Protokoll der Sitzung vom 20.09.2000

Schließung der Außenstelle Wittenberge hinaus noch weitere Teile von Hochschulen und Außenstellen. die die BTU auch noch hat. oder ganze Hochschulen in der Diskussion. sodass da tatsächlich auch ein Abbruch in der Wissenschaftslandschaft Brandenburgs passieren wird?

NI Mister Dr. Hackel:

Nein. Sie können nicht davon ausgehen, dass das, was in Wittenberge notwendig ist. sich auf andere Außenstellen oder gar auf Standorte von Hochschulen bezieht.

Danke sehr. - Zur Formulierung der Frage 363 (Ablehnende Äußerungen des Bundeskanzlers Gerhard Schröder zu dem von den Vertriebenenverbänden geplanten Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin) hat der Ab geordnete Claus Gelegenheit.

Der Bund der Vertriebenen beabsichtigt die Einrichtung eines Zentrums gegen Vertreibungen in der Rechtsform einer Stiftung in Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder steht diesem Vorhaben ablehnend gegenüber und lerne dieser ablehnenden Haltung in seiner Rede zum 50. Jahresta g der Unterzeichnung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen unter anderem einen Her matbegriff zugrunde. indem er Heimat als „das Zuhause. von dein die Menschen auf die Welt blicken-. definierte.

Ich frage die Landesregierung: Wird sich das Land Brandenburg - ähnlich wie andere Bundesländer. z. B. Baden-Württemberg finanziell am Aufbau des Stiftungsvermögens der geplanten Stiftung zur Errichtung des Zentrums gegen Vertreibungen der Vertriebenenverbände Berlin beteiligen?

Zur Beantwortung der Frage erteile ich erneut dem Staatssekretär Schirmer das Wort.

Herr Präsident? Meine Damen und Herren! Brandenburg wird sich, wie viele andere Bundesländer auch. nicht am geplanten Aufbau eines Zentrums gegen Vertreibungen der Vertriebenenverbände in Berlin beteiligen. Wir sehen keinen Sinn in einem zentral angesiedelten Zentrum. Vielmehr meinen wir. es entspricht mehr dem Anliegen der vor 50 Jahren verfassten Charta der Heimatvertriebenen, das Erinnern und Gedenken und die kulturellen Traditionen dort zu bewahren_ wo die Heimatvertriebenen und ihre Nachkommen leben. in den Regionen unseres Landes und auch in den ehemals deutschen Gebieten der osteuropäischen Staaten.

Hier sollten wir aktiv bleiben und aktiver werden. um europäische Kultur zu erhalten und Europa in Menschlichkeit und Gerechtigkeit zu vereinen. Das stellt die notwendigen Aktivitäten der Vertriebenenverbände zur Pflege des kulturellen Erbes nicht infrage. Sie leisten mit ihren Institutionen und auch mit Unterstützung des Bundes und der Länder. auch Brandenburgs. auf

regionaler Ebene eine weltweit wichtige Arbeit für Verständigung und Aussöhnung.

Erinnern, Gedenken und Bewahren von Traditionen ist keine Frage des Geldes oder von Zentren. in denen dies geschieht, zumal es in den Ländern dafür passable Einrichtungen gibt. Bedeutsamer Kir den europäischen Eini gungsprozess sind Werte wie Toleranz. Solidarität, gute Nachbarschaft. Darauf sollten wir uns konzentrieren und europäische Kultur. auch deutsches Kulturgut dort fördern. wo es seit Jahrhunderten zu Hause ist, auch in Ostpreußen, in Schlesien und in Hinterpommern. Ich meine. das ist der Vergangenheitsbewälti gu ng und dem europäischen Eini gungsprozess dienlicher als ein un in Berlin. - Vielen Dank.

(Beifall hei SPD und CDU)

Es gibt noch Klärungsbedarf. Bitte sehr. Herr Claus!

Meine Frage ist: Mit welchen konkreten Objekten oder finanziellen Mitteln unterstützt die Landesregierung die Heimatvertriebenen in Brandenburg?

