkerung. Vor allem für diese Menschen ist unser Gesetz wichtig, dessen Entwurf wir heute in der ersten Lesung behandeln. Doch seine Wirkung reicht natürlich weit über deren Kreis hinaus. Er berührt die Angehörigen und betrifft eigentlich die ganze Gesellschaft. Mit diesem Landesgesetz wollen wir erreichen, dass Menschen mit Behinderungen als Gleichberechtigte wahrgenommen und gleichberechtigt behandelt werden. Wir wollen, dass sie ihr Leben selbstbestimmt gestalten, einfach die gleichen Chancen wie alle anderen haben sollen. Wir wollen, dass behinderte Menschen nicht mehr nur Objekt der Fürsorge und Vorsorge sind. Ich bin froh, dass das Gesetz jetzt vorliegt, und ich kann überhaupt nicht sagen, dass es lässig oder unmoderat gehändelt wurde oder ganz und gar, wie in einem Artikel nachzulesen war, eine "fragwürdige Auslegung des Bundesgesetzes" ist.
Sehr intensiv beschäftigen wir uns schon seit langer Zeit mit diesem Problemkreis, sei es in der Enquetekommission, sei es bei Foren, bei Seminaren - überall ist dieses Thema flächendeckend im Freistaat Thüringen immer in der Diskussion. Sicherlich gibt es
immer Haken und Ösen, wenn es dann ums Geld geht.
Eine persönliche Bemerkung sei mir gestattet: Das ist das, was mich am meisten ärgert, dass wir ständig alles am Geld festmachen. Wenn wir zurückdenken, was wir seit 1990 besonders in diesem Bereich begonnen haben ins Leben zu rufen, wo Menschen sich nicht mehr verstecken mussten, wo sie auf die Straße gehen konnten, wo Eltern nicht mehr den Kopf einziehen mussten, weil sie ein behindertes Kind haben, und das hat alles kein Geld gekostet. Natürlich weiß ich auch, dass, wenn man ein Gesetz in einer ersten Lesung berät, die Finanzen sicherlich in die Diskussion mit einfließen müssen und darüber gesprochen werden muss, was finanzierbar ist. Was wir regeln können, ist ganz einfach der Versuch eines Ausgleichs für Menschen mit Behinderungen, dass sie am Alltag teilhaben können, dass sie wegen ihrer Behinderung nicht ausgegrenzt werden, sondern dass wir Möglichkeiten schaffen, sie dennoch und gerade wegen der Behinderung mit einzubeziehen. Auch wir haben unsere ganz natürlichen Grenzen, auch scheinbar nicht Behinderte. Wir sollten uns immer bewusst machen, dass Behinderte nicht schwächer oder bedauernswerter sind als andere. Sie haben das Recht auf ein selbst bestimmtes Leben und wollen von uns so genannten nicht Behinderten als gleichwertige Bürger und nicht wegen ihrer Behinderung akzeptiert werden. Ich denke, das ist ein Kernstück, das wir sichern müssen. Die kommenden Diskussionen bzw. Debatten mit Verbänden, Vereinen, Institutionen, in den Fraktionen, in den Ausschüssen, in der Öffentlichkeit werden garantiert aufzeigen, dass wir sehr differenzierte Meinungsäußerungen haben werden. Ich behaupte heute schon, es wird eine Lobbybildung geben, nämlich die eine Lobby wird mehr fordern und die andere wird Verständnis für das Machbare haben.
Der uns vorliegende Gesetzentwurf verdeutlicht die Rechte der Menschen mit Behinderungen, ihre wirtschaftliche Teilhabe, aber er zeigt auch ganz klar auf, Politik, Verwaltung und Wirtschaft werden in die Pflicht genommen, Chancen und Interessen behinderter Menschen umfassender zu wahren. Der Minister hat in seiner einführenden Rede auf die wichtigsten Eckpunkte hingewiesen, die ich jetzt nicht noch einmal wiederholen werde. Wie ich bereits ausgeführt habe, werden wir uns sehr intensiv im Ausschuss mit den Details auseinander setzen und für meine Fraktion beantrage ich die Überweisung federführend an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, begleitend an den Innenausschuss, an den Ausschuss für Bau und Verkehr und an den Gleichstellungsausschuss. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Dieses Grundrecht fand im Jahr 2004 seinen Ausdruck in 956 Eingaben an den Petitionsausschuss des Thüringer Landtags. Zusammen mit 579 Eingaben aus den Vorjahren waren somit 1.535 Petitionen zu bearbeiten. Damit bleibt die Zahl der Neueingaben des Petitionsausschusses ungeachtet einer geringen Steigerung gegenüber dem Vorjahr etwa auf dem Niveau, auf dem sich die Neueingaben seit 1999 bewegen. Dies zeigt, dass die Arbeitsbelastung des Ausschusses in den letzten Jahren nicht zurückgegangen ist. Das konnten Sie schon dem schriftlichen Arbeitsbericht des Petitionsausschusses entnehmen, der mit der Unterrichtung der Präsidentin vom 13.04.2005 - Drucksache 4/803 - als Broschüre verteilt wurde und einen umfassenden Überblick über die Tätigkeit des Petitionsausschusses gibt. Mit der heutigen Berichterstattung sollen ausgewählte Punkte der Ausschussarbeit dargestellt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das neue Outfit des schriftlichen Berichts soll dazu anregen, sich mit der Praxis des Petitionsrechts näher zu be
