Das von Ihnen, Frau Abgeordnete, erwähnte Schreiben ist außer vom Ministerpräsidenten auch vom Vorsitzenden des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Herrn Generalsuperintendent Wischnath, vom Vorsitzenden des Landespräventionsrates, Herrn Minister Schönbohm, vom Präsidenten des Städte- und Gemeindebundes, Herrn Oberbürgermeister Kleinschmidt, und vom Vorsitzenden des Landkreistages, Herrn Schröter, unterschrieben worden. Damit hat diese Initiative eine breite Unterstützung im gesellschaftlichen Raum und im Bereich der kommunalen Spitzenverbände. Die Reaktion darauf war überwiegend positiv. Es ist in der Öffentlichkeit stark beachtet worden und hat in vielen Gemeinden einen Diskussionsprozess in Gang gebracht.
Es lässt sich noch kein abschließendes Resümee ziehen, weil immer noch Benennungen von Koordinatoren und Koordinatorinnen in unserer Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg” eintreffen. Das hängt vor allem damit zusammen, dass es sich die Gemeindevertretungen nicht leicht machen, sondern in einem Diskussionsprozess die damit zusammenhängenden Fragen erörtern und bewusst in vielen Fällen den zu benennenden Koordinatoren die Unterstützung der ganzen Gemeindevertretung zusichern wollen. Die bislang benannten Koordinatoren sind für rund 250 Gemeinden des Landes zuständig, also ein ganz wesentlicher Anteil. Es gibt etwa 30 Koordinatoren, die für ein ganzes Amt benannt und damit für etwa je fünf oder sechs Gemeinden zuständig sind. Die benannten Koordinatoren kommen von den verschiedensten Ebenen: ehrenamtliche Bürger, Gemeindevertreter, Mitarbeiter der Verwaltung, Wahlbeamte bis hin zu Bürgermeistern, Amtsdirektoren und Beigeordneten. Manche haben - und das finde ich nicht schlecht - auch andere Formen gefunden, auf unseren Vorschlag zu reagieren.
Die ablehnenden Reaktionen waren im Vergleich damit zahlenmäßig sehr gering. Der Ministerpräsident hat den betreffenden Amtsausschüssen oder Gemeindevertretungen geantwortet und hat eine Reihe von ihnen auch überzeugen können, sich dieser Initiative nun doch anzuschließen. Es gab auch eine Reihe von Gemeinden, die gesagt haben, dass sie erst einmal abwarten wollen, bis sich die Konturen dieses Netzwerkes klarer abzeichnen.
In der Zwischenzeit hat eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus den unterschiedlichsten Institutionen ein Aufgabenprofil für diese Koordinatoren erarbeitet. Diese ist den Koordinatoren, den Bürgermeistern und Amtsdirektoren mit der Einladung zu den
angekündigten Regionalkonferenzen zugesandt worden. Die erste Regionalkonferenz, zu der das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und der Städte- und Gemeindebund gemeinsam eingeladen haben, hat am 24. Februar in Cottbus stattgefunden. Erfreulich war, dass dort nicht nur Koordinatoren und Koordinatorinnen miteinander gesprochen haben, sondern ebenso viele Vertreter von Gemeinden anwesend waren, die zwar noch niemanden benannt, aber die Gelegenheit genutzt haben, sich über die Angebote, die Strukturen und die ersten Praxiserfahrungen auszutauschen. Das Treffen verlief in einer sehr ernsthaften und sehr engagierten Atmosphäre.
Ich habe die Hoffnung, dass damit für den südlichen Bereich Brandenburgs ein entscheidender Impuls gesetzt worden ist. Die Konferenz für den nördlichen Teil wird am 17. März dieses Jahres in Neuruppin stattfinden.
Eines möchte ich noch erwähnen: Ohne die aktive und tatkräftige Unterstützung des Städte- und Gemeindebundes wäre die Initiative wohl längst nicht so erfolgreich geworden. Dadurch wird aber deutlich - Herrn Kleinschmidt sowie auch Herrn Böttcher, dem Geschäftsführer, sei dafür ganz herzlich gedankt -, dass es sich um eine Frage der kommunalen Daseinsvorsorge handelt, die von den Gemeinden in eigener Zuständigkeit wahrgenommen werden muss.