Wir unterstützen die Heimatvertriebenen in Brandenburg mit einem fünfstelligen Geldbetrag. Das wird auch weiterhin der Fall sein. Aber mit einer Symbolik in der Art. wie Sie sie anregen. können wir uns nicht identifizieren.

(Beifall bei der SPD} Präsident Dr. Knoblich: Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 364 (Green Card). gestellt vorn Abgeordneten Uwe Bartsch. Bitte sehr!

Presseberichten war zu entnehmen. dass die Einführung der Green Card für ausländische Computerspezialisten in Brandenburg auf eine geringe Resonanz stieß. So sollen nach Aussage eines Sprechers des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg in Brandenburg bis Mitte August nur drei Genehmigungen erteilt worden sein.

Ich frage die Landesregienme: Worauf führt die Landesregierunu die geringe Nachfrage nach zusätzlichen Computerspezialisten im Land Brandenburg zurück?

Damit beide Fragen gemeinsam beantwortet werden können. erhält der Abgeordnete Dr. Trunschke das Wort. um die Frage 365 (Green Card in Brandenburg) zu formulieren.

Herr Präsident! Meine Frage geht in dieselbe Richtung. Ich möchte die Frage daher nicht wiederholen.

Danke sehr. - Das Wort erhält der Wirtschaftsminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Herren Kollegen! Im Jahr 2000 sollte die Mö glichkeit bestehen. 1(1 000 Computerspezialisten in Deutschland aufzunehmen und im Jahr 2001 noch einmal I (1 000. Der aktuelle Bedarf wird auf etwa 75 000 in Deutschland beziffert. Mit Stand von gestern haben 1581 IT-Spezialisten aus der ganzen Welt von diesem Angebot Gebrauch gernacht. davon 305 aus Deutschland und 1276 aus dein Ausland...305 aus Deutschland heißt Ausländer. die in Deutschland studiert haben und hier bereits einen Aufenthalt haben. Aus Brandenburg waren es nach dem Stand von gestern sieben: sechs in Potsdam. einer in Neunprim - sechs Männer. eine Frau. Das ist der aktuelle Stand.

Man kann darüber spekulieren, warum das so ist. Die _Berliner Zeitung– spricht in ihrer neuesten Internet-Veröffentlichung von einem Ost-West-Ciefälle. Das Arbeitsamt spricht von einem Nord-Süd-Gefälle. Sie sehen also: Große Begriffe machen die Runde für kleine Zahlen.

Man kann darüber spekulieren. ob die Tatsache. dass 433 solche Erlaubnisse aus Bayern. 344 aus Nordrhein-Westfalen und 256 aus Baden-Württemberg stammen. nm der Wirtschaftsstruktur dieser Länder und mit der Struktur im Bereich Information und Kommunikation zusammenhän gt. Man kann darüber spekulieren. oh es damit zusammenhängt. dass wir im Wesentlichen kleine Unientehrten haben. während dort große IT-Untemchmen angesiedelt sind und kleine Unternehmen nicht ganz so einfach die 100 000 DM im Jahr bezahlen können. die in der entsprechenden Richtlinie als Grenze genannt sind. Man muss ja einen Arbeitsvertrag mit mindestens 100 (100 DM Jahresgehalt vorlegen können. Im Einzelnen lässt sich das nicht sagen.

Ich meine aber. es gibt zwei Dinge. die man einfach festhalten muss: Die Green-Card-lnitiative der Bundesregienin g hat eine ganz notwendige und wichtige Diskussion in Deutschland angestoßen. Sie hat aber gleichzeitig auch deutlich gemacht - und das müssen wir realistisch einschätzen -, dass Deutschland nicht so attraktiv fiir Computerspezialisten aus aller Welt ist, wie wir uns das bisher eingebildet haben. Das ist auch eine Erkenntnis. Das hängt auch mit der aktuellen Debatte über Toleranz und Offenheit zusammen. Das hängt auch damit zusammen, dass wir lernen müssen. offen, gastfreundlich und dienstleistungsorientiert zu sein, bevor diese Leute zu uns kommen. An der Technologie. an den guten Ideen kann es nicht liegen.

