Protokoll der Sitzung vom 24.01.2001

Herr Hammer. wir sind als Land gerade wegen der schwierigen finanziellen Situation der Kommunen in den vergangenen Jahren im Bereich der kommunalen Zuständigkeit mit aktiv geworden. zum Beispiel mit dem 610-Stellen-Programm. Die Landesregierung hat sich in der Koalitionsvereinbarung und auch mit der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten entschieden, den Landesjugendplan zu verstetigen, also das 610-StellenProgramm nicht zu kürzen. Darüber hinaus haben wir in der Vergangenheit mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gearbeitet und wollen in Zukunft gemeinsam mit den Kommunen - die Kommunen werden nun an dieser Stelle also stärker in ihrem eigenen Verantwortungsbereich auch mit SAM tätig Jugendarbeit in den verschiedensten Bereichen unterstützen.

Ich meine, wir haben mit öffentlichem Geld nach wie vor im Jugendbereich eine günstigere Ausstattung als manche alten Bundesländer. Dies ist notwendig, weil bei uns eine Vielzahl von freien Trägern, wie insbesondere die Kirchen, leider nicht in flächendeckendem Umfang, sondern, zumindest zurzeit, nur mit geringeren Kräften mitwirken können. Wir versuchen hier zu ersetzen, was in anderen Ländern auch von anderen geleistet wird, und im ländlichen Raum in Zukunft auch in der Weise, dass wir versuchen. mit öffentlich geförderten Stellen die Rahmenbedingungen für das Ehrenamt mit zu organisieren. Wir beide haben uns vor einiger Zeit in Ostprignitz-Ruppin angeschaut, wie viel schon ehrenamtlich passiert und wie wir gemeinsam helfen müssen, damit dieses Ehrenamt auch in Zukunft möglich wird, indem mit öffentlichen Mitteln die Rahmenbedingungen gehalten werden.

Frau Kaiser-Nicht, bitte!

Herr Minister, mit diesen Kürzungen für den Landkreis Märkisch-Oderland verbleiben von 45 bisher im Jugendarbeitsbereich geförderten Stellen ganze 15. Konterkarieren Sie auf diese Weise die Absicht, die Sie eben genannt haben, der Stärkung des Ehrenamtes vor Ort? Den Vorwurf der nicht ausreichenden Prüfung des Bedarfs und der nicht ausreichenden Abstimmung mit unseren Kommunen muss ich für unseren Landkreis zurückweisen.

Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Aussage des Jugendhilfeausschusses Märkisch-Oderland. dass mit den jetzt vollzogenen Kürzungen im SAM-Bereich für die Jugendarbeit das Netz, der Bestand der Jugendarbeit vor Ort, insbesondere im ländlichen Raum, existenziell gefährdet ist?

Meine zweite Frage: Ich unterstütze Ihre Bemühungen um Prävention gegen Rechtsextremismus. Sehen Sie nicht in der jetzt vollzogenen Kürzung eine Maßnahme der Landesregierung, die Ihren Absichten entgegenläuft. und wollen Sie sich zukünftig auf die "Zuchtmaßnahmen - Ihres Kolleeen Schelter verlassen?

Frau Kollegin Kaiser-Nicht, ich finde. es sollte auch bei der Wortwahl sehr genau überlegt werden. was man sagt.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU - Zurufe von der PDS)

Zum einen versuchen wir - ich habe das in meiner Antwort gesagt - die Kürzung nicht, wie von manchen befürchtet. zustande kommen zu lassen, sondern mit 400 Stellen im Jugendbereich über SAM zwar nicht das Niveau der vergangenen Jahre, aber ein vergleichbar hohes Niveau zu sichern, allerdings dadurch, dass wir die Kommunen beteiligen. Das habe ich vorhin schon in meiner Antwort gesagt. Insofern würde auch im Kreis Märkisch-Oderland nicht das zustande kommen. was mancher bei Ihnen zurzeit befürchtet. ich sehe es genau wie Sie alle hier im Raum: dass wir mit SAM, mit dem 610-StellenProgramm, mit dem Ehrenamt und mit vielen Kräften. die wir noch dazugewinnen. Jugendlichen Perspektiven auch der Beschäftigung im ländlichen Raum sichern müssen, damit sie eben nicht auf dumme Gedanken kommen. damit sie nicht von rechten Gewalttätern verführbar werden.