Ich bin froh, dass es schon so viele Koordinatoren gibt. Den Erfolg ihrer Arbeit werden wir wohl nicht wirklich messen können, denn er zeigt sich ja gerade darin, dass etwas nicht mehr - zumindest nicht in dem Maße - stattfindet und sichtbar wird, was wir alle miteinander lieber schon ganz überwunden hätten, nämlich Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt gegen Ausländer im Land Brandenburg. Den vielen Koordinatoren im Land sei für diese Arbeit ganz herzlich gedankt.
Ich danken Ihnen, Herr Minister Reiche. Es sind zu Ihrem Beitrag eine Reihe von Fragen angemeldet worden. Ich würde zuerst der Fragestellerin das Wort geben. Frau Kaiser-Nicht, bitte schön!
Ich habe zwei Nachfragen. Erstens: In welcher Form wird die Landesregierung selbst die Verantwortung für die wirksame Umsetzung ihrer eigenen Initiative wahrnehmen?
Zweitens: Wie gehen Sie mit dem Fakt um, dass aus Protest gegen die Kürzungen der Landesregierung in der Jugendarbeit einzelne Kommunen keine Koordinatorin bzw. keinen Koordinator benannt haben? Ihnen ist sicherlich auch der Umstand bekannt, dass es schon benannte Koordinatoren gab, die aufgrund der Kürzung arbeitslos geworden sind und damit ausschließlich ehrenamtlich weiterarbeiten müssten.
ein Teil für viele - dadurch wahr, dass sie diese Konferenzen organisiert, die Koordinatorinnen und Koordinatoren mit Unterlagen und Material ausstattet, damit diese ihre Arbeit in einer guten Weise bewältigen und erledigen können.
Wir haben in den vergangenen Jahren die Kommunen durch Landesgeld in einem ganz erheblichen Umfang bei der Bewältigung ihrer ureigenen kommunalen Aufgaben unterstützt. Der Kollege Ziel hat hier insofern eine Last, die er als Innenminister sozusagen mit vorbereitet hat, jetzt als Sozialminister auch voll schultern müssen. Hier ist etwas reduziert worden - das ist zutreffend -, vor allem auch deswegen, weil wir nicht mehr im bisherigen Umfang die Kommunen bei der Bewältigung ihrer eigenen ursprünglich kommunalen Aufgaben unterstützen können, weil wir den Kommunen ja auf ihre eigene Forderung hin das sowohl relativ als auch absolut am besten ausgestattete Gemeindefinanzierungsgesetz der Bundesrepublik zur Verfügung stellen. Beides parallel, Frau Kaiser-Nicht, kann nicht gehen.
Vielen Dank, Herr Minister Reiche. Eine nächste Zusatzfrage wird von der Frau Abgeordneten Hesselbarth formuliert. Bitte schön, Frau Hesselbarth!
Meine Frage bezieht sich auf die Folgen der Koordination. Ist Ihnen bekannt, dass es Schulen im Land Brandenburg gibt, die den Rechtsextremismus jetzt schon im Mathematik-Unterricht thematisieren wollen? Finden Sie das nicht etwas überzogen?
Ich denke, das ist der pädagogischen Einsicht der Kolleginnen und Kollegen, die vor Ort tätig sind, überlassen. Es kann durchaus Situationen geben, wo auch im Mathematik-Unterricht des Klassenlehrers ad hoc und situationsbezogen auf solche Fragen eingegangen wird. Allerdings ist diese Auseinandersetzung im Mathematik-Unterricht nicht Gegenstand des Rahmenlehrplanes, aber ich bin dankbar dafür, dass es verantwortungsbewusste Mathematiklehrer - übrigens auch Physik- und Biologielehrer gibt, die in ihrem Unterricht, so sich dies notwendig macht oder als sinnvoll erweist, diese Fragen thematisieren.
Herr Minister Reiche, der Abgeordnete Vogelsänger möchte Sie auch noch befragen. Bitte schön, Herr Abgeordneter!
Herr Minister, Sie haben allgemein von einer positiven Resonanz gesprochen. Für uns Abgeordnete sind natürlich auch regionale Fragen von Interesse, da wir dies ja unterstützen wollen. Gibt es regionale Schwerpunkte, was dieses Projekt betrifft?
Schwerpunkte, wo besonders viele Koordinatoren eingesetzt worden sind - dafür bin ich den Abgeordneten auch dankbar -, ist Potsdam-Mittelmark. Zum anderen kann ich den Bereich, in dem Sie wohnen und tätig sind - Oder-Spree -, nennen. Dort sind mittlerweile 14 Koordinatoren tätig. Ich bitte Sie alle miteinander, dies auch in Zukunft nach Kräften zu unterstützen.