Deshalb meine Konsequenz: Wir sollten uns nicht darauf verlassen. dass die Green-Card-Offensive unser Problem löst. Wir müssen es schon selber in die Hand nehmen und entsprechende Ausbildungs- und Weiterbildungsstrukturen anbieten, damit wir den Anschluss nicht verlieren.

(Beifall bei SPD und ('DU)

Herr Minister. es gibt noch Klärungsbedarf. Herr Trunschke, bitte!

Herr Minister. zwei Nachfragen. Erstens: Wie schätzen Sie die konkrete Ausgestaltung der Green-Card-Initiative ein. also welche Verbesserungsmöglichkeiten sehen Sie?

Zweitens: Sie sagten, wir sollten es in die eigene Hand nehmen. Was wird denn die Landesregierung ganz konkret unternehmen. um die Ausbildungskapazitäten im Land. insbesondere an den Hochschulen. im IT-Bereich auszuweiten?

Beginnen wir mit dem Zueilen: Wir haben noch nie so viele Nachfragen nach Studienplätzen im Bereich Informatik und Winschaftsinfonnatik gehabt. Allein die BTU Cottbus hat die Zahl ihrer Erstimmatrikulationen auf über tausend für das neue Wintersemester erweitert. Wir bieten also schon etwas an. Die Nachfrage ist beachtlich. In den Fachhochschulen tut sich ebenfalls etwas. Auch dort m erden die entsprechenden Kapazitäten erweitert.

Aber entscheidend ist der Bereich der Weiterqualifikation. der Nachqualifikation. Don haben wir noch nicht den Fortschritt. den wir brauchen. In der Erstausbildung wird es eine ganze Studiengeneration lang dauern. bis wir den Anschluss haben. also mindestens vier bis fünf Jahre. Deshalb müssen wir im Bereich der Weiterqualifikation zusätzliche Ansätze schaffen. Erste Gespräche haben dazu stattgefunden. Es gibt Initiativen unter der Überschrift _Edunet". wo wir in Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsunternehmen und Fachhochschulen versuchen, ein entsprechendes Netz anzubieten.

Meine persönliche Einschätzung ist: Dorthin, wo gute Unternehmen, interessante Ideen und interessante Strukturen vorhanden sind, gehen die jungen Leute. Sie suchen nicht unbedingt nur das große Gehalt, sondern sie suchen das Umfeld. in dem sie sich weiterentwickeln können und Chancen haben. etwas atLs eigener Kraft zu entwickeln, wo auch Ausgründungen aus Unteniehmen möglich sind. wo eine unteniehmerische Atmosphäre herrscht, uni das zu verwirklichen. Diesem Aspekt müssen wir besondere Aufmerksamkeit widmen.

Frau Hesselbarth. bitte!

Herr Minister Fümiü. Sie sprachen an. dass die vielen kleinen Finnen im Land Brandenburg die besagten 100 000 DM jährlich nicht zahlen können. Meine Frage: War das nicht vorher klar?

Sie dürfen mich das eigentlich nicht fra gen. Ich habe die Linie nicht festgelegt. Aber ich muss fairerweise auch sagen: Im ITBereich ist das eine Größenordnung. die auf dem Markt in vielen Bereichen gezahlt wird.

Ich meine. wir hätten bessere Möglichkeiten gehabt. wenn wir im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen die Grenze

bei etwa 75 000 DM und nicht bei 100 000 DM Jahresgehalt gezogen hätten. Darüber kann man spekulieren. ich weiß es nicht. Ich glaube auch nicht, dass das Gehalt die entscheidende Fra ge ist. Ich will es noch einmal sagen: Ich glaube. das Entscheidende ist ein interessantes Umfeld. ein interessantes Angebot in den Unternehmen. Deshalb müssen wir Startups. Existenzgründer fördern und neue Strukturen entwickeln. Und - ich wiederhole mich gerne - das Entscheidende ist ein gastfreundliches. wehoffenes Umfeld. in dem sich diese Leute wohl fühlen.

