Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt kann ich der Vorrede ein Stück weit folgen und sie einbeziehen. Das hilft natürlich, wenn man auf einen solchen Antrag antwortet.
Wir haben uns ja vor langer Zeit mit selbigem Thema beschäftigt. Ich kann mich nicht nur an die Wirkung unserer Regelungen in den letzten Jahren erinnern, sondern ich kann mich auch an die Entstehung erinnern. Denn die Frage der Tariftreueerklärung ist ja ein Punkt gewesen, der vor vier Jahren unter ganz bestimmten Rahmenbedingungen auf den Weg gebracht worden ist.
Die Rahmenbedingungen damals waren folgende: Da gab es in der Europäischen Union eine Diskussion zur Entscheidung über ein Entsendegesetz. Es sah so aus, als ob ein solches europäisches Entsendegesetz, das dann nationale Regelungen möglich macht, nicht beschlossen werden könne, weil es einige Länder gab, die gesagt haben: Wir machen da nicht mit.
Zu diesem Zeitpunkt haben wir gesagt: Wenn es auf europäischer Ebene nicht funktioniert, wenn wir also kein vernünftiges Mittel finden, gegen den unlauteren Wettbewerb insbesondere im Baubereich vorzugehen, dann müssen wir im Land Brandenburg eine eigene Regelung finden, damit wir wenigstens irgendetwas als Handhabe haben. Daraus ist damals die Tariftreueerklärung,
entstanden. Sie war in der historischen Um gebung auch völlig richtig. Davon bin ich heute noch fest überzeugt.
Aber es gibt natürlich eine Veränderung der Rahmenbedingungen. Wir haben - für viele von uns wahrscheinlich ein bisschen überraschend - doch europäische Regelungen bekommen mit dem Ergebnis. dass wir de facto ein Entsendegesetz haben, das gesetzlich festgelegte Mindestlöhne enthält, was eigentlich das Hauptziel der Überlegungen gegen unlautere Beschäftigung gewesen ist. Wir haben also so etwas.
Und jetzt komme ich zur Wirkung dieser Regelung, die ja parallel zum Entsende gesetz zu den Mindestlohnregelungen nach wie vor noch gegolten hat. Dazu ist festzustellen. dass wir ja nicht einen Tarif an sich gefordert haben, sondern einen ortsüblichen Tarif.
Wenn ich mit Unternehmen rede, die sehr wohl Wert darauf legen, dass hier nicht mit Dumpin glöhnen gearbeitet wird, sondern dass alle faire Chancen haben, stelle ich fest, dass trotzdem eine relativ große Verwirrung besteht, was an welcher Stelle wie zu verwenden ist. Dasselbe stelle ich in den Verwaltungen fest. Insofern müssen wir überlegen, ob eine gleiche Regelung in einem Vergabegesetz tatsächlich vernünftig und zielführend wäre.
Wir sind in der Koalition der Meinung, dass dies nicht so ist. Wir haben Regelungen und diese gelten für alle, unabhängig davon, ob man im Tarif gebunden ist oder nicht. Diese Regelungen müssen durchgesetzt werden. Wir müssen alles daraufkortzentrieren, diese klare und für die Unternehmen auch erfassbare Situation, diese Rahmenbedingungen auch durchzusetzen.
Da haben wir, glaube ich, noch eine ganze Menge zu tun. Das sollten wir gemeinsam machen, weil das das Land nicht allein machen kann, sondern das muss auch in den Kommunen, in den Landkreisen bei allen Vergabestellen ankommen, dort noch stärker Wert darauf zu legen, dass diese Regelungen eingehalten werden. Insofern ist das aus unserer Sicht der richtige Weg.
Dazu kommt natürlich das, was Sie schon angesprochen haben, dass in Berlin das Vergabegesetz nun auch nicht unbedingt ein Renner ist, wenn man sich anguckt, wie es funktioniert oder nicht funktioniert. Unser Ziel sollte es sein - wir sind Gesetzgeber -, so wenig wie möglich Gesetze zu machen. Insofern sagen wir auch sehr deutlich: Ein solches Gesetz ist zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig. Wir haben andere Möglichkeiten, die Ziele zu erreichen. Deswegen werden wir uns gegen Ihren Vorschlag aussprechen und ihn somit ablehnen.
es einen Unterschied macht, ob nun ortsüblich oder nicht, dass Mindestlöhne wesentlich geringer sind als Tariflöhne, sodass es doch einen Sinn macht, die Tariftreueerklärung an Tariflöhnen, ob ortsüblich oder nicht, zu orientieren? Das ist auch eine Forderung der Gewerkschaften. Das ist ja auch wichtig und der Gesetzgeber hat in Brandenburg die Möglichkeit, solche Regelungen durch Landesgesetz zu treffen.