schäftigen. Ein guter Inhalt braucht eben auch eine gute Verpackung. Diese Einsicht fiel dem Ausschuss nicht schwer, denn die neue Verpackung kostet weniger als die alte. Außerdem sieht der Leser mit dem Foto des Ausschusses auf der Broschüre nun, mit wem er es zu tun hat. Er hat es mit neun Abgeordneten zu tun, die in acht Ausschuss-Sitzungen 992 Petitionen behandelt haben, 873 davon abschließend. Annähernd drei Viertel der abgeschlossenen Petitionen konnte der Ausschuss damit erledigen, dass den Anliegen entsprochen wurde oder durch Informationen aufgeklärt, durch Weiterleitung an zuständige Stellen unterstützt sowie auf eine Problematik überhaupt aufmerksam gemacht wurde. Bei 156 Eingaben stellte der Petitionsausschuss fest, dass dem vorgebrachten Anliegen nicht abgeholfen werden kann. Den größten Anteil nahmen die Petitionen zur Rechtspflege mit 18,5 Prozent ein. Schwerpunkte waren hierbei der Strafvollzug und gerichtliche Verfahren. Mit einem Anteil von 15,2 Prozent und 10,4 Prozent folgen die Eingaben zu den Sachgebieten Arbeit, Soziales und Gesundheit sowie Wissenschaft, Bildung und Kultur. Hier waren im Wesentlichen Sozialhilfe und Rente sowie Schulen und die Kommunalisierung der Schulhorte Gegenstand der Eingaben. Mit einem Anteil von 8,6 Prozent sind die Eingaben zu kommunalen Angelegenheiten um gut ein Drittel zurückgegangen. Wasser und Abwasser bildeten hier vor allem im ersten Teil des Jahres den Brennpunkt. Aktuelle Tendenzen zeigen einen erneuten Anstieg der Petitionen in diesem Bereich. Mit 85 Sammel- und Massenpetitionen haben sich über 10.000 Bürgerinnen und Bürger an den Ausschuss gewandt. Schwerpunkte waren hierbei die Kommunalisierung der Horte; die Ankündigung, ein Landgericht und mehrere Amtsgerichte zu schließen; die Abschaffung der Beiträge für Wasser und Abwasser sowie der Zusammenschluss von Zweckverbänden und deren stärkere staatliche Kontrolle und die Einführung der Praxisgebühr für Beamte. Gut ein Zehntel der Petitionen wurde 2004 mündlich vorgetragen. Die Tendenz ist gegenüber 2003 leicht steigend. Das zeigte sich vor allem in den Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses. Die Sprechstunden sind zwar mit einem relativ hohen organisatorischen und zeitlichen Aufwand verbunden, wir möchten sie aber nicht missen. Mit seinen Sprechstunden will der Petitionsausschuss aber mündliche Petitionen erleichtern. Sie können sich sicher vorstellen, dass das persönliche Gespräch geschätzt wird, unabhängig davon, ob dem Anliegen entsprochen werden kann. Die Sprechstunden gibt es seit 1991. Nachdem der Petitionsausschuss der 1. Legislaturperiode mit den Sprechstunden begonnen hatte, begannen auch die Petitionsausschüsse anderer Landtage und des Deutschen Bundestages Bürgersprechstunden anzubieten.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die 12.800 € seines Härtefonds wendete der Petitionsausschuss sieben Petenten wegen eines außergewöhnlichen Notstands zu. Diese Entscheidungen sind nicht leicht. Der Petitionsausschuss prüft deshalb sorgfältig, wer und in welcher Höhe etwas aus dem Härtefonds erhält. Um die knappen Mittel möglichst gerecht zu verteilen, werden Mitglieder des Ausschusses nach Möglichkeit beauftragt, bei einem Besuch in einem persönlichen Gespräch festzustellen, wer am dringendsten auf Hilfe angewiesen ist.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Strafvollzugskommission behandelt als ständiger Unterausschuss des Petitionsausschusses die ihr überwiesenen Eingaben. Weiter befasst sie sich mit dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen, freiheitsentziehenden Maßregeln, der Besserung und Sicherung. Sie informiert sich vor Ort. Für diesen Zweck besuchte die Strafvollzugskommission der 3. Wahlperiode im Jahr 2004 die Justizvollzugsanstalt Tonna und die Jugendhilfeeinrichtung am Schiefergrund in Lehesten. Die JVA Tonna ist ein Neubau, der im Januar 2002 in Betrieb genommen wurde. Für die Unterbringung im geschlossenen Vollzug wurden 406 Haftplätze und im offenen Vollzug 60 Plätze errichtet. Die Anstalt ist nach § 152 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz in Verbindung mit der Thüringer Verordnung über den Vollstreckungsplan vom 26.05.2004 zuständig für den Vollzug von Freiheitsstrafen von mehr als zwei Jahren an männlichen Gefangenen sowie für den Vollzug von Freiheitsstrafen an männlichen Gefangenen, gegen die im Anschluss an die Freiheitsstrafe Sicherungsverwahrung angeordnet ist. Aufgrund der hohen Belegung der Thüringer Haftanstalten musste auch die JVA Tonna zusätzlich 40 Gefangene aufnehmen. Die Anstalt hat zu diesem Zweck Einzelhafträume in Hafträume mit Zweierbelegung umfunktioniert. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Mehrfachbelegung von Hafträumen ist immer wieder Thema von Petitionen. Wegen der zu geringen Kapazitäten kann dem Grundsatz der Einzelunterbringung der Gefangenen während der Ruhezeit § 18 Strafvollzugsgesetz nicht immer entsprochen werden. Bis zusätzliche Haftplätze zur Verfügung stehen, wird von den Übergangsbestimmungen für bestehende Anstalten Gebrauch gemacht. Nach § 201 Nr. 3 Strafvollzugsgesetz dürfen abweichend von § 18 Strafvollzugsgesetz mehrere Personen vorübergehend in einem Haftraum gemeinschaftlich untergebracht werden. Unter Berücksichtigung der Entwicklung der Gefangenenzahlen sowie des Einzelunterbringungsgrundsatzes wird es für notwendig erachtet, zeitnah zusätzliche Haftplätze zu schaffen. Derzeit erfolgt in einem zweiten Bauabschnitt die Erweiterung der JVA Tonna. Die Anstalt soll von 466 Haftplätzen auf 673 Haftplätze vergrößert werden. Die Fertigstellung ist für das Frühjahr 2006 vorgesehen.
Die Strafvollzugskommission besuchte weiter die Jugendhilfeeinrichtung am Schiefergrund in Lehesten. Die Einrichtung will die Untersuchungshaft und deren schädliche Wirkungen für straffällig gewordene Jugendliche vermeiden, denn es gibt bessere Alternativen als Mauern. Die Betreuung delinquenter Jugendlicher soll außerdem das Strafverfahren sichern und weitere Straftaten verhindern. Zielgruppe sind männliche und weibliche Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren. Die Einrichtung in Lehesten umfasst 18 Plätze. Beim Besuch der Strafvollzugskommission wurden 9 Jugendliche - darunter ein Mädchen - betreut. Das Konzept „Menschen statt Mauern“ überzeugte die Mitglieder der Strafvollzugskommission. Als Erfolg für straffällig gewordene Frauen aus Thüringen sah es die Strafvollzugskommission an, dass 11 weibliche Thüringer Gefangene, die bisher im offenen Vollzug der JVA Chemnitz einsaßen, im Januar 2004 in den offenen Vollzug der JVA Untermaßfeld verlegt wurden. Sie konnten so ihre Strafe heimatnäher verbüßen. Da in Thüringen keine Justizvollzugsanstalt für Frauen existiert, werden Freiheitsstrafen von weiblichen Gefangenen aus Thüringen auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zwischen den Freistaaten Sachsen und Thüringen in der JVA Chemnitz/Teilanstalt Reichenhain vollstreckt. Deshalb hatte die Strafvollzugskommission im September 2003 die Teilanstalt Reichenhain besucht. Dabei wurde auch die Notwendigkeit einer heimatnahen Unterbringung von weiblichen Gefangenen diskutiert. Zwischenzeitlich werden weibliche Gefangene, die für den offenen Vollzug geeignet sind, nicht mehr nach Sachsen überstellt, sondern heimatnah in Thüringen untergebracht. Dafür hat die JVA Untermaßfeld mit eigenen Mitteln kostengünstig ein eigenes Gebäude als offenes Hafthaus mit 15 Haftplätzen geschaffen. Damit wurde den Anregungen der Strafvollzugskommission Rechnung getragen.
Die Strafvollzugskommission der 4. Wahlperiode hat sich am 12.11.2004 konstituiert. Ihr gehören sechs Mitglieder an. Sie hat am 22.03.2005 das Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Hildburghausen GmbH Maßregelvollzug und die Justizvollzugsanstalt Suhl-Goldlauter besucht.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Zusammenarbeit zwischen dem Petitionsausschuss und dem Bürgerbeauftragten bestimmt sich nach dem Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz. Die vom Bürgerbeauftragten nicht einvernehmlich erledigten Petitionen leitet er gemäß § 5 Abs. 1 Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz dem Petitionsausschuss zu. Im Jahr 2004 waren dies 21. Nach § 6 Abs. 2 Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz nimmt der Bürgerbeauftragte an den Sitzungen des Petitionsausschusses teil. Außerdem unterrichtet er den Petitionsausschuss gemäß § 6 Abs. 1 Thüringer Bürgerbeauf
tragtengesetz monatlich über die Petitionen, die er erhalten hat, bei denen er von einer sachlichen Prüfung abgesehen hat oder die einvernehmlich erledigt wurden.
Sehr geehrte Damen und Herren, seit September kann die elektronische Petitionsakte, die E-Akte, genutzt werden. Die E-Akte bietet zurzeit den Mitgliedern des Petitionsausschusses die Möglichkeit, jederzeit direkt auf den vollständigen Inhalt der Petitionsakten zuzugreifen. Die Mitglieder des Petitionsausschusses nutzen die E-Akte besonders zur Vorbereitung der Ausschuss-Sitzungen. Der Ausschuss verzichtet deshalb zu einem wesentlichen Teil auf die für die Beratung der Petitionen sonst notwendige Vervielfältigung der Akten. Außerdem sind einige Ausschussmitglieder bei der Beratung der Petitionen in den Sitzungen online.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Petitionsanspruch aus Artikel 14 der Landesverfassung beinhaltet für den Petitionsausschuss die Pflicht zur sachlichen Prüfung. Das bedeutet, dass der Ausschuss den Sachverhalt ermitteln und prüfen muss. Um die Informationen zu erhalten, die er für seine Prüfung und abschließende Entscheidung benötigt, besitzt er Befugnisse wie ein Untersuchungsausschuss. Dennoch muss der Ausschuss bei seinen Ermittlungen zuweilen sehr hartnäckig und ausdauernd sein. Das heißt aber nicht, dass er sich mit Sherlock Holmes oder Hercule Poirot vergleichen will. Hält der Petitionsausschuss eine Petition für begründet, kann er an die Landesregierung die Forderung oder Empfehlung richten, dem Anliegen z.B. mit Mitteln der Aufsicht abzuhelfen oder die Abhilfe zumindest zu prüfen. Gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags hat der Petitionsausschuss in diesen Fällen die Möglichkeit, die Eingabe der Landesregierung zu überweisen. Nach § 101 der Geschäftsordnung hat die Landesregierung den Petitionsausschuss innerhalb von zwei Monaten über die Ausführung der Beschlüsse zu berichten. Der Petitionsausschuss macht von den Beschlüssen nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben a und b Geschäftsordnung nur sehr sparsam Gebrauch. In der 3. Wahlperiode überwies er der Landesregierung sechs Petitionen zur Berücksichtigung und zwölf Petitionen zur Erwägung. Demgegenüber traf der Ausschuss in der 3. Wahlperiode insgesamt weit über 3.000 Entscheidungen. Bisher ist die Landesregierung in nur drei Fällen dem Ersuchen des Petitionsausschusses gefolgt. Das zeigt, dass den Beschlüssen nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben a und b kaum gefolgt wird. Darauf hatte der Ausschuss bereits in den Jahresberichten 1997 und 2000 hingewiesen und die Auffassung vertreten, dass seinen Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüssen mehr gefolgt werden sollte. In der 4. Legislatur hat der Ausschuss der Landesregierung bisher zwei
Petitionen zur Berücksichtigung und eine Petition zur Erwägung überwiesen. Die Berichte der Landesregierung hierzu stehen noch aus. Sollten sich die bisherigen Erfahrungen auch in der 4. Wahlperiode wiederholen, werden wir überlegen, wie die Umsetzung der Beschlüsse verbessert werden kann.
Sehr geehrte Damen und Herren, damit die Bürger unseres Landes das Petitionsrecht kennen und wissen, an wen sie sich wenden können, leistet der Petitionsausschuss Öffentlichkeitsarbeit. Der Petitionsausschuss nutzte auch die Veranstaltungen zum Tag der Deutschen Einheit sowie die Bürgersprechstunden in den Landkreisen, das Petitionsrecht und die Arbeit des Ausschusses in Gesprächen mit den Bürgern darzustellen. Die Bürgersprechstunden erhöhen außerdem den Bekanntheitsgrad des Petitionsausschusses. Wer sich ausführlich über die Arbeit des Petitionsausschusses informieren will, kann dafür den Jahresbericht nutzen. Permanent präsent ist der Petitionsausschuss im Internet. Eine andere Form der Öffentlichkeitsarbeit liegt in der Bearbeitung der Petitionen selbst. In fast jedem Petitionsverfahren wird der Petent über den Inhalt der Stellungnahme der Landesregierung informiert. Die Petenten erhalten so Gelegenheit, sich zu der Stellungnahme zu äußern. Gleichzeitig wissen sie, welche Informationen dem Petitionsausschuss vorliegen. Die Arbeit des Ausschusses wird so transparenter und folgt den Grundsätzen des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich nun auf einige Einzelfälle eingehen: Nach einer Zungenoperation konnte ein Petent nur noch Flüssignahrung zu sich nehmen. Zunächst hatte die Krankenkasse einen Teil der Kosten für die Spezialnahrung übernommen. Danach musste der Petent die Kosten selbst tragen, obwohl er nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Anspruch auf die Erstattung der Kosten gehabt hätte. Mit Hilfe des Petitionsausschusses erreichte der Petent, dass die Krankenkasse die Kosten für die Flüssignahrung wieder übernommen und zudem seine bisherigen Auslagen erstattet wurden.