Wir kommen zur Frage 547 (Standortschließung der Bundes- wehr in Brandenburg), gestellt vom Abgeordneten Dr. Wiebke.

Gegenwärtig befindet sich die Bundeswehr in einem tief greifenden Strukturwandel. in dessen Folge es zu zahlreichen Standortschließungen kommen soll. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Prenzlau und des gesamten Uckerrnarkkreises bemühen

sich zurzeit gemeinsam mit dem ABC-Abwehrbataillon 805. diese Standortschließung abzuwehren.

Beschlüsse der Stadt- und Kreistagsabgeordneten. zahlreiche Briefe an Verteidigungsminister Scharping und an Ministerpräsident Stolpe sowie Innenminister Schönbohm seitens des Landrates Dr. Benthien und des Bürgermeisters Hoppe geben darüber Auskunft, wie sich die Bürgerinnen und Bürger uni diesen Standort bemühen.

Das Bataillon ist durch die hervorragende kommunale Einbindung in das politische, wirtschaftliche und soziale Leben ein unverzichtbarer Bestandteil der Stadt geworden, die seit 300 Jahren Garnisonsstadt ist. Auch aufgrund der tiefen Verwurzelung und der hohen Akzeptanz in der Bevölkerun g findet das Bataillon in Prenzlau beste Bedingungen. um seinen Verteidigungsauftrag zu erfüllen.

Ich frage die Landesregierung: Was hat sie bisher getan. uni Bundeswehrstandorte im Allgemeinen und den Standort Prenzlau im Besonderen vor einer Schließung zu bewahren?

Präsident [)r. K

Herr Minister Schönbohm, Sie haben das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Wiebke. zunächst möchte ich ausdrücklich bestätigen. was Sie zur Verwurzelung des ABC-Abwehrbataillons am Standort Prenzlau gesagt haben. Ich selbst kenne die Situation seit 1990 und habe erst kürzlich an einem feierlichen Gelöbnis in der Öffentlichkeit teilgenommen, das in einem außerordentlich würdigen Rahmen mit einer großen Beteiligung der Bevölkerung stattfand.

Dieses sichtbare Zeichen ist etwas, das man bei solchen Entscheidungen nicht gering achten darf. Dennoch muss ich darauf hinweisen - das wissen Sie genauso gut wie ich -, dass sich die Bundeswehr vor tief greifenden Einschnitten befindet. Es ist die Entscheidung getroffen worden, dass der Präsenzumfang der Bundeswehr auf 260 (100 Soldaten reduziert wird. Dass damit Standortschließungen unvermeidbar sind, ist, glaube ich, klar.

Zur Standoi Jage hat die Landesregierung, insbesondere Ministerpräsident Stolpe und ich als Innenminister, in letzter Zeit eine Vielzahl an Schreiben von Vertretern verschiedener Kommunen erhalten, in denen darum gebeten worden ist, dass sich die Landesregierung für den Erhalt des jeweiligen Bundeswehrstandortes einsetzen möge. Meine Damen und Herren! Sie können gewiss sein, dass der Ministerpräsident und ich die Sorge der Kommunen im Land zu eventuellen Schließungen von Einrichtungen der Bundeswehr teilen. Wir wissen, dass die Bundeswehr gerade in den neuen Bundesländern eine große Bedeutung für das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben hat. Aber man darf die Bundeswehr nicht nur auf einen Wirtschaftsfaktor reduzieren. Herr Abgeordneter Wiebke. Sie haben darauf hingewiesen, dass dieses gerade in Prenzlau nicht der Fall ist.

Dic Bundeswehr bietet natürlich Arbeitsplätze und dient der Entwicklung der Infrastruktur gerade in strukturschwachen Regionen. Dort ist sie von besonderer Bedeutung.

Bisher sind konkrete Planungen zur Standortfrage. bezogen auf den Standort Prenzlau, nicht bekannt. Das Verteidigungsministerium hat uns zugesichert, bis Ende des Monats eine Entscheidung zur künftigen Standortplanung vorzulegen und danach die Bundesregierung. den Bundestag. die Länder und die Truppe zu informieren. Eine abschließende Entscheidung soll Ende März dieses Jahres erfolgen.

Sie können davon ausgehen. dass die Landesregierung in den Gesprächen die Position vertreten wird, die Ministerpräsident Stolpe in seiner Rede anlässlich des Festaktes "10 Jahre Armee der Einheit" am 9. Oktober in Potsdam nannte. Er sagte:

"Die wenigen verbleibenden Standorte der Bundeswehr im Land Brandenburg wollen wir nun erhalten. Sie sind verteidigungspolitisch nötig. haben eine hohe Bedeutung für den Rückhalt der Bundeswehr in der Bevölkerung und sind ein wichtiger Faktor für die Wirtschaft des Landes, ftir Arbeitsplätze und für die Entwicklung der Infrastruktur."

Im intensiven Dialog mit dem Verteidigungsministerium werden wir uns bemühen. Brandenburgs Interessen zu vertreten. Der Landrat des Landkreises Uckermark, Herr Dr. Benthien, sowie der Bürgermeister der Stadt Prenzlau, Herr Hoppe. haben sich im Dezember 2000 an den Ministerpräsidenten und an mich mit der Bitte gewandt, dass sich die Landesregierung für den Erhalt des Standortes Prenzlau einsetzen möge. Die Landesregierung wird sich im Rahmen der Gespräche mit dem Verteidigungsministerium für den Standort Prenzlau wie für jeden anderen Standort im Land Brandenburg einsetzen. Ich darf sagen. dass der Ministerpräsident hierbei an vorderster Front kämpft. Ich versuche ihn darin zu unterstützen.

Prenzlau ist ein relativ großer Standort, dessen Weiterbestehen vor dem Hintergrund der Integration und der Gesamtinfrastruktur nach unseren gemeinsamen Bemühungen wahrscheinlich erscheint. Entscheidungen werden später getroffen.

Ich habe den Schriftwechsel mit dem Landrat und dem Bürgermeister und andere Briefe zum Anlass genommen. uni in einem Brief den Landräten und Oberbür germeistern die dargelegte Position der Landesregierun g zur Standortfrage der Bundeswehr noch einmal zu vermitteln. Ich werde die betreffenden Bürgermeister und Landräte aller Standorte sofort informieren, sobald klar ist, wie der weitere Fortgang des Verfahrens ist.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Wir sind bei der Frage 54$ ("Sicheres Rei- sebüro"), gestellt vom Abgeordneten Dierk Homeyer.

Zu Beginn seiner Amtszeit trat Justizminister Schelter mit dem Ziel an, die Zahl der Entweichungen aus Brandenburgs Justizvollzugsanstalten messbar zu reduzieren. Tatsächlich gab es auch bisher keinen einzigen Ausbruch aus dem geschlossenen Vol I zug.

Ich frage daher die Landesregierung: Sind Brandenburgs Gefängnisse nun als sicher zu bezeichnen?

(Zurufe von PDS und SPD - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

Herr Minister Schelter. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Ab geordneten! Herr Abgeordneter Homeyer, die Justizvollzugsanstalten dieses Landes sind insgesamt sicherer geworden.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS': Na sicher!)

Neben Investitionen im Bereich der baulich-technischen Sicherheit sind insbesondere interne Vollzugsabläufe unter Sicherheitsaspekten überprüft und verändert worden. Mit hohem Engagement der Bediensteten in den Vollzugsanstalten haben wir im Sicherheitssektor Fortschritte erreicht. Es freut mich bestätigen zu können, dass seit Beginn meiner Amtszeit keine Ausbrüche aus dem geschlossenen Vollzug einer brandenburgischen Justizvollzugsanstalt zu verzeichnen waren.

Meine Damen und Herren! Dies ist aber kein Grund, sich selbstgefällig und entspannt zurückzulehnen, denn baulich-technisch werden unsere Justizvollzugsanstalten modernen Sicherheitsansprüchen erst nach Abschluss des Bau- und Investitionsprogramms, insbesondere nach der Inbetriebnahme der neuen Justizvollzugsanstalten, gerecht werden. Die bis zur Fertigstellung der neuen Justizvollzugsanstalten weiter zu betreibenden alten Gebäude genügen nur eingeschränkt modernen Sicherheitsanforderungen. Auch in den Vollzugsanstalten, die bestehen bleiben, wie zum Beispiel in der JVA Brandenburg an der Havel, sind gerade im Bereich der Außenumwehrung weitere Baumaßnahmen notwendig.

Außerdem ist die Belegungssituation, vor allem im geschlossenen Vollzug. bei der Vollstreckung von Freiheitsstrafen und Jugendstrafen außerordentlich angespannt. Dies beeinträchtigt ebenfalls die Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten.