(Beifall bei SPD und CDU I

Ich bedanke mich. - Bevor ich den Tagesordnungspunkt 1 schließe. heiße ich neue Gäste willkommen. Es sind Lan gzeitarbeitslose von TERTIA aus Ludwiusfelde. Herzlich willkommen im Landtag.?

(Allgemeiner Beifall

Wir sind 21in Ende der Fragestunde und ich schließe den Tagesordnungspiinki 2. um den Tagesordnungspunkt 3 aufzurufen:

Aktuelle Stunde

1 Ilona: Vorausschauende Energiepolitik im Land Brandenburg unter Einbeziehung der Braunkohlevorkommen und regenerativen Energien unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Landesentw icklung

Antrag der Fraktion der SPD

Das Wort geht als Erstes an den Vertreter der beantragenden Fraktion. Herr Dr. Woidke. bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle können uns noch gut an die Situation in der Lausitz in den 80er Jahren erinnern. Diese Zeit war gekennzeichnet durch einen großflächigen Raubbau an Kohle. Natur und Heimat. Großflächige ökologische Schäden. nicht abschätzbare Umweltrisiken und eine Vielzahl ungelöster sozialer Probleme wurden damals in Kauf genommen. Im Zentrum der berechtigten Proteste der Bevölkerung im Jahr 1989 stand weiterhin eine nur mangelhaft gegebene Transparenz bergbaulicher Entscheidungsprozesse.

Es vergingen allerdings nur wenige Jahre. uni ein neues Problem. die Arbeitslosigkeit, auf die Tagesordnung dieser Region zu setzen. Von der Bundespolitik - im Ge gensatz zum Steinkohlenbergbau an Rhein und Ruhr - weitgehend unbeachtet, vollzog sich im Lausitzer Braunkohlerevier ein dramatischer Arbeitsplatzabbau. von dem sich die Region mangels neuer Erwerbsaltemativen bis heute nicht erholen konnte. Die Förderung von Rohbraunkohle fiel in dieser Zeit auf circa ein Drittel und von den elf aktiven Tagebauen in Brandenburg im Jahr 1989 sind heute noch drei in Betrieb. Die Veredlung der Braunkohle ist in dieser Zeit faktisch zum Erliegen gekommen.

In den vergangenen zehn Jahren wurde allerdings auch sehr viel investiert. So sind Milliardenbeträge in den Braunkohlenbergbau, die Energiewirtschaft. den Sarnerungsbergbau. die Gestaltung von Bergbaufol gelandschahen und die Beseitigung ökologischer Altlasten genossen. Diese Investitionen haben dazu gedient. eine Region wieder herzustellen. die von der DDR-Regierng zu einem langsamen Tod verurteilt war.

Diese Investitionen haben aber auch geholfen. die verblichenen circa 20 000 Arbeitsplätze in Berghau und Energiewirtsehaft zu sichcm Lind zukunftsfaltig zu machen. Nur so war es in der Lausitz überhaupt mitelieh. den öl li g,en Zusammenbruch derWirtschaftsstrukturen zu vermeiden und zumindest einen Teil der erbliebenen Arbeitsplätze zu sichern.

Die Kohle- und Energiewirtschaft in der Lausitz hat den Strukturwandel nicht verhindert. die Kohle- Lind Energiewirtschaft In der Lausitz ist nach wie vor eine grundlegende Voraussetzung für den Strukturwandel in dieser Region. Ja. die Lausitzer Braunkohle ist wettbewerbsfähig und sie ist es auch auf dem liberalisierten Strommarkt. und das alles übrigens auch ohne die bei anderen - übrigens auch bei den regenerativen - Energien üblichen Subventionen. Die Braunkohlen- und Ener giewirtschaft in der Lausitz ist ei gene Wertschöpfung in der Region