Eine kleinere Gemeinde hatte die Aufstellung eines Bebauungsplans für die von dem Kleingartenverein genutzte Gartenanlage beschlossen. Der Bebauungsplan sah rund 30 Baugrundstücke vor, obwohl ein in der Nähe gelegenes weiteres Baugebiet noch nicht ausgelastet war. Nach § 1 Abs. 3 Baugesetzbuch haben die Gemeinden bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zunächst zu prüfen, ob die Planung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nach § 1 Abs. 5 Baugesetzbuch hat die Gemeinde bei der Aufstellung der Bebauungspläne insbesondere die Belange von Freizeit und Erholung zu berücksichtigen. Der Petitionsausschuss
konnte im Ergebnis der Behandlung der Petition feststellen, dass der Bebauungsplan in Abstimmung mit der oberen Planungsbehörde in dem laufenden Planverfahren auf acht Bauplätze reduziert wurde. Damit wurde den Bedenken der Kleingärtner Rechnung getragen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein Ehepaar hatte seinen Wohnsitz aus beruflichen Gründen nach Baden-Württemberg verlegt. Später erwarben sie in Thüringen ein Haus und zogen wieder um. Der Ehemann behielt jedoch seine Arbeitsstelle und eine Wohnung in Baden-Württemberg bei. Die nun als Werbungskosten geltend gemachten Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung erkannte das Finanzamt nicht an. Das konnte der Petitionsausschuss nicht beanstanden. Weil die doppelte Haushaltsführung nicht beruflich veranlasst war, lagen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung nicht vor. Grundsätzlich kann ein Arbeitnehmer die ihm wegen einer doppelten Haushaltsführung entstandenen notwendigen Mehraufwendungen als Werbungskosten geltend machen. Es reicht aber nicht aus, dass der Arbeitnehmer zwei Hausstände unterhält und am Ort der Beschäftigung wohnt. Zusätzlich muss die auswärtige Tätigkeit auch der Grund für die Aufteilung der Haushaltsführung gewesen sein. Das heißt, die doppelte Haushaltsführung muss beruflich veranlasst sein. Hier wurde die doppelte Haushaltsführung durch den Erwerb des Hauses veranlasst.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Forderung nach der Abschaffung von Herstellungsbeiträgen für Wasser und Abwasser war Inhalt einer Reihe von Petitionen zur Änderung des kommunalen Abgabenrechts. Der von der Landesregierung in der 4. Wahlperiode in den Landtag eingebrachte Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und des Thüringer Wassergesetzes wurde dem Innenausschuss federführend überwiesen. Deshalb beschloss der Petitionsausschuss, diese Petitionen dem Innenausschuss als Material zu überweisen, damit sie bei der Beratung des Gesetzentwurfs berücksichtigt werden konnten. Das vom Landtag beschlossene Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und des Thüringer Wassergesetzes beinhaltet für den Bereich der Wasserversorgung den Verzicht auf die Erhebung einmaliger Beiträge sowie eine Umstellung des Finanzierungssystems auf eine reine Gebührenerhebung. Im Bereich der Abwasserentsorgung hat die Beitragserhebung nach der tatsächlichen Grundstückssituation und damit nach dem konkreten Vorteil zu erfolgen. Den Petitionen wurde mit der Gesetzesänderung im Wesentlichen entsprochen.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit drei Sammelpetitionen und einer Massenpetition aus dem Jahr 2005 wird nun auch die Abschaffung von Beiträgen für Abwasser und Straßenausbau gefordert.
Wegen einer Forderung von 1997 pfändete eine Verwaltungsgemeinschaft im Jahr 2004 das Konto eines Petenten. Da seine Beschwerden unbeantwortet blieben, wandte er sich an den Petitionsausschuss. Der Petitionsausschuss stellte fest, dass die Forderung auf einen Bescheid über wiederkehrende Straßenausbaubeiträge beruhte. Aus dem Bescheid war allerdings nicht zu entnehmen, für welches Grundstück er gelten sollte. Er enthielt weder die Bezeichnung der Flurstücke noch deren Grundstücksgröße oder Nutzungsfaktor. Daher wurde veranlasst, dass die Verwaltungsgemeinschaft umgehend die Kontenpfändung einstellt. Das Innenministerium erteilte der Verwaltungsgemeinschaft rechtsaufsichtliche Hinweise zu den rechtlichen Grundlagen für die Erhebung wiederkehrender Beiträge, der Bescheidgestaltung und zur Verjährung abgabenrechtlicher Forderungen.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Eigentümer eines Wohnhauses beanstandete, dass ein Nachbargrundstück als Rinderweide genutzt wird. Das Grundstück des Petenten befindet sich am Rand eines Wohngebiets. An das Wohngebiet schließen sich Wiesen an, die von einem Landwirt als Rinderweide genutzt werden. Die mit den Kühen auftretenden Fliegen und andere Insekten stören den Petenten. Da er befürchtete, dass die Insekten die Gesundheit seiner Familie beeinträchtigen könnten, wandte er sich an verschiedene Behörden. Nach einer vom Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz veranlassten Untersuchung des Instituts für Parasitologie der Universität Leipzig wurden verschiedene Schmeißfliegenarten, Stubenfliegen, Schwebfliegen sowie eine nicht näher bestimmbare Fliegenart, eine Wespen- und eine Wanzenart festgestellt. Die Insekten stammten aus dem Haus des Petenten.
Das war schon eine sehr ernste Angelegenheit. Eine Gesundheitsgefährdung durch die Insekten wurde nicht festgestellt. Die Petition war nach den von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen zur Konfliktbewältigung zu beurteilen. Nach diesen Grundsätzen folgt aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme im Sinne von § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch, dass zwischen der im Außenbereich privilegierten landwirtschaftlichen Nutzung und der Wohnnutzung eine Abwägung vorzunehmen ist. Das heißt, der betroffene Bauherr muss ein dem Außenbereich angemessenes Immissionsniveau hinnehmen, da die heranrückende Wohnbe
bauung nur einen Schutz vor Immissionen in Anspruch nehmen kann, der der bestehenden landwirtschaftlichen Nutzung entspricht. Deshalb ist die landwirtschaftliche Nutzung zur Minderung, die Wohnnutzung zur erhöhter Hinnahme von Immissionen entsprechend der Vorbelastung des Gebiets verpflichtet. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wurde dem Petenten vorgeschlagen, die Weidehaltung mit dem Landwirt so abzustimmen, dass sie auf Frühjahr und Herbst beschränkt ist und einen bestimmten Abstand zur Wohnbebauung einhält. Diese Regelung hält der Petent für nicht ausreichend. Der Petitionsausschuss wies den Petenten dennoch darauf hin, dass der bestehende Konflikt nach dem Gebot der Rücksichtnahme nur durch eine einvernehmliche Regelung beigelegt werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wegen der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung ihres Verlobten in die Türkei wandte sich eine Hessin an den Petitionsausschuss. Sie fürchtete, dass der türkische Staat ihren Verlobten nach einer Abschiebung strafrechtlich verfolgen würde. Die Eheschließung und ein gemeinsames Leben wären dann über Jahre nicht möglich. Bevor die für die Eheschließung erforderlichen Nachweise erbracht werden konnten, war der Verlobte bei einer Verkehrskontrolle festgenommen und in Abschiebehaft genommen worden. Entscheidend war, ob die Eheschließung unmittelbar bevorstand. Dies ist bei einer Eheschließung mit einem Ausländer der Fall, wenn das erforderliche Ehefähigkeitszeugnis vorliegt oder eine Befreiung hiervon erteilt worden ist, die für die Anmeldung der Eheschließung erforderlichen Nachweise erbracht wurden und der Termin für die Eheschließung feststeht. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, überwiegt der Schutz von Ehe und Familie Artikel 6 Grundgesetz das öffentliche Interesse an einer Abschiebung. Allein das Bestehen eines Verlöbnisses reicht dagegen nicht aus, um eine unmittelbar bevorstehende Eheschließung zu bejahen. Nach den Recherchen des Thüringer Innenministeriums war von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung auszugehen, deshalb wurde die Abschiebung storniert und der Verlobte der Petentin aus der Abschiebehaft entlassen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein Strafgefangener in der JVA Tonna beanstandete unter Hinweis auf seinen Anspruch auf Einzelunterbringung die Unterbringung in einer 3-Mann-Zelle. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Strafvollzugsgesetz werden Gefangene während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. § 18 Abs. 1 Satz 2 Strafvollzugsgesetz gestattet für den geschlossenen Vollzug eine vorübergehende gemeinschaftliche Unterbringung, wenn dafür zwingende Gründe vorliegen. Im Aufnahmegespräch hatte sich der Petent zunächst
mit einer gemeinschaftlichen Unterbringung einverstanden erklärt. Wegen der angespannten Belegungssituation wurde er dann auch in einen Gemeinschaftshaftraum verlegt. Dieser ist für eine Belegung mit drei Gefangenen vorgesehen und verfügt über eine baulich abgetrennte Sanitäranlage. Damit war der Petent nun nicht mehr einverstanden. Er bestand darauf, in einem Einzelhaftraum untergebracht zu werden. Da dem nicht sofort entsprochen werden konnte, wurde er auf Platz 10 der Warteliste für die Zuweisung von Einzelhafträumen gesetzt. Die Gefangenen werden entsprechend der Platzierung berücksichtigt. Wenig später teilte er dem Petitionsausschuss mit, dass er eine Einzelzelle erhalten hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Elternsprecherin eines Gymnasiums forderte die Einführung der Wahlfremdsprache Spanisch. Die Schüler konnten in der siebenten Klasse neben Englisch als Pflichtsprache Französisch, Russisch oder Latein als zweite Fremdsprache und in der neunten Klasse eine von diesen Sprachen als dritte Fremdsprache wählen. Die Forderung der Petentin wurde vom Gymnasium und dem Staatlichen Schulamt unterstützt. Zwei Lehrerinnen wurde das postgraduale Spanischstudium ermöglicht. Sobald sie ihr Studium abgeschlossen haben, soll mindestens eine der Lehrerinnen an dem Gymnasium eingesetzt werden. Als Übergangslösung für die jetzigen neunten Klassen soll ein Grundkurs Spanisch ab Klassenstufe 11 angeboten werden. Der Petitionsausschuss ging davon aus, dass der Petition damit entsprochen wurde.
Zum Abschluss möchte ich Ihnen eine Petition vorstellen, die dazu beigetragen hat, dass die Landesrichtlinie zur Förderung von Existenzgründern grundlegend überarbeitet wird. Ein Arbeitsloser beantragte Existenzgründungshilfen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und/oder des Freistaats Thüringen. Er wandte sich bereits im März 2004 an die Gesellschaft für Arbeit und Wirtschaft. Diese lehnte den Antrag, der am 5. Juli 2004 eingegangen war, im Oktober ab. Die GfAW begründete ihre Entscheidung damit, dass der Petent für seine Existenzgründung Überbrückungsgeld von der Agentur für Arbeit erhielt und ab dem 2. Juli 2004 nur noch solche Projekte gefördert werden, für die keine Zuwendungen Dritter für den gleichen Zweck gewährt werden. Die Entscheidung der GfAW war nicht zu beanstanden. Der Petitionsausschuss forderte aber von der Landesregierung, auf eine schnellere Bearbeitung der Anträge und umfassende Beratung der Antragsteller hinzuwirken. Die GfAW wurde beauftragt, ein Konzept zur Vereinfachung von Verwaltungsabläufen und zur Beschleunigung des Verfahrens zu erarbeiten. Mit demselben Ziel wird die Landesrichtlinie zur Förderung von Existenzgründern grundle
gend überarbeitet. Zudem wird zukünftig eine Begrenzung der Zahl der Förderfälle pro Haushaltsjahr erfolgen. Nach Ausschöpfung des Kontingents werden Förderanträge unverzüglich abgelehnt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit nunmehr einem halben Jahr habe ich den Vorsitz des Petitionsausschusses inne. Das heißt mit anderen Worten, ein großes Stück Arbeit, die in dem vorgetragenen Tätigkeitsbericht steckt, wurde von meinem Vorgänger, Herrn Abgeordneten Eckehard Kölbel, geleistet.
Ich danke ihm für die geleistete Arbeit, für sein Engagement und seine Initiativen im Interesse der Petenten. Maßgeblich dazu beigetragen hat auch das hoch motivierte und engagierte Mitarbeiterteam des Geschäftsbereiches für Petitionen im Thüringer Landtag, an der Spitze Frau Ministerialrätin Martina Roth.
Auch hier gilt mein herzlicher Dank den Damen und Herren dieser Abteilung und ich denke, ich darf mich auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten, und damit meine ich ausdrücklich die Mitglieder des Ausschusses aller Fraktionen, bedanken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Petitionen sind in meinen Augen das Beste, was einer Demokratie passieren kann. Die Zuordnung der einzelnen Abgeordneten als Berichterstatter mit thematischer Spezialisierung bewährte sich ebenso wie die hervorragende Unterstützung der Mitglieder des Ausschusses durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung im Thüringer Landtag. Nicht hoch genug kann man die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Petenten einschätzen und würdigen, welches durchaus viel Kraft, Einfühlungsvermögen und mitunter pädagogisches und psychologisches Fingerspitzengefühl benötigen. Alles in allem haben wir ein arbeitsreiches und erfolgreiches Jahr hinter uns. Ich wünsche uns, dass wir im laufenden Jahr diese Qualität der Arbeit mit den Petitionen beibehalten, vielleicht sogar an einigen Stellen noch verbessern können. Herzlichen Dank.
Zulässigkeit und Grenzen der aktiven und passiven Sterbehilfe
Nach dem juristischen Verfahren um die amerikanische Wachkomapatientin Terri Schiavo ist die Diskussion um Zulässigkeit und Grenzen der aktiven und passiven Sterbehilfe in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Zentraler Punkt der Debatte in Deutschland ist das Thema der Patientenverfügung.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Position nimmt die Landesregierung zu diesem Thema ein?
2. Wie beurteilt die Landesregierung den vom Bundesministerium der Justiz vorgelegten und mittlerweile zurückgezogenen Referentenentwurf für ein 3. Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts, mit dem die Patientenverfügung Eingang in das Bürgerliche Gesetzbuch finden sollte?
Leistungs- und Gebührenverzeichnis für Ärzte
Die Thüringische Landeszeitung berichtete am 9. März 2005 in ihrer Ausgabe, dass ab 1. April 2005 ein neues Leistungs- und Gebührenverzeichnis für Ärzte in Kraft tritt. Die in der Schmerzambulanz tätigen Mediziner werden mit dem Satz „Eine spezialisierte Betreuung chronisch Schmerzkranker in Thüringen, wie auch im gesamten Bundesgebiet, wird dann nicht mehr möglich sein“ zitiert.
Ich frage die Landesregierung:
1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass durch die Änderung des Leistungs- und Gebührenverzeichnisses zum 1. April 2005 eine ausreichende schmerztherapeutische Versorgung nicht gesichert ist?
2. Welchen Einfluss hat die Landesregierung auf den Bewertungsausschuss, damit das Niveau der medizinischen Versorgung auf dem genannten Fachgebiet gehalten werden kann?
3. Was wird die Landesregierung unternehmen, wenn die befürchteten Einschränkungen eintreten?
Erhalt des Deutschen Spielzeugmuseums Sonneberg
Der Landkreis Sonneberg ist seit einigen Jahren gehalten, unter den derzeitigen finanziellen Rahmendaten alle freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand zu stellen. Das Deutsche Spielzeugmuseum in der Stadt Sonneberg ist eine freiwillige Leistung.
Die überregionale Bedeutung des Museums spricht für sich. Der Erhalt des Deutschen Spielzeugmuseums kann nicht nur vom Landkreis und der Stadt gesichert werden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche finanzielle Bezuschussung erhielt das Deutsche Spielzeugmuseum durch das zuständige Ministerium? (Ich bitte um Aufschlüsselung für die Jahre von 1994 bis 2004.)
3. Wurden anderen Museen aus dem Landkreis Sonneberg Fördermittel vom Land gewährt und wenn ja, welche und in welcher Höhe? (Ich bitte um Auf- schlüsselung für die Jahre von 1994 bis 2004.)
4. Wie kann der Erhalt des Deutschen Spielzeugmuseums im Interesse des Landes und der Region gesichert werden?
Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Thüringen
Im Zusammenhang mit dem Thema Ärztemangel wird auf den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung verwiesen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Was genau beinhaltet der Sicherstellungsauftrag?
2. Wie kommt die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen diesem Auftrag nach?
3. Ist die Erfüllung des Auftrags gefährdet?
Einrichtung eines Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Schon seit Jahren wird von verschiedenen Seiten die Einrichtung eines Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena gefordert. Bislang ist das Vorhaben nicht realisiert worden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Was ist bisher zur Einrichtung des Lehrstuhls unternommen worden?
2. Wann ist mit der Umsetzung des Vorhabens zu rechnen?
3. Worin sieht die Landesregierung die Chancen infolge der Einrichtung eines solchen Lehrstuhls?
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Sie hatten den Gesetzentwurf der Landesregierung "Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und zur Änderung anderer sozialrechtlicher Vorschriften" vor sich liegen. Durch Minister Dr. Zeh wurde ausführlichst darauf hingewiesen, warum hier der Thüringer Landtag verpflichtet ist, neue Ausführungsgesetze zu erlassen. Ich möchte trotzdem noch einmal wiederholen, dass durch das neue SGB XII ab dem 01.01.2005 das bisherige BSHG sowie das bisherige Ausführungsgesetz zum BSHG entfällt. Ebenso aufgehoben wurde das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und in das neue SGB XII eingeordnet. Probleme und Regelungsbedürfnisse wurden durch meine Vorredner und auch durch den Minister vorgetragen. Lösungswege sind aufgezeigt und Alternativen beschrieben in der uns vorliegenden Drucksache 4/314. Für meine Fraktion beantrage ich, die vorliegende Drucksache an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen. Wir haben im Ausschuss z.B. die Übertragung von Aufgaben an kreisfreie Städte und Landkreise, die anstehenden redaktionellen Änderungen bzw. die Anpassungen an das bisherige Landesrecht zu diskutieren. Zu diskutieren ist ebenfalls eine sich hoffentlich positiv auswirkende Entbürokratisierung. Die Diskussionsinhalte sind selbstverständlich nicht vollzählig von mir angesprochen. Die CDU-Fraktion wird auch, wie Frau Abgeordnete Thierbach schon vor mir gesagt hat, eine Anhörung beantragen, nämlich der Spitzenverbände. Das ist dringend notwendig und wünschenswert. Ich
freue mich, wie Sie, Herr Abgeordneter Pilger, hier schon kundgetan haben, auf eine hoffentlich konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss, denn ich gehe davon aus, dass es Ihnen wie mir um die Sache geht und nicht, wer ist hier der Beste in Polemik und Emotion.