Nach einer von mir in Auftrag gegebenen Studie zur Prognose der Gefangenenentwicklung werden die Zahlen weiter ansteigen. Damit setzt sich dieser Trend seit 1994 fort. Daher erfordern sowohl die notwendigen baulich-technischen Sicherheitsmaßnahmen als auch der absehbare weitere Anstieg der Gefangenenzahlen eine Fortschreibung des von der Landesregierung beschlossenen Bau- und Investitionsprogramms und des Personalstellenkonzeptes. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt Klärungsbedarf. Herr Homeyer, bitte!

Ich habe eine Nachfrage. Was wird getan, uni den schweren Dienst der Vollzugsbediensteten unter den gegebenen Bedingungen im Land Brandenburg so zu gestalten, dass die Qualifizierung verbessert und die Motivation unter diesen Verhältnissen gestärkt werden?

Herr Abgeordneter Homeyer, Sie sprechen ein sehr wichtiges Problem an. Mein Ziel ist es, dazu beizutragen, dass sieh die Bediensteten in unseren Justizvollzugsanstalten bei ihrem Dienst in ihrer Haut wohlfühlen. Das bedeutet, dass wir sie im Bereich der Aus- und Fortbildung noch besser qualifizieren, dass wir sie vor allem auf die mit diesem schweren Dienst immer wieder verbundenen Stresssituationen und Situationen der Konfliktbewältigung besser vorbereiten. Das bedeutet, dass wir sowohl im Bereich des Sports als auch im Bereich der ps ycholoeischen Fortbildung noch wesentlich mehr tun müssen als bisher.

Das ist nicht nur eine Haushaltsfrage, sondern das ist auch eine Frage der Führungskraft in den Anstalten und der Bewusstseinsbildung. Diese Fragen sind ganz besonders wichtig. Wenn es uns gelungen ist, Ausbrüche aus dem geschlossenen Vollzug zu verhindern, dann ist das - ich wiederhole es - in erster Linie der gesteigerten Motivation. der gesteigerten Aufmerksamkeit und der besseren Schulung der Justizvollzugsbediensteten zu verdanken.

(Beifall bei der CDU)

Schönen Dank. - Wir sind damit bei der Frage 549 (Anglei- chung der Lebensverhältnisse zwischen den neuen und den alten Bundesländern), gestellt vorn Abgeordneten Vietze. Bitte!

Im April vergangenen Jahres hat der Brandenburger Landtag einen Antrag der PDS auf Vorlage eines Stufenplanes zur Anpassung der Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst des Landes abgelehnt und einem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zugestimmt. indem die Landesregierung unter anderen' aufgefordert wurde, "konkrete Vorstellungen zur weiteren Angleichung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse zwischen den neuen und alten Bundesländern zu entwickeln und diese dem Landtag vorzuleeen-. Dabei sollte insbesondere auch eine konkrete Perspektive zur Angleichung der Löhne und Gehälter der Beschäftigten entwickelt werden. ohne die Diskussion dabei darauf zu verkürzen.

Da dem Landtag neun Monate nach Beschlussfassung des Entschließungsantrages diese Vorstellungen nicht vorliegen, frage ich die Landesregierung: Wie weit ist ihre Arbeit an den vom Parlament gewollten konkreten Vorstellungen zur weiteren Angleichung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse zwischen den neuen und alten Bundesländern gediehen?

Mit Ihrem Einverständnis erteile ich zur Beantwortung der Frage dem Chef der Staatskanzlei das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung ist ausgehend von der ursprün glichen Beauftragung, aber nicht nur, in Verhandlungen mit den anderen Ostländern. Das war ein zentraler Punkt des Entschließungsantrages und des Beschlusses des Landtages.

Zentraler Punkt bei diesen Verhandlungen ist die Frage der Fortführung des Soliderpaktes, auch mit dem Begriff Soliderpakt II geprägt. Wir sind momentan in Verhandlungen zur Fortführung des Finanzausgleichs, über das Maßstäbegesetz, das Finanzausgleichsgesetz und den Solidarpakt II. Nichts ist dabei dem Parlament erborgen geblieben. Die Auseinandersetzungen dazu finden auch in der Öffentlichkeit statt. Sie sind auch durch spezielle Papiere unterrichtet worden, die ich dem Landtag zugeleitet habe. Heute habe ich Herrn Vietze noch einmal ein kleines Papier über den aktuellen Stand direkt übergeben. Wir werden am Wochenende in Wiesbaden zwei Tage lang weiter über das Maßstäbegesetz verhandeln.