Es gibt allerdings auch im Bereich Spree-Neiße eine signifikante Unterversorgung. Hier haben sich bisher besonders wenig Gemeinden entschieden, diesen Weg zu gehen. Ich habe dies nicht zu kritisieren, aber wäre froh, wenn in Zukunft mehr Gemeinden diesen Weg gingen.
Schönen Dank, Herr Minister Reiche. - Frau Abgeordnete Richstein, wären Sie jetzt bereit, die Frage 609 („Master of Business Law”) zu formulieren, die ich vorhin schon angekündigt habe? Dann würde ich Ihnen das Wort geben.
Die Fachhochschule Kiel bietet in ihrem Fachbereich Wirtschaft Juristen mit dem ersten Staatsexamen die Möglichkeit, in einem zweijährigen Zusatzstudiengang den Master of Business Law zu erwerben. Dieser Abschluss eröffnet auch ohne zweites Staatsexamen interessante Perspektiven in Rechtsabteilungen von Unternehmen oder in der Steuerberatung und in der Wirtschaftsprüfung.
Ich frage die Landesregierung, ob auch bei ihr Überlegungen anstehen, einen solchen Masterabschluss für Juristen anzubieten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Richstein, die Jura-Ausbildung wird ja gerade in letzter Zeit sehr kontrovers diskutiert. In dieser zum Teil heftigen Diskussion ist aber inzwischen allseits anerkannt, dass die Absolventen des ersten juristischen Staatsexamens Möglichkeiten erhalten sollen, berufliche Qualifikationen zu erwerben, ohne dass sie die juristische Vorbereitungslaufbahn durchlaufen und ohne dass sie unbedingt ein zweites juristisches Examen absolvieren.
Wie das geschehen soll, dazu sind unterschiedliche Wege denkbar. Ein volkswirtschaftliches oder betriebswirtschaftliches Zusatzstudium an einer Fachhochschule oder einer Universität ist eine der Möglichkeiten. Die Berufsqualifikation, die dann besteht, ist sicher in Wirtschaftsunternehmen, in Steuerberatungsfirmen und in Wirtschaftsprüfungsfirmen sehr gut nutzbar. Der Abschluss, den Sie ansprachen, „Master of Business Law”, deutet auf einen wirtschaftsrechtlichen Schwerpunkt der Ausbildung hin. Dieses kann natürlich an einer Universität erfolgen, aber auch an Fachhochschulen, die Wirtschaftsjuristen ausbilden.
Bei uns in Brandenburg ist es so, dass über derartige Neuerungen nachgedacht wird - an den beiden juristischen Fakultäten, an den Universitäten in Potsdam und in Frankfurt (Oder). Die Entscheidungen sind noch nicht gefallen. Auf jeden Fall besteht Konsens darüber, dass man mit den Fakultäten, die sich dort befinden, Zusatzqualifikationen anbietet, andere Abschlüsse ermöglicht. Der Justizminister und ich begrüßen diese Entwicklung nachdrücklich.
Es geht aber noch weiter. Die Justizminister haben im letzten Herbst auf ihrer Konferenz in Brüssel beschlossen, dass man auch an Universitäten Diplomabschlüsse im Bereich Jura anbieten sollte, die dann keine volle juristische Qualifikation, aber doch hinreichende juristische Kenntnisse verbunden mit anderen nichtjuristischen Kompetenzen vermitteln. Auch in dieser Richtung gibt es in Brandenburg Überlegungen, die aber noch nicht vorgeführt werden können.
Ich bedanke mich bei Ihnen, Frau Ministerin Wanka. - Zur Frage 611 (15 000 Brandenburger noch ohne Lehrstelle) erteile ich der Abgeordneten Frau Fechner das Wort. Bitte schön!
Die Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen erklärte im August vergangenen Jahres: Es bleibt trotz der schwierigen Haushaltslage dabei: Jedem ausbildungswilligen Jugendlichen, der keinen betrieblichen Ausbildungsplatz erhalten konnte, soll ein Ausbildungsplatzangebot unterbreitet werden.
In der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport im Oktober vergangenen Jahres erklärte die Vertreterin des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen, dass die Ausbildungsplatzlücke real 710 Plätze betragen würde. Der Presse war jedoch zu entnehmen, dass ca. 15 000 Jugendliche im Land Brandenburg noch ohne Lehrstelle sind.
Ich frage die Landesregierung: Wie sieht der aktuelle Stand der Ausbildungsplatzsituation im Land Brandenburg aus?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Problem der öffentlichen Darstellung solcher Zahlen ereilt uns regelmäßig, nämlich alle Jahre wieder. Die Landesregierung hat sowohl hier im Landtag als auch in den Ausschüssen immer wieder darauf hingewiesen, dass die unreflektierte Bewertung von Zahlen der Berufsberatung nicht sachdienlich ist. Auch die DVU-Fraktion sollte das auseinander halten können.
Also noch einmal in aller Kürze: In der genannten Sitzung des Jugendausschusses vom Oktober 2000 ging es um die bis dahin noch unvermittelten Jugendlichen des Ausbildungsjahres - und
darauf kommt es an - 2000/2001. Es wurde eingeschätzt, dass für sie ein zahlenmäßig ausreichendes Ausbildungsplatzangebot bereitstand. Es ist also der Vorgang, den wir mit einem gewaltigen Einsatz, auch Geldeinsatz, nämlich mehr als 100 Millionen DM, davon 50 % Bundesgelder, positiv abgeschlossen haben.
Die der Anfrage offensichtlich zugrunde liegenden aktuellen Angaben von 15 000 fehlenden Lehrstellen beziehen sich auf das Ausbildungsjahr 2001/2002. Doch aus den noch nicht vermittelten Bewerbern - es waren im Januar etwa 15 000 - und den momentan noch unbesetzten Ausbildungsstellen - das sind rund 3 300 zum gleichen Zeitpunkt gewesen - lassen sich keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die zu erwartende Ausbildungsplatzlücke ableiten. Im Vorjahr betrug die Ausbildungsplatzlücke 15 000; das ist richtig. Wir haben gesagt: Jeder, der einen Ausbildungsplatz braucht, der in der Lage ist, die Ausbildung aufzunehmen, der bekommt ihn auch. Das haben wir gewährleistet. In diesem Jahr werden es etwas weniger sein. Man kann also gegenüber den Vorjahreszahlen eine leichte Entspannung als aktuellen Trend festhalten.
Es bleibt eines der wichtigsten Politikziele, jedem ausbildungswilligen Jugendlichen, der keinen betrieblichen Ausbildungsplatz bekam, auch in der Zukunft - und auch in diesem Jahr - ein Ausbildungsplatzangebot zu unterbreiten. Wir werden dies auch in diesem Jahr gewährleisten. Deshalb sage ich Ihnen noch einmal: Ein wichtiges Ziel der Landesregierung ist, dass alle Jugendlichen, die in diesem Jahr ihren Abschluss machen, auch darauf vertrauen können, dass wir alles tun, betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Deshalb bin ich im ständigen Kontakt mit den entsprechenden Vertretern aus der Wirtschaft, aus den Industrie- und Handelskammern und mit den Vertreterinnen und Vertretern der Handwerkskammern. Sie können darauf vertrauen: Wenn diese Plätze nicht ausreichen, werden wir wieder mit dem entsprechenden Kräfte- und Mitteleinsatz dafür sorgen, dass jede Jugendliche, jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz bekommt. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Herr Minister Ziel. - Die Frage 612 wird von der Abgeordneten Frau Kaiser-Nicht von der PDS-Fraktion formuliert. Es geht um die Kita-Betreuung außerhalb der Wohnortgemeinde. Bitte schön, Frau Kaiser-Nicht!
Auch unter den Voraussetzungen des geänderten Kita-Gesetzes kommt es immer wieder zu Problemen, wenn Eltern eine Betreuung ihres Kindes außerhalb ihrer Wohnortgemeinde im Land Brandenburg wünschen. Die Gründe für einen solchen Elternwunsch können sehr unterschiedlich sein: längere Betreuungszeiten, das Konzept einer Kita, bessere Erreichbarkeit oder Ähnliches.
In einem konkreten Fall wird von der „aufnehmenden” Gemeinde eine Zustimmungserklärung der Wohnortgemeinde als Voraussetzung für den Abschluss eines Betreuungsvertrages verlangt.
Ich danke Ihnen, Frau Kaiser-Nicht. Die Frage wird von der Landesregierung durch Herrn Minister Reiche beantwortet.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kaiser-Nicht, Ihre Frage zeigt, dass manche Gesetze zeitversetzt auch die Achtung ihrer Kritiker bekommen. Ich freue mich darüber außerordentlich, wie Sie sich vorstellen können.