Ich gebe Ihnen nicht Recht. Wenn Sie sich ein bisschen umhören, werden Sie herausbekommen, dass manchmal die ortsüblichen Tarife deutlich unter den Mindestlöhnen liegen, was ein Problem ist und was man ändern muss. Aber insofern Bebe ich Ihnen eben nicht Recht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren? Am 1. Januar 1999 trat das als „Vergaberechtsänderun g,sgesetz" bezeichnete Gesetz zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Vergabe öffentlicher Aufträge in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt bilden die §§ 97 bis 129 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen die gesetzliche Grundlage für die Vergabe öffentlicher Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte von 5 Millionen Euro bei Bauleistungen und 200 000 Euro bei sonstigen Leistungen.
Ziel des Vergaberechtsänderungsgesetzes sind ein besserer Rechtsschutz und eine größere Transparenz bei Bieter und Bewerber. Erstmals wird für Unternehmen, die sich bei der Vergabe öffentlicher Aufträge unrechtmäßig behandelt fühlen, die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung im laufenden Vergabeverfahren eingeräumt. Für die Kontrolle von Vergabeentscheidungen stehen künftig zwei Stufen zur Verfügung, nämlich eine verwaltungsmäßige außergerichtliche Kontrolle bei den Vergabekammern als Eingangsinstanz und eine gerichtliche Kontrolle durch die Oberlandesgerichte als Beschwerdeinstanz. Durch Kurzfristen von fünf Wochen ab Eingang des Antrages bei der Vergabekammer soll ein rasches Verfahren gewährleistet werden.
Unbeschadet einer Nachprüfung durch die Vergabekammern können die Prüfungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden und Vergabeprüfstellen in Anspruch genommen werden. Die Prüfung durch diese Stellen ist jedoch nicht Voraussetzung für die Anrufung der Vergabekammern.
In Artikel 3, Übergangs- und Schlussbestimmungen, Nr. 5 des Vergaberechtsänderungsgesetzes wird geregelt:
„Am Tage der Verkündung dieses Gesetzes bestehende Regelungen, die andere oder weitergehende Anforderungen im Sinne des § 106 Abs. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassun g des Artikels 1 Nr. 1
dieses Gesetzes an Auftragnehmer stellen, gelten bis zum 30. Juni 2000 fort, auch wenn sie nicht Bundes- oder Landesgesetz sind."
Darauf bezieht sich der hier vorliegende PDS-Antrag; denn die bisherige Verwaltungsvorschrift zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung vom 6. Februar 1996 tritt ab diesem Zeitpunkt außer Kraft. Einer der Hauptinhalte dieser Verwaltungsvorschrift ist es, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in Brandenburg vor allem im Baubereich ausschließlich Unternehmen berücksichtigt werden, die die am Ort der Leistung für ihre Tätigkeitszweige geltenden Tarifverträge einhalten. Liegt die so genannte Tariftreueerklärung des Bewerberunternehmens im Zuge des Ausschreibungsverfahrens nicht rechtzeitig vor, kann das Unternehmen von der Wertung ausgeschlossen werden. Außerdem kann es bis zu zwei Jahren von der Ausführung öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Die Verwaltungsvorschrift gilt für die Vergabe- und die Beschaffungsstellen des Landes, der Landkreise, Gemeinden sowie von Zweckverbänden.
Für den Fall eines Verstoßes nach erteiltem Auftrag ist die Zahlung einer Vertragsstrafe von bis zu 15 % der NettoSchlussrechnungssumme vor Abzug der Abschlagszahlung möglich. Diese bisherige Verwaltungsvorschrift will die PDS-Fraktion also nun, gestützt auf § 97 Abs. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung, welcher darüber hinausgehende Bundes- oder Landesgesetze zulässt, zum Gesetz machen.
Aber was, meine Damen und Herren, würde die Verwirklichung eines solchen Gesetzesvorhabens bedeuten? Gerade kleine und mittelständische Unternehmen dieses Landes können sich aufgrund der weiter absinkenden Konjunktur nicht an die Zahlung von Tariflöhnen halten und damit auch keine Tariftreueerklärung abgeben. Denn dies würde ihre gesamte Kalkulation durcheinander bringen und sie müssten in Zukunft ihre Leistungen zu Preisen anbieten, die kein öffentlicher Auftraggeber bezahlen würde. fielen also bei der Ausschreibung durch oder aber sie würden bereits bei Auftragserteilung in die Verlustzone geraten und früher oder später wirtschaftlich Pleite gehen.
Mit Schwarzarbeit oder illegaler Beschäftigung, z. B. von Ausländern, hat die Forderung der PDS im Übrigen überhaupt nichts zu tun, sondern nur mit dem Versuch einer neuen sozialistischen Knebelung von ohnehin um ihre Existenz bangenden kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die PDS will die Entsendung beispielsweise polnischer Leiharbeiter seitens polnischer Leihfirmen zu polnischen und nicht zu deutschen Tariflöhnen festschreiben.
Aus all diesen genannten Gründen lehnt unsere Fraktion, die Fraktion der DVU, den vorliegenden Antrag selbstverständlich ab. - Ich bedanke mich, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich das richtig verstanden habe, Herr Christoffers, dann steckt hinter Ihrem Antrag die Befürchtung, dass nach der Aufhebung der Verwaltungsvorschrift zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung eine Regelungslücke entsteht. die Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung begünstigt.
Ich halte diese Befürchtung für unbegründet, weil die Landesregierung an einer Regelung arbeitet. deren Kern es ist, Auftragssperren bundesrechtlich in Brandenburg anzuwenden. Das heißt, damit können Unternehmen, die wegen Schwarzarbeit. illegaler Beschäftigung oder Unterschreitung der Mindestlöhne einen Bußgeldbescheid erhalten haben, von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.
Die Tariftreueregelung der alten Verwaltungsvorschrift zur Bekämpfung unlauterer Beschäftigung sieht für nicht tarifgebundene Unternehmen die Möglichkeit der Zahlung ortsüblicher Vergütungen vor. Im Ergebnis war das Schutzniveau damit letztlich durch die Höhe des Mindestlohnes gegeben. Das war die einzige Grenze, die es noch gab. Deshalb ändert sich praktisch an der geschützten Vergütungshöhe nichts. Aber die erforderlichen Feststellungen werden einfacher, sodass die Neuregelung praktikabler wird.
Es werden auch nicht Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung begünstigt. Die alte Verwaltungsvorschrift enthält, vereinfacht gesagt, die Regelung gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung in einem eigenen Abschnitt und die Bestimmungen gegen die Ausnutzung des Tarif- und Sozialgefälles. Dazu gehört z. B. die Tariftreueregelung im Abschnitt 6. Die Regelung gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung wird in der neuen Verwaltungsvorschrift der Landesregierung uneingeschränkt aufrechterhalten.
Sie wird aber in vielen Änderungen den bisherigen rechtlichen Rahmen, die sich verändert haben, angepasst. Das Schutzniveau sinkt somit nicht unter das Niveau der alten Verwaltungsvorschrift.
Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass der Bundes gerichtshof sich mit dem Berliner Vergabegesetz befasst hat und es für verfassungswidrig hält. Das Bundesverfassungsgericht wird sich damit beschäftigen und wird ein Urteil fällen. Den Ausgang des Verfahrens kann ich im Moment nicht beurteilen.
Herr Minister, wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie die Anweisung, die der Innenminister getätigt hat, aufrechterhalten. Ich ziehe dazu eine Parallele: Minister Ziel hat vor ungefähr sechs. acht Wochen einen Standpunkt zu Frauenförderung und Lehrausbildung vertreten_
Das Sozialministerium, das Innenministerium und das Wirtschaftsministerium arbeiten gemeinsam an dieser Regelung, weil wir meinen, dass wir einerseits diese Lücke, die durch den Wegfall der alten Verwaltungsvorschrift gegeben ist, nicht entstehen lassen dürfen, dass wir aber andererseits unsere Regelungen an die inzwischen entwickelten Rechtsprechungen und gesetzlichen Vorgaben anpassen müssen. Das ist der Grund.
Erstens: Herr Minister. wann wird die von Ihnen erwähnte neue Vergabevorschrift in Kraft gesetzt werden?
Meine zweite Frage lautet: Sollte das Land Bayern seine Absicht realisieren, eine Bundesratsinitiative zur Nutzung des § 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen einzubringen, wie wird sich das Land Brandenburg dazu verhalten?
Zu Ihrer ersten Frage: Wir sind mit der Abstimmung nahezu fertig, sodass die Verwaltungsvorschrift relativ rasch erlassen werden kann.
Zum Zweiten sind wir der Meinung, dass wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abwarten sollten, bevor wir weitere Schritte